Trösten, das meint stehen bleiben

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FASTENSERIE – TEIL IV
06.03.2016 - Sonntagsblatt Nr. 10
FASTENSERIE – TEIL IV
06.03.2016 - Sonntagsblatt Nr. 10
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ANREGUNGEN
Überlege, wo in deiner Nähe
trauernde Menschen sind.
Gehe auf sie zu und sprich
mit ihnen.
Zum Tröster wird
einer, der bei
mir in meiner
Trauer, in meiner
Verzweiflung, in
meiner Hoffnungslosigkeit stehen
bleibt, der meine
Tränen aushält.
Du musst ihnen keine tröstenden Worte sagen. Aber frage
sie, wie es ihnen geht. Und
höre ihnen zu. Bleib bei ihnen
stehen, halte ihre Tränen,
ihre Trauer, ihre Verzweiflung
aus. Das gibt ihnen Halt.
Trösten,
das meint
stehen bleiben
Um welche verstorbenen
Menschen trauerst du noch?
Hast du den Tod lieber
Menschen genügend
betrauert? Und bist du durch
die Trauer hindurch in eine
neue Beziehung zu den Verstorbenen eingetreten?
Was betrauerst du in deinem
Leben? Welche Lebensträume
sind dir zerbrochen? Welche
Chancen hast du verpasst?
„Trauernde trösten“ ist das
vierte geistige Werk der Barmherzigkeit.
Trösten führt Trauernde an den Grund der Seele.
Der Trauerkelch wird zum Kelch des Trostes.
B
ei Trauerkursen erzählen mir die
keinen Boden unter den Füßen haben. Da
Teilnehmer oft, dass sie sich mit ih-
sehne ich mich nach jemandem, der zu
rer Trauer von der Gemeinschaft aus-
mir steht.
geschlossen fühlen. Oft wechseln die
Freunde die Straßenseite, wenn sie kom-
Verwandelte Trauer
men. Sie wollen mit ihrer Trauer nichts
Rituale helfen
Sich selbst betrauern
Die Trauer dürfen wir nicht übersprin-
Es gibt aber nicht nur die Trauer über den
gen. Sonst wird uns ein Trauerkloß im
Verlust lieber Menschen, sondern auch
Hals stecken bleiben. Und oft genug wird
die Trauer um verpasste Lebenschan-
sich die verdrängte Trauer als Depression
cen, über zerbrochene Lebensträume und
zu tun haben. Eine Mutter, die ihr Kind
Das lateinische Wort für Trost ist „con-
zeigen. Eine wichtige Hilfe beim Trösten
über die eigene Durchschnittlichkeit.
verloren hat, durfte in ihrer Verwandt-
solatio“. Das meint, dass einer mit mir
sind Rituale. Die Juden kennen das Ritual
In Gesprächen erlebe ich oft Menschen,
schaft den Namen des verstorbenen Kin-
Einsamen ist, dass jemand den Mut hat,
des Trauerkelches. In der Eucharistie ha-
denen es schlecht geht, weil die Bilder,
des nicht erwähnen. Sie durfte die ober-
in meine Einsamkeit einzutreten und bei
ben wir dieses Ritual übernommen. Wir
die sie von sich und ihrem Leben haben,
fl ächliche Stimmung ihrer Verwandten
mir zu bleiben. Wenn einer bei mir stehen
halten in der Gabenbereitung unseren
nicht mit ihrer Realität übereinstimmen.
nicht stören.
bleibt in meiner Trauer, dann bekomme
Trauerkelch Gott hin, mit der Bitte, ihn
Ich versuche sie dann einzuladen, zu be-
ich auch den Mut, von dem Verstorbenen
in einen Trostkelch zu verwandeln. In der
trauern, dass ihr Leben nicht so ideal ist,
zu erzählen. Und das Erzählen tut mir
Kommu nion trinken wir aus dem Trost-
wie sie es sich vorgestellt haben. Trösten
gut. Trösten heißt dann: mich weiter zu
kelch, der von der Liebe Christi erfüllt
heißt dann, sie bei diesem Trauerpro-
Trost heißt aber nicht vertrösten. From-
fragen, was der oder die Verstorbene mir
ist. Und wir dürfen in der Eucharistie
zess zu begleiten. Das führt die Trauern-
me Worte trösten mich nicht in meiner
sagen möchte, was ihre Botschaft an mich
die Gemeinschaft mit den Verstorbenen
den in den Grund ihrer Seele. Dort ent-
Trauer. Trost kommt von Treue, und das
ist. Dann kann ich allmählich glauben,
erfahren. Wir feiern das Mahl gemein-
decken sie auf einmal das Geheimnis ihres
bedeutet: Festigkeit. Zum Tröster wird ei-
dass meine Trauer ein Ziel hat: eine neue
sam mit den Verstorbenen, die jetzt im
Lebens. Und sie kommen durch ihre
ner, der bei mir in meiner Trauer, in mei-
Beziehung zum Verstorbenen aufzubau-
Himmel das ewige Hochzeitsmahl feiern.
Trauer hindurch in Berührung mit dem
ner Verzweiflung, in meiner Hoffnungs-
en, ihn als inneren Begleiter zu erfahren.
So hebt jede Eucharistiefeier die Grenze
Gefühl der Dankbarkeit, dass sie so sind,
losigkeit stehen bleibt, der meine Tränen
Das kann meine Trauer allmählich ver-
zwischen Himmel und Erde, zwischen Le-
wie sie sind, dass Gott alle Wege mit ih-
aushält. Trauern heißt: matt werden,
wandeln.
benden und Verstorbenen auf.
nen geht.
Trauernde suchen nach Trost
Teil IV
KNA-Bild
Geh durch die Trauer hindurch
in den Grund der Seele und
versuche dort ja zu sagen zu
dir, so wie du bist, und dich
mit deiner Durchschnittlichkeit
auszusöhnen.
GEBET
Barmherziger Gott, du lässt
die Trauernden nicht allein.
Jesus, dein Sohn, ist zu
Maria und Martha gegangen,
um gemeinsam mit ihnen ihren
verstorbenen Bruder Lazarus
zu betrauern und mit ihnen
zu weinen.
Schenke allen Trauernden
das Vertrauen, dass Du sie in
ihrer Trauer nicht allein lässt.
Und verwandle Du ihre Trauer
in neue Lebendigkeit, Achtsamkeit und Liebe. Amen.
In der nächste Ausgabe:
Lästige geduldig ertragen