LMU LUDWIGMAXIMILIANSUNIVERSITÄT MÜNCHEN PROGRAMM MISU SOMMERSCHULE ZUR GERMANISTISCHEN LINGUISTIK 2015 Münchner Internationale Sommeruniversität (MISU) Munich International Summer University Sommerschule zur germanistischen Linguistik Summer Academy in German Linguistics 08. – 21. August 2015 LMU München Inhalt Dozenten und Teilnehmer ........................................................................... 1 Adressen & Anfahrt ........................................................................................ 2 Programmübersicht ......................................................................................... 3 Abstracts ............................................................................................................... 5 Adressen der Dozenten und Teilnehmer ................................................ 31 Relevante Infos ............................................................................................... 33 Exkursionen ...................................................................................................... 34 Dank ...................................................................................................................... 35 Dozenten und Teilnehmer Dozenten: Werner ABRAHAM (Universität Wien/Österreich und LMU München) Ermengildo BIDESE (Universität Trient/Italien) Yasuhiro FUJINAWA (Tokyo University of Foreign Studies/Japan) Jyhcherng JANG (LMU München) Michail KOTIN (Universität Zielona Gora/Polen) Yukari KURITA (LMU München) Elisabeth LEISS (LMU München) Surachai PAYAWANG (Chiang Mai Universität/Thailand) Shin TANAKA (Universität Chiba/Japan) Sonja ZEMAN (LMU München) Teilnehmer: Yumiko AKAGI (Hiroshima University) Nicholas CATASSO (LMU München) Dankmar ENKE (LMU München) Yukari ISAKA (Tokyo University for Foreign Studies) Rosa GALLARDO-LEÓN (Universidad Autonóma de Madrid) Kosuke KAITA (LMU München und Universität Würzburg) Heidi KISER (LMU München) Taishi KOBAYASHI (Tokyo University for Foreign Studies) Meng-Chen, LEE (LMU München) Taylor MAHLER (University of San Diego) Kalle MÜLLER (Universität Tübingen) Kayo NISHIDE (Hokkaido University) Ami OKABE (Tokyo University) Tomomi SHIRAI (LMU München) Motoyasu WADA (Kwansei-Gakuin University) 1 Adressen & Anfahrt Veranstaltungsort: Ludwig-Maximilians-Universität Hauptgebäude Geschwister-Scholl-Platz 1 Raum C022 80799 München C022 Vom Olympiazentrum U-Bahn U3 (Richtung „Marienplatz“) > Haltestelle „Universität“ > Ausgang Siegestor Büro: Übersicht Hauptgebäude: https://www.uni-muenchen.de/ funktionen/gebaeudeplaene/0000_d_00.pdf Prof. Dr. Elisabeth Leiss Institut für Deutsche Philologie Lehrstuhl für Germanistische Linguistik Schellingstraße 3/Rückgebäude, Raum 412 80799 München Telefon: +49 (0)89 2180-2339 Mobil: 0049 151 15630013 Sekretariat: Frau Grebner Schellingstraße 3/Rückgebäude, Raum 413 Telefon: +49 (0)89 2180-5744 2 Programmübersicht Thematische Schwerpunkte: I: Sprachwandel und Variation II: Modalität, Theory of Mind und Intersubjektivität III: Sprachtypologie: Varianz und Invarianz Zeit 9:00-13:00 Mo 10.08. Einführung in die drei Schwerpunkte der Sommerakademie: Ermengildo Bidese Werner Abraham Michail Kotin Elisabeth Leiss Shin Tanaka Vorstellung der beteiligten Dozenten & Vorstellung der Teilnehmer und ihrer Projekte Di 11.08. Sprachwandel und Variation Mi 12.08. Sprachwandel, Variation und Sprachtypologie (diachrone Sprachtypologie) Werner Abraham Ermengildo Bidese Michail Kotin Werner Abraham Ermengildo Bidese Michail Kotin Do 13.08. Modalität im Sprachwandel Fr 14.08. Vorträge von Teilnehmern Werner Abraham Elisabeth Leiss Michail Kotin Kosuke Kaita, Heidi Kiser, Kayo Nishide, Tomomi Shirai Vorstellung von Promotionsprojekten 3 Zeit 9:00-13:00 Mo 17.08. Modalität, Theory of Mind und Intersubjektivität Di 18.08. Sprachtypologie I: Varianz und Invarianz aus sprachtypologischer Perspektive Werner Abraham Elisabeth Leiss Sonja Zeman Shin Tanaka Yasuhiro Fujinawa Mi 19.08. Sprachtypologie II: Raum- und Objektkodierungen im Vergleich Do 20.08. Sprachtypologie III: grammatische Kodierungsstrategien aus sprachtypologischer und pragmatischer Perspektive Jyhcherng Jang Yukari Kurita Surachai Payawang Zusammenfassung der Themenschwerpunkte der Sommerschule Werner Abraham Elisabeth Leiss Shin Tanaka Sonja Zeman Fr 21.08. Vorträge von TeilnehmernVorstellung von Promotionsprojekten Nicholas Catasso, Dankmar Enke Taishi Kobayashi, Motoyasu Wada Vorstellung von Promotionsprojekten Sa 22.08. So 23.08. Japanisch-deutscher Workshop (Teilnahme als Gast ist möglich) Deutsch-japanischer Workshop (Teilnahme als Gast ist möglich) Abreise spätestens am 29. August 4 Abstracts Sprachwandel und Variation Werner Abraham Diskussionsrahmen: Ich widme mich vor allem der Verbvalenzentwicklung mit der Frage: Haben eingebettete Infinitive/Infinitivkomplemente Verb- oder Nominalstatus? Die Entwicklung des Infinitivkomplements vom Althochdeutschen bis zum Nhd. in dessen Regionalvarianten, darunter dem Pennsylvaniadeutschen und dem ganz anders(!) verfahrenden Niederländischen (om te+V) u. Niederdeutschen. Tab. 1: BECHS (1983) VERBKOMPLEMENTSTATUS des nhd. Verbums infinitum Stufe 1: Komplementvalenz/V Stufe2: prädikativ (nach Kopula sein) - attributiv 1.Status {MV} lernen (ein) lernend(-er Student) {MV} warten (der) warten(-e Student) 2.Status {versucht} zu lernent/tV (ein) lernend(-er *Student/Absatz) Student {versucht} zu warteniV (der) zu wartend(-e *Student) {versucht} das Auto zu wartentV (das) zu warten(-e Auto) 3.Status (hat/?ist) gelerntt/tV (ein) gelernter (Absatz/??Tischler) (*hat/ist) gekommen (der) *(an)gekommene Zug Bechs Klassifikation ist diachron gesehen nicht vollständig, was Verbvalenz betrifft? Wie nämlich sollen wir nach Bech einordnen: keine Zeit zum Schlafen? am Probieren sein? beim Garten gießen sein? Vater ist/*probiert/darf/kommt unterrichten? Was hat sich in der Sprachgeschichte des Deutschen geändert, was dia- und regiolektisch? Welche Variante des Deutschen ist geschichtskonservativer? Warum (nicht)? a. GERUNDIUM ≠ P-INFINITIV: ahd. cisellene, ze/*zuo wissene ≠ formal nhd. zu ge sellen, zu wissen b. FREIER INFINITIV: ich muss (*zu) lernen – ich versuche *(zu) lernen- er kommt zu/zum/0 lernen – was genau ist/war die syntaktische Funktion der Infinitive in diesen Beispielen? Wiese darf bei Modalverben zu fehlen, wieso darf sie bei allen anderen Verben nicht fehlen? Regiolektale Ausnahmen wie etwa Wir versuchen schon lange einheizen wie begründet? Grammatik als axiomatisiertes (=ausnahmsloses systematisches) Teil-Ganzes! c. Bedeutungsdiachronie der Infinitivpräposition: Grammatikalisierung von Raumpräposition zu grammatischem Morphem – in welchem syntaktischem Status? Die diachronischen Entwicklungsschritte von ist-P+Gerund-V Präpositionsinfinitiv im Deutschen. 5 Tab. 2: Grammatikalisierungsschritte zur Verbkomplementarität im Deutschen Älteste Stufe: Ahd.-Mhd. Übergangsstufe: Dialekte Aktuelle Stufe VKomplement Gerundial construal Gerundial construal Prepositional infinitive histor. Stufe Pre-article period: O/MHG Article period: Dialects no gerund in MStG Infinitivkomplement XP ist [PP zu + [N‘ V.DAT]] XP ist [PP zum.DAT+[N‘ V]] XP ist [vP zu + [V‘ VINF]] Semantik [+property XP for having/possessing] [+property XP for having/possessing] [-property XP for having/ possessing] P-Position isolated P zu/ze (+NDATIVE) zu+definite article fusion zu+definite article fusion Kasusvalenz infinitive case declined no longer infinitive declension no case declension on infinitives Diathese ([+passivity]/__XP[+TH]) ([+passivity]/__XP[+TH]) [+passivity]/__XP[+TH] Modalität ([+Possibility]) [+Possibility] [+Possibility] Modalität (([+Necessity])) ([+Necessity]) [+Necessity] Ermenegildo Bidese Der kontaktbedingte Sprachwandel: interne Entwicklung oder externe Einwirkung? Eine Problemannäherung am Beispiel des Zimbrischen 1. Einführung Eine der erstaunlichsten Eigenschaften menschlicher Sprachen ist ihr Wandel im Laufe der Zeit. Als man vor ungefähr 200 Jahren in Deutschland begann, die Sprachen auf wissenschaftliche Weise zu untersuchen, war eine der ersten Fragen, wie bzw. nach welchen Gesetzen Sprachen sich verändern und warum sie das tun. Eine frühe Intuition sah im Sprachkontakt einen der Gründe dieses Sprachwandels: das Indogermanische sei in der Urheimat eine vermutlich einheitliche Sprache gewesen, aber der Kontakt der indogermanischen Auswanderer mit den verschiedenen Sprachen der autochthonen Völker, mit denen sie in Berührung kamen, hätte zu der bekannten starken Ausdifferenzierung innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie geführt; auch das von den römischen Soldaten mitgebrachte Lateinische war immer ein und dieselbe Sprache, aber das Substrat der Ortssprachen hätte zu der Entwicklung unterschiedlicher romanischer Sprachen geführt. In letzter Zeit erfährt die Sprachkontaktforschung und insbesondere die Frage nach dem kontaktbedingten Sprachwandel ein erneutes Aufleben, was u.a. die Erscheinung des Handbook of Language Contact (vgl. HICKEY 2010) in der bekannten Reihe Blackwell Handbooks in Linguistics 2010 belegt. In dieser Renaissance tauchen unterschiedliche Fragestellungen in z.T. neuen und sehr heterogenen Kontaktkontexten auf; so gibt es Untersuchungen über multilinguale Urbangesellschaften oder auch über Kontexte, die durch eine starke Einwanderung gekennzeichnet sind oder unter dem starken Einfluss der Weltsprache Englisch stehen. 6 In diesen Arbeiten wird der Sprachkontakt als die erste und offensichtlichste Quelle für das Auftauchen neuer syntaktischer Merkmale in einer Sprache beschrieben. Der Sprachkontakt wird damit zur vorrangigen Erklärung für den Sprachwandel und bisweilen sogar zu seinem Grund schlechthin (THOMASON 2013: „Language contact has been invoked with increasing frequency over the past two or three decades as a, or the, cause of a wide range of linguistic changes). Demgegenüber steht eine Position, die den Sprachkontakt als eine nachgeordnete Erklärungsinstanz für den Sprachwandel versteht. Er sei erst dann wirksam, wenn es die ReplikaSprache strukturell erlaube, was mit anderen Worten heißt, dass der Wandel auch ohne Kontakt möglich sei und womöglich von diesem nur beschleunigt werde (vgl. ABRAHAM 2012: „Wandel unter Sprachkontakt [gibt es] bloß dort, wo solcher Wandel auch autonom stattfinden hätte können – wo also, salopp gesprochen, eine Tür zum Wandel bereits sprachautonom (= paradigmenintern) halboffen steht“). 2. Ziel Das Ziel meines Kurses besteht darin, das theoretische Problem des Sprachkontakts zu behandeln, die Logik des kontaktbedingten Sprachwandels anhand der empirischen Daten einer Fallstudie zu rekonstruieren und damit genauer zu überprüfen, ob sich die syntaktischen Strukturen einer Replika-Sprache als direkte Entlehnung aus einer Modell-Sprache begreifen lassen oder als Phänomene, die nur indirekt mit dem Sprachkontakt zu tun haben. Das Zimbrische bietet dabei die besten Voraussetzungen für eine solche Untersuchung. Es handelt sich nämlich um eine Minderheitsprache deutschen Ursprungs, die aber seit Jahrhunderten in einer Sprachenklave in romanischer Umgebung, genauer im Trentino, beheimatet ist. Die ältesten lexikalischen Entlehnungen weisen auf einen Kontaktumstand, der auf das Mittelalter zurückgeht. Die Syntax des Zimbrischen ist also seit mehreren Jahrhunderten in Kontakt mit der der romanischen Ortsvarietäten. Die Zimbern sind außerdem seit Jahrhunderten kollektiv bilingual, und eben dieser kollektive Bilingualismus gilt als Voraussetzung für den starken Einfluss einer Sprache auf eine andere (vgl. KOLMER 2012). Hinzu kommt der glückliche Umstand, dass das Zimbrische über eine verhältnismäßig alte Schreibtradition verfügt, die es ermöglicht, auch diachronische Untersuchungen vorzunehmen. Anhand von konkreten Beispielen aus der Syntax des Zimbrischen, die sowohl Makrophänomene wie das Verb-Zweit in den Hauptsätzen oder die asymmetrische Wortordnung in den Nebensätzen als auch spezifischere Aspekte wie den besonderen Fall des umbromm ‚weil/ warum‘ oder das Konjunktiv mit nicht-faktiven Verben behandeln, werden Ansätze für eine allgemeine Theorie des kontaktbedingten Sprachwandels diskutiert. 3. Einstiegsliteratur zum Thema (Auswahl) 3.1. Über die Geographie, Geschichte und Sprache der Zimbern BACHER, JOSEPH (1905): Die deutsche Sprachinsel Lusern: Geschichte, Lebensverhältnisse, Sitten, Gebräuche, Volksglaube, Sagen, Märchen, Volkserzählungen und Schwänke, Mundart und Wortbestand. Innsbruck: Wagner. BAUM, WILHELM (1983): Geschichte der Zimbern. Gründung, Sprache und Entwicklung der südbairischen Siedlungen in den VII und XIII Gemeinden in Oberitalien. Landshut: Curatorium Cimbricum Bavarense BIDESE, ERMENEGILDO (2004): Die Zimbern und ihre Sprache: geographische, historische und sprachwissenschaftlich relevante Aspekte. In: STOLZ, THOMAS (a cura di): „Alte“ 7 Sprachen. Beiträge zum Bremer Kolloquium über „Alte Sprachen und Sprachstufen“ (Bremen, Sommersemester 2003). Bochum: Brockmeyer, 3–42. SCHMELLER, JOHANN ANDREAS (1838): Ueber die sogenannten Cimbern der VII und XIII Communen auf den Venedischen Alpen und ihre Sprache. In: Denkschriften der bayer. Akademie der Wissenschaften 15 – Abhandlungen der philos.-philol. Klasse 2, 555–708. — Neudruck in SCHMELLER, JOHANN ANDREAS (1984): Die Cimbern der VII und XIII Communen und ihre Sprache. Herausgegeben von RICHARD J. BRUNNER. Landshut: Curatorium Cimbricum Bavarense, 13–162. 3.2. Grammatische Beschreibungen des Zimbrischen von Lusern PANIERI, LUCA; PEDRAZZA, MONICA; NICOLUSSI BAIZ, ADELIA; HIPP, SABINE & PRUNER, CRISTINA (Hgg.) (2006): Bar lirnen z’schraiba un zo reda az be biar. Grammatik der zimbrischen Sprache von Lúsern. Trento: Autonome Region Trentino-Südtirol & Kulturinstitut Lúsern. TYROLLER, HANS (2003): Grammatische Beschreibung des Zimbrischen von Lusern. Stuttgart: Steiner. 3.3. Studien über die Syntax des Zimbrischen BIDESE, ERMENEGILDO (2008): Die diachronische Syntax des Zimbrischen. Tübingen: Narr. BIDESE, ERMENEGILDO & TOMASELLI, ALESSANDRA (2005): Formen der ‚Herausstellung‘ und Ver- lust der V2-Restriktion in der Geschichte der zimbrischen Sprache, in: BIDESE, ERMENEGILDO; DOW, JAMES BIDESE, ERMENEGILDO; PADOVAN, ANDREA & TOMASELLI, ALESSANDRA (2012): A binary system of complementizers in Cimbrian relative clauses, in: Working Papers in Scandinavian Syntax 90, 1–21. [Online: http://project.sol.lu.se/uploads/media/Bidese_et_al_WPSS90_02.pdf] GREWENDORF, GÜNTHER (2013): Satztypen und die linke/rechte Peripherie. In: MEIBAUER, JÖRG; STEINBACH, MARKUS & ALTMANN, HANS, Satztypen des Deutschen. Berlin: De Gruyter, 652–679. GREWENDORF, GÜNTHER & POLETTO, CECILIA (2009): The hybrid complementizer system of Cimbrian, in: MOSCATI, VINCENZO & SERVIDIO, EMILIO (eds.), Proceedings XXXV Incontro di Grammatica Generativa. Siena: Centro Interdipartimentale di Studi Cognitivi sul Linguaggio, 181–194. [Online:http://www.ciscl.unisi.it/doc/doc_pub/STiL2009-vol3-special-IGG.pdf] GREWENDORF, GÜNTHER & POLETTO, CECILIA (2011): Hidden verb second: the case of Cimbrian. In: PUTNAM, MICHAEL (Hg.) (2011): Studies on German language-islands. Amsterdam: John Benja- mins, 301–346. KOLMER, AGNES (2012): Pronomina und Pronominalklitika im Cimbro. Untersuchungen zum grammatischen Wandel einer deutschen Minderheitensprache in romanischer Umgebung. Stuttgart: Steiner. 3.4. Über den Sprachkontakt ABRAHAM, WERNER (2012): Philologische Dialektologie und moderne Mikrovarietätsforschung. Zum Begriff des Erklärstatus in Syn- und Diachronie. In: GLAUNINGER, MANFRED MICHAEL & BARABAS, BETTINA (Hgg.): Wortschatz und Sprachkontakt im 8 Kontext oberdeutscher Wörterbücher, Sprachatlanten und Sprachinseln. Werner Bauer zum 70. Geburtstag. Wien: Praesensverlag, 171–190. ÅFARLI, TOR A. & MÆHLUM, BRIT (hgg.) (2014): The Sociolinguistics of Grammar. Amsterdam: John Benjamins. HICKEY, RAYMOND (2010): The Handbook of Language Contact. Chichester [u.a.]: WileyBlackwell. RIEHL, CLAUDIA 2(2009): Sprachkontaktforschung. Eine Einführung. Tübingen: Narr. WEINREICH, URIEL (1953): Languages in Contact. Findings and Problems. New York: Publications of the Linguistic Circle of New York. 3.5. Über den Sprachkontakt und das Zimbrische ABRAHAM, WERNER (2008): Spoken syntax in Cimbrian of the linguistic islands in Northern Italy – and what they (do not) betray about language universals and change under areal contact with Italo- Romance. In: PUTNAM, MICHAEL (Hg.) (2011): Studies on German languageislands. Amsterdam: John Benjamins, 233–278. BIDESE, ERMENEGILDO; DOW, JAMES R. & STOLZ, THOMAS (Hgg.), Das Zimbrische zwischen Germanisch und Romanisch. Bochum: Universitätsverlag. BIDESE, ERMENEGILDO; PADOVAN, ANDREA & TOMASELLI, ALESSANDRA (2013): Bilingual competence, complementizer selection and mood in Cimbrian, in: ABRAHAM, WERNER & LEISS, ELISABETH (Hgg.), Dialektologie in neuem Gewand. Zu Mikro-/ Varietätenlinguistik, Sprachenvergleich und Universalgrammatik. Hamburg: Helmut Buske Verlag, 47–58. BIDESE, ERMENEGILDO; PADOVAN, ANDREA & TOMASELLI, ALESSANDRA (2014): The syntax of subordination in Cimbrian and the rationale behind language contact. In: Language Typology and universals / STUF – Sprachtypologie und Universalienforschung 67.4 (Sonderheft: BIDESE, ER- MENEGILDO & PUTNAM MICHAEL, German Complementizers in contact), 489–510. KOLMER, AGNES (2012): Pronomina und Pronominalklitika im Cimbro. Untersuchungen zum grammatischen Wandel einer deutschen Minderheitensprache in romanischer Umgebung. Stuttgart: Steiner. Michail L. Kotin Kurzbeschreibung des Ansatzes, des theoretischen Interpretationsrahmens und der Fragestellung Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen Fragen der Ursachen, Mechanismen und Besonderheiten des Sprachwandels auf verschiedenen Ebenen der Sprachsysteme, wobei die Schwerpunkte auf grammatischem Wandel, einschließlich der Grammatikalisierungsprozesse, liegen. Theoretische Grundannahmen werden dabei in Auseinandersetzung mit den gängigen Sprachwandeltheorien erarbeitet. Die Behandlung des gesamten Themenkreises ist so konzipiert, dass die einzelnen Kernfragen des Sprachwandels sich aus den Grundfragen der ontologischen Zuordnung der Sprache als System und als Tätigkeit ergeben. Der Sprachwandel wird in toto als Veränderung der 9 Kategorisierungsstrategien bei der Kodierung von Grundfunktionen unter besonderer Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen overter und koverter Grammatik verstanden. Deskriptive Ansätze treten dabei deutlich hinter explanative Ansätze zurück. Es wird vor allem untersucht, welche Erklärungen im Sprachwandel als adäquat und als suffizient gelten. Im Besonderen werden dabei folgende Themenkomplexe behandelt: 1. Sprache und Zeit. Was bedeutet de Saussures Dichotomie von Synchronie und Diachronie bzw. statische vs. evolutionäre Linguistik für Sprachwandelforschung? Warum führt Coseriu stattdessen die Trichotomie von Synchronie, Diachronie und Geschichte ein? Was ist unter Sprachdynamik zu verstehen und inwiefern steht sie der Sprachstatik gegenüber? 2. Sprachwandel und Sprachvariation. Spontaneität und intendierte Eingriffe bei Sprachselektion. Ontogenese und Phylogenese beim Sprachwandel. Die Wechselwirkung von System und Norm bei der Durchsetzung von Sprachneuerungen. Sprachwandel und Spracherwerb. D. Lightfoots ahistorisches Sprachwandelmodell mit ontogenetischem Ansatz. Spracherwerbs-, Dialektforschung und ihre Rolle für die Erklärung des Sprachwandels. „Die Fehler von heute sind die Normen von morgen“? Welchen Stellenwert hat diese Feststellung für die Erklärung des Sprachwandels als gespaltenen Prozesses zwischen Initiative und Akzeptanz? 3. Die Rolle des Sprachusus und der mündlichen Sprachkommunikation für die Bestimmung der Richtung des Sprachwandels bzw. der Sprachwandeltendenzen. Die Rolle der Opposition von Mündlichkeit und Schriftlichkeit bei der Erarbeitung einer adäquaten Sprachwandeltheorie. Lang-, mittel- und kurzfristiger Sprachwandel. Minimalistische bzw. „optimalistische“ Sprachwandelkonzepte. Was ist „natürlicher“ Wandel? Welche Mechanismen des Sprachwandels werden bei Grammatikalisierung bemüht? 4. Fallbeispiel Modalität. Modalität als Musterbeispiel kategorialgrammatischer Konvergenz. Modalität im Umfeld anderer Kategorialfunktionen (Temporalität, Aspektualität, Diathese, nominale Determination). W. Abrahams Thesen zur Epistemik/Deontik und Aspektfunktion als kategoriale Schnittstelle. Das Konzept von E. Leiss zur historischen Entwicklung des aspektzentrierten Kategorialknotens Aspekt – Tempus – Modus/Modalität bzw. zur Integration der Kategorie der nominalen Determination in diesen Kategorialknoten „via Satz in toto“. Die Entwicklung der Modalitätsfunktionen in der Germania und Slavia. Fachliteratur zum Thema in Auswahl Abraham, W. 2014: Schriften zur Synchronie und Diachronie des Deutschen, hg. von A. Kątny et al. Frankfurt: P. Lang. [Insbesondere S. 13-37, 185-303 und 331-352]. Abraham, W./Leiss, E. (eds.) 2008: Modality-Aspect Interfaces. Implications and typological solutions. Amsterdam: J. Benjamins. Coseriu E. 1958: Sinchronia, diachronia e historia – El problema del cambio linguístico. Montevideo 1958. Coseriu E. 1979: System, Norm und Rede. In: Coseriu, E.: Sprache. Strukturen und Funktionen. 3. Aufl. Tübingen: Narr, 45-59. Dressler, W. U./Mayerthaler, W./Panagl, O./Wurzel, W. U. 1987: Leitmotifs in Natural Morphology. Amsterdam_ Benjamins. Harder P. 2003: The status of linguistic facts: Rethinking the relation between cognition, social interaction and utterance from a functional point of view. In: Mind and language 18/1 (2003), 52-76. 10 Keller, R. 2003: Sprachwandel – Von der unsichtbaren Hand in der Sprache. 3., durchgesehene Auflage, Tübingen und Basel 2003. Lass, R 1997: Historical Linguistics and Language Change. Cambridge: CUP. Leiss, E. 1991: Die Verbalkategorien im Deutschen. Berlin: de Gruyter. Leiss, E. 1998: Über das Interesse der Grammatiktheorie am Sprachwandel und ihr Desinteresse an Sprachgeschichte, in: ZAS Papers in Linguistics, ed. by Ewald Lang et al., Heft 13, Berlin: Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft, Typologie und Universalienforschung 1998, 196211. Leiss, E. 2000: Artikel und Aspekt. Die grammatischen Muster der Definitheit. Berlin: de Gruyter. Lightfoot, D. W 1999: The development of language – Acqusition, change and evolution. Oxford: OUP. Saussure de, F. 1916: Cours de linguistique générale, Lausanne/Paris 1916. Publikationen des Dozenten zum Thema in Auswahl Kotin, M.L 2005-2007. Die Sprache in statu movendi. Sprachentwicklung zwischen Kontinuität und Wandel. 2 Bde. Heidelberg: Winter. Kotin, M.L 2013. Zur Erklärungsadäquatheit im Sprachwandel. In: Vogel, P. M. (Hg.): Sprachwandel im Neuhochdeutschen. Berlin: de Gruyter, 109-127. Kotin, M.L 2014. Die Wandelparadigmen der Sprache und der Paradigmenwandel in der Sprachwissenschaft. In: Ágel, V./Gardt, A. (Hgg.): Paradigmen der aktuellen Sprachgeschichtsforschung. Berlin: de Gruyter, 163-178. Modalität im Sprachwandel Werner Abraham 1. URMODALITÄT: Modalverben/MV und Modalpartikel/MP – andere Vertretungen (südostasiat. Satzendpartikel; Nachziehfragen)? in nichtgermanischen Sprachen (Abraham 1989; v. Gelderen 2000; Romanisch: Meisnitzer 2012, Latein: Schrickx 2014)? 1.1. NECESSITAS-POSSIBILITAS als {nhd. MV}? Der modale Alleskönner mhd. muossen/got. motan. Die Ausgliederung der heutigen MV-Bedeutungen können-dürfen-müssen-sollenmögen. Und wo waren die Modalpartikel des Nhd.? Was sind die systematischen Voraussetzungen für die Entwicklung der MPs? 1.2. moderne MP-Illokution?? in anderen Sprachen??, syntaktische Voraussetzung: 1.+2.VKlammer bzw. der weite Strukturraum dazwischen 2. EPISTEMIK-DEONTIK-SUBJEKTIFIKATION-Fremdbewusstseinsabgleich/FBA: 2.1. EMV ≠ DMV: ist muss zuhause sein subjektiviertes muss nachhause kommen? Ist (*)Ich/OKEr *beabsichtigt/willEMV in Brasilien gewesen (zu) sein „subjektiv(iert)er“ als Ich/Er beabsichtigt zu/willDMV Arzt werden? 11 2.2. Gegenthese: bei Epistemik handelt es sich um FBA in gedächtnisneurologischem Sinne (ToM):; Er will ja/vielleicht handeln. 2.3. lexikalische Modaladverbiale (Traugott-Ajmer-Degand/Cornillie) in Satzstruktur des Deutschen? 2.4. Was sind die lexikalischen Entsprechungen der MP ja, eben, schon,…? MAdv lösen keine FBA-Illokution aus wie Wer ist es DENN? Der IST/*ist vielleichtMP ein Depp ≠ Der ist VIELLEICHTMAdv einDepp; Der ist ja völlig betrunken. 2.5. MAdv kategorisch ≠ MP: Wer denn/schon/nur/*freilich/*vielleicht/*leider ist er? Syntaxstatus: MAdv=XP ([AdvP [FP nur sehr] vielleicht]]), MP=Xo ([?P [FP nur sehr] ja/eben/schon]]. 2.6. Was steckt hinter **Der IST vielleicht VIELLEICHT ein Gauner! (furor duplicitatis oder mehr?) 2.7. Verumfokus und MP: Leistungsgemeinsamkeiten und -unterschiede 3. MV-Syntax I/TP 3 I/T’ =alle engl. MV sowie dt. EMV erscheinen nur finit=nichteinbettbar: *tries to can OK 3 hat vor zu könnenD-*E/mögenD-*E I/TEnglisch-VO VP/T‘Deutsch-OV 3 3 EMV/ VPEnglisch DP V/TDeutsch-OV DMV | | Aux V V/DMV/Aux Rechtsrektion Linksrektion that he can do dass er tun kann engl. MV erst unter dt. DMV wie VV der kann mich mal/Latein Finitheitsanzeige =dt. DMV auch infinit *comes to can play kommt um spielen zu können keine Einbettbarkeit =DMV-Einbettbarkeit *thinks to can meint zu können/dürfen EMV nie infinitivisch („infinite Epistemiklücke“): zu müssenDMV/*EMV 4. Weitere Themen: MV- gegen MP-Syntax; versteckte Modalität: hat/ist zu(m)+V* Elisabeth Leiss Im Mittelpunkt steht zum einen die Frage, warum gerade die Präteritopräsentien in den Germanischen Sprachen bei der Grammatikalisierung von Modalverben genutzt werden, zum anderen, warum die Kategorie des Aspekt des vom Präteritopräsens eingebetteten Verbs eine so zentrale Rolle bei der Erzeugung von deontischen und epistemischen Lesarten spielt. Eitelmann (2013) zeigt am Beispiel englischer Dialekte, dass prinzipiell jedes Präteritopräsens am Grammatikalisierungsrennen teilgenommen hat. Das wird vor allem dann sichtbar, wenn man nicht nur die Sieger des Grammatikalisierungsrennen untersucht, sondern auch die sog. Verlierer. Diese finden sich nicht selten in nichtstandardisierten arealen Varietäten als Sieger wieder und wurden 12 lange von der Forschung übersehen. Arealspezifische Varianten wurden vor allem durch die präskriptive Grammatik zurückgedrängt und sind zum Teil nicht einmal mehr im Bewusstsein der Philologen vorhanden. Es wurden bislang in der Forschung entscheidende methodische Fehler gemacht, was die Untersuchung der Grammatikalisierung von Modalität betrifft. Auf diese Fehler soll aufmerksam gemacht werden, damit sie von künftigen Generationen von Wissenschaftlern nicht wiederholt werden. Wichtig ist es darüber hinaus, dass man bei der Grammatikalisierung einer so komplexen und intern ausdifferenzierten Kategorie wie der der Modalität, unbedingt die Grundbausteine mitberücksichtigen muss. Dazu gehört in der historischen Entwicklung von Beginn an die grammatische Kategorie des Aspekts, d.h. der verbalen Quantifikation. Es wird zunächst gezeigt, dass sowohl die aspektuelle Charakteristik der Präteritopräsentien als auch die Aspektualität der eingebetteten Infinitive eine zentrale Rolle beim Aufbau von deontischer und epistemischer Modalität spielt. Der Zusammenhang zwischen Aspekt und Modalitätslesarten wurde von Abraham in einer Vielzahl von Publikationen vor allem für die synchrone Betrachtung der deutschen Gegenwartssprache herausgearbeitet. Ziel meines Beitrags ist es, die katalysierende Funktion von Aspektualität beim Aufbau von Modalität diachron nachzuzeichnen. Dabei ist nicht nur die aspektuelle Qualität des einbettenden Verbs (Modalverbs) von zentraler Bedeutung, sondern auch die des abhängigen Infinitivs. Literatur: Eitelmann, Matthias. 2013. Remembering (ge)munan. The rise and decline of a potential modal. In: Diewald, Gabriele; Leena Kahlas-Tarkka & Ilse Wischer (eds.): Comparative studies in Early Germanic Languages. With a focus on verbal categories. Amsterdam, Philadelphia: Benjamins, 127-150. (Studies in Language Companion Series 138). Modalität, Theory of Mind und Intersubjektivität Werner Abraham ToM hinterfragt nach formalen Voraussetzungen Thema: Emphase, VF und Mirativität – und formale Grundlagen wie Konversations- und Konventionsimplikaturen (?=? Präsuppositionen) Welche Wortarten umfasst Modalität ( Modus): ?Diskursmarker, Interjektionen, tags, thetics, Parenthesen?? Grammatikalisierung (+Modalisierung): aber als Koordinator MP (der hat aber, eben eben, schon schon, auch, doch wohl, …) 13 FP 3 Specifier adverbs adverbials parentheticles tags Fig.1. F’ 3 F Complement Head objects affixes nonfinite verbs clitics MPs eben(flächigeben/halt Auxiliaries schon (wieder)schon/doch modal verbs wohl(befindlich)(doch) wohl Sentence mode/Satzmodus (declarative, yes/no-interrogative, wh-interrogative) 3 Independent (matrix) clause dependent clause 3 3 [-Verum] [+Verum] [-Verum] [+Verum] epistemic system of Speaker/Sp: er muss Arzt sein CG epistemic system of matrix subject’s referent: dass er Arzt sein muss compatible with MP-merge CG wrt. the epistemic system of matrix subject’s referent compatible with MPmerge only on [-factive]matrix predicate Fig. 2: Verum focus and MP-insertion (Lohnstein & Stommel 2014: 21; with additions and modifications by WA): Linearization restrictions of adverbials and MPs Elisabeth Leiss Es gibt eine starke Korrelation zwischen der Entwicklung von spezifischen grammatischen Kategorien im Kindspracherwerb und dem Erwerb einer zunehmend ausdifferenzierten “Theory of Mind”. Beiden Domänen gemeinsam ist die Technik der einfachen und schließlich doppelten Versetzung („double displacement). Diese bildet sich in mehreren Phasen und Qualitäten im Verlauf des Spracherwerbs heraus. Einen zentralen Stellenwert hat die Frage, ob grammatische Kategorien sich erst herausbilden können, wenn es jeweils einen Vorlauf einer „Theory of Mind“Entwicklungsphase gegeben hat, oder ob es vielmehr so ist, dass der Erwerb der grammatischen Kategorien Aspekt, Tempus und Modus zum Aufbau einer zunehmend optimierten Theory of Mind beiträgt. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Untersuchungen im Bereich des Kindspracherwerbs, die plausibel machen, dass es die verschiedenen sprachlichen Techniken sind, die zu einer maximal ausdifferenzierten „Theory of Mind“ führen. Diese Phasen sind: Doppelte Versetzung im Raum (Aspekt), doppelte Versetzung in der Zeit (Tempus), doppelte Versetzung der Person, dies 14 wiederum in mehreren Phasen (Modus und Modalität). Es werden zunächst die Grundbausteine für die Entwicklung von Intersubjektivität, die Fähigkeit zur Herstellung eines common ground (eines geteilten Wissens- und Erfahrungshintergrund) und zur Verhandlung von Unsicherheit in Bezug eines solchen gemeinsamen Hintergrunds herausgearbeitet. Anschließend werden die Funktionen von Modalität, der ausdifferenziertesten Form einer Theory of Mind (Fremdbewusstseinsabgleichs), vertiefend vorgestellt. Abschließend wird noch herausgearbeitet, dass es auch einfache Formen der Versetzung gibt (simple displacement). Es wird gezeigt, dass solche stärker lexikalische Formen nicht funktionsgleich mit Formen der doppelten Versetzung sind. Die Differenzierung zwischen simple und double displacement hat nicht nur Konsequenzen, was das Verständnis des Unterschieds oder Nichtunterschieds zwischen Evidentialität und Epistemizität betrifft. Sie betrifft auch die Modellierung des Unterschieds zwischen Lexikon und Grammatik, also eines zentralen Bereichs der linguistischen Theoriebildung. Von den Dozenten hg. Sammelbände zu den beiden Themenbereichen: Abraham, Werner & Elisabeth Leiss (eds.) (2008): Modality-aspect interfaces – implications and typological solutions. (Typological Studies in Language 79). Amsterdam, Philadelphia: Benjamins. Abraham, Werner & Elisabeth Leiss (eds.) (2009): Modalität. (Studien zur deutschen Grammatik 77). Tübingen: Stauffenburg. Abraham, Werner / Elisabeth Leiss (eds.) (2012a): Theory of mind elements and modality across languages. (Trends in Linguistics. Studies and Monographs 243). Berlin, Boston: Mouton de Gruyter. Abraham, Werner & Elisabeth Leiss (eds.) (2012b): Covert patterns of modality. Cambridge: Cambridge Scholars. Abraham, Werner & Elisabeth Leiss (eds.) (2013a): Funktionen von Modalität. (Linguistik – Impulse und Tendenzen 55). Berlin, Boston: de Gruyter. Leiss, Elisabeth & Abraham, Werner (eds.) (2014a): Modes of modality. Modality, typology, and universal grammar. (Studies in Language Companion Series 149). Amsterdam, Philadelphia: Benjamins. Cantarini, Sibilla; Werner Abraham & Elisabeth Leiss (eds.) (2014b): Certainty-uncertainty – and the attitudinal space in between. (Studies in Language Companion Series 165). Amsterdam, Philadelphia: Benjamins. Sonja Zeman Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen Fragen des Zusammenhangs von sprachlichen und kognitiven Prozessen, wobei die Schwerpunkte auf den gemeinsamen Prinzipien grammatischer Kategorien und kognitiven Perspektivierungsmechanismen (Theory of Mind / (Inter)Subjektivierung) liegen. Die Behandlung des Themenkreises ist so konzipiert, dass das Grundprinzip der Perspektivierung im Abgleich zu kognitiv-linguistischen Multi-Stage-Modellen zum Erwerb einer Theory of Mind und der Komplexitätshierarchie grammatischer Kategorien herausgearbeitet wird. Dieses Grundprinzip wird anhand unterschiedlicher sprachlicher Phänomene – wie etwa die epistemische Verwendung von Modalverben (Er muss gewusst haben, dass die Sache komplex ist.), Einbettungen unter Einstellungsverben (Ich denke, dass er denkt, dass die Sache komplex ist) und 15 Viewpoint-Phänomene auf der Diskursebene (wie die Unterscheidung zwischen Figuren- und Erzähler-Perspektive) – beispielhaft nachverfolgt. Im Besonderen werden dabei folgende Themenkomplexe behandelt: 1. Perspektivierung und Theory of Mind. Was bedeutet „Perspektivierung“ und „Theory of Mind“? Wie lassen sich die sprachlichen und kognitiven Mikroprozesse parallel modellieren? Auf welchen sprachlichen Ebenen werden diese Prinzipien wirksam? 2. (Inter)Subjektivierung. Welche sprachlichen Mechanismen stehen hinter dem Begriff (Inter)Subjektivierung / Fremdbewusstseinsabgleich? 3. Modalität. Was ist die Grundfunktion von Modalität? In welcher Relation steht Modalität zu den semantischen Domänen Temporalität und Evidentialität? Welche Konsequenzen hat das in Bezug auf die Entwicklung des Modalverbsystems im Deutschen? Fachliteratur zum Thema in Auswahl Abraham, Werner & Elisabeth Leiss (eds.) 2012. Modality and Theory of Mind Elements across Languages. Berlin / New York: de Gruyter. Abraham, Werner. 2012. (Inter)Subjectification or Foreign Consciousness / Other’s Mind Alignment as Synchronic and Diachronic Concepts of Change? Conceptualizations and Data Fidelity. In Werner Abraham & Elisabeth Leiss (eds.): Covert patterns of modality. Newcastle Upon Tyne: Cambridge Scholars Publishing, 24–78. Traugott, Elizabeth Closs. 2010. (Inter)subjectivity and (Inter)subjectification. A reassessment. In Davidse, Kristin / Vandelanotte, Lieven / Cuyckens, Hubert (eds.): Subjectification, Intersubjectification and Grammaticalization. Berlin / New York: de Gruyter, 29–71. Publikationen des Dozenten zum Thema in Auswahl Zeman, Sonja. 2015. The Elementary Particles of Distance in Space, Time, Grammar, and Discourse. In Barbara Sonnenhauser & Anastasia Meermann (eds.), Distance in Language. Grounding a Metaphor. Newcastle Upon Tyne, 7–36. Zeman, Sonja. 2014. (C)Overt modality and its perspectival effects on the textual surface. In Werner Abraham & Elisabeth Leiss (eds.), Modes of Modality. Modality, Typology, and Universal Grammar. Amsterdam / Philadelphia: Benjamins [Studies in Language Complementary Series 149], 457–484. Zeman, Sonja. 2013. Zur Diachronie der Modalverben: sollen zwischen Temporalität, Modalität und Evidentialität. In Werner Abraham & Elisabeth Leiss (eds.), Funktionen von Modalität. Berlin / New York: de Gruyter [Linguistik – Impulse und Tendenzen 55], 335–366. 16 Sprachtypologie: Varianz und Invarianz Shin Tanaka Evidente und latente Grammatik Eine grammatische Kategorie ist von einer Sprache zur anderen unterschiedlich ausgeprägt. Zum Beispiel stellt die Kategorie „Aspekt“ in slawischen Sprachen einen unerlässlichen Bestandteil der Grammatik dar, während sie in anderen Sprachen weniger prominent ist. Dieser Unterschied an grammatischer Ausgeprägtheit spielt auch bei der Verfassung der Grammatik eine große Rolle. So kam oft vor, dass auf Kategorien, die in europäischen Sprachen weit verbreitet sind und somit auf der Hand liegen, mehr Aufmerksamkeit gerichtet wurde als welche, die weniger populär sind, weil (zumindest bekannte) grammatische Beschreibungen erst in Europa intensiver betrieben wurden. So wurde die Kategorie „Evidentialität“ relativ spät „entdeckt“. Obwohl die Erscheinungen spätestens bei Boas (1911) bekannt waren und im 50er Jahren von Jakobson in die linguistische Diskussion integriert wurden, genießt der „exotische“ Begriff erst seit 10 Jahren „gerechte“ Beachtung. Obwohl die Markierung der Informationsquelle auch bei den bekannten großen Sprachen von Bedeutung ist, wird die Systematik der Evidentialität oft übersehen. Dabei hätte eine Linguistin aus Tariana bei der Sprachbeschreibung der Evidentialität eine zentrale Rolle zukommen lassen. Wir möchten uns in der vorliegenden Sektion diese „exotischen“ Augen behalten. Grammatische Kategorien werden aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Dabei geht hervor, dass bei auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Realisierungen von grammaischen Kategorien oft eine Invarianz anzutreffen ist. Durch die Beobachtungen, die von vier Beiträgerinnen angestellt werden, bekommen wir neue Einsichten ins Deutsche und die Sprache. Als Ausgangspunkt stelle ich einen grammatischen Begriff vor, der im Japanischen eine evidente Kategorie darstellt: Kategorialer vs. Thetischer Satz. Die Klassifizierung ist im Japanischen morphologisch evident, und spielte somit von relativ früh eine wichtige Rolle bei der grammatischen Beschreibung (Saiki / Washio 2010). Kuroda (1972), der den Begriff von Brentano und Marty wieder „entdeckt“ hat, greift auch auf die traditionellen Arbeiten der japanischen Linguistik zurück. Fujinawa wird in seinen Vorträgen meine Einführung, die funktional argumentieren wird, ablösen, indem er seinerseits auf strukturelle Eigenschaften näher eingeht. Ausgehend vom Gegensatz „kategorial / thetisch“ kommt er immer tiefer in die Satzstruktur hinein, um dann schließlich auf Bestandteile des Satzes (Nominalphrase und Präpositionalphrase) zu gelangen. Jang führt die Diskussion um die Präposition weiter und beschäftigt sich mit Raumkonzepten, die durch Adpositionen kodiert werden. Zunächst wird der theoretischen Frage nachgegangen, wie Raumkonzepte im Hinblick auf ihre Komplexität übereinzelsprachlich zu klassifiziert sind. Es wird dann in der zweiten Einheit an den Wechselpräpositionen im Deutschen gezeigt, wie die übereinzelsprachliche Perspektive neues Licht auf einzelsprachliche Grammatikbeschreibung werfen kann. Kurita befasst sich ihrerseits mit der Nominalphrase. Dabei konzentriert sie sich auf eine grammatische Kategorie aus dem Nominalbereich: den Numerus. Nachdem sie einen sprachtypologischen Überblick über die Kategorie Numerus gegeben hat, behandelt sie in ihrem zweiten 17 Teil einen konkreten Fall: Quantifier Floating, wo die Numeruskategorie mit den anderen grammatischen Kategorien zusammenspielt. Surachai setzt sich mit seinen zwei Vorträgen jeweils mit der Organisierung der grammatischen Paradigmen der einzelnen Sprachen auseinander. Dabei geht er in seinem ersten Vortrag in den sozialpragmatischen Aspekt der Grammatik näher ein. Im Anschluss daran behandelt er Probleme der grammatischen Reinterpretation. Wie wir im Laufe unserer Vorträge feststellen werden, stellen wir oft auch Abweichungen der grammatischen Kategorien fest: Meistens wird sich bei grammatischen Kategorien keine hundertprozentige Entsprechung finden; sie weisen vielmehr gewisse Variationen auf, die oft auf grammatische Reinterpretation zurückgehen. Literatur Boas, Franz (1911): Handbook of American Indian languages. Washington: G.P.O. Kuroda, Sigeyuki (1972): Categorical and thetic judgments: Evidence from Japanese syntax. Foundations of Language 9. 1-37. Saiki, Michiyo & Yuichi Washio (2010): Nihon-Bunpo-no-Keifugaku. Kokugogakushi-to Gengogakushi-no-Setten. [Genealogie der Japanischen Grammatik. Schnittstelle zwischen der japanologischen und linguistischen Forschungsgeschichte]. Tokyo: Kaitakusha. Yasuhiro Fujinawa In meinen Vorträgen geht es durchgehend um Kasus. Konkret werden die drei grammatisch zentralen Kasus – das sind der Nominativ, der Akkusativ und der Dativ – im Deutschen und im Japanischen aus typologischer Sicht verglichen und kontrastiert werden. Nominativ und die Kategorizität/Thetizität der Aussage Im ersten Vortrag stehen die unterschiedlichen Stellenwerte des Nominativs im Deutschen und Japanischen im Mittelpunkt. Die Unterschiede in den beiden Sprachen betreffen nicht bloß den strukturellen, sog. pro-drop-Parameter (ob nämlich der Nominativ im Satz erscheinen muss oder nicht), sondern auch die funktionale Bedingung, wie in den betreffenden Sprachen zwei Typen Aussagen grammatisch differenziert werden: die kategorische Aussage, in der auf eine bestimmte individuelle Entität Bezug genommen und davon eine bestimmte Eigenschaft prädiziert wird, und die thetische, in der es weniger auf die Prädikation von einem Individuum als auf die Einführung eines Ereignisses/einer Situation als Ganzes ankommt. Während der Nominativ im Deutschen bei dieser Differenzierung grundsätzlich intakt bleibt, erscheint der Nominativ im Japanischen wegen nicht zu nennendem Subjekt oder zugunsten einer expliziten Topikmarkierung typischerweise nicht in kategorischen Aussagen. Akkusativ- vs. Ergativ-System Im zweiten Vortrag wird zuerst eine für die Typologie von Kasus grundlegende Unterscheidung eingeführt: die Unterscheidung zwischen dem Akkusativ- und dem Ergativ-System. Dabei werden sowohl das Deutsche als auch das Japanische generell als Sprachen des Akkusativ-Systems angesehen. Im Laufe der Diskussion wird dann aber diese Ansicht zumindest für das Deutsche 18 teilweise relativiert, indem auf das besondere Verhalten von Kasus im eingebetteten Satz bei der ACI-Konstruktion aufmerksam gemacht wird. Oblique Kasus Im dritten Vortrag werden schließlich die zwei anderen Kasus besprochen. In Bezug auf die Frage, wie der Akkusativ und der Dativ im Verhältnis zu semantischen Rollen distribuiert sind, ist auch hier der Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Japanischen groß. Dabei wird das ikonische Zuordnungsverhältnis zwischen den Kasus und semantischen Rollen (Akkusativ = Patiens/theme, Dativ = Possessor/Rezipient), das im Japanischen weitgehend aufrechterhalten bleibt, im Deutschen oft überschrieben. Der Grund dafür ist m.E. in dem bereits erwähnten Umstand zu suchen: Im Deutschen ist nämlich schon der Nominativ dem Ausdruck eines kategorischen Themas vorbehalten. Auch die beiden anderen Kasus, die mit diesem in grammatischer Wechselbeziehung stehen, richten sich daher auf dessen Verhalten, und dementsprechend werden sie – um den Preis der semantischen Ikonizität – bevorzugt idividuellen, thematisch bekannten Argumenten zugeordnet. Literatur Fujinawa, Yasuhiro (2002): Der A.c.I. im Gegenwartsdeutsch - semantisch und typologisch. In: JGG (Hg.), Grammatische Kategorien aus sprachhistorischer und -typologischer Perspektive. Akten des 29. Linguisten-Seminars (Kyoto, 2001), München: Iudicium, 113-126. Fujinawa, Yasuhiro (2003): Modale Infinitivkonstruktionen und das Aktiv-Passiv-Verhältnis im Deutschen. In: Neue Beiträge zur Germanistik 2-3, 203-217. Grimshaw, Jane (1990): Argument Structure. Cambridge, Mass.: MIT. Kuroda, S.-Y. (1972): Categorical and thetic judgments: Evidence from Japanese syntax. Foundations of Language 9. 1-37. Sasse, Hans-Jürgen (2006): Theticity. In: G. Bernini and M.L. Schwartz (eds.), Pragmatic Organization of Discourse in the Languages of Europe, Berlin and New York: Mouton de Gruyter, 255-308. Shaumyan, Sebastian (1985): Ergativity and universal grammar. In: F. Plank (ed.), Relational Typology, Berlin, New York and Amsterdam: Mouton de Gruyter, 311-338. Jyhcherng Jang Raumsemantische Organisation aus übereinzelsprachlicher Perspektive In der ersten Einheit werden in Bezug auf Komplexitätsverhältnisse der Raumkonzepte zwei Ansätze vorgestellt, die sich in Form von [Weg [Ort]] vs. [{Weg,Ort} [Region]] repräsentieren lassen. Die Ansätze werden an Beispielen von Adpositionen im Chinesischen und Lokalkasus in einigen Sprachen überprüft und ein Tertium comparationis soll daraufhin für Untersuchungen der adpostional kodierten Raumrelationen vorgeschlagen werden. Wechselpräpositionen im Deutschen als Regionspräpositionen In Anschluss daran werde ich in der zweiten Einheit zeigen, wie die aus dem Sprachvergleich gewonnenen Ergebnisse wiederum für eingehende Analysen grammatischer Erscheinungen in 19 Einzelsprachen schlüssig sein können. Als Beispiel dienen die sog. Wechselpräpositionen wie auf, in, unter im Deutschen. Zu diesen wird in der traditionellen Grammatikschreibung (vgl. z.B. Duden-Grammatik 2009) eine dichotome raumsemantische Zuordnung DAT/Ort vs. AKK/Weg unternommen und somit ein polysemer Status angenommen. Diese Ansicht erweist sich auf Grundlage des in der ersten Einheit vorgeschlagenen Tertium comparationis sowie anhand authentischer Beispiele jedoch als revisionsbedürftig. Die Wechselpräpositionen sind zwar polysem, allerdings nicht in Bezug auf Ort-Weg-Unterscheidung, sondern hinsichtlich der Regionen. Literatur Cinque, Guglielmo & Luigi Rizzi (Hg.). 2010. Mapping spatial PPs: The Cartography of Syntactic Structures, Volume 6 (Oxford Studies in Comparative Syntax). Oxford: Oxford University Press. Dudenredaktion (Hg.). 2009. Die Grammatik, 8. Aufl. Mannheim u.a.: Dudenverlag. Jackendoff, Ray. 1983. Semantics and cognition (Current studies in linguistics series 8). Cambridge Mass.: MIT Press. Jang, Jyhcherng. 2015. Adpositional kodierte Raumrelationen im Chinesischen und Deutschen (Linguistik Impulse und Tendenz 60). Berlin: de Gruyter. Talmy, Leonard 2000. Toward a Cognitive Semantics. Volume 2. Typology and Process in Concept Structuring. Cambridge, MA: The MIT Press. Yukari Kurita Die grammatische Kategorie des Numerus Als grammatische Kategorie des Nomens tritt der Numerus in vielen Sprachen in einer Funktion als morphologischer Markierung auf, wobei zum Teil Numerusbeschränkungen (Singular- und Pluraletantum, Sortenplural usw.) bestehen. Neben der Numerusopposition (Singular/Plural) wird der Numerus in transnumeralen Sprachen wie dem Japanischen oder Chinesischen zusätzlich durch einen Klassifikator oder auch durch ein anderes grammatisches Mittel differenziert. In der nominalen Kategorie des Numerus werden unterschiedliche Realisierungen, Strukturen und Ausprägungen der grammatischen Beschreibung zusammengefasst. In dem Themenbereich Typologie werden die Charakterisierung und das Sprachsystem in den nominalen Klassen aus sprachtypologischer Perspektive betrachtet und anschließend darüber diskutiert. Literatur Corbett, Greville G. (2000): Number. Cambridge: Cambridge University Press. Corbett, Greville G. (2001): Number. In: WIEGAND, Herbert Ernst. HSK 20-1, Language Typology and Language Universals: Berlin/New York (u.a.): de Gruyter, 816-831. Gil, David (1987): “Definiteness, Noun Phrase Configurationality, and the Count-Mass Distinction.” In: REULAND, Eric J. / ter Meulen, Alice G.B.: The Representation of (In)definiteness. 1.Auflage. The Massachusetts Institut of Technology. Massachusetts. 20 Gil, David (2001): “Quantifiers“ In CRUSE/ HUNDSNURSCHER (u.a): HSK 20.2. Language Typology and Language Universals: de Gruyter. Berlin, New York, 1275- 1294 Greenberg, Joseph H. (1974b): Numeral classifiers and substantival number. In: HEILMANN, Luigi: Proceedings of the 11th International Congress of Linguists. Bologna: Società editrice il Mulino, 17-37. Krifka, Manfred (1991): Massennomina. In: VON STECHOW, Arnim/ WUNDERLICH, Dieter. HSK 6-1, Semantics. Berlin/New York (u.a.): de Gruyter, 370-399. Quantoren (quantifier) Beim sogenannten quantifier floating, welches bisweilen auch als Quantoren-Floating bezeichnet wird, kann eine Umstellprobe für quantifier floating durchgeführt werden. Durch die syntaktische Permutation eines quantifiers und eines Nomens können mögliche Distributionsbeschränkungen ermittelt werden. Das quantifier floating bzw. die Distanzstellung liefert im Japanischen unterschiedliche Numerusinformationen, je nachdem, an welcher Position sich das Numerale und der Klassifikator jeweils befinden, kann entweder die Gesamtheit der Referenten oder lediglich ein Teil von ihren realisiert werden. Im Deutschen werden Klassifikatorkonstruktionen der engen Apposition zugeordnet. Bereits an dieser Stelle ergibt sich die Frage nach der Definition der Apposition. Zahlreiche Linguisten haben den Versuch unternommen, sie mit Hilfe des Kasus zu definieren. Traditionell werden als Appositionen Attribute bezeichnet, die im Hinblick auf den Kasus entweder mit dem Kern der Nominalphrase überstimmen oder unabhängig davon deren Kasus sind. In diesem Themensektion werden die Phänomene der Quantoren vorgestellt und diskutiert. Literatur Adams, Karen L./ Conkin, Nancy Faires (1973): Toward a theory of natural classification. In: Cormus, Claudia: Papers from the comparative syntax festival. Chicago: The Chicago linguistic society, 1-10. Downing, Pamela Ann (1996): Numeral Classifier Systems –The case of Japanese−. Amsterdam/ Philadelphia (u.a.): John Benjamins. Dowty, David / Brodie, Belinda (1984): A Semantic Analysis of “Floated” Quantifier on Transformationless Grammar: proceedings of West Conference on Formal Linguistic 3. Stanford: Stanford linguistics association, 75-90. Krifka, Manfred (1983): Zur semantischen und pragmatischen Motivation syntaktischer Regularitäten. München: Wilhelm Fink. Link; Godehard (1974): Quantoren-Floating im Deutschen. In: Kiefer, Ferenc / Perlmutter, David M.: Syntax und generative Grammatik/2. Wiesbaden: Athenaison, 105-127. Sportiche, (1988): A theory of floating quantifiers and ist corollaries for constituent structure. In: Linguistic Inquiry 19(3). Cambridge: The MIT Press, 425-449. Vater, Heinz (1984): Determination und Quantoren im Deutschen. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft. 3. Berlin/ New York (u.a.): Walter de Gruyter, 19-42. 21 Surachai Payawang Die Wahl einer bestimmten grammatischen Kodierungsstrategie aus der sozialpragmatischen und sprachtypologischen Perspektive Warum entscheidet sich das Deutsche so wie viele andere europäische Sprachen für das Artikelsystem oder das morphologische Mittel zur Kodierung der Finitheit, während viele (süd-) ostasiatische Sprachen eine andere Präferenz aufweisen? Im Rahmen dieses Vortrags werden die sprachexterne, sozialpragmatische These — in Zusammenhang mit dem Sprachkontakt, der Art der sozialen Struktur und der Rolle des Hintergrundwissens — und die sprachinterne, sprachtypologische These — insb. mit dem Fokus auf den Zusammenhang der grammatischen Kodierungstechniken — vorgestellt und diskutiert. Literatur Diller, Anthony (2003): Evidence for Austroasiatic Strata in Thai. In: Andersen, Henning (ed.): Language contacts in prehistory. Studies in Straitigraphy. Amsterdam: John Benjamins. S. 159176. Enfield, N. J. (2011). Linguistic diversity in mainland Southeast Asia. In: Enfield, N. J. (ed.): Dynamics of human diversity: The case of Mainland Southeast Asia. Canberra: Pacific Linguistics. S. 63-80. Matisoff, A. James (2001): Genetic versus contact relationship: Prosodic diffusibility in South-East Asian languages. In: Aikhenvald, A. Y./Dixon, R. M. (eds.): Areal diffusion and genetic inheritance: Problems in comparative linguistics. Oxford: Oxford University Press. S. 291-327. Payawang, Surachai (2014): Informationsstruktur und grammatische Kodierungsmuster. Eine kontrastive Studie zum Deutschen und Thailändischen. Berlin/Boston: de Gruyter. Trudgill, Peter (2009): Sociolinguistic typology and complexification. In: Sampson, Geoffrey et al. (eds.): Language complexity as an evolving variable. Oxford: Oxford University Press. S. 98109. Grammatische Reinterpretation im Rahmen des Sprachvergleichs Präpositionen können ihre semantische Bedeutung erweitern, wie z.B. die Präposition vor, die nicht nur die lokale, sondern auch eine temporale und kausale Semantik aufweist. Auch bei den Verbalkategorien können z.B. ein Pasttempus-Grammem (s. das Präteritum im Deutschen) oder ein Futur-Grammem (z.B. ca im Thai) reininterpretiert werden, und als Irrealis-Grammem eingesetzt werden. Was sind die Auslöser und Faktoren dafür, dass ein sprachliches Zeichen eine neue grammatische Semantik entwickeln kann? Auf der Basis des Sprachvergleichs — mit dem Fokus auf das Deutsche und das Thai — wird darüber diskutiert. Literatur Abraham, Werner/Leiss, Elisabeth (2008): Introduction. In: Abraham, Werner/Leiss, Elisabeth (eds.): Modality-Aspect Interfaces. Implications and typological solutions. Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins. S. XI-XXIV. Diewald, Gabriele (1997): Grammatikalisierung. Eine Einführung in Sein und Werden grammatischer Formen. Tübingen: Niemeyer. 22 Diller, Anthony (2001): Grammaticalization and Tai syntactic change. In: Tingsabadh, M.R. Kalaya/Abramson, Authur A. (eds.): Essays in Tai Lingustics. Bangkok: Chulalongkorn University Press. S. 139-175. Enfield, N. J. (2001). On genetic and areal linguistics in Mainland South-East Asia: Parallel polyfunctionality of ‘acquire’. In: Aikhenvald, A. Y./Dixon, R. M. (eds.): Areal diffusion and genetic inheritance: Problems in comparative linguistics. Oxford: Oxford University Press. S. 255-290. Iwasaki, Shoichi/Ingkaphirom, Preeya (2005): A reference grammar of Thai. Cambridge: Cambridge University Press. Iwasaki, Shoichi (2008): Bipolar distribution of a word and grammaticalization in Thai. A discourse perspective. In: Diller, Anthony V.N./ Edmondson, Jerold A./Luo, Yongxian (eds.): The TaiKadai languages. London/New York: Routledge. S. 468-483. Leiss, Elisabeth (2008): The silent and aspect-driven patterns of deonticity and epistemicity: A chapter in diachronic typology. In: Abraham, Werner/Leiss, Elisabeth (eds.): Modality-Aspect Interfaces. Implications and typological solutions. Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins. S. 15-42. Thepkanjana, Kingkarn/Uehara, Satoshi (2008): Directional verbs as success markers in Thai: another grammaticalization path. In: Diller, Anthony V.N./Edmondson, Jerold A./Luo, Yongxian (eds.): The Tai-Kadai languages. London/New York: Routledge. S. 484-506. 23 Vorträge von Teilnehmern Kosuke Kaita Entwicklung der Kausativ- und Adhortativverben im Alt- und Mittelenglischen Ein kausativer Ausdruck im Neuenglischen (Ne., 1500-Gegenwart) ist wie Let us go im Sinne von ‘Erlauben Sie uns, zu gehen’. Ein adhortativer Ausdruck ist wie Let’s go ‘Wollen wir / Lasst uns gehen’. Die beiden Sätze haben das Verb let gemeinsam. In diesem Beitrag stellt sich die Frage, wie sich die kausativen und adhortativen Verben im Englischen entwickeln. Die altenglische (ae.) Zeit (700-1100) und die mittelenglische (me.) Zeit (1100-1500) weisen komplexe lexikalische Alternanzen mehrerer Ausdrucksweisen für Kausativität und Adhortativität auf. Für Kausativ gibt es ae. lǣtan ‘lassen’ (> Ne. let (vgl. Traugott 1995; Krug 2009)), hātan ‘heißen’ (verwandt mit neuhochdeutsch heißen) und me. māken ‘machen’ (> Ne. make). Bzgl. adhortativer Ausdrücke findet man ebenfalls mehrere Redensarten: eine Konjunktivpräsensform unterschiedlicher Verben, eine Periphrase mit ae. ūton / me. ute (< ae. Konjunktivpräsensform von gewītan ‘gehen’ (vgl. Ogura 2000; van Bergen 2013)) und me. lēten (> ne. let) (neben dem Kausativgebrauch), die alle in der ersten Position im Satz stehen (vgl. Önnerfors 1997). Als ersten Schritt dieses Forschungsprojektes erläutere ich den semantischen und syntaktischen Wandel von ae./me. lǣtan/lēten und ūton/ute auf Grund von verschiedenen Primärtexten: (1) Ae. lǣtan: The Blickling Homilies 4.51.2-3 hwæt dest þu þe, gif Drihten on þe genimþ þa nigan dælas, was tust du dir wenn Herr von dir nimmt die neun Teile & þe læteþ þone teoþan dæl anne habban? und dich lässt den zehnten Teil nur haben ‚Was willst du tun, wenn der Herr dir die neun Teile (deines Reichtums) entzieht, und dich nur den zehnten Teil haben lässt?‘ (2) Ae. ūton: The West-Saxon Gospels Lukas 2.15 Utun faran to Bethleem lasst-uns gehen zu Bethlehem [Vgl. FrühNe. Authorised Version (1611): Let vs now goe euen vnto Bethlehem] In diesem Projekt versuche ich herauszufinden, wie die kontextuelle Rolle Einfluss auf den lexikalischen Wandel ausübt. Bibliographie Primärliteratur (1) The Blickling Homilies & (2) The West-Saxon Gospels Healey, Antonette diPaolo, John P. Wilkin & Xin Xiang, hrsg. 2009. The Dictionary of Old English Web Corpus. Toronto: Dictionary of Old English Project. Online: <http://www.doe.utoronto.ca/> (Zugang: 23/7/2015) (2) Authorised Version (1611) The Holy Bible, King James Version: A Reprint of the Edition of 1611. 2005. Peabody: Henderickson Publishers. 24 Die Glossierung und Übersetzung der angeführten Beispiele sind von mir. Sekundärliteratur Bergen, Linda van. 2013. “Let’s Talk about Uton”. Meaning in the History of English: Words and Texts in Context. Eds. Andreas H. Jucker, Daniela Landert, Annina Seiler, and Nicole StuderJoho. Amsterdam: John Benjamins. 157-183. Krug, Manfred. 2009. “Modality and the History of English Adhortatives”. Modality in English: Theory and Description. Eds. Raphael Salkie, Pierre Busuttil, and Johan van der Auwera. Berlin: Mouton de Gruyter. 315-347. Ogura, Michiko. 2000. ““Gewat + Infinitive” and “Uton + Infinitive””. Neuphilologische Mitteilungen 101: 69-78. Önnerfors, Olaf. 1997. Verb-Erst-Deklarativsätze. Grammatik und Pragmatik. Stockholm: Almqvist & Wiksell. Traugott, Elizabeth C. 1995. “Subjectification in Grammaticalisation”. Subjectivity and Subjectivisation. Eds. Dieter Stein and Susan Wright. Cambridge: Cambridge University Press. 31-54. Heidi Kiser Die modistische Wortartenkonzeption Oder: Wie Sprache menschliche Kognition konstituiert Die Wissenschaft von Grammatik war im Laufe ihrer Geschichte immer eine inhärent philosophische Disziplin, in welcher der Grammatik eine spezifische epistemologische Bedeutung zugeschrieben wurde. Im 20. und 21. Jahrhundert hat die Forschung zur Universalgrammatik diese Dimension weitestgehend verloren, eine Tatsache, welche nicht zuletzt auch für die heute vorherrschenden Kontroversen um eine UG verantwortlich ist. Um neue Perspektiven auf die Möglichkeiten und Grenzen der UG-Forschung zu eröffnen, soll hier ein alternatives Programm aus dem Mittelalter, die Spekulative Grammatik der Modisten, vorgelegt werden. Für diese Konzeption ist die epistemologische Bedeutung von Grammatik zentral. Sie stellt, so die Annahme, der menschlichen Kognition ein speziesspezifisches und linguistisch definiertes Strukturformat bereit, indem Kerndistinktionen der Grammatik deiktische Dimensionen widerspiegeln, welche wiederum grundlegend für den humanspezifischen Modus der Kognition sind. Entscheidend für diese Sichtweise ist die Annahme, dass Perspektivität, wie sie in jenen deiktischen Dimensionen zum Ausdruck kommt, als Strukturphänomen menschlicher Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozesse gelten kann, wobei Sprache innerhalb dieser Prozesse wiederum als erkenntniskonstituierende Mittlerin zu verstehen ist. Folgerichtig ist es Aufgabe der Grammatik als Wissenschaft, Sprache als System darzustellen, das Denken und Sprache zueinander in Beziehung setzt. Auch wenn die modistische Konzeption einer UG also nicht die einzelsprachlichen Variationen, sondern einen sapiens-spezifischen Modus der Kognition betrifft, kann sie dennoch nicht, wie dies andere Ansätze suggerieren, in einer reinen Kognitionswissenschaft aufgelöst werden: Denn der Modus der Kognition wird allein über ein grammatisches Format bereitgestellt und grammatische Bedeutung ist weder prälinguistisch noch auf lexikalischer Ebene verfügbar. Sprache wird als Medium für 25 einen sprachlichen Modus des Denkens betrachtet, welcher unsere Spezies definiert und kognitiv ein System deiktischer und propositionaler Referenz integriert. Dass wir es hier mit einer äußerst gewinnbringenden Konzeption zu tun haben, soll am Beispiel der modistischen Wortartenmodellierung ausgeführt werden. Quellentexte: Boethius Dacus (ca. 1270, 1969): Modi Significandi sive Quaestiones super Priscianum Maiorem. Ed. J. Pinborg, H. Roos & Kopenhagen: Gad. Radulphus Brito (ca. 1300, 1980): Quaestiones super Priscianum Minorem. Ed. H. W. Enders, J. Pinborg. 2 Bde. Stuttgart-Bad Canstatt: Frommann-Holzboog. Roger Bacon (nach 1260, 2013): On Signs. Ed. T.S. Maloney. Toronto: Pontifical Institute of Mediaeval Studies. Roger Bacon (ca. 1263, 1996): Perspectiva. A Critical Edition and English Translation of Bacon’s Perspectiva with Introduction and Notes. Ed. D.C. Lindberg. Oxford: Clarendon Press. Sigerus de Cortraco (ca. 1310, 1977): Summa Modorum Significandi. Sophismata. New Addition on the Basis of G. Wallerand’s editio prima. Ed. J. Pinborg. Amsterdam: John Benjamins. Thomas von Erfurt (um 1300/1310, 1972): Grammatica Speculativa. An Edition with Translation and Commentary by G. Bursill-Hall. London: Longman. Forschungsliteratur: Hinzen, Wolfram (2012): The Philosophical Significance of Universal Grammar. Language Sciences 34, S. 635-649. Hinzen, Wolfram & Michelle Sheehan (2013): The Philosophy of Universal Grammar. Oxford: Oxford University Press. Kelly, Louis G. (1971): De modis generandi: Points of Contact between Noam Chomsky and Thomas of Erfurt. Folia Linguistica, 5: 225–52. Kelly, Louis G. (2002): The Mirror of Grammar. Theology, Philosophy and the Modistae. Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins (= Studies in the History of the Language Sciences, 3). Leiss, Elisabeth (1998): Aristotelische Linguistik. Der Neubeginn einer philosophischen Grammatik durch Jean-Marie Zemb. Sprachwissenschaft 23, 141-165. Leiss, Elisabeth (2002): Die Wortart Verb. In: D. Cruse et al. (eds.), Lexikologie. Ein internationales Handbuch zur Natur und Struktur von Wörtern und Wortschätzen. Berlin & New York: de Gruyter, 605-616. Trentman, John (1975): Speculative Grammar and Transformational Grammar: A Comparison of Philosophical Presuppositions. In: H. Parret (ed.), History of Linguistic Thought and Contemporary Linguistics, Berlin: de Gruyter. Kayo Nishide Präteritumschwund im Luxemburgischen – Umlaut und Ablaut der luxemburgischen Verben Der Präteritumschwund ist mit der zweiten Lautverschiebung in der Hinsicht vergleichbar, dass die Entwicklung von Süden, d.h. vom oberdeutschen Dialektgebiet, in Richtung Norden fortschreitet (Nübling 2013: 299-300). Wenn man durch eine einheitliche Untersuchung im gesamten westgermanischen Sprachraum genauso wie bei der Lautverschiebung versucht, mit mehreren Isoglossen dieses morphosyntaktische Phänomen zu begreifen, tauchen aber Schwierigkeiten auf. Der Präteritumschwund ist ein polykausales Phänomen, das phonologisch, morphologisch, syntaktisch, semantisch usw. komplex verursacht und gefördert wird (Nübling 2013: 300-302), und 26 diese Kontexte können je nach den Varietäten unterschiedlich sein. Z. B. fällt die präteritale Form der schwachen Verben in einer Varietät, die die Schwa-Apokope aufweist, in der 3.Pers.Sg. mit der Präsensform zusammen (macht (Präs.3.Sg.) – machte > macht (Prät.3.Sg.)) (Fleischer 2011: 130). Das führt zur Vermeidung des Gebrauchs des Präteritums der betreffenden Verben, das präteritale Tempus wird mit dem Partizip Perfekt und den Hilfsverben haben sowie sein periphrastisch ausgedrückt. Das Luxemburgische, das im westmitteldeutschen Dialektgebiet liegt und auch die Tendenz des Präteritumschwunds und die Schwa-Apokope aufweist, hat aber einen anderen Kontext. Diese Sprache hat ein eigenes Umlaut- und Ablautsystem der Verben entwickelt: Der Stammvokal des Präteritums der meisten Verben außer Hilfs- und Modalverben ist einheitlich lux. ou- [ëʊ] und nicht nur starke Verben, sondern auch einige frequente schwache Verben weisen den Umlaut und den Ablaut auf, z. B. lux. maachen (Inf.) – mécht (Präs.3.Sg.) – mouch (Prät.3.Sg.) (dt. machen – macht – machte) (Schanen/Zimmer 2005: 90). Im Vortrag werden die möglichen Interaktionen zwischen Präteritumschwund und Vokalalternanz der luxemburgischen Verben und die allgemeine Tendenz anhand der empirischen Daten aus der Untersuchung erörtert, die von Februar bis März 2015 durchgeführt wurde. Dabei wird auf die besondere Eigenschaft der Verben lux. denken (dt. denken), lux. soen (dt. sagen) und lux. froen (dt. fragen) eingegangen und gezeigt, dass die genannten Verben als Prüfstein für die Isoglossen des Präteritumschwunds angenommen werden können. Tomomi Shirai Organisationsmuster für deutsche und japanische lokale Ausdrücke „Ziel jeder Äußerung ist es, eine Brücke zu schaffen zwischen den abstrakten, nichtreferentiellen semantischen Merkmalen von Lexemen und der nichtsprachlichen, konkreten, nichtabstrakten Realität“ (Leiss 1992: 127). Dies ist die Ausgangshypothese meines Promotionsprojektes “StrukturModell für deutsche und japanische lokale Ausdrücke”. Es wird untersucht, welche sprachlichen Methodiken das Deutsche und das Japanische benutzen, um dieselbe nichtsprachliche Realität auszudrücken. Das Ziel dabei ist, die Organisationsmuster beider Sprachen anhand des Vergleichs perfektivischer und imperfektivischer lokaler Relationen sprachkontrastiv klarer darzustellen. Der Vortrag wird seinen Fokus auf einen Themenkomplex im Rahmen des Promotionsprojektes legen. Im ersten Teilbereich konzentriert sich der Vortrag auf die ausführliche Darstellung des zentralen Themas des Vortrags: Warum kann der Sprecher im folgenden Beispiel aus dem Deutschen seine Origo (Bühler 1934) versetzen und im Japanischen nicht? „Erste Person bewegt sich zur zweiten Person.“ (1) Erste Person: (De) Ich komme zu dir. (Jp) (watashi-ha) (anata-no -tokoro –ni) *kuru/iku. Ich-TOP Du-GEN-Ort-DIR *kommen/gehen. Der zweite Teil des Vortrags beschäftigt sich mit der Arbeitshypothese für Methodik zur Referenzherstellung: In lokalen Ausdrücken im Japanischen werden Referenzen dadurch hergestellt, dass grammatische Mittel im verbalen Bereich eine origo-deiktisch bestimmte Richtung 27 der Bewegung signalisieren, wobei in deutschen lokalen Ausdrücken die grammatischen Mittel im nominalen Bereich entscheidende Rolle zur Referenzherstellung spielen (siehe Tanaka 2011). Am Ende soll die praktische Anwendung anhand der oben genannten Beispielsätze überprüft werden. Literatur Bühler, Karl. (1934/1982) Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Stuttgart, New York. Diewald, Gabriele. (1991) Deixis und Textsorten im Deutschen. Tübingen, Niemeyer. (Reihe Germanistische Linguistik 32). Ikegami, Yoshihiko. (2000) Nihongo-ron-he-no shoutai. Einladung zur japanische Linguistik. TokyoTaishukan. Kamio, Akio. (1997) Territory of information. J. Benjamins. Amsterdam. Kuroda, Shigeyuki. (1965) Generative grammatical studies in the Japanese language. Cambridge, Mass. M.I.T. Dissertation Service Center. Leiss, Elisabeth. (2000) Artikel und Aspekt. Die grammatischen Muster von Definitheit. Berlin, New York. De Gruyter (Studia Linguistica Germanica; 55). Leiss, Elisabeth. (2009/2012) Sprachphilosophie. 2. Auflage, Berlin, de Gruyter. Takubo, Yukinori. (2010) Nihongo no Kouzou. Tokyo, Kurosio Publishers. Tanaka, Shin. (2011) Deixis und Anaphorik: Referenzstrategien in Text, Satz und Wort. Berlin, New York. De Gruyter. LIT 42 Tokieda, Motoki. (1950) Nihon-Bunpo. Kougo-hen “Japanische Grammatik. Gesprochene Sprache.” Iwanami. Tokyo. Taishi Kobayashi Beschränkungen des genitivus objectivus bei Nominalisierung Dieser Vortrag thematisiert den sogenannten genitivus objectivus bei Verbnominalisierung. Der genitivus objectivus ist ein Genitivattribut, der bei einer Nominalisierung auf das Akkusativobjekt eines zugrunde liegenden Verbs bezogen wird (vgl. Helbig & Buscha 2001: 497f.; Duden 2006: 825). Beachtenswert ist, dass das nicht bei allen deverbalen Substantiven möglich ist. Bei „der Schlag“ als Nominalisierung von „schlagen“ kann „der Schlag des Mannes“ z.B. nicht als „Jemand schlägt den Mann.“ interpretiert werden. Die in der bisherigen Forschung (vgl. Rapp 2006 u.a.) genannten Beispielen zeigen, dass diese Beschränkung meist bei Nominalisierungen vorkommt, die auf Verben bezogen sind, die in Körperteilausdrücken verwendet werden — z. B. „Er schlägt den Mann ins Gesicht.“. Anhand der von Seino (1991) durchgeführten Klassifikation von Körperteilausdruckskonstruktionen werden die Verben und die entsprechenden Nominalisierungen analysiert. Aus dieser Analyse lässt sich schließen, dass die Beschränkungen des genitivus objectivus bei den Nominalisierungen der Verben entstehen, die in einer gemeinsamen Konstruktion verwendet 28 werden können. Dabei geht es um die Motivationen, ein Argument sekundär als einen „holistischen Affizierten“ (vgl. Seino 1991; 1992 u.a.) darzustellen. Wie Ehrich & Rapp (2000) in Zusammenhang mit den Beschränkungen des sog. genitivus subjectivus bereits erwähnt haben, übernehmen bei der Nominalisierung deverbale Nomina ihre lexikalische Bedeutung von ihrem zugrunde gelegten Basisverb. Die Beschränkungen des genitivus objectivus entstehen wegen unterschiedlicher Argumentrealisierungsregeln im Verbal- und Nominalbereich. In der Verbalsyntax kommt ein „holistischer Affizierter“ sekundär akkusativisch vor. Im Unterschied dazu ist bei Stammnominalisierungen eine solche sekundäre Verarbeitung nicht möglich. Diese unterschiedliche sem-syntaktische Regel erscheint bei diesen Nominalisierungen als Beschränkungen des genitivus objectivus. Motoyasu Wada Zur räumlichen Bestimmung in Partikelverbkonstruktionen ‐ Ellipse vs. Redundanz ? Der vorliegende Vortrag beschäftigt sich mit der räumlichen Präpositionalphrase in Partikelverben, die von Olsen (1996) als „Pleonastische Direktionale“ bezeichnet wird. Mit dem Begriff „pleonastisch“ wird behauptet, dass die betreffende Phrase bezüglich der Verbvalenz überflüssig ist, weil da die Argumentstelle des entsprechenden Basisverbs von der mit auftretenden Partikel schon besetzt ist (z.B. Er bindet das Pferd an den Baum. > Er bindet das Pferd an. > Er bindet das Pferd an den Baum an). Dies impliziert, dass solche räumlichen Bezüge, die die jeweiligen Partikelverben ausdrücken, mit den beiden Begriffen erfasst werden, einerseits mit Ellipse (oder „Verdichtung“ in Erben (2006)), andererseits mit Redundanz. Allerdings ist diese Behauptung angesichts mancher Daten nicht plausibel. Zuerst handelt es sich um Fälle, in denen das Verbprädikat stark obligatorisch mit der entsprechenden Direktionalphrase vorkommt (z.B. Das Gewerbegebiet soll an die Autobahn angebunden werden.). Hinzu kommen Fälle, in denen das Prädikat mit einer Lokalphrase kombiniert wird (z.B. Er bindet das Pferd am Baum an.). In diesem Vortrag versuche ich diese Phänomene anhand des Feldbegriffs von Bühler (1934/1982) zu erfassen und neue Ausblicke für den Themenbereich zu bieten. Ein kurzer Vergleich mit den japanischen Entsprechungen soll auch angestellt werden. LITERATUR Bühler, Karl (1934/1982): Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Jena: Fischer. Erben, Johannes (2006): Einführung in die deutsche Wortbildungslehre. Berlin: Schmidt. Ogawa, Akio (1998): Zur Syntax und Semantik von Partikelverben. In: Deutsche Sprache 26, S. 160–173. Olsen, Susan (1996): Pleonastische Direktionale. In: Gisela Harras/Manfred Bierwisch (Hg.): Wenn die Semantik arbeitet: Klaus Baumgärtner zum 65. Geburtstag. Tübingen, S. 303–329. 29 Wada, Motoyasu (2012): Doushi maetsuduri niyoru „gyousyuku“ ni tsuite. ―vor- no yourei kara- In: Doitsubungaku – Ronko. Osaka-kobe, S. 53-70. 30 Dozenten Prof. Dr. Werner ABRAHAM Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für deutsche Philologie & Universität Wien Institut für Sprachwissenschaft Email: [email protected] Prof. Dr. Yasuhiro FUJINAWA Tokyo University of Foreign Studies Institut für Global Studies Email: [email protected] Dr. Jyhcherng JANG Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für deutsche Philologie Email: [email protected] Prof. Dr. habil. Michail L. KOTIN Universität Zielona Góra Institut für Germanistik Lehrstuhl für Grammatik und Geschichte der deutschen Sprache Email: [email protected] Dr. des. Yukari KURITA Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für deutsche Philologie Email: [email protected] Prof. Dr. Elisabeth LEISS Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für deutsche Philologie Email: [email protected] Dr. Surachai PAYAWANG Chiang Mai Universität Graduate School of Integrated Arts and Science Email: [email protected] Prof. Dr. Shin TANAKA Chiba University Center for Language Education Email: [email protected] Dr. Sonja ZEMAN Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für deutsche Philologie Email: [email protected] 31 Teilnehmer Yumiko AKAGI Master-Studentin Hiroshima University [email protected] Meng-Chen, LEE Doktorandin Institut für Deutsche Philologie LMU München [email protected] Nicholas CATASSO Doktorand Graduate School Language & Literature Munich Class of Language LMU München [email protected] Taylor MAHLER Master Studentin Department of Linguistics and Asian/ Middle Eastern Languages University of San Diego [email protected] Dankmar ENKE Doktorand Institut für Deutsche Philologie LMU München [email protected] Kalle MÜLLER Doktorand Institut für Germanistische Linguistik Universität Tübingen Dr. Kayo NISHIDE Postdoc Hokkaido University [email protected] Yukari ISAKA Master-Studentin Tokyo University for Foreign Studies [email protected] Ami OKABE Doktorandin Tokyo University [email protected] Rosa, GALLARDO-LEÓN Bachelor-Studentin Institut für Romanistik Universidad Autonóma de Madrid [email protected] Tomomi SHIRAI Doktorandin Graduate School Language & Literature Munich Class of Language LMU München [email protected] Heidi KISER Doktorandin Graduate School Language & Literature Munich Class of Language LMU München [email protected] Motoyasu WADA Doktorand Kwansei-Gakuin University [email protected] Taishi KOBAYASHI Doktorand Tokyo University for Foreign Studies [email protected] Dr. Kosuke KAITA Postdoc LMU München [email protected] 32 Relevante Infos Bibliotheken Die Zentralbibliothek der Uni (UB) Ausleihe bei der UB ist leider für auswärtige Benutzer ausgeschlossen. Man findet Fachbücher am besten in der Institutsbibliothek. http://www.ub.uni-muenchen.de/ Die Institutsbibliothek (Bibliothek Deutsche Philologie & Komparatistik) befindet sich im dritten Stock des Rückgebäudes Schellingstraße 3. Man kann Fachliteratur und Handbücher vor Ort benutzen. Öffnungszeiten in den Semesterferien: Mo. bis Fr. 8 – 22 Uhr; Sa. 9 – 18 Uhr. Die bayerische Staatsbibliothek befindet sich in der Ludwigstraße ein paar Meter weiter in Richtung Stadtzentrum auf der gegenüberliegenden Seite der Universität (Ludwigstraße 16). Für auswärtige Benutzer gilt ein besonderes Anmeldungsverfahren. Genaueres siehe http://www.bsb-muenchen.de/Auswaertige-Benutzer-Kurzbesuche.498.0.html Kopieren, Scannen, Drucken An Standorten der Universitätsbibliothek können Sie Kopien, Scans und Ausdrucke anfertigen. Die Abrechnung der Kopien und Ausdrucke erfolgt über die Mensakarte. Das Erstellen von Scans hingegen ist kostenlos. http://www.ub.uni-muenchen.de/arbeiten/drucken/index.html Im Kopierraum (mit „Garderobe“) im Erdgeschoss der Schellingstraße 3 stehen auch einige Kopierer zur Verfügung – ebenfalls für Mensakarte. MISU Büro Adresse: Amalienstraße 89 Emergency: +49 176 666 827 78 Email: [email protected] 33 Exkursionen Di. 04.08.2015 Stadtrundfahrt: Abfahrt um 16:20 mit dem Bus Treffpunkt: vor dem Hauptgebäude der LMU. (Geschwisterscholl-Platz 1) So. 09.08.2015 Exkursion nach Salzburg: Abfahrt um 8:30 mit dem Bus Treffpunkt: vor dem Hauptgebäude der LMU. (Geschwisterscholl-Platz 1) Sa. 15.08.2015 Exkursion nach Neuschwanstein: Abfahrt um 8:45 mit dem Bus Treffpunkt: vor dem Hauptgebäude der LMU. (Geschwisterscholl-Platz 1) 34 Dank Wir bedanken uns herzlich bei den folgenden Sponsoren: Ludwig-Maximilians-Universität Graduate School Language & Literature Munich, Class of Language http://www.lipp.uni-muenchen.de/index.html Ludwig-Maximilians-Universität Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften Department I - Germanistik, Komparatistik, Nordistik, Deutsch als Fremdsprache Gushinkai e.V. Förderverein für Wissenschaft und Forschung http://www.gushinkai.com/ 35
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