publik 01/16 - Universität Kassel

Nummer 1
1 0 . Mär z 2016
3 9 . Jahr gang
P V St . DPAG
H 2630
E n tg elt bez ahlt
Zukunft im Modell-Format
Eine Miniatur-Fabrik
für die Industrie 4.0
Studieren lohnt sich
Interview mit HochschulForscher Georg Krücken
Für Stadt und Studis
So schön wird der
Campus HoPla
STUDENTENJOB?
JA, BITTE!
Gemeinsam mehr Energie.
Bei WINGAS ist keine Aufgabe wie die andere. Das mögen wir
und das treibt uns an. Flexibilität, Kreativität und der Mut, Neues
auszuprobieren, sind die Basis unseres Denkens und Handelns –
frei nach dem Motto: Gemeinsam mehr Energie.
Editorial
Inhalt
03Editorial
03Impressum
V
or über zehn Jahren folgte ich
Forschung
einem Ruf an die Universität
04
Studieren lohnt sich | Hochschulforscher Georg Krücken
(INCHER) im Interview
Kassel, und ich kannte damals
weder Kassel noch die Universität dieser schönen Stadt. Da ich
08DFG-Forschergruppe | Megastädte und ihr Einfluss auf
bis dahin nur an technischen Universitäten tätig war, überraschte
Natur und Gesellschaft
mich die Vielfalt der Fachgebiete und Denkansätze, die in den
10
Automatisierte Produktion | Modellfabrik im Fachbereich
Diskussionen mit Menschen unterschiedlichsten Hintergrunds
Maschinenbau
aufblitzten. Das war ungewohnt und es begeisterte mich, ein
Zustand, der bis heute anhält. Ich habe in den ersten Jahren
Studium
meiner Tätigkeit an unserer Universität diese Vielfalt und das
16
Engagement und Studium verbinden | Kassel als
wunderbare Potenzial zu schätzen gelernt, das sich damit für inter-
Zentrale des „Service Learning“
und transdisziplinäre Forschung bietet. Um es auszuschöpfen,
18
Neue Masterstudiengänge | Sicherheitssysteme und
bedarf es einer Reihe von Zutaten, die wir in unserer hektischen
Umweltinformatik
Alltagswelt nicht aus den Augen verlieren dürfen. Sehr wichtig
Von der Aufbereitung von Vertragsdaten über den Aufbau
und die Pflege von Datenbanksystemen bis hin zur
Erstellung von Präsentations-Charts und „Sonderprojekten“
bieten sich Ihnen vielfältige Einsatzmöglichkeiten.
Und, ebenfalls nicht zu verachten: Der Stundenlohn stimmt.
Gute Englischkenntnisse sind allerdings erforderlich.
ist das internationale Renommee der eigenen Disziplin, das
International
nötig ist, um inter- und transdisziplinäre Forschung mit der
20Ela-Bhatt-Gastprofessur | Internationaler Input für die
nötigen Schwungmasse, wenn Sie mir diesen technischen
die gegenseitige Wertschätzung und der gegenseitige Respekt,
Campus
sowohl zwischen Wissenschaftlern, Wissenschaftlerinnen und
22
Holländischer Platz | Die Gestaltung der Außenanlagen
Studierenden verschiedener Disziplinen als auch zwischen
hat begonnen
den Fachgebieten und der administrativ-technischen Basis der
Universität. Eine weitere Zutat ist Kommunikationsfähigkeit,
Menschen
damit
26
Schrecken des Krieges | Ehemaliger Meisterschüler
veröffentlicht Graphic Novel
30
Was mich antreibt | Thomas Winkler
alle
zwischen
Haben Sie Fragen?
Bitte melden Sie sich bei Katja Uthof,
Telefon: 0561 99858-2373.
Oder schicken Sie gleich Ihre Bewerbung an:
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www.wingas.de
Uni Kassel
Ausdruck erlauben, umsetzen zu können. Ebenso wichtig sind
Parteien
einander
verschiedenen
verstehen,
Fachdisziplinen
insbesondere
keineswegs
ein
leichtes Unterfangen. Schließlich ist in der Wissenschaft auch
ein gerüttelt Maß Altruismus und Mut nötig, um Projekte
anzustoßen, die nicht im Zentrum der eigenen Forschung
stehen. Wie sehr sich das lohnen kann, zeigt eine Vielzahl bereits
laufender, außerordentlich spannender, erfolgreicher Projekte –
Impressum
Beispiele auch in diesem Heft.
Die Voraussetzungen für viele weitere Projekte dieser Art sind
bei uns günstig, denn es gibt eine Vielzahl von Fachgebieten
Verlag und Herausgeber: Universität Kassel, Kommunikation, Presse-
mit hervorragendem internationalem Ruf, engagierte, kreative
und Öffentlichkeitsarbeit
Kollegen und Mitarbeitende, die anpacken. Eine Kultur
Redaktion: Sebastian Mense (verantwortlich), Beate Hentschel,
der Kommunikation ist an unserer Universität seit Jahren
Marieke Schmidt, Samantha Pfanzer
selbstverständlich. Lassen Sie uns daher gemeinsam den Mut
Mönchebergstr. 19, 34109 Kassel | [email protected]
und den Altruismus aufbringen, um unsere Universität mit
Gestaltung: formkonfekt.de | Karen Marschinke
visionärer Forschung und exzellenter Lehre weiter voran zu
Titelfoto: Andreas Fischer
bringen. Nehmen Sie sich Zeit, um die vorliegende Ausgabe
Druck: Druck- u. Verlagshaus Thiele & Schwarz GmbH | Kassel-Waldau
der publik zu lesen. Scheuen Sie sich nicht die Autoren zu
Anzeigen: Thiele & Schwarz, Helmut Wiegand | Tel. (0561) 95925-0
kontaktieren und mit ihnen zu diskutieren.
www.thiele-schwarz.de
Erscheinungsweise: viermal jährlich, Bezugspreis 9,- Euro jährlich.
Namentlich gezeichnete Beiträge stimmen nicht unbedingt mit der
Prof. Dr. Arno Ehresmann
Auffassung der Redaktion überein.
Vizepräsident der Universität Kassel
Bei Nachdruck Belegexemplar erwünscht.
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publik 01 / 16 | Forschung
Ein Gespräch mit dem Kasseler
Hochschulforscher Georg Krücken über
kluge Studienwahl und Herausforderungen
für deutsche Universitäten
INTERVIEW Sebastian Mense
„Das Studium wird sich
weiter verändern“
Prof. Dr. Georg Krücken:
„Hochschulen wie die Uni Kassel
können das Beste beider Welten
vereinen.“
FOTOS Harry Soremski
Herr Prof. Krücken, in den kommen-
bekommt. Die Abbrecherquoten sind
den Monaten stehen wieder unz­ählige
zu hoch, weil sich viele beispielsweise
Abiturientinnen und Abiturienten vor
in technischen Fächern falsche Vorstel-
der Wahl, was sie studieren – und
lungen vom Studium machen. Aber
ob sie überhaupt ein Studium auf-
auch andere Fragen kommen auf die
nehmen. Lohnt sich ein Studium?
Hochschulen zu: Digitalisierung, Teilzeit­
Es lohnt sich – statistisch betrachtet –
studium – das Studium in Deutschland
allemal. Und zwar nicht nur materiell:
und weltweit wird sich weiter verändern.
Klar, Absolventinnen und Absolventen erzielen im Vergleich zu Menschen
Wie können Universitäten denn
ohne Hochschulabschluss ein höheres
die Abbrecherquoten senken?
Einkommen, sie sind seltener arbeits-
Zum Beispiel indem sie die angehenden
los. Interessanterweise sind sie aber
Studierenden besser vorbereiten auf
im Schnitt auch gesünder und sie
das, was sie erwartet. Viele Technische
haben ein größeres Vertrauen in ande-
Universitäten setzen inzwischen Self
re Menschen – ein enormes Kapital.
Assessments ein. Interessant finde ich
ein Studium Generale, das einige Uni-
Seit einigen Jahren nehmen immer
versitäten sehr erfolgreich anbieten. Da
mehr junge Menschen ein Stu­dium
finden Unentschlossene schnell heraus,
auf, auch die Uni Kassel ist unter ande-
welchen Weg sie einschlagen wollen.
rem aus diesem Grund stürmisch
gewachsen. Jetzt schwächt sich das
Viel ist in der deutschen Hochschulland-
Wachstum langsam ab. Welche Heraus­
schaft von Spezialisierung und Profilie-
forderung kommt als nächstes auf
rung die Rede. Ist das der richtige Weg?
die deutschen Hochschulen zu?
Eine Profilierung ist da sinnvoll, wo tat-
Die Folgen der Expansion werden sie
sächliche Stärken bestehen. Spezialisie-
noch eine ganze Weile beschäftigen:
rung im Studienangebot erweist sich auf
Die Studierendenschaft ist heterogener
Bachelor-Level als problematisch. Eine
geworden, auch Kinder aus sogenann-
deutsche Hochschule bietet einen Bache-
ten bildungsfernen Familien studieren
lor zur Spezialisierung auf Marken- und
heutzutage häufiger als früher. Die
Modemanagement an – die Ergebnisse
Hochschulen müssen sicherstellen,
unserer Studien zeigen, dass Arbeit­
dass jeder Anfänger ein Mindestlevel
geber mit Spezialisierungen wie diesen
an Studierfähigkeit hat oder schnell
oft wenig anfangen können. Auf Master-
4
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publik 01 / 16 | Forschung
publik 01 / 16 | Forschung
Die Digitalisierung hat tiefgreifende
Folgen an den Hochschulen. Bibliotheken
beispielweise begreifen sich zunehmend
als moderne Lernorte. So wird die UniBibliothek in Kassel bei ihrem Umbau
auch zusätzliche Lern- und Arbeitsplätze
einrichten.
Ebene mag das anders sein. Zudem zeigt
die sogenannte Passung wird wich-
umgegangen. Eine Detailsteuerung wie
sich, dass eine theoretisch-methodische
tiger – die jungen Leute können sich
früher wird es sicher nicht mehr geben.
Fundierung in einer Disziplin wichtig ist.
über das Netz heute einfach besser
über die Studieninhalte informieren.
Foto: Paavo Blåfield
Wie groß ist eigentlich der Einfluss der
Hochschulforschung auf die Politik?
Absolventen wird da schon einmal der
eben nach dem Nutzen eines Studiums
treffen, wo die Freunde studieren. Und
großen Unis leichter, die Exzellenz-
Neben dem starken Anstieg der Studie-
Lässt sich die Politik beraten?
Inhalt eines Studiengangs angepasst.
– wer ins Ausland geht, sammelt inter-
allen, die bereits im Studium sind, rate
Unis sowieso. Auf der anderen Seite
rendenzahlen war die größere Autono-
Politik und Wissenschaft sind grund-
kulturelle Erfahrung, lernt eine neue
ich: Nutzen Sie die Spielräume, die
wachsen die Fachhochschulen an
mie der Hochschulen ein bestimmendes
sätzlich getrennte Systeme, das
Apropos Studiengebühren: Kommt
Sprache. Auch das ist unschätzbar.
auch das Bachelor-Master-System bie-
Größe und Bedeutung. Welcher Weg
Thema der letzten Jahre. Wie fällt die
schränkt den Einfluss ein. Nehmen Sie
das Thema noch einmal zurück?
dazwischen bleibt den vielen mittel-
Bilanz des Hochschulforschers aus?
die Frage der Studiengebühren: Ob
Ich gebe keine Prognose ab. Es besteht
Damit kehren wir zu den Abiturienten
großen Universitäten wie Kassel?
Das ist kein abgeschlossener Prozess:
es sie gibt oder nicht, hängt weniger
in Deutschland ein breiter Konsens
und Studierenden zurück. Auch im Lichte
Würden Sie gerne noch
Sie können das Beste beider Welten
Gesetze werden permanent geän-
von den Ergebnissen der Hochschul­
gegen Gebühren. Aber ob das ewig
Ihrer Forschungsergebnisse: Welchen Rat
einmal studieren?
vereinen: Forschungsstärke mit breitem
dert, in Nordrhein-Westfalen wird
forschung ab und mehr vom Parteibuch
so bleibt? Beim Vergleich mit dem
geben Sie jungen Leuten, die vor oder
Vermutlich nicht so gerne wie ich
Zugang zu Bildung, internationale Aus-
die Autonomie zu einem Teil wieder
des Bildungs­ministers, seien wir ehr-
Ausland fällt auf, dass das deutsche
am Anfang eines Studiums stehen?
damals studiert habe. Ich habe wirklich
richtung mit regionaler Verankerung.
zurückgenommen. Es gab sicher eini-
lich. Aber wir können unsere Expertise
Hochschulsystem unterfinanziert ist.
Informieren Sie sich gut. Tauschen
gebrannt und alle Freiheiten genutzt,
Übrigens ist hier die Universität Kassel
ge unbeabsichtigte Effekte, etwa den
durchaus artikulieren. Unser Einfluss
Sie sich mit Freunden und Angehöri-
die damals noch größer waren. Das
ein hervorragendes Beispiel, sie macht
Abbau von bestimmten Studienfächern,
auf die Entscheider in den Hochschulen
Es ist erklärte Absicht, die
gen aus, aber entscheiden Sie selbst
heißt aber nicht, dass ich das Bachelor-
genau dies. Sie hat dazu noch ein unge-
der nicht immer im Sinne des ganzen
ist übrigens direkter. Unsere fortlau-
deutschen Hochschulen zu
und mit Bedacht. Seien Sie ehrlich mit
Master-System grundsätzlich für falsch
wöhnlich breites Fächerspektrum, was
Bundeslandes war. Aber insgesamt
fende Absolventenstudie zum Bei-
internationalisieren. Gelingt es?
sich selbst: Wofür brennen Sie? Ein
halte. Für das Gros der Studieren-
interessante Verbindungen in Forschung
sind die deutschen Hochschulen mit
spiel schauen die sich schon genau
Lehrangebote, Austausch, Kooperati-
Studium ist eine grundlegende Ent-
den bringt es sicher viele Vorteile.
und Lehre möglich macht. Die Univer-
der neuen Freiheit verantwortungsvoll
an. Je nach Erfolg oder Misserfolg der
onen, da tut sich sehr viel. Sie fragten
scheidung, die sollte man nicht danach
Mit der Profilierung tun sich die ganz
tet, und setzen Sie Schwerpunkte.
sität Kassel hat eine Menge zu bieten.
In Ihrer gerade erschienenen Bestandsaufnahme des deutschen Hochschulsystems (siehe Kasten) führen Sie
Professor Dr. Georg Krücken (53) ist Geschäftsführender Direktor
unter anderem an, dass deutsche
des Internationalen Zentrums für Hochschulforschung Kassel
Studierende ihr Studium zunehmend
(INCHER-Kassel) und Leiter des Fachgebiets Hochschulforschung.
nach den Lehrinhalten auswählen
Er hat zahlreiche Forschungsprojekte durchgeführt und vielfach
und Faktoren wie Stadt oder Reputation der Uni unwichtiger werden.
zu diesen Themen publiziert. Zuletzt erschien sein Band
Ja, auf einem gewissen Niveau.
„Hochschulen. Fragestellungen, Ergebnisse und Perspektiven der
Grundsätzlich sind deutsche Studie-
sozialwissenschaftlichen Hochschulforschung.“ (mit Otto Hüther)
rende im internationalen Vergleich
sehr sesshaft: Viele studieren in ihrer
Heimat oder nicht weit entfernt. Aber
6
Krücken studierte Soziologie, Philosophie und Politikwissenschaft in
Das INCHER und die Hochschulforschung an der Uni Kassel
Das International Centre for Higher Education Research Kassel (INCHER-Kassel) ist eine Forschungseinrichtung der
Universität Kassel. Wie andere Forschungsgegenstände lassen sich auch Hochschulen und das Hochschulsystem
untersuchen – von praxisnahen Studien etwa zu Arbeitsmarkt und Studium bis hin zu theoretischen Fragen. Unter den
wenigen Instituten zur Hochschulforschung in Deutschland ist das INCHER jenes mit dem größten internationalen
Renommee. Beteiligt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Soziologie, der Volkswirtschaftslehre,
der Psychologie, der Informatik und der Politikwissenschaft. http://www.uni-kassel.de/einrichtungen/incher.
Bielefeld und Bologna.
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publik 01 / 16 | Forschung
Der Einfluss von Mega-Städten auf
Landwirtschaft, Umwelt und Gesellschaft
Neue DFG-Forschergruppe in Kassel und
Göttingen zu landwirtschaftlichem Wandel im
rural-urbanen Raum
TEXT Uni Kassel
FOTO Andreas Bürkert
Wie verändern sich agrarwirtschaftli-
Die Forschergruppe FOR2432 trägt den
Frau den Nobelpreis für Wirtschaftswis-
che, ökologische und soziale Systeme
Titel „Sozial-Ökologische Systeme im
senschaften erhielt. Aus ökologischer
unter dem Einfluss wachsender (Mega-)
Spannungsfeld indischer Land-Stadt-
Perspektive wurde das Konzept aufgrund
Städte? Diese übergreifende Frage unter-
Gradienten: Funk-
sucht die Forschergruppe FOR2432,
tionen, Skalen
die die Deutsche Forschungsgemein-
und Übergangs-
schaft (DFG) an den Universitäten Kas-
dynamiken“. Sie
sel und Göttingen einrichtet. Sie startet
ist richtungswei-
zum 1. April 2016, das Fördervolumen
send für die Agrarwissenschaften
baut auf diesen Ansätzen auf und
beläuft sich zunächst auf rund 3,7 Mio.
in Deutschland, indem sie Grundla-
führt die unterschiedlichen Sichtwei-
Euro. Eingebunden sind internationa-
genforschung aus diesem Fach und
sen unter der übergreifenden Frage
le Partner, darunter die University of
angrenzenden Disziplinen in den Kon-
nach landwirtschaftlichem Wandel im
Agricultural Sciences in Bangalore in
text von Transformationspro­zessen
rural-urbanen Raum zusammen.
Indien, wo die kooperierenden Projekte
Sozial-Ökologischer Systeme stellt.
Wechselseitige
Abhängigkeit von
Mensch und Natur
für Ökosystemdienstleistungen
bekannt. Die
Forschergruppe
Die Forschergruppe geht in drei inter-
mit voraussichtlich 1,2 Mio. Euro von
indischer Seite kofinanziert werden.
seiner Bedeutung
„Die Einrichtung dieser Forscher­gruppe
disziplinären Forschungsclustern
bedeutet eine national und internati-
den folgenden Fragen nach: Wie und
Mit dieser Entscheidung stärkt die DFG
onal deutlich sichtbare Stärkung der
warum ändern sich landwirtschaftliche
die erfolgreiche Zusammenarbeit der
Universität Kassel und gibt Rücken-
Produktionssysteme und Haushalts-
agrarwissenschaftlichen Fakultäten
wind für die weitere Entwicklung des
strukturen in verschiedenen Stadien
der Universität Kassel und der Georg-
Forschungsprofils unserer Universität“,
der Urbanisierung? Wie wirkt sich das
August-Universität Göttingen mit einem
freut sich der Präsident der Universi-
physische Wachstum der Stadt auf die
langfristig angelegten, strukturbildenden
tät Kassel, Prof. Dr. Reiner Finkeldey.
Fähigkeit regionaler Ökosysteme aus,
Verbundforschungsvorhaben. Die neue
„Sie ist auch ein Beleg für die äußerst
Nahrungsmittel und andere Ökosystem­
Forschergruppe greift aktuelle, weltweit
produktive und innovative Zusammen-
dienstleistungen bereitzustellen? Wie
geführte Diskussionen zu den Themen
arbeit mit der Universität Göttingen.“
verändern sich Austauschprozesse zwi-
Milchviehhaltung im Stadtzentrum von Bangalore.
schen Agrarökosystemen, zwischen
Land- und Ressourcennutzung, Ernährungssicherung, Ökologie und Urbanisie-
Die enge Beziehung und wechselseitige
Produzenten und Verbrauchern, entlang
und städtischer Lebens- und Land­
sität Göttingen) als Co-Sprecher vertre-
rung auf, die in einem breit angelegten,
Abhängigkeit von Mensch und Natur ist
landwirtschaftlicher Wertschöpfungs-
nutzungsformen aufeinandertreffen?
ten. Beteiligt daran sind vier Fachgebiete
interdisziplinären Ansatz am Beispiel von
ein grundlegendes Charakteristikum der
ketten oder zwischen verschiedenen
Bangalore untersucht werden sollen.
Landwirtschaft. Konzeptionell erfasst und
sozialen Gruppen im Laufe fortschrei-
Das Vorhaben mit elf Teilprojekten wird
gemeinsam mit Göttingen eingerichte-
Mit der südindischen Großstadt wurde
als Sozial-Ökologisches System bezeich-
tender Urbanisierung? Wie interagieren
von Prof. Dr. Andreas Bürkert (Univer-
te Professur) und fünf Göttinger Fach-
ein Ort gewählt, an dem Wachstum und
net wurde diese Beziehung zuerst von
ökologische und soziale Systeme, wenn
sität Kassel) als Sprecher und Prof. Dr.
gebiete sowie ein Hochschullehrer der
Wandel besonders dynamisch sind.
Elinor Ostrom, die dafür 2009 als erste
gegensätzliche Interessen ländlicher
Stephan von Cramon-Taubadel (Univer-
James Cook Universität in Australien.
8
der Universität Kassel (darunter eine
Informationen zum Fachbereich
Ökologische Agrarwissenschaften
und zu Studienmöglichkeiten:
http://www.uni-kassel.de/fb11agrar/
Informationen zur Forschergruppe 2432:
http://www.uni-kassel.de/go/for-2432
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publik 01 / 16 | Forschung
Hier brummt die Industrie 4.0 schon
Eine Modellfabrik im Fachbereich
Maschinenbau bildet eine vollautomatische
Produktion nach – zum Nutzen von Forschung
und Lehre gleichermaßen
TEXT Aleksandra Czajkowska
FOTOS Andreas Fischer
Bild links und Mitte: Farbige Kugeln simulieren verschiedene
Farbstoffe der produzierten Limonade.
Bild rechts: Sebastian Schramm überwacht die Fertigungszelle.
Ein Surren erfüllt plötzlich den Raum. Es erinnert an fern­
gesteuerte Autos, doch stattdessen gleitet ein mobiler Roboter
über den Boden und steuert eine kompliziert anmutende
Anlage an. Dann brodelt es inmitten des Raumes plötzlich. Wasser wird aus einer Prozessinsel in eine Abfüll- und
Wasser und Kunststoffkugeln besteht, deren unterschiedli-
Entleerstation für mobile Roboter gepumpt, durch­sichtige
che Farbkombinationen verschiedene Geschmacks­richtungen
Becher werden befüllt und nacheinander an vier etwa einen
symbolisieren. μPlant, so die offizielle Bezeichnung der
halben Meter große, schwarz glänzende Hightech-Helfer
Modellfabrik (der griechische Kleinbuchstabe μ [my:] steht
weitergereicht. Damit fahren sie nun an eine Fertigungs­
für ‚Mikro-’), wurde am Fachgebiet Mess- und Regelungs­
zelle, an der das Zwischenprodukt weiterverarbeitet wird.
technik im Fachbereich Maschinenbau unter Federführung
Das Summen wächst zu einem Klang-Durcheinander
von Prof. Dr.–Ing. Andreas Kroll konzipiert und seit 2011
an, das jetzt der Geräuschkulisse einer Fabrik ähnelt.
sukzes­sive aufgebaut. Sie besteht aus sechs miteinander
kommunizierenden Stationen, mobilen Robotern sowie
Andreas Burlakow (v.l.), Prof. Dr.-Ing.
Andres Kroll, Sebastian Schramm und
Lars Kistner beobachten die Arbeit der
Roboter vom Leitstand aus.
10
Und tatsächlich: Das hier ist eine Fabrik, in der in diesem
einem Leitstand und ermöglicht es den Wissenschaftlerin-
Moment ohne menschliches Zutun gleichzeitig verschiede-
nen, Wissenschaftlern und Studierenden, vollauto­matische
ne Limonadensorten hergestellt werden. Nur dass diese
Produktionsabläufe abzubilden und Methoden etwa zur Pro-
Produktions­stätte ganz klein ist, sich mitten auf dem Campus
gnose von Fehlfunktionen in einer automatisierten, vernetz-
der Universität Kassel befindet und besagte Limonade aus
ten und heterogenen Multi-Produkt-Anlage zu erforschen.
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publik 01 / 16 | Forschung
publik 01 / 16 | Forschung
Links: Doktorand David Arengas an der Fertigungszelle.
Mitte: Lars Kistner mit den mobilen Robotern.
Rechts: Das Team beobachtet die Arbeit des Lagerroboters.
Der Knickarmroboter sortiert hier die fertige Limonade in das
Miniatur-Hochregallager.
Eine Miniatur-Fabrik, die
mehr kann als andere
Hier steht also die Mini-Ausgabe einer Fabrik der Zukunft, ein
suchungsergebnisse aus der μPlant fließen unter anderem
frühes Exemplar der Industrie 4.0. Die nächste industrielle
in Produktionsabläufe der Kooperationspartner aus der Pro-
Revolution verheißt smarte Fabriken und Produktions­anlagen,
zess- und Fertigungsindustrie ein. „In μPlant verknüpfen wir
die selbstständig miteinander kommunizieren. Mit der Kas-
verschiede Prozess-Arten“, erklärt Kroll und weicht dabei einem
seler Modellfabrik lassen sich dafür Tests durchführen, die im
Roboter aus, der nun die fertige „Limo“ von der Fertigungs-
Normalbetrieb nicht möglich wären – etwa um die Sicherheit
zur Lagerzelle transportiert: „Flüssigkeits- und Schüttgutfer-
der Abläufe zu erhöhen. „Wir können hier gezielt kritische
tigung erfolgen automatisiert, der Materialfluss robotisch,
Situationen provozieren, sie beliebig oft wiederholen, analy­
ebenfalls die Einlagerung des Endprodukts.“ Dies sei einzig-
sieren und Methoden zur Optimierung entwickeln“, nennt
artig, denn obwohl deutschlandweit etwa 35 Modellfabriken
Kroll eines der möglichen Anwendungsgebiete. Bereits heute
existieren, verknüpfe keine von ihnen so viele heterogene
sind beispielsweise in der Pharmaindustrie viele Fertigungs-
Prozesse und Automatisierungssysteme in einer flexibel
abschnitte vollkommen automatisiert, um Kontaminationen
gestaltbaren Anlage. Auch der Einsatz mobiler Roboter sei
zu vermeiden. Die Erkenntnisse aus Kassel tragen direkt
ganz selten, fügt Kroll sachlich, aber nicht ohne Stolz hinzu.
dazu bei, die Industrie 4.0 möglich zu machen, denn Unter12
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publik 01 / 16 | Forschung
publik 01 / 16 | Forschung
Das Projekt μPlant
Das Konzept der Modellfabrik entstand 2011. Ende 2013 wurde die erste
Prozessinsel in Betrieb genommen. Für Ende 2016, nachdem die noch
ausstehende zweite Prozessinsel ihren Platz in der Anlage einnimmt, ist
die offizielle Gesamtinbetriebnahme geplant.
Info
Informationen zum Fachgebiet Mess- und Regelungstechnik:
http://www.uni-kassel.de/maschinenbau/institute/isac/mrt.html
Prof. Dr.-Ing. Andreas Kroll.
Information zum Fachbereich Maschinenbau und zu
Studienmöglichkeiten: http://www.uni-kassel.de/maschinenbau
Video
Eindrücke von der Modellfabrik finden
Ein mobiler Roboter transportiert Limonade ins Lager; der Roboter
stoppt, sobald er jemandem auf seiner Route identifiziert.
sich hier: http://youtu.be/cuKS5vl9RBg
Autonome Orientierung
Der Stolz ist auch angebracht, denn so alltäglich das Produkt
Navigieren zwischen den einzelnen Produktionsabschnit-
nicht ohne ein wachsames Auge eines Menschen aus. Der
wäre. Regelmäßig finden Praktika und individuelle Projekte
Limonade scheint, so komplex sind doch die Anforderungen
ten – sie folgen einer zuvor mit Hilfe der Robotersensorik
menschliche Einsatz begrenzt sich vor allem auf die Überwa-
an der Anlage statt. Insgesamt sind seitdem 35 studentische
an die Technik. Die Teilsysteme für die Prozess-, Fertigungs-
erstellten Karte des Raumes. Die autonome Orientierung und
chung, Optimierung und Wartung der smarten Mini-Fabrik.
Arbeiten in ihre Entwicklung eingeflossen, an sechs weite-
und Lageraufgaben sind mit neuesten Automatisierungs-,
kollisions­freies Fahren garantiert eine Infrarotkamera, mit der
Arengas ist für die Überwachung der μPlant zuständig.
ren und drei Promotionsschriften wird derzeit noch gefeilt.
Informations- und Bussystemen ausgestattet, die teilweise
jeder Roboter ausgestattet ist. Untereinander und mit dem
Er promoviert zum Thema „Multivariate time series seg-
Auf der anderen Seite betont Kroll: „Ohne das studentische
von Kooperationspartnern wie etwa dem Energie- und Auto-
zentralen Steuerungsrechner kommunizieren sie über ein
mentation for system identification“, wobei er eine Big-
Engagement wäre der Aufbau der Modellfabrik nicht mög-
matisierungstechnikkonzern ABB stammen, teilweise an der
geschlossenes WLAN-Netzwerk. Auch die Behälter für den
Data-Problemstellung unter die Lupe nimmt, nämlich wie
lich.“ Alle Produktionseinrichtungen seien Eigenbauten, von
Universität Kassel für die μPlant selbst entwickelt wurden.
Transport der Flüssigkeit sind mit RFID-Transpondern verse-
in großen Prozessdatenarchiven interessante Daten für
Studierenden entworfen und umgesetzt. „Im Rahmen einer
Die ein bisschen an den berühmten R2D2 erinnernden mobi-
hen, damit alle Stationen, die die Roboter anfahren, erkennen,
Analyse und Optimierung gefunden werden können.
Bachelorarbeit hat beispielsweise ein Student die Fertigungs­
len Roboter haben jeweils einen eigenen Rechner an Bord.
dass die richtige Limonade an- bzw. abtransportiert wird.
Sie sind als fahrerlose Transportsysteme (FTS) konzipiert,
zelle konstruiert, ein zweiter sie aufgebaut und ein dritter
Das ist ein anderes zentrales Einsatzgebiet von μPlant: Die
setzt die Automatisierung um“, sagt Kroll und blickt auf
die flexibel programmierbar sind und sich selber im Raum
Vom Leitstand mit Bedien- und Engineering-PCs aus beob-
Qualifizierung einer neuen Generation von Ingenieurinnen
einen Roboter, der nach getaner Arbeit präzise zurück auf
orien­tieren können. Ihre Linux-basierte Steuerung ermöglicht
achtet M. Eng. David Arengas zusammen mit drei stu-
und Ingenieuren auf allerhöchstem Niveau. Die Studieren-
seinen Platz an der Abfüll- und Leerstation hinsteuert.
ihnen den Start- und Zielauftrag zu empfangen, die Route
dentischen Hilfskräften aufmerksam die Abläufe in der
den können weitaus praxisnäher und problemorientierter
selbstständig zu planen sowie das zielsichere und exakte
Modellfabrik. Auch die hochautomatisierte Anlage kommt
arbeiten als es in einem herkömmlichen Seminar möglich
14
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Hochburg des „Service Learning“
Nirgendwo sonst können Studierende
in so vielen Seminaren Studium und
gesellschaftliches Engagement verbinden
Ein Ergebnis von Service Learning: Studierende von Prof. Oliver Vogt (Industriedesign) haben für ein Flüchtlingsheim in Kassel Utensilien entwickelt, die
ein Minimum an Privatsphäre ermöglichen. In der Kunsthochschule wurde dafür das 1:1-Modell eines Flüchtlings-Zimmers aufgebaut; dort zeigen (v. l.)
Nadja Nolte, Carlos Platz und Beat Sandkühler eine Betthaube (im Bild rechts), die die Schlafenden wenigstens etwas abschirmt, sowie das ebenfalls
selbstentwickelte Piktogramm für einen Schlafsaal.
Dr. Imke-Marie Badur und Benjamin Schäfer koordinieren das bundesweite Netzwerk „Bildung durch Verantwortung“, das das
Format Service Learning in Deutschland vorantreibt.
TEXT Sebastian Mense
Learning-Formats entwickelt, auch die bundesweite Ge-
nahmen. Ein besonderer Förder-Schwerpunkt liegt derzeit
Ob es an der Kasseler Vorreiterrolle liegt, dass die Geschäfts-
FOTOS Andreas Fischer / Sebastian Mense
schäftsstelle des Koordinations-Netzwerks sitzt hier.
auf Kursen aus den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaf-
stelle nach Nordhessen vergeben wurde? Wohl eher an
„Das Konzept kommt aus den USA und verbreitet sich inzwi-
ten sowie auf Projekten für Flüchtlinge – ob Informatiker
Badurs unermüdlichem Einsatz. Eine gewisse Schlüssigkeit
Es ist ein noch verhältnismäßig junges Format, das sich an
schen in Europa und Deutschland“, berichtet Dr. Imke-Marie
dabei helfen, WLAN für Erstaufnahme-Einrichtungen aufzu­
liegt aber in der Standort-Entscheidung, findet Vizepräsi-
den deutschen Hochschulen ausbreitet – aber eines, das
Badur, die „Service Learning“ an der Uni Kassel koordiniert;
bauen oder Psychologinnen Angebote für traumatisierte
dent Prof. Dr. Andreas Hänlein: „Das passt zu unserer Uni-
ihnen gut zu Gesicht steht in Zeiten, in denen Einsatz für
dabei berät sie Dozentinnen und Dozenten, wie sie ihre Lernin-
Flüchtlinge entwickeln (siehe Info am Ende des Beitrages).
versität, die es sich wie kaum eine andere auf die Fahnen
das Gemeinwesen nötig ist wie lange nicht. Seit etwa fünf
halte im Rahmen von Service Learning vermitteln können, und
Jahren bieten immer mehr Universitäten und Fachhoch­
findet passende gemeinwohlorientierte Kooperationseinrich-
schulen des Landes sogenannte „Service Learning“-Seminare
tungen. Die Entwicklung ist rasant. Im zurückliegenden Winter­
an. Die Idee dabei: Studierende lernen am besten, indem
semester gab es bereits 26 Service-Learning-Seminare in
sie theoretische Kenntnisse praktisch anwenden – und diese
Kassel, so viele wie an keiner anderen deutschen Hochschule.
Badur führt auch die Geschäftsstelle des bundesweiten
Praxis-Erfahrung verbinden sie beim Service Learning mit
Dabei sind die entsprechenden Veranstaltungen kein iso-
Hochschulnetzwerks Bildung durch Verantwortung, in dem
einem Dienst für die Allgemeinheit, etwa indem sie Sprach-
liertes Programm, sondern im Lehr-Angebot der Studien­
sich inzwischen rund 30 Hochschulen zusammengeschlos-
Sprachunterricht für Flüchtlinge; Ethik im klinischen
kurse für Flüchtlinge geben. Mit Credits belohnt wird dabei
gänge fest verankert. Die Veranstaltungen haben auch
sen haben, die entsprechende Kurse anbieten. Zunächst
Bereich; Kinderreporter; Klimaschutz in der
nicht das Engagement selbst, sondern das angeeignete
dasselbe fachliche Niveau wie andere Kurse, betont Badur.
tat sie dies größtenteils ehrenamtlich, seit Anfang Januar
theoretische Wissen und die Reflexion über die Tätigkeit,
Das ist nicht nur etwas für angehende Sozialpädago­ginnen,
steht die Geschäftsstelle auf festen Beinen: Aus den Beiträ-
Grundschule; Wohnen in Kassel; Solarcampus/
hier: Deutsch als Fremdsprache zu vermitteln. Inzwischen
das Spektrum reicht vom Bau eines Therapiegartens für
gen der Mitglieds-Hochschulen werden zwei Teilzeitstellen
hat sich die Uni Kassel zu einer Hochburg des Service-
Demenz­kranke bis zur Entwicklung von Energiesparmaß-
für sie und ihren Mitarbeiter Benjamin Schäfer finanziert.
16
Geschäftsstelle des
bundesweiten Netzwerks
geschrieben hat, in die Gesellschaft hinein zu wirken.“
Beispiele für Service Learning-Kurse im
Wintersemester: Gartentherapeutisches Arbeiten mit
Demenzkranken; Soziale Inklusion bei Behinderung;
Energieeffizienz; Videojournalismus. Übersicht über
alle Kurse unter www.uni-kassel.de/go/sl
17
publik 01 / 16 | Studium
Neue Master zu Sicherheitssystemen und
Umweltinformatik
Der Fachbereich Elektrotechnik / Informatik bereitet
zum Wintersemester neue Studiengänge vor
Studieren am
Fachbereich Elektro­technik / Informatik
Wer seinen Bachelor zum Beispiel in Informatik, Elektro­
technik, Mathematik, Mechatronik oder ähnlichen
relevanten Fächern absolviert hat und ausreichende
Englischkenntnisse mitbringt, kann den Master
„Functional Safety Engineering“ anschließen.
Astronauten bildet die Uni Kassel noch nicht
aus, aber der Abschluss „Functional Safety
Engineering“ qualifiziert unter anderem dazu, an
Sicherheitssystemen in Luft- und Raumfahrt zu
arbeiten. Hier startet eine amerikanische DeltaIV-Rakete.
Für den Master „Environmental Informatics“ qualifizieren
ein Bachelor-Abschluss in Informatik, Geoinformatik,
Umweltingenieurwesen oder einem umweltnaturwissenschaftlichen Fach sowie ausreichende Englischkenntnisse und die erforderlichen Kompetenzen in Informatik
und Mathematik.
TEXT Marieke Schmidt
FOTO Dvidshub
Für den Bachelor-Studiengang Informatik entscheiden sich an
über komplexe und vernetzte IT-Systeme zu bewerkstel-
der Uni Kassel jedes Wintersemester rund 200 Studierende.
ligen. Hier wird künftig ein erhöhter Bedarf an Systemen
Zwei neue englischsprachige Studiengänge erweitern nun
erwartet, die Menschen mit Einschränkungen dabei unter-
das Angebot an darauf aufbauenden Master-Programmen.
stützen, ein relativ autonomes Leben zu führen und gleich-
Informationen zu den Bachelor-Studiengängen Elektrotechnik und Informatik finden Interessierte unter:
schueler.eecs.uni-kassel.de
zeitig sicher gesundheitlich überwacht zu werden.
„Functional Safety Engineering“– Sichere
und zuverlässige elektronische Systeme
Informationstechnologie am Fachbereich
Der englischsprachige Master „Functional Safety Engineering“
Prof. Dr. habil. Josef Börcsök, der das Fachgebiet Rechnerar-
startet an der Uni Kassel voraussichtlich zum Wintersemester
chitektur und Systemprogrammierung leitet, freut sich: „Der
2016 / 2017. Im Zentrum: neue Rechner-, Kommunikations- und
neue Master ist als informationstechnischer Studiengang in
Sensor/Aktuator-Systeme. Die Studierenden werden diese
der Struktur des Fachbereichs Elektrotechnik und Informatik
Systeme erforschen, modellieren, entwickeln, testen, modifi-
perfekt verankert. Informationstechnologie ist bei uns einer
zieren und verifizieren – immer im Hinblick auf eine Anwen-
von vier Schwerpunkten. Ich freue mich bereits auf die ersten
dung auf sichere und zuverlässige elektronische Systeme.
Studierenden, die wir auf leitende Tätigkeiten, anspruchsvolle und komplexe Entwicklungs- und Forschungsaufga-
Hinein ins Berufsleben – von der Raumfahrttechnik bis hin zur Patientenüberwachung
ben oder eine mögliche Promotion vorbereiten können.“ Im
zweiten Mastersemester ist der Besuch einer Partneruniversität vorgesehen – etwa in den USA oder in der Türkei.
Absolventinnen und Absolventen, die sich mit funktionaler
Sicherheit beschäftigt haben, finden ein weites Betätigungsfeld – etwa in der Bahntechnik, Automobiltechnik, Medizin-
„Environmental Informatics“ – Umweltsachverhalte analysieren und interpretieren
technik, Prozesstechnik oder im Bereich der Energiesysteme.
Der Abschluss qualifiziert auch für den Bereich der Luft- und
Ebenfalls zum Wintersemester 2016 / 2017 startet aller Voraus-
Raumfahrttechnik. Hier werden ebenfalls hohe Anforderun-
sicht nach der englischsprachige Studiengang „Environmental
gen an technische Systeme gestellt. Sicherheitsgerichtete
Informatics“. Der Masterstudiengang zielt auf eine fundierte
Soft- und Hardware muss hier entsprechend den Anforde-
Informatikausbildung mit dem Schwerpunkt auf umweltorien-
rungen entworfen, realisiert und auf Sicherheit und Zuver-
tierte Aufgabenstellungen. In den Lehrveranstaltungen wird es
lässigkeit getestet werden. Dazu sind spezielle Kenntnisse
etwa um die Modellierung von Umweltsystemen, die Analyse
von Entwurfsstrategien, Modellen, Berechnungsmethoden,
von Umweltdaten und naturwissenschaftliche Grundlagen der
Architekturstrukturen und Normen notwendig, die den Stu-
Umwelt- und Klimawissenschaften gehen. Mit ihrer Experti-
dierenden im neuen Master-Programm vermittelt werden.
se könnten Absolventinnen und Absolventen nicht nur in der
Softwareentwicklung, sondern auch im Bereich der Umwelt-
Ein anderer Arbeits-Bereich ist die Medizintechnik. Nicht
systemanalyse arbeiten. Als Arbeitgeber kommen daher neben
zuletzt durch den demographischen Wandel wird es im-
Forschungseinrichtungen auch Umweltabteilungen infrage
mer häufiger notwendig, Patientenüberwachungssysteme
oder Unternehmen, die direkt im Umweltbereich tätig sind.
18
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publik 01 / 16 | International
Eine Professur für den Perspektivwechsel
Die Ela-Bhatt-Gastprofessur bringt internationale
Erfahrungen an die Uni Kassel
Die Namensgeberin der Gastprofessur,
Ela Ramesh Bhatt, ist eine herausragende
Persönlichkeit der Gewerkschaftsund Frauenbewegung.
TEXT Marieke Schmidt
FOTOS SEWA / privat
Arbeiten und Forschen in der Entwicklungszusammenarbeit
nen Ländern und Kontexten in den Dialog zu treten. Nur so
– ein Berufswunsch von so manchem Studierenden,
können wir Lösungen für Konflikte oder Missstände finden.“
der sich für die Uni Kassel entschieden hat. Die Arbeit
an drängenden, globalen Problemen gehört an der Uni
Eine beeindruckende Persönlichkeit
zum Alltagsgeschäft, etwa zur beschäftigungspolitischen
Forschung. Eines der Aushängeschilder in Kassel ist in
Ela Ramesh Bhatt, die Namensgeberin der Gastprofessur, wurde
diesem Zusammenhang die Ela-Bhatt-Gastprofessur, die
1933 in Ahmedabad, Indien, geboren. Bhatt ist eine herausra-
die Uni Kassel auch international in den Fokus rückt.
gende Persönlichkeit der Gewerkschafts- und Frauen­bewegung.
Internationale Gäste
Sie ist Gründerin der Self Employed Women’s Association
(SEWA), einer Art Gewerkschaft für selbst­ständige Frauen, die in
Indien weder regelmäßiges Einkommen noch Sozialleistungen
Im Rahmen der Ela-Bhatt-Gastprofessur kommen Wissen-
beziehen. Ziel der Organisation ist es, die Frauen in eine vollwer-
schaftlerinnen und Wissenschaftler, häufig aus sogenann-
tige Arbeit zu bringen. Ela Bhatt gehört der Gruppe „The Elders“
ten Entwicklungs- oder Schwellenländern, für ein paar
an, einem Zusammenschluss von bedeutenden Persönlichkeiten
Monate nach Kassel. Die Professur wird abwechselnd im
wie Kofi Annan und Jimmy Carter, die keine öffentlichen Ämter
sozial- und agrarwissenschaftlichen Bereich besetzt. Ange-
mehr bekleiden und ihren Erfahrungsschatz für die Lösung
siedelt ist sie an der Uni Kassel am International Center
globaler Probleme nutzen möchten. Bhatt erhielt zahlreiche
for Development and Decent Work (ICDD), das in Kassel
Auszeichnungen, darunter 2010 den Niwano-Friedenspreis.
Professur April bis Juli 2016: Prof. Dr. Josef Matofari (Kenia)
unterrichtet zu Themen aus den Lebensmittelwissenschaften
beziehungsweise zu Lebensmittelsicherheit.
seinen Hauptsitz hat. Seit 2009 trägt das interdisziplinäre
Wissenschaftsnetzwerk von Kassel aus zum besseren Verständnis der Ursachen menschen­unwürdiger Arbeit im Entwicklungskontext bei. Partneruniversitäten befinden sich in
Alle Ela-Bhatt-Professorinnen und -Professoren
Brasilien, Mexiko, Pakistan, Indien, Kenia, Ghana und Süd-
halten jeweils einen öffentlichen Vortrag. Die
afrika. Außerdem kooperiert das ICDD mit der Internatio­
englischsprachigen Masterstudiengänge in den
nalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf und dem Deutschen
Gesellschaftswissenschaften und den Ökologischen
Akademischen Austauschdienst (DAAD). Prof. Dr. Christoph
Scherrer, geschäftsführender Direktor des ICDD und Leiter
Agrarwissenschaften profitieren besonders von
des Fachgebiets Globalisierung und Politik an der Uni Kassel,
den Lehrveranstaltungen der Gastprofessoren (M.A.
weiß, wie wichtig Perspektivwechsel in der Forschung sind.
Global Political Economy, M.A. Labour Policies
Er erklärt: „Menschen neigen dazu, ihre Umwelt mit einer
and Globalisation, MSc Sustainable International
ethno­zentristischen Brille zu betrachten. Das heißt, dass die
Bewertungsgrundlagen und Maßstäbe der eigenen Kultur
Agriculture, MSc Sustainable Food Systems, MSc
oder Gruppe als richtig empfunden und auf andere Kontexte
International Food Business and Consumer Studies).
übertragen werden. Dadurch können schwerwiegende Miss-
Natürlich sind aber auch alle anderen Studierenden
verständnisse entstehen. Um das zu verhindern und von
möglichst vielen verschiedenen Sichtweisen zu profitieren,
ist es wichtig, mit Akteurinnen und Akteuren aus verschiede20
herzlich willkommen, an den Lehrveranstaltungen
teilzunehmen.
Professur April bis Juni 2016: Prof. Dr. K.N.
Ganeshaiah (Indien) ist auf Artenvielfalt,
Ökologie und Evolution spezialisiert.
Gemeinsam mit Prof. Dr. Andreas Bürkert von
der Uni Kassel leitet er ein Projekt, das darauf
abzielt, Dynamiken der Landwirtschaft an
der Schnittstelle zwischen Stadt und Land
zu verstehen (vgl. Beitrag in diesem Heft).
Professur Oktober bis Dezember 2016: Prof. Dr. Akua
Britwum (Ghana) wird sich in der Lehre in Kassel auf das
Thema „Gender in der Wirtschaftspolitik“ fokussieren.
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publik 01 / 16 | Campus
„Eine der schönsten
Campusanlagen Deutschlands“
Die Gestaltung der Freianlagen am
Holländischen Platz hat begonnen
TEXT Andreas Gebhardt
FOTOS K1 Landschaftsarchtitektur/Andreas Gebhardt
Blick vom Campus Nord auf das Campus Center. Rechts das Selbstlernzentrum.
Im Bild rechts dieselbe Perspektive in naher Zukunft.
Der Campus am Holländischen Platz macht sich: Neubauten
Bagger­furchen durchzogen und voller Pfützen. Wege zu den
gestaltung sind längst im Gang. Bald wird dies „eine der
zunächst den mittleren Bereich des Campus Nord, also das
wie der neue Speisesaal der Mensa, der Science Park, das
Gebäuden sind mit festgestampftem Schotter befestigt. Überall
schönsten Campusanlagen Deutschlands“ sein, wie es
Gebiet um Selbstlernzentrum und K 19. Von hier wird das
Studierendenwohnheim oder die Kindertagesstätte wurden in
stehen noch Bauzäune, Baumaterialien und Container herum.
Klaus Sausmikat formuliert, Leiter der Abteilung Bau,
Gelände weiter über eine neue Stufenanlage hinauf auf das
Betrieb genommen, historische Gebäude wie das Torhaus A
Umgeben von Sand- und Kiesbergen könnte einen das Gefühl
Technik, Liegenschaften. Ein Gelände, das übrigens nicht
Plateau zum ASL-Gebäude und dem nordöstlich angrenzen-
saniert, der Umbau von Torhaus B ist im Gange. Das Instituts-
beschleichen, sich auf irgendetwas zwischen Schlammplatz und
nur den Mitgliedern der Universität offen steht, sondern
den Science Park erschlossen. Mit der Geländegestaltung
gebäude Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung ist zu
Mondlandschaft zu befinden. Campus? Eher nicht. Noch nicht.
auch eine Bereicherung für die gesamte Stadt sein soll.
um die beiden Torhäuser und die Produktionshalle soll der
Im Herbst vergangenen Jahres wurde der erste und größte
erste Bauabschnitt voraussichtlich 2017 beendet sein. Für
voller Größe gewachsen und auch das Selbstlernzentrum gegenüber dem Campus Center nimmt nördlich der Moritz­straße
Natürlich ist der Campus insbesondere nördlich der Moritz­
Bauabschnitt in Angriff genommen. Dieser erstreckt sich von
den gesamten ersten Bauabschnitt sind knapp 10 Mio. Euro
Konturen an. Wer hierherkommt, hat einen unmittelbaren
straße derzeit noch eine Baustelle. Bis aber dieses Gelände
der Zentralmensa (mit der abgesenkten „Mensamulde“ zur
veranschlagt, wovon knapp 3,7 Mio. Euro unterirdisch ver-
Blick auf das Gelände: Zu sehen sind aufgeworfene Erdhügel,
einmal zum Flanieren und Wohlfühlen einlädt, ist es nicht
Ahne hin) und um das Campus Center nach Norden über
baut wurden, also für die Geländeerschließung mit Kanalver­
auf denen das Unkraut sprießt. Der matschige Boden ist von
mehr all zu lange hin: Die Arbeiten für die Freianlagen­
die Moritzstraße hinweg. Dort umfasst er im Wesentlichen
legung, Stromversorgung und Telekommunikationsleitungen.
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publik 01 / 16 | Campus
publik 01 / 16 | Campus
Blick von der Baustelle des Selbstlernzentrums nach Norden.
Gestaltung der Freianlagen
Bauphasen des ersten Bauabschnitts (voraussichtlich)
1.Campus Holländischer Platz, Bereich Campus Center
und Mensa
• Oktober 2015 bis April 2016: Mensa-Mulde.
• Februar 2016 bis August 2016: zwischen Campus Center (CC)
und Café Desasta sowie Arnold-Bode-Straße.
• August 2016 bis November 2016: Mensa-Terrasse und
Diagonale zwischen CC und Mensa bis Hörsaalzentrum
Nord/Mensa-Mulde.
2.Campus Nord
• April 2016 bis September 2016: Platz vor und um den Bereich
Selbstlernzentrum, Studierendenwohnheim, K19
• November 2015 bis April 2016: Treppenanlage zum ASLGebäude.
• Oktober 2015 bis November 2016: Bereich um Neubau ASL
bis HaFeKa-Gebäude.
• Dezember 2015 bis Mai 2016: Bereich um Science Park und
Kolben-Seeger.
• März 2017 bis Juni 2017: Bereich um Torhäuser A und B sowie
• nach Fertigstellung der Außenbereich um das Gebäude
Produktionshalle.
Der zweite Bauabschnitt, der ab Ende 2017 in Angriff ge-
Hier wird als Ausgleich zu der hoch verdichteten Bebauung
Moritzstraße entlang des Selbstlernzentrums über die neue
nommen werden soll, betrifft die Umgestaltung der Moritz­
mit Universitätsgebäuden ein universi­täres Parkgelände
Treppen­anlage fort hin zum neuen ASL-Gebäude mit dem
straße, zu der sich die Uni in einem städtebaulichen Vertrag
mit vielen Bäumen und Grün entlang der Ahne entstehen.
nahen Science Park, dem Torhaus B und den Hafeka-Gebäuden.
mit der Stadt Kassel verpflichtet hat. Die Uni möchte die
den Campus teilende Moritzstraße am liebsten frei von
Das freiraumplanerische Konzept für den Campus Nord
Ein weiteres gestalterisches Element ist ein in Streifen­
Durchgangsverkehr halten und lediglich für Anlieger und
wurde vom Berliner Landschaftsarchitekturbüro K1 entwickelt.
verbänden verlegter Granitplattenbelag auf Plätzen und
Anlieferer (z. B. der Mensa) offen halten. Die Stadt verweist
Ausgang aller Überlegungen war, die industriell genutzten
Wegen, der aufgrund seiner Materialität die Hochwertigkeit
ihrerseits auf die wichtige Verbindungsfunktion zwischen
Flächen des ehemaligen Gottschalk-Areals, den alten Hoch-
der Anlage deutlich unterstreicht und die Fassadenvielfalt der
Holländischer Straße und Wesertor. Die Gestaltungsplanun-
schulbaubestand und die Neubauten miteinander in Einklang
Gebäude durch Einheitlichkeit und Klarheit harmonisch er-
gen wurden aufgenommen und mit der Stadt ist man sich
zu bringen und auch barrierefrei zu gestalten. Keine leichte
gänzt. Dazu ist der Granit – auch das ein Faktor – beständig
darüber einig, dass eine platzartige Gestaltung einschließ-
Aufgabe. Während der alte Campus für eine baulich sehr
und wirtschaftlich vorteilhaft. Darüber hinaus werden etliche
lich einer vorrangigen Nutzung für Fußgänger und Rad­
dichte und kleinteilig verschachtelte postmoderne Ästhetik
Grünflächen ent­stehen: Campus-Gärten, begrünte Innen­
fahrer im Übergangsbereich von Campus Nord und Süd den
steht, dominieren jenseits der Moritzstraße offene, platz­
höfe, der schon erwähnte Park am nördlichen Ahne-Lauf,
Durchgangsverkehr wie gewünscht reduzieren wird. Hierbei
artige Flächen mit großen, kompakten Gebäudekörpern. Der
Baumhaine vor dem Selbstlernzentrum und dem K19 sowie
wäre auch eine Gestaltung im Sinne eines Shared Space
„Brückenschlag“ gelinge einerseits „durch die Spannung von
in der Mensa-Mulde. Letztere wird gegenüber dem bisheri-
denkbar, bei dem alle Verkehrsteilnehmer vollständig gleich-
engen Räumen und platzartigen Erweiterungen, andererseits
gen Zustand zwar etwas verkleinert. Allerdings werden hier
berechtigt sind. Für den Umbau sind 2,5 Mio. eingeplant.
durch die gebäudebegleitenden Sicht- und Wegeachsen“, er-
und vor der Mensa die Terrassenflächen erweitert und zu
klärt Sausmikat. So verbinden zwei große diagonale Haupt­
einem Platz als direkte Verlängerung der Arnold-Bode-Straße
Der dritte Bauabschnitt der Freiflächengestaltung umfasst
erschließungsachsen beide Campusteile über die Moritzstraße
aufgewertet. Dieser Bereich wird demnächst als erstes fertig­
den mittleren und östlichen Teil des Campus Nord, wo schritt­
hinweg: die den Holländischen Platz querende „Diagonale“
gestellt. Dann lässt sich bereits absehen, was Sausmikat
Zweiter Bauabschnitt (voraussichtlich ab Ende 2017):
Umgestaltung der Moritzstraße
weise der Neubaukomplex der Naturwissen­schaften entstehen
über den Bibliotheksvorplatz hin zum Mensavorplatz. Mit Zu-
meint, wenn er sagt, dass der Campus einmal eine der
wird. Für den 1. Bauabschnitt Neubau Naturwissenschaften
gang zum Ahnebachlauf verläuft sie wie eine eingeknickte
schönsten Campusanlagen in Deutschland sein werde.
Dritter Bauabschnitt:
Gelände um die Neubauten für die Naturwissenschaften
sind allein 85 Millionen Euro aus dem Investitionsprogramm
Gelenkachse weiter vom Hörsaalzentrum Nord zwischen
HEUREKA II der Hessischen Landes­regierung vorgesehen.
Campus Center und Mensa. Hier setzt sie sich jenseits der
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Aktuelle Informationen zum Bauen: uni-kassel.de/go/bauen
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publik 01 / 16 | Menschen
Vom Wahnsinn der Welt
Lukas Kummer, ehemaliger Meisterschüler der
Kunsthochschule Kassel, hat seine erste Graphic
Novel veröffentlicht
TEXT Andreas Gebhardt
FOTOS Andreas Gebhardt / Lukas Kummer
„Von dem Tag an, wo Gott die Erde
gemacht hat, hat sich davon Stück um
Stück immer alles ein bisschen mehr
in Unrat verkehrt.“ Während ihm seine
ältere Schwester mit einer stumpfen
Schere die verlausten Haare schneidet, sinniert der jüngere Bruder mit
den Worten eines Kindes über den
Zustand der Welt, denkt über die verlorene Zeit nach, trauert über die Mühsal
des Lebens und fragt, warum sich alles
immer nur vernichten könne. Johanna
und Jakob haben einen langen Weg
hinter sich, es ist Winter, eisigkalt, die
Landschaft verwüstet, immer wieder
stoßen sie auf Galgenbäume. Die wenigen Menschen, die ihnen begegnen,
sind ausgezehrt, verroht und verrückt.
Das Geschwisterpaar ist selbst innerlich zerbrochen, einsam und von allen
verlassen. Aber sie leben. Noch.
Es ist eine düstere, apokalyptische
Graphic Novel, die Lukas Kummer vorgelegt hat. „Die Verwerfung“ ist nichts
für schwache Nerven. Untertitel: „Eine
Geschichte aus dem Dreißigjährigen
Krieg“. Kummer, 1988 in Innsbruck
geboren, zog nach dem Abitur 2007
nach Nordhessen. Bei Prof. Hendrik
Dorgathen studierte er bis 2014 an der
Kunsthochschule Kassel Illustration und
26
27
publik 01 / 16 | Menschen
publik 01 / 16 | Menschen
Comic und war zuletzt dessen Meister­
schüler. „Die Verwerfung“ ist seine
Abschlussarbeit und jetzt als hoch­
wertig gebundenes Buch im renommierten Zwerchfell-Verlag erschienen – im
Bereich der Independent-Comics eine
der ersten Adressen in Deutschland.
Bewusst holzschnittartig
Es ist kein historisches Kriegsepos mit
kostümierten Helden, actionreicher
Handlung, großen Schlachten-Pano­
ramen oder eindrucksvollen Kampf­
szenen. Im Grunde gibt es wenig äußere
Handlung. Kummer lässt seine beiden
Protagonisten eher als „Sonden“ in
einem der letzten Kriegsjahre durch
winter­liche Ödnis und Zerstörung
ziehen. Es geht um Seelenzustände,
Depression, Ausweglosigkeit, Isolation,
tiefinnere Ängste. Und um körperliche
Grausamkeit, die an die Substanz geht.
Die Zeichnungen sind in Schwarz-Weiß
mit grauen Schattierungen ge­halten
und erinnern durchaus bewusst an
Holzschnitte. Klar gegliedert ist die
Seitenarchitektur mit maximal sechs
Bildkästen. Bewegungen wirken wie
eingefroren, was ihren stilllebenversuchte, sich über eineinhalb Jahre
und reiste in die Niederlande, um der
sierten und unendlichen Flüchtlings­
Mit seinem liebenswert verpeilten „Ins-
in die Epoche hineinzudenken, las Auf-
Nachstellung einer Schlacht des 17. Jahr-
strömen. Wenn wir uns 2018 an das Ende
pektor Bunsenbrenner“ geht er in eine
Suchte Lukas Kummer zunächst im Drei-
sätze, Zeitzeugenberichte, Romane wie
hunderts mit historischen Kostümen
des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren
andere Richtung und lotet für sich die
ßigjährigen Krieg – wie er zugibt – eine
Grimmelshausens „Der abentheuerli-
beizuwohnen. „Ich wollte nie einen His-
erinnern, werden wir zugleich an den
Möglichkeiten pointierten Humors in
artigen Charakter unterstreicht.
Folie für seine
che Simplizis-
toriencomic machen, jedoch wollte ich
Beginn des Dreißigjährigen Kriegs den-
kurzen Comic-Strips aus. Die Reihe wird
eigene damalige
simus Teutsch“
historisch korrekt bleiben. Das war ich
ken, der vor dann 400 Jahren mit dem
von der 1929 gegründeten und weltweit
(1668/69) und
dieser Epoche schuldig“, bekennt er.
Prager Fenstersturz begann und 1648
agierenden Agentur Bulls Press vertrie-
mit dem Westfälischen Frieden endete.
ben, wo Zeitungsklassiker wie „Calvin
Situation, wurde
ihm immer mehr
Auch eine gute Idee?
Im April beginnt der Ideen­
wettbewerb Unikat‘16
dessen „Lebens-
und Hobbes“, „Peanuts“, „Hägar“ oder
beschreibung
Mit „Die Verwerfung“ hat Lukas Kummer
der Ertzbetrü-
im Medium des Comics eine universale
Lukas Kummer hat das Kriegsthema
„Perscheids Abgründe“ erscheinen.
Lukas Kummer: Die Verwerfung. Eine
Ansatz letztlich
gerin und Land­
Metapher für die Schrecken des Krieges
keinesfalls ad acta gelegt. Derzeit sitzt
Passt dazu nicht auch, dass er sich nun
war. Es schien
störtzerin
vorgelegt. Das Thema ist so aktuell wie
er an einer Comic-Auftragsarbeit über
auch als Comedian auf Bühnen ver-
Geschichte aus dem Dreißigjährigen
bewusst, wie
falsch dieser
www.uni-kassel.de/go/unikat
ihm unredlich, das Leid der Menschen
Courasche“ (um 1670) oder Geschichts-
eh und je: Krieg im Nahen Osten, in
die Religionskriege im Zuge der Refor-
sucht? Letztlich sei es egal, wie man
Krieg. Zwerchfell-Verlag, Stuttgart,
des 17. Jahrhunderts für seinen „eigenen
werke wie Golo Manns „Wallenstein“
Afrika, in der Ukraine oder Drogenkrieg
mation im 16. Jahrhundert. Ansonsten
seine Weltsicht auf den Wahnsinn des
120 Seiten, gebunden, 20 Euro (ISBN:
Seelenzustand zu missbrauchen“. Also
(1971). Er besuchte Museen und Waffen­
in Mexiko – das alles geht einher mit
arbeitet er an einer Science-Fiction-
Lebens formuliert, sagt er: „Es bleibt
begann er historisch zu recherchieren,
kammern, wo er Skizzen anfertigte,
Millionen Toten, Verletzten, Traumati-
Story über Irrwitz und Realitätsverlust.
alles eine Frage des Blickwinkels.“
978-3943547252)
28
29
Was mich antreibt
Kasseler Promovierende und ihre Themen
Thomas Winkler (28)
Die Wechselwirkung von ultrakurzen Laserpulsen mit transparenten Materialien
Mein Promotionsthema begleitet mich
bereits seit meiner Bachelorarbeit. Seit
acht Jahren bin ich mittlerweile an der
Uni Kassel – derzeit als Promotions­
stipendiat des Otto-Braun-Fonds. In der
Forschungsgruppe Experimental­physik III
„Femtosekundenspektroskopie und
ultra­schnelle Laserkontrolle“ untersuche
ich die Wechselwirkung von ultrakurzen
Lichtblitzen mit verschiedenen Materi­
alien. So lassen sich Bereiche in der
Größenordnung von einem Hundertstel
eines menschlichen Haares bearbeiten.
Mich interessieren dabei vor allem die
Grundlagen der Wechselwirkung mit
transparenten Materialien wie Wasser
oder Glas. Diese Materialien werden beispielsweise in der Medizintechnik eingesetzt. In der Augenheilkunde etwa finden
ultrakurze Laserpulse bereits heute
Anwendung.
besonders tiefe oder schmale Löcher bei
Spaß an der Arbeit. Ein weiterer Antrieb:
Wie kurz diese Lichtpulse sind, ver-
der Bearbeitung von Glas erhält. Hier
Für meine bisherige Forschung wurde
anschaulicht ein Beispiel: Wenn man
nutze ich dann nicht einfach ein einzelnes
ich bereits mehrfach ausgezeichnet.
eine Sekunde lang einen Laser­pointer
Lichtscheibchen, sondern mehrere mit
Zuletzt habe ich für meine Masterarbeit
anschaltet, bekommt man einen
unterschiedlichen Helligkeiten hinterein-
den Förderpreis der Nordhessischen
Lichtstrahl, der von der Erde fast bis
ander. Durch das tiefere Verständnis kön-
Wirtschaft von der IHK Kassel-Marburg
zum Mond reicht. In unserer Arbeits­
nen die Bearbeitungsprozesse optimiert
bekommen. Zu sehen, dass Grundlagen-
gruppe arbeiten wir mit Blitzen von nur
werden.
forschung auch für die Industrie rele-
35 Billiard­stel Sekunden Dauer. Würde
vant ist, gibt mir das Gefühl, auf dem
man den Laserpointer für diese Zeit
Eine Promotion ist immer ein Auf und
richtigen Weg zu sein. Und wenn mich
anschalten, würde man eine Art Licht-
Ab. Da ist es wichtig, sich mit anderen
jemand fragt, ob ich als Berliner gut in
scheibchen erhalten, das in etwa so dick
über sein Thema auszutauschen. Ich
Kassel angekommen bin? Klar – schließ-
ist wie Briefpapier.
diskutiere viel mit meinem Chef, Prof.
lich gibt es hier sogar Kunst mit Lasern.
Thomas Baumert, und meinen Kollegin-
Ich freue mich immer, wenn der grüne
Durch Experimente und Simulationen,
nen und Kollegen. Das hilft mir beson-
Laser wieder auf den Herkules trifft.
die ich durchführe, versuche ich her-
ders, wenn ich Gefahr laufe, mich in
auszufinden, wie Licht so manipuliert
winzigen Details zu verlieren. Außerdem
werden kann, dass man zum Beispiel
hätte ich allein sicherlich nur halb so viel
30
WIR HABEN PLÄNE,
UND DAS IST DER ANFANG.
NACHHALTIGKEIT | B. Braun versorgt den Gesundheitsmarkt mit Produkten für Anästhesie, Intensivmedizin, Kardiologie, extrakorporale Blutbehandlung und Chirurgie sowie mit Dienstleistungen für
Kliniken, niedergelassene Ärzte und den Homecare-Bereich.
Unter „Nachhaltigkeit” verstehen wir ökologisches Wirtschaften ebenso, wie soziales und kulturelles
Engagement. Zum Beispiel die Ausbildung junger Menschen. In 62 Ländern der Welt.
B. Braun Melsungen AG | www.bbraun.de
Aufgezeichnet von Marieke Schmidt. Foto: Marieke Schmidt
Sparkassen-Finanzgruppe
Dipl.-Inform. Folke Mitzlaff,
Promotionsstudent der Informatik und
Kunde der Kasseler Sparkasse
Dipl.-Ing. Thomas Landgraf,
Geschäftsführer enercast GmbH,
Mitglied im Unternehmerrat der Universität Kassel
und Kunde der Kasseler Sparkasse
Für alles, was ist, und für alles, was kommt!
Erfolgreiche Menschen brauchen einen Partner, der mit ihnen
mithält. Vor, während und auch nach dem Studium ist die Kasseler
Sparkasse der richtige Ansprechpartner für alle Fragen rund um
die Finanzplanung. Fortschrittlicher Beweis: Dipl.-Ing. Thomas Landgraf,
Geschäftsführer von enercast GmbH.
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