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Taxifahrten für Flüchtlinge - Verteilungskampf „arm“ gegen „asyl“? | Manuskript
Taxifahrten für Flüchtlinge – Verteilungskampf „arm“ gegen „asyl“?
Mit dem Taxi zum Arzt und zu Behörden. Finanziert durch öffentliche Gelder. Der Leipziger
Taxifahrer Frank Förster bringt einen Flüchtling von der Unterkunft zum Arzt. Fahrzeit 7
Minuten, Bushaltestelle unweit.
Frank Förster, Taxifahrer:
„Ja, du weißt Bescheid? Ok? Ja, ok. Gut. Ciao. Bitte. Bye. Ciao. Und der kennt sich auch noch
aus. Also ist er nicht das erste Mal hier, ja, das ist ja unglaublich. Ja, schneller kann man das
Geld nicht verdienen. Ach, schauen Sie mal, schon die nächste Fahrt. Gut so, ne. Läuft.“
Und manchmal läuft es noch besser. Es gibt auch Fahrten ins 80 Kilometer entfernte
Chemnitz, zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Und wir sind nicht das einzige
Taxi aus Leipzig. Warten bei laufendem Taxameter.
René Weichelt, Taxifahrer:
„Hätte nicht gedacht, dass es so lange dauert. Mit drei Stunden hätte ich gerechnet, aber so
lange.“
Nach fünfeinhalb Stunden kommen die Syrer aus dem Amt. Das Taxameter wird bei einem
Stand von 308,90 Euro angehalten. Denn die Rückfahrt ist inklusive. Beim Bund der
Steuerzahler sorgt diese Taxi-Praxis für Kopfschütteln.
Thomas Meyer, Bund der Steuerzahler:
„Das ist ein ganz schlechtes, ein ganz schlimmes Beispiel, wo meines Erachtens der Staat
oder die Verwaltung versagt hat.“
Weiter in die Landeshauptstadt Dresden. Auch in einer der sächsischen RegierungsFraktionen herrscht Unverständnis.
Jan Löffler, CDU Landtagsabgeordneter:
„Mit dem Bekanntwerden der Fakten war ich natürlich genauso geschockt wie auch Viele auf
der Straße, ich kann das auch verstehen, weil das was dort erst einmal im Raum steht, das
kann ich einfach keinem Bürger in Sachsen verkaufen.“
Nachdem wir im MDR regional über die fragwürdigen Taxifahrten, berichteten, lädt die
zuständige Behörde eilig zur Pressekonferenz. Eigentlich dürfte es die Fahrten nur in
begründeten Ausnahmefällen geben.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Peter Darmstadt, Landesdirektion Sachsen:
„Wir werden dort, wir werden dort auch nochmal gezielt nach steuern.“
Dagmar Häfele, Landesdirektion Sachsen:
„Wir waren den Sommer über überwiegend damit beschäftigt überhaupt erst einmal die
Situation zu bewältigen. An anderen Stellen und jetzt sind wir dabei die Situation an dieser
Stelle zu steuern.“
Soweit Sachsen. Doch wie sieht es deutschlandweit aus? Wird überall auf diese Weise
Steuergeld verschwendet? Das Ergebnis: In allen Bundesländern werden Asylbewerber mit
dem Taxi befördert. Beispiel Düsseldorf. Hier sind es bis zu 20 Flüchtlings-Fahrten täglich.
Bernd Grubert, Vorstand Taxizentrale Düsseldorf
„Das hat schon natürlich ein ein bisschen Geschmäckle. Wie gesagt wir leben zwar davon,
aber es ist schon eine Verschwendung von Steuergeldern und gerade diese Einrichtung, die
wir hier haben, auf der Roßstraße, die fahren zum Krankenhaus, das sind keine 2 Kilometer
und da fährt direkt ein Bus, von der Haustür von der Einrichtung bis zu diesem Krankenhaus,
wo die da hinfahren. Also ich denke, auch wenn meine Kollegen mich da jetzt wahrscheinlich
köpfen, weil die sagen wir leben natürlich davon, könnte man das auch anders lösen.“
Wir fahren weiter nach Mettmann. Hier läuft´s genauso. Im Moment ist es zwar ruhiger
geworden. Denn die Erstaufnahmeeinrichtung ist gerade leer. Doch vor wenigen Tagen war
es noch das tägliche Geschäft für Monika Terlinden Asylbewerber zu fahren. Selbst völlig
absurd kurze Strecken.
Monika Terlinden, Vorstand Taxizentrale Mettmann:
„Die kürzeste Fahrt, die ich gefahren habe, da habe ich mich auch gewundert beim Fahrtziel,
weil das war einfach direkt um die Ecke, das waren keine 2 Kilometer unter 6 Euro war das
sogar glaube ich noch. Also da hätte man jetzt auch hin laufen können.“
Und solche Kurzstrecken stellen den Hauptteil der 350 Flüchtlingsfahrten der letzten
Monate in Mettmann dar. Dem gegenüber steht, dass alte und bedürftige Menschen kaum
noch Taxifahrten zum Arzt bezahlt bekommen. Ungerechtigkeit, die viele empört.
So wie Mia-Elisabeth Krüger, sie ist 89 Jahre alt, gehbehindert und braucht regelmäßig ein
Taxi, um zum Arzt zu kommen. Etwa 2.000 Euro gibt die Rentnerin im Jahr dafür aus.
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Mia-Elisabeth Krüger:
„Zu Fuß ist mit mir absolut nichts los. Ich habe enorme Schmerzen, ich kann aber keine
Schmerzmittel nehmen, weil ich nur von einer Niere noch 20 Prozent habe. Also ich bin aufs
Auto angewiesen.“
Nur selten bekommt sie die Fahrten erstattet. Der Weg zu ihrem alten Augenarzt - zu teuer
geworden.
Mia-Elisabeth Krüger:
„Und da habe ich mir überlegt, dass das dann schon der doppelte Preis ist. Also habe ich mir
eine neue Ärztin gesucht.“
Zurück in die Taxizentrale. Hier sieht man die Asylbewerberfahrten ohnehin mit
gemischten Gefühlen, dazu kommt noch, dass die Behörden die meisten Rechnungen noch
nicht bezahlt haben. Allein in Mettmann warten die Kleinunternehmer noch auf 5.000
Euro.
Inge Möller, Taxizentrale Mettmann:
„Wenn darauf wer weiß wie lange gewartet werden muss und die Unternehmer treten in
Vorkasse, die müssen ihre Fahrer bezahlen, ihren Benzin bezahlen, ihre sonstige Abgaben,
alles bezahlen. Das ist schon dann bitter.“
Bernd Grubert, Vorstand Taxizentrale Düsseldorf:
„Seit September 15 haben wir ein Fahrtenaufkommen von 38.000 Euro, wobei bisher erst
eine Fahrt aus September über 39,10 Euro bezahlt wurde. Auf das restliche Geld warten wir
nach wie vor.“
Was sagen die verantwortlichen Behörden zu dem Skandal? Wir bitten Innenministerium
und Bezirksregierung Arnsberg vergeblich um ein Interview. Von der Bezirksregierung
Düsseldorf bekommen wir einen Interview-Termin, der wenig später von Pressesprecher
Bernhard Hamacher abgesagt wird. Begründung:
„Wir haben uns Ihren Beitrag zum Thema „Fahrdienst für Flüchtlinge“ [...] angesehen. Er hat
uns nicht gefallen. Um weitere Beiträge dieser Art zu vermeiden, wollen wir an Ihrem Beitrag
nicht mitwirken.“
Antworten auf kritische Fragen. Dabei hätte gerade die Bezirksregierung die Umstände
erklären können. Auch transparent gegenüber der Öffentlichkeit.
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