Störungen der
Hypothalamus-HypophysenNebennierenrinden-Achse
(HHNA)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
körperlich
psychisch
Stressor
"Stress"
Person x
Umwelt
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Stressreaktion
Stressfolgen
GesundheitKrankheit
Die akute Stressreaktion: 2 Hauptsysteme
Gehirn
Hypothalamus
NA
Locus
Coeruleus
Sympathisches
Nervensystem
Hypophyse
Mark
Cortisol
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Nebenniere
Adrenalin/NA
Übersicht
•  Pathophysiologie der Nebennierenrinde
–  Überfunktion (Cushing Syndrom, Adrenogenitales Syndrom)
–  Unterfunktion (Morbus Addison)
•  Dysregulation des Stresssystems und die Entwicklung
stressbezogener Erkrankungen
•  Hypercortisolismus
–  Depression
–  Metabolisches Syndrom
•  Hypocortisolismus
–  Schmerzempfindlichkeit (Fibromyalgie)
–  Müdigkeit (Chronic Fatigue Syndrom, Burnout)
–  Stressintoleranz (Posttraumatische Belastungsstörung)
•  News & Views
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Pathophysiologie der Nebennierenrinde
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Regulierung der Hypothalamus-HypophysenNebennierenrinden-Achse (HHNA)
Hippocampus
Hypothalamus
CRH
+
Hypophyse
ACTH
+
Nebennierenrinde
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Cortisol
+
Rekurs: die Nebennierenrinde
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Mineralkortikoide: Aldosteron
•  Biologische Wirkungen:
–  Regelt zusammen mit dem Renin-Angiotensin-System den Natrium- und
Kalium-Haushalt und ist an der Steuerung des Flüssigkeits- und
Elektrolythaushaltes beteiligt.
–  Seine Hauptwirkung besteht in einer verstärkten Resorption von Na+-Ionen im
distalen Tubulus (Austausch von Ka+- und H+-Ionen gegen Na+-Ionen) und im
Sammelrohr der Niere, womit osmotisch bedingt auch eine Wasserresorption
verbunden ist.
–  Ähnliche Wirkung auf den Ionen- und Wassertransport im Kolon sowie den
Ausführungsgängen der Speichel- und Schweißdrüsen
•  Stimulierung:
–  v.a. durch das Renin-Angiotensin-System
–  vermehrt bei Hypovolämie, Blutdruckabfall, renaler Mangeldurchblutung,
Hyponatriämie und Hyperkaliämie
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Wirkungen von Aldosteron
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
G. Thews, E. Mutschler & P. Vaupel: Anatomie Physiologie
Pathophysiologie des Menschen, 5. Auflage (1999).
Glucocorticoide: Cortisol
• 
Metabolische Wirkungen:
schnelle Bereitstellung von Energieträgern (v.a. Glucose) an Gehirn und Herz in Notfallsituationen
–  Förderung der Gluconeogenese aus Aminosäuren und der Glykogensynthese in der Leber à anabole
Wirkung
–  Hemmung des Glukosetransports und –utilisation in Muskel- und Fettgewebe, Abbau der Proteine in
Muskulatur, im lymphatischen Gewebe, in der Haut und im Knochen (Proteolyse) à katabole Wirkung
–  Mobilisierung von freien Fettsäuren aus dem Fettgewebe (Lipolyse)
–  Wirkt in die gleiche Richtung wie Glukagon und ist insoweit auch ein Gegenspieler des Insulins
• 
Immunsuppressive Wirkungen:
–  Unspezifische Abwehr ↓ (Hemmung der Freisetzung proteolytischer Enzyme, Leukozytendiapedese...)
–  Spezifischen Abwehr ↓ (Hemmung der Zytokin-Bildung und der Freisetzung von Histaminen)
–  Unterdrückung der Fibroblastenbildung und Kollagensynthese (anti-proliferative Wirkung)
• 
Organspezifische Wirkungen:
–  Gehirn: Steigerung der Erregbarkeit gegenüber sensorischen Reizen, euphorisierende oder
depressionsauslösende Wirkung, Beeinträchtigung von deklarativen Gedächtnisfunktionen
–  Niere: Retention von Na+-Ionen und Wasser
–  Gefässe: verbesserte Ansprechen der Adrenorezeptoren der glatten Muskulatur auf Katecholamine
(permissive Wirkung)
–  Magenschleimhaut: Hemmung der Schleimsekretion und der Prostaglandinbildung
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Glucocorticoide: Cortisol
•  Stimulierung:
–  ACTH
–  Tagesrhythmus
–  Körperlicher Stress: Infektion,
Verletzung, Kälte- /
Hitzebelastung, Hypoxie,
Narkose, Hypoglykämie,
starke Schallreize, Schmerz
u.a.
–  Psychischer Stress:
mehrdeutig, neu,
unvorhersehbar,
unkontrollierbar, EgoInvolvement
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
G. Thews, E. Mutschler & P. Vaupel: Anatomie Physiologie
Pathophysiologie des Menschen, 5. Auflage (1999).
Androgene: DHEA (DeHydroEpiAndrosteron)
•  Biologische Wirkungen:
Männliches Geschlechtshormon
–  Ist bei Männern unter physiologischen Bedingungen aber von untergeordneter
Bedeutung
à beim Mann werden 1/3 aller Androgene in der NNR gebildet, die übrigen
2/3 im Hoden
–  Bei Frauen steuert es Wachstum der Achsel- und Schambehaarung
à bei der Frau stellt die NNR die wichtigste Androgenquelle dar
•  Stimulierung:
–  ACTH
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
NNR Überfunktion
Cushing Syndrom:
Krankheitsbild durch ein Überangebot an Glucocorticoiden
(Hypercortisolismus). Folge einer erhöhten Cortisolproduktion oder
pharmakologischen Cortisolbehandlung.
•  Zentrales C.-Syndrom (Morbus Cushing): vermehrte ACTHAusschüttung durch Adenome des Hypophysen-VL
•  Adrenal bedingtes C.-Syndrom: vermehrte Glucocorticoid-,
gelegentlich auch Mineralcorticoid-Freisetzung aus NNR-Adenom
bzw. –Karzinom
•  Paraneoplastisches C.-Syndrom: ektope ACTH-Freisetzung aus
malignen Tumoren (z.B. Bronchialkarzinom, Pankreaskarzinom)
•  Episodisches hypothalamisch-hypophysäres C.-Syndrom
•  Transitorisches/Pseudo-C.-Syndrom (Cushingoid): nur
vorübergehende Symptomatik des C.-Syndroms
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Cushing Syndrom
Klinisches Bild:
• 
Fettsucht mit charakteristischer Fettverteilung (Mondgesicht,
Stammfettsucht)
• 
Erhöhter Blutzuckerspiegel (prädiabetogene Stoffwechsellage)
• 
Zuckerausscheidung im Harn
• 
Wasser- und Na+-Retention (Ödembildung)
• 
Hypertonie
• 
Starke Reduktion der Proteinsynthese
• 
Osteoporose (als Folge des Proteinabbaus und Hemmung der intestinalen
Ca2+-Resorption und der Osteoblasten)
• 
Striae (Brüche des Coriums und der Subcutis)
• 
Schlechte Wundheilung
• 
Depression
• 
Kognitive Störungen (v.a. Gedächtnis und Konzentration)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Cushing Syndrom
F. Krück: Pathophysiologie,
Pathobiochemie,
2. Aufl. (1994).
Biopsychologie
Vertiefung
SS 2007
NNR Überfunktion
Adrenogenitales Syndrom:
Gekennzeichnet durch Störungen der normalen Steroidhormonsynthese
in den NNR, das mit einer Überproduktion von Androgenen einhergeht.
•  Angeborenes AGS: Unzureichende oder fehlende Enzymsynthese (am
häufigsten der 21-Hydroxylase), wodurch die Bildung von Cortisol als
auch Aldosteron gestört ist.
à mangelndes Cortisol-Feedback zu Hypothalamus/Hypophyse
à ACTH ↑ à Androgene ↑
•  Erworbenes AGS: Tumore der NNR (Adenome, Karzinome)
verursachen erhöhte Bildung von Androgenen.
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Adrenogenitales Syndrom
Klinisches Bild:
Mädchen/Frau:
•  Virilisierungserscheinungen (Vermännlichung der äußeren
weiblichen Geschlechtsmerkmale, virile Behaarung, männlicher
Körperbau, verstärkte Muskelentwicklung u.a.)
•  Amenorrhoe und gestörte Brustentwicklung aufgrund Hemmung der
Gonadotropinsekretion
Jungen:
•  Unzureichende Entwicklung der Keimdrüsen (Hypogonadismus)
aufgrund Hemmung der Gonadotropinsekretion
•  Vorzeitige Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale
(Pseudopubertas praecox)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Adrenogenitales Syndrom
Adrenogenitales
Syndrom (bei der Frau)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
NNR Insuffizienz
Morbus Addison:
Gekennzeichnet durch ein Mangel an NNR Hormonen.
•  Primäre Form: Schädigung der NNR durch
Autoimmunreaktionen, Infektionen, Infarkte, Blutungen
der NNR, Karzinommetastasen u.a.
•  Sekundäre Form: Ausfall der hypophysären ACTHAusschüttung infolge Zerstörung der ACTHproduzierenden Zellen
•  Tertiäre Form: Störung im Bereich der hypothalamischen
Regulationszentren
•  Addison-Krise: Auftreten einer zusätzlichen schweren
Belastung (meist durch bakterielle oder virale Infekte
bedingt) bei einem Patienten mit Morbus Addison, bei
denen der Körper vermehrt Cortisol benötigt
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Morbus Addison
Klinisches Bild:
Aldosteronmangel:
•  Störung der Elektrolythaushaltes (Hyponatriämie, Hypochlorämie,
Hyperkaliämie)
•  Störung des Wasserhaushaltes
à hypoosmolare Dehydration, Muskelschwäche,
Herzrhythmusstörungen, nicht-respiratorische Azidose
Cortisolmangel (Hypocortisolismus):
•  Anhaltende Erniedrigung des Blut-Glucosespiegels: Angst, cerebrale
Störungen, Übelkeit, Schweissausbrüche, Herzklopfen
•  Störungen des Eiweiß- und Fettstoffwechsels: Gewichtsabnahme,
Muskelschwäche
•  Verstärkte Ausschüttung von POMC (Proopiomelanokortin) à ACTH ↑
und MSH (Melanotropin) ↑ à bronzeartige/graubraune Verfärbung der
Haut (Bronzekrankheit)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Übersicht NNR Störungen
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
G. Thews, E. Mutschler & P. Vaupel: Anatomie Physiologie
Pathophysiologie des Menschen, 5. Auflage (1999).
Übersicht NNR Insuffizienz
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
G. Thews, E. Mutschler & P. Vaupel: Anatomie Physiologie
Pathophysiologie des Menschen, 5. Auflage (1999).
Übersicht NNR Überproduktion
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
G. Thews, E. Mutschler & P. Vaupel: Anatomie Physiologie
Pathophysiologie des Menschen, 5. Auflage (1999).
Dysregulation des Stresssystems
und die Entwicklung stressbezogener
Erkrankungen
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Stressbezogene Erkrankungen
Fertilitätsstörungen
Kardiovaskuläre Störungen
Schlafstörungen
Metabolisches Syndrom
Depression
Gastrointestinale Störungen
Posttraumatische
Belastungsstörung
Immunologische Störungen
Gereiztheit
Rheumathoide Arthritis
Konzentrationsschwierigkeiten
Burnout
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Atopische Dermatitis
Chronic Fatigue
Fibromyalgie
Kosten stressbezogener Gesundheitsprobleme
Mrd. Euro
Schweiz
Belgien
Dänemark
Deutschland
Finnland
UK
Niederlande
Italien
Luxemburg
Österreich
Schweden
Spanien
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
4.9
5.1
3.0
45
3.1
16.8
7.5
28
0.3
2.6
7.2
1.5
Staatssekretariat für
Wirtschaft SECO, Schweiz
BIP
2.3%
2.3%
2.7%
2.4%
3.8%
2.0%
2.5%
3.2%
2.5%
1.4%
4.0%
3.0%
Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheit
am Arbeitsplatz, Bilbao, 1998 (AS1197689DEC)
WHO (Fact sheet EURO 03/03)
• According to a recent calculation, stress-related conditions
count for more than half of all disability in a northern
European country.
• Life expectancy has in one decade decreased by 10 years in
some Member States, much due to stress and conditions
related to mental ill health.
• Mental health problems account for up to 30% of
consultations with general practitioners in Europe.
• Some 33.4 million people in the WHO European Region
suffer from major depression in any given year.
•  One in four European adolescents shows one or more
mental symptoms.
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Stressreaktion – adaptiv vs maladaptiv
•  Der Körper ist bemüht, ein konstantes inneres Gleichgewicht
aufrechtzuerhalten: Homöostase (komplexes dynamisches Equilibrium)
•  Die Aufrechterhaltung der Homöstase wird permanent durch Stressoren
(intrinsische oder extrinsische, reale oder wahrgenommene negative
Einflüsse) gestört.
•  Aktivierung stresssensitiver Systeme führt zu physiologischen
Veränderungen und Verhaltensmodifikationen zur Bewältigung von
Stressoren. Diese Veränderungen sind adaptiv, zeitlich begrenzt und
erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Überlebens für das Individuum.
•  Inadäquate, überhöhte, zu lang anhaltende und/oder gehäufte
Stressreaktionen ("Allostatic Load") können negative Konsequenzen auf
Verhalten und physiologische Funktionen ergeben, die letztlich in
Krankheitsprozessen resultieren.
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Stressreaktion – adaptiv vs maladaptiv
•  Während der Stressreaktion werden im Körper auch gegensteuernde
Maßnahmen aktiviert, die einer Überreaktion der zentralen und
peripheren Komponenten des Stresssystems entgegenwirken (negatives
Feedback)
•  Diese gegensteuernden Maßnahmen sind für eine gelungene
Anpassungsreaktion essentiell
•  Ist die Gegensteuerung überschießend oder nicht ausreichend, werden
die adaptiven Veränderungen dauerhaft maladaptiv (überhöht oder
unzureichend)
Dysregulation des Stresssystems à krankheitsauslösende/ aufrechterhaltende Prozesse
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Ebenen der HHNA Dysregulation
Dysregulationen der HHNA können sich auf allen Regulationsebenen, sowohl zentral als auch peripher, ergeben.
GR
Hippocampus
Hypothalamus
Up- oder Down-Regulation
GR
-
CRH
CRHRezeptor
Hypophyse
GR
-
Dysregulation
ACTH
ACTHRezeptor
Nebennierenrinde
Cortisol
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Verminderte / Erhöhte Synthese
Dexamethason-Suppressions-Test
GR
Hippocampus
4. CRF ↑↑
Dexamethason
1. hemmt
1.a) hemmt wenig
1.b) hemmt viel
Hypothalamus
GR
-
CRH
CRHRezeptor
GR
-
a) Down-Regulation GR
Hypophyse 2.a) ACTH ↓
b) Up-Regulation GR
ACTH
ACTHRezeptor
2. ACTH ↓↓
2.b) ACTH ↓↓↓
Nebennierenrinde
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
3. Cortisol ↓↓
Cortisol
3.a) Cortisol ↓
Non-Suppression
3.b) Cortisol ↓↓↓
Super-Suppression
Unterschiede in der Stressreaktivität
→ Individuelle Variabilität der Responsitivität aus Stressoren
Aktivität des Stresssystems
→ Hohe versus niedrige Stresssensitivität
hyper-reaktiv
normal
hypo-reaktiv
Stärke des Stressors
Disposition oder Folge?
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Stressreaktivität und Vulnerabilität
Pränatale Einflüsse
Genetische Prädisposition
Frühe aversive Erfahrung
Charakteristische
Veränderungen auf
•  Neuronaler
•  Neuroendokriner
Genetische
Polymorphismen spielen bei
der beobachteten
interindividuellen Variabilität
stressreaktiver Systeme
eine große Rolle
•  Verhaltensebene
Stressreaktion
Vulnerabilität/
Protektion
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Niedriges
Geburtsgewicht, frühe
Missbrauchserfahrung,
Vernachlässigung,…
Abhängig von der genetischen
Ausstattung einerseits und dem
Auftreten von frühen
Stresserfahrungen andererseits,
können sich inadäquate
Reaktionsmuster auf Stressoren
entwickeln, die letztendlich zur
Krankheitsentwicklung führen
können
Vulnerabilität
Genetische Disposition
Pränatale Faktoren
Traumatische Lebensereignisse
Stress
Inadäqute
Bewältigung
Vulnerabler
(krankheitsanfälliger)
Phänotyp
Die Vulnerabilität lässt sich auf drei
Ebenen definieren:
1. 
(Traditioneller) Klinischer Phänotyp
(emotionale Reaktivität /
Persönlichkeit)
Dysfunktionale Denkschemata,
negatives Selbstbild, Labilität,
Ängstlichkeit, Überbesorgnis...
2. 
Funktioneller Phänotyp
(neuroendokrine Reaktivität auf
Stimuli)
Hypo-/Hyperreaktivität der HHNA
3. 
Genotyp (z.B. Polymorphismen in
Genen: HHNA-Regulation,
monoaminerge bzw. peptiderge
Neurotransmission)
GR, MR, 5-HT-Rezeptoren...
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Störungen mit HHNA-Bezug (Auswahl)
Erhöhte HHNA Aktivität:
Hypercortisolismus
Erniedrigte HHNA Aktivität:
Hypocortisolismus
•  Depression
•  Atypische Depression
•  Angststörung
•  Reizdarm Syndrom
•  Anorexie
•  Chronic Fatigue Syndrome
•  Zwangsstörung
•  Burnout
•  Panikstörung
•  Fibromyalgie
•  Alkoholismus
•  Chronische
Unterbauchschmerzen
•  Metabolisches Syndrom
•  ...
•  Posttraumatische
Belastungsstörung
•  ...
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypercortisolismus
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypercortisolismus
Der Begriff "Hypercortisolismus" hat sich in der tierexperimentellen und präklinischen
Forschung als Arbeitsbegriff für Störungen etabliert, bei welchen man eine
Überaktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA)
annimmt. Bei keiner der hier genannten hypercortisolämen Störungen ist die Rolle
der HHNA aber vollständig geklärt. Dennoch lassen die vorliegenden Befunde eine
Konzeptualisierung zu, die klinisch hilfreich sein kann.
•
Der peripherer Hypercortisolismus ist durch erhöhte Cortisolspiegel
gekennzeichnet und kann, muss aber nicht zwangsläufig, mit erhöhten CRHund/ oder ACTH-Werten korrelieren.
• 
Der zentraler Hypercortisolismus bezeichnet den Zustand einer HHNAÜberaktivität bedingt durch
à erhöhte CRH-Konzentrationen auf hypothalamischer Ebene
à erhöhte ACTH-Konzentrationen auf hypophysärer Ebene.
Da es in Reaktion auf die CRH-Hyperaktivität zu einer Rezeptor-Downregulation
auf hypophysärer oder adrenaler Ebene kommen kann, müssen beim zentralen
Hypercortisolismus nicht zwangsläufig erhöhte ACTH- und Cortisol-Werte
vorliegen.
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypercortisolismus
Neben den Projektionen aus dem
paraventrikulären Nucleus (PVN)
zur Hypophyse gibt es eine Reihe
weiterer wichtiger Projektionen in
andere Hirnareale:
•  Amygdala: emotionale
Bewertung von Stressoren,
Konditionierung von Angst
•  Hippocampus (inhibitorischer
Einfluss auf PVN/CRH System):
Lernen, Gedächtnis
•  Nucleus Arcuatus: POMC
•  Mesocorticales und
mesolimibisches dopaminerges
System (präfrontaler Cortex,
Nucleus accumbens):
Motivation, Verstärkung,
Belohnung
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypercortisolismus - Depression
Dysregulierung der generellen Stress Response:
Stressreaktion
Dysregualtion
quantitative / qualitative Veränderungen
Depression
zeitlich begrenzt / adaptiv
überdauernd / maladaptiv
Erregung
Dysphorische Übererregung
Vigilanz
Hypervigilanz / Insomnia
Kognition, Erinnerung und
Aufmerksamkeit fokussiert auf
stressrelevante Reize
Kognition, Erinnerung und
Aufmerksamkeit fokussiert auf
depressive Inhalte
Assertiveness ("Absicherung")
Überbesorgnis / Angst
Nahrungsaufnahme ↓ (zeitlich
begrenzt)
Appetitlosigkeit (dauerhaft)
Reproduktion ↓ (zeitlich begrenzt)
Hypogonadismus / Libido ↓
(dauerhaft)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypercortisolismus - Depression
Hinweise auf eine Dysregulation der HHNA:
• 
• 
• 
• 
Non-Suppression im Dexamethason Suppressiontests
à Down-Regulation der Glucocorticoid-Rezeptor (GR)
Funktion als Folge chronisch erhöhter Cortisol Freisetzung
Hippocampus
Verminderte ACTH Antwort nach CRH-Stimulation
à eingeschränkte CRH Rezeptor Funktion als Folge
chronisch erhöhter CRH Freisetzung
Hypothalamus
Klinische Langzeitsstudien: Bei Patienten mit nachgewiesener
Dex-Nonsuppression, löst sich die depressive
Psychopathologie nach Erlangen einer angemessenen DexSuppression auf. Remittierte Patienten, bei denen HHNA
Hyperaktivität zurückkehrt, haben höheres Risiko eines
Rückfalls
à Normalisierung der HHNA Aktivität scheint Voraussetzung
für erfolgreiche Behandlung
Gesunde Personen mit hohem familiären Risiko an
Depression zu erkranken: Cortisolprofile, die zwischen
Kontrollpersonen und depressiven Patienten liegen (Dex/
CRH-Test)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
-
GR
GR
CRH
CRHRezeptor
Hypophyse
GR
ACTH
ACTHRezeptor
Nebennierenrinde
Cortisol
-
-
Hypercortisolismus - Depression
Neuroendokrine Auffälligkeiten:
•  Erhöhte CRH Spiegel im Liquor bei depressiven Patienten
•  Erhöhte CRH mRNA Expression (u.a. im PVN)
•  Verminderung zentraler CRH-Rezeptoren im frontalen
Cortex
•  Erhöhte Cortisolspiegel
•  Vermindertes Hippocampus Volumen
Befunde deuten insgesamt darauf hin, dass eine HHNA
Dysregulation einen Risikofaktor für die Entwicklung von
Depression darstellt
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypercortisolismus-Metabolisches Syndrom
Glucocorticoide spielen bei der Entwicklung von Fettleibigkeit und der Anhäufung
weiterer Risikofaktoren – zusammengefasst als das Metabolische Syndrom – eine
entscheidende Rolle. Somit lässt sich Fettleibigkeit bzw. das metabolische Syndrom
als stressbezogene Erkrankung konzeptualisieren.
Metabolisches Syndrom:
• 
• 
• 
• 
Ansammlung viszeralen Fetts (abdominelles Übergewicht)
Insulinresistenz à Diabetes II
Dyslipidämie (erhöhte Plasmatriglyceride, "erhöhte Fettwerte")
Bluthochdruck
à Kardiovaskuläre Erkrankung
Vermuteter Mechanismus:
• 
• 
Eine chronische zellspezifische Erhöhung von Cortisol führt über Einflüsse auf
den Lipidmetabolismus zu einer Anreicherung von zentralem Fettgewebe.
Behandlungsstrategie: Hemmung von Glucocorticoid-Effekten im Fettgewebe
(Hemmung von 11βHSD1)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypocortisolismus
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypocortisolismus
Man ging lange Zeit davon aus, dass stressbezogene Reaktionen des Organismus
durch einen Hypercortisolismus gekennzeichnet sind. Seit Anfang der 90er Jahre
liegen zunehmend Hinweise darauf vor, dass eine kleine Gruppe von Personen
(20-25%) bei chronischem Stress oder traumatischen Lebensereignissen einen
relativen Hypocortisolismus entwickeln.
"Hypocortisolismus" bezeichnet den Zustand im Organismus, in welchem die
Hormone Cortisol, ACTH oder CRH nur unzureichend verfügbar sind bzw. ihre
Wirkung nicht ausreichend entfalten können.
Wahrscheinlich zeigen auch Personen mit entsprechender Disposition bei
physischem oder psychischem Stress (Trauma, Infektionserkrankung, etc.) zunächst
eine Aktivierung der HHNA.
à  "Over-Adjustment" der HHNA: Nach Abklingen der Aktivierung sinken die
Cortisolwerte dann dauerhaft ab
à  Erst dann scheinen auch die charakteristischen Symptome aufzutreten
hyper
Normalniveau
Stress
hypo
Symptome
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypocortisolismus
Mögliche Ursachen der Glucocorticoidinsuffizienz:
• 
• 
• 
• 
• 
Reduzierte Biosynthese oder Freisetzung von CRH, ACTH oder Cortisol
Eine Hypersekretion eines der Hormone mit anschließender Down-Regulation
der Zielrezeptoren
Eine erhöhte Sensitivität des negativen Feedbacks
Erniedrigte Verfügbarkeit von freiem Cortisol
Cortisol Resistenz an den Zielzellen
Ein Hypocortisolismus kann eintreten in Folge von:
• 
• 
• 
• 
Chronischem psychischen Stress
Intensivem physischem Stress (z.B. Infektionserkrankung)
Psychischem Trauma (z.B. Missbrauch, Holocaustüberlebende,
Vietnamveteranen)
Physischem Trauma (z.B. Verkehrsunfall)
à Da Cortisol zahlreiche Organfunktionen beeinflusst, kann schon ein geringer
Mangel zu deutlichen Funktionsstörungen und Beschwerden führen.
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypocortisolismus
Symptomtriade:
Schmerzempfindlichkeit
(Fibromyalgie)
1
HypocortisolismusTriade
Stressintoleranz
3
(PTSD)
2
Müdigkeit
(CFS, Burnout)
à Beträchtliche Überlappungen zwischen diesen Störungen lassen
eine gemeinsame zugrundeliegende Pathologie vermuten.
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Schmerzempfindlichkeit (v.a. Fibromyalgie)
•  Cortisol hemmt die Prostaglandinsynthese
à Disinhibition der Prostaglandine
•  Prostaglandine sind bedeutsame Mediatoren
der Schmerzwahrnehmung
à Systemische Senkung der Schmerzschwelle,
so dass Schmerzsymptome "wandern"
•  Bei chronischen Schmerzen kann der
Hypocortisolismus auch entzündliche Vorgänge
auch Rückenmarksebene fördern, welche dazu
beitragen können, dass sich Schmerzen
chronifizieren
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Müdigkeit (v.a. Chronic Fatigue Syndrom, Burnout)
•  Cortisol übt einen hemmenden Einfluss auf das Immunsystem aus, um
eine überschießende Immunantwort zu verhindern ("Wasserschaden
durch die Feuerwehr vorbeugen")
à Disinhibition der Immunfunktion, die eine Entwicklung von
Autoimmunerkrankungen, chronisch entzündlichen Prozessen und
Allergien nach sich ziehen kann
•  Durch die fehlende Hemmung von Zytokinen wie Interleukin 1 und 6,
kann – wie bei Fieber – mittelbar das sog. "Sickness-Behavior" ausgelöst
werden:
–  Abgeschlagenheit
–  Initiativlosigkeit
–  Müdigkeit
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Stressintoleranz (v.a. PTSD)
•  Cortisol übt einen inhibitorischen Einfluss auf den
Locus Coeruleus und die NA-Ausschüttung im
ZNS aus
à ist diese Hemmung eingeschränkt, fehlt dem
Patienten eine wichtige "Stressbremse"
•  Möglicherweise Erklärung für Stressintoleranz,
Reizbarkeit, Sensibilität auf sensorische Reize
(Lärm, etc.) bei Patienten mit Hypocortisolismus
à Es wird diskutiert, ob diese Mechanismen an
Intrusionen beteiligt sind, wie sie bei PTSD
beobachtet werden
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hypocortisolismus: protektive Effekte?
Hinweise auf protektive Konsequenzen des Hypocortisolismus:
• 
Schwangere mit hohem täglichen Stress Load zeigen niedrigere Cortisol
Morgenspiegel als Schwangere mit normalem oder niedrigem Stress Load
à möglicherweise Prävention von schädlichen stimulierenden Effekte des
mütterlichen Cortisol auf das plazentäre CRH (Hauptrolle bei der Einleitung der
Entbindung)
• 
Mehrere Studien fanden eine höhere Prävalenz von Infektionskrankheiten bei
Patienten mit FMS oder CFS
à Möglicherweise Prädisposition zu einer reduzierten HHNA Reaktion ausgelöst durch eine anhaltende oder wiederholte Infektions-Exposition - um
den hemmenden Einfluss auf die Immunreaktion (angesichts der anhaltenden
Bedrohung durch Infektionen) zu unterbinden
à Atypische Depression/chronische Müdigkeit Folgen einer Reorganisation des
Organismus, um mit infektiösen Pathogenen fertig zu werden? Erniedrigung des
Energiekonsums während Perioden von Krankheit/Verletzung, um nachfolgende
Erholung zu unterstützen?
• 
Ein "High Allostatic Load" resultiert, wenn die HHNA überarbeitet ist oder nach
Abklingen des Stress Events nicht mehr abschalten kann oder nicht adäquat auf
Stress reagiert, und in der Folge andere Systeme überreagieren.
à Hypocortisolismus als Prävention vor einem erhöhten Mortalitätsrisiko durch
den High Allostatic Load?
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Fries et al. (2003)
News & Views:
Notfalltherapie: Albtraum Intensivstation
(Gehirn&Geist 3/2007)
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
1. Nachtrag:
Was hat das Sympathische Nervensystem mit den Hirnnerven zu tun?
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hirnnerven und Sympathisches NS
• 
Einige Hirnnerven führen Nervenfasern des parasympathischen NS, dies sind
folgende:
- N. oculomotorius (III) - N. facialis (VII)
- N. glossopharyngeus (IX)
- N. vagus (X)
• 
Das parasympathische NS entspringt aus dem Hirnstamm (s.o.) und dem
Sakralmark (unterster Teil des Rückenmarks), = kraniosakrale Verteilung
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Das sympathische NS hingegen involviert KEINE Hirnnerven, alle
Nervenfasern entspringen dem Brust- und Lendenmark (Thorakal-/
Lumbalmark) und ziehen dann in die verschiedenen Körperregionen (=
thorakolumbale Verteilung)
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Bsp: Auge
Dem oberen Thorakalmark entspringende sympathische Nerven ziehen zum
Ganglion cervicale superius, werden dort "verschaltet", ziehen schließlich zu
den Augenmuskel
Im N. oculomotorius gelegene parasympathische Nervenfasern ziehen vom
Hirnstamm zum Ganglion ciliare, wo sie "verschaltet" werden und ziehen dann
zu den Augenmuskeln
Quelle: Trepel, Neuroanatomie
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Bsp.: Auge
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
2. Nachtrag:
Werden Hormone immer ins Blut
abgegeben?
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Hormone immer ins Blut?
•  Hormone werden in sog. "endokrinen" Drüsen produziert
exokrin = mit einem Ausführungsgang (Bsp: Milchdrüse, Speicheldrüse)
endokrin = "ins Innere sezernierend" (Bsp. Nebennierenrinde)
•  Hormondrüsen geben das Hormon aus der Zelle hinaus in den
Zellzwischenraum ab; von hier aus gelangt das Hormon i.d.R. über eine
nahe gelegene Kapillare in das Blut
•  Ausnahme (für Fortgeschrittene!): 1. Das Hormon kann auch wieder zurück auf die produzierende Zelle
(autokrine Wirkung) oder auf die daneben liegenden Zellen wirken
(parakrine Wirkung)
2. Bestimmte Hormonklassen ("Gewebehormone", z.B. Prostaglandine)
wirken insb. auf das umgebende Gewebe
Biopsychologie Vertiefung SS 2007
Quelle: Birbaumer & Schmidt, S. 64/65