Programmheft als PDF - Staatskapelle Dresden

SAISON 2015 2016
6.3.16
5. KAMMERABEND
S O N N TAG 6 . 3.16 2 0 U H R
I SEMPEROPER DRESDEN
5. KAMMERABEND
Mitwirkender Gast
Steve Reich
Herbert Schuch Klavier
Clapping Music (1972)
Manuel Westermann, Simon Etzold,
Yuka Maruyama und Björn Stang
Ausführende
Semper Winds Dresden
Rozália Szábo Flöte
Céline Moinet Oboe
Robert Oberaigner Klarinette
Jochen Ubbelohde Horn
Thomas Eberhardt Fagott
Manuel Westermann, Simon
Etzold, Yuka Maruyama und
Björn Stang (a.G.) Schlagzeug
PROGRAMM
Hanns Eisler
(18 9 8 -19 6 2)
Divertimento für Bläserquintett op. 4
1. Andante con moto
2. Thema und Variationen
Semper Winds Dresden
Ludwig van Beethoven
(17 7 0 -18 2 7 )
Quintett Es-Dur für Klavier, Oboe,
Klarinette, Horn und Fagott op. 16
1. Grave – Allegro ma non troppo
2. Andante cantabile
3. Rondo. Allegro ma non troppo
Herbert Schuch, Céline Moinet, Robert
Oberaigner, Jochen Ubbelohde und
Thomas Eberhardt
PAU S E
(*19 3 6)
Matthias Schmitt
(*19 5 8)
Ghanaia
für Marimbaphon und Percussion,
Edgar Guggeis gewidmet
Simon Etzold: Marimbaphon;
Manuel Westermann, Yuka Maruyama
und Björn Stang: Percussion
Anders Koppel
(*1947 )
Toccata für Marimbaphon
und Vibraphon
Manuel Westermann: Marimbaphon;
Björn Stang: Vibraphon
Gene Koshinski
(*19 8 0)
As One
Multi-Percussion-Duo für
Marimbaphon und zwei Set-ups
Simon Etzold und Yuka Maruyama
Steve Hanna
(*19 5 0)
Bourbon Street Strut
Simon Etzold: Kleine Trommel;
Manuel Westermann: Große Trommel
mit aufgeschnalltem Becken
Nebojša Jovan Živković
(*19 6 2)
Trio per Uno
für Percussion-Trio
1. Meccanico
2. Contemplativo
3. Molto energico
Manuel Westermann, Simon Etzold
und Yuka Maruyama
ZUM PROGRAMM
»Ich brauchte einen strengen Lehrer. So ging ich zu Arnold Schönberg«, erinnert
sich Hanns Eisler in der ihm eigenen knappen Diktion. Von Herbst 1919 bis Ende
1923 nimmt er Kompositionsunterricht und zeigt sich als einer der talentiertesten
Schüler des Wiener Meisters. Vertiefende Werkanalyse, Tonsatzübungen sowie
eine umfassende Vermittlung des klassischen Kanons stehen ebenso auf der Tagesordnung wie eigene Arbeiten. Dabei erweisen sich die »kleinen Formen« der
Klavier- und Kammermusik als geeigneter Einstieg für das weite Feld der kompositorischen Praxis. Nicht zufällig entstehen in dieser Zeit erste Arbeiten für Klavier
solo und kleinere Instrumentalensembles. 1923 widmet Eisler dem verehrten Lehrer die Klaviersonate op. 1. Im Mai 1923 komponiert er das Bläserquintett op. 4
in einer Fassung für drei Sätze mit einem Menuetto, das später wegfällt. Die frühen Werke landen dabei keineswegs in der Schublade, wie Eisler nicht ohne Stolz
bemerkt: »Meine ersten Kompositionen fingen an, einige Aufmerksamkeit zu erwecken, und der Verlag Universal-Edition schloß mit mir einen zehnjährigen Vertrag … Auf den Musikfesten in Venedig und Donaueschingen wurde Kammermusik
von mir gespielt.« Mit dem Divertimento greift Eisler auf eine freie Form der Unterhaltungsmusik nach dem Wiener Vorbild des achtzehnten Jahrhunderts zurück. Es
ist daher kaum verwunderlich, dass das Bläserquintett bei aller Freude an der Konstruktion in einem eher verbindlichen Ton gehalten ist. Das Andante con moto trägt
seiner Bezeichnung deutlich Rechnung, ihm eignet eine fließende Melodik sowie
eine auffallende Beweglichkeit in den einzelnen Stimmen. Schließlich modelliert
Eisler im Variationssatz eine Vielzahl von Einfällen unterschiedlicher Expression
und fügt sie zu einem facettenreichen Ganzen.
1796 begibt sich Ludwig van Beethoven gleich doppelt auf Mozarts Spuren: Mit
dem Fürsten Karl von Lichnowsky unternimmt er eine Europareise, die Mozart
1789 mit Prag, Dresden, Leipzig und Berlin bereits in dieselben Städte geführt
hatte. In Prag, wo Beethoven die meiste Zeit verbringt, hört er im Frühjahr 1796
eine Aufführung von Mozarts Es-Dur Quintett KV 452, gespielt von böhmischen
Musikern, und fühlt sich zu einem eigenen Beitrag für diese Besetzung angeregt.
Ungewöhnlich ist die Kombination klanglich unterschiedlicher Instrumente wie
Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier allemal, auch wenn sich seit 1784, als
Mozart sein Quintett für Bläser und Klavier komponiert, ein Markt für diese Besetzung herausgebildet hat. Das »Clavierland« Wien, wie Mozart die Stadt an der
Donau nennt, zieht noch immer die besten Musiker an, vor allem vorzügliche Bläser. Noch in der ersten Jahreshälfte 1796 dürfte Beethoven sein Quintett vollendet
haben, Anfang April 1797 wird es im Haus des Wiener Hofbeamten Ignaz Jahn
erstmals öffentlich aufgeführt. Obwohl es bis in die Wahl der Tonart und Satzdisposition hinein Mozarts Vorgängerwerk entspricht, billigt das Werk dem Klavier
eine herausgehobene, solistische Position zu, sodass der Eindruck eines verkappten Klavierkonzerts entsteht. Auch äußerlich verschiebt Beethoven die Dimensio­
nen: Inklusive der langsamen Einleitung nimmt der erste Satz eine Spieldauer von
mehr als zehn Minuten ein und lässt somit symphonische Ausmaße erahnen. Das
lyrische Hauptthema im Allegro-Teil klingt hörbar an Haydn und Mozart an und
weist im weiteren Verlauf auf seinen böhmisch-musikantischen Ursprung. Das vom
Klavier vorgestellte Thema des Andante cantabile trägt seine Verwandtschaft zur
Zerlina-Arie »Batti, batti, o bel masetto« aus Mozarts «Don Giovanni« offen zur
Schau, ergänzt von solistischen Couplets für Oboe / Fagott und Horn. Wie schon im
Kopfsatz kommt es auch im Finalrondo zu einem geistreichen Dialog zwischen Klavier und Bläsertutti. Was bei Mozarts Rondo eine Gavotte war, ist hier allerdings
ein Jagdfinale, dem Beethoven einen ausgesprochen konzertanten Gestus verleiht.
Mit »Clapping Music« schreibt Steve Reich 1972 eine Minimalmusic, die »keine
Instrumente außer den menschlichen Körper benötigt«, wie der Komponist hervorhebt. Die Idee für das Stück kommt Reich nach dem Besuch in einem Brüsseler
Nachtclub, wo Frauen nach einer eher mäßigen Gitarren- und Flamencoperformance plötzlich zu klatschen beginnen und so die Fantasie des Komponisten entzünden. Das Stück ist für zwei, beliebig zu verdoppelnde Performer geschrieben.
Es beruht auf einer rhythmischen Grundstruktur, die von einem der Performer
ständig wiederholt wird und im Aufbau einer sogenannten afrikanischen Glocken -Takt folgt. Der andere Spieler beginnt ebenfalls mit dieser Ausgangsreihe im
reihe und verändert sie nach mehrmaligem Wiederholen. Die Variation besteht
jeweils im Verschieben einer Achtelnote nach rechts und wird von Reich solange
weitergeführt, bis der zweite Performer die Ausgangsgestalt wieder erreicht hat.
Matthias Schmitt studierte an der Musikhochschule in seiner Heimatstadt Würzburg. Er ist Autor mehrerer Lehrwerke, unterrichtet an seiner Heimathochschule,
arbeitet als Arrangeur, Studiomusiker und Produzent und wirkt seit Mitte der
neunziger Jahre zudem als Komponist. Seine Werke für Marimbaphon erfreuen
sich bei Publikum und Musikern gleichermaßen großer Beliebtheit. »Ghanaia«,
1997 entstanden, versteht sich als klingende Widmung an das afrikanische Land
Ghana, an »die Rhythmen Ghanas und die Weisheit der Menschen, die diese Musik seit Jahrhunderten an ihre Nachfahren weitergeben« (Matthias Schmitt). In
dem siebenminütigen Werk steigern sich afrikanische Melodien und archaische
-Poly­rhythmen in ein ekstatisches Finale.
1992 gelingt dem dänischen Musiker Anders Koppel mit der Toccata für Vibraphon und Marimbaphon der Durchbruch als Komponist für Konzertmusik. Virtuose Abschnitte wechseln sich ab mit traumversponnenen Passagen von reizvoller
Schönheit. Mit dem Werk findet Koppel zu seinem Personalstil, der technischen
Anspruch mit einer sensiblen Darstellung tiefgreifender Emotionen verbindet.
Der Schlagzeuger, Komponist und Dozent Gene Koshinski ist für seine außergewöhnliche Flexibilität und Vielseitigkeit als Musiker im solistischen, kammermusikalischen und symphonischen Bereich ebenso bekannt wie in Jazz, Pop und Worldmusic. In seinem Stück »As One« gehen beide Spieler von einer identischen Auf-
stellung aus und arbeiten zusammen, eben »as one«. Sie ergänzen sich in einer
komplexen, hüpfend oder zerschnitten wirkenden, stark rhythmisierten Musik,
deren Technik als Hoquetus bekannt ist und bereits in der mittelalterlichen Ars
nova angewandt wurde. »Bourbon Street Strut« von Steve Hanna atmet den Geist
von New Orleans, wo die Gassen des French Quarter nicht ohne Musik vorstellbar
sind. Das Stück für Schlagzeugduo ist im Stil der Jazz-Drummers und BegräbnisBands Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts geschrieben.
Nebojša Jovan Živković wurde in Novi Sad geboren und lebt seit 1980 als Komponist und Schlagzeuger in Deutschland. Viele seiner über dreißig verlegten
Werke für Marimbaphon und Percussion gehören zum Standardrepertoire von
Schlagzeugern, so auch das »Trio per Uno«, das zu den meistgespielten Schlagwerktrios zählt. Das fünfzehnminütige Stück entsteht 1995 und wird in seiner
vollständigen Fassung am 21. August 1999 im ostholsteinischen Hasselburg im
Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals uraufgeführt. Im Zusammenwirken der drei Schlagzeuger entwickelt sich ein geschlossener Gesamtklang, worauf
auch der Titel des dreisätzigen Werks hinweist. Jeder Satz sieht für die Spieler
ein anderes Instrumentarium vor. Im ersten Satz versammeln sich die Spieler um
eine waagerecht aufgestellte große Trommel und bearbeiten sie mit umgedrehten
Stöcken, zusätzlich kommen zwei chinesische Heul-Gongs und zwei Bongos zum
Einsatz. Der Mittelsatz beschreibt in seiner Atmosphäre und Instrumentation
eine Insel der Ruhe zwischen zwei Vulkanen. Tempo und Energie bilden die
Schlagworte für den dritten Satz, die Musik folgt dem Prinzip »drei Körper, eine
Seele«. Die verschiedenen rhythmischen Reihen werden meist unisono gespielt,
aber auch in Form eines Dreiergespräch der Spieler aufgeteilt.
MITWIRKENDER GAST
Herbert Schuch wurde 1979 in Temeschburg (Rumänien) geboren. Nach ers­
tem Klavierunterricht in seiner Heimatstadt übersiedelte die Familie 1988 nach
Deutschland, wo er seither lebt. Seine musikalischen Studien setzte er am
Mozarteum Salzburg fort. Internationales Aufsehen erregte er, als er innerhalb
eines Jahres drei bedeutende Wettbewerbe in Folge gewann, den CasagrandeWettbewerb, den London International Piano Competition und den Internationalen Beethovenwettbewerb Wien. Er ist regelmäßig Gast bei Festspielen wie dem
Heidelberger Frühling, dem Kissinger Sommer, dem Rheingau Musik Festival,
dem Klavier-Festival Ruhr und den Salzburger Festspielen. 2012 ist er für seine
Aufnahme der Quintette für Klavier und Bläser von Mozart und Beethoven mit
einem ECHO Klassik in der Kategorie »Kammermusikeinspielung des Jahres«
ausgezeichnet worden.
VORSCHAU
6. Kammerabend
Kammermusikaustausch mit dem
Gewandhausorchester Leipzig
D I E N S TAG 15 . 3.16 2 0 U H R
S E M P ER O P E R D R E S D E N
Julius Bekesch Violine
Hendrik Zwiener Violoncello
Nobue Ito Klavier
Konzert zum 100. Todestag
von Max Reger
Max Reger
Sonate für Violoncello und
Klavier Nr. 4 a-Moll op. 116
Johannes Brahms
Klaviertrio Nr. 3 c-Moll op. 101
Ludwig van Beethoven
Klaviertrio D-Dur op. 70 Nr. 1
»Geistertrio«
Kammermusik der Sächsischen
Staatskapelle Dresden
Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden
Verantwortlich:
Friedwart Christian Dittmann,
Ulrike Scobel und Christoph Bechstein
IMPRESSUM
Sächsische Staatskapelle Dresden
Chefdirigent Christian Thielemann
Spielzeit 2015 | 2016
H E R AU S G E B E R
Sächsische Staatstheater –
Semperoper Dresden
© März 2016
R E DA K T I O N
André Podschun
TEXT
Der Einführungstext von André Podschun
ist ein Originalbeitrag für dieses Heft
G E S TA LT U N G U N D S AT Z
schech.net
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DRUCK
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