A g us ab e 2 1/ 01 5 Berliner Kreis & WGMK NEWS Liebe Leserinnen und Leser, innovative Produkte erfolgreich zu entwickeln erfordert leistungsfähige Methoden und Prozesse und ein tiefgreifendes Wissen zu den Maschinensystemen und deren Elemente. Die Mitglieder der WiGeP mit ihren Teams leisten dazu auf allen diesen Gebieten durch Grundlagenforschung und angewandte Forschung einen entscheidenden Beitrag um so die Innovationsfähigkeit unserer Unternehmen heute und auch in der Zukunft zu stärken. Die vorliegenden WiGeP-News zeigen Ihnen wieder Beispiele aus dem gesamten Spektrum unserer Forschung. Lassen Sie sich bei der Lektüre anregen zu neuen Ideen und Konzepten für Produkte und Prozesse. Die WiGeP mit Ihren rund 1100 Wissenschaftlern steht Ihnen als Partner für die Realisierung gerne zur Verfügung! Zögern Sie nicht – sprechen Sie uns an und lassen Sie uns gemeinsam innovative Lösungen entwickeln und realisieren und so die Zukunft gestalten. Pro. Dr.-Ing. Dr.h.c. Albert Albers Mitteilungen der WiGeP WiGeP-Frühjahrstagung 2015 in Stuttgart Die Mitglieder zu Gast im Porsche-Museum Die diesjährige Frühjahrstagung findet am 17. Juni im Porsche-Museum in Stuttgart statt, wo sich die Mitglieder zu aktuellen Themen im Bereich der Produktentwicklung austauschen. Dank großzügigem Sponsoring werden keine Teilnehmegebühren erhoben. Die Mitglieder der drei Kompetenzfelder Maschinenelemente und Systeme, Methoden und Prozesse der Produktentwicklung und Virtuelle Produktentwicklung treffen sich außerdem, um mögliche Forschungskooperationen anzustoßen und abzustimmen. Aus der Querschnittsgruppe Lehre und Weiterbildung werden Erkenntnisse aus einer im Mitgliederkreis durchgeführten Umfrage zu aktuellen Trends der Lehre vorgestellt, auf denen basierend über Möglichkeiten der kontinuierlichen Verbesserung der Lehre diskutiert wird. Die Mitglieder dürfen sich des Weiteren auf interessante visionäre Keynote-Vorträge von Andreas Barth, Managing Director EuroCentral bei Dassault, Dr. Sven Lorenz, CIO bei Porsche sowie Prof. Dr. Peter Gutzmer, Deputy CEO bei Schaeffler freuen. Wie traditionell auf jeder Frühjahrstagung der WiGeP, wird auch dieses Jahr der an die WiGeP ange- gliederte Industriekreis eingeladen sein. Dieser erfreut sich regen Interesses, weswegen er zuletzt erweitert wurde. Im Anschluss an die Frühjahrstagung der WiGeP findet das diesjährige Stuttgarter Symposium für Produktentwicklung statt, zu dem das Fraunhofer IAO und IAT, das Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design und das Institut für Maschinenelemente der Universität Stuttgart einladen. Die WiGeP unterstützt das Symposium. Michael Bartholdt Bild 1: Organisationsstruktur der WiGeP New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 Productive Games Ein Beitrag zur Motivation und Produktivität durch die Aktivierung grundlegender Fähigkeiten Der Wandel zu einer Wissens- und Innovationsgesellschaft hat zur Folge, dass die Anforderungen an den individuellen Wissenserwerb sowie den zielgerechten Einsatz dieses Wissens steigen. Neues Wissen gilt es, effizient zu erlernen und mit vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu kombinieren. Die Rechnerunterstützung in der Wissensarbeit hat dabei eine entscheidende Bedeutung und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung von Problemlösungsprozessen, wie sie bspw. in der Produktentwicklung vorliegen. Allerdings bleibt festzuhalten, dass im Mittelpunkt aller Bemühung zur Assistenz und Unterstützung der Mensch verankert ist. Aktuell drängt die Generation Gamer in die Unternehmen. Eine auf Problemlösung orientierte Generation, die mit Spielen aufgewachsen ist, in denen Logik, Rätsel, räumliche Verteilung und komplexes Denken integriert sind. Aber nicht nur die neuen, unerfahrenen Mitarbeiter sind Spieler. Evolutionär betrachtet, bringen alle Menschen im Bezug auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten im Spielen einen umfangreichen Erfahrungsschatz mit. Die Digitalisierung hat die Form der spielerischen Möglichkeiten gewandelt und bereichert. Die motivierenden Faktoren sind jedoch ursprünglich und über alle Altersgruppen bekannt. Für die Unternehmen Bild 2: 2 Bild 1: Flow-Modell von Csikszentmihalyi gilt es, diese Erfahrungen nutzbar zu machen und daraus einen Wettbewerbsvorteil zu generieren. PRODUCTIVE GAMES An der Professur für Maschinenelemente und Rechnergestützte Produktentwicklung wird unter dem Projekttitel „Productive Games“ an Einsatzszenarien von Befähigung im Bezug auf Konstruktionsphasen (Quelle: Ehrlenspiel) Spieldesigntechniken und Spielmechanismen geforscht. Grundlegend ist dabei, das in Bild 1 gezeigte Flow-Modell von Csikszentmihalyi in Kombination mit den Steuerelementen in Analogie zu Spielmechanismen. Flow ist ein Zustand höchster Konzentration auf eine Aufgabe. Der Zustand wird ausschließlich erreicht, wenn die gestellten Anforderungen und vorhandenen Fähigkeiten hoch sind. Digitale Spiele richten ihre Herausforderungen nach dem Flow-Modell aus. Sie detektieren fortlaufend die Fähigkeiten des Anwenders und stellen Fähigkeitslücken durch Wiederholung oder Feedback ab. Auf der Anforderungsseite dienen Regeländerungen, Zielvorgaben oder Konflikte zur Anpassung. Mit diesem Vorgehen erreichen erfolgreiche Spiele eine nachhaltige Nutzung, hohe Wiederkehrraten und Beteiligungsbereitschaft. Zielgrößen, die im Wissensmanagement hinsichtlich der Teilungsbereitschaft, ausdauernden Partizipation oder dem methodischen Vorgehen bisher mit durchwachsenem Erfolg angestrebt werden. Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 BEDEUTUNG FÜR DIE DUKTENTWICKLUNG PR O- Welche Bedeutung sich für die Produktentwicklung ergibt, zeigt das Bild 2 am Beispiel der Problemlösefähigkeit. Je nach Konstruktionsschritt weist das Erfahrungswissen von erfahrenen und unerfahrenen Mitarbeitern eine unterschiedliche Ausprägung aus. Es muss somit gelingen, für den Einzelnen, gemessen an den Anforderungen und seinen Fähigkeiten, Aufgaben zu stellen, die möglichst häufig im Zustand höchster Konzentration bearbeitet werden. Erste Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt bei einem Automobilunternehmen zeigen Potenziale eines spielbasierten Arbeitsumfeldes. Für Productive Games hat sich in der Auswertung gezeigt, dass sie im schnelllebigen Tagesgeschäft für Entspannung und Abwechslung sorgen sowie die zu erwartende motivierende Wirkung zeigen. Darüber hinaus bringt die Gestaltung von Spielen eine Vielfalt an Messgrößen mit sich, die zur Detektion des Spielers und seines Fortschrittes dienen. Diese Messbarkeit erzeugt einen profitablen Mehrwert. Eine spielerische Anwendung aus dem Forschungsprojekt diente der Einarbeitung neuer Mitarbeiter mittels mobiler Endgeräte. Die primäre Zielstellung lag in der Entlastung erfahrener Mitarbeiter, die grundsätzlich für die Einarbeitung zuständig sind. Zusätzlich ergab die Datenauswertung Opti- mierungsansätze für die Zusammenarbeit. Zukünftige Forschungsaktivitäten stützen sich auf die Identifikation weiterer Einsatzszenarien von Productive Games sowie auf die Analyse der mittels Productive Games erzeugbaren Daten. Im Fokus liegen die Unterstützung des Wissensmanagements und die Verbesserung der Mitarbeiterproduktivität im Sinne von rechnergestützten Assistenzen. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Frank Mantwill Dipl.-Wirt.-Ing. Mathias Tralau Maschinenelemente und Rechnergestützte Produktentwicklung Helmut-Schmidt-Universität Universität der Bundeswehr Hamburg Offene Plattform zur Unterstützung des Produktlebenszyklusmanagements Während eines Produktlebens fallen viele Informationen in verschiedensten Systemen an. Gerade klein- und mittelständische Unternehmen können die resultierende Komplexität kaum beherrschen und lassen daher Wettbewerbsvorteile ungenutzt. Zur Unterstützung der Beteiligten während eines Produktlebens existiert eine Vielzahl an IT-Systemen. Allerdings können vorhandene Daten und Informationen häufig nur unter deutlichem Mehraufwand wiederverwendet werden. In der Initiative amePLM (advanced platform for manufacturing engineering and PLM) wurde daher eine Lösung zur Verbesserung der Bild 1: Prinzipielle Architektur _amePLM_ Situation und damit Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen erarbeitet. FUNKTIONSWEISE Wesentliche Bausteine der Lösung sind Referenzprozesse, ein Referenzdatenmodell sowie eine offene Unterstützungsplattform, insbesondere für die an der Produkt- und Produkt i o nsent ste hung Beteiligten. Ausgangspunkt und Orientierungshilfe zur Realisierung robuster firmenspezifischer Prozesse und e n t s p re c h e n d e r Workflows sind die entwickelten Referenzprozesse. Das Referenzdatenmodell wurde als semantisches Datenmodell, welches die Anpassung des allgemeinen Modells an firmenspezifische Gegebenheiten auf einfache Art und Weise ermöglicht, realisiert. Das ontologiebasierte Datenmodell dient zunächst als gemeinsames Vokabular während der Konfigurationsphase bei der Einführung der Lösung im Unternehmen. Außerdem dient es als einheitliche Sprache im Sinne einer Datenschnittstelle des offenen Unterstützungssystems. Die Architektur (Bild 1) der offenen Plattform ermöglicht es Anwendern, vorhandene Systeme weiter zu nutzen, spezifische Funktionen der amePLM-Lösung einzusetzen und zusätzliche Module anzudocken. Durch die Möglichkeit, vorhandene IT-Systeme weiter zu nutzen, werden unnötige Investitionen und Schulungen vermieden. Die amePLM-Lösung bietet eine grafische Benutzungsschnittstelle für den einheitlichen Zugriff auf verteilt vorliegende Informationen aus verschiedenen Quellen sowie spezifische Module zur Unterstützung von Engineering-Aktivitäten wie Simulation und Optimierung. ANWENDERBEISPIEL Eines der Pilotunternehmen der amePLMInitiative ist ein Ingenieurdienstleister, bei dem die Planung und der Aufbau eines neuen Motorenwerks eines Kunden in 3 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 der Akquise- sowie Konzept- bzw. Grobplanungsphase unterstützt werden sollen. Um eine schnelle Angebotsabgabe in der Akquisephase zu ermöglichen, muss der verantwortliche Ingenieur Zugriff auf alle wesentlichen zur Verfügung stehenden Informationen über frühere Projekte für den potenziellen Kunden haben. Außerdem kann er durch Informationen zu ähnlichen Projekten bei anderen Kunden unterstützt werden. Die amePLM-Lösung ermittelt wesentliche relevante Informationen für die Projektakquise im Hintergrund, ohne nennenswerte Aufwände für den Systemeinsatz. Auch während der Grobplanung ist die Ermittlung relevanter vorhandener Daten und Informationen ohne Suchaufwände essenziell. Zur Unterstützung der Planer müssen Informationen aus unternehmensweit durchgeführten Projekten verfügbar gemacht werden, um vorhandene Erfahrungen zu nutzen. Bei der Entwicklung einer Lösung für das Planungsproblem können Planer weiterhin die angedockten Simulations- und Optimierungsmodule einsetzen ohne Daten erneut eingeben zu müssen. NUTZEN UND FAZIT Viele, insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen haben schlechte Erfahrungen mit IT-Systemen aus dem Kontext PLM und Digitale Fabrik gemacht. Die Systeme gelten als komplex, unpraktisch und teuer. Damit überwiegen die Nachteile des Systemeinsatzes oft die jeweiligen Vorteile. Der Einsatz offener Unterstützungssysteme wie der amePLM-Lösung mit Referenzprozessen, Referenzdatenmodell, Anwendungsmodulen, grafischer Benutzerschnittstelle und Serverkomponente bietet gute Erfolgsaussichten gerade für klein- und mittelständischen produzierende Unternehmen. Erste Erfahrungen mit den Pilotunternehmen zeigen, dass unter Verwendung der entwickelten Lösung Zeiten, Aufwände und Kosten für Projekte in verschiedenen Bereichen des Produktlebenszyklus wesentlich reduziert werden können – und dies bei einfacher, intuitiver Bedienung und niedrigen Investitions- und Schulungskosten. Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Bauer Dipl.-Ing. Joachim Lentes Dipl.-Ing. Nikolas Zimmermann Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement IAT der Universität Stuttgart Biomechanische Menschenmodelle in der Produktentwicklung Integration muskuloskelettaler Simulationsmodelle in 3D-CAD Systeme zur ergonomischen Gestaltung technischer Systeme Bereits in den 1940er Jahren stellte der bekannte Industriedesigner Henry Dreyfuss fest, dass der von Nutzern empfundene Wert vieler Produkte stärker durch ergonomische und ästhetische, als durch funktionelle oder wirtschaftliche Aspekte bestimmt wird. Angesichts einer alternden Gesellschaft und der starken Kundenorientierung vieler Unternehmen ist das Thema Produktergonomie heute aktueller denn je. Technische Systeme sollten daher konsequent an den Eigenschaften und Fähigkeiten der späteren Nutzer ausgerichtet werden. Prädiktive Simulationen mit digitalen biomechanischen Menschmodellen können die Produktentwicklung hierbei unterstützen. BIOMECHANISCHE SIMULATIONEN Ergonomische Anforderungen wie Komfort weisen immer einen Bezug zu Vorgängen im Organismus des Nutzers auf. Neben emotionalen und kognitiven Aspekten der Mensch-Technik Interaktion spielen biomechanische Beanspruchungen eine wichtige Rolle. Hiermit sind die inneren Reaktionen des Bewegungsapparates auf 4 Bild 1: Muskuloskelettales Menschmodell als CAD-Systemerweiterung äußere Lasten gemeint, die sich aus der Interaktion mit dem Produkt ergeben. So stellt sich im Körper eines Autofahrers abhängig von der Sitzposition sowie den auftretenden Lenkkräften und Beschleunigungen ein bestimmtes Aktivitätsmuster der Muskulatur ein, das zusammen mit den Reaktionskräften in den Gelenken Auskunft über den Beanspruchungszustand des Bewegungsapparates gibt. Ergonomische Bewertungsmodelle auf Grundlage derartiger Beanspruchungsgrößen sind seit einigen Jahren Gegenstand arbeitswissenschaftlicher Forschung. Gegenüber produktbezogenen Gestaltungsrichtlinien erwartet man von diesem physiologisch-menschzentrierten Ansatz eine universellere Gültigkeit. Voraussetzung für die praktische Anwendung in der Produktentwicklung sind jedoch Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 Verfahren, die eine Bestimmung biomechanischer Beanspruchungsgrößen mit vertretbarem Aufwand möglichst schon in frühen Entwicklungsphasen gestatten. Im Bereich der Bewegungsmedizin arbeitet man seit den frühen 1990er Jahren an muskuloskelettalen Simulationsmodellen, die den menschlichen Bewegungsapparat als hochgradig redundantes Mehrkörpersystem beschreiben. Bestehende Programmsysteme wurden in erster Linie für inversdynamische Analysen experimentell ermittelter Daten konzipiert, d.h. zur Bestimmung biomechanischer Beanspruchungen müssen Informationen über die Bewegung des Menschen und aller von außen auf den Körper einwirkenden Kräfte vorliegen. Die hierzu nötigen Versuche mit Testpersonen lassen das Simulationsverfahren für eine Anwendung in der Produktentwicklung, insbesondere in frühen Phasen, in dieser Form ungeeignet erscheinen. INTEGRATION IN 3D-CAD SYSTEME Ziel eines Forschungsprojektes am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik KTmfk (FAU Erlangen-Nürnberg) ist es, eine vollständig virtuelle Prozesskette zur Ermittlung biomechanischer Beanspruchungsgrößen während der Nutzer-Produkt Interaktion zu entwickeln. Ein Schwerpunkt ist hierbei die Integration muskuloskelettaler Menschmodelle in 3D-CAD Systeme, was biomechanische Studien in unmittelbarem Kontext des virtuellen Produktmodells ermöglichen soll. Als Ergebnis der bisherigen Forschungsarbeiten ist ein Softwaredemonstrator auf Grundlage des CAD Bild 2: Informationstechnische Kopplung Systems Creo Parametric (PTC) und der bewegungsmedizinischen Simulationsumgebung OpenSim (Stanford University) entstanden. Bei OpenSim handelt es sich um eine quelloffene Softwareplattform, die weltweit von Humanwissenschaftlern zur Erstellung muskuloskelettaler Menschmodelle eingesetzt wird. Da die meisten Forscher ihre Modelle innerhalb der Gemeinschaft frei zur Verfügung stellen, ist OpenSim zugleich eine Quelle interdisziplinären Wissens, die es für die Produktentwicklung zu erschließen gilt. Die informationstechnische Kopplung ist als Systemerweiterung (mfkErgonomikus) für Creo Parametric umgesetzt (vgl. Bild 1). Der Anwendungsprozess orientiert sich an gängigen CAX-Werkzeugen: Innerhalb einer CAD-Baugruppe wird ein beliebiges, in OpenSim erstelltes Simulationsmodell durch ein geometrisches Menschmodell (Avatar) repräsentiert, dessen kinematische Struktur exakt mit der des zugrunde liegenden muskuloskelettalen Mehrkörpersystems übereinstimmt. Der Avatar wird automatisch aus den OpenSim Modelldefinitionen erzeugt und dem CAD-Datensatz in Form einer Unterbaugruppe hinzugefügt (Bild 2). Die Vorbereitung einer Analyse (preprocessing) besteht im Wesentlichen aus der Beschreibung der Interaktionen zwischen Menschmodell und Produktgeometrie. Hierzu definiert der Anwender geometrische Beziehungen (Interaktionsbedingungen) zwischen menschlichen Effektoren (z.B. Hände, Füße) und dem Produkt. Da infolgedessen Massenkräfte des Produktes auf den Körper übertragen werden können, werden die betreffenden Komponenten des Produktmodells als massebehaftete Körper in das OpenSim Mehrkörpermodell eingefügt. Ferner ist es möglich, bekannte äußere Kräfte zu definieren. Auf Grundlage der Interaktionsbedingungen wird anschließend eine möglichst realistische Körperhaltung des Menschmodells bestimmt. Hierbei kommt ein auf numerischer Optimierung und inverser Dynamik basierendes Verfahren zur Anwendung. Es werden Körperhaltungen bevorzugt, die eine möglichst geringe muskuläre Beanspruchung nach sich ziehen. Da das Aktivitätsmuster der Muskulatur als Nebenprodukt der Haltungsvorhersage bekannt ist, können davon abhängige biomechanische Beanspruchungsgrößen wie Gelenkreaktionskräfte sehr effizient berechnet werden. Zur Auswertung der Ergebnisse (postprocessing) stehen dem Anwender verschiedene Visualisierungsmöglichkeiten zur Verfügung. So werden Aktivierungsniveau und Energieverbrauch der einzelnen Muskeln direkt auf dem Avatar anhand von Farbe und Dicke der Muskelstränge dargestellt. Daran ist beispielsweise sofort ersichtlich, wenn eine bestimmte Körperhaltung die physischen Möglichkeiten des Menschmodells und damit die der betrachteten Nutzergruppe übersteigt. ANWENDUNGEN UND AUSBLICK Simulationen mit muskuloskelettalen Menschmodellen gewähren einen Einblick in den inneren biomechanischen Beanspruchungszustand des menschlichen Bewegungsapparates. In Analogie zum Beanspruchungsbegriff aus der Festigkeitslehre stellen diese Informationen die Grundlage für universell gültige ergonomische Bewertungsmethoden dar. Die Relevanz des Ansatzes erstreckt sich somit auf alle technischen Systeme, die durch eine enge Interaktion mit dem Menschen gekennzeichnet sind. Dies schließt neben klassischen Fragen der Produktergonomie (Komfort, Gebrauchstauglichkeit) auch die Planung von Arbeitsprozessen in der Produktionstechnik sowie die Entwicklung medizinischer Geräte für Training und Rehabilitation mit ein. Die vorgestellte Integration der bewegungsmedizinischen Simulationsplattform OpenSim in ein modernes 3D-CAD System ist Teil einer vollständig virtuellen Prozesskette, die den Einsatz muskuloskelettaler Menschmodelle bereits in frühen Phasen der Produktentwicklung ermöglicht. Bislang ist der entwickelte Prototyp auf die Analyse statischer Körperhaltungen beschränkt. Aktuelle Forschungsaktivitäten widmen sich deshalb der algorithmischen Synthese komplexerer menschlicher Bewegungen. Zudem gilt es die Varianz menschlichen Verhaltens im Hinblick auf die Interaktionsbedingungen mit dem Produkt zu berücksichtigen. Prof. Dr.-Ing. Sandro Wartzack Dipl.-Ing. Daniel Krüger Lehrstuhl für Konstruktionstechnik (KTmfk) Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg 5 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 Technische Vererbung in der Produktentwicklung Mit Industrie 4.0 einen Vorsprung bei der Entwicklung neuer Produktgenerationen erzielen läufe zur Erzeugung eines hohen Automatisierungsgrades. Dies beinhaltet ebenso die Integration von Wissen, wie beispielsweise neuartiger KBE-Methoden, als auch eine erhöhte Flexibilität innerhalb der Prozesskette. Mit den Enablern aus dem SFB kann die Produktentwicklung unterstützt werden, indem eine generationsübergreifende Prozessbetrachtung durchgeführt wird. Dieser Prozess wird als „technische Vererbung“ bezeichnet und ist definiert als: „Überführung gesammelter und verifizierter Informationen aus der Produktion und Nutzung zur nächstfolgenden Anpassung“. Bild 1 verdeutlicht, dass in allen Phasen des Produktlebenszykluses eine Vielzahl von Daten entstehen kann, welche durch die Aufbereitung zu Informationen für die Entwicklung der nachfolgenden Generation verwendet werden können. Durch eine Weiterentwicklung von Spezifikations- und Modellierungstechniken kann der Lebenszyklus für diverse technische Systeme sehr genau hinsichtlich der Informationsflüsse abgebildet werden. Darüber hinaus ermöglicht eine nachgeschaltete Analyse die Identifikation entwicklungsrelevanter Informationen. Durch die Berücksichtigung physikalischer, menschbezogener und ökonomischer Aspekte sowie technologischer Trends, können Hypothesen zum eigenen Produkt aufgestellt werden. Um diese Fragestellungen über den Lebenszyklus zu beantworten, kann einerseits auf eine bestehende Messtech- Im Sonderforschungsbereich (SFB) 653 „Gentelligente Bauteile im Lebenszyklus“ werden Grundlagen im Rahmen der Industrie 4.0 erforscht. Dazu zählt neben der vernetzten Industrie auch die Verwendung von Nutzungsdaten. Gentelligente Bauteile sind definiert als: „Mechanische Komponenten, welche über physikalische Prinzipien befähigt werden, Lebenszyklusdaten zu sammeln, speichern und übermitteln können, damit eine Anpassung der Nachfolgegeneration erfolgen kann“. Durch derartige neue intelligente Systeme ist es möglich, im kompletten Lebenszyklus Daten zu generieren, welche bei richtiger Interpretation zu Vorteilen bei der Entwicklung der nächsten Produktgeneration führen. Am Institut für Produktentwicklung und Gerätebau wird diese Art der Datenrückführung untersucht. Dazu werden die grundlegenden Prozesse analysiert, Informationsketten aufgebaut und zielgerichtet Informationen aus dem Lebenszyklus identifiziert, transferiert und in die Phasen der Produktentwicklung für die Produktadaption zurück geführt. TECHNISCHE VERERBUNG Der Fokus in den Untersuchungen liegt in der Erforschung, Erarbeitung und Adaption von Methoden, Werkzeugen, Hilfsmitteln sowie Prozessen für die Unterstützung einer ganzheitlichen Produktentwicklung. Darunter fallen Betrachtungen hinsichtlich performanter und effizienter ProzessabDatenanalyse 1.Generation 6 n+1Generation Entwicklungsprozess Entwicklungsprozess Entwicklungsprozess Herstellung Herstellung Herstellung Verkauf Verkauf Verkauf Anwendung Bild 1: Datenanalyse 2.Generation Anwendung Anwendung Nutzung Nutzung Nutzung Instandhaltung Instandhaltung Instandhaltung Recycling Recycling Recycling Vererbung nik zurückgegriffen werden. Andererseits können gentelligente Enabler aus einem Konstruktionskatalog ausgewählt und ins technische System integriert werden, um die Monitoringstrategie zu realisieren. Damit einhergehend werden Data Mining Methoden direkt in die Phasen der Produktentwicklung integriert, sodass die Datenmenge auf ein Minimum reduziert wird, indem die Messdaten typischen Situationen des technischen Systems im Lebenszyklus zugeordnet werden können. Durch die Prozesse der technischen Vererbung können somit Informationen produktspezifisch erzeugt werden, welche auf diese Weise einen großen Vorteil für die Entwicklung der Nachfolgegeneration generieren. BAUTEILADAPTION Weiterhin werden im Rahmen des Teilprojektes N4 „Gestaltevolution durch algorithmisierte Informationsrückführung aus dem Produktlebenszyklus“ im SFB 653 virtuelle Produktmodelle entwickelt, die eine Integration von Nutzungsinformationen unterstützen. Mit Hilfe dieser Modelle wird eine automatische Anpassung von Produkten an veränderte Nutzungsbedingungen ermöglicht. Mit dem Fokus auf mechanische Komponenten wird ein generativer parametrischer Modellierungsansatz entwickelt, mit dem der mögliche Lösungsraum abgebildet wird. Über die Kopplung von generativen parametrischen Modellen mit Simulationsumgebungen wird mittels genetischen Optimierungsalgorithmen sowohl konzeptionell, als auch geometrisch eine Bausteilgestalt erzeugt, die optimal an die jeweiligen Nutzungsinformationen angepasst ist. Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung des Forschungsvorhabens im Rahmen des SFBs 653. Prof. Dr.-Ing. Roland Lachmayer Dipl.-Ing Bastian Sauthoff Dipl.-Ing. Philipp Gottwald Institut für Produktentwicklung und Gerätebau Leibniz Universität Hannover Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 Strukturierung von Anwendungsfeldern für Technik im Alltag Älterer aus Nutzersicht Vorstellung des Kooperationsprojektes „ATASeN“ Im Rahmen des Programms „IKT 2020 – Forschung für Innovationen“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH als Projektträger wissenschaftliche Vorprojekte zur „Mensch-Technik-Interaktion für den demografischen Wandel“. Im Rahmen der Ausschreibung werden Forschungsvorhaben gefördert, die „neue und realistische Anwendungsszenarien im Bereich der „Mensch-TechnikInteraktion“ entwickeln und so Wege für die Weiterentwicklung des Förderschwerpunktes aufzeigen“. Dieser Herausforderung stellen sich die Institut für Technische Produktentwicklung und für Allgemeine Soziologie der Universität der Bundeswehr München gemeinsam. Neue Technologien können hervorragend dazu beitragen, ältere Menschen in ihrem Alltag bei einer selbstbestimmten und selbstständigen Lebensführung zu unterstützen. Heute werden jedoch konkrete Wünsche und Bedürfnisse der Älteren vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Lebenssituation und jeweiligen Technikdeutungen zu wenig berücksichtigt. Dies führt dazu, dass Produkte nicht akzeptiert sind, was wiederum negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hat. Kombination ingenieurwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Methoden und Konzepte Die Effektivität von Produkten ist verstärkt durch die Art und Weise, wie der Mensch mit diesen umgeht, geprägt. Die Produktnutzung ist nicht nur durch individuellen Kompetenzen geprägt sondern auch von der Lebens- und Handlungssituation. Ziel des Projektes ist es, ein besseres Verständnis für die Situationen, in denen der Mensch Produkte nutzt, zu schaffen, um auf dieser Basis die Anforderungen für die Entwicklung dieser zu präzisieren. Dazu werden älteren Menschen in ihrer Lebenssituation mit Hilfe des Konzeptes der Lebenslage aus der Soziologie analysiert und beschrieben. Die Lebenslage des Menschen wird über die Faktoren Vermögen, materielle Versorgung, soziale Einbindung, Bildung, Partizipation, gesundheitliche Disposition und Unterstützung bei Hilfebedarf aus subjektiver Sicht beschrieben, die mittels ausgewählter, qualitativer Methoden strukturiert erhoben werden. Die Lebenslagebeschreibung geht deutlich über körperliche bzw. individuelle Kompetenzbeschreibungen hinaus. Eine bei bekannten Ansätzen vorgenommene Fokussierung auf altersbedingte Einschränkungen wird gezielt vermieden, da neben Restriktionen auch Ressourcen in den verschiedenen Bereichen berücksichtigt werden. Parallel dazu werden typische Handlungsfelder älterer Menschen erfasst, Tätigkeiten also, die im täglichen Leben eine bedeutende Rolle spielen. Ziel ist es, sogenannte Problemlagen herauszuarbeiten, also Handlungsfelder, die mit Hilfe der vorhandenen Situationen nicht mehr problemlos bewältigt werden können. Dies liefert wesentliche Impulse dafür, wie und wann technische Lösungen tatsächlich zur Bewältigung von Alltagsproblemen beitragen können. Gleichzeitig können unter Nutzung sozialwissenschaftlicher Methoden anhand der Lebenslage die Motive der Älteren für oder gegen den Technikeinsatz abgleitet werden. Auf dieser Basis dieser Erkenntnisse gilt es im Rahmen des Projektes weiterhin, Ansätze zur Technikdeutung abzuleiten. Dieses Wissen hilft, die Anforderungen an Produkte so zu präzisieren, dass eine frühzeitige Absicherung der Akzeptanz der Produkte möglich wird. Die Erkenntnisse aus den sozialwissenschaftlichen Untersuchungen sind nun für den Entwicklungsprozess zugänglich zu machen. Hierzu werden die Problemlagen detailliert analysiert. Das typische Nutzerverhalten in Problemlagen ist detailliert zu beschreiben und in einem zweiten Schritt in die einzelnen hierfür erforderlichen Funktionen herunter zu brechen, um hieraus wiederum Anforderungen und konkrete technische Parameter für die Produktentwicklung ableiten zu können. Zur Spezifizierung der Anforderungen kann zusätzlich auf die Interpretation der Technikdeutung zurückgegriffen werden. Hierzu gilt es Ansätze zu entwickeln, mit deren Hilfe aus der Technikdeutung heraus Eingrenzungen bzw. Aufweitungen des Lösungsspektrums begründet werden. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, um einerseits die Anforderungsbeschreibungen für Produkte gezielter an die Lebenssituation des Menschen anzupassen. Andererseits ergeben sich aus der Lebenslagebeschreibung in Kombination mit der Technikdeutung neue Ansätze zur Clusterung von Nutzergruppen, die eine Modularisierung und Variantenbildung unterstützen, um die Effektivität und Effizienz der Produktentwicklung abzusichern. Durch die enge Kooperation von Sozialwissenschaftlern und Produktentwicklern wird im Sinne der Nutzerzentrierung ein Instrumentarium geschaffen, um Nutzerbedürfnisse systematisch zu erfassen, zu interpretieren und im Sinne der Produktentwicklung aufzubereiten. Die enge Kooperation zwischen Soziologen und Ingenieuren erweitert dabei nicht nur den Blickwinkel auf den Nutzer, sondern legt den Grundstein dafür, dass gewonnene Erkenntnisse im Sinne der Verbesserung der Lebensqualität Verwendung finden. Die heute durchaus übliche soziologische Begleitforschung, die bislang erst nach der eigentlichen Entwicklung ansetzt, wird nun in die frühen Phasen gezogen und findet bereits in der Ideenentwicklung und Anforderungsbeschreibung Berücksichtigung. Dies hilft nicht nur, das Entwicklungsrisiko zu reduzieren und die spätere Akzeptanz des Produktes zu verbessern. Es ist auch zu erwarten, dass eine solche Denkweise auch zu neuartigen Produktkonzepten zur Unterstützung der Älteren beiträgt. Prof. Dr.-Ing. Kristin Paetzold Dipl.-Ing. Johanna Walter Institut für Technische Produktentwicklung Universität der Bundeswehr München 7 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 Synergetische Produktentwicklung in Wertschöpfungsnetzwerken Unternehmensübergreifend erfolgreich zusammenarbeiten - Ergebnisse des Verbundprojekts SynProd Höchste Produktqualität, Zuverlässigkeit und kurze Entwicklungszeiten bei der Erfüllung individueller Kundenwünsche sind entscheidende Erfolgsfaktoren für Unternehmen. Dabei werden die Unternehmen vor immer größere Herausforderungen gestellt. Vor allem durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen steigt die Komplexität von Produktentwicklungsaufgaben, was sich bei der Erstellung mechatronischer Lösungen durch die Integration von Komponenten aus den Domänen Maschinenbau und Elektrotechnik sowie Funktionen aus dem Bereich der Informationstechnik zeigt. Für die Unternehmen rückt deshalb eine effiziente Gestaltung interdisziplinärer Zusammenarbeiten mit spezialisierten Firmen zunehmend in den Fokus (vgl. Bild 1). Um die Synergien bei der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit optimal auszuschöpfen, war es Ziel des BMBF-geförderte Verbundprojekts „Synergetische Entwicklung mechatronischer Produkte in Wertschöpfungsnetzwerken“ (SynProd), eine softwaregestützte Methodik für eine engere Verknüpfung der Arbeitsschritte zur Bearbeitung von auftragsinitiierten Entwicklungsprojekten zu erarbeiten. Herausforderungen Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verfügen oftmals nicht über die Ressourcen und das Wissen, um mechatronische Produkte vollständig vom Kundenwunsch über Prototypen verschiedener Reifegrade bis zum Produktionsstart in ihren eigenen Abteilungen entwickeln zu können. Sie sind auf die Einbindung von Zulieferern aus den verschiedenen Domänen angewiesen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Produktentstehungsprozess eingebunden werden (vgl. Bild 2). Die Produktentwicklung mit verteilten Entwicklungspartnern bringt allerdings Hemmnisse und Herausforderungen mit sich, welche die Effizienz der Zusammenarbeit mindern. Die Unternehmen sind auf unterschiedliche Weise voneinander getrennt. Zum einen örtlich – was zu längeren Kommunikationswegen führt –, zum anderen organisatorisch. Sie agieren als eigenstän8 dige Organisationen mit unterschiedlichen Zielen. Die Voraussetzungen für eine barrierefreie Zusammenarbeit sind dadurch nicht gegeben. Es fehlen oftmals Methoden und Werkzeuge, die es den Unternehmen ermöglichen, Potentiale für eine bessere Zusammenarbeit zu erkennen und zu nutzen. SynProd-Methodik Im Verbundprojekt wurde deshalb eine Methodik entwickelt, welche die Sichtweisen der Produktentwicklung, Produktion und Betriebswirtschaft verknüpft und Informationen aus den unterschiedlichen Unternehmen und Unternehmensbereichen zusammenführt, um eine ganzheitliche Sicht auf die Produktentstehung zu gewährleisten. Ein Software-Werkzeug stellt dafür Hilfsmittel für die Produktkonzeption, Wertstrommodellierung und Projektplanung bereit. Somit können unterschiedliche Partialmodelle erzeugt werden, die einen oder mehrere Arbeitsschritte unterstützen. Eine eindeutige Definition von Querbezügen zwischen diesen Partialmodellen gestattet einen effizienten Informationsaustausch und somit die unternehmens-, abteilungs- und projektübergreifende Anwendung der Methoden in unterschiedlichen Bereichen der Unternehmen. Je nach Rolle innerhalb des Gesamtprojekts erhalten die Beteiligten eine spezifische Sichtweise und können relevante Informationen einpflegen oder auslesen. Aus Sicht der Produktentwicklung wird dabei ein Produktmodell erstellt, welches die Produktanforderungen, die tatsächlichen Produkteigenschaften sowie die Produktstruktur abbildet. Über Verknüpfungen werden die Komponenten oder Teilsysteme dieses Produktmodells an Wertstrommodelle der Produktionsprozesse gekoppelt, durch welche die Dauer und Kosten der Fertigung präziser abgeschätzt werden können. Aus Sicht der Projektplanung werden die Prozesse des Gesamtprojekts auf Basis der Informationen über Komponenten und Fertigungsprozesse unternehmensübergreifend gesteuert. Das Software-Werkzeug kann während der Produktentwicklung sowohl von dem zentralen Unternehmen eines Wertschöpfungsnetzwerks (z. B. Systemhersteller) als auch Bild 1: Zusammenarbeit von Unternehmen unter- schiedlicher Domänen bei der gemeinsa- men Entwicklung eines Produkts von den Zulieferern eingesetzt werden und unterstützt unterschiedliche Prozesse auf allen Unternehmensebenen. Praxiserfahrungen und Fazit Die Validierung der SynProd-Methodik erfolgte im Projekt durch eine Anwendung in Fallstudien - teilweise nur fiktiv - unter Beteiligung von vier Unternehmen mit unterschiedlichen Rollen im Produktentstehungsprozess. Obwohl diese Unternehmen bereits in der Vergangenheit gemeinsame Projekte bearbeitet haben, wurde deutlich, dass für eine synergetische Zusammenarbeit weitreichende Anpassungen etablierter Arbeitsweise in den Unternehmen notwendig sind. Insbesondere KMU stellt dies oftmals vor große Herausforderungen. Beispielsweise muss ein Umdenken bezogen auf den Umgang mit Wissen erfolgen. Das Wissen, welches oftmals nur einzelnen Personen vorgelegen hatte und nicht formalisiert wurde, muss in das Software-Werkzeug eingepflegt werden. Dadurch wird ein wesentliches Element der Kompetenz der Unternehmen preisgegeben. Die Voraussetzung dafür ist ein grundlegendes Vertrauen zwischen den Unternehmen, welches erst durch eine langfristige Nutzung der SynProdMethodik gefestigt werden kann. Ausblick Mit Abschluss des Verbundprojekts stehen eine Methodik und ein prototypisches Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 zusammenarbeiten, Herausgeber: Thomas Vietor, Christoph Herrmann, Thomas S. Spengler Verlag: Shaker, 2015 (gebunden, 235 Seiten) ISBN: 3844034374 Hintergrund Bild 2: Die SynProd-Methodik zielt darauf ab, Wissen von Zulieferern, die erst später in den Produktentste- hungsprozess eingebunden werden, bereits früh nutzen zu können. Software-Werkzeug zur Verfügung, welches im betrachteten Wertschöpfungsnetzwerk angewendet wurde. Es muss nun eine Weiterentwicklung erfolgen, so dass die Methodik in unterschiedlichen Unternehmen Anwendung finden kann. Dafür sind Workshops mit weiteren regionalen KMU geplant, um weitere unternehmensspezifische Bedarfe und Randbedingungen für die synergetische Produktentwicklung zu identifizieren. Weiterhin können die im Rahmen des Projekts identifizierten Informationsstrukturen als Grundlage genutzt werden, um weitere Lösungen zu entwickeln, die auf eine automatisierte Informationsbereitstellung innerhalb des gesamten Produktentstehungsprozesses abzielen. Der Einsatz von Industrie 4.0-Lösungen bietet in diesem Zusammenhang herausragende Möglichkeiten, Informationen aus Produktentwicklung, Produktions- und Planungssystemen zu vernetzen, um kritische Entscheidungen abzusichern. Buchveröffentlichung Die Ergebnisse des Verbundprojekts wurden in einem Buch veröffentlicht, in dem alle Partner als Autoren auftreten: Titel: Synergetische Produktentwicklung: Unternehmensübergreifend erfolgreich Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenkonzeptes „Forschung für die Produktion von morgen“ gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Neben dem Institut für Konstruktionstechnik sind als Mitglieder des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik (NFF) das Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik und das Institut für Automobilwirtschaft und Industrielle Produktion als Forschungseinrichtungen beteiligt. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Prof. Dr.-Ing. Thomas Vietor Dipl.-Ing. Timo Richter Institut für Konstruktionstechnik Technische Universität Braunschweig Betriebsverhalten von Radialwellendichtringen wird berechenbar! Berücksichtigung von thermischen und mechanischen Wechselwirkungen ermöglicht realitätsnahe Simulationen In den letzten Jahrzehnten haben sich Simulationsmodelle als Werkzeuge bei der Entwicklung von technischen Anwendungen fest etabliert. Das Betriebsverhalten einer Vielzahl von Maschinenelementen, wie beispielsweise Wälzlager, Zahnräder oder Wellen kann mittlerweile zuverlässig berechnet werden. Im System Radialwellendichtring (RWDR) ist ein allgemein anerkanntes Simulationsmodell derzeit noch nicht verfügbar. In der Vergangenheit wurden zwar Modelle für Dichtringe entwickelt, diese waren aber stets auf einen sehr eng abgesteckten Anwendungsbereich spezialisiert. Ein Ansatz, der für einen breiten Bereich an Betriebsbedingungen und DichtringWerkstoffen anwendbar ist, war lange Zeit nicht verfügbar. Der Bedarf an modellseitiger Unterstützung bei der Entwicklung und Auswahl von RWDR hingegen ist hoch. Bei der Untersuchung der Langzeitdichtheit als Ergänzung zu experimentellen Dauerlaufprüfungen, bei der Entwicklung reibungsreduzierter Dichtungen zur Verbesserung der Energieeffizienz im Antriebsstrang von PKW oder zur Ermittlung thermischer Leistungsgrenzen bei der Auswahl geeigneter Elastomermaterialien könnte der experimentelle Prüfaufwand deutlich reduziert werden.Um diese Lücke zu schließen werden am Lehrstuhl für Maschinenelemente und Getriebetechnik (MEGT) der TU Kaiserslautern seit dem Jahr 2009 Simulationsstrategien und –modelle für das RWDR-System entwickelt. ERFOLGREICHE SYSTEMBESCHREIBUNG MIT PARAMETERWECHSELWIRKUNGEN Eine Hauptherausforderung bei der Simulation von RWDR sind die stark ausgeprägten Wechselbeziehungen der Systemparameter. Über das temperaturabhängige Verhalten des Elastomermaterials hinaus beeinflussen sich Reibmoment, Verschleiß, radiale Anpresskraft und Temperatur im Kontakt gegenseitig. Deshalb ist eine rein mechanische oder eine rein thermische Herangehensweise nicht zielführend. Die am MEGT entwickelten Simulationsmodelle sind in der FE-Umgebung Abaqus aufgebaut und zeichnen sich 9 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 durch eine Kopplung von mechanischen und thermischen Simulationsschritten aus. In einem Python-Skript sind Berechnungsansätze zur Verschleiß-, Reibmoment- und Kontakttemperaturberechnung gekoppelt (siehe Bild 1). Die im praktischen Einsatz von RWDR auftretenden Wellenexzentrizitäten und -schwingungen können ebenfalls berücksichtigt werden. Durch Modellierung der viskoelastischen Elastomereigenschaften kann die Versagensgrenze, ab der sich ein Spalt zwischen Welle und Dichtlippe ausbildet, simuliert werden. Durch den parametrischen Modellaufbau sind Parameterstudien von Geometrie- und Materialvariationen einfach möglich. EINFACHE ERMITTLUNG VON MATERIALKENNWERTEN MIT KLAR DEFINIERTEN PRÜFMETHODEN Um einen zielgerichteten und zuverlässigen Einsatz der Simulationsmodelle und eine hohe Ergebnisgüte zu erzielen ist die detaillierte Kenntnis über die zu verwendenden experimentellen Prüfmethoden zur Ermittlung von Materialkennwerten notwendig. Bei der Bestimmung von thermischen und mechanischen Materialkenngrößen und systemspezifischen Eingangsgrößen für das Reibungs- und das Verschleißmodell wurden am MEGT einfache Prüfmethoden definiert und dokumentiert. Durch strikte Einhaltung dieser Prüfmethoden ist eine hohe und reproduzierbare Ergebnisqualität sichergestellt. NUTZEN FÜR DEN ANWENDER Die Berechnung von RWDR-Systemen ermöglicht in allen antriebstechnischen Anwendungsbereichen eine realitätsnahe Bewertung und Optimierung des Betriebsverhaltens unter dem Einfluss verschiedener Betriebsparameter. Dadurch können die kostenintensive Prototypenherstellung und Prüfstandsversuche auf ein Minimum reduziert werden. Mit Hilfe der Berechnungsergebnisse kann ferner eine wir tschaf tliche Dimensionierung des Ge samtsystems wie beispielsweise eines Getriebes erfolgen. So lässt sich der Energiebedar f des Gesamtsystems z.B. durch eine bessere Energieeffizienz des RWDR-Systems weiter optimieren. Bild 1: Prof. Dr.-Ing. Bernd Sauer Jun. Prof. Dr.-Ing. Balázs Magyar Dipl.-Ing. Daniel Frölich Dipl.-Ing. Barbara Jennewein Lehrstuhl für Maschinenelemente und Getriebetechnik TU Kaiserslautern Kopplung der Berechnungsschritte im RWDR Simulationsmodell Entwicklung von Leichtbau-Lösungen im Maschinenschutz Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Universität Stuttgart und FraunhoferInstitut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) entwickeln gemeinsam Leichtbau-Lösungen für eine Maschinenschutztür Leichtbau ist längst nicht mehr nur in der Luft- und Raumfahrt oder im Motorrennsport von Bedeutung. Auch für Bauteile und Baugruppen im Bereich Produktionstechnik, die vom Produktnutzer gehandhabt und bewegt werden müssen, steigert Leichtbau den Kundennutzen, indem die Belastung des Werkers durch eine Gewichtsoptimierung reduziert wird. Auch für Sicherheitsschutztüren von Bearbeitungszentren spielt der Leichtbau damit 10 eine entscheidende Rolle. Als innovativer Hersteller modernster Metallbearbeitungszentren war es deshalb der Wunsch der Hedelius Maschinenfabrik GmbH, eine Schutztür für ein Bearbeitungszentrum deutlich leichter zu gestalten, um dem Maschinenbediener das Öffnen und Schließen der Maschinentür zu erleichtern. Zwar bietet Hedelius auch Bearbeitungszentren mit automatischen Schutztüren an, die meistverkauften Maschinen besitzen jedoch eine manuell zu betätigende Schutztür. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und das Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Universität Stuttgart entwickelten in einem gemeinsamen Projekt Leichtbau-Lösungen für eine solche manuelle Schutztür eines Bearbeitungszentrums. Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 forderungen relativ zueinander gewichtet. Die Funktionen der Tür wurden identifiziert und als Funktionsstruktur abgebildet. Das Projektteam wies den Funktionen einen prozentualen Anteil zu, mit dem diese jeweils zur Erfüllung der Anforderungen beitragen. Darauf aufbauend konnten den Funktionen Bild 1: Systematische Entwicklung von Leichtbau-Lösungen am Beispiel Massenziele und des Querschnitts der Maschinenschutztür die bisher für die Funktionserfüllung AUSGANGSSITUATION aufgebrachten Massen zugewiesen werDie Schutztür des betrachteten Bearbeiden. Durch die Vernetzung der Funktion tungszentrums wiegt in ihrem Ausgangsmit der Masse kann ermittelt werden, welzustand ca. 134 kg. Diese große Masse stellt che Funktionen für die Kundenanfordeeine erhebliche Belastung für den Maschinenbediener dar, wenn die Tür mehrmals rungserfüllung wichtig sind und welche am Tag geöffnet und geschlossen werden Funktionen welche Masse in das Produkt muss. Der ambitionierte Wunsch von He- einbringen. Mit dieser Systematik kann ein delius war es, das Gewicht um 50 % zu re- Grundverständnis für die Anforderungen, duzieren, ohne dabei große Mehrkosten Funktionen und deren Wichtigkeit für die zu verursachen. Die aktuelle Schutztüre Kundenanforderungserfüllung und die besteht aus zwei Stahlblechschalen, ver- dafür aufgebrachten Massen erarbeitet schiedenen angeschweißten Stahlble- werden. Darauf aufbauend wurden systechen für die Aufhängung der Tür an der matisch auf Funktions-, Wirk- und GestalteMaschine sowie einer Sichtscheibe aus bene Leichtbau-Lösungen entwickelt. Bild Polycarbonat. Als wichtigste Anforderun- 1 zeigt anhand der Türquerschnitte exemgen wurden das Bestehen der genormten plarisch die Anwendung der Lightweight Aufprallprüfung für Bearbeitungszentren Design Thinking Tools, welche zur Leichtnach DIN EN 12417 sowie die Beständig- bau-Methodik des IKTD gehören und auf keit gegen Medien wie Schmierstoffe, dem Contact & Channel - Model basieren. Kühlstoffe und sehr heiße Späne bei tro- Dabei wurden systematisch Leichtbau-Teilckenen Zerspanungsvorgängen identifi- lösungen durch Abstraktion und Variation ziert. Basierend auf diesen Anforderungen entwickelt. wurden unter Berücksichtigung der fertigungstechnischen Rahmenbedingungen ERGEBNISSE der Hedelius Maschinenfabrik GmbH meh- Die verschiedenen Leichtbau-Lö rere Lösungskonzepte erarbeitet. sungsideen wurden mithilfe eines morphologischen Kastens zu sechs Lösungskonzepten zusammengeführt, die LöSUNGSWEG Die vom IKTD entwickelte Methodik für die Hedelius vorgestellt wurden. Für die KonAnalyse von Leichtbaupotenzialen und die zepte, die verschiedene konstruktive Änsystematische Entwicklung von Leichtbau- derungen und Werkstoffsubstitutionen Lösungen in den frühen Entwicklungspha- umfassten, wurden sowohl die Kosten als sen bildete den Rahmen für das Projekt auch die zu erwartende Gewichtsredukzur Entwicklung von Leichtbau-Lösungen tion abgeschätzt. Dabei entschied sich für eine Maschinenschutztür. Die Methodik Hedelius gegen die Weiterverfolgung von wurde zusammen mit dem IPA auf das be- Konzepten, die beispielsweise Sandwichstehende Ausgangsprodukt angewendet. strukturen beinhalteten. Diese hätten zwar Zunächst wurden die identifizierten An- eine erhebliche Gewichtsreduktion erzielt, waren jedoch nicht kostenneutral. Betrachtet wurden allerdings ausschließlich die Produktkosten. Ein Mehrwert der Maschine durch die verbesserte Ergonomie wurde für diese Entscheidung nicht berücksichtigt oder quantifiziert. Als zweckmäßigste Variante wurde eine Lösung ausgewählt, die mit Hilfe der Lightweight Design Thinking Tools entwickelt wurde. Diese Lösung umfasst die Vergrößerung der Polycarbonat-Scheibe und die damit verbundene Reduktion der doppelten und deutlich schwereren Blechschalenkonstruktion. Dies führte zu einer Gewichtsreduktion von 34 kg. Außerdem wurde bei nicht tragenden oder sicherheitskritischen Strukturelementen der Stahlwerkstoff durch Kunststoffe ersetzt. Dies führte zu weiteren 15 kg Gewichtsreduktion. Die Aufprallprüfung konnte bei dieser Lösung bestanden werden. Vor allem aber konnte diese erhebliche Gewichtsreduktion kostenneutral erreicht werden. Letztendlich konnte durch die Kooperation des IPA und des IKTD eine Leichtbau-Lösung für die Hedelius Maschinenfabrik GmbH entwickelt werden, die ohne Mehrkosten zu verursachen, eine Gewichtsreduktion von über 36 % gegenüber der bestehenden Lösung erzielt. Dabei konnte die LeichtbauMethodik die Analyse der bestehenden Lösung und die systematische Erarbeitung neuer Lösungen in den frühen Produktentwicklungsphasen erfolgreich unterstützen. Monetäre Einspareffekte einer leichteren Maschinenschutztür, die bei automatisierten Bedienertüren aufgrund des Einsatzes geringer dimensionierter angekoppelter Komponenten (Führungen, Lagerungen, Antriebsmotoren, usw.) generiert werden können, sind in dem Ergebnis noch gar nicht berücksichtigt. Hier ergeben sich durch sekundäre Effekte noch höhere Einsparpotenziale. Prof. Dr.-Ing. Hansgeorg Binz Dipl.-Ing. Benedikt Posner Dipl.-Ing. Daniel Roth Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design Universität Stuttgart Dipl.-Ing. Noelia González Vila Dipl.-Ing. Jochen Burkhardt Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung 11 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 Effiziente Kalibrierung und Validierung von Steuergeräteparametern in Fahrzeugen Die Steuergerätekalibrierung und -validierung zukünftiger Fahrzeuggenerationen erfordert neue Methoden Neben den mechanischen Qualitätsmerkmalen wird die Qualität der Abstimmung von Steuergeräteparametern für die Kundenwahrnehmung in Fahrzeugen immer wichtiger. Diese Steuergeräteparameter bestimmen in erheblichem Maße die Fahrbarkeit, den Komfort sowie die Effizienz der Fahrzeuge. Im Rahmen der Steuergerätekalibrierung werden die Parameter der Steuer-, Regel-, und Diagnosefunktionen angepasst, um ein gewünschtes Systemverhalten (Betriebsstrategie, Fahrbarkeit, …) bei einer großen Zahl von Fahrzeugvarianten oder Baureihen zu erreichen, ohne Berechnungsroutinen oder Hardwarekomponenten ändern zu müssen. Die zunehmende Vernetzung von Steuergeräten und der steigende Anspruch an die Steuer- und Regelfunktionen erfordern neue Methoden und Ansätze, die eine fehlerfreie sowie zeit- und kosteneffiziente Kalibrierung und Validierung der Steuergeräteparameter ermöglichen. MOTIVATION ZUR EFFIZIENTEN STEUERGERÄTEKALIBRIERUNG Die Entwicklung der elektronischen Systeme in Fahrzeugantrieben schreitet rasant voran. So hat sich die Anzahl der Steuergeräteparameter in den letzten Bild 1: 12 IPEK X-in-the-Loop Framework Jahren um ein Vielfaches erhöht. Zum aktuellen Zeitpunkt beinhaltet der Antriebsstrang eines Fahrzeugs mehr als 44.000 Steuergeräteparameter. Diese Parameter beinhalten skalare Einzelwerte, Kennlinien und Kennfelder. Werden die kalibrierbaren Einzelwerte aufsummiert, so resultieren über 430.000 Werte, die alleine im Motor- & Getriebesteuergerät während der Produktentwicklung bedatet und abgesichert werden müssen. Aufgrund der Zunahme der elektronischen Systeme sowie der steigenden Vernetzung in Fahrzeugantrieben ist mit einem weiteren Anstieg des Parameterumfangs und somit auch der Systemkomplexität zu rechnen. Dabei stoßen die herkömmlichen Methoden der Kalibrierung und Validierung von Steuergeräteparametern an ihre Grenzen. Um die Komplexität dieser Systeme auch in zukünftigen Fahrzeuggenerationen zu beherrschen, sind neue Methoden und Ansätze erforderlich, die eine fehlerfreie sowie zeit- und kosteneffiziente Kalibrierung und Validierung von Steuergeräteparametern ermöglichen. DERZEITIGE FORSCHUNG Das IPEK - Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Bild 2: Vehicle-in-the-Loop Prüfstandsaufbau forscht derzeit in Kooperation mit einem Automobilhersteller daran, wie die effiziente Kalibrierung und Validierung von Steuergeräteparametern erfolgen kann. Dabei stellt die IPEK X-in-the-Loop (XiL) Methode (siehe Bild 1) unter anderem ein Framework als Basis für die immer wichtiger werdenden modellbasierten Methoden der Produktentwicklung zur Verfügung. So unterstützt das XiL-Framework bei der bedarfsgerechten Ergänzung bzw. Einbindung von virtuellen und physischen Systemen. Diese Ergänzung ermöglicht die Verlagerung des zu entwickelnden Systems (SUD – „System Under Development“) und/oder der angrenzenden Systeme in virtuelle, physische oder gemischt physisch-virtuelle Umgebungen (siehe Bild 2). Durch diese bedarfsgerechte Verlagerung wird die modellbasierte Kalibrierung und Validierung von Steuergeräteparametern möglich. So können Steuergeräteparameter analytisch aus Fahrer-, Fahrzeug- und Umweltmodellen abgeleitet werden und mit Hilfe weiterer Methoden, wie der statistischen Versuchsplanung (DoE), eine hohe Bedatungsqualität erreicht werden. Die modellbasierte Kalibrierung ermöglicht so eine umfangreiche und in Teilen vom Fahrzeug unabhängige Validierung der Steuergeräteparameter, die zu einer erheblichen Reduzierung des Zeit- und Kostenaufwands in der Fahrzeugentwicklung beiträgt. Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Albert Albers M.Sc. Mario Hasel Dr.-Ing. Matthias Behrendt IPEK - Institut für Produktentwicklung Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 Optimierungspotenziale bei Design von „Extended Products“ nutzen EU-Projekt FALCON mit 12 Partnern aus 8 Ländern beschäftigt sich mit der Gestaltung neuer Produkt-Service-Systeme – für eine wissensbasierte Konstruktion und neue Werkzeuge zur Produktentwicklung Nicht das Produkt allein, sondern die begleitenden Services entscheiden zunehmend über Markterfolge. Die Unterschiede liegen inzwischen immer weniger in den Produkten und Herstellungsprozessen. Es sind vielmehr die Services, die heute die Besonderheiten und den Mehrwert ausmachen. Unternehmen müssen zusätzliche Dienstleistungen bieten und individuelle Kundenwünsche umfassend wie zeitnah berücksichtigen. Gefragt sind komplexe Produkt-Service-Systeme, sogenannte „Extended Products“. Hier gibt es noch erhebliche Entwicklungs- und Optimierungspotenziale. Das neue EU-Projekt FALCON (Feedback mechanisms Across the Lifecycle for Customer-driven Optimization of iNnovative product-service design) beschäftigt sich mit dem Gewinnen und Verarbeiten von Nutzungsinformationen für die Gestaltung von Produkten und begleitenden Dienstleistungen. In dem dreijährigen Projekt forschen 12 Partner aus 8 Ländern zur semantischen Interoperabilität von Daten und der wissensbasierten Konstruktion neuer Produkt-Service-Bündel. Es wird mit knapp 4,6 Millionen Euro von der EU gefördert und vom BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen koordiniert. Sensoren und Soziale Medien Wertvolle Aufschlüsse für die Gestaltung von Extended Products ergeben sich aus der Beobachtung eines Produktes über seinen ganzen Lebenszyklus hinweg mithilfe neuer Sensor- sowie Informations- und Kommunikationstechniken. Die in heutige Produkte eingebetteten Sensorsysteme (Product Embedded Information Devices) und auch Feedbacks aus der Produktnutzungsphase in sozialen Medien könnten hilfreiche Informationen für ein besseres Produktdesign liefern. FALCON untersucht die beiden Nutzungsdatenquellen, wobei die systematische Auswertung der Quelle „Internet“ eine zentrale Rolle spielt. Über eine integrierte Software-Plattform soll die Realisierung neuer Extended Products unterstützt werden, in dem Benutzererfahrungen und Nutzungsdaten zusammengeführt, ausgewertet und in Form entsprechender produktbezogener Anforderungen an Produktentwickler, Programmierer und Designer weitergegeben werden. FALCON nutzt auch die Sensoren sowie IT-Module mithilfe einer „Collaborative Intelligence Software“ und entwickelt Werkzeuge für die Gestaltung neuer Produkt-Service-Bündel. Prof. Dr.-Ing. Klaus-Dieter Thoben Dipl.-Inform. Karl Hribernik Dipl.-Ing. Johannes Lützenberger BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik BIK - Institut für Integrierte Produktentwicklung Universität Bremen Methodos – Interaktives Methodenlernportal Ein Lernportal für Methoden in der Produktentwicklung hält Einzug in die Lehre der TU Braunschweig. Zentrale Aufgabe der Ausbildung im Bereich der Produktentwicklung ist die Vermittlung von Methodenwissen. Aktuelle Studien zeigen, dass der überwiegende Teil des Methodenwissens in der Industrie tätiger Ingenieurinnen und Ingenieure aus dem Studium stammt (Bavendiek et. al., 2014). Nur vereinzelt wird in der industriellen Praxis die Möglichkeit geboten, das während des Studiums erlernte Methodenwissen z.B. durch Schulungen zielgerichtet zu erweitern. Dies trifft insbesondere auf kleine und mittelständische Unternehmen zu. Maschinenbau-Unternehmen fordern aus diesem Grund bereits von Absolventen umfangreiche methodische Kenntnisse (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer, 2013). MOTIVATION DER PROBLEMSTELLUNG Bild 1: Einordnung des Methodenlernportals Methodos in den Qualifikationsrahmen von Bologna und Zuordnung zu den Lernzielen nach Bloom Die derzeitig in der Lehre an Universitäten eingesetzten didaktischen Methoden im Bereich der Produktentwicklung weisen einige Defizite auf. So werden überwiegend Lernziele wie Kenntnisse, Verständnis und Anwendung adressiert, kaum jedoch die Lernziele der Analyse, Synthese und Bewertung, die den späteren Ingenieur erst zur korrekten Anwendung und situationsspezifischen Anpassung von Methoden im Konstruktionsalltag befähigen (vgl. Bild 1). 13 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 Bild 2: Beispiel für die Nutzeroberfläche und den Funktionsumfang des Methodos-Portals Im Speziellen ist die Vermittlung einzelner Methoden z.B. zur Erarbeitung oder Bewertung von Lösungen für konstruktive Aufgabenstellungen im Rahmen von Vorlesungen und Übungen nur begrenzt geeignet, um das Methodenwissen während des Studiums nachhaltig entwickeln zu können. Zwar können Arbeitsschritte und Hilfsmittel einzelner Methoden vorgestellt werden, die für den nachhaltigen Lernerfolg erforderliche praktische Anwendung, idealerweise im Team, sowie die kritische Reflexion ist aufgrund der zeitlichen Einschränkungen im Rahmen der Lehrveranstaltungen oftmals nicht möglich. Um diesem Defizit zu begegnen, werden am Institut für Konstruktionstechnik, TU Braunschweig, in einzelnen Vorlesungen seit einigen Semestern „Lernprojekte“ durchgeführt, in denen ausgewählte Methoden in Kleingruppen unter Anleitung praktisch angewendet werden. Die Auswertung dieser Lernprojekte zeigt, dass insbesondere die Reflexion der Methodenanwendung zum gewünschten Lernerfolg beiträgt. Diese Lernprojekte erreichen jedoch nur einen kleinen Teil der Studierenden. KONZEPT “METHODOS” Aufbauend auf der im Verbundprojekt GINA – Ganzheitliche Innovationsprozesse in modularen Unternehmensnetzwerken – realisierten Methodensammlung (Franke et. al., 2003) wurde am Institut für Konstruktionstechnik ein Konzept für ein interaktives Methodenassistenzsystem (Methodos) entwickelt. In einem online14 verfügbaren Portal werden strukturierte Methodenbeschreibungen bereitgestellt und die Auswahl geeigneter Methoden für einzelne Arbeitsschritte im Produktentwicklungsprozess unter Berücksichtigung z.B. personeller und zeitlicher Randbedingungen unterstützt. Zunächst lag der Fokus bei der Entwicklung des Methodenassistenzsystems auf Anwendern aus der Industrie. Da in Untersuchungen jedoch das Studium als zentrale Quelle für Methodenwissen identifiziert wurde, fand in weiteren Arbeiten eine Anpassung des Methodenportals auf die Anforderungen der Lehre statt. So sollen ergänzend über die in Lehrveranstaltungen bestehenden Methodenbeschreibungen in Skripten über das Portal detaillierte Nutzungshinweise gegeben, Hintergrundwissen vermittelt und Hilfsmittel für die Methodenanwendung z.B. in Form von Formularen zur Verfügung gestellt werden. Ein zentraler Aspekt des Methodos-Portals ist dessen Interaktivität. Das heißt in diesem Kontext, dass den Nutzern die Möglichkeit geboten wird, innerhalb eines Diskussionsbereiches Erfahrungen der Anwendung einzelner Methoden zu beschreiben und sich somit auszutauschen. Zusätzlich können einzelne Methoden auf einer Punkteskala bewertet und rezensiert werden, sodass z.B. Hinweise für sinnvoll erscheinende Anpassungen bei der Beschreibung oder der Methode selbst kommuniziert werden können. Insbesondere für die Lehrenden können hieraus wertvolle Informationen zur kontinuierlichen Verbesserung der Lehrinhalte gewonnen werden. Zudem treten die Lehrenden innerhalb des Portals als Moderatoren und Autoren einzelner Methodenbeschreibungen auf und leiten aus den Erfahrungsberichten und Bewertungen z.B. Anpassungen der Beschreibungen bestehender Methoden ab oder ergänzen weitere Methoden. Als weitere Inhalte des Portals werden zu einigen Methoden Videos oder Tutorials zur Verfügung gestellt (vgl. Bild 2). Dieses zusätzliche Medium dient zur umfassenden Darstellung der Lehrinhalte, soll das Interesse der Studierenden wecken und unterschiedliche Formen der Aneignung unterstützen. Auf diese Weise kann ein Beitrag zu den im Leitfaden der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktentwicklung aufgestellten Thesen zur Produktentwicklung in der Lehre geleistet werden (vgl. Binz, 2013, These 14 und 17). Das Methodos-Portal bietet den Studierenden zusammen mit den regulären Lehrveranstaltungen (Vorlesung, Übung) verschiedene Optionen, Wissen durch aktive Eigenarbeit zu erwerben und ebenso direktes Feedback an die Lehrenden weiterzugeben. Auch zeigt sich in ersten Befragungen von Studierendengruppen, dass speziell das Video als Lehrmedium überzeugen konnte. Die Ergebnisse nach der Anwendung der neu erlernten Methode waren bei Nutzung des Videos oder Tutorials zur Methodenaneignung durchweg gut. Zur Erleichterung des Umgangs mit dem Methodenlernportal können für einzelne Nutzergruppen zielgerichtet Inhalte und Suchoptionen eingeschränkt werden. So stehen der Übersicht halber z.B. bei Zuordnung zu einer Lehrveranstaltung nur die dort behandelten Methoden zur Auswahl. Für unerfahrene Nutzer beispielsweise zu Beginn des Studiums kann ebenfalls eine begrenzte Auswahl von Methoden und Auswahlkriterien eingestellt werden. Bei vollen Suchumfangsoptionen stehen Auswahlmöglichkeiten unter anderem aus den Bereichen Aufgabe, Team und Produkt zur Verfügung, wodurch beispielsweise die Teamgröße, die Konstruktionsart oder der zeitliche Rahmen berücksichtigt wird. Die Suchoptionen sind praxisbezogen gewählt, das heißt, es werden auch Auswahlkriterien mit Relevanz für den Einsatz in der Industrie bereitgestellt. Auf diese Weise soll den Studierenden der Nutzen auch für den späteren Alltag im Unternehmen vor Augen geführt werden. Durch die Einführung des Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 barkeit des Methodenlernportals über die einzelnen Lehrveranstaltungen hinaus soll zudem die eigenständige und problembasierte Methodenauswahl und -nutzung z.B. während der Bearbeitung studentischer Arbeiten unterstützen. Langfristig bietet das Methodenlernportal Methodos eine einfache Möglichkeit, um den Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden zu fördern (vgl. Bild 3) und somit den Studierenden auf ihre Bedürfnisse angepasste Lehrinhalte bereitzustellen. AUSBLICK Bild 3: Das Methodos-Portal als zentraler Bestandteil des Austauschs zwischen Lehrenden und Lernenden Methodenportals in einzelnen Lehrveranstaltungen kann das Methodenwissen der Studierenden schrittweise erweitert werden. Hierzu werden ausgewählte Methoden fokussiert und anschließend sukzessive um weitere Methoden für unterschiedliche Zwecke in weiterführenden Lehrveranstaltungen ergänzt. Die Verfüg- Im Rahmen weiterer Arbeiten soll das interaktive Methodenlernportal Methodos in allen Lehrveranstaltungen des Instituts für Konstruktionstechnik eingeführt und die dort behandelten Methoden bereitgestellt werden. Darüber hinaus ist eine fachübergreifende Nutzung des Lernportals denkbar, um beispielsweise Methoden in anderen Fachdisziplinen, wie der Elektrotechnik oder der Informatik, ebenfalls auf diese Weise abzubilden. Durch die Ergänzung didaktischer Methoden könnten den Studierenden weiterhin Lernstrategien vermittelt werden, die in der Regel nicht im Rahmen des Ingenieursstudiums im Curriculum enthalten sind. Insgesamt bietet ein derartiges Methodenlernportal ein großes Potential, um die Lehrinhalte praxisnah und ansprechend für die junge Generation an Studierenden zu vermitteln. Semesterbegleitende Evaluationen in den kommenden Semestern werden zeigen, inwiefern eine Verbesserung der Lehre durch diese Maßnahme erzielt werden konnte. Langfristig ist darüber hinaus eine Integration des Portals in das E-LearningKonzept der TU Braunschweig geplant. Das vorgestellte Projekt wird aus Studienqualitätsmitteln des Landes Niedersachen gefördert. Prof. Dr.-Ing. Thomas Vietor Dipl.-Ing. David Inkermann, Ann-Kathrin Bavendiek, M.Sc. Institut für Konstruktionstechnik Technische Universität Braunschweig BMBF Verbundprojekt mecPro² Modellbasierter Entwicklungsprozess cybertronischer Produkte und Produktionssysteme Heutige technische Systeme zeichnen sich durch immer komplexere Funktionen und Strukturen aus, die während ihrer Entwicklung Zugriff auf das Know-how verschiedenster Ingenieurdisziplinen benötigen. Die Disziplinen müssen kooperativ, teils über Unternehmensgrenzen hinweg, an einer innovativen Lösung zusammenarbeiten. Aspekte, wie z.B. mangelndes gegenseitiges Verständnis, erschweren eine interdisziplinäre Entwicklung. Insbesondere die Entwicklung stark vernetzter, intelligenter mechatronischer Systeme, sogenannter cybertronischer Systeme, erfordert ein Überdenken der heutigen Konstruktionsmethoden, Entwicklungsprozesse, IT-Lösungen und Organisationsformen in Unternehmen. Cybertronische Systeme bzw. deren Elemente erweitern die Fähigkeiten mechatronischer Systeme um die Kommunikation und Kooperation mit anderen Elementen zur Erfüllung spezifischer, gemeinsamer Aufgaben. Aufgrund des hohen Anteils an Software- und Elektronikkomponenten sowie der starken Vernetzung erfüllen konventionelle Entwicklungsprozesse z.B. aus der Mechanik oder der Mechatronik die hohen Anforderungen von cybertronischen Systemen nicht in ausreichendem Maße. Aus diesem Grund wird im Rahmen des Forschungsprojektes mecPro² ein modellbasierter Entwicklungsprozess für cybertronische Produkte und Produktionssysteme erarbeitet. ZIELSETZUNG Bild 1: Vorgehen für eine modellbasierte und integrierte Entwicklung von cybertronischen Pro dukten (CTP) und Produktionssystemen (CTPS) Ziel des Projektes ist die Entwicklung und Validierung eines Prozessrahmenwerks mit dazugehörigem Datenmodell zur integrativen Entwicklung von cybertronischen Produkten und Produktionssystemen, das sich an Konzepten des modellbasierten 15 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 Systems Engineering (MBSE) orientiert. Dadurch soll es ermöglicht werden, die vielfältigen Anforderungen der in hohem Maße komplexen und interdisziplinären Systeme zu erfüllen. Durch den durchgehend modellbasierten und integrierten Prozess sollen Doppelentwicklungen und Medienbrüche vermieden, die Entwicklungszeit verkürzt und somit eine Effizienzsteigerung im Entwicklungsprozess erreicht werden. Durch eine Integration der Ergebnisse in Product Lifecycle Management (PLM)-Lösungen, die als Kollaborationsplattform über alle Phasen des Entwicklungsprozesses hinweg dienen, soll eine interdisziplinäre Entwicklung unterstützt werden. guage (SysML) beschrieben. Im Folgenden werden, zunächst separat für cybertronische Produkte und Produktionssysteme, die Subprozesse weiter ausdetailliert. Parallel dazu werden mehrere Anwendungsszenarien entwickelt, die über den Projektverlauf hinweg als durchgehendes Beispiel dienen. Im Anschluss werden die beiden Prozesse integriert, indem Synchronisationsschnittpunkte identifiziert und in einem gemeinsamen Datenmodell abgebildet werden (siehe Bild 1). Der Prozess bzw. das Datenmodell werden abschließend in PLM-Lösungen implementiert und anhand der Anwendungsszenarien validiert. VORGEHEN Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion von morgen“ (Förderkennzeichen 02PJ2573) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Neben der Analyse spezifischer Charakteristika cybertronischer Produkte und Produktionssysteme werden vorhandene Vorgehensmodelle aus der Produktentwicklung (Mechanik, Elektrik/Elektronik, Software, Mechatronik und Systems Engineering) und der Produktionssystemplanung auf ihre Anwendbarkeit hin analysiert. Darauf aufbauend wird ein Prozessrahmenwerk mit einer dazugehörigen Beschreibungssystematik entwickelt. Dabei werden sowohl Struktur als auch Verhalten in der Systems Modeling Lan- Siemens AG, Siemens Industry Software GmbH & Co. KG, UNITY AG. Universitäre Partner des Projektes sind: TU Kaiserslautern mit den Lehrstühlen FBK, KIMA und VPE sowie TU Berlin mit dem Fachgebiet KFZ. FÖRDERUNG Industrielle Partner des Projektes sind: Contact Software GmbH, Continental AG, Daimler AG, :em engineering methods AG, Schaeffler Technologies AG & Co. KG, http://www.mecpro.de Prof. Dr.-Ing. Christian Schindler Dipl.-Ing. Marcel Cadet Lehrstuhl für Konstruktion im Maschinenund Apparatebau (KIMA), TU Kaiserslautern Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Muggeo Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung (VPE), TU Kaiserslautern Kooperation zwischen Kärcher und dem IKTD zur Einführung eines Ideenprozesses Das IKTD der Universität Stuttgart und die Firma Alfred Kärcher GmbH & Co. KG pflegen eine mehrjährige Kooperation zur Einführung und zielgerichteten Anwendung eines speziell angepassten Ideenprozesses. Zahlreiche Autoren beschäftigen sich in den letzten Jahren mit der Frage, welche Schritte zu welchem Zeitpunkt im Produktentwicklungsprozess durchgeführt werden sollten. Den frühen Phasen der Produktentwicklung wird dabei eine zunehmende Bedeutung eingeräumt. Hinter dem Begriff „Frontloading“ verbirgt sich in diesem Zusammenhang das Verschieben von Inhalten aus späteren Phasen des Produktentwicklungsprozesses in eine frühere Phase (oft Planungsphase o. ä. genannt). Im Rahmen dieser Thematik hat sich das Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Universität Stuttgart mit der Frage beschäftigt, 16 wie in dieser frühen Phase die erfolgversprechendsten Produktideen identifiziert werden können. Dabei entstand ein Ideenprozess, der aus verschiedenen, aufeinander abgestimmten Schritten der Ideendetaillierung, -bewertung und -selektion besteht. Jeder dieser Schritte wurde durch die Entwicklung geeigneter Methoden und Werkzeuge ausgestaltet. Diese wurden in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen immer wieder erprobt, sodass ein in der Unternehmenspraxis anwendbares und zugleich fundiertes Hilfsmittel erarbeitet werden konnte. In diesem Zusammenhang muss jedoch betont werden, dass dieser Prozess nicht in jedem Unternehmen auf exakt dieselbe Art und Weise Verwendung finden kann. Stattdessen ist eine Anpassung an die spezifischen Randbedingungen des jeweiligen Unternehmens erforderlich. Der Ideenprozess muss insofern als generische Basisversion verstanden werden, dessen Schritte, Methoden und Werkzeuge auf jedes Unternehmen speziell ausgerichtet werden müssen. EINFÜHRUNGSPROZESS Der oben beschriebene generische Ideenprozess wurde als Basis für eine mehrjährige enge Kooperation der Firma Alfred Kärcher GmbH & Co. KG, Abteilung Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 ERGEBNISSE Bild 1: Einführungsphase zur Anpassung des generischen Ideenprozesses auf die Firma Kärcher Development Home Cleaning Residential Products, und dem IKTD verwendet. Nach dem Erkennen eines Bedarfs zur weiteren Optimierung der frühen Phasen der Produktentwicklung, wurde der IKTD-Ideenprozess als geeignetes Mittel zur Unterstützung dieser Optimierung identifiziert. In der Folge wurden im Rahmen einer systematisch durchgeführten Einführungsphase zunächst die Randbedingungen sowie die Anforderungen des Unternehmens an den Ideenprozess erarbeitet. Dieser und die folgenden Schritte der Einführungsphase wurden in enger Kooperation zwischen den Fachexperten der Firma Kärcher und den Methodenexperten des IKTD durchgeführt, siehe Bild 1. Auf diese Weise konnten nach der Vorstellung und Diskussion eines ersten Konzepts des Kärcher-Ideenprozesses die dazugehörigen Methoden und Werkzeuge an das Unternehmen angepasst werden. In der Folge stand ein detailliert ausgearbeiteter Prozess, mitsamt den dazugehörigen Methoden zur Unterstützung der Mitarbeiter, zur Verfügung. Nach ersten Erprobungen, der Umsetzung einzelner Optimierungen sowie ersten Schulungen konnte der Prozess offiziell eingeführt werden. Die Ergebnisse der bisher durchgeführten Erprobungen zeigen ein sehr positives Bild. Der Ideenprozess wird als gut anwendbar und sehr hilfreich empfunden, insbesondere beim systematischen Bewerten und Weiterentwickeln der Produktideen. Auch auf einer detaillierten Ebene, beispielsweise mit Blick auf die verwendeten Bewertungskriterien, wurde ein positives Fazit gezogen. Die Kriterien unterstützen das Unternehmen beim frühzeitigen Erkennen der relevanten Hindernisse sowie beim Fokussieren auf die für den Kunden relevanten Aspekte einer Produktidee. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das speziell für Kärcher angepasste Vorgehen auf Basis des generischen IKTD-Ideenprozesses bei der Identifikation der erfolgversprechendsten Produktideen eine große Unterstützung bietet. So kann es gelingen, die Kärcher-Produkte zukünftig noch besser auf die Kundenwünsche und -bedürfnisse auszurichten. Darüber hinaus zeigen erste Untersuchungen in anderen Abteilungen der Firma Kärcher, dass auch hier die genannten positiven Effekte zu erwarten sind. Ein Übertrag des Prozesses auf die in Frage kommenden Abteilungen ist daher in Planung. Prof. Dr.-Ing. Hansgeorg Binz Dipl.-Ing. Mathias Messerle Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) Universität Stuttgart Elektrowerkzeuge auf dem Prüfstand Gemeinsam mit Partnern aus der Gerätebranche entwickelt das IPEK – Institut für Produktentwicklung im Rahmen der industriellen Gemeinschaftsforschung Validierungsmethoden und Prüftechnik für Geräte. Produktentwicklungsprozesse sind geprägt von Unsicherheiten. Diese gilt es möglichst früh auszuräumen. Besonders wichtig wird das, wenn Produktentwicklungsprozesse verkürzt und durch Methoden wie das Simultaneous Engineering Produkt- und Produktionsentwicklung parallelisiert werden (Ehrlenspiel, 2009). In der Gerätebranche ist diese Entwicklung durch Kostendruck und größer werdenden internationalen Wettbewerb getrieben. Der funktionalen Absicherung von handgehaltenen Geräten wird heutzutage in Unternehmen z.B. durch den Einsatz von Bremsenprüfständen sowie Handtests Rechnung getragen. Diese beiden Arten der Validierung sind für die Qualifizierung von seriennahen Prototypen geeignet. In frühen Produktentwicklungsphasen, in denen beispielsweise Spritzgussteile noch nicht vorhanden sind, ist die Validierungsaktivität jedoch eine Herausforderung. Die Branche sieht in der Funktionsprüfung auf Komponentenebene, ohne dass das Gesamtgerät physisch vorliegen muss, großes Potential. Für eine solche Teilsystemprüfung fehlt eine geeignete Methode inklusive Prüfumgebung, die die zu untersuchenden Teilsysteme wie beispielsweise das Getriebe so einbinden kann, dass Einflüsse aus Umwelt, Anwendung und Wechselwirkungen im Gerät abgebildet werden. 17 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 VON DER ANWENDUNG ZUR PHYSISCHEN PRÜFUMGEBUNG dungen. Die Besonderheit liegt bei der Wahl der Messgrößen – die Belastung wird Für die Abbildung von mechanischen Be- durch indirekte Größen erfasst. Während in lastungen eines Bauteils innerhalb eines klassischen Ansätzen die Belastung durch handgehaltenen Geräts in einer Prüfum- Kraft- und Drehmomentsensorik quantigebung ist es notwendig, die Belastung fiziert wird, wird für die Bestimmung der aus einem anwendungsnahen Umfeld Belastung des Winkelschleifertriebstrangs zu kennen. Hierzu müssen Anwendungs- der aus der Belastung resultierende Verforfälle aus Sicht des Kunden berücksichtigt mungszustand gemessen. Im Gegensatz und Testfälle definiert werden. Für Test- zu Drehmoment- und Kraftsensoren müsfälle, die in der Prüfumgebung unter- sen Abstandssensoren zur Messung des sucht werden sollen, müssen Vorgaben Verformungszustands nicht in den Kraftfür Testroutinen festgelegt werden. Um fluss integriert werden. Dadurch wird die diese Vorgaben so realistisch wie möglich Unterbringung von Sensoren in dem zur zu gestalten, werden am IPEK – Institut Verfügung stehenden Bauraum des handfür Produktentwicklung gemeinsam mit gehaltenen Geräts einfacher und der Einder Forschungsgemeinschaft Werkzeuge fluss der Sensorik auf das Geräteverhalten und Werkstoffe e.V. im Rahmen der an- minimal. Ein mit Messtechnik ausgestatter gewandten industriellen Forschung (AiF) Winkelschleifer ist in Bild 1 dargestellt. mit Messtechnik ausgestattete Winkel- In diesem Gerät können vierzehn Messschleifer in relevanten Anwendungsfällen größen, vom aktuellen Drehwinkel bis untersucht. Die Messtechnik ermöglicht hin zu Bauteilverformungen, dynamisch die Erfassung des Gerätezustands bei ver- erfasst werden. Bei der anschließenden schiedenen Einsatzzwecken und Anwen- Nutzung der gemessenen Größen in einer Prüfumgebung kann die gemessene Verformung als Vorgabegröße genutzt werden. Durch Aktoren werden die Bauteile derart belastet, dass sich äquivalente Verformungen einstellen. So ist es beispielsweise möglich, dass das Winkelgetriebe anwendungsäquiBild 1: Mit Messtechnik ausgestatteter Winkelschleifer valent inklusiv dem Einfluss des Anwenders untersucht werden kann, ohne dass das Gesamtgerät mit Gehäuse auf dem Prüfstand als Hardware vorliegen muss. Diese Möglichkeit bietet den Vorteil, dass Komponenten separat vom Gesamtsystem getestet werden können und gleichzeitig das Verhalten des Gesamtsystems und der Einfluss des Anwenders und des Untergrunds Berücksichtigung finden. DIE NÄCHSTEN SCHRITTE Im nächsten Schritt werden die ermittelten Belastungsgrößen auf dem am IPEK entwickelten Teilkomponentenprüfstand genutzt. Damit können unterschiedliche Anwendungsfälle am Prüfstand gezielt eingestellt und untersucht werden. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, dass daraus resultierende Ergebnisse auf neue Winkelschleifergenerationen übertragen und Komponenten deutlich früher in der Produktentwicklung als bisher funktional abgesichert werden können. Das IGF-Vorhaben (18196N) der Forschungsvereinigung Werkzeuge und Werkstoffe (FGW) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Prof. Dr.-Ing. Sven Matthiesen M.Sc. Thomas Gwosch Lehrstuhl für Maschinenelemente und Gerätekonstruktion IPEK – Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Ökobilanzierung von Produkten in der frühen Entwicklungsphase Bestimmung der ökologischen Auswirkungen von Produkten über die vier Lebenszyklusphasen Die Projektgruppe „Ressourceneffiziente mechatronische Verarbeitungsmaschinen“ (RMV) des Fraunhofer IWU erforscht Strategien zur ressourceneffizienten Produktion. Das Augenmerk liegt dabei auf der Sicherstellung der Nachhaltigkeit sowie der Realisierung von Ressourceneinsparpotentialen auf dem Gebiet der Anlagentechnik. 18 Ausgangssituation und Zielsetzung Die Umweltfreundlichkeit von Produkten ist in den letzten Jahren zu einem Wettbewerbsfaktor gegenüber Endkunden und OEMs geworden. Die Umweltfreundlichkeit von Produkten wird zu einem großen Teil schon in der frühen Produktentwicklungsphase festgelegt, da dort Materialien und Fertigungsprozesse ausgewählt werden. Somit besteht während dieser Phase ein großes Optimierungspotenzial. Um dieses Potenzial zu nutzen, ist eine Transparenz bzgl. der Umweltwirkungen auf Baugruppen- und Bauteilebene erforderlich. Diese ist in der Praxis während der Produktentwicklungsphase jedoch nur sehr selten gegeben. Die Umweltwirkungen von Pro- Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 dukten können mit Hilfe einer Ökobilanzierung gemäß DIN EN ISO 14040 und 14044 bestimmt werden. Diese wird im Regelfall jedoch erst für abgeschlossene Produkte durchgeführt, in denen die eingesetzten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe genau gemessen werden können. Im Gegensatz dazu ist die Datenlage während der Produktentwicklungsphase noch ungenau. Zusätzlich existiert die Anforderung, dass die Umweltwirkungen schnell und mit begrenztem Arbeitsaufwand zu bestimmen sind. Dies schließt den Einsatz von professioneller Ökobilanzierungssoftware aus, die auf Grund ihres großen Funktionsumfanges eine lange Einarbeitungszeit erfordern. Somit wird ein Werkzeug benötigt, welches den Entwickler in seinem Arbeitsumfeld bei der Abschätzung der Umweltauswirkungen des Produktes und bei der frühzeitigen Erarbeitung von Gestaltungsalternativen unterstützt. Softwaretool Zu diesem Zweck wurde an der Projektgruppe RMV des Fraunhofer IWU ein Softwaretool entwickelt, welches den Entwickler in der frühen Produktentwicklungsphase unterstützt. Das Softwaretool zeichnet sich durch seine klare hierarchisch gegliederte graphische Benutzeroberfläche aus, welche sich in ihrem Bild 1: Aufbau an der DIN 6789 orientiert. An das Softwaretool ist eine interne Datenbank angebunden, welche Informationen zu den eingesetzten Materialien, Prozessen, Logistikarten, Norm- und Gleichteilen bereitstellt. Durch das Anlegen unterschiedlicher Produktvarianten kann ein Vergleich in Hinblick auf die Umweltauswirkungen durchgeführt werden. Ferner ist eine Aufschlüsselung der Umweltauswirkungen entsprechend den vier Lebenszyklusphasen Gewinnung, Produktion, Nutzung und Lebensende möglich (s. Bild 1). Ökologierohdaten Eine zentrale Herausforderung stellt die Bereitstellung einer validen Datenbasis, über alle vier Lebenszyklusphasen, dar. Zum einen wurde eine Methode zur Erhebung der Daten für alle vier Lebenszyklusphasen entwickelt. Aufbauend auf verschiedenen Datenquellen mit unterschiedlichen Betrachtungshorizonten wurden diese zusammengeführt. Zum anderen wurde ein Vorgehen zur Einbeziehung des Recyclinggrades von Materialien erarbeitet. Der Recyclinggrad ist insofern besonders relevant, als dass er einen signifikanten Einfluss auf die kumulierten Umweltwirkungen eines Produktes haben kann. Zusammenfassung Die umweltschonende Herstellung von Produkten gewinnt durch die Nachfrage von Endkunden und OEMs zunehmend an Bedeutung. Um bereits frühzeitig in der Produktentwicklung Potentiale in Bezug auf eine umweltschonende Gestaltung von Produkten zu identifizieren, ist eine Abschätzung der Umweltwirkungen durchzuführen. Zu diesem Zweck wurde ein Softwaretool entwickelt, welches den Produktentwickler durch alle Entwicklungsphasen begleitet, von einer anfänglichen Abschätzung bis hin zu einer detaillierten Ökobilanz. Danksagung Die Arbeit entstand im Rahmen des Projektes Green Factory Bavaria, finanziert durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Prof. Dr.-Ing. Gunther Reinhart Dipl.-Ing. Thilo Martens Dipl.-Ing. Eric Unterberger M. Sc. Christian Gebbe Projektgruppe Ressourceneffiziente mechatronische Verarbeitungsmaschinen (RMV) des Fraunhofer IWU Graphisches Interface zur Überprüfung der ökologischen Auswirkungen von Produkten 19 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 contactUS! – Wirtschaft trifft Wissenschaft Ein MWK-gefördertes Projekt für die Verbesserung von Kooperationen zwischen Universität und Industrie Mit dem 2013 ins Leben gerufenen Projekt contactUS! baut die Universität Stuttgart ihre Kontakte zur Wirtschaft aus. Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) erhalten so einen direkten Anlaufpunkt, bei dem sie auf der Suche nach der richtigen Ansprechperson an der Universität Stuttgart unterstützt werden. Neben einem Überblick über die Forschungsschwerpunkte der Universität vermittelt contactUS! fachlich passende Kontakte. Zudem unterstützt contactUS! Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Einrichtungen der Universität dabei, partnerschaftliche Projekte mit Unternehmen aufzubauen, um innovative Lösungen für konkrete Herausforderungen aus dem unternehmerischen Tätigkeitsfeld zu entwickeln. Darüber hinaus will contactUS! die Wirtschaft frühzeitig in Forschung, Lehre und Weiterbildung einbeziehen mit dem Ziel, langfristige, strategische Beziehungen zwischen Unternehmen und der Universität aufzubauen und zu stärken. ÜBER CONTACTUS! Das dienstleistungsorientierte Kontaktund Serviceprojekt contactUS! besteht aus zwei Bausteinen: einer zentralen Kontaktstelle – als Anlaufstelle für Anfragen von außen und als Koordinatorin zur Stärkung von Verbindungen zur Wirtschaft – und einer dezentralen Projektstelle, die themenspezifische, interdisziplinäre Verbundprojekte mit Instituten und Unternehmen initiiert und koordiniert. Gefördert über den Innovations- und Qualitätsfonds (IQF) des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, hat sich contactUS! die schnelle, effiziente und thematisch spezifische Vermittlung zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und der Industrie als Ziel gesetzt. Gleichzeitig wird neben dem Kontaktmanagement auch ein Weg zur optimalen Initiierung und Durchführung gemeinsamer Projekte anhand von Pilotprojekten untersucht. Unternehmen finden über contactUS! Unterstützung bei Forschungskooperationen mit der Universität – sei es Auftragsforschung, Kooperationsforschung, praxisbezogene 20 Abschlussarbeiten, Lizenzvergaben, Messungen, Analysen oder Gutachten. WISSENS- UND TECHNOLOGIETRANSFER Die zentrale Kontaktstelle von contactUS! fungiert gleichzeitig als Geschäftsstelle des Prorektors für Wissens- und Technologietransfer der Universität Stuttgart. Durch Kontaktvermittlung leistet das Projekt die notwendige Vorarbeit, die einen erfolgreichen Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft bidirektional ermöglicht. Für Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft können relevante Themen und Herausforderungen durch die Wissenschaft wahrgenommen und in die Forschung aufgenommen werden, um fortschrittsstiftend neue Lösungen und Erkenntnisse zu erarbeiten. In diesem Sinn unterstützt contactUS! auch das Ziel der Universität, national und international als zuverlässiger und visionärer Partner und als Wegbereiter für Innovationen wahrgenommen zu werden. In diesem Zusammenhang ist die Sichtbarmachung der Forschungsleistung – beispielsweise durch fakultätsübergreifende Messeauftritte – ein weiterer großer Aufgabenbereich des Projekts. Transferprozesse in der Praxis laufen, was sie erfolgreich macht und was potentielle Hemmnisfaktoren sein können, aber auch wie das Wissen darum institutionell verankert und nachhaltig verstetigt werden kann. De facto wird mit contactUS! die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft durch eine intensivere Vernetzung nach innen und außen sowie durch effektive Kommunikation verbessert. Bild 1: Frau Sabine Cornils, die zentrale An- sprechpartnerin der Universität Stuttgart für Fragen und Anliegen zu Kooperationen zwischen Unternehmen und der Universität mit ihren Instituten und Einrichtungen Bild 2: contactUS! ist die Anlaufstelle der Universität Stuttgart für Unternehmen aus allen Bereichen der Wirtschaft MEHRWERT Aus gesamtuniversitärer Sicht besteht der Mehrwert des fakultätsübergreifenden Projekts contactUS! insbesondere im Aufbau strategischer Partnerschaften für langfristige Kooperationen. Eine starke und stabile Vertrauens- und Kontaktbasis zu Wirtschafts- und Industriepartnern birgt Potenzial für Sprunginnovationen. Projekte, die traditionelle Fach- und Institutsgrenzen überwinden, sind häufig produktiver und kreativer, insbesondere wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Technikerinnen und Techniker, sowie Wirtschaftsfachleute mit einander ergänzender Erfahrung und Kompetenz ihre vertieften Fachkenntnisse erfolgreich zusammenführen. Daneben gibt es sowohl ein wissenschaftliches als auch ein wirtschaftliches Desiderat nach mehr Erkenntnissen darüber, wie komplexe Prof. Dr.-Ing. Bernd Bertsche Dipl.-Ing. Nika Nowizki Institut für Maschinenelemente Universität Stuttgart Ansprechpartnerin: Sabine Cornils Rektoratsbüro Universität Stuttgart Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 Industrie 4.0: China auf der Überholspur Patentanalyse des Fraunhofer IAO zeigt Chinas Vorsprung im Bereich Industrie 4.0 hierzu ist. Im Zeitraum von 2013 bis 2015 wurden von chinesischen Unternehmen und Fo r s c h u n g s e i n richtungen über 2541 Erfindungen auf dem Gebiet von Industrie 4.0 generiert. Die Vereinigten Staaten stehen mit 1065 Erfindungen weit Bild 1: Industrie-4.0-Erfindungen in den USA, Deutschland und China seit hinter China, ge2013 folgt von DeutschDas Fraunhofer IAO analysiert im Rahmen land mit 441 Erfindungen auf dem dritten des Forschungsprojektes »China-Tech- Platz (Siehe Bild). Chinesische UnternehWatch« technologische Entwicklungen men und Forschungseinrichtungen sind chinesischer Unternehmen auf dem Gebiet sehr aktiv auf den Gebieten der drahtlosen von Industrie 4.0. Bei den Patentanmel- Sensornetzwerke, industriellen Bus-Topodungen hat China die USA und Deutsch- logien, Embedded Systems, druckbare land bereits weit hinter sich gelassen und RFID-Tags sowie Inspektionsroboter. Im mehr Patente angemeldet als beide Länder Schnitt generiert China auf dem Gebiet Inzusammen. Die Patentanalyse zeigt, dass dustrie 4.0 ca. 1000 Erfindungen pro Jahr. Chinas Technologieaktivitäten derzeit inhaltlich mit hoher Priorität auf energie- FORSCHUNGSPROJEKT »CHINA effiziente industrielle Sensornetzwerke TECHWATCH« sowie auf künstliche Intelligenz abzielen. Die bloße Zahl der chinesischen AnmelChina scheint eine Metamorphose zum dungen sagt nicht viel über die tatsächliQualitätsproduzent zu durchlaufen. che Innovationskraft der Erfindungen aus. Experten schätzen den Anteil der wirklich innovativen Ansätze momentan als noch INDUSTRIE 4.0 IN CHINA Chinas Regierung verkündete im März ziemlich gering ein. Nur rund 35 Prozent 2015 das strategische Programm »Made der chinesischen Patentanmeldungen gein China 2025«. Damit wird China den von nügen den Kriterien der Patentfähigkeit. Deutschland geprägten Begriff »Industrie Für ein effizientes China-Patent-Monito4.0« mit konkreten Maßnahmen umsetzen. ring besteht die Herausforderung darin, Dazu gehört das Erarbeiten von politi- mit vertretbarem Aufwand jene hochwerschen Rahmenbedingungen, Standortstra- tigen Erfindungen aus der Vielzahl der tegien sowie von Förderprogrammen für Schriften zu identifizieren. Das Fraunhofer die Digitalisierung der Produktion. China IAO hat daher im Rahmen des Forschungsist die größte Produktionsnation und projekts »China TechWatch« ein Monimöchte sich in den nächsten zehn Jahren toring-System entwickelt, welches zwei zum Qualitätsproduzent hin entwickeln. IT-unterstützte Bewertungsmethoden verDeutschland ist bei diesem digitalen Wan- einigt: del der Wunschpartner – mit allen Chancen und Risiken für unsere Wirtschaft. Die • Semi-automatische Bewertung der Qualität chinesischer Erfindungen Untersuchung »Aktuelle Entwicklungen von Industrie 4.0 in China« des Fraunhofer • Semi-automatische Bewertung der technologischen Kompetenzen chiIAO hat gezeigt, dass China das aktivste nesischer Unternehmen Land hinsichtlich der Patentanmeldungen Beide Bewertungsmethoden greifen sowohl auf öffentlich zugängliche chinesische Datenquellen zu – u.a. Informationsplattformen wie news.baidu.com (chinesische Nachrichten) und zhaopin. com (Jobbörse) – sowie auf chinesische Smart-Data-Quellen – u.a. istic.com.cn (chinesische wissenschaftliche Publikationen) und chinesische Patent-datenbanken. Die dort ermittelten technischen und wirtschaftlichen Informationen werden statistisch und semantisch ausgewertet. Zusätzlich zu den relevanten Patenten lassen sich auch relevante Forschungseinrichtungen, Wettbewerber und potenzielle Kunden und/oder Partner identifizieren. Aus den Daten können Informationen zu potenziell relevanten Einrichtungen hinsichtlich • • • • Relative Technologieposition F&E-Themenschwerpunkte F&E-Personalressourcen Vernetzungsaktivitäten gewonnen werden. VERTIEFENDE TECHNOLOGIESTUDIEN Das Fraunhofer IAO wird ab Juni 2015 halbjährlich die englischsprachige Technologiestudie »Industry 4.0 - Chinese Patents« veröffentlichen. Hierbei werden rund 1000 chinesische Patente analysiert. Es werden die Technologien der 50 wichtigsten chinesischen Patentveröffentlichungen eines Halbjahrs mithilfe von Industrie 4.0-Experten qualitativ analysiert und in Steckbriefen zusammengefasst. Die Technologiestudie kann zukünftig unter https://shop.iao.fraunhofer.de bestellt werden. Die Lieferung erfolgt jeweils zum 15. Juni und 15. Dezember des Jahres. Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Bauer Dipl.-Wirtsch.-Ing. Truong Le Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO 21 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 KFZ-Getriebe im Prüflauf mit Körperschall überwachen Die Erfassung und Auswertung von Schwingungs- und Körperschalldaten ermöglicht ein bedarfsgerechtes Monitoring von Prüfläufen. Im Rahmen einer Validierungsaufgabe wurde am IPEK – Institut für Produktentwicklung am KIT ein Differentialgetriebe hinsichtlich seiner Dauerlaufeigenschaften und des Wirkungsgrads untersucht. Um direkt auf mögliche Schäden reagieren zu können, wird bei solchen Prüfläufen sowohl eine online-Schwingungsüberwachung als auch eine körperschallbasierte Analyse durchgeführt. Während die Schwingungsüberwachung nur auf schadensrelevante Ereignisse reagiert, zeigt die körperschallbasierte Überwachung darüber hinaus Veränderungen im Prozess des Prüflaufs. VERSUCHSAUFBAU Das Differentialgetriebe wird mit Elektromaschinen verbunden, die eingangsseitig drehzahlbasiert und ausgangsseitig momentenbasiert geregelt werden. Die Schwingungs- und Körperschallsensorik ist direkt am Getriebegehäuse angebracht. Zur Schwingungsüberwachung werden drei uniaxiale Sensoren eingesetzt. Deren Ausgangssignal ist ein Stromsignal, das proportional zur vorliegenden Schwing- geschwindigkeit im Frequenzbereich zwischen 10 Hz bis 1 kHz ist. Der Körperschallsensor deckt nach Herstellerangaben eine Bandbreite von 50 bis 400 kHz ab, die A/D-Wandlung wird dabei mit einer Frequenz von 1,25 Megasamples pro Sekunde und einer Auflösung von 16 Bit durchgeführt. KÖRPERSCHALL AUFNAHME Der Prüfzyklus der Dauerprüfung besteht aus verschiedenen Abschnitten mit unterschiedlichen Kombinationen aus Drehzahl und Drehmoment. Dieser Zyklus wird innerhalb der gesamten Dauerprüfung 100 Mal wiederholt. Da die Aufnahme von Körperschalldaten mit hohen Datenvolumina verbunden ist, erfolgt diese im vorliegenden Fall diskret zu äquidistanten Zeitpunkten im Abstand von fünf Sekunden für eine Dauer von 100 Millisekunden. Mit der angegebenen AD-Wandlungsfrequenz von 1,25 MS/s ergibt sich pro Messung eine Anzahl von 125.000 Datenpunkten. KÖRERSCHALL AUSWERTUNG Die Auswertung der erfassten Signale erfolgt mittels einer Fouriertransformation. Dabei wird das Zeitsignal in den Frequenzbereich transformiert und es können Schallleistungen verschiedener Frequenzbänder extrahiert werden. Die angefügte Grafik zeigt die erfassten Schallleistungen je nach Frequenzband im Verlauf zweier kompletter Prüfläufe. Es wird deutlich, dass sich Verschiebungen innerhalb der Zusammensetzung der Schallleistung ergeben. So reduziert sich etwa der Anteil des Frequenzbands 80-90 kHz an der gesamten Schallleistung erheblich, während der Anteil des Frequenzbands 110-120 kHz wächst. Mit Hilfe einer gezielten Parametervariation und Überprüfung der verwendeten Hardware kann ein solcher Zeitverlauf zu verschiedensten Aufgaben des Condition Monitoring genutzt werden. Denkbar sind hier beispielsweise die Überwachung des Einlaufverhaltens oder die Erfassung des Schmierungszustands. Damit verbunden ist auch die Einstellung einer bedarfsgerechten Schmiermittelzufuhr realisierbar, wie sie bereits bei hydrodynamischen Gleitlagern zur Energieeffizienzsteigerung untersucht wurde. FAZIT Für die Überwachung von unterschiedlichsten Automatisierungsprozessen bietet die Körperschalltechnologie Möglichkeiten, gezielt auf spezifische Veränderungen innerhalb der Prozesse zu reagieren. Während die Schwingungsaufnehmer im vorliegenden Fall zur Überwachung und Vermeidung größerer Schäden eingesetzt wurden, erlaubt der Einsatz von Körperschallsensorik einen detaillierteren Blick in den Prozess. Mit entsprechender Parametrierung und Auswertung lassen sich so unterschiedlichste Überwachungsund auch online-Regelungsstrategien verfolgen. Prof. Dr.-Ing. Albert Albers Dipl.-Ing. Tobias Pinner IPEK – Institut für Produktentwicklung Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Bild 1: 22 Schallleistungen verschiedener Frequenzbänder bei zwei Prüfläufen im Vergleich Newslet t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2015 Maschinenbau im Studium (be)greifen Technik erleben in der Modellbibliothek am IPEK Zahnräder, Kupplungen, Getriebe, Wälzlager, Schadensteile und vieles mehr. Über zweitausend Modelle warten in der Modellbibliothek am IPEK auf wissensbegierige Studierende. SYNTHESE MIT BILDERN IM KOPF “Das Gestalten von neuen Lösungen passiert mit Bildern im Kopf. Und Bilder im Kopf bekommt man nur, wenn man es mal gesehen hat”, so die Überzeugung von Prof. Albert Albers. Um dies zu vermitteln, präsentiert sich ein enormer Schatz an Modellen den Studierenden des KIT in unserer Modellbibliothek zur näheren Erforschung. Sich einen Überblick über die Varianten von Wälzlagern verschaffen oder das Funktionsprinzip von Kupplungen nachvollziehen – Anfassen ist hier explizit erwünscht, auch eine Ausleihe ist möglich. CROSSMEDIAL PRÄSENT Zusätzlich stehen den Studierenden alle Modelle rund um die Uhr und weltweit in der virtuellen Welt zur Verfügung. Egal ob Smartphone, Tablet oder Laptop: Eine mBib Web-App reichert jedes physische Modell mit Zusatzinformationen an. Das KIT hat darüber eine crossmediale Kampagne produziert. Tauchen Sie ein, Sie finden das Video dazu auf dem KIT Youtube Channel (Link im Kasten). INTEGRATION IN DIE LEHRE Alle Studierende des Maschinenbaus durchlaufen bereits im ersten Semester eine Einführung in die Modellbibliothek. Die App und das Ordnungsschema sind selbsterklärend gestaltet. Besondere Highlights werden direkt didaktisch in die Vorlesung im Hörsaal eingebunden. Unser eindeutiges Nummernsystem garantiert die Zuordnung zur Vorlesung, so dass in der Modellbibliothek Lehre und Erlebnis miteinander verschmelzen. … UND SIE SIND DABEI In der Modellbibliothek werden die Anwendungsmöglichkeiten von Komponenten und Systemen erlebbar gemacht. Profitieren sie davon, indem Sie als Sponsor mit Ihren Exponaten dort sichtbar werden. Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Albert Albers; Dipl.-Ing. Florian Munker IPEK – Institut für Produktentwicklung Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 10. Symposium für Vorausschau und Technologieplanung Am 20. und 21. November 2014 hat das Heinz Nixdorf Institut zum 10. Mal das Symposium für Vorausschau und Technologieplanung in Kooperation mit acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften mit großem Erfolg durchgeführt. Tagungsort war, wie in den Jahren zuvor, die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Die Veranstaltung bietet ein anspruchsvolles Forum für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus Unternehmen, die sich mit der Gestaltung des Geschäfts von mor- gen befassen, sowie für maßgebende Persönlichkeiten aus einschlägigen Instituten. Fachleute aus Industrie und Wissenschaft präsentierten ihre Arbeiten und gaben vielfältige Impulse: So erläuterte Prof. Dr.Ing. Dieter Wegener in seinem Plenumsvortrag die Sicht von Siemens auf Industrie 4.0. Im Anschluss zeigte Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier, wie Marktleistungen im Kontext Industrie 4.0 strategisch geplant werden können – ein Beispiel für die enge Verknüpfung der Fragestellungen in Forschung und Industrie. Begleitet wurden die Vorträge von intensiven Diskussionen. Alle Beiträge wurden durch das hochkarätige Programmkomitee begutachtet und pünktlich zur Veranstaltung publiziert. Die Tagungsbände aller Symposien können – sofern noch verfügbar – unter svt@hni. uni-paderborn.de angefordert werden. Im Aigner am Gendarmenmarkt fand die traditionelle, festliche Abendveranstaltung statt. Das avantgardistische Ambiente lud zu einem lebhaften Erfahrungsaustausch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein. Das 11. Symposium für Vorausschau und Technologieplanung wird am 29. und 30. Oktober 2015 erneut in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfinden. Der Call for Papers erfolgt Anfang März 2015. Weitere Informationen finden Sie unter: http://www. hni.uni-paderborn.de/svt. Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier Universität Paderborn Bild 1: Impressionen des 10. SVTs 23 New s l e t t er Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP | A u s g a be 1 | A pr i l 2 0 1 5 Veranstaltungskalender • 22. bis 23. April 2015 VDI-Tagung „DES=ING“ Technisches Design • • • 23. bis 24. April 2015 • 28. bis 29. April 2015 • • VDI-Fachkonferenz Schwingungsreduzierung 20. bis 21. Mai 2015 27. VDI-Fachtagung Technische Zuverlässigkeit, Leonberg 04. bis 08. Mai 2015 International Summer School on Integrated • 18. bis 19. Juni 2015 Stuttgarter Symposium für Produktentwicklung (SSP) 2015 - Forum und Konferenz, Product Development (Teil 1), Malta Wissenschafts- und Industrieforum Intelligente Technische Systeme, Paderborn VDI-Fachtagung Kupplung und Kupplungssysteme in Antrieben, Karlsruhe und integrierte Produktentwicklung im Automotive Engineering, Stuttgart 28. bis 29. April 2015 Stuttgart 06. bis 07. Mai 2015 11. VDI-Fachtagung Gleit- und Wälzlagerungen 2015, Schweinfurt • 21. bis 25. September 2015 International Summer School on Integrated Product Development (Teil 2), Magdeburg in Mobilen Systemen, Karlsruhe Vorstand/Anschriften: Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici (Sprecher des Vorstands, Sprecher der Fachgruppe VPE) Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Albert Albers (Sprecher der Fachgruppe MPP) Prof. Dr.-Ing. Bernd Sauer (Sprecher der Fachgruppe MES) Prof. Dr.-Ing. Hansgeorg Binz (Sprecher für Lehre & Weiterbildung) Prof. Dr.-Ing. Bernd Bertsche (Geschäftsführer) Lehrstuhl für Maschinenbauinformatik Ruhr-Universität Bochum IPEK – Institut für Produktentwicklung Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Lehrstuhl für Maschinenelemente und Getriebetechnik Universität Kaiserslautern Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design Universität Stuttgart Institut für Maschinenelemente Universität Stuttgart Universitätsstraße 150 44780 Bochum Kaiserstraße 10 76131 Karlsruhe Gottlieb-Daimler-Straße 67663 Kaiserslautern Pfaffenwaldring 9 70569 Stuttgart Pfaffenwaldring 9 70569 Stuttgart Tel.: +49 (0) 234 | 32 27 009 Fax: +49 (0) 234 | 32 14 443 Tel.: +49 (0) 721 | 608 4 2371 Fax: +49 (0) 721 | 608 4 6051 Tel.: +49 (0) 631 | 205 34 05 Fax: +49 (0) 631 | 205 37 16 Tel.: +49 (0) 711 | 685 66 055 Fax: +49 (0) 711 | 685 66 219 Tel.: +49 (0) 711 | 685 66 165 Fax: +49 (0) 711 | 685 66 319 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Ordentliche Mitglieder: Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Albert Albers (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Dr.-Ing. Reiner Anderl (TU Darmstadt), Prof. Dr.-Ing. Bernd Bertsche (Universität Stuttgart), Prof. Dr.-Ing. Hansgeorg Binz (Universität Stuttgart), Prof. Dr.-Ing. Luciënne Blessing (Université du Luxembourg), Prof. Dr.-Ing. Ludger Deters (Universität Magdeburg), Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner (TU Kaiserslautern), Prof. Dr. sc. techn. Paolo Ermanni (ETH Zürich), Prof. Dr.-Ing. Jörg Feldhusen (RWTH Aachen), Prof. Dr.-Ing. Detlef Gerhard (TU Wien), Prof. Dr.-Ing. Dietmar Göhlich (TU Berlin), Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinrich Grote (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), Prof. Dr.-Ing. Georg Jacobs (RWTH Aachen), Prof. Dr.-Ing. Ulf Kletzin (TU Ilmenau), Prof. Dr.-Ing. Dieter Krause (TU Hamburg-Harburg), Prof. Dr.-Ing. Roland Lachmayer (Leibniz Universität Hannover), Prof. Dr.-Ing. Erhard Leidich (TU Chemnitz), Prof. Dr.-Ing. Robert Liebich (TU Berlin), Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann (TU München), Prof. Dr.-Ing. Armin Lohrengel (TU Clausthal), Prof. Dr.-Ing. Frank Mantwill (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg), Prof. Dr.-Ing. Sven Matthiesen (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h.c. Jivka Ovtcharova (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Dr.-Ing. Kristin Paetzold (Universität der Bundeswehr München), Prof. Dr.-Ing. Gerhard Poll (Universität Hannover), Prof. Dr.-Ing. Gunther Reinhart (TU München), Prof. Dr.-Ing. Frank Rieg (Universität Bayreuth), Prof. Dr.-Ing. Bernd Sauer (TU Kaiserslautern), Prof. Dr.-Ing. Christian Schindler (TU Kaiserslautern), Prof. Dr.-Ing. Berthold Schlecht (TU Dresden), Prof. Dr.-Ing. Hubert Schwarze (TU Clausthal), Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. Dieter Spath (Universität Stuttgart), Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl (TU München), Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark (TU Berlin), Prof. Dr.-Ing. habil. Ralf Stelzer (TU Dresden), Prof. Dr.-Ing. Peter Tenberge (Ruhr Universität Bochum), Prof. Dr.-Ing. Klaus-Dieter Thoben (Universität Bremen), Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Sándor Vajna (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), Prof. Dr. Ir. Fred J.A.M. van Houten (University of Twente), Prof. Dr.-Ing. Thomas Vietor (TU Braunschweig), Prof. Dr.-Ing. Jörg Wallaschek (Leibniz Universität Hannover), Prof. Dr.-Ing. Sandro Wartzack (Universität Erlangen-Nürnberg), Prof. Dr.-Ing. Christian Weber (TU Ilmenau), Prof. Dipl.-Ing. Dr.-Ing. Michael Weigand (TU Wien), Prof. DI Dr. Klaus Zeman (Johannes Kepler Universität Linz), Prof. Dr.-Ing. Detmar Zimmer (Universität Paderborn) Mitglieder im Ruhestand: Prof. Dr.-Ing. Fatih C. Babalik (Uludag Üniversitesei), Prof. Dr. h.c. Dr.-Ing. Herbert Birkhofer (TU Darmstadt), Prof. em. Dr. rer. nat. C. Werner Dankwort (TU Kaiserslautern), Prof. em. Dr.-Ing. Klaus Ehrlenspiel (TU München), Prof. em. Dr.-Ing. Dierk-Götz Feldmann (TU Hamburg-Harburg), Prof. em. Dr.-Ing. E. h. Dr.-Ing. Manfred Flemming (TU Chemnitz), Prof. em. Dr.-Ing. Hans-Joachim Franke (TU Braunschweig), Prof. Dr.-Ing. Peter W. Gold (RWTH Aachen), Prof. Dr.-Ing. Robert Grekoussis (Aristotle University Of Thessaloniki), o. Prof. Dr.-Ing. Rudolf Haller (Universität Karlsruhe), Prof. i. R. Stand: 31. März 2015 Internet: www.wigep.de Auflage: 2.400 Exemplare ISSN 1613-5504 24 Herausgeber: Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung e.V Redaktionsleitung: Dipl.-Ing. Michael Bartholdt Satz: Theresa Ulrich Dr.-Ing. Bernd-Robert Höhn (TU München), Prof. Dr.-Ing. habil. Guenter Höhne (TU Ilmenau), Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Franz Gustav Kollmann (TH Darmstadt), Prof. em. Dr.-Ing. Frank-Lothar Krause (TU Berlin), em. Prof. Dr.-Ing. Konrad Langenbeck (Universität Stuttgart), Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Linke (TU Dresden), Prof. Dr.-Ing. Harald Meerkamm (Universität Erlangen-Nürnberg), Prof. Dr.Ing. Heinz Mertens (TU Berlin), Prof. Dr.-Ing. H. W. Müller (TU Darmstadt), Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c.mult. Gerhard Pahl (TU Darmstadt), Prof. Dr.-Ing. Heinz Peeken (RWTH Aachen), Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Predki (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Laurenz Rinder (TU Wien), Prof. Dr.-Ing. Jürgen Rugenstein (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jürgen Schorcht (TU Ilmenau), Prof. Dr.-Ing. Gerhard Wagner (Institut Product and Service Engineering Bochum), Prof. Dr.-Ing. Dieter Wüstenberg (TU Kaiserslautern) Industriekreis: Andreas Barth (Dassault Systems), Kurt Bengel (Cenit AG), Dr. Ewald Bentz (U.I.Lapp GmbH), Dr.-Ing. Thomas Bertolini (Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG Antriebssysteme), Dr. Markus Beukenberg (WILO SE), Dr. Hugo Blaum (GEA Refrigerations Technilogies GmbH), Dr. Jörg Böcking (Freundenberg & Co. KG.), Dipl.-Ing. Elmar Deegener (RECARO Automotive Seating), Dr. Gunnar Ebner (Capgemini Consulting, Central Europe), Gerd Engel (Hofmann & Engel Produktentwicklungs GmbH), Dr.-Ing. Gerd Fricke(PE-Kunststoff-Fabrik Woffenbach GmbH), Prof. Dr. rer. pol. Horst Geschka (Geschka & Partner Unternehmensberatung), Dr.-Ing. Willi Gründer (Tedata Gesellschaft für technische Informationssysteme), Dr. Peter Gutzmer (SCHAEFFLER KG), Dr.-Ing. Günter Hähn (Wirtgen GmbH), Prof. Dr.-Ing Dieter-Heinz Hellmann (KSB AG), Dr. Daniel Kähny (LS Telcom AG), Dr.-Ing. Bertram Kandziora (STIHL AG), Prof. Dipl.-Ing. Alfred Katzenbach (Katzenbach Executive Consulting), Prof. Dr. phil. Michael Ketting (IBAF - Institut für Baumaschinen, Antriebs- und Fördertechnik GmbH), Prof. Dr. Jürgen Kluge (Advice, Consulting and Projects), André Kremer (Paul Wurth S.A.), Dr. Christoph Lutz (Julius Blum GmbH), Dr.-Ing. Georg Mecke (Airbus Operations GmbH), Prof. Dr.Ing. Dr. h. c. mult. Dr.-Ing. E. h. mult. Joachim Milberg (BMW AG), Dr.-Ing. Stefan Möhringer (Simon Möhringer Anlagenbau GmbH), Dr. Horst Nasko (Heinz Nixdorf Stiftung), Razvan Olosu (Metromind GmbH), Dr.-Ing. Lothar Ophey (Inno Tech GmbH), Dr. Bernd Pätzold (ProSTEP AG), Dipl.-Ing. Stephan Plenz (Heidelberger Druckmaschinen AG), Dr.-Ing. Peter Post (Festo AG & Co. KG), Dipl.-Ing. Hartmut Rauen (VDMA), Dr.-Ing. Wolfgang Reik (MediNova AG), Prof. Dr.-Ing. Siegfried Russwurm (Siemens AG), Dr. Eduard Sailer (Miele & Cie. GmbH & Co.), Michael Sauter (Parametric Technology GmbH), Klaus Schäfer (IBM Deutschland GmbH), Jörg Schiebel (Tyco Integrated Fire & Security), Dr.-Ing. Peter Schwibinger (Carcoustics International GmbH), Dr.-Ing. Andreas Siebe (ScMI Scenario Management International AG), Dr. Martin Stark (Beteiligungs- und Beratungsgesellschaft mbH), Dr. Tobias Sünner (Adam Opel GmbH), Dr.-Ing. Frank Thielemann (UNITY AG), Dr. Eberhard Veit (Festo AG & Co. KG), Dr. Hans-Jürgen Wessel (Krause-Biagosch GmbH), Dr. Dieter Wirths (Hettich Holding GmbH & Co. oHG), Manfred Wittenstein (WITTENSTEIN AG), Prof. Dr.-Ing. Klaus Wucherer (IEC Central Office), Prof. Dr.-Ing. 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