MEDIENSERVICE Alle profitieren von flexiblen Arbeitszeiten Neuverteilung der Arbeitszeit wird zur entscheidenden Zukunftsfrage Linz, 1. März 2016 Ihre Gesprächspartner: Dr. Rudolf Trauner Präsident der WKO Oberösterreich Dr. Erhard Prugger Leiter der Abteilung Sozial- und Rechtspolitik Medienservice im Internet: wko.at/ooe/Medienservice Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: WKO Oberösterreich | Hessenplatz 3| 4020 Linz T 05-90909-3315 | F 05-90909-3311 | E [email protected] | w wko.at/ooe | DVR 0043087 Alle profitieren von flexiblen Arbeitszeiten Medienservice WKOÖ-Präsident Dr. Rudolf Trauner Von flexiblen Arbeitszeiten profitieren alle Ohne Leistung kein breiter Wohlstand Österreich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Land entwickelt, das persönliche Leistung nur wenig wertschätzt und durch ungerechte Umverteilung sowie ein wenig treffsicheres soziales Netz gerade jene permanent vor den Kopf stößt, die mit ihrem persönlichen Einsatz unseren Wohlstand erst ermöglichen. Dieser basiert nämlich ausschließlich auf Arbeit und Leistung – denn nur erfolgreiche und konkurrenzfähige Volkswirtschaften können Armut wirksam bekämpfen, alle Bürger angemessen am Gemeinwohl beteiligen und jedem Menschen ein dichtgeknüpftes soziales Netz für den „Fall der Fälle“ zur Verfügung stellen. WKOÖ-Präsident Rudolf Trauner: „Diese latente Leistungsfeindlichkeit des Systems führt zu Verwerfungen, die mittlerweile den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Wenn heute ein normaler Beitragszahler bereits drei Leistungsempfänger schultern muss und das Gefühl hat, dass die von ihm erbrachte Leistung nicht mehr wahrgenommen wird, sich aber dafür immer mehr Mitbürger ohne Not am Sozialstaat bedienen, stellt sich für den Betroffenen die Frage, ob sich Leistung überhaupt noch lohnt. Denn immer öfter werden Beispiele bekannt, wo findige Bürger ohne Arbeitsleistung gleich viel und sogar mehr vom Staat erhalten, als jene verdienen, die jeden Tag acht Stunden und mehr arbeiten.“ Leistungshemmer orten und eliminieren Die WKO Oberösterreich verlangt ein klares Bekenntnis von Staat und Politik zur Leistung – leistungsbereite Menschen müssen wieder die ihnen gebührende Anerkennung in unserer Gesellschaft erhalten. Wer fleißig arbeitet, muss das auch beim Nettobezug spüren. Für den, der später in Pension geht, muss sich das auch finanziell mehr als bisher auszahlen. Der Staat muss also alles tun, um ein leistungsfreundliches Klima zu schaffen, das den einzelnen motiviert, anreizt und für seinen Einsatz belohnt. Leistungsbereitschaft darf nicht behindert, sondern muss nach Kräften gefördert und öffentlich anerkannt werden. Wer in das System durch die Erbringung seiner persönlichen Leistung „einzahlt“ und damit erst Umverteilung und breiten Wohlstand ermöglicht, muss mehr als bisher von seiner Arbeit haben. Das bewusste Wahrnehmen von Eigenverantwortung und das Ausschöpfen des individuellen Leistungspotenzials Linz, am 1. März 2016 Seite 2 Alle profitieren von flexiblen Arbeitszeiten Medienservice muss in der Werteskala unseres Landes wieder einen Spitzenplatz einnehmen. Gleichzeitig bedarf es einer massiven Eindämmung des Anspruchsdenkens gegenüber dem Staat sowie einer nachhaltigen Effizienzsteigerung des Sozialsystems. Die WKO Oberösterreich zeigt im Rahmen ihrer aktuellen Kampagne „Leistung muss sich wieder lohnen“ die größten Leistungshemmer auf und liefert konkrete Lösungsvorschläge, wie diese eliminiert werden können: Neben der alles überwuchernden Bürokratie und den in Österreich exorbitanten hohen Sozialabgaben/Lohnnebenkosten enthält vor allem das österreichische Arbeitsrecht eine Reihe von Bestimmungen, die dezidiert leistungsfeindlich sind und ihren Teil dazu beitragen, dass Arbeitsplätze in diesem Land verloren gehen oder erst gar nicht entstehen. Arbeitszeitflexibilisierung - ein zentraler „Leistungsfaktor” Seitens der Arbeitgeber (und zusehends auch der Arbeitnehmer) stehen vor allem die aktuellen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen immer öfter in der Kritik: Starre und von der Realität längst überholte Arbeitszeitgesetze, eine ausufernde Arbeitnehmerschutz-Bürokratie sowie eine Kriminalisierung der Betriebe durch überschießende Strafbestimmungen bieten den Unternehmen und ihren Mitarbeitern keinen geeigneten Rahmen mehr, um den Anforderungen des Marktes gerecht werden zu können. Dies gilt für Verteilung der betrieblichen Arbeitszeit gleichermaßen wie für die Gestaltung der persönlichen Freizeit. Österreich gerät durch weltfremde Arbeitszeitgesetze international immer mehr ins Hintertreffen. Andere Länder – wie etwa Deutschland oder die skandinavischen Staaten – haben durch eine mutige Flexibilisierung die Weichen schon längst in die richtige Richtung gestellt. Zentrale Aufgabe des Gesetzgebers ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen an die Entwicklungen der modernen Arbeitswelt entsprechend anzupassen. So wird auch Industrie 4.0 nur funktionieren, wenn Mitarbeiter flexibler eingesetzt werden können. Wer diese Herausforderungen negiert und das Rad der Zeit mit untauglichen Retro-Rezepten zurückdrehen will, setzt den Wohlstand der Bevölkerung sowie die sozialen Errungenschaften aufs Spiel. Flexible Arbeitszeitmodelle dienen allen In vielen oberösterreichischen Unternehmen wird schon jetzt – allerdings nur im Rahmen der beschränkten gesetzlichen Möglichkeiten – zur besten Zufriedenheit aller flexibel gearbeitet. Linz, am 1. März 2016 Seite 3 Alle profitieren von flexiblen Arbeitszeiten Medienservice Der Einsatz von Gleitzeit, Teilzeit, Telearbeit und längeren Freizeitblöcken ist in vielen Fällen auf die Forderungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter zurückzuführen und wird von diesen sehr geschätzt. Dort zeigt sich, dass von flexiblen Arbeitszeiten alle profitieren können. Für die Betriebe ist eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit vor allem aus folgenden Gründen alternativlos: n Auftragsspitzen, die oft saisonal bedingt sind, können besser bewältigt und somit die Arbeit dann erledigt werden, wenn sie anfällt. n Teure Steh- und Leerzeiten werden verringert und die Produktivität gesteigert. n Verkürzte Reaktionszeiten bei Aufträgen, besserer Kundenservice durch längere Ansprechzeiten sowie Termintreue bei Aufträgen erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und verbessern deren Ausgangsposition gegenüber Mitbewerbern. Denn: Wenn der Standort Österreich aufgrund des hohen Lohnniveaus bzw. des umfangreichen Sozialstaates schon teuer ist, muss wenigstens die Flexibilität besonders hoch sein. Aber auch den Arbeitnehmern bieten flexiblere Arbeitszeitmodelle viele Vorteile: n Die persönliche Arbeitszeit kann besser auf die jeweiligen individuellen Bedürfnisse und Vorlieben abgestimmt werden. Gerade jungen Menschen ist eine ausgeglichene Work-Life-Balance oft wichtiger als Gehalt und Prestige. Und auch bei den älteren Arbeitnehmern rangieren altersgerechte Arbeitszeiten weit oben. n Familie, Beruf und Freizeit sind bei flexibler Arbeitszeitgestaltung klar besser vereinbar. n Die Arbeitsplätze werden sicherer, da die Unternehmen nicht nur Kosten- und Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern erzielen, sondern eine durchgängige Beschäftigung statt „Hire & Fire“ anbieten können. Welche zentrale Rolle das Thema Arbeitszeit-Flexibilisierung bei allen Betroffenen mittlerweile einnimmt, zeigt auch das Ergebnis einer aktuellen Deloitte-Umfrage: Linz, am 1. März 2016 Seite 4 Alle profitieren von flexiblen Arbeitszeiten Medienservice Die größtmögliche Flexibilität vor allem im Bereich der Arbeitszeiten wird von den Unternehmern als vorrangige Herausforderung unserer Tage gesehen – fast zwei Drittel der Befragten sagten darüber hinaus, dass die derzeitigen arbeitsrechtlichen Vorschriften dies nur unzureichend ermöglichen. Umgekehrt setzten 78 Prozent der befragten Arbeitnehmer bei der Frage, was einen Arbeitgeber heute attraktiv macht, das Thema Arbeits(zeit)flexibilität auf Platz 1! Für 87 Prozent der Arbeitnehmer sind im Übrigen verschieden lange Arbeitstage im Laufe der Woche jederzeit vorstellbar. AK- und ÖGB-Vorschläge zur Arbeitszeit kosten Arbeitsplätze Während die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten nach dem Vorbild vieler europäischer Länder die Wirtschaft stärkt, Arbeitsplätze schafft und die Zufriedenheit aller am Arbeitsprozess Beteiligten erhöht, bewirken Vorschläge der Arbeitnehmer-Interessensvertretungen - wie generelle Arbeitszeitverkürzung oder Überstundenverteuerung - das glatte Gegenteil. In Frankreich wurde die 35-Stunden-Woche bereits im Jahr 2000 eingeführt, wodurch sich der Faktor Arbeit massiv verteuerte. Dies wiederum erforderte teure Zuzahlungen des Staates an die Betriebe, was das Budgetdefizit massiv ansteigen ließ. Die Arbeitslosenrate stieg seit der Einführung der 35Stunden-Woche von 8,6 Prozent auf 10,3 Prozent. Die Konkurrenzfähigkeit der französischen Wirtschaft leidet bis heute unter der gesetzlich verordneten Arbeitszeitverkürzung. Deutschland hingegen ist den Weg der Arbeitszeitflexibilisierung gegangen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft gestärkt wurde: Hohe Exportquoten, die niedrigste Arbeitslosigkeit EU-weit und ein ausgeglichenes Budget, das mittlerweile Überschüsse aufweist, sind die erfreuliche Folge. Auch schaffen weder eine durch den Gesetzgeber diktierte Arbeitszeitverkürzung noch eine Verteuerung der Überstunden neue Arbeitsplätze: Nicht nur, dass die nachgefragten Qualifikationen am Arbeitsmarkt schlicht nicht vorhanden sind – vielmehr würde kein Unternehmer zusätzliche Mitarbeiter fix einstellen, wenn er diese nur für eine bestimmte eingeschränkte Zeit benötigt. Experten gehen davon aus, dass es vielmehr zu Rationalisierungsmaßnahmen und einer Arbeitsverdichtung für die übrigen Arbeitnehmer kommen würde. Linz, am 1. März 2016 Seite 5 Alle profitieren von flexiblen Arbeitszeiten Medienservice Forderungen der WKO Oberösterreich zur weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeiten Die bestehenden Möglichkeiten zur Arbeitszeitflexibilisierung sind nicht ausreichend, um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, das Angebot an Arbeitsplätzen und die diesbezüglichen Erwartungen der Mitarbeiter auch für die Zukunft sicherzustellen. Die WKO Oberösterreich fordert daher folgende Änderungen im Arbeitszeitgesetz: Linz, am 1. März 2016 n Im Arbeitszeitgesetz allen Betrieben eine moderne und flexible Arbeitszeitgestaltung durch Betriebs- und Einzelvereinbarungen ermöglichen Damit hätte – da flexible Arbeitszeiten je nach Kollektivvertrag sehr unterschiedlich bzw. überhaupt nicht möglich waren – künftig jedes Unternehmen die Chance, flexibel zu arbeiten bzw. wäre dadurch überall eine praxisorientierte und betriebsbezogene Arbeitszeitgestaltung möglich. n Tägliche Normalarbeitszeit auf 10 Stunden anheben Die Normalarbeitszeit ist – analog zu Deutschland - auf 10 Stunden anzuheben, was in Österreich derzeit nur per Kollektivvertrag möglich ist. Dadurch würde sich an der Gesamtarbeitszeit nichts ändern, jedoch Dienstgeber und Dienstnehmer eine erstrebenswerte Flexibilität (Stichwort: 4-Tage-Woche) gewinnen. n Durch die Formel 12/60/24 bedarfsgerechtere Verteilung der Arbeitszeit erlauben Die Anhebung der gesetzlichen täglichen Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden (jedenfalls in Bereichen mit geringerer gesundheitlicher Belastung bzw. im Bereich der Gleitzeit), der wöchentlichen Höchstarbeitszeit auf 60 Stunden (analog zu Deutschland) und des Durchrechnungszeitraumes auf bis zu maximal 24 Monate würde exakt jenen modernen Rechtsrahmen schaffen, den Unternehmen dringend benötigen, um Auftragsspitzen bzw. Saisonschwankungen wettbewerbsfähig und rechtskonform abarbeiten zu können. Wobei auch hier die Gesamtarbeitszeit gleich bliebe und nur die Lage der Arbeitszeit - den Bedürfnissen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsprechend - verändert würde. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist die von der WK erreichte Ausdehnung der täglichen Arbeitszeit auf 12 Stunden, sofern eine aktive Reisezeit vorliegt. n Überstundenzuschläge anpassen Überstunden, die als Korrektiv für Auftragsschwankungen unverzichtbar und auch für viele Dienstnehmer die „ButSeite 6 Alle profitieren von flexiblen Arbeitszeiten Medienservice ter aufs Brot“ sind, sind in Österreich völlig überteuert. Der Zuschlagssatz sollte daher auf das deutsche bzw. europäische Niveau angepasst und deshalb von 50 Prozent auf 25 Prozent reduziert werden. n Wochenendruhe flexibilisieren Die Grenze für den spätesten Beginn der Wochenendruhe am Samstag soll von 13.00 Uhr auf 18.00 Uhr verlegt werden – der Anspruch auf eine wöchentliche Ruhezeit von 36 Stunden wird dadurch nicht geschmälert. Die Regelung über den arbeitsfreien Sonntag soll beibehalten werden. Auch die tägliche Ruhezeit sollte auf Betriebsebene von 11 auf 8 Stunden im Anlassfall verkürzt werden können. n Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz an EU-Richtlinie angleichen Nicht nur leitende Angestellte, sondern auch „sonstige Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis (EUArbeitszeitrichtlinie)” sollen zukünftig vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen werden. n Zugang zur Kurzarbeit erleichtern Kurzarbeit war das Instrument in der Krise, um größere Kündigungswellen zu verhindern. Der Zugang sollte nach deutschem Vorbild erleichtert werden: Mehr staatliche Beihilfe, weniger produktionsfeindliche Auflagen und die Abschlussmöglichkeit auf Betriebsebene (ohne Einbeziehung der Sozialpartner) erleichtern den Einsatz der Kurzarbeit, wo dies geboten ist n Kriminalisierung der Betriebe stoppen Alternative Beschäftigungsformen wie Teilzeit, Zeitarbeit, befristete Dienstverhältnisse oder Telearbeit sind aus dem Bedürfnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entstanden, außerhalb der klassischen Vollzeitbeschäftigung neue Formen der Arbeitszeit-Gestaltung zu finden, die beiden Seiten entsprechen. Sie a priori als prekär zu bezeichnen und deswegen arbeits(zeit)rechtlich zu diskriminieren, ist kurzsichtig und auf Eigeninteressen der Arbeitnehmervertretungen zurückzuführen. Wie sehr manche in Österreich mit der Forderung nach mehr Flexibilität auf Kriegsfuß stehen, zeigen auch die völlig überschießenden Strafbestimmungen im Bereich des Arbeitszeitrechtes. Allerdings besteht berechtigte Hoffnung, dass das sogenannte Kumulationsprinzip – wegen ein und desselben Delikts werden mehrere Strafen ausgesprochen - bald der Vergangenheit angehören wird. Linz, am 1. März 2016 Seite 7
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