Festakt 30 Jahre Ortsverband Karlstadt der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Sehr geehrte Damen und Herren, liebe GEWlerinnen und GEWler, lieber Wolfgang Tröster, 30 Jahre GEW Ortsverband Karlstadt. Das ist eine lange Zeit. Und das ist auch der Verdienst eines Einzelnen, der seit der Gründung Menschen gewinnt, motiviert und führt: Der Gründungsvorsitzende Wolfgang Tröster, ein "Wirbler für den Frieden und gegen Rassismus und Unfreiheit", wie ihn Reiner Frankl beschrieb. Unterstützt wird er seit der Gründung des GEW-Kreisverbandes von Elfriede Jakob-Kominianos, Alfred Hock, Ulrike von der Brelie und Doris Schub. Ein tolles Team großartiger Gewerkschafter*innen! Gewerkschaft. Da zucken die meisten, auch die in der Mitte. Dabei ist die Bildungsgewerkschaft GEW im DGB eine, die die Grundlagen unserer Gesellschaft schafft und formt. Ein Blick in die GEW-Satzung kann Staub aufwirbeln. Wenn der sich gelegt hat, sieht man klarer. Ziele der GEW sind: a) Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Interessen ihrer Mitglieder – Wie besser als durch die Gründung eines GEW-Kreisverbands in Karlstadt, durch ständigen Kampf gegen Unrecht, wie bei der verhinderten Schließung des Gemündener Gymnasiums? b) Förderung von Erziehung und Wissenschaft – Wie anders als durch 35 Jahre am JSG, Teilnahme an Würzburg liest, Theater, Reden, Öffentlichkeit? c) Ausbau und interkulturelle Öffnung der in den Diensten von Erziehung und Wissenschaft stehenden Einrichtungen – Wie erfolgreicher als durch Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage seit 2007 in allen Karschter Schulen? d) Ausbau der Geschlechterdemokratie und Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung – Wie nachdrücklicher als durch 33 Jahre Schultheater für Mitmenschlichkeit und stetes Engagement gegen Antisemitismus, z.B. durch ein Theaterstück, das den Opfern ihre von den Nazis geraubte Würde zurück gibt?. All diese Ziele hat die GEW Karlstadt stetig verfolgt, wie wir gesehen haben. Aber der erste Schritt dazu musste von einer Gruppe unerschrockener Bildungsschaffender getan werden. Doch in welchem Umfeld befanden sich diese 1985, vor 30 Jahren? In Deutschland regierte seit drei Jahren und noch eine gefühlte Unendlichkeit Der Dicke. In Bayern herrschte barock FJS. Kultusminister war Hans Maier, der Jahrs drauf - von Strauß geschasst - durch einen anderen Mair, nämlich Zehet ersetzt wurde. Der hat gleich gegen Homosexuelle gewütet, das Schulgebet wieder eingeführt und ideologisch ausgerichtete Pädagogen wie die Karlstadter GEW-Gründer als "Krebsübel in der Gesellschaft" diffamiert. Nachfolgerin war wieder eine Meier, diesmal Hohl. Danach blieb von Schneider nur Spaenle. 30 Jahre, fünf Kultusminister*innen: okkulte Kultusbürokratie. Der helle GEW-Traum von "Einer Schule für alle", von Chancengleichheit und von Bildungsgerechtigkeit muss noch weiter geträumt werden. Immerhin bekreuzigen die in München sich nicht mehr, wenn sie den Gottseibeiuns "Ganztagsschule" hören. Doch 1985 war ein besonderes Jahr, einen Kreisverband der GEW zu gründen. Weizsäcker hielt seine Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes: Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander. Ehren wir die Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Halten wir uns an das Recht. Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit. Das ist doch ein Motto! Aber es gibt noch mehr Hoffnung: Das Jahr des politischen Rucks: Im Saarland gewinnt Oskar Lafontaine die absolute Mehrheit mit einer Partei, von der er heute nichts mehr wissen will. Als erstes Bundesland hebt das kleine Saarland den großen Radikalenerlass förmlich auf, unter dem vor allem engagierte Gewerkschafter gelitten haben. Das Jahr der Mitmenschlichkeit: Live Aid, das bislang größte Konzert, findet parallel in London und Philadelphia statt. Das Jahr, das in die Zukunft weist: Mit dem Amiga von Commodore beginnt die PC-Ära, in der wir uns immer noch befinden. Da drauf kann man erstmals Tetris spielen! Das Jahr der sozialen Gerechtigkeit? Günther Wallraff publiziert "Ganz unten": Wenn man ganz unten ist, führen alle Wege noch oben! Aber sie sind steinig und steil. Das Jahr der Wende zur Gegenwart: Enver Hodzha, der Diktator des Gestern, stirbt, und in Moskau macht jemand den Fehler, einen jungen aufstrebenden Visionär zum Staats- und Parteichef zu bestimmen: Michail Gorbatschow. Und schließlich das "internationale Jahr der Jugend": Boris Becker gewinnt mit 17 als erster Deutscher und jüngster Tennisspieler überhaupt das Grand-Slam-Turnier in Wimbledon. Lewis Hamilton, Keira Knightley, Tim Bentzko und Lukas Podolski werden geboren. 1985 also ein Jahr des Aufbruchs, des Neuanfangs, des Lösens aus der Erstarrung. Ein gutes Jahr, einen GEW-Ortsverband zu gründen. Doch wer meint angekommen zu sein, der verpasst die Zukunft. So ist das Motto von Wolfgangs letztem Schultheaterstück auch sein Motto und das der GEW Karlstadt: „Seid unbequem, seid Sand und nicht das Öl im Getriebe der Welt- und: Du musst dein Leben ändern!“ Im Namen des Bezirksverbandes Unterfranken der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gratuliere ich dem Kreisverband Karlstadt ganz herzlich zum Dreißigsten. Kollegiale Wünschen können nicht alles sein, sie kommen mit 'nem Dutzend Flaschen Wein! Vielen Dank! Jörg Nellen Pressesprecher der GEW Unterfranken im Namen des GEW-Bezirksvorstands
© Copyright 2025 ExpyDoc