Vorkommen, Mobilität und Lebensraumansprüche

Vorkommen, Mobilität und Lebensraumansprüche des Libellen-Schmetterlingshafts Libelloides
coccajus (Denis & Schiffermüller, 1775) bei Chur
Keywords
Libellen-Schmetterlingshaft, Libelloides coccajus, Mobilität, Raumnutzung, Tagfalter-Begleitfauna,
xerotherm, Haldenstein, Rheintal (Schweiz).
Abstract
Der Libellen-Schmetterlingshaft (Libelloides coccajus), eine in der Schweiz hauptsächlich noch
im Wallis in grösseren Populationen vorkommende Netzflüglerart, ist durch den in den letzten
Jahrzehnten aufgetretenen markanten Rückgang von nur sehr extensiv genutzten xerothermen
Lebensräumen auf der Alpennordseite stark gefährdet. Deshalb werden in verschiedenen Regionen
zunehmend artspezifische Förderprojekte für dieses attraktive Insekt umgesetzt. Über die
Biologie und Ökologie des Libellen-Schmetterlingshafts ist jedoch – gerade in anthropogen wenig
beeinflussten Gebieten – noch erstaunlich wenig bekannt. Insbesondere lagen bis anhin nur
sehr spärliche Kenntnisse über das Ausbreitungsvermögen und -verhalten von L. coccajus vor,
zwei für die Planung und Umsetzung von erfolgsversprechenden Förderprojekten zentrale Aspekte.
Die durchgeführten Erhebungen zeigen, dass im Untersuchungsgebiet bei Chur noch eine
vergleichsweise
grosse Population des Libellen-Schmetterlingshafts vorkommt, welche auch isolierte
Kleinflächen besiedelt und sich darauf lokal fortpflanzt. Anhand eines Markierungsexperiments
mit über 500 Imagines wird nachgewiesen, dass L. coccajus eine erstaunlich hohe Mobilität
aufweist und auch geschlossene Waldbestände von bis zu 100 m Ausdehnung überfliegt.
Die zurückgelegten beobachteten Distanzen betragen bis zu 700 m; Ausbreitungsereignisse
über noch grössere Entfernungen erscheinen jedoch als wahrscheinlich. Die aus anthropogen
stark beeinflussten Gebieten bekannten Lebensraumansprüche sowie die hochspezifischen
Anforderungen an das Eiablagehabitat – fast ausschliesslich stark besonnte, offene Bodenstellen
mit überständiger Vegetation – können auch im natürlichen Umfeld weitgehend bestätigt
werden. Die bislang vermutete Windanfälligkeit der Art ist jedoch zu relativieren. Die vorliegende
Arbeit liefert weitere, bisher wenig bekannte Erkenntnisse zur Populationsentwicklung im
Saisonverlauf, zum Nahrungsspektrum sowie zum Kokon des Libellen-Schmetterlingshafts.
Ebenso wird aufgezeigt, dass die Tagfalter-Begleitfauna ausgesprochen vielfältig ist und mit
steigender Dichte von L. coccajus auch die Anzahl Tagfalter zunimmt.
Im Hinblick auf die verbleibenden, insbesondere im Schweizer Mittelland zunehmend isolierten
Bestände des Libellen-Schmetterlingshafts liefern diese Resultate wichtige Hinweise für die
Ausgestaltung der vielerorts erst anlaufenden Schutzbemühungen. Weitere Untersuchungen
sind jedoch nötig, um das grossräumige Ausbreitungsverhalten von L. coccajus sowie die weiterhin
nur im Ansatz bekannte Larvalentwicklung klären und dadurch zu einer langfristigen Erhaltung
dieser Art auf der Alpennordseite beitragen zu können.
Zitiervorschlag
Spörri, K. (2014). Vorkommen, Mobilität und Lebensraumansprüche des Libellen-Schmetterlingshafts
Libelloides coccajus (Denis & Schiffermüller, 1775) bei Chur. Bachelorarbeit, Zürcher Hochschule für
Angewandte Wissenschaften, Wädenswil.