Konzeption UMF - WENDEPUNKT eV

Jugendhilfezentrum
Wendepunkt Wolfersdorf
Rothehofstal 2
07646 Trockenborn-Wolfersdorf
Tel. 036428 - 590
Fax 036428 - 59201
[email protected]
Anlage zur Leistungsbeschreibung:
Inobhutnahme und Hilfe zur Erziehung
von unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen
Konzeption für ein spezifisches Angebot zur
Inobhutnahme und Betreuung von unbegleitet minderjährigen
Flüchtlingen im Jugendhilfezentrum Wendepunkt Wolfersdorf
Allgemeine Angaben
Träger:
Anschrift:
Telefon:
Fax:
E-Mail:
Internet:
Geschäftsführer:
Einrichtung:
Standort der Schule:
WENDEPUNKT e.V.
07607 Eisenberg
Rosa-Luxemburg-Straße 13
036691 5720-0
036691 5720-29
[email protected]
www.wendepunkt-ev.net
Michael Frankenstein
Telefon:
Fax:
E-Mail:
Jugendhilfezentrum Wendepunkt Wolfersdorf
Rothehofstal 2
07646 Trockenborn Wolfersdorf
036428 590
036428 59201
[email protected]
Leiter des JHZ:
Telefon:
E-Mail:
Helmut Kreuter
036428 59200
[email protected]
Leistungsart:
Rechtsgrundlagen:
Inobhutnahme und Hilfe zur Erziehung
§ 42 SGB VIII; § 34 und 35a SGB VIII; § 41 SGB VIII
1. Einleitung
Das Jugendhilfezentrum Wendepunkt Wolfersdorf nimmt seit 2006 als Inobhutnahmeeinrichtung für den
Saale-Holzland-Kreis auch unbegleitet minderjährige Flüchtlinge auf, die sich im Landkreis melden oder
hier aufgegriffen werden. Hat sich im weiteren Clearingverfahren herausgestellt, dass für die minderjährigen Flüchtlinge ein Hilfebedarf nach § 34 SGB VIII besteht, wird die Hilfe zur Erziehung zumeist in den
3 Wohngruppen des Jugendhilfezentrums durchgeführt.
Erstellt:
Geprüft:
Freigegeben:
Revision:
Helmut Kreuter
Katrin Mai
Michael Frankenstein
1.0
Am: 02.04.2015
Am: 02.04.2015
Am: 02.04.2015
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Anlage zur Leistungsbeschreibung:
Inobhutnahme und Hilfe zur Erziehung
von unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen
Jugendhilfezentrum
Wendepunkt Wolfersdorf
Rothehofstal 2
07646 Trockenborn-Wolfersdorf
Tel. 036428 - 590
Fax 036428 - 59201
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Seit 2011 erleben wir eine Zunahme von unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen insbesondere aus
Afghanistan und Syrien, die die Einrichtung in der Betreuung dieser Jugendlichen vor neue Herausforderungen stellt. Deshalb haben wir unser Konzept für die Arbeit mit unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen
weiterentwickelt, um der spezifischen Lebenssituation und den besonderen Anforderungen in der Arbeit mit
diesen Jugendlichen besser gerecht werden zu können. Dies möchten wir im Folgenden darstellen.
Grundsätzlich sehen wir in der Betreuung und Begleitung von unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen eine
wichtige Aufgabe der Jugendhilfe, der wir uns gerne stellen. Zudem erleben wir sie als eine Bereicherung
für unser Jugendhilfezentrum und für unsere deutschen Jugendlichen.
2. Ausgangslage
Die aktuelle Lebenssituation von unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen ist geprägt durch Flucht und den
damit verbundenen Erlebnissen: die Trennung von der Familie und dem sozialen Umfeld; die Trennung
vom eigenen kulturellen Zusammenhang; das Fliehen müssen oder wollen aufgrund stark belastender oder
gefährdender Lebenssituationen; die ungewisse und häufig dramatische Flucht; das zuweilen unfreiwillige
Ankommen in einem unbekannten Land und an einem unbekannten Ort.
Vor dem Hintergrund dieser Lebenssituation bieten wir diesen Jugendlichen Sicherheit, Schutz,
Versorgung und eine Perspektive für die weitere Integration in unsere Gesellschaft.
3. Aufnahme und Betreuung
Die Aufnahme und Betreuung minderjähriger Flüchtlinge findet zunächst als Inobhutnahme statt. Nach der
Einsetzung eines Vormundes und der Prüfung einer Hilfe auf der Grundlage des § 27 SGB VIII kann die
weitere Betreuung im Rahmen der Hilfen zur Erziehung nach § 34 SGB VIII erfolgen. Insbesondere in der
Anfangsphase bedarf es eines eng abgestimmten Vorgehens zwischen den Mitarbeitenden des ASD und
der Einrichtung zur Klärung des Gesundheitsstatus, der ausländer- und asylrechtlichen Angelegenheiten
und des Clearingverfahrens.
3.1 Inobhutnahme
Die Inobhutnahme dient neben der Erstversorgung für die Betroffenen vor allem der Klärung
jugendhilferechtlicher Grundlagen (§ 42 SGB VIII / § 27ff SGB VIII) und weitergehender pädagogischer
Bedarfe. Voraussetzung für die Inobhutnahme ist die Überprüfung und Feststellung der Minderjährigkeit
der Betroffenen durch den Allgemeinen Sozialen Dienst.
Einer der ersten und wichtigsten Maßnahmen nach der Inobhutnahme durch das Jugendamt ist die
ärztliche Eingangsuntersuchung und ggf. Behandlung. Diese erfolgt durch das Gesundheitsamt des SaaleSeite
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Inobhutnahme und Hilfe zur Erziehung
von unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen
Jugendhilfezentrum
Wendepunkt Wolfersdorf
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Holzland-Kreises in Stadtroda und im Asklepios Fachklinikum in Stadtroda. Bis zur Feststellung der
Ansteckungsfreiheit bewohnen die Jugendliche separate Inobhutnahme-Zimmer, auf denen sie auch die
Mahlzeiten einnehmen. Danach werden sie in die Wohngruppe aufgenommen, die der Inobhutnahme
zugeordnet ist. Auch erhalten sie eine/n Bezugserzieher/in, der/die in besonderer Weise für sie zuständig
ist. Mittels Sprachmittler werden den Jugendlichen alle sie betreffenden Maßnahmen und Entscheidungen
erklärt und die Regeln der Einrichtung erläutert. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, den Jugendlichen das
Gefühl zu geben, an einem Ort zu sein, der ihnen Schutz und Sicherheit bietet.
In der Anfangsphase sind zudem folgende Punkte zu klären bzw. zu initiieren:
• Versorgung der Jugendlichen; Sicherstellung der Grundbedürfnisse, Unterkunft, Nahrung und
Bekleidung.
• Organisation von Sprachmittlern zur Behebung sprachlicher Barrieren und zur Klärung des
individuellen biografischen Hintergrundes und der Fluchtgeschichte soweit möglich.
• Feststellung der bisherigen Schullaufbahn und Einstufungstest zur Bestimmung der weiteren
Schullaufbahn bzw. zur Teilnahme an Sprachkursen; zusätzlich Angebote von Sprachförderung in
der Einrichtung.
• Begleitung bei Terminen im Ausländeramt, im Bundesamt und anderen behördlichen Angelegenheiten.
• Förderung von Beschäftigung im Tagesablauf, Übernahme alltäglicher Aufgaben.
• Sozialpädagogische Einschätzung in Bezug auf Sozialverhalten, Fähigkeiten, Ressourcen,
Gesundheit und erzieherischer Bedarf.
• Klärung weiterführender Hilfen und der weiteren Unterbringung.
3.2 Clearing
Ein grundsätzliches Problem zu Beginn der Hilfe besteht darin, dass keine spezifische Anamnese,
Diagnose oder Problembeschreibung dritter oder der Jugendlichen selbst vorliegt. Die Jugendlichen
befinden sich zudem in absoluter Unkenntnis zum System und haben ggf. wenig Vertrauen in helfende
Personen. Deshalb muss im Rahmen eines psychosozialen Clearings geklärt werden, welche Hilfebedarfe
die Jugendlichen benötigen und wie und mit welchen Handlungsschritten sie umzusetzen sind. Dieses
Clearing geschieht in enger Abstimmung mit dem Vormund und dem ASD und beinhaltet neben der
Fortsetzung der o.g. Punkte:
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Weitere Klärung zur Vorgeschichte des Jugendlichen, z.B. familiäre Situation, emotionale Belastungen; Möglichkeiten einer Familienzusammenführung und/oder Kontakten zu Verwandten, usw.
Sicherstellung der weiteren ärztlichen Behandlung bei Bedarf.
Einschätzung zur psychischen Belastung: Anzeichen für traumatische Erlebnisse, psychosomatische Reaktionen (z.B. Schlafstörungen) oder Anzeichen einer Posttraumatischen Belastungsstörung.
Maßnahmen zur psychischen Stabilisierung.
Klärung und Beratung zum aufenthaltsrechtlichen Status.
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Inobhutnahme und Hilfe zur Erziehung
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Erläuterung des Normen- und Wertesystems, der Regelungen, Abläufe und Zuständigkeiten am
neuen Lebensort.
Dokumentation der Clearingphase (u. a. Fluchthintergrund und -umstände, Aufenthaltsorte, Verbleib
der Eltern, Belastungsphänomene und stützender Umgang)
Erstes Hilfeplangespräch mit Erörterung und Festlegung der geeigneten Hilfeform und individuell
orientierter Ziele und Maßnahmen.
3.3 Hilfe zur Erziehung
Dieses Angebot richtet sich an solche Jugendliche oder junge Erwachsene, für die eine Hilfe zur Erziehung
(HzE) auf Grundlage der §34, 35a oder 41 in unserer Einrichtung als sinnvoll und notwendig erachtet
wurde. Grundsätzlich gelten für sie dieselben Rahmenbedingungen und Leistungen, wie sie in der
Leistungsbeschreibung der Einrichtung erläutert sind. Aufgrund der besonderen Situation sind hier einige
Ziele beschrieben, die in der Hilfe für unbegleitet minderjährige Flüchtlinge besonders wichtig sind.
3.3.1 Ziele
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Die Persönlichkeit der Jugendlichen ist stabilisiert.
Die Tages- und Gruppenstruktur und das Zusammenleben in einer Wohngruppe werden angenommen und als hilfreich erlebt.
Die neue Lebenssituation wird von den Jugendlichen akzeptiert, sie lernen Zusammenhänge zu
verstehen und gestalten sie aktiv mit.
Die schulische Anbindung, Spracherwerb und Bildung (Erwerb eines Schulabschlusses) ist
gesichert.
Der Aufenthaltsstatus ist oder wird geklärt.
Die Perspektive der Jugendlichen ist oder wird entwickelt.
3.3.2 Spezifische Leistungen
Neben den allgemeinen Leistungen der HzE bieten wir zusätzliche spezifische Leistungen für unbegleitet
minderjährige Flüchtlinge:
• Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache durch spezielle Sprachkurse in Kooperation
mit dem Institut für Interkulturelle Kommunikation in Jena.
• Unterstützung und Begleitung beim Kontakt zu Ämtern, Behörden und Beratungsstellen.
• Einbeziehung von Sprachmittlern bei Hilfeplangesprächen und zur Klärung wichtiger Belange.
• Unterstützung bei der Bewältigung von Traumata und notwendige medizinische Hilfen in
Kooperation mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Asklepios Fachklinikums in Stadtroda.
• Hilfestellung zur Alltagsbewältigung bei Traumatisierungen und posttraumatischen Belastungsstörungen in Kooperation mit dem Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge in Thüringen (refugio).
• Klärung zum Aufenthaltsstatus, Begleitung von Asylverfahren und Unterstützung bei rechtlichen
Fragen in Kooperation mit den Vormündern.
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Anlage zur Leistungsbeschreibung:
Inobhutnahme und Hilfe zur Erziehung
von unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen
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Jugendhilfezentrum
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Ermöglichung der Ausübung religiöser Praktiken und kultureller Riten und von Kontakten zu
Landsleuten.
Vermeidung von Ausgrenzung und Unterstützung bei der Integration durch Einbindung der
Jugendlichen in die Wohngruppen und in sportliche und kulturelle Angebote oder Freizeitaktivitäten
(z.B. Fußball- und Sportvereine, Angebote des Jugendmigrationsdienstes).
Entwicklung einer schulischen und beruflichen Perspektive.
Vorbereitung und Begleitung der Verselbstständigung.
3.4 Verselbständigung
Angesichts des Durchschnittsalters der Jugendlichen von 15-17 Jahren muss die stationäre Hilfe bei
längerem Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel einer zunehmenden Verselbständigung
und Integration geplant werden. Hierfür ist die Entwicklung einer schulischen und beruflichen Perspektive
besonders wichtig, für die angesichts des Alters der Jugendlichen im Rahmen der HzE allerdings nur wenig
Zeit zur Verfügung steht. Im Einzelfall kann es daher notwendig sein, dass der/die Jugendliche mit
Vollendung des 18. Lebensjahres Hilfen für junge Volljährige beantragt, um den Verselbständigungsprozess zu einem erfolgversprechenden Abschluss zu bringen.
Ziele der Verselbständigung sind u.a.:
• Erfolgreicher Abschluss des Sprachkurses mit der Befähigung, weiterführende Schulen zu
besuchen und/oder eine Berufsvorbereitung zu beginnen.
• Klärung der geeigneten weiterführenden Schule oder einer Berufsvorbereitung in Kooperation mit
dem Schulamt oder der Bundesagentur für Arbeit.
• Klärung des zukünftigen Lebensmittelpunktes unter Berücksichtigung der Wünsche des Jugendlichen und realistischer Umsetzungsmöglichkeiten.
• Finden eines geeigneten Wohnraums und Sicherstellung der dafür notwendigen finanziellen Mittel.
• Sicherstellung des Lebensunterhaltes.
4. Personal und Kosten
Der Betreuungsschlüssel für unbegleitet minderjährige Flüchtlinge entspricht den in den Leistungsbeschreibungen vereinbarten Standards zur Inobhutnahme und zur Hilfe zur Erziehung.
Darüber hinaus ist die Heimpsychologin in die psychosoziale Betreuung eingebunden und der
Einrichtungsleiter in die Hilfeplanung und Perspektivklärung. Das pädagogische Personal verfügt über
umfassende praktische Erfahrungen im Umgang mit unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen und nimmt
regelmäßig an Fortbildungsangeboten teil. Zudem haben die Erzieherinnen und Erzieher Grundkenntnisse
in Traumapädagogik und die Teamleitungen eine Ausbildung zur Traumapädagogin.
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Fax 036428 - 59201
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Für die unbegleitet minderjährigen Flüchtlinge gibt es einen eigenen Entgeltsatz zur Inobhutnahme und zur
Hilfe zur Erziehung. In diesem Entgelt sind über die Regelleistungen hinaus enthalten: Die Kosten für
Sprachmittler, die Kosten für den Sprachkurs am IIK in Jena, die Fahrtkosten nach Jena, Schul- und
Lernmaterialien und individuelle Betreuungsleistungen, z.B. Einzelbetreuung während der Inobhutnahme
und Clearingphase.
Wolfersdorf, 02.04.2015
Helmut Kreuter
Einrichtungsleiter
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