Pharmazie Unter springermedizin.de/eAkademie können Leser von APOTHEKE + MARKETING Fortbildungspunkte sammeln: dazu einfach online die Fragen zu dem folgenden, praxisrelevanten Beitrag beantworten. Detaillierte Hinweise zur – kostenlosen – Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung finden Sie auf Seite 6, in den Fragebogen einlesen können Sie sich auf Seite 7. Darmerkrankungen Zertifizierte Fortbildung Der Wirkstoff Vedolizumab Starke Bauchschmerzen und blutige Durchfälle gehören für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Abkürzung CED) zum Alltag. Während bei einer Colitis ulcerosa ausschließlich der Dickdarm betroffen ist, erstreckt sich die dauerhafte Entzündung bei Vorliegen eines Morbus Crohn über den gesamten Magen-Darmtrakt. Neben Schmerzmitteln und Krampflösern versuchen Mediziner die Entzündungsprozesse durch Gabe von Cortison, Immunsupressiva oder modernen Biologicals zu lindern. Mit den bisher verfügbaren Medikamenten sind nicht in jedem Fall Erfolge erzielt worden. Mit Vedolizumab (Entyvio®) steht jetzt ein monoklonaler Antikörper mit neuem Wirkmechanismus zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit mittelschweren bis schweren aktiven Formen der Colitis ulcerosa oder des Morbus Crohn zur Verfügung, die auf eine konventionelle Therapie nicht ausreichend ansprechen. 1 Die Ursachen für die Entwicklung einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung sind bis heute nicht ganz klar. Die Colitis ulcerosa ist eine ausschließlich auf die Mucosa beschränkte Entzündung des Dickdarms, die immer vom Rektum ausgeht und sich kontinuierlich im Colon ausbreitet. Beim Morbus Crohn dagegen kann der gesamte Gastrointestinaltrakt betroffen sein. Neben genetischen Faktoren spielen auch Umweltfaktoren und Ernährungsgewohnheiten eine Rolle. Eine eindeutige Diagnose ist oft ein langwieriger Prozess. Diagnostik Die Grundlage, um eine CED zu erkennen und zu typisieren, ist eine sorgfältige Anamnese durch den Gastroenterologen, der sich auch nach der Familiengeschichte erkundigt. Eine Untersuchung der Blutwerte kann einen ersten Hinweis auf eine erhöhte Entzündungsaktivität im Körper, aber auch auf Anämie oder Vitaminmangel geben. apotheke + marketing --- 04-15 © Ryan McVay / Digital Vision / Thinkstock DIAGNOSTIK: BEI CED OFT EIN LANGWIERIGER PROZESS Eine eindeutige Diagnose liefern in der Regel bildgebende Untersuchungen wie eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie und eine Koloskopie mit Gewebeprobennahmen. Sonografisch könnendie Entzündung im Dünn- oder Dickdarm lokalisiert werden. Auch Abszesse und Fisteln, eine häufige Begleiterscheinung des Morbus Crohn, werden dadurch erkannt. Therapie Ernährung und Sport Dass regelmäßiges Sporttreiben das Immunsystem stärkt, ist keine neue Weisheit. Zahlreiche klinische Studien belegen inzwischen den gesundheitsfördernden Effekt von regelmäßiger und den körperlichen Fähigkeiten angepasster Bewegung. Auch Patienten mit chronischen Erkrankungen wie CED profitieren von leichtem Sport. CED-Patienten können zudem durch ihr Essverhalten die Beschwerden und das Allgemeinbefinden verbessern. Es gibt keine spezifische Diät, aber folgende Faustregeln können in Phasen akuter Krankheitsschübe ein wenig helfen: > ballaststoffarme Kost: Weißbrot, weich gekochtes Gemüse, keine Salate, kein säurehaltiges oder hartschaliges Obst > Milch lieber in Kombination mit anderen Lebensmitteln genießen anstatt pur > viel Flüssigkeit aufnehmen > ausreichend Kalorien zu sich nehmen, wenn notwendig auch durch zusätzliche Trinknahrung > Alkohol meiden Medikamentöse Behandlung Die medikamentöse Therapie des Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa richtet sich nach der Art der Erkrankung und der Krankheitsphase bzw. der aktuellen Krankheitsaktivität. Die Phase mit einer hohen Krankheitsaktivität, der so genannte Schub, erfordert schnell wirksame Medikamente, um die Beschwerden (Durchfall, Schmerzen, Abgeschlagenheit, Fieber) zu kontrollieren und weitere Komplikationen zu vermeiden. © ariwasabi / iStock / Thinkstock Bewährtes wird, was Morbus-Crohn-Patienten hilft, deren Übergang von Dünn- zu Dickdarm entzündet ist. Auch Prednisolon wird bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt, verursacht aber gegenüber Budesonid erfahrungsgemäß häufiger Nebenwirkungen. Die Immunsuppressiva Azathioprin und 6-Mercaptopurin gelten als Mittel der zweiten Wahl bei Patienten, die nicht ausreichend auf Glucocorticoide ansprechen. Empfohlen werden sie in Kombination mit Glucocorticoiden. Ein Therapieerfolg ist frühestens nach zwei Monaten zu erwarten. Der Folsäure-Antagonist Methotrexat wird im Off-label-Use eingesetzt, wenn Azathioprin oder 6-Mercaptopurin erfolglos waren oder deren Therapie aufgrund von Nebenwirkungen beendet werden musste. In der auf den Schub folgenden Phase der Remission ist eine Medikation erforderlich, die einen weiteren Schub verhindert. Sowohl Colitis ulcerosa als auch Morbus Crohn ist mit den aktuell verfügbaren Medikamenten nicht heilbar, sondern nur kontrollierbar. Neues Seit Einführung des monoklonalen Antikörpers Infliximab im Jahr 1999, der neben anderen Indikationen auch zur Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zugelassen wurde, profitieren auch CED-Patienten mit schweren Verläufen von der entzündungshemmenden Wirkung von Biologicals. Der Wirkstoff Infliximab agiert als Antikörper gegen den Tumornekrosefaktor α (TNF-Blocker). Während Mesalazin und Steroide eher unspezifisch eine antientzündliche Wirkung ausüben, wirken TNF-Antikörper sehr spezifisch. Sie blockieren die Wirkung des Entzündungsstoffes TNF, der bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen vermehrt in der Darmwand gebildet wird. In Deutschland stehen aktuell drei Präparate zur Verfügung, die sich in der Herstellung, Zulassung und der Applikationsform unterscheiden: Infliximab (intravenöse Gabe, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa), Adalimumab (subkutan, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) und Golimumab (subkutan, Colitis ulcerosa). Betroffene verzeichnen bereits nach kurzer Zeit der Antikörpergabe eine schnelle Verminderung der Erkrankungsaktivität. Die bedeutendste Nebenwirkung ist das Auftreten schwerer Infektionen. Denn mit der Unterdrü- Der Arzneistoff Sulfalazin spielt insbesondere bei einem leichten Schub der Colitis ulcerosa eine Rolle. Sulfalazin wird im Dickdarm in die Wirksubstanz Mesalazin (5-Aminosalicylsäure) und Sulfapyridin gespalten. Da Mesalazin bereits im oberen Gastrointestinaltrakt resorbiert wird, sind Mesalazin-Tabletten magensaftresistent überzogen und lösen sich bei pH 6 oder bei pH 7 auf. Auch als lokaler Entzündungshemmer kommt Mesalazin in Form von Schaum, Klysma oder Zäpfchen, vorzugsweise bei Entzündungen des letzten Darmabschnittes zum Einsatz. Bei einer hohen Krankheitsaktivität werden Glucocorticoide lokal oder systemisch verabreicht. Budesonid wird oral eingenommen und wirkt dennoch im distalen Dünn- und proximalen WICHTIG: BALLASTSTOFFARME KOST Dickdarm, da es dort pH-abhängig freigesetzt apotheke + marketing --- 04-15 2 Pharmazie der monoklonalen Antikörper ist es Wissenschaftlern mittlerweile möglich, humane Antikörper mit einem wesentlich geringeren AbVedolizumab stoßungspotenzial herzustellen. α4β7-Integrin Der erste Antikörper, der je als Therapeutikum genutzt wurde, war Muromonab (1986) zur Behandlung akuter Abstoßungsreaktionen nach Nieren-, Herzund Lebertransplantationen. Der Mad-CAM 1 Mausantikörper wurde nach der klassischen „Hybridomatechnik nach Köhler und Milstein“ entwickelt. Dabei werden antikörperproduzierende B-Zellen aus einer immunisierten Maus gewonnen und mit einer Tumorzelle fusioniert. Diese Hybridomzellen Endothelzellen werden nach ihrem Antikörper selektiert; dieser Schritt wird ckung von TNF-α werden alle Screening genannt. Der isolierte Klon wird dann für die ArzAbb. 1: Wirkschema und Entzündungsvorgänge, auch die neistoffproduktion genutzt. Angriffsort Vedolizumab für die natürliche Infektabwehr Die Endung dieser murinen Wirkstoffe lautet -omab. Antikörunerlässlichen, unterbunden. per vom Primaten enden auf -imab. Es wurden schrittweise Im Juni 2014 erteilte die Europäische Kommission nun dem chimäre (-ximab), später humanisierte (-zumab) und schließlich vierten monoklonalen Antikörper, Vedolizumab, die Zulas- humane (-umab) Antikörper in die Therapie eingeführt. Das sung. Dieser jedoch hat einen anderen Wirkmechanismus als Suffix -mab steht für monoclonal antibody. die bisher in der CED-Therapie genutzten. Bei chimären Antikörpern besteht der konstante Teil des Immunglobulins aus humanen Peptidsequenzen, nur der variable Teil der antigenbindenden Fragmente (fab) enthält noch Medizinische Chemie Mausprotein. Abciximab wurde 1995 als erster chimärer AnWirkmechanismus tikörper als Arzneimittel zugelassen. Für die Therapie werden Vedolizumab dämpft die Immunreaktion, indem es verhin- nur die die fab-Anteile und nicht der ganze Antikörper eindert, dass Abwehrzellen vermehrt an Entzündungsherde ge- gesetzt. Rein humane Antikörper bieten den Vorteil, dass sich langen. Der Antikörper ist ein Integrin-Rezeptorantagonist keine Antikörper gegen Mausproteine mehr bilden können. Bei und richtet sich spezifisch gegen α4β7-Integrin. Dieses Pro- der „Phagen-Display-Technologie“ können humane monoklotein ist ein zelluläres Adhäsionsmolekül und wird bevorzugt nale Antikörper ohne Mausanteil produziert werden. Aktuell auf der Oberfläche der Memory-T-Helferzellen exprimiert, werden noch andere Technologien erforscht, die sich Bakteriwelche in den Magen-Darm-Trakt eindringen und dort eine en oder Hefen bedienen, um humane Antikörper darzustellen. chronische Entzündung verursachen. Vedolizumab unterbindet die Einwanderung dieser T-Lymphozyten, indem es die Aufbau humaner Immunglobuline Andockung an das mucosale Adressin-Zelladhäsionsmolekül-1 Es gibt fünf verschiedene Isotypen der menschlichen Immun(MAdCAM-1) blockt (s. Abb. 1). globuline: Immunglobulin A, das als IgA bezeichnet wird, auMonoklonale Antikörper erkennen spezifisch und selektiv Pro- ßerdem IgD, IgE, IgG und IgM. teinstrukturen, indem sie Bausteine des Immunsystems (IgG) Jeder Antikörper besteht aus zwei identischen schweren Ketten imitieren. Da sie selbst immer Proteine sind, können sie nur (englisch: heavy chains) und zwei identischen leichten Ketten parenteral, vom Arzt als Infusion oder vom Patienten als sub- (englisch: light chains), die durch kovalente Disulfidbrücken kutane Injektion, appliziert werden. zu einer ypsilonförmigen Struktur miteinander verknüpft sind (s. Abb. 2). Die leichten Ketten bestehen aus jeweils einer variaNomenklatur der Biologicals blen und einer konstanten Domäne. Die schweren Ketten hinDas Problem von Medikamenten in Form von Antikörpern gegen haben jeweils eine variable und drei (bei IgG und IgA) ist, dass der menschliche Körper diese fremden Antikörper als beziehungsweise vier (bei IgM und IgE) konstante Domänen. Xenobiotika erkennen und Anti-Antikörper entwickeln kann. Das Immunglobulin M ist strukturell gesehen eine AusnahDurch gezielte medizinische Erforschung und Entwicklung me, es bildet nämlich ein Pentamer aus fünf ypsilonförmigen 3 apotheke + marketing --- 04-15 © Schematische Darstellung / Veronika Grimm Leukozyt Protein-Untereinheiten. Von den fünf unterschiedlichen Antikörpertypen wird nur das Immunglobulin G (IgG) als Arzneistoff genutzt. S. o. © Alija / iStock | S. u. © Schematische Darstellung / Veronika Grimm Klinische Studien trugen die entsprechenden Prozentzahlen 39 beziehungsweise 44 Prozent, für Placebo 22 beziehungsweise 30 Prozent. In GEMINI III erhielten dann 416 MorbusCrohn-Patienten, bei denen mindestens eine herkömmliche Therapie versagt hatte, in den Wochen 0, 2 und 6 doppelblind entweder Vedolizumab 300 mg oder Placebo. Primärer Endpunkt war der Anteil Patienten in klinischer Remission in Woche 6 und Woche 10 in der Untergruppe der Anti-TNF-α-Versager. Ergebnis: Auch in Gemini III zeigte sich in der Indikation Morbus Crohn, dass Patienten nach erfolgloser Anti-TNF-α-Therapie tendenziell schlechter auf Vedolizumab ansprechen. Die Abbruchraten waren in den Studien in allen Behandlungsarmen ähnlich hoch: So betrug der Anteil der Patienten (GEMINI I und II), die die Therapie wegen unerwünschter Ereignisse abbrachen, neun Prozent bei den mit Vedolizumab behandelten Patienten und zehn Prozent bei den mit Placebo behandelten. Vedolizumab wurde auf Basis von placebokontrollierten Studien zugelassen: der GEMINI I Studie bei Patienten mit Colitis ulcerosa, ANTIKÖRPERFORSCHUNG GEMINI II und III bei Patienten mit Morbus Crohn. An der GEMINI I-Studie nahmen 374 Patienten mit Colitis ulcerosa teil, bei denen zuvor mindestens eine herkömmliche Therapie einschließlich Corticosteroiden, Immunmodulatoren und/oder Infliximab versagt hatte. Getestet wurden 300 mg Vedolizumab gegen Placebo. Ein klinisches Ansprechen erreichten unter Vedolizumab 47 Prozent der Patienten, eine klinische Remission 17 Prozent und eine Abheilung der Schleimhaut 41 Prozent. Für Placebo betrugen die entsprechenden Prozentzahlen 26, 5 und 25. Patienten, die unter Vedolizumab ein kliKlinische Pharmakologie nisches Ansprechen gezeigt hatten, erhielten randomisiert ab Woche 6 entweder Vedolizumab alle acht Wochen, Vedolizumab Pharmakokinetik alle vier Wochen oder Placebo alle vier Wochen. Den primären Vor der Zulassung wurde sowohl die Einzel- als auch die MehrEndpunkt (klinische Remission) erreichten nach einem Jahr fachdosis-Pharmakokinetik von Vedolizumab bei gesunden Therapie 45 Prozent der Verumpatienten im Vier-Wochen- Probanden und Patienten mit mittelschwerer bis schwer aktiver Rhythmus, 42 Prozent der Patienten unter Verum im Acht- Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn untersucht. Bei den PaWochen-Rhythmus und 16 Prozent der Patienten unter Place- tienten, denen in den Wochen 0 und 2 eine Dosis von 300 mg bo. Patienten nach erfolgloser Anti-TNF-α-Therapie sprachen Vedolizumab als 30-minütige intravenöse Infusion verabreicht dabei mit 35 Prozent (Vier-Wochen-Rhythmus) beziehungs- wurde, betrug der mittlere Seweise 37 Prozent (Acht-Wochen-Rhythmus) schlechter an als rum-Talspiegel in der sechssolche, bei denen eine konventionelle Therapie versagt hatte. ten Woche 27,9 μg/ml bei den Abb. 2: Aufbau eines Antikörpers vom IgG-Typ Im gleichen Studiendesign erzielte GEMINI II mit 368 teil- Patienten mit Colitis ulcerosa nehmenden Morbus-Crohn-Patienten, bei denen mindestens eine konventionelle Therapie versagt Antigen-Bindungsstelle Antigen-Bindungsstelle hatte, folgende Werte: Den ersten Endpunkt, nämlich die klinische Remission, erreichten 15 Prozent der Vedolizumabpatienten in Woche 6 und sieben Prozent der Variable Region Variable Region Teilnehmer unter Placebo. Den zweiten primären Endpunkt, ein verbessertes klinisches AnspreLeichte Kette Leichte Kette -s-schen in Woche sechs, erreichten -s-s31 Prozent Verumpatienten gegenüber 26 Prozent unter Placebo. Nach 52 Wochen waren 36 Prozent der vierwöchentlich mit Verum therapierten Patienten in Schwere Kette Schwere Kette klinischer Remission, 45 Prozent erfüllten die Kriterien für ein verbessertes klinisches Ansprechen. Für die im Acht-Wochen-Rhythmus therapierten Patienten be- apotheke + marketing --- 04-15 4 Pharmazie Anwendung und Dosierung Der behandelnde Arzt ist angewiesen, Vedolizumab vor der Anwendung mit 4,8 ml sterilem Wasser zur Injektion unter Verwendung einer Spritze mit einer 21-25G-Nadel zu rekonstituieren. Das Fertigarzneimittel enthält 300 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung in 20 ml Durchstechflaschen aus Typ-1-Glas. Die Hinweise für die Rekonstitution und Verdünnung enthält die beiliegende Fachinformation. Die fertige Infusionslösung ist zur sofortigen Anwendung bestimmt, wenn es unbedingt erforderlich ist, kann die Infusionslösung bis zu 24 Stunden gelagert werden. ACHTUNG BEI SCHWANGEREN Diese 24 Stunden können bis zu zwölf Stunden Aufbewahrung bei 20 bis 25 °C umfassen, jede darüber hinausgehende Aufbewahrung muss bei 2 °C bis 8 °C stattfinden. Die empfohlene Dosierung liegt bei einer Infusion mit 300 Milligramm Vedolizumab zu Behandlungsbeginn, nach zwei und sechs Wochen und dann alle acht Wochen. Die Gabe erfolgt in die Vene. Bei bisher kaum gebessertem Morbus Crohn kann möglicherweise eine weitere Infusion in Woche 10 die Wende bringen. Bei solchen Patienten wird die Therapie ab Woche 14 alle acht Wochen weitergeführt. Allerdings sollte die Therapie beendet werden, wenn bis Woche 14 keine Hinweise auf Besserung zu beobachten sind. Einige Patienten, bei denen die Wirkung des Medikaments nachlässt, haben manchmal Vorteile von einer Erhöhung der 5 Dosierungshäufigkeit auf eine Infusion alle vier Wochen. Bei einer erfolgreichen Behandlung mit dem Medikament können die üblichen Glucocorticoide vom Arzt in der Dosierung vermindert oder ganz abgesetzt werden. In klinischen Studien wurden die Behandlungspausen ohne nachfolgende Wirkungsverluste bis zu einem Jahr ausgedehnt. Nebenwirkungen Die klinischen Studien verzeichnen als Nebenwirkung sehr häufig Kopfschmerzen, Nasopharyngitis und Arthralgie. Da die monoklonalen Antikörper in die Immunreaktion eingreifen, kann es auch zu Infekten kommen. Häufig kommen Infekte der oberen Atemwege vor, außerdem kann es zu Gastroenteritis, Pharyngitis und Husten kommen. Ebenfalls häufig beobachten Ärzte Hypertonie, Abszesse am Anus und Analfissuren, Hämorrhoiden, Übelkeit, Verstopfung sowie Fieber. Gelegentlich kann es zu Vaginalkandidosen und Mundsoor kommen sowie zu Schüttelfrost und Kältegefühl. Die Einstichstelle ist gelegentlich schmerzhaft gereizt. Kontraindikationen Durch den Wirkmechanismus ist klar, dass Vedolizumab die körpereigene Immunreaktion beeinflusst. Daher sind aktive schwere Infektionen wie Tuberkulose, Sepsis, Cytomegalievirus, Listeriose und opportunistische Infektionen, z. B. eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML), absolute Kontraindikationen für eine Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper. Schwangerschaft und Stillzeit Gemäß der Fachinformation liegen nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Vedolizumab bei Schwangeren vor. Die Tierexperimente ergaben keine Hinweise auf Schäden des Fötus. Natürlich sollte Vedolizumab nur nach sorgfältigem Abwägen des Nutzens gegenüber der Risiken angewandt werden. Es ist nicht bekannt, ob Vedolizumab in die menschliche Muttermilch übergeht oder nach der Aufnahme systemisch resorbiert wird. Die verfügbaren toxikologischen Daten vom Tier ergaben, dass Vedolizumab in die Milch übergeht. Da auch die mütterlichen Antikörper (IgG) in die Muttermilch übergehen, wird während einer Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper eine Unterbrechung des Stillens empfohlen. Weitere besondere Patientengruppen Für die Sicherheit bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren liegen keine Daten vor. Eine Dosisanpassung ist für ältere Patienten nicht erforderlich. Nutzenbewertung Nach dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V belegen die vorliegen- apotheke + marketing --- 04-15 © Stockbyte / Thinkstock und 26,8 μg/ml bei den Patienten mit Morbus Crohn. Ab Woche 6 erhielten die Patienten dann alle acht oder vier Wochen 300 mg Vedolizumab. Bei Patienten mit Colitis ulcerosa betrugen die Serum-Talspiegel daraufhin im Steady-State 11,2 μg/ml bzw. 38,3 μg/ml. Bei Patienten mit Morbus Crohn betrugen die Serum-Talspiegel im Steady-State 13,0 μg/ml bzw. 34,8 μg/ml. Das Verteilungsvolumen beträgt circa fünf Liter. Untersuchungsergebnisse zur Plasmaproteinbindung liegen nicht vor. Es wird aufgrund der Struktur von Vedolizumab auch keine Bindung an Plasmaproteine erwartet. Die Gesamtkörperclearance beträgt laut Fachinformation circa 0,157 l/d und die Serum-Halbwertszeit beträgt 25 Tage. Populationspharmakokinetische Analysen legen nahe, dass niedrige Albuminwerte, ein höheres Körpergewicht, eine vorausgegangene Behandlung mit Anti-TNF-Arzneimitteln und das Vorhandensein von Anti-Vedolizumab-Antikörpern zwar die Vedolizumab-Clearance erhöhen können, das Ausmaß dieser Wirkungen aber nicht als klinisch relevant angesehen wird. den Studien keinen Zusatznutzen von Vedolizumab gegenüber Adalimumab oder Infliximab, sowohl bei der Behandlung der Colitis ulcerosa als auch des Morbus Crohn. Der G-BA kritisierte vor allem die Zweckmäßigkeit der Vergleichstherapie, da der pharmazeutische Hersteller den Zusatznutzen bei der Behandlung der Colitis ulcerosa über einen adjustierten indirekten Vergleich mit Adalimumab belegen wollte. Prinzipiell ist das Verfahren zwar geeignet, um einen Zusatznutzen zu belegen. Allerdings ähnelten sich die verglichenen Populationen der Vedolizumab- und Adalimumabstudien nicht ausreichend, so der G-BA. Ausschlaggebend dafür ist das unterschiedliche Studiendesign. Ein weiterer Grund ist die nicht angemessene Auswertung der unerwünschten Ereignisse der Vedolizumabstudien. Auch das unabhängige Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte mit einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) im Oktober 2014 überprüft, ob der Wirkstoff bei diesen Patientengruppen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet. Das Ergebnis des Dossiers läuft auf dasselbe hinaus: Ein Zusatznutzen ist demnach nicht belegt, da für keines der beiden Anwendungsgebiete geeignete Daten vorliegen. Fazit Aufgrund der hohen Therapiekosten für die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern – sie übersteigen die der herkömmlichen Therapien um ein Hundertfaches – werden die Biologicals in Deutschland noch zurückhaltend eingesetzt. Bei Einsatz von Vedolizumab muss nach derzeitigem Stand mit Jahrestherapiekosten in Höhe von rund 34 445 Euro (4305,60 Euro pro 300 mg Dosis bei insgesamt acht Applikationen, Stand Lauer-Taxe April 2015). Gerade für schwer erkrankte CEDPatienten, bei denen bisherige Therapien nicht angeschlagen haben, bietet der neue Wirkstoff aber eine Option zur Symptomlinderung und kann aufgrund des neuen Wirkmechanismus als Sprunginnovation gesehen werden. Da der G-BA jedoch in seiner Beurteilung dem Wirkstoff keinen Zusatznutzen bescheinigte, verhandelt Hersteller Takeda derzeit über einen Erstattungspreis. Korrespondierende Autorin: Veronika Grimm, Apothekerin aus München Kontakt: [email protected] Kostenlos online punkten in der e.Akademie APOTHEKE + MARKETING bietet Ihnen regelmäßig einen praxisrelevanten Beitrag, der mit einem Punkt von der Bundesapothekerkammer zertifiziert ist. 1. Schritt: registrieren/anmelden Falls Sie noch keinen Springer-Medizin-Zugang haben und zum ersten Mal teilnehmen, bitten wir Sie, sich einmalig auf der Website www.springermedizin.de zu registrieren. Wir senden Ihnen danach per E-Mail Ihre persönlichen Zugangsdaten zu. Bitte benutzen Sie diese für alle weiteren Teilnahmen zur Anmeldung (Login). 2. Schritt: Beitrag auswählen Nach der Anmeldung (Login) auf springermedizin.de befinden Sie sich auf springermedizin. Bitte wählen Sie hier die „e.Akademie“. Unter „Kursübersicht“ finden Sie alle Fortbildungskurse der e.Akademie. Für die Fortbildungskurse von „APOTHEKE + MARKETING“ schränken Sie bitte die Kursauswahl ein. Sie können auch direkt auf diese Fortbildungskurse zugreifen, indem Sie diesem Link folgen: www.springermedizin.de/kurse-apotheke-und-marketing. Hier finden Sie die Fortbildung als e.CME dieser Ausgabe, an der Sie sofort teilnehmen können. Klicken Sie dafür „Kurs starten“ bei der gewünschten Fortbildung. 3. Schritt: teilnehmen Der gewünschte Fortbildungskurs steht Ihnen als e.CME mit PDF-Datei zum Lesen, Herunterladen oder Ausdrucken zur Verfügung. Zum Punktesammeln müssen Sie mindestens sieben der zehn Fragen richtig beantworten. Klicken Sie hierfür im Kurs auf „Fragebogen“. 4. Schritt: Punkte sammeln Nach richtiger Beantwortung von mindestens sieben Fragen senden wir Ihnen umgehend eine Teilnahmebestätigung per E-Mail zu. Sie können Ihre Teilnahmebescheinigungen jederzeit in Ihrem „Kursarchiv“ einsehen. Kontakt und weitere Informationen: Springer-Verlag GmbH | Springer Medizin Kundenservice | Tel.: 0800.77 80-777 | E-Mail: [email protected] apotheke + marketing --- 04-15 6 springermedizin.de/eAkademie CME-Fragebogen Wirkstoff Beitragstitel Vedolizumab Welche Substanz wird nicht zur Behandlung bei chroWas ist keine häufige Nebenwirkung des Biologicals nisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt? Vedolizumab? Welche nichtinvasive Modalität kann AufWelcher Patient würde am ehesten von Bei welchem Patienten kann anhand einer schluss auf das Vorhandensein früher KHKeinem Kalziumscoring profitieren? Kardio-MRTUntersuchung Gelenkschmerzen am sinnvollsten Sulfasalazin Stadien geben und bietet zudem eine ☐ 82 Jahre, männlich, atypische Brustdie weitere Therapie bestimmt werden? Mycophenolatmofetil Verstopfung Budesonid hohe prognostische Aussagekraft? schmerzen ☐ 60-jährige Patientin mitAtemwegsinfekte akutem MyoMundsoor ☐ Prednisolon Fahrradergometrie ☐ 65 Jahre, weiblich, linksthorakale Schmerkardinfarkt ☐ Azathioprin Ruhe-EKG zen, hohe Prätestwahrscheinlichkeit ☐ 35-jähriger Patient ohneKopfschmerzen Beschwerden, ☐ Kalziumscoring ☐ 27 Jahre, männlich, atypische Brustaber mit hohem Risikoprofil ☐ MR-Late-Enhancement schmerzen, keine Risikofaktoren ☐ 70-jähriger Patient mit folgendem ErChronisch-entzündliche Darmerkrankungengebnis (CED)der könWelche Aussage ☐ Stressecho ☐ 52 Jahre, männlich, asymptomatisch, inKoronarangiographie: ver- ist falsch? nen bislang nicht geheilt werden. Die medikamentöse Das Biological Infliximab, das 1999 zur CED-Therapie termediäres KHKRisiko schlossene rechte Kranzarterie, Therapie verfolgt u. a. das Ziel, akute Beschwerden zu zugelassen wurde, ☐ ist 55 einJahre, Integrin-Rezeptorantagonist. Wie viele Zeilen sollte ein Multi-Slice-CT männlich, geplante Verlaufshöhergradige RIVA-Stenose und mittellindern und das Risiko für weitere Krankheitsschübe zu Vedolizumab wurde zur Behandlung von Erwachsenen (MSCT) im klinischen Gebrauch mind. bekontrolle bei Zustand nach RIVA-Stenting gradige Stenose des RCX senken. Der erste Arzneistoff der Gruppe der Biologicals, mit CED zugelassen, die nicht ausreichend auf eine sitzen, um eine ausreichende und robuste ☐ Beschwerdefreier Patient mit Zustand der zur Behandlung von CED zugelassen wurde heißt: tionelle Therapie Bildqualität zu erreichen? Welcheansprechen. Untersuchung könnte am ehesten nach Stentimplantationkonven vor 7 Mon. Arzneistoff wird im oberen Gastrointestinal☐ Vedolizumab 2 zur Therapieentscheidung bei Patienten mit ☐ 65-jähriger Patient, der mitDer Brustschmerz in Mesalazin trakt resorbiert und muss daher in einer magensaftInfliximab ☐4 intermediären Koronarstenosen beitragen? die Notaufnahme kommt, dort ein normaresistenten Form verabreicht ☐ Adalimumab 16 ☐ cCTA werden. les EKG, aber leicht erhöhtes Troponin zeigt Prednisolon verursacht gegenüber Budesonid erfahrungs☐ Golimumab 64 ☐ Fahrradergometrie gemäß häufiger Nebenwirkungen. Ustekinumab ☐ 128 ☐ Echokardiographie Mit welcher Strahlendosis ist unter optiAzathioprin und 6-Mercaptopurin gelten als Mittel der ☐ MRT-Perfusion malen Bedingungen und unter Verwenzweiten Wahl. Was ist die besondere Stärke der koro☐ MRT-Koronarangiographie dung von Strahlung reduzierenden Es gibt fünf verschiedene Isotypen von Immunglobulinen: naren CT-Angiographie? Techniken bei einer kardialen CT-AngioA, D, E, G und M. Nur ein Immunglobulin stellt sich als ☐ Sie ist besonders Patienten mit ho-dar. Esgraphie Bei welchen Patienten ist die MRT-Koronazusich rechnen? Pentamer aus fünffürUntereinheiten handelt um Worauf sollten Patienten mit einer chronisch-entzündHerzfrequenzen geeignet. rangiographie eine Alternative zur Herzka☐ < 1 mSV dashen Immunglobulin: lichen Darmerkrankung weitestgehend verzichten? ☐ ASie sollte v.a. bei geringen Stentdurchtheteruntersuchung bzw. zur cCTA? ☐ 1–6 mSVw Äpfel ☐ Patienten zur Stentevaluierung ☐ 6–10 mSV Dmessern als Verlaufskontrolle verwandt Salat werden. ☐ Patienten mit Verdacht auf Koronar☐ 10–16 mSV E Bananen ☐ GSie hat eine hohe Sensitivität zum Ausanomalien ☐ 16–30 mShV Erdbeeren schluss einer KHK. Sie kann auch ohne ☐ Patienten mit akutem Koronarsyndrom M Kartoffeln Kontrastmittel durchgeführt werden. ☐ Patienten, die aufgrund kardialer DekomMithilfe welcher Methode lassen sich auch ☐ Sie hat im Durchschnitt eine Strahlungspensation nicht einer Herzkatheterunterkleinste subendokardiale Myokardinfarkte Muromonab ist der erste Antikörper, der diagnostizieren? zu therapeuWelche Substanz gehört nicht dazu? In Deutschland dosis < 1 mSV. suchung unterzogen werden können tischen Zwecken genutzt und zugelassen☐wurde. stehen derzeit folgende Biologicals zur Behandlung von ☐ Patienten mit STEMI CT Die Zulassung erfolgte im Jahr:der CED zu Verfügung: Wann ist mit keiner Einschränkung ☐ MRT-Perfusion Diese zertifizierte Fortbildung ist 12 Monate Bildqualität bei der CT-Koronarangiogra☐ MRT-Late-EnhancementInfliximab 1970 auf springermedizin.de/eakademie verfügbar. phie zu rechnen? ☐ Ergometrie 1986 Vedolizumab Dort erfahren Sie auch den genauen Teilnahme☐ 1987 Patienten mit Zustand nach Stentim☐ Echokardiographie Adalimumab schluss. Nach Ablauf des Zertifizierungszeitplantationen 1996 Golimumab raums können Sie diese Fortbildung und den ☐ 1999 Patienten mit hoher Koronarkalklast Efalizumab Fragebogen weitere 24 Monate nutzen. ☐ Patienten mit Arrhythmien ☐ Patienten mit best. Bradykardie Die empfohlene Dosierung von Vedolizumab zur BehandWelche Aussage trifft auf Vedolizumab zu ? ☐ Adipöse Patienten lung von Erwachsenen sieht folgendermaßen aus: Infusion mit 300 mg Vedolizumab zu Behandlungsbeginn, nach zwei und sechs Wochen, schließlich im AchtWochen-Takt wöchentlich 300 mg Vedolizumab als Infusion alle zwei Wochen 300 mg Vedolizumab als Infusion alle vier Wochen 300 mg Vedolizumab als Infusion Infusion mit 300 mg Vedolizumab zu Beginn, dann nach vier und acht Wochen, schließlich im Acht-Wochen-Takt 7 Das Medikament wird intramuskulär injiziert. Vedolizumab wird in einem regelmäßigen Vier-WochenAbstand verabreicht. Die empfohlene Dosierung liegt bei 300 mg Vedolizumab. Der Wirkmechanismus von Vedolizumab entspricht dem der bereits zur CED-Therapie zugelassenen Biologicals. Vedolizumab ist für die Behandlung von Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren zugelassen. apotheke + marketing --- 04-15 Magazin Master Springer 7
© Copyright 2025 ExpyDoc