Ökologische Ansprüche von Wildbienen Folgerungen für sinnvolle Hilfsmaßnahmen Norbert Voigt, SHHB, 28.04. 2015 Nisthilfen sind populär. Die Ausführung geht in vielen Fällen an den Ansprüchen der Wildbienen vorbei. Ausschnitt aus einer Infotafel eines schleswigholsteinischen Insektenlehrpfades: Falsche Grundannahmen verstellen den Blick auf wesentliche Hilfsmaßnahmen. Bienenvielfalt Bienenvielfalt in Zahlen Weltweit leben weit über 20.000 Bienenarten. in Deutschland leben ca. 560 Wildbienenarten in Baden-Württemberg 429 Wildbienenarten in Schleswig-Holstein 296 Wildbienenarten sowie die Honigbiene Haustier Honigbiene Typisches „Nordlicht“ – die Mooshummel Im Süden häufiger – die Goldene Mauerbiene Wo leben Bienen? Wovon leben sie? Steilküsten, Abbrüche an Flussufern und andere Steilkanten Küstendünen Binnendünen, Heiden & Magerrasen Magere Wiesen, extensive Weiden, blütenreiche Wegränder, Ackerbrachen, Säume… Pionier- und Ruderalvegetation auf Sand; Kies- und Sandgruben, Truppenübungsplätze und andere Offenbodenflächen Wälder, insbesondere Waldränder und -lichtungen Siedlungsraum Nistplätze Der größte Anteil der Wildbienenarten nistet im Boden! weitere Nistplätze Totholz; (Morschholz) Stengel & Halme verfilztes Altgras verlassene Mäusenester und andere Kleinsäugerbauten diverse oberirdische Hohlräume leere Schneckenhäuser Schilf- und andere Pflanzengallen Blütenpflanzen Wirtspflanzengattungen hochspezialisierter Wildbienen* Anzahl hochspezialisierter Bienenarten Wirtspflanzengattungen gefährdete Arten weitere hochspezialisierte Arten Summe Campanula 7 4 11 Salix 4 4 8 Echium 3 2 5 2 - 2 Anchusa Convolvulus * Bezugsraum: Deutschland, Liechtenstein, Österreich, Schweiz nach Zurbuchen et al. (2012) gefährdete Arten 2 ungefährdete Arten- 2 Inula 2 - 2 Odontites 2 - 2 Potentilla 2 - 2 Allium 1 1 2 Reseda 1 1 2 Weitere Wirtspflanzenarten mit mindestens einer hochspezialisierten Bienenart: Aconitum, Asparagus, Bryonia, Cerinthe, Chamaecytisus, Eryngium, Jasione, Lythrum, Onobrychis, Symphytum, Veronica, Lysimachia, Ranunculus, Epilobium, Linum, Nigella, Ornithogalum, Vaccinium Wirtspflanzenfamilien spezialisierter Wildbienen* (Auswahl Pflanzenfamilien mit mindestens 4 gefährdeten spezialisierten Arten) Anzahl spezialisierter Bienenarten Wirtspflanzenfamilien gefährdete Arten weitere hochspezialisierte Arten Summe Fabaceae 46 13 59 Carduiodeae 25 8 33 gefährdete Arten 5 18 ungefährdete Arten 23 Cichorioideae * Bezugsraum: Deutschland, Liechtenstein, Österreich, Schweiz nach Zurbuchen et al. (2012) Brassicaceae 15 13 28 Asteroideae 13 5 18 Lamiaceae 9 7 16 Apiaceae 7 3 10 Dipsacaceae 7 2 9 Campanulaceae 5 3 8 Ericaceae 5 1 6 Rosaceae 4 3 7 Beispiele wichtiger Blütenpflanzen in SH Pflanzengattung Salix – Weidenarten: 8 spezialisierte Wildbienenarten, davon 3 „gefährdet“ Pflanzengattung Campanula – Glockenblumenarten: 6 spezialisierte Wildbienenarten, davon 3 „gefährdet“ Pflanzenfamilie Schmettlerlingsblütler: 14 spezialisierte Wildbienenarten, darunter 12 „gefährdete“ Arten Pflanzenfamilie Korbblütler: 15 spezialisierte Wildbienenarten, darunter 7 „gefährdete“ Arten 71 Bienenarten in Schleswig-Holstein bevorzugen bestimmte Pflanzengruppen/ arten. Pflanzenvielfalt = eine wesentliche Voraussetzung für Wildbienenvielfalt Diese Bienenvielfalt benötigt ein breit gefächertes und zeitlich gestaffeltes Blütenangebot mit unterschiedlichen Blütentypen. In Schleswig-Holstein bevorzugen mindestens 71 Wildbienenarten bestimmte Pflanzengruppen /-arten und sind daher in besonderem Maße von einem vielfältigen Blütenangebot abhängig. und „umgekehrt“: (Bienen-)Vielfalt sichert die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen! Wildbienen legen meist nur wenige hundert Meter zwischen Nist- und Nahrungsplatz zurück. (Ausnahme: Hummeln und einige andere größere Arten) Größere Distanzen zwischen Nahrungs- und Nistplätzen führen zu geringerer Reproduktion, stärkerer Parasitierung etc. möglichst geringe Entfernung zw. Nest u. Nahrungspflanze Räumliche Vernetzung von Nist- und Nahrungslebensräumen ist daher entscheidender Bedeutung! Fazit: Was benötigen Bienen? Strukturreiche Lebensräume Nistplätze / Nestbaumaterial Blütenpflanzenvielfalt Räumliche Nähe der lebenswichtigen Ressourcen Weitere Faktoren: - zeitlich gestaffeltes Blütenangebot - trockenwarmes Mikroklima - „Biotopkontinuität“ Die verschiedenen Arten zeigen dabei ein sehr unterschiedliches Anspruchsmuster … und benötigen entsprechend vielfältige Ressourcen. Gefährdete Wildbienenarten – Anteile in % (Datengrundlage: Zusammenstellung Rote Listen nach Zurbuchen et al. 2012) Schweiz Deutschland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Hessen Niedersachsen u. Bremen Rheinland-Pfalz Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Westfalen gefährdet nicht gefährdet 0% 20% 40% 60% 80% 100% Handlungsmöglichkeiten (im Siedlungsraum) • Schutz und Förderung wenig intensiv genutzter Flächen / strukturreicher Biotope / Sonderstandorte / Säume • Schutz und Förderung von Nistmöglichkeiten • Schutz und Förderung eines reichen Blütenangebotes • Extensivere und differenziertere Nutzung von Rasenflächen • Verwendung möglichst heimischer Pflanzenarten und regionalen Saatgutes • Aufklärungsarbeit bei Privatpersonen und Ämtern / Werbung für mehr Strukturvielfalt und Artenreichtum auf öffentlichen und privaten Flächen vielfältige Staudenbeete Blumenwiesen und Blumenrasen Trockenbiotope (Steingärten; Trockenhügel, Gründächer) Gehölzsäume, Hecken, Einzelgehölze, Rankpflanzen und Wildpflanzenecken Beispiel Staudenbeete - Wichtige Pollen- und Nektarquellen • Glockenblumen • verschiedenste Korbblütler wie Habichtskräuter, Bitterkraut, Ferkelkraut, Löwenzahn, Telekie, Alant, Disteln, Flockenblumen, Wegwarte • Schmetterlingsblütler wie Klee, Hornklee, Hauhechel, Platterbsen • Lippenblütler wie Ziest, Salbei, Thymian, Taubnessel, Rauhblattgewächse wie Natternkopf, Borretsch , Lungenkraut, Beinwell • Kardengewächse wie Knautie, Karde, Taubenskabiose • Malvengewächse wie Malve, Eibisch, Stockrose • weitere wie Krokus, Hahnenfuß, Lerchensporn, Resede, Schlüsselblume,…. Beispiel Bäume und Sträucher • Obstgehölze wie Apfel, Birne, Kirsche, Pflaume, … • Beerensträucher wie Johannisbeere, (auch Zierjohannisbeere), Stachelbeere, Brombeere, Himbeere • Schlehe und Weißdorn • Feldahorn, Kornelkirsche • Wildrosen • Weiden • Linde Keine Sorten mit gefüllten Blüten !!! Beispiel für gefüllte Blüten – Kerria- Strauch: Bei gefüllten Blüten ist der Anteil der Schaublätter erhöht. Nektar- und Pollenangebot sind stark reduziert. Als Nahrungspflanzen von Blütenbesuchern ohne Wert. ungefüllte Blüte der Wegwarte - attraktive Blütenpflanze für Wildbienen und andere Blütenbesucher Schutzprioritäten: Erhalt besonderer Lebensräume (Heiden, Dünen, Magerrasen, blütenreiche Wiesen, Brachen, Steilkanten,..) u. strukturreicher Landschaftsbereiche Gezielte Hilfsmaßnahmen für die Gruppe der Wildbienen – verbessertes Angebot wichtiger Ressourcen Gezielte Hilfsmaßnahmen für einzelne Artengruppen oder Arten Vernetzung wichtiger Lebensräume (Biotopverbund) Förderung der allgemeinen Struktur- und Habitatvielfalt Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln Information über die Bedeutung von Bestäubern und mögliche Hilfsmaßnahmen Umweltbildungsprojekt rund um Honig-, Sandbiene und Co Ein Projekt von: GefördertNorbert von:Voigt, SHHB, 2015 Stiftung Natur im Norden Brunswiker Stiftung Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Norbert Voigt, Schleswig-Holsteinischer Heimatbund [email protected] www.heimatbund.de
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