ISO Zertifizierung Hotellerie_Gredler

Qualitätsakzeptanz durch ISO Zertifizierung zur
Steigerung des Gästevolumens in der
mittelständischen Hotellerie
Marlene Gredler
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Einleitung
Die ISO 9000 in der Hotellerie
Sterne Klassifzierung in Österreich
Gegenüberstellung ISO Zertifzierung – Sterne Klassifizierung
4.1. Kundenorientierung
4.2. Wettbewerbsvorteil
4.3. Verbreitung / Bekanntheit
4.4. Formalismus / Kosten der Umsetzung
4.5. Ständige Verbesserung
Resümee
Literatur
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
1. Einleitung
„Traditionellerweise zeichnen sich viele Hotels durch ein starkes Qualitätsbewusstsein
aus. Andererseits ist es für Gäste vielfach schwer, aufgrund der unterschiedlichen
Qualitätskategorien bzw. –sterne von Hotels die Qualität eines Hotels richtig
einzuschätzen. Obwohl Qualitätsfragen für Hotels ein „Evergreen“ sind, ist es um so
überraschender, dass […] nur wenige Hotels ein professionelles Qualitätsmanagement
betreiben.“ (Meyer in: Westerbarkey 1996, Geleitwort)
Für viele Hoteliers bedeutet Qualität nach wie vor hauptsächlich die Güte der
Ausstattung der Hotels und der Qualität des kulinarischen Angebots. In Österreich
verlässt sich die Hotellerie noch immer auf die Sterne-Klassifizierung, doch das allein
genügt nicht mehr. Bei einem Großteil der Hotels sind keine Alleinstellungsmerkmale
erkennbar.
Dem gegenüber steht der heutige Konsument, der permanent steigende Erwartungen an
sein Urlaubsdomizil erhebt und gleichzeitig Orientierung in der Informationsflut sucht.
Es müssen Wege gefunden werden dem Kunden etwas Besonderes zu bieten um sich
damit von der Konkurrenz abzuheben und den Erfolg des Unternehmens langfristig zu
sichern.
Noch werden die Möglichkeiten eines Qualitätsmanagementsystems, zum Beispiel nach
ISO, vor allem in der mittelständischen Hotellerie, unterschätzt.
Die Wirtschaft unterliegt weltweit einem rasanten Wandel, der sich nicht auf die
angebotenen Produkte und Dienstleistungen beschränkt, sondern die Menschen im
Unternehmen, seine Ressourcen und Systeme wie auch den Umgang mit den
Stakeholdern – vor allem mit den Kunden - einschließt (vgl. Bruhn 2004, S. 7).
Der Begriff der Qualität hat sich in den letzten Jahren in der Hotellerie gewandelt. Lange
Zeit stand die materielle Beschaffenheit der Hotelleistung, die Hardware, im
Vordergrund. Inzwischen haben die „weichen“ Faktoren oder Softfacts, wie die
Servicebereitschaft, Kompetenz oder Zuverlässigkeit des Personals an Bedeutung
gewonnen (vgl. Seghezzi 2003, S. 210; Haist/ Fromm 1991, S. 1), Die
Ausstattungsqualität, also die Hardware, wird vom Gast mittlerweile wie eine
Selbstverständlichkeit behandelt. Einen Wettbewerbsvorsprung kann man sich nur mehr
mit der gebotenen Dienstleistungsqualität holen (vgl. Kohl 1998, S. 14).
2
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
Unternehmensexterne moderierende Faktoren
Heterogenität der
Variety-Seeking-Motive
Heterogenität der
Kundenerwartungen
Image
Kundenerwartungen
Marktbezogene Dynamik
Alternativenzahl
Marktbezogene Dynamik
Marktbezogene Komplexität
Bequemlichkeit des Kunden
Marktbezogene Komplexität
Dienstleistungsq
ualität
Kundenzufriedenheit
Kundenbindung
Ökonomischer
Erfolg
Individualität der
Wechselbarrieren
Ausgestaltung des Kunden-
Dienstleistung
Möglichkeit vertraglicher
informationssystem
Heterogenität des
Bindungen
Mitarbeiterfluktuation
Leistungsspektrums
Funktionaler Verbund der
Leistungskomplexität
angebotenen Leistungen
Restriktionen bei der
Preisfestlegung
Breite des Leistungsangebotes
Marktbezogene Komplexität
Unternehmensinterne moderierende Faktoren
Abb. 1: Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Vgl. Bruhn 2004, S. 7
Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs wird Qualität zu einem wesentlichen
Argument bei der Auswahl eines Hotels. In einer sich ständig verändernden Umgebung
wird nur das beständige Streben nach höchster Qualität den Erfolg eines Unternehmens
langfristig sichern können. Damit wird die Qualität in den nächsten Jahren für jedes
Unternehmen zum beherrschenden Thema und zum wesentlichsten Erfolgsfaktor (vgl.
Haist / Fromm 1991, S. 2f).
Vor allem die Servicequalität ist die wesentlichste Komponente der Qualität einer
Hotelleistung. Die Unternehmensleitung hat die Verantwortung, Qualität zu steuern und
die Voraussetzung zu schaffen, dass die Mitarbeiter ein Qualitätsdenken und
entsprechende Verhaltensweisen entwickeln können (vgl. Henschel 2001, S. 108).
Die Qualität ist auch ein mindestens ebenso wichtiges Marketinginstrument wie der
Preis. Ist der Kunde nicht zufrieden, wendet er sich einem qualitativ besseren Anbieter
zu. Dabei geht es aber nicht um die objektive Wertung der Qualität, sondern vielmehr ist
das subjektive Gefühl des Kunden, einen guten Service bekommen zu haben,
ausschlaggebend. Dadurch wird deutlich, wie wesentlich es für ein
Dienstleistungsunternehmen ist, die Bedürfnisse und Prioritäten des Kunden genau zu
kennen (vgl. Glaap 1993, S. 168; Kamiske 2000, S. 5; Dörfler et al. 1996, S. 17f).
3
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
2. Die ISO 9000 in der Hotellerie
Primäre Aufgabe der ISO (International Organization for Standardisation) und der nationalen Normungsinstitute ist es, Normen, also konkrete Regeln und Standards, zu entwickeln, die in der betrieblichen Praxis täglich Anwendung finden. Da diese Normen von
der Industrie kommen, steht die Vermutung im Raum, dass diese auf den Dienstleistungssektor, zu dem auch die Hotellerie zählt, nicht anwendbar sind. Es wird auch befürchtet, dass durch diese Form des Qualitätsmanagements die Individualität des Betriebes bzw. des österreichischen Tourismus verloren gehe.
Diese Befürchtungen sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen, obwohl hier eine differenzierte Betrachtung notwendig erscheint. Das Ziel der ISO 9000er Reihe ist es, durch
den Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems dem einzelnen Unternehmer zu helfen
die Individualität der Dienstleistung genau festzulegen und sich so dauerhaft von seinen
Mitbewerbern abzugrenzen (vgl. Dörfler et al. 1996, S. 53; Luthe 1995, S. 17f). Es ist
wesentlich zu wissen und zu verstehen, dass es keine genormten Qualitätsmanagementsysteme gibt. Es existieren lediglich Normen zum Qualitätsmanagement, auf deren
Grundlage dann ein spezifisches Qualitätsmanagementsystem für ein Unternehmen aufzubauen ist, das im Rahmen der Qualitätspolitik des Unternehmens realisiert wird. Diese
Umsetzung kann mehr oder weniger gelingen, im Extremfall aber auch gänzlich misslingen (vgl. Zollondz 2006, S. 259).
Der Unternehmer wird durch die Normen ausdrücklich dazu aufgefordert, die von den
Gästen erwarteten Dienstleistungseigenschaften herauszufinden und als Unternehmensziel zu verankern. Darüber hinaus können z. B. Checklisten oder Personaleinsatzpläne in
das normgerechte Qualitätsmanagementsystem übernommen werden. In den Bereichen,
in denen bisher eine schriftliche Fixierung von Arbeitsanweisungen keinen Sinn machte,
muss dies auch nicht nachgeholt werden. Den Besonderheiten des Hotel- und Fremdenverkehrsgewerbes trägt auch ein gesonderter Leitfaden zur Anwendung der Darlegungsnorm Rechnung (vgl. Luthe 1995, S. 17f).
Daraus wird deutlich, dass sich ein Qualitätsmanagementsystem von Unternehmen zu
Unternehmen unterscheiden muss und dass es kein solches allgemein gültiges System
geben kann. Es ist abhängig und wird beeinflusst von den Zielen, der Dienstleistung, den
für das Unternehmen spezifischen Vorgehensweisen und vom Reifegrad einer Organisation (vgl. Saatweber 1994, S. 72).
Die Qualitätsmanagement Norm ISO 9001 verlangt auch keine Dokumentation aller Abläufe, es geht vielmehr darum ein Qualitätssystem zu entwickeln, zu dokumentieren und
zu erhalten (vgl. Hoyle 1998, S. 21). Die Norm legt nicht fest, wie etwas zu organisieren
oder auszuführen ist, sondern was zu tun ist, um ein Qualitätsmanagementsystem aufzubauen und zu unterhalten. So wird z. B. gefordert, dass die Qualität der Dienstleistung
laufend verbessert wird, nicht aber wie diese zu erbringen ist (vgl. Henschel 2001, S.
116f).
4
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
3. Sterne-Klassifizierung in Österreich
Die österreichische Hotelklassifizierung ist ein einheitliches System, das in allen Bundesländern Österreichs gilt. Sie bietet vor allem dem Gast eine Orientierungshilfe für
Hotel- und Beherbergungsangebote.
Die Einstufung bzw. Klassifizierung erfolgt freiwillig, d. h., der einzelne Betrieb muss
einen entsprechenden Antrag stellen und er wird anschließend durch eine unabhängige
Kommission der Wirtschaftskammer klassifiziert. Die Klassifizierung erfolgt aufgrund
der Klassifizierungsrichtlinien einerseits sowie den Angaben des Betriebsinhabers und
der Besichtigung durch die jeweilige Landeskommission / „5 Sterne Kommission“ andererseits. Regelmäßige Überprüfungen und ein System der alle zwei Jahre erfolgenden
Selbstkontrolle sichern die Qualität. Mitgliedsbetriebe können diese Serviceleistung der
Fachgruppen bzw. des Fachverbandes „Hotellerie“ der Wirtschaftskammern Österreichs
freiwillig in Anspruch nehmen (vgl. http://www.hotelsterne.at).
Die Kriterien zur Einstufung basieren auf aktuellen Marktforschungsergebnissen und
spiegeln die Gästeerwartung für die jeweilige Kategorie wieder. Die Kriterien sind immer Mindestmerkmale, d. h. jeder Betrieb muss diese vollständig erfüllen, um in die jeweilige Kategorie eingestuft zu werden. Die Hotel- und Beherbergungsbetriebe werden
in fünf Kategorien eingeteilt. Diese werden durch einen, zwei, drei, vier oder fünf Sterne
symbolisiert. Der Zusatz „Superior“ für 4 Sterne-Betriebe stellt keine eigene Kategorie
dar, sondern sieht sich als Qualitäts- und Marketinglabel für Spitzenbetriebe in der 4Stern-Kategorie. Garnibetriebe gibt es nur in den Kategorien 1-4-Stern (vgl.
http://www.hotelsterne.at).
4. Gegenüberstellung
Klassifizierung
ISO
Zertifizierung
-
Sterne
4.1 Kundenorientierung
In den acht Grundsätzen des Qualitätsmanagements ist unter anderem die Kundenorientierung explizit angeführt. Diese Grundsätze bilden die Basis für ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9000. Unternehmen sollen die Erfordernisse der Kunden verstehen, deren Anforderungen erfüllen und danach streben, deren Erwartungen zu übertreffen. Meist ergibt sich daraus auch eine höhere Wiederholerquote (Stammgästeanteil).
5
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
Sterne
Grundsätzlich basieren die Kriterien zur Einstufung auf Marktforschungsergebnissen
und spiegeln die Gästeerwartung an die jeweilige Kategorie wieder. Erst in der VierSterne Superior Kategorie und in der Fünf-Sterne Kategorie sieht die Klassifizierung eine Mystery Guest Analyse vor, d.h. auf die Bedürfnisse und Wünsche des Gastes den
speziellen Betrieb betreffend wird erst ab einer gewissen Kategorie eingegangen (vgl.
Schneeweis / Kohl 2004, S. 292f).
4.2 Wettbewerbsvorteil
ISO 9000
Durch den Einsatz eines QMS nach ISO 9000 lassen sich Wirtschaftlichkeitsziele durch
Kosteneinsparungen (durch Optimierung von Prozessen, Transparenz bei Kompetenzen,
Beseitigung von Fehlerursachen etc.) und erhöhte Kundenbindung realisieren. Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems hilft auch die Unternehmensstrukturen und
betrieblichen Abläufe zu „durchforsten“ und transparenter zu gestalten, was wiederum
zu Kosteneinsparungen führt. Durch Optimierung, Kosteneinsparung und durch einen
kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Hinblick auf die Dienstleistungsqualität kann
eine Abgrenzung zu den Mitbewerbern erfolgen und somit können deutliche Wettbewerbsvorteile entstehen.
Darüber hinaus honorieren Banken und andere Wirtschaftspartner Anstrengungen in das
Qualitätsmanagement bzw. in die Führungsqualität. Die dadurch gestiegene Bonität kann
als bedeutender Wettbewerbsvorteil angesehen werden.
Sterne
Durch die hohe Verbreitung der Sterne Klassifizierung ist die Verwendung der Marke
„Sterne“ bei Marketingaktivitäten von wesentlicher Bedeutung. Es ist jedoch keine
internationale Vergleichbarkeit gegeben, was die Übersicht für den Kunden erschwert.
Durch den hohen Grad an klassifizierten Betrieben in Österreich ist der durch eine Sterne Klassifizierung erreichte Wettbewerbsvorteil in den meisten Fällen unwesentlich.
4.3 Verbreitung / Bekanntheit
ISO 9000
Alle TOP-Adressen der deutschen Industrie sind nach ISO 9001 zertifiziert. Dies lässt
auf eine hohe Bekanntheit der ISO Zertifizierung im Hauptzielmarkt Deutschland
schließen. Die ISO 9001 Zertifizierung im Tourismus bzw. in der Hotellerie ist noch
nicht sehr verbreitet. In Österreich sind nur einzelne Betriebe nach ISO 9001 zertifiziert.
6
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
Die Sterne Klassifizierung ist das am weitesten verbreitete und bekannteste Qualitätszeichen. Die Gäste erhalten eine klare Orientierung über das Angebot und damit einen besseren Verbraucherschutz. 28 % der Gäste orientieren sich an der Sterne-Klassifizierung
bei der Buchung ihres Hotels. Daher ist die Verwendung der Marke „Sterne“ bei den
Marketingaktivitäten von wesentlicher Bedeutung.
4.4 Formalismus / Kosten der Umsetzung
ISO 9000
Die Anweisung zur Dokumentation durch die Norm ISO 9001 impliziert einen gewissen
Grad an Formalismus. Es wird aber ausdrücklich keine bis ins letzte Detail ausgearbeitete Dokumentation gefordert. Wo bisher schon Verfahrensanweisungen oder Maßnahmen
zur Qualitätssicherung existierten, sollten diese sinnvollerweise in die Darlegung des
Qualitätsmanagementsystems nach ISO übernommen werden. Wo Prozesse bisher ohne
detaillierte Dokumentation ausgekommen sind, müssen diese nicht um des Systems willen fixiert werden. Es hat letztlich jedes Unternehmen weitgehend selbst in der Hand, die
überflüssige Papierflut einzudämmen.
Die Kosten für eine Zertifizierung und zwei Überwachungsaudits für einen Betrieb mit
25 Mitarbeitern betragen insgesamt € 8.525.
Sterne
Der Betriebsinhaber beantragt mit dem ausgefüllten Erhebungsbogen bei der jeweiligen
Fachgruppe „Hotellerie“ in der Wirtschaftskammer die Einstufung in die gewünschte
Kategorie und erklärt sich mit der Richtlinie der österreichischen Hotelklassifizierung
einverstanden. Für die verpflichtende, regelmäßige Selbstkontrolle muss der Betrieb periodisch schriftlich gegenüber der Fachgruppe bzw. dem Fachverband die Erfüllung der
relevanten Kriterien seiner Kategorie bestätigen.
Die Kosten belaufen sich im Bereich der 5 Sterne Kategorie auf € 1.302,00 inkl. USt.
Die Verrechnung oder Nicht-Verrechnung der Kommissionsbesuche in den 1 bis 4 Sterne Superior Kategorien wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt. Im Bundesland Tirol zum Beispiel fallen dem Betrieb für die Klassifizierung von 1
bis 4 Sterne Betrieben keine Kosten an.
4.5 Ständige Verbesserung
ISO 9000
„Qualität und ISO 9001 Zertifizierung bedingen ein Bekenntnis zu stetiger Verbesserung“ (Patterson 1995, S. 13).
7
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
Die ständige Verbesserung der Gesamtleistung des Unternehmens ist ein wesentlicher
Bestandteil des prozessorientierten Ansatzes. Das Zertifikat ist also nicht mehr als ein
Meilenstein auf dem nicht endenden Weg der ständigen Verbesserung.
Sterne
Bereits kategorisierte Betriebe werden regelmäßig überprüft und deren Einstufung gegebenenfalls geändert bzw. wird die Kategorisierung gänzlich aberkannt. Zusätzlich nimmt
jeder klassifizierte Betrieb am System der Selbstkontrolle teil. Dabei bestätigt der Betrieb regelmäßig schriftlich gegenüber der Fachgruppe bzw. dem Fachverband die Erfüllung der relevanten Kriterien seiner Kategorie.
Der Betrieb verpflichtet sich zu keiner laufenden Verbesserung sondern lediglich zur
Aufrechterhaltung der im Kriterienkatalog festgelegten Kriterien.
5. Resümee
Die wichtigste Erkenntnis und Feststellung in Hinblick auf die Vorurteile gegenüber ISO
Normen und bezüglich der Anwendbarkeit in der Hotellerie ist, dass die ISO 9001 Norm
keine verpflichtende Norm im herkömmlichen Sinn ist. Es gibt keine strikten Regeln und
Vorschriften, sondern die Norm lässt einen recht breiten Handlungsspielraum zu und ist
flexibel auf die speziellen Bedürfnisse eines Betriebes anpassbar. Daher kann man zertifizierte Betriebe auch nicht, wie bei der Sterne-Klassifizierung, direkt vergleichen. Eine
ISO 9001 Zertifizierung sagt lediglich etwas über das Bestreben des Betriebes aus, die
von ihm selbst verbindlich festgelegten Qualitätsstandards auch tatsächlich einzuhalten.
Bei der näheren Betrachtung der ISO 9001 Zertifizierung wurde deutlich, dass sich ein
Qualitätsmanagementsystem nach ISO, auch wenn ihm ein gewisser Grad an Bürokratie
zugrunde liegt, sehr wohl eignen kann um Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Vor allem
durch Kosteneinsparungen, Optimierung von Abläufen, den Kundenfokus und die Forderung nach einem laufenden Verbesserungsprozess sind Vorteile für den Betrieb zu erreichen. Voraussetzung für den Erfolg ist allerdings, dass die Qualität von allen, angefangen beim Hotelier selbst, gelebt werden muss. Ist diese Voraussetzung erfüllt und ist
das Qualitätsmanagementsystem erfolgreich implementiert, kann ISO 9000 auch z. B.
zum Total Quality Management weiterentwickelt werden.
Die Ergebnisse aus der unter Gästen von 3 und 4 Sterne Betrieben durchgeführten Befragung in Tirol zeigten, dass die ISO Zertifizierung zwar dem Großteil der Gäste bekannt ist, aber sich nur ein verhältnismäßig kleiner Teil aufgrund einer Zertifizierung
eher für ein Hotel entscheidet. Im Zweifel vertraut der Gast mehr der Sterne Klassifizierung.
Die Sterne Klassifizierung ist aber nicht ausschlaggebend für die Qualität des Service.
Im Kriterienkatalog sind nur Hardfacts (Ausstattungsqualität) als Qualitätsmerkmale angeführt.
8
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
Aus der Befragung geht zudem klar und deutlich geht hervor, dass die Servicequalität
(Freundlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter, Eingehen auf individuelle Wünsche
usw.) das wichtigste Qualitätsmerkmal für einen Gast bei einem Hotel ist.
Ein ISO 9001 Zertifikat an der Hoteltür kann das Gästevolumen erhöhen. Das Zertifikat
bedeutet aber noch lange nicht, dass es sich um einen fehlerfreien Betrieb handelt. Es
gibt dem Gast aber ohne sonstige Prüfungen mehr Sicherheit, dass es sich bei dem Betrieb zumindest um einen jener handelt, die sich um Qualität bemühen; vorausgesetzt natürlich, dass die Qualität auch gelebt wird und nicht alle Bemühungen mit der Verleihung des Zertifikats enden.
Dadurch, dass die Servicequalität für den Gast das wichtigste Qualitätsmerkmal bei einem Hotel ist, wird jede Bestrebung und Anstrengung in Richtung Qualitätsmanagement
von wesentlicher Bedeutung. Die Erfüllung der durch die Sterne Klassifizierung geforderten Hardwarequalität alleine reicht in Zukunft also nicht mehr aus.
Ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO ist für einen mittelständischen Hotelbetrieb
ein durchaus brauchbares, weil flexibles Instrument, um sich mit den immer größer werdenden Erwartungen der Gäste auseinanderzusetzen und sich einen Wettbewerbsvorteil
zu schaffen. Die Zertifizierung selbst ist kein Muss, denn schon alleine die Auseinandersetzung mit den Abläufen im Betrieb und eine schrittweise Implementierung von ISO
9001 schaffen Qualitätsbewusstsein und können, wenn konsequent angewandt, wertvolle
Kosteneinsparungen durch Optimierung/Standardisierung der Abläufe und durch Kundenbindung bewirken. Lässt man das Qualitätsmanagementsystem auch zertifizieren, ist
aber unbedingt darauf zu achten, dass damit nicht eine gleichzeitige Preissteigerung begründet wird. Die größte Befürchtung die der Gast mit einer Zertifizierung verbindet ist
nämlich ein Anstieg der Preise.
Factbox
Das ISO Zertifikat kann das Gästevolumen in der Hotellerie erhöhen.
Die Sterne Klassifierung ist eine Hardwarebetrachtung und wird vom Gast vorausgestetzt.
Die Servicequalität ist das wichtigste Qualitätsmerkmal für den Gast. D.h. Qualitätsmangement ist von wesentlicher Bedeutung. Ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO ist für die mittelständische Hotellerie geeignet.
9
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
6. Literatur
Bauer, A. (2006): Nachhaltige Entwicklung durch Qualität. Konzepte, Aufbau, Optimierung von Qualitätsmanagement für Unternehmen und Regionen, Springer, Wien
Bieger, T. (2000): Dienstleistungsmanagement. Einführung in Strategien und Prozesse
bei persönlichen Dienstleistungen, Haupt, Bern-Stuttgart-Wien
Bruhn, M. (2004): Qualitätsmanagement für Dienstleistungen. Grundlagen, Konzepte,
Methoden, Springer, Berlin
Bruhn, M. (2006): Qualitätsmanagement für Dienstleistungen. Grundlagen, Konzepte,
Methoden, Springer, Berlin
Crosby, Ph. (1994): Completeness: quality for the 21st century <dt.> Qualität 2000.
kundennah, teamorientiert, umfassend, Hanser,Wien
Dörfler, Ch. / Kohl, M. / Siegel, Ch. (1996): Qualität im Tourismus, WIFI Österreich,Wien
Glaap, W. (1993): ISO 9000 leichtgemacht. Praktische Hinweise und Hilfen zur Entwicklung und Einführung von QS-Systemen, Hanser, München-Wien
Haist, F. / Fromm, H. (1991²): Qualität im Unternehmen. Prinzipien-MethodenTechniken, Hanser, München-Wien
Henschel, K. (2001): Hotelmanagement, Oldenbourg, Wien
Hoyle, D. (1998): ISO 9000 pocket guide, Butterworth-Heinemann, Oxford
Kamiske, G. (2000): Der Weg zur Spitze. Business Excellence durch Total Quality
Management. Der Leitfaden, Hanser, München-Wien
Kandampully, J./Mok, C./Sparks, B. (2001): Service Quality Management in Hospitality,
Tourism and Leisure, Haworth Hospitality Press, New York
Kohl, M. (1998): Qualität im Tourismus. Was macht Hotels und Restaurants (besonders)
erfolgreich?, Wirtschaftsverlag, Wien
Luthe, M. (1995): Die ISO 9000 im Gastgewerbe. Eine praxisorientierte Entscheidungshilfe zur Einführung von Qualitätsmanagement Systemen, INTERHOGA, Bonn
Patterson, J. (1995): ISO 9000. Globaler Qualitätsstandard, Ueberreuter, Wien
Raich, M./Abfalter, D. (2004): Der Einsatz von Qualitätszeichen als kommunikationspolitische Maßnahme, in: Weiermair, K./Pikkemaat, B. (Hrsg.).: Qualitätszeichen im
Tourismus. Vermarktung und Wahrnehmung von Leistungen, Berlin, Erich
Schmidt Verlag, S. 206ff.
Saatweber, J. (1994): Inhalt und Zielsetzung von Qualitätsmanagement Systemen gemäß
den Normen DIN ISO 9000 bis 9004, in: Stauss, B. (Hrsg.).: Qualitätsmanagement
und Zertifizierung. Von DIN ISO 9000 zum Total Quality Management, Wiesbaden, Gabler, S.65ff.
10
ISO Zertifzierung in der mittelständische Hotellerie
Schneeweis, W./Kohl, M. (2004): Nutzen von Qualitätsmanagement Systemen im Tourismus, in: Weiermair, K./Pikkemaat, B. (Hrsg.).: Qualitätszeichen im Tourismus.
Vermarktung und Wahrnehmung von Leistungen, Berlin, Erich Schmidt Verlag, S.
288ff.
Seghezzi, H. D. (2003): Integriertes Qualitätsmanagement. Das St. Galler Konzept, Hanser, München-Wien
Westerbarkey, P. (1996): Methoden zur Messung und Beeinflussung der Dienstleistungsqualität, Deutscher Universitäts Verlag, Wiesbaden
Zollondz, H. D. (2006): Grundlagen Qualitätsmanagement: Einführung in Geschichte,
Begriffe, Systeme und Konzepte, Oldenbourg, München
11