Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) Holz für die Energiewende Welche Rolle kann und sollte eine effiziente und saubere Nutzung von Energieholz spielen? Wettbewerb um das Holz – 3. Workshop der Verbände- und Dialogplattform Wald in Brilon vom 28.-29. April 2014 Holzenergie – ein jahrtausendealter Energieträger • zur Deckung des menschlichen Grundbedürfnisses nach Wärme • als Prozesswärme zur Produktion von Metallen, Ziegeln, Tonwaren etc. Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV ... seit Beginn der industriellen Revolution zunächst ersetzt durch Stein- und Braunkohle Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV … und seit dem 2. Weltkrieg durch den Siegeszug von Erdöl und Erdgas … Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV … mit verheerenden Konsequenzen für die Umwelt – verheerend bereits ohne Klimawandel. Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Viele gute Gründe für Ausstieg aus Nutzung fossiler Energieträger • Klimawandel • Endlichkeit fossiler Ressourcen – Frackingboom wird das Ende nur verzögern • enormer Kapitalabfluss in Ölrentenstaaten • Ölrentenstaaten wie Russland und arabische Länder bevorzugt autokratisch regiert • mit extrem ungleicher Einkommens- und Vermögensverteilung und Neigung zu verschwenderischem Luxus • enorme landschaftliche und marine Verheerungen • Abbaggerungen u. Kahlschläge für Tagebaue (z.B. für Ölsande in Kanada) • Erdrutsche und Bergschäden • Ölleckagen bei Betrieb von Bohrtürmen und Bohrinseln • marine Ölpest durch Tankerunglücke, Havarien und Leckagen von Bohrinseln Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV … aber ein Zurück zur ausschließlichen Nutzung von Holz und Bioenergien als Energieträger ist unmöglich. • Enorme Zunahme des Energiebedarfs im Zuge der industriellen Revolution und des Bevölkerungswachstums auf über 7 Mrd. • Holz zwar nachwachsender, aber begrenzter und knapper Rohstoff • kann Energiebedürfnisse der Weltbevölkerung mit den Bedürfnissen von Industriegesellschaften und Schwellenländern nicht mehr allein decken Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Schlussfolgerungen 1. Holz kann nur Teil des Energiebedarfs abdecken 2. Holz und andere Biomassen sind gezielt dort einzusetzen, wo es (noch) keine passenden anderen erneuerbaren Lösungen gibt 3. Effizienzstrategie erforderlich: Holz kann in diesen Einsatzbereichen einen umso größeren Teil der Energieversorgung abdecken, je weniger Energie verbraucht wird Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Zentrale Frage: Welche erneuerbaren und nachhaltigen Lösungen gibt es für welche Bereiche des Energiemarktes? Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Welche EE-Lösungen im Strommarkt? • Wind und PV: können Großteil der Versorgung abdecken • Wasserkraft, Biogas, Stromspeicherung: zur flexiblen Deckung der Einspeiselücken • belastetes Altholz, Wasserkraft: als Grundlast Kraftwerke auf Basis von Roh- und Restholz werden auf Dauer nicht benötigt Holzverstromung nur noch zur Selbstversorgung der Holzindustrie und als Nebenprodukt wärmegeführter KWK d.h. es werden ab 2020 durch Auslaufen von Holzkraftwerken in D Holzmengen wieder frei Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Welche EE-Lösungen im Verkehrssektor? • Strom aus EE (Elektroautos, Bahn und ÖPNV) • Biokraftstoffe (LKW, Busse, Flugverkehr, Schiffsverkehr, mobile Maschinen) Verfügbarkeit von Biotreibstoffen sehr begrenzt Verbrauchsreduzierung und weniger Verkehr und Transport erforderlich! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Welche EE-Lösungen für die vielfältigen Bereiche des Wärmemarktes? Raumwärme und Warmwasser (61 % des Wärmemarktes) • Neubau und Altbau • Ein-/Zweifamilienhäuser und Geschosswohnungsbau • Wohngebäude und Nicht-Wohngebäude • Gebäude mit und ohne Gasanschluss • Gebäude mit und ohne Fern- oder Nahwärmeanschluss • Städte, Dörfer, einzeln stehende Gebäude Prozesswärme in Industrie und produzierendem Gewerbe (39 % des Wärmemarktes) Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Welche EE-Lösungen für netzgebundene Bereiche des Wärmemarktes? Einspeisung in Gasnetze (50 % der Gebäude) • Biomethan • Wasserstoff und Methan aus überschüssigen Wind- und Solarstrom (Windgas) Einspeisung in Nah- und Fernwärmenetze (13 % der Gebäude) • Geothermie • Biomasse-Heizwerke und –Heizkraftwerke (u.a. Holz) • Solarthermie • Wärmepumpen (mit EE-Strom betrieben ) • Wärmenetze im Zuge der Energiewende ausbauen! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Welche EE-Lösungen für netzunabhängige Teile des Wärmemarktes? Gebäude abseits von Gas- und Wärmenetzen (bis zu 37 %) • Solarthermie: in der Regel nur Teilversorgung • Pufferspeicher als Zentrum von Heizlösungen! • feste Biomasse (Kessel und Öfen) • Voll- oder Teilversorgung im Neu- und Altbau • Wärmepumpen (EE-Strom im Winter): v.a. im Neubau • EE-Strom direkt (PV-Haushaltsanlagen) Holzheizungen konkurrieren v.a. mit Ölheizungen, insb. im Bestand und in Gebieten ohne Gasanschluss! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV • ca. 6 Mio. Ölheizungen warten darauf, erneuerbar ersetzt zu werden! • derzeit ca. 325.000 Pelletfeuerungen Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Welche EE-Lösungen für Prozesswärme ? • Prozesswärme = 39 % des Wärmemarkts • Lösungen für verschiedene Temperaturniveaus notwendig • schwierigster Teil der Energiewende im Wärmemarkt • Lösungen ohne Brennstoff (z.B. Solar- und Geothermie) erst für Teilbereiche • Biomethan als Gasersatz • EE-Strom statt Brennstoff bei Neuanlagen • Holz und andere Biomassen in vielen Bereichen möglich (entsprechend der Holzindustrie) Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Energiewende im Wärmemarkt ohne Holz- und Bioenergie… … hieße mit der Wärmewende noch einmal fast ganz von vorne anzufangen! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Zwischenfazit für den Wärmemarkt • Solarthermie, Geothermie und mit EE-Strom betriebene Heizungen bieten noch längst nicht überall passende, ausreichende und wirtschaftliche Lösungen • fraglich, ob das jemals ohne Bio- und Holzenergie gehen wird, insbesondere bei der Prozesswärme • Schlüssel für ausreichende Versorgung liegt oft in der Kombination der Systeme (z.B. Pellets und Solar) über einen Pufferspeicher • Effizienzrevolution: ohne deutliche Senkung des Energieverbrauchs auch im Gebäudebestand ist Ausstieg aus Gas, Öl und Kohle im Wärmemarkt nicht erreichbar! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Energieholzsortimente im Energiemarkt ist Holz nicht gleich Holz Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Einsatzbereiche verschiedener Energieholzsortimente Scheitholz: v.a. in Einzelfeuerungsanlagen (Kamine, Kamin- und Kachelöfen, Heizkamine) und modernen Scheitholzvergaserkessel Holzbriketts: Verwendung anstelle von Scheitholz in Kaminen und Kaminöfen (höherer Brennwert, leichtere Einhaltung von Grenzwerten) Hackschnitzel : in spez. Hackschnitzelheizungen (sinnvoll ab 60 kW) Pelletkessel/-öfen (von 1,5 kW bis mehrere MW) v.a. zur vollen oder ergänzenden Raumwärme- und Warmwasserversorgung, auch Prozesswärme möglich Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV • hohe Wirkungsgrade von Pelletkesseln (MAP-Fördervoraussetzung: 89 % bei Pelletkesseln, 90 % bei Pelletöfen mit Wassertasche) • Stückholzverwertung insbesondere in alten Einzelfeuerungsanlagen und Kaminen häufig ineffizient Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Holzrohstoffbilanz von Prof. Mantau Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Energetische Holznutzung (2010) in Privathaushalten (Mio. m3) 24,7 Mio. m3 Stückholz in Privathaushalten • Hausbrand schwankt abhängig vom Härtegrad der Winter! 6,3 Mio. m3 Hackschnitzel und andere Holzbrennstoffe 2,3 Mio. m3 Pellets (1,2 Mio. t) 1,4 Mio. m3 Holzbriketts (0,8 Mio. t) • Scheitholz dominiert den Brennholzmarkt in Privathaushalten Brennholzbedarf durch Gebäudesanierungen vermindern! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV zur Dominanz von Scheitholz bei Gebäudewärme aus Holz • Scheitholz kann in ca. 14 Mio. Kaminen u. Kaminöfen leicht verwertet werden • Zunahme von Lustbrennen und Lustheizen als Zeichen der Naturverbundenheit (preisunabhängig) • selbst geworbenes Scheitholz ggü. Heizöl günstig • Holz aus Hausgärten wird zu Brennholz • Holz aus Kleinprivatwald wird zu Brennholz: nur sehr aufwändig für Holzindustrie mobilisierbar • Waldrestholz wird zu Brennholz • Laubholz überwiegt (57 %) Scheitholzverbrennung entzieht der Holzindustrie nur begrenzt den Rohstoff ! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Vorwiegende Basis für Pelletproduktion: Sägenebenprodukte • deutsche Pellets bestehen zu 85-90 % aus Sägenebenprodukten (SNP) und nur zu 10-15 % Rohholz (Industrieholz, nicht sägefähig): aus preislichen Gründen • ca. 40 % SNP in der Sägeindustrie • aus Qualitätsgründen kein Waldrestholz und kein Altholz in Pellets für Kleinfeuerungsanlagen • Sägeindustrie profitiert von gestiegener Nachfrage nach SNP (produziert tw. selbst Pellets) keine Konkurrenz zur Sägeindustrie! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Kaskadennutzung bei Holzpellets? • Altholz in Holzpellets für Kleinfeuerungsanlagen bei ENplus ausgeschlossen (A1- und A2-Pellets) • ansonsten strenge Immissionsschutzanforderungen für Kleinfeuerungsanlagen schwer einhaltbar • unbehandeltes Altholz bei ENplus in B-Pellets für Kraftwerke zugelassen Pflicht zur Kaskadennutzung im engeren Sinne – erst stoffliche, dann energetische Nutzung – wäre das Aus für Pellets im Wärmemarkt • würde Holzenergie also genau dort abwürgen, wo Holz energieeffizient und sinnvoll genutzt werden kann, stattdessen wäre Strom zu erzeugen daher Kaskadennutzung im weiteren Sinne: Pellets vorw. aus Sägeebenprodukten Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Rohstoffkonkurrenz mit Holzwerkstoff- (HWI) u. Zellstoffindustrie • Kapazitätsausbau sowohl bei Pelletproduzenten, Sägeindustrie, Zellstoffindustrie und z.T. HWI • steigende Holzpreise durch steigende Konkurrenz um den Rohstoff Holz • Forstwirtschaft wieder rentabel • mehr Qualitätswettbewerb, Innovationsdruck und Effizienzanreize Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Stoffliche Nutzung von Holz in Papier und Holzwerkstoffen immer höherwertig? • • • • Unmengen von Anzeigenblättern und Werbebeilagen? kurzlebige und Wegwerfprodukte aus Holz? Einweg-Holzverpackungen? Möbel niedriger Qualität und kurzer Nutzungsdauer? • Wie lange muss ein Möbelstück halten, um als nachhaltig gelten zu können? Auch Gebäudewärme, Warmwasser und Prozesswärme decken menschliche Grundbedürfnisse und sind zur Produktion lebensnotwendiger Güter erforderlich! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Konkurrenz zwischen stofflicher u. energetischer Nutzung – auf Dauer nicht abzuwenden • Preisanstieg bei Öl und Gas nach Ende des Fracking-Booms (in 5-10 Jahren?) Holzenergie wird dann konkurrenzstärker – auch ohne Förderung • kann nicht Aufgabe der Politik sein, die Holzwirtschaft noch 10 Jahre lang vor der Holzenergie zu schützen! • Aufgabe der Umweltpolitik stattdessen • sinnvolle Grenzen für die Waldnutzung setzen (national u. international)! • Perspektiven für die Verarbeitung von Laubholz entwickeln • alle langfristig sinnvollen EE-Techniken voranbringen u. deren Märkte entwickeln • Anreize zur Lenkung von Holz in energetische Verwertungspfade, die auch langfristig sinnvoll sind • Energie- und Rohstoffeffizienz voranbringen! Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Effizienzstrategie auch für Holzprodukte notwendig! • nicht nur bei der Holzenergie, sondern auch bei der Papierverwendung und der Produktion von Holzwerkstoffen • z.B. nicht-massive Holwerkstoffe oder langlebiges Thermoholz Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Wie kommen wir zu einer Effizienzrevolution? • Preis- u. Kostenwettbewerb (Internalisierung externer Kosten) • billige Rohstoffe werden kaum eingespart • das gilt für Holz • das gilt für Energie • ordnungspolitische Vorgaben • gerade wenn Preissignale politisch schwer durchsetzbar • EEWärmeG, EnEV, 1. BImSchV Umsetzung Ökodesign-Richtlinie etc. • Forschung Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV Fazit • Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme für die Erzeugung von Gütern aller Art sind Grundbedürfnisse, nicht nur Produkte auf Basis von Holz • vielfältige Lösungen für sehr vielfältige Teilmärkte im Strom-, Kraftstoff- und im Wärmemarkt erforderlich • ohne Holz und Bioenergien derzeit keine EE für alle Teilmärkte – und das wird auch noch sehr lange so bleiben! • Holzenergie ist nicht gleich Holzenergie – nicht alles in einen Topf werfen • Effizienzstrategie für alle Bereiche notwendig • gesamte Holzwirtschaft sollte mit der Bau- und der SHK-Wirtschaft an einem Strang ziehen, um den Sanierungsstau im Gebäudebestand aufzulösen! (Hüllensanierungen, Heizungsmodernisierung) Holz für die Energiewende – Jens Dörschel, Fachreferent für Politik und Umwelt beim DEPV
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