Defibrillator-Therapie - FGS-Forschungsgesellschaft

Information
LAMPADIUS
Nummer 50, Februar 2016
Herzschrittmacher-Institut ž 82431 Kochel a. See
Todesermittlung bei Patienten mit
implantiertem Defibrillator
M. Lampadius
Plötzlicher Herztod
Im Rahmen von Gutachten bei
Patientenklagen wegen vermuteter Produktfehler oder bei
der technischen Überprüfung
implantierter Defibrillatoren im
Rahmen einer staatsanwaltschaftlich angeordneten Todesermittlung werden häufig technische Fehler aufgedeckt, die
als ursächlich für das Todesereignis angeschuldigt werden
können. Als Hauptursachen
und deren Folgen stellen sich
dar:
✛ Tod durch externen Kurzschluss
✛ Tod durch internen Kurzschluss
✛ Cerebraler Insult durch
Selbstabschaltung
✛ Tod durch Störung bei
Sondenbruch
✛ Verkehrsunfall durch Schock
Externer Kurzschluss
Aufgabe des implantierten Defibrillators ist, bei Auftreten
von Herzkammerflimmern einen elektrischen Schock abzugeben, der das Flimmern beenden soll. Die dazu notwendige
elektrische Spannung beträgt
bis zu 750 Volt und wird zwiFebruar 2016
schen einer Elektrode im Herzen und dem Defibrillatorgehäuse angelegt. Kommt es
durch Reibung zwischen Gehäuse und der Elektrodenzuleitung zu einem Kurzschluss
(Abb. 1), dann erreicht der
Schockstrom nicht das Herz,
Kurzschlussmarke
herausgegeben, die davor warnen, dass bestimmte Defibrillatoren einen internen Kurzschluss aufweisen können. Dieser Kurzschluss tritt dann auf,
wenn der Defibrillator einen
Schock abgeben soll. An Stelle
der
notwendigen
Therapie
zerstört sich der Defibrillator
bei diesem Ereignis selbst,
ohne dass eine Vorwarnung
möglich wäre und der Patient
erhält keine Therapie.
Cerebraler Insult
Abb. 1: Kurzschluss durch Spannungsüberschlag
sondern wird direkt in den Defibrillator abgeleitet. Regelmäßig führt das zu einer elektronischen Zerstörung des Defibrillators und dem Patienten
wird die lebensrettende Therapie vorenthalten.
Interner Kurzschluss
Wiederholt hat die Bundesanstalt für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) als
Bundesoberbehörde Meldungen
Während des Schlafes trat bei
einem Patient eine therapiepflichtige Kammertachykardie
auf. Der Defibrillator gab dem
entsprechend eine Schock ab,
der die Tachykardie beendete.
Gleichzeitig erkannte der Defibrillator aber auch einen Elektrodenkurzschluss und schaltete automatisch die Schocktherapie bis auf weiteres ab. In
der folgenden Nacht trat wieder eine Kammertachykardie
auf, die der Defibrillator nun
nicht mehr therapierte. Die Tachykardie sistierte autonom,
jedoch erst so spät, dass der
Patient einen massiven Gehirnschaden erlitt und dauerhaft
ein Pflegefall bleiben wird.
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Ursache für Kurzschluss
Ein Kurzschluss am Generatorgehäuse entsteht in der Regel
dadurch, dass die Sonde entgegen der Gebrauchsanweiung nicht um das Gehäuse
herum, sondern das Gehäuse
querend geführt wird (Abb. 2).
Abb. 2: Elektrodensonden kreuzen die
Defibrillatorkante
Dadurch kann es an der Gehäusekante zu Quetschungen
mit Isolationsabrieb kommen.
Letztendlich handelt es sich um
einen zu vermeidenden Anwendungsfehler.
Tod durch Störung
Während seiner beruflichen
Tätigkeit wurde bei einem Patienten ein Defibrillatorschock
ausgelöst. Der Patient verspürte keine kardialen Symptome und wurde nach Hause
gebracht. Dort erhielt er wietere Schocks und verstarb. Wie
die technische Analyse zeigte,
war es zu einem Wackelkontakt in der Elektrodenzuleitung
gekommen. Die dadurch entstehenden Fehlsignale gaukelten dem Defibrillator eine
Kammertachykardie vor, welche dieser zu therapieren versuchte. Durch die Schocks
wurde dann tatsächlich Kamerflimmern ausgelöst, welches
dann zum Tode führte.
nen Schock und hielt am Straßenrand an. Ein solcher Schock
wird wie der Tritt eines Pferdes
gegen die Brust beschrieben.
Nachdem er keine Symptome
verspürte und glaubte, dass
dies so seine Ordnung habe
und wieder vom Parkstreifen
auf die Straße einbiegen wollte, bekam er erneut zwei
Schocks. Jetzt rief er die Polizei
und wurde ins Krankenhaus
verbracht. Ursache für die
Fehlschocks war ein Bruch der
Elektrodenleitung. Bei jeder
Bewegung des linken Armes
wurde die Wackelkontaktzone
im Brustbereich bewegt und
dadurch die Schocks ausgelöst.
Dass es zu keinem schweren
Verkehrsunfall, auch mit anderen Verkehrsteilnehmern kam,
ist nur dem Zufall zu verdanken.
Ursache für Störsignale
Damit
die
Elektrodensonde
nicht durch Körperbewegungen
aus dem Herzen gezogen
werden kann, muss diese am
Eintrittsgefäß fixiert werden.
Zum Schutz der Sonde ist hier
eine Hülse vorgesehen, die
mehrfach an der Sonde befestigt wird. Wenn keine Hülse
verwendet wird oder diese nur
an einer Stelle streng befestigt
wird (Abb. 3), entsteht eine
Schlussfolgerungen
In Deutschland besteht keine
zwingende Nachschau zur Abklärung der Ursache eines
plötzlich Herztodes. Deswegen bleiben die oben beschriebenen Zwischenfälle in
der Regel unentdeckt. Dies
führt dazu, dass Produktfehler
lange Zeit unerkannt bleiben
und so Warnungen im Interesse des Patienten erst verspätet ausgesprochen werden
können. Auch für die Aufklärung von Verkehrsunfällen
und die daraus zu ziehenden
Schlussfolgerungen muss die
Möglichkeit einer Defibrillatorbeteiligung geprüft werden.
Es wäre daher zu wünschen,
dass beim Tod von Patienten
mit Defibrillator prinzipiell eine
technische Untersuchung des
Implantats erfolgt.
Autor
Der Autor ist qualifizierter Sachverständiger für Herzschrittmacher und
Defibrillatoren, Mitglied des
für die
technische Sicherheit von aktiven Implantaten in Deutschland zuständigen
Normungsgremiums DKE GUK 812.5
und dort Leiter der Arbeitsgruppe
"Neue Systeme".
Einschnürung der
Hülse mit Bruch des
Leiters
Verkehrsunfall
Abb. 3: Sondenbruch an der Fixation
Während einer Autofahrt erhielt ein Defibrillatorpatient ei-
Sollbruchstelle, an der mit einem Drahtbruch im Sinne ei-
Februar 2016
nes Wackelkontakts zu rechnen
ist. Die sich bei Bewegung des
Patienten öffnenden und dann
wieder schließenden Drahtenden erzeugen Störsignale, die
zu ungewollten Schocks führen
können.
Herausgeber: Herzschrittmacher-Institut,
Forschungsgesellschaft Elektrostimulation
mbH, Rothenberg-Süd 18, 82431 Kochel
a. See, Tel. 08851-5607, Fax. 08851-5001,
www.fgs-mbh.de.
Verantwortlicher Redakteur:
Dipl.-Ing. Univ. Dr. Michael S. Lampadius
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