Bürgerinitiative "Windkraft.Neuss"

Bürgerinitiative "Windkraft.Neuss"
u.a. Familien Ortwein, Schmiel, und Karl Heinz Baum,
Dr. Heinrich Köppen, Dr. Achim Rohde
41472 Neuss-Speck
Jakob-Weitz-Straße 34
[email protected]
[email protected]
Rhein-Kreis Neuss
Untere Immissionsschutzbehörde
Auf der Schanze 4
41515 Grevenbroich
Neuss, 25.03.2015
Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid des Rhein-Kreis Neuss für
zwei Windkraftanlagen im Bereich der Stadt Neuss, Gemarkung Hoisten, Flur 9,
Flurstücke 66 und 273 - vom 30.01.2015, Az.: 68.6.01 - 1.6.2-73/14
Sehr geehrte Damen,
sehr geehrte Herren,
hiermit erheben wir Widerspruch gegen den im Betreff genannten Genehmigungsbescheid.
Begründungen:
1. Ratsbeschluss der Stadt Neuss wird missachtet
Der Rat der Stadt Neuss hat am 14.12.2012 folgenden Beschluss gefasst (Anlagen 1 + 2):
"Die Karte "Schutzwürdigkeit von Flächen im Stadtgebiet Neuss, Stand 2012" ist bei allen
Planungen und Bauvorhaben im Stadtgebiet Neuss als ökologischer Fachbeitrag zu berücksichtigen."
Dies ist offenbar bei dem Teilflächennutzungsplanung für durch die Stadt Neuss nicht geschehen. Das Umweltamt der Stadt Neuss gibt unter dem 04.08.2014 zur Standortfrage für einen
Konverter nachfolgende Stellungnahme ab:
"Die Karte "Schutzwürdigkeit von Flächen in der Stadt Neuss" weist dem Standort aus einem medienübergreifenden Blickwinkel, der die Qualität aller Umweltgüter integriert, eine
"sehr hohe Schutzwürdigkeit" (Kategorie 4) zu. Hier sind Eingriffe zu vermeiden. Bei
schwerwiegenden entgegenstehenden Belangen sind unvermeidbare Eingriffe in angemessenen Grenzen zu erhalten und auszugleichen, wobei der ökologische Ausgleichsbedarf als "hoch bis sehr hoch" eingestuft wird. Aus dieser Sicht erheben sich gegenüber
diesem Standort erhebliche Bedenken." (Anlage 3)
2
Der Bürgermeister der Stadt Neuss schreibt, vertreten durch den zuständigen Beigeordneten
Christoph Hölters, am 28.07.2014 der Amprion GmbH nachfolgende Stellungnahme zum Verfahren und zur Vorgehensweise der Standortsuche eines Konverters, die auch bei Windkraftanlagen
Gültigkeit haben sollte (Anlage 4):
„Standort Nr. 8 – südlich Neuss, Teilbereich auf Neusser Stadtgebiet (südlich Hoisten)
Umweltfachliche Grundlagen
•
Aus umweltfachlicher Sicht besitzt auch diese Fläche eine sehr hohe Schutzwürdigkeit gemäß der Karte zur „Schutzwürdigkeit von Flächen im Stadtgebiet
Neuss“. Auch hier sind Eingriffe zu vermeiden und bei schwerwiegenden entgegenstehenden Belangen unvermeidbare Eingriffe in angemessenen Grenzen zu
halten und auszugleichen, wobei der ökologische Ausgleichsbedarf als „hoch bis
sehr hoch“ eingestuft wird.
•
Und auch hier befindet sich fast der komplette Standortbereich gemäß der Neusser Bio-topverbundkarte in einem Vorrangraum für Offenlandfauna und verfügt
daher über eine besondere Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz. Dieser
wurde aufgrund des festgestellten Wertes der Acker- und Grünlandflächen für die
lokale Population der planungsrelevanten Feldvogelarten Kiebitz, Rebhuhn, Feldlerche und Wiesenschafstelze abgegrenzt. Von daher bestehen aus hiesiger Sicht
gegenüber einer baulichen Nutzung von landwirtschaftlichen Nutzflächen in diesem Bereich erhebliche Bedenken.
•
Des Weiteren existieren hier, wie auch im Westfeld, hohe Bodenwertstufen, die
dafür sprechen, die bestehenden Ackerflächen zu erhalten und weiterhin für eine
landwirtschaftliche Nutzung vorzuhalten. Dementsprechend sieht auch der durch
den Rat der Stadt Neuss beschlossene Grünentwicklungsplan einen Vorrangbereich für landwirtschaftliche Nutzung vor, der grundsätzlich von einer weiteren Flächeninanspruchnahme freizuhalten ist. Zusammen mit dem Westfeld und den Bereichen südlich von Schlicherum und Allerheiligen bildet das Areal südlich von
Hoisten die Kernzonen der Neusser Landwirtschaft.
•
Der westliche Bereich der Potenzialfläche wird durch die vorhandene Freileitung
geprägt, Richtung Osten existieren allerdings naturnahe Strukturen, die einen hohen landschaftsästhetischen Wert aufweisen. Ein Konverter würde daher das vorhandene Landschaftsbild an dieser Stelle beeinträchtigen.“
2. "Umweltauswirkungen sind sehr erheblich"
In der Begründung zum Sachlichen Teilflächennutzungsplan "Wind" vom 14.10.2014 wird auf
Seite 65 von 65 folgendes Fazit gezogen: "Die gemäß Anlage zu § 2 Abs. 4 und § 2a BauGB
durchzuführende Umweltprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die Umweltauswirkungen sowie
die Wechselwirkungen, bei der Berücksichtigung aller dargestellten Maßnahmen, für das Landschaftsbild für die Potentialfläche 5 (Ackerfläche südlich Hoisten) als sehr erheblich zu werten
ist." (Anlage 5)
3. Standort Neuss-Hoisten mit Neuss-Westfeld nicht abgewogen
Die Stadt Neuss verfügt möglicherweise über alternative Standorte für Windkraftanlagen, die
jedoch nicht mit dem Standort südlich Neuss-Hoisten abgewogen wurden. So wird die Fläche
Neuss-Westfeld bewusst nicht weiter untersucht, mit der Begründung es liege ein WestfeldKonzept vor. Ein derartiges Konzept war jedoch niemals Gegenstand von Rats- oder Ausschussberatungen bzw. -beschlüssen. Dies belegt auch der FDP-Antrag für die Sitzung des Rates der Stadt Neuss am 21.11.2014 (Anlage 6). Dieser kam zustande, da eine renommierte An-
3
waltskanzlei aus Köln, am 19.11.2014 nachfolgende Argumente zusandte, die sich die Bürgerinitiative voll anschließt und ausdrücklich übernimmt:
1.
Die planerischen Empfehlungen des seitens der Stadt Neuss beauftragten Planungsbüros
gehen deutlich zu weit, insbesondere wenn das Planungsbüro eine Auswahl der nach
Abzug der harten und weichen Tabuzonen verbleibenden Potenzialflächen vornimmt.
Aufgabe des Planungsbüros wäre eigentlich (nur) die Ermittlung von Potenzialflächen, die
für die Windenergienutzung im Stadtgebiet grundsätzlich geeignet sind. Die Einzelfallabwägung, die für jede einzelne Potenzialfläche vorzunehmen ist, ist originäre Aufgabe der
städtebaulichen Abwägung, die durch den Rat zu erfolgen hat.
2.
Das Planungskonzept weist einen methodischen Mangel auf, soweit die Flächen des
„Westfeld-Konzepts“ sowie des „Kulturraums Hombroich“ als weiche Tabuzonen definiert
werden.
Weiche Tabuzonen werden nach von der Stadt selbst festgelegten, abstrakten städtebaulichen Kriterien ermittelt. Auf dieser Ebene des Planungsprozesses kann der Stadtrat das
Planungskonzept durch die Festlegung von Ausschlussbereichen nach selbst gewählten
Kriterien beeinflussen. Wichtig ist, dass die Tabukriterien abstrakt definiert und einheitlich
angelegt werden. Für eine differenzierte, ortsbezogene Anwendung der Restriktionskriterien ist auf dieser Stufe des Abwägungsvorgangs kein Raum.
vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.2009 – 4 BN 25/09, juris.
Soweit die Flächen des Westfeld-Konzeptes sowie der Kulturraum Hombroich als weiche
Tabuzonen behandelt werden, findet hier bereits eine ortsbezogene Betrachtung statt, die
den methodischen Vorgaben der zitierten Rechtsprechung widerspricht. Richtigerweise
dürften die konkreten örtlichen Verhältnisse erst nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen auf der nächsten Stufe des Abwägungsvorgangs, bei der Einzelfallabwägung
der einzelnen Potenzialflächen stattfinden.
3.
Schließlich verlangt die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, dass die Entwicklung
eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts in der Begründung bzw. dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan nachvollziehbar dokumentiert wird. Eine solche Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit kann den Ausführungen zu den Potenzialflächen 4 und 5 auf Seite 21 der Begründung zum Entwurf des sachlichen Teilflächennutzungsplans nicht entnommen werden.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT - BESCHLUSS - BVerwG 4 BN 25.09,
Hessischer VGH - 25.03.2009 - AZ: VGH 3 C 594/08.N:
„Nach der Rechtsprechung des 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts vermag die
Darstellung einer Konzentrationszone die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur
auszulösen, wenn ihr ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt (Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 298; Urteil vom
13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261). Die gemeindliche Entscheidung
muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Das Normenkontrollgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Ausarbeitung eines Planungskonzepts auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelt ist. Sie vollzieht sich abschnittsweise. Im ersten Abschnitt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln,
die sich für die Nutzung der Windenergie nicht eignen. Die Tabuzonen lassen sich in zwei
Kategorien einteilen, nämlich in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlich und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlos-
4
sen sind („harte“ Tabuzonen) und in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von
Windenergieanlagen zwar tatsächlich und rechtlich möglich sind, in denen nach den städtebaulichen Vorstellungen, die die Gemeinde anhand eigener Kriterien entwickeln darf,
aber keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen. Nach Abzug der harten und
weichen Tabuzonen bleiben sog. Potenzialflächen übrig, die für die Darstellung von Konzentrationszonen in Betracht kommen. Sie sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den
auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird (OVG Koblenz, Urteil vom 26. November 2003 - 8 A 10814/03 - ZNER 2004, 82
<83>). Als Ergebnis der Abwägung muss der Windenergie in substanzieller Weise Raum
geschaffen werden. Mit einer bloßen „Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf es nicht sein Bewenden haben (Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - a.a.O. <295>). Erkennt die Gemeinde, dass der
Windenergie nicht ausreichend substanziell Raum geschaffen wird, muss sie ihr Auswahlkonzept nochmals überprüfen und gegebenenfalls ändern (Urteil vom 24. Januar
2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560> Rn. 15).“ (BUNDESVERWALTUNGSGERICHT - BESCHLUSS - BVerwG 4 BN 25.09, Hessischer VGH - 25.03.2009 AZ: VGH 3 C 594/08.N)
Der angeblich vorgesehenen Nutzung als Erholungsgebiet widerspricht auch der dem neuen
Flächennutzungsplan der Stadt Neuss zu Grunde liegende Grünentwicklungsplan Neuss.
Hier wird festgestellt, dass „eine intensive Erholungsnutzung aus ökologischen Gründen dort
allerdings nicht anzustreben“ ist. Es ist lediglich ein von einigen Stadtverordneten und Bürgern
verfolgtes Konzept, das nunmehr die Stadtverwaltung - z.T. aufgrund familiärer Beziehungen zu
Eignern von Westfeldflächen - instrumentalisiert.
4. "Verspargelung" der Landschaft vermeiden
Auf der Fläche des beabsichtigten Teilflächennutzungsplanes der Stadt Neuss genehmigte der
Rhein-Kreis Neuss bereits die Errichtung von nur zwei Windkraftanlagen südlich von Hoisten.
Um eine "Verspargelung" der Landschaft zu vermeiden, ist jedoch eine Konzentration von Anlagen in Windfarmen (laut Definition gemäß Windenergie-Erlass bzw. UVPG = mindestens drei
Anlagen) der Errichtung einer Vielzahl von Einzelanlagen vorzuziehen. Aber offenbar ist die von
der Stadt Neuss ausgewählte Fläche nicht einmal so groß um baugleiche 180 m hohe Windräder
aufstellen zu können. Dies sieht doch sehr nach einer Fehlplanung aus! Eine derartige Fehlplanung kann dann wohl auch kaum wirtschaftlich in Windenergie umgesetzt werden.
5. Der Landschaftsraum mit seiner Erholungsfunktion ist um den Gohrer Berg gefährdet
Aus dem Urteil des BVerG 4 C 15.01, vom 17.12.2002 ergibt sich, dass die optische Wirkung
bereits einer einzelnen Windenergieanlage als Beeinträchtigung eines Landschaftsraums mit
Erholungsfunktion anerkennt, die einer Ausnahme entgegensteht. Jede Windenergieanlage versetzt durch die Drehung ihrer Rotoren den Landschaftsraum optisch in Unruhe. Somit ist der
Landschaftsraum mit seiner Erholungsfunktion um den Gohrer Berg, südlich von Hoisten, gefährdet. Dass es sich beim Gohrer Berg "um Kultur Pur" handelt, ist einem Beitrag des damaligen
SPD-Stadtverordneten Ingo Stolz vom 20.01.1999 zu entnehmen (Anlage 7).
Vor Wochen wurde ein neues Schild "Landschaftsschutzgebiet" aufgestellt und zwar in der Verlängerung des Gohrerberges an der dortigen Sitzgruppe. Wie jetzt auffällt, wurde ein weiteres
neues Schild "Landschaftschutzgebiet" am Feldweg in der Verlängerung der Pilgramstraße aufgestellt. Wenn man unter www.neuss.de die amtlichen Stadtkarten oder den aktuellen Flächennutzungsplan aufruft, erkennt man, dass die Schilder genau am nördlichen Anfang des Landschaftsschutzgebietes auf einer Ost-West-Achse aufgestellt wurden. Der Feldweg selber und
5
damit die Zuwegung zur WKA 2 bzw. Baustelle liegt im Landschaftsschutzgebiet. Die WKA 2
läge im gelben Bereich 2, laut Legende: "Anreicherung einer im ganzen erhaltungswürdigen
Landschaft mit naturnahen Lebensräumen und mit gliedernden und belebenden Elementen".
Die Flächenversiegelung für die beiden WKA ist erheblich. Als Kranstellflächen müssen zwei
Felder (50,00 m x 27,00 m) mit einer Flächenpressung bzw. Tragfähigkeit von 60kN7m² versiegelt und für die Landwirtschaft unbrauchbar gemacht werden. Eine neue Erschließungsstraße
von ca. 130,00 m Länge und 6,00 m bis 10,00 m Breite zerstört weitere natürliche Landschaft
(ENERCON, Spezifikation Betonfertigteilturm, Seite 13 von 18).
Da diese Flächen künftig für die Feuerwehr zu den WKA benötigt wird, dürfen diese Flächen
nicht zurückgebaut werden solange die WKA in Betrieb sind (Brandschutzkonzept, Seite 17 von
22). Die Flächen sind somit für die Natur und Landschaft für immer verloren.
Weshalb die Feuerwehr diese großen Flächen künftig benötigt ist fragwürdig, da sie nur tatenlos
zusehen kann, wenn die Windkraftwerke brennen. Die Sachverständige für Brandschutz schreibt
in dem Gutachten auf Seite 19 von 22: „Ein Brand in der Gondel ist von der Feuerwehr nicht beherrschbar und stellt auch aufgrund der geringen Eintrittswahrscheinlichkeit somit das gesellschaftlich akzeptierte Risiko dar.“ Ein Brand der Rotorblätter ist ebenfalls nicht beherrschbar.
Laut Nutzungsvertrag (§ 2) mit dem Landwirt Wilhelm Hermann benötigt die SWN zweimal 1.000
m² für die Fundamentgröße, zzgl. Standplatz und Zuwegung.
Falls bis zum 30.06.2015 nicht mit dem Bau begonnen sein sollte, haben beide Parteien das
Recht diesen Vertrag zu kündigen.
Die Durchführung und Platzierung von ökologischen Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen ist nicht Gegenstand des Vertrages und obliegt dem Vertragspartner Hermann.
Es fehlt der Nachweis, dass ein ökologischer Ausgleich für ca. 2.000,00 m² landwirtschaftliche
Fläche durch den Landwirt Hermanns stattgefunden hat.
6. Der Erftverband ist nicht als Träger öffentlicher Belange beteiligt worden
Der Erftverband wurde im Genehmigungsverfahren als Träger öffentlicher Belange offenbar nicht
beteiligt. Der Erftverband hätte wahrscheinlich auf die Risiken aufmerksam gemacht, die durch
das künftig ansteigende Grundwasser "durch Rheinbraun" auftreten werden. Dem Erftverband
liegen die Erkenntnisse über die Bodenbeschaffenheit vor, auf welchem Untergrund die Windkraftanlagen errichtet werden sollen. Im Untergrund kommen Fließsand und Eisenschichten vor.
Da in naher Zukunft das Abpumpen im Braunkohletageabbau bei Garzweiler eingestellt werden
wird, steigt der Grundwasserspiegel in Hoisten erheblich an. Dies wurde bei der Aufbauhöhe der
L 142 (Villestraße) bereits berücksichtigt. Die Straße wurde bewusst höher angelegt, damit der
Ortskern von Hoisten vor dem erwarteten Oberflächenwasser Schutz bietet. Der Rhein-Kreis
Neuss und der Erftverband werden dies bestätigen können.
Die SWN als künftiger Betreiber der WKA hat lediglich an einer Stelle für je eine WKA eine Probebohrung durchführen lassen. Es folgte dann ein Positionswechsel, ohne am neuen Standort
weitere Probebohrungen vorzunehmen. Der künftige Grundwasseranstieg wurde nicht berücksichtigt. Die Tragfähigkeit des Untergrundes ist für die Standsicherheit unter diesen Gegebenheiten nicht untersucht worden.
Eine besondere Untersuchung des Untergrundes erscheint umso dringlicher, weil nicht auszuschließen ist, dass - wegen der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Klimaschutzabgabe mit der frühzeitigen Stilllegung des Braunkohletageabbaues zu rechnen ist (NGZ 21.03.2015,
Seite B1). Dann werden auch kein Grundwässer mehr abgepumpt und dadurch die Windräder
unterspült werden.
7. Höchstleistungs-Stromtrasse von der Fa. Amprion nicht berücksichtigt
6
Nicht berücksichtigt wurde die neu geplante Höchstleistungs-Stromtrasse die von der Fa. Amprion errichtet werden wird. Diese verläuft künftig östlich der derzeitigen Strommasten und rückt
näher an die WKA heran.
Für Strom und Freileitungen über AC 45kV werden Mindestabstände in der Norm DIN EN 50
341 3 4 (VDE 0210 3) vorgeschrieben. Ohne Schwingungsschutzmaßnahmen ist demnach
ein Abstand in der Höhe des dreifachen Rotordurchmessers zwischen Rotorblattspitze und Leitung notwendig. Mit entsprechenden Maßnahmen genügt ein Abstand von mindestens einem
Rotordurchmesser.
8. Gesundheitsgefährdung durch Infraschall
Im Kapitel 10.6 der Bauantragsunterlagen beim Rhein-Kreis Neuss (Infraschall) wird lapidar behauptet, dass Infraschall "völlig harmlos" sei, weil die Pegel unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen liegen. Dass man Infraschall nicht bewusst wahrnimmt, ist doch klar.
Was soll diese Feststellung? Es wird auf alte Untersuchungen aus den 80er Jahren sowie auf
eine 13 Jahre alte Quelle (Essen/ 2002) verwiesen.
Auch wenn sich diese Stellungnahmen nicht auf den Bauantrag beziehen können, so sind die
offenkundigen Gesundheitsschäden, die durch Windkraftwerke entstehen, auch bei der Teilflächennutzungssplanung zu berücksichtigen.
Neuere Untersuchungen kommen zu anderen Ergebnissen: Windkraftanlagen schädigen durch
Lärm, Schattenwurf und Infraschall die Gesundheit. Die Gesundheitsgefährdung am Standort
Hoisten ist deshalb besonders stark gegeben, da im Boden die o.g. Eisenschichten als Übertragungsgeber hätten festgestellt werden müssen.
Unter Infraschall versteht man weitgehend unhörbare Luftschwingungen (Druckschwankungen)
mit sehr tiefen Frequenzen unter 100 Hertz. Mehrere Studien belegen, dass starke Gesundheitsschäden zu erwarten sind, da der Bürger dem Infraschall hier permanent ausgesetzt ist. Infraschall kann u.a. zu Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Tinitus,
Migräne, Schwindelgefühlen, Übelkeit, Beeinträchtigungen der Herzfrequenz, Reizbarkeit, Gedächtnisproblemen und Angstzuständen etc. führen.
Frühere wissenschaftliche Studien zu Infraschall von WKA waren widersprüchlich und daher
nicht hinreichend zuverlässig, als man die Bedingungen für die Errichtung von WKA aufstellte.
Inzwischen hat man während der letzten Jahre neue Erkenntnisse über die zentrale Sensitivierung gewonnen, was zu besserem Verständnis von Migräne, Fibromyalgie und anderen Krankheitsbildern des chronischen Schmerzes führt, samt gewissen Formen von Tinnitus und Schwindel.
Diese Erkenntnisse haben ebenfalls Bedeutung für das Verstehen, wie Infraschall von WKA auf
die Gesundheit wirken kann. In verschiedenen Untersuchungen stellte man fest, dass Anwohner
in der Nähe von WKA öfter unter Schlafstörungen und Depressionen litten. Ebenso fand man ein
erhöhtes Vorkommen von Schwindel, Tinnitus, Lärmüberempfindlichkeit, Kopfschmerzen, eine
gesteigerte Aktivität des autonomen Nervensystems u. a. mehr.
Außer dem hörbaren Schall, der Hörschäden verursachen kann und im Allgemeinen psychisch
störend wirkt, erzeugen WKA auch den pulsierenden Infraschall, der auf das Innenohr und das
zentrale Nervensystem einwirkt, ohne das Gehör selber zu schädigen.
Infraschall ist Schall mit Frequenzen unter 20 Hz, was Wellenlängen von 17 m und mehr entspricht und der nicht vom normalen Gehör erfasst wird. Dieser Schall kann sich, wenn er nicht
stark gedämpft wird, über große Strecken ausbreiten. Er hat verschiedene Quellen, z. B. pulsierendes Strömen aus Rohröffnungen, starke Verwirbelungen (z. B. von WKA und großen Düsentriebwerken) oder große vibrierende Flächen. In wissenschaftlichen Studien wurde Infraschall
von WKA von so niedrigen Niveaus gemessen, dass er von Menschen nicht wahrgenommen
7
wird. Ebenso urteilte man, dass Infraschall nicht die Ursache von Lärmschaden im herkömmlichen Sinn sein kann.
Was man bei diesen Studien nicht berücksichtigte, war, dass der Infraschall von WKA rhythmisch
pulsiert und dass der pulsierende Schalldruck das Innenohr beeinflusst, auch wenn von der Person kein Laut wahrgenommen wird. Die Druckwellen pflanzen sich fort zum flüssigkeitsgefüllten
Hohlraum des Innenohrs und dieser „Massage-Effekt" wirkt auf die Sinneszellen in den Gehörund Gleichgewichtsteilen des Innenohrs. Es wurde auch nicht berücksichtigt, dass ein Teil der
Bevölkerung empfindlicher auf sensorische Einwirkungen reagiert als der andere.
Gewisse Menschen sind offenbar empfindlicher gegen den pulsierenden Schalldruck, während
andere nicht merklich davon beeinflusst werden.
Der rhythmisch pumpende Infraschall von WKA stellt eine Stimulation dar, die auf die Wahrnehmungsfunktionen des Innenohres einwirkt. Eine solche sensorische Stimulierung kann bei Personen von sensorischer Überempfindlichkeit zentrale Sensitivierung hervorrufen mit belastenden
Symptomen wie unstetem Schwindel, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Sehstörungen u. a. mehr. Die Beschwerden entstehen auch, wenn der gemessene Lärmpegel relativ
niedrig ist, weil der Infraschall ständig wirkt und über die Kette der Gehörknöchelchen den Druck
im Flüssigkeitsraum des Innenohrs rhythmisch ändert. Indirekt bewirkt der pulsierende Schalldruck der WKA auch eine Aktivierung des autonomen Nervensystems mit erhöhter Adrenalinausschüttung, begleitet von Stresszunahme, Risiko panischer Angst, hohem Blutdruck und Herzinfarkt bei Personen mit erhöhter sensorischer Empfindlichkeit.
Migräne wird verursacht von einer genetisch bedingten zentralsensorischen Überempfindlichkeit
mit dem Risiko von zentraler Sensitivierung, wovon ungefähr 30 % betroffen sind. Dazu kommen
noch andere Ursachen für eine zentrale Sensitivierung, was bedeutet, dass ungefähr 30 % der
Anwohner in der Nähe von WKA in größerem oder geringerem Umfang das Risiko von WKAverursachten Beschwerden haben. Besondere Risikogruppen sind Personen mit Migräne oder
Migräne in der Verwandtschaft, Personen über 50 Jahre, Menschen mit Fibromyalgie oder Personen mit Tendenz zu Angstzuständen und Depression. Auch Kinder und Erwachsene mit ADHD
und Autismus gehören zur Risikogruppe und riskieren, dass sich ihre Symptome verschlimmern.
Es ist also keine Frage eines Lärmschadens im herkömmlichen Sinne, sondern die Wirkung davon, dass ein ständig pulsierender Schalldruck dauernd den Druck im Innenohr ändert und das
Sinnesorgan reizt. Man kann das vergleichen mit einem pulsierenden oder flimmernden Licht –
viele belästigt das kaum, während Personen mit sensorischer Überempfindlichkeit Beschwerden
bekommen können. Bekanntermaßen kann flimmerndes Licht sogar Epilepsie auslösen. Auf
gleiche Weise verursacht der pulsierende, nicht hörbare Infraschall von WKA beträchtliche Beschwerden bei Personen mit zentraler sensorischer Überempfindlichkeit. Diese Beschwerden
können chronisch werden, Invalidität verursachen, zu Angstzuständen und Depression führen
und das Herzinfarktrisiko erhöhen.
Die vorgenannten Gesundheitsrisiken betreffen zwar "nur" die Anwohner des Gohrerberg und
der Pilgramstraße. Die Risiken werden aber verstärkt auftreten durch die Eisenschichten im Untergrund auf den die WKA in Hoisten errichtet werden sollen. Hierzu liegen keine Gutachten vor.
9. Ärzteforum Emissionsschutz
Der unabhängige Arbeitskreis Erneuerbare Energien - Bad Orb hat nachfolgende
Gefährdungen der Gesundheit durch Windkraftanlagen (WKA) untersucht:
Emissionen
Sieht man von Unfallgefahren z.B. durch Rotorblattbruch, Blitzschlag, Brand, Vereisung und mechanische Zerstörung durch Sturm ab, sind Emissionen Hauptursache für die gesundheitliche
Beeinträchtigung der Bevölkerung verantwortlich.
Emissionen sind:
8
- Schlagschatten
- Blitzlicht
- Optische Bedrängung
- Schall / Lärm
Optische Emissionen
Periodisch auftretende Schlagschattenbildung, nächtlich blinkende Lichterketten und die durch
die Größe und Zahl der Anlagen bedrängende optische Wirkung führen zu einer Ablenkung der
Aufmerksamkeit, zu Leistungsbeeinträchtigung und Konzentrationsstörungen der Anwohner und
insgesamt zu einer affektiven Bewertung der Situation. Diese Unausweichlichkeit ist geeignet,
die Wirkung weiterer vorhandener Stressoren (Lärm, s.u.) zu verstärken und führt durch die Tatsache Dauerbelastung zu einer tendenziell depressiven Verarbeitungssituation.
Die Schädigungsmöglichkeit durch Akkumulation minimaler Effekte und die Unausweichlichkeit
der Situation ist Unbeteiligten schwer vermittelbar, ist aber Grund für sekundäre psychsomatische Gesundheitsschäden (1).
Schall-Emissionen
Windkraftanlagen sind Energiewandler, die durch Umwandlung der Bewegungsenergie des Windes in Rotationsenergie mit Hilfe eines Generators elektrische Energie erzeugen können. Dabei
kann dem anströmenden Wind maximal 59% seiner Leistung im Sinne der Energieerzeugung
entzogen werden. (Betz`sches Gesetz). Moderne Windkraftanlagen (WKA) erreichen derzeit einen Leistungsbeiwert von 40%. Der nicht nutzbare und viel größere Energieanteil des Windes
(theoretisch mindestens 41%, praktisch derzeit 60%) ist nichts anderes als eine Druckwelle, also
Schall. Bei einer 3,2 MW-Anlage entstehen Schallwellen / Lärm in einer Größenordnung von 4,8
Megawatt! (Lt. Hersteller ENERCON liegt die Schallleistung der WKA E-82 E2 mit 2300 kW
Nennleistung am Entstehungsort in Hoisten bei 104,0 db(A) bei einer Nennleistung von 95%).
Während mechanische Geräuschursachen verhältnismäßig unbedeutend geworden sind, enthalten Schallemissionen von WKA heute fast ausschließlich Lärmkomponenten aerodynamischen
Ursprungs.
Mit der Zunahme der Anlagengröße werden neben der Turmhöhe auch die Rotorradien vergrößert. Mittlerweile hat dadurch eine moderne WKA die doppelte Spannweite eines Jumbojets erreicht. Die Eigenfrequenz der Rotorblätter liegt unterhalb 16Hz, also im nicht hörbaren Infraschallbereich, die Rotorspitzen bewegen sich mit bis zu 400 km/h auf einer Kreisbahn und ebenso, wie bei einem Jumbojet breiten sich Wirbelschleppen in Lee-Richtung aus.
Die Vergrößerung der Anlagen hat sowohl stärkere als auch zunehmend niederfrequente Schallemissionen zur Folge (2). Windkraftanlagen sind somit exzellente Erzeuger von luftgeleitetem
Infraschall (3). Die stärksten und zudem impulshaltigen Schallemissionen entstehen beim Passieren von turbulenten Luftströmungen im Turmschatten durch die Rotorflügel.
Schallausbreitung
Die Schallausbreitung von Windkraftanlagengeräuschen wird durch die Phänomene geometrische Verdünnung, Luftdämpfung, Bodeneffekt, mögliche Hinderniswirkung sowie mögliche Reflexionen bestimmt. Mit zunehmender Entfernung wird der Schalldruck nach folgendem Gesetz
abgeschwächt: Bei Verdoppelung des Abstands wird der Schalldruck halbiert, sinkt also um 6
dB. Das bedeutet, dass ein WKA mit einem Pegel von 105dB bei idealisierter sphärischer
Schallausbreitung in 1000m noch mit 45dB hörbar ist.
Mit zunehmender Höhe der Schallquelle breitet sich der Schall durch Hindernisse ungestörter
und nach einem idealisiert kugelförmigen Ausbreitungsmuster aus, zudem wirkt sich die Bodenreflexion auf schallharten Böden eher verstärkend auf den Schalldruck aus.
9
Faktoren, die die Schallausbreitung hemmen sind jedwede Hindernisse, kalte Luft, Gegenwind.
Faktoren, die sie fördern, Verstärkung durch Reflexion am Boden (vor allem bei bergigem Gebiet) und bei Inversionswetterlage an Luftschichtgrenzen. Hierdurch kann ab 200m Entfernung
eher ein zylindrischer Ausbreitungsmodus mit nur 3dB Schalldruckabnahme je Abstandsverdoppelung entstehen (4).
Hinzu kommt, dass durch mehrere Anlagen die Tendenz zur Turbulenzausbildung durch gegenseitige Beeinflussung der Luftströmung an den Rotoren eher noch gesteigert wird. Darüber hinaus ist bei mehreren Anlagen besonders im langwelligen Bereich mit nicht vorhersagbaren Überlagerungseffekten auf dem Weg zwischen Schallquelle und Wirkort zu rechnen: es kann in der
Laufzeit sowohl durch Addition der jeweiligen Amplituden sowohl zu Auslöschungen als auch zu
maximalen Verstärkungen kommen.
Auch durch Resonanzeffekte ist bei diesen besonders niedriger Frequenzen vor allem in geschlossenen Räumen eine Schalldruckerhöhung durch Ausbildung von stehenden Wellen und
durch Addition von Schallamplituden möglich.
Alles dies macht deutlich, dass Schallprognoseberechnungen nur erste Anhaltswerte der Schallbelastung am Wirkort geben können aber nur Messungen in verschiedenen Abständen von der
Schallquelle und innerhalb von Wohnräumen tatsächlich über die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten Auskunft geben können.
Schalldämmung
Je langwelliger der Schall, desto durchdringender verhält er sich. Die Schallabsorption durch
Dämmmaßnahmen wird mit sinkender Schallfrequenz wirkungslos. Niedrigfrequenter bzw. Infraschall kann mit herkömmlichen Mittel nicht gedämpft werden. Wesentliche Schallpegelverringerung ergibt sich erst bei einer Dicke des Absorptionsmaterials von einem Viertel der Wellenlänge
des Infraschalls (5-10 m), da hier die Schallschnelle ihr Maximum hat (5)
.
Dieser Effekt ist bekannt: Laute Partymusik im Keller stört durch den lauten Bassrhythmus, die
restliche Musik als Melodie bleibt verborgen.
Das bedeutet: Lärmschutzmaßnahmen, die z.B. bei Fluglärm, Verkehrs- und Industrielärm ergriffen werden, um Anwohner zu schützen, greifen bei Lärmemissionen durch WKA nicht, und zwar
umso weniger, je größer die Anlagen konzipiert werden. Im Gegenteil: Lärmschutz führt zu einer
Frequenzverschiebung in Richtung auf niederfrequente Schallwellen, die als Dauerbelastung für
den Menschen besonders gefährlich sind.
Schallspektrum
Durch Lärmdämmung, Luftabsorption und durch Absinken der Hintergrundgeräuschkulisse in der
Nacht kommt es zu einer Überbetonung der niederfrequenten Schallwellen. Das heißt, dass diese durch die fehlenden höheren Frequenzen nicht mehr maskiert werden. Demaskierte, niederfrequente, also nicht dämmbare Schallemissionen können so durchaus zu vermehrten Schlafstörungen der Anwohner führen. Dieser Effekt lässt sich sehr gut am Beispiel von Autobahneinhausungen zum Zwecke der Schalldämmung beobachten.
Tieffrequenter und Infraschall haben somit besondere Eigenschaften, die von zunehmender gesundheitsrelevanter Bedeutung sind (6):
- geringe Ausbreitungsdämpfung
- starke Beugungseffekte
- geringe Dämmung durch Isolation
- ausgeprägte Raumresonanzen
Schallmessung und –bewertung
10
Die für die Genehmigung von Windkraftanlagen zur Anwendung kommenden Technischen Anweisungen bezüglich des Lärmschutzes von 1998 (TA-Lärm) sind aus dem Arbeitsschutz entstanden und erfassen die Gesundheitsgefährdungen nur im hörbaren Frequenzbereich und entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik einerseits und der Medizin andererseits.
Begründung: Die oben beschriebene Verschiebung des Emissionsspektrums in Richtung niederfrequentere und stärkere Schallwellen ist durch die A-bewertete Schalldruckmessung (dB(A))
nicht auch nur annähernd erfassbar, da wesentliche Anteile der Emissionen nicht berücksichtigt
werden. Die Schalldruckbewertung nach dem A-gewichteten Messverfahren ist der Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs nachgebildet und bewertet die Frequenzen besonders stark, für
die das Gehör besonders empfindlich sind. Dies führt dazu, dass nur hörbare, nicht aber die insgesamt vom Körper wahrnehmbare Immissionen berücksichtigt werden.
Lediglich Punkt 7.3 der TA-Lärm beschäftigt sich mit dem Problem des tieffrequenten Schalls
zwischen 10Hz und 80Hz. Dafür wird zusätzlich die C-bewertete Schallmessung herangezogen:
Nur hier werden alle Frequenzen nahezu gleich behandelt. Liegt der Unterschied zwischen einer
Vergleichsmessung A und C bei mindestens 20 dB, so ist von einer unverhältnismäßig hohen
Belastung im tieffrequenten (unterhalb 20 Hz) und Infraschallbereich (unterhalb 16 Hz) auszugehen.
Die Differenz von 20 dB darf im Haus nicht überschritten werden.
In der Konsequenz ist problematisch, dass die Kriterien für prognostische Voruntersuchungen
vor Bau einer WKA nicht hinreichend sind, da ein Beurteilungsverfahren nur für gewerbliche Anlagen existiert. Die Unzulänglichkeit der Bewertung von ILFN kommt außerdem darin zum Ausdruck, dass seit 2011(!) ein Entwurf zur Verschärfung des DIN 45680 vorliegt, (der im September
2013 noch einmal überarbeitet wurde).
In der Einleitung zu diesem Entwurf liest man u.a.:
- „Tieffrequente Geräuschimmissionen führen vielfach auch dann zu Klagen und Beschwerden,
wenn die nach den eingeführten Regelwerken anzuwendenden Beurteilungskriterien eingehalten
sind….“
- Und: „Im Frequenzbereich von 20 Hz bis etwa 60 Hz klagen Betroffene oft über ein im Kopf
auftretendes Dröhn-, Schwingungs- oder Druckgefühl, das nur bedingt von der Lautstärke abhängig ist und bei stationären Geräuschimmissionen zu starken Belästigungen führt. Die Einhaltung der außerhäuslichen Immissionsrichtwerte stellt in der Regel einen ausreichenden Schutz
der Wohnnutzung sicher. Enthält das Geräusch jedoch ausgeprägte Anteile im Bereich tiefer
Frequenzen, kann anhand von Außenmessungen nicht mehr verlässlich abgeschätzt werden, ob
innerhalb von Gebäuden erhebliche Belästigungen auftreten. Einerseits liegen im Bereich unter
100 Hz nur wenige Daten über Schalldämmwerte von Außenbauteilen vor (bauakustische Anforderungen werden für Frequenzen unter 100 Hz nicht gestellt), andererseits können durch Resonanzphänomene Pegelerhöhungen in den Räumen auftreten. Daher sind bei Einwirkungen tieffrequenter Geräusche ergänzende Messungen innerhalb der Wohnungen notwendig“
Daher sind u.a. folgende Änderungen zur zeitgemäßen Verbesserung des Lärmschutzes angedacht aber immer noch nicht beschlossen:
- Emissions-Vorprüfung: die Frequenzbewertungen A (nur menschliches Hörvermögen) und C
(eine etwas bessere Erfassung tieffrequenter Geräusche) wird nur bei der lärmprognostischen
Vorerhebung verwendet. Im eigentlichen Messverfahren soll ohne Bewertung, also die tatsächlichen Schallemissionen unabhängig vom menschlichen Hörvermögen gemessen werden.
- Die Vorerfassung gab es schon in der alten Norm, hier musste aber die Differenz dB(C) - dB(A)
größer als 20 dB sein, um mit der eigentlichen Messung zu beginnen. Jetzt reicht eine Differenz
von 15 dB, und die Messung darf nur im geschlossenen Raum stattfinden und nicht, wie von etlichen Instituten praktiziert, zwischen Emittent und Immissionsort irgendwo im Freien.
11
- Der zu berücksichtigende Frequenzbereich ist erweitert worden von 8 Hz bis 125 Hz (vorher 10
Hz bis 80 Hz).
- Das Vorliegen von Einzeltönen ist nicht mehr ausschlaggebend. Einzel- und Breitbandverfahren
werden zusammen beurteilt.
- Anhaltswerte gibt es jetzt für Tag, Ruhezeit und Nacht, die nicht überschritten werden dürfen,
weil dann eine erhebliche Belästigung durch tieffrequente Geräusche nicht ausgeschlossen werden kann.
Gesundheitsgefährdende Wirkungen der Emissionen
Die vorliegende Ausarbeitung geht davon aus, dass auf Grund der deutschen Genehmigungspraxis für Windkraftanlagen die Bestimmungen des BImSchG, der TA-Lärm eingehalten werden.
Dies bedeutet, dass im Bereich von Wohngebieten und Kliniken akute Lärmschäden durch Schall
und Infraschall unwahrscheinlich sind.
Dies bedeutet aber nicht, dass damit jegliche Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen wäre. Im
Gegenteil. Es ist in der Medizin bekannt, dass chronische Krankheiten nach dem Dosis-Wirkungsprinzip (Dosis im Körper ist das Produkt aus Intensität mal Wirkungsdauer) auch durch
unterschwellige Stressoren entstehen können, sofern die Schädigungsdauer und die Periodizität
für eine Summation von selbst unterschwelligen Wirkungen führen. Die Dosis macht das Gift.
Schallwahrnehmung und –wirkung
Die Wahrnehmung und Wirkung tieffrequenter Geräusche unterscheiden sich erheblich von der
Wahrnehmung und Wirkung mittel- und hochfrequenter Geräusche.
Im Bereich zwischen 60 und 16Hz (niederfrequenter Schall) nimmt bei noch vorhandenem Höreindruck die Tonhöhenempfindung ab, die unter 16Hz (Infraschall) völlig verschwindet. Infraschall kann mit dem Ohr (aural) nicht mehr wahrgenommen werden, wird jedoch als Pulsation
oder Vibration vom Körper aufgenommen (extraaural).
Auch die Empfindlichkeit des Hörorgans ist stark frequenzabhängig: die höchste Empfindlichkeit
liegt bei 3000-4000 Hz, Geräusche z.B. mit 10 Hz können auch bei 100 dB aural nichtmehr erkannt (=gehört) werden (7).
Die Wirkungen dabei auf die anderen Körperorgane (Gehirn, Herz-Kreislauf, Leber, Nieren, Magen, Skelett) existieren aber unabhängig vom Gehör (extraaural). Daher ist die vielfache Meinung „Tieffrequenter Schall, der unterhalb der Hörgrenze liegt, ist für den Menschen nicht wahrnehmbar und deshalb nicht schädlich!“ falsch und medizinisch absolut überholt. Wenn Wahrnehmbarkeit durch menschliche Sinnesorgane eine Voraussetzung für Schädlichkeit wäre, dann
müsste ja wohl auch folgende Aussage richtig sein: "Radioaktive Strahlung kann der Mensch mit
seinen Sinnesorganen nicht wahrnehmen, deshalb ist radioaktive Strahlung für den Menschen
nicht schädlich."
Die Unsicherheit in der Bewertung und Messung von Infraschall und dessen gesundheitlicher
Folgen hat das Bundesumweltamt 2011(8) veranlasst eine „Machbarkeitsstudie zu Wirkungen
von Infraschall (Entwicklung von Untersuchungsdesigns für die Auswirkungen von Infraschall auf
den Menschen durch unterschiedliche Quellen)“ anzustoßen. Dies besagt nichts anderes, als
dass damit die große Unsicherheit in der Beurteilung der medizinischen Bedeutung von ILFN
dokumentiert wird. Ziel der Studie ist u.a.
- die bislang „nicht optimale Erfassungsmethodik“ (RKI, 2007) zu verbessern und
- überhaupt erst Untersuchungsverfahren zur Beurteilung der vor allem neurologischen Wirkung
von Infraschall zu designen.
12
Um so erstaunlicher ist die penetrante Ignoranz verschiedener Ministerien und Windkraftorganisationen (9), die in verschleiernden und beruhigenden „Informationsschriften“ unisono die heute
schon weltweit bekannten medizinischen Wirkungen dementieren und behaupten:
Neuere Forschungen (Dr. Alec Salt, 2012) (10) zeigen nämlich, dass physiologische Reaktionen
im Hörorgan (Cochlea) einen Höreindruck niederfrequenten Schalls unterdrücken, die Cochlea
aber dennoch Signale an das Gehirn sendet. Die äußeren Haarzellen des Innenohrs (OHC) zeigen eine niedrigere Erregungsschwelle und werden daher durch ILFN (Infrasound + LowFrequency-Noise) schon bei einem Schalldruck von 60dB bei 10Hz angeregt. Zudem sind die
durch INFN im Hörnerven verursachten weitergeleiteten Elektropotentiale stärker als die durch
den lautesten mittelfrequenten Schall entstehenden Anregungen!
Umgekehrt zeigt sich, dass die durch Dämmung reduzierten höheren Schallfrequenzen zu einer
Demaskierung von ILFN, also zu einer gesteigerten Wahrnehmung führt.
Die Wirkungen der nicht gehörten, aber im Gehirn verarbeiteten Schallereignisse sind vielfältig.
Drei Mechanismen sind bekannt.
•
Mechanismen der unbewussten Aufmerksamkeitssteigerung: IS beeinflusst die
auditive Verarbeitung und die Funktion des Stammhirns (der Schnittstelle von Rückenmark und Gehirn). Hier findet die Steuerung essenzieller Lebensfunktionen
statt (Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung, wichtige Reflexe). ILFN versetzt somit das
Stammhirn in einen „Alarmzustand“. Schlafstörung, Panik, Blutdruckanstieg, Konzentrationsstörungen
•
Amplitudenmodulation durch Empfindlichkeitsänderung der Inneren Haarzellen
(ICH)
o Pulsation, Unwohlsein, Stress
•
Endolymphatischer Hydrops
o Unsicherheit, Gleichgewichtsstörungen, Schwindel, Übelkeit, „Seekrankheit
", Tinnitus, Druckgefühl im Ohr
Neben der bislang unbekannten Schallaufnahme von Infraschall durch die äußeren Haarzellen
des Innenohrs (Hörorgan, Cochlea) werden Schallwellen auch vom Vestibularorgan (Gleichgewichtsorgan, Otholitenorgan) empfangen (11). So ist das Gleichgewichtsorgan für Schallwellen
von zB. 100Hz um 15dB empfindlicher als das Hörorgan! Es ist bekannt, dass das Gleichgewichtsorgan mit vielen Teilen des Gehirns verbunden ist und Informationen austauscht. Daher
können auch bei nach der TA-Lärm per definitionem unterschwelligen Schallimmissionen körperliche Wirkungen erzeugt werden: Symptome wie bei Gleichgewichtsstörungen (durch die Anregung der Otholiten) oder Seekrankheit treten auf, die bei Entfernung des Stressors zwar verschwinden, aber bei langer Dauer persistieren.
13
Primär entsteht eine Unsicherheit durch verzerrte Gleichgewichtssignale und Verschlechterung
der Verarbeitung von Gleichgewichtssignalen, sekundär sogar kognitive Probleme, Angst, Panikattacken.
In vielen Fallstudien zusammengetragene Symptome verdichten sich in einem Syndrom, dass
durch Dr. Nina Pierpont (USA, 2009) als Wind-Turbine-Syndrome zusammengefasst wurde. Die
regelmäßig zu findenden Symptome dieses Syndroms sind:
- Schlafstörungen
- Herz- und Kreislaufprobleme, Herzrasen, Bluthochdruck
- Kopfschmerzen
- Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- rasche Ermüdung, verminderte Leistungsfähigkeit
- Depressionen
- Angstzustände
- (Langzeit)Wirkung auf Kinder ???
- … auf schwangere Frauen ???
- … auf Menschen mit chronischen Erkrankungen ???
Prof. Krahé, der unter anderem mit der Studie des Bundesumweltamtes betraut ist referiert anlässlich des 18.Umwelttoxikologischen Kolloquiums (18.10.2012) (12):
- schon bei geringen Pegeln (z.T. auch deutlich unter standardisierten Werten der Hörschwelle) können unangenehme und bedrückende Empfindungen ausgelöst werden.
- mit zunehmender Konzentration auf den Bereich tiefer Frequenzen ist eine zunehmende
negative Wirkung bei Betroffenen festzustellen.
- Synchronisation der Stimuli in den Hörnerven beeinflussen die Gehirnaktivität.
- Epilepsie wird ebenfalls von Synchronität von Nervenaktivität begleitet
- Ein stark fluktuierendes Geräusch ruft eine stärkere Empfindung hervor als ein energetisch gleich starkes aber gleichmäßiges Geräusch
- Neurologische Beeinflussung durch tieffrequente und synchronisierte (pulsierende)
Schallereignisse lassen sich deutlich im EEG nachweisen
- Im Lärmschutz ist dem Problem " Tieffrequenter Lärm" verstärkt Beachtung zu zollen, da
durch manche Lärmschutzmaßnahme das Problem sogar verstärkt werden kann.
Lärminduzierte Schlafstörungen
Schlafstörungen können als das Hauptbeschwerdebild der Windturbinenerkrankung angesehen
werden. Diese sind alleine geeignet, vielerlei Sekundärerkrankungen nach sich zu ziehen.
Nissenbaum et. al. konnten 2011 zeigen, dass Schlafstörungen als eines der Leitsymptome betroffener Anwohner auch in Abständen von weit über 1000m regelmäßig nachzuweisen waren.
Die WHO hat auf Grund der Wirkung von Lärm auf den Schlaf in den „Night Noise Guidelines“ xiii
Grenzwertempfehlungen veröffentlicht. Hier wird deutlich, dass schon ab 30-40 dB(A) Schlafstörungen auftreten:
- “a number of effects on sleep are observed from this range: body movements, awakening, self-reported sleep disturbance, arousals. The intensity of the effect depends on the
nature of the source and the number of events. Vulnerable groups (for example children,
the chronically ill and the elderly) are more susceptible.”
14
Sogar das Bayrische Landesamt für Umwelt betont in seiner Informationsschrift 2012 „Lärm –
Hören, Messen und Bewerten“, für Schallereignisse > 25 dB(A):
- „die Erholsamkeit des Schlafes wird häufig bereits bei Dauerschallpegeln ab 25 – 30
dB(A) als gestört empfunden“ (2012_Bayr. Landesamt für Umwelt_Lärm – Hören, Messen
und Bewerten)
Eigene Patientenbefragungen aus Gebieten mit neu installierten Windkraftwerken (Schöneck,
Ulrichstein, Birstein, Schlüchtern, Soonwald) bestätigen dies in eindrucksvoller Weise.
Schlussfolgerung
Der gesetzlich verankerte Immissionsschutz mit seinen zugehörigen Verordnungen und Normen
führt durch das Ausblenden von Infraschall und die Unterbewertung von niederfrequentem Schall
zu einer generellen Zunahme dieser Lärmanteile, da Schallquellen auf Grund dieser Gesetzeslage konstruiert und gedämmt werden.
Zudem verweisen staatliche Organisationen und Ämter und in deren Folge auch die Rechtsprechung unaufhörlich auf diese veralteten Normen, so dass eine Berücksichtigung der neuen medizinischen Erkenntnisse nicht erfolgt. Lärmschutzmaßnahmen konstruktiver und gesetzlicher
Natur greifen nicht, sofern wesentliche gesundheitsgefährdende Lärmanteile nicht gemessen und
bewertet werden. Diese sind:
- niederfrequente und Infraschallemissionen als direkt krankheitsfördernde Ursachen
und
- Periodizität und Impulshaltigkeit auch bei unterschwelligen Lärmereignissen sowie
- Dauerhaftigkeit und Unausweichlichkeit als indirekt krankheitsfördernde Ursache als
Folge einer chronisch-psychischen Verarbeitungssituation.
Staatlicher Gesundheitsschutz und Risikovorsorge muss so lange von einer Schädigungsmöglichkeit ausgehen, wie nicht schlüssig bewiesen ist, dass niederfrequenter und Infraschall in den
derzeit zulässigen Abstandregeln nicht zu Gesundheitsschäden führen kann. Die geplante massive Zunahme von Windkraftanlagen in der Nähe menschlicher Behausungen, ausschließlich aus
wirtschaftlichen Gründen derart platziert, darf ohne ausreichenden Sicherheitsabstand nicht mehr
zugelassen werden. Zunehmend kritische juristische Beurteilung der Genehmigungspraxis und
weitere Bestätigung kritischer medizinischer Forschungsergebnisse wird zu ausreichend belastbarer Evidenz führen, die derzeit gültigen Lärmverordnungen außer Kraft zu setzen. Dies wird
bei Fortsetzung der derzeitigen grenzwertigen Genehmigungen zu einer nachträglich umfangreichen Stilllegung einst genehmigter Anlagen führen mit desaströsen Folgen für die Natur und die
finanzielle Situation der Kommunen. Eine Lawine von Schadensersatzforderungen wird die ursprünglich schön gerechnete Investitionsrechnung der Betreiber in einem anderen Licht erscheinen lassen. Anlagen werden nach Stilllegung nicht zurückgebaut werden. Anblick und Schaden
an der Natur bleiben.
Vor allem aus gesundheitlichen Gründen, aber auch aus den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen, müssen folgende Forderungen aufgestellt werden:
1. Anpassung der Gesetze und Verordnungen an den aktuellen Wissensstand der Medizin (staatliche Pflicht zum Schutze der menschlichen Gesundheit und des menschlichen Lebens; Art.2 Abs.2 S.1 Grundgesetz).
2. Das Gleichsetzen und Vermischen von Hörschallgrenze mit der körperlichen Wahrnehmung ist zu unterbinden. Die periodische, unterschwellige und dauerhafte Immissionswirkung vor allem in neurologischen Bereich muss endlich berücksichtigt werden.
15
3. Lärmgrenzwerte sind mit Rücksicht auf die zunehmend niederfrequenteren und chronisch pulsierenden Schallereignisse zu überdenken und um 5dB zu verschärfen. So
darf aus medizinischer Sicht der Grenzpegel in reinen Wohngebieten nachts 30dB
nicht überschreiten, wenn pulsierende und synchronisierte Schallereignisse die medizinisch-schädigende Wirksamkeit erhöhen.
4. In die Ausschlußbedingungen für WKA ist der Mindestabstand zu bewohnten Gebäuden mit mindestens 3 km gemäß Empfehlung international anerkannter Wissenschaftler aufzunehmen.
5. Verzicht der Kommunen auf rein finanziell motivierte Windkraft in dicht besiedelten
Gebieten durch überregionale Kooperation und Partizipation.
6. Erneuerbare Energiekonzepte ohne Schädigung des menschlichen Lebensraumes
und
der Natur.
Literaturangaben:
(1) MAUSFELD, Prof. Dr. Rainer: Christian-Albrechts-Universität Kiel, Institut für Psychologie, 2000
(2) MØLLER, H., PEDERSEN, S.: Tieffrequenter Lärm von großen Windkraftanlagen –
Übersetzung der dänischen Studie, 2010
(3) BARTSCH, Dr. Ing. Reinhard: Biologische Wirkung von luftgeleitetem Infraschall,
2007
(4) HUBBARD, H. H.,SHEPHERD, K. P., Aeroacoustics of large wind turbines, J. Acoust.
Soc. Am., 89 (6), 2495-2508, 1991.
(5) BORGMANN, Rüdiger, Fachverband Strahlenschutz: Infraschall, 2005
(6) KRAHE, Prof. Dr. ing. Detlef: Tieffrequenter Lärm- nicht nur ein physikalische Problem, 2010
(7) SCHOLZ, S.: Güte der visuellen und auditiven Geschwindigkeitsdiskriminierung in einer virtuellen Simulationsumgebung. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades im
Fachbereich Sicherheitstechnik. Bergischen Universität Wuppertal. S. 117., 2003
(8) Bundesumweltamt: Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall. Entwicklung
von Untersuchungsdesigns für die Auswirkungen von Infraschall auf den Menschen
durch unterschiedliche Quellen, 2011
(9) Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg: Windenergie und Infraschall, Tieffrequente Gerausche durch Windenergieanlagen, 2013
(10) SALT, Prof. Dr. Alec, Ph.D.: Kann Infraschall das menschliche Innenohr beeinflussen, 2012
(11) PIERPONT, Nina, MD, PhD: Wind Turbine Syndrome & the Brain, 2010
(12) Prof. Dr.-Ing. Detlef Krahé, Psychologische und physiologische Wirkung von Infraschall, 2009
(13) WHO, Night Noise Guidelines, 2009
(14) Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU): Windkraftanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?, 2012
(15) KUCK, Dr. Eckhard, Ärzteforum Emissionsschutz: Ableitung medizinisch notwendiger Abstände von WKAs
10. Macht Windkraft krank?
Die Welt am Sonntag berichtet in ihrer Ausgabe am 01.03.2015 über Krankheiten, die von Windkrafträdern ausgehen können. Der Bericht ist in seiner Ausführlichkeit und der Gegenüberstellung verschiedener Ansichten bisher einzigartig. Dieser nachfolgende Bericht zeigt auf, mit welchen Konsequenzen die Stadt Neuss und die Stadtwerke Neuss rechnen müssen, wenn sie ihr
16
Vorhaben umsetzen sollten. Mit der Errichtung der Windkraftwerke wäre das Thema und der
Widerstand aus der Bevölkerung längst nicht beendet.
Wenn Windkraft krank macht
Daniel Wetzel
Die Rotoren erzeugen kaum hörbare Schwingungen, die Folgen
für die Gesundheit haben könnten.
Beim ersten Test begannen die Tiere zu schreien. "Sie tobten
mit einem schrillen Kreischen in ihren Käfigen und begannen
sich gegenseitig zu beißen", sagt Kaj Bank Olesen, Nerzzüchter
in Vildbjerg, Dänemark.
Als seine Tierärztin im Morgengrauen die Polizei in der Gemeinde Herning anrief, um die neuen Windkraftanlagen hinter Olesens Bauernhof abschalten zu lassen, lag schon ein halbes
Dutzend Tiere tot in den Käfigen. Mehr als 100 hatten sich gegenseitig so tiefe Wunden zugefügt, dass sie getötet werden
mussten.
Die Vorkommnisse auf Olesens Nerzfarm in der Nacht zum 6.
Dezember 2013 haben viele der so ökologisch orientierten Dänen verunsichert. Macht Windkraft krank? Erzeugen die Turbinen Schwingungen unterhalb der Hörbarkeitsgrenze, die Tiere
verrückt machen und vielleicht auch die Gesundheit von Menschen belasten?
Plötzlich ist Flaute im Staate Dänemark
Das Schicksal des jütländischen Nerzzüchters machte landesweit Schlagzeilen und beschäftigte sogar das Parlament in Kopenhagen. Und seitdem hat die Energiewende ein Problem, wie
Jan Hylleberg eingesteht, der Vorstandschef des Verbandes der
dänischen Windindustrie: "Ein Großteil der dänischen Kommunen hat die Pläne für neue Windparks auf Eis gelegt, bis die
staatliche Untersuchung über die Gesundheitsprobleme durch
Infraschall abgeschlossen ist."
2014, im ersten Jahr nach dem Vorfall in Vildbjerg, sind landesweit nur noch neue Windmühlen mit einer Gesamtleistung von
17
67 Megawatt ans Netz gegangen. Im Jahr zuvor waren es 694
Megawatt.
Droht das, was die Dänen derzeit erleben, auch in Deutschland?
Ein Windrad dreht sich hierzulande nicht anders. Die hiesigen
Hersteller von Turbinen, Rotorblättern und Stahltürmen sind
alarmiert. Derzeit erleben sie einen nie da gewesenen Höhenflug: 1766 Windkraftanlagen wurden im vergangenen Jahr in
Deutschland neu aufgebaut, so viele wie nie zuvor. In diesem
Jahr sollen ebenso viele hinzukommen. Könnte der Boom bald
enden?
Inzwischen machen mehr als 500 Bürgerinitiativen gegen Windkraftprojekte Front. Deutschen Genehmigungsbehörden werfen
sie immer häufiger vor, dass die Schallemissionen von Windkraftanlagen die Gesundheit der Anwohner gefährdeten. Die
Angst, die jetzt in Dänemark herrscht, kann schnell nach
Deutschland überschwappen.
Windkraftausbau spaltet dänische Gesellschaft
Das kleine Nachbarland ist mit einem Anteil von 40 Prozent am
Stromverbrauch weltweit führend bei der Windstromerzeugung.
Die ambitionierte Energiepolitik strahlte weit über die Grenzen
des Landes hinaus.
Ganz Dänemark sei geradezu "ein Geschenk an die Erde", fand
die Umweltschutzorganisation WWF, als sie 2013 Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt ihren "Gift to the Earth"Preis überreichte. Die parlamentarische Monarchie im Norden
"gilt als ein Labor und Exempel für den Umbau eines ganzen
Landes, weg von dreckiger Kohle, Öl und Gas, hin zu einer erneuerbaren Energiegewinnung", jubelte auch das deutsche
Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Die Wikinger-Nachfahren
seien "die Bändiger des Windes".
In dem 5,6-Millionen-Einwohner-Staat sind allerdings inzwischen
mehr als 200 Bürgerinitiativen gegen Windparks aktiv. Und das
liegt nicht nur an den europaweit höchsten Strompreisen.
Die dänische Tageszeitung, "Jyllands Posten" veröffentlicht Berichte über Familien, die aus Sorge um die Gesundheit ihrer
18
Kinder ihre Häuser aufgeben, weil in der Nähe Windturbinen errichtet wurden. Das Boulevardblatt "Ekstra Bladet" zeigt seitenfüllend die Karikatur eines Landwirts, der dem Leser den Mittelfinger in Form einer Windkraftanlage entgegenstreckt. Schlagzeile: "Vindmoller hat altid ret": Der Windmüller hat immer recht.
Der Streit über das Pro und Contra des weiteren Windkraftausbaus spaltet die dänische Gesellschaft.
Immer bei Westwind beißen sich Tiere tot
Kaj Bank Olesen ist ein blonder Zwei-Meter-Hüne mit einem von
Sonne und Wind gerötetem Gesicht. "Ich glaube nicht, dass es
diese Farm in zwei Jahren noch geben wird", sagt er und damit
meint er auch sein Wohnhaus, das inzwischen als unbewohnbar
und damit unverkäuflich gilt.
Seit sich die vier Windräder nebenan drehen, ziehen sich seine
Frau und er jeden Abend zum Schlafen in ihr 50 Kilometer entfernt liegendes Sommerhaus zurück. Olesen klagt über Atembeschwerden, Kopfschmerzen und ein Engegefühl in der Brust.
Dass die Beschwerden von den Schallwellen der Windturbinen
stammen, hält er für ausgemacht. Die Tiere reagierten ja auch
darauf.
Olesen hält 25.000 Nerze in lang gezogenen, flachen Ställen.
Ein Beruf, der auch in Dänemark nicht eben hohes Ansehen genießt. "Meine Ethik liegt darin, dass ich jeden Abend weiß, dass
es den Tieren gut geht", sagt er. Aber den Tieren geht es nicht
mehr gut. Immer bei Westwind beißen die Weibchen ihre Jungtiere tot. Andere Neugeborene haben Missbildungen. Olesen
glaubt, dass der tieffrequente, für Menschen nicht mehr hörbare
Schall der Windturbinen die Tiere verrückt macht.
Die vier Rotortürme hinter seinem Hof liegen genau 561 Meter
vom Wohnhaus entfernt. Die vierfache Höhe der Windkraftanlagen ist in Dänemark als Mindestabstand zu Wohngebäuden
vorgeschrieben. Hier wurde er gerade noch eingehalten. Nur für
Tierställe gilt der Abstand nicht. Das nächste Rad dreht sich 320
Meter von den Nerzkäfigen entfernt.
Nach der ersten Paarungszeit hatten rund 500 der 4500 Nerzweibchen Fehl- und Totgeburten. "Normalerweise liegt der
19
Durchschnitt bei 20 Fehlgeburten", sagt Olesen, während er
durch einen dämmrigen Gang seines Werkzeugschuppens geht.
Am Ende öffnet er eine zwei Meter lange Tiefkühltruhe: Darin
liegen rund 2000 daumengroße tote Nerzwelpen.
"Vibrieren im Brustkorb"
In der Gemeinde Holbaek auf der Insel Seeland, 250 Kilometer
östlich von Olesens Nerzfarm, herrscht ebenfalls WindkraftÄrger. Der Pflanzenzüchter Boye Jensen, 67, steht mit Familie,
Freunden und Mitarbeitern vor seinem ehemaligen Betrieb und
reckt Protestplakate in die Höhe. Der Insolvenzverwalter hat für
heute den Ausverkauf der Firma Lammefjordens Perennials angesetzt. Von überall kommen Käufer und laden die Kofferräume
ihrer Kombis mit billigen Pflanzentöpfen und Stauden voll.
Jensen hat diese Staudenzucht in vier Jahrzehnten aufgebaut,
doch jetzt hat er Hausverbot. Sein Betrieb mit zuletzt 14 Mitarbeitern ist insolvent, und laut Jensen sind die Windkraftanlagen
hinter seinen Feldern schuld.
Jensen hatte lange gegen das Vorhaben der Gemeinde Holbaek
gekämpft, direkt neben seinem Betrieb Windkraftanlagen aufbauen zu lassen. Im November 2011 stellte der Energiekonzern
Vattenfall die fast 130 Meter hohen Türme auf.
Zwei Wochen später litt Jensen nach eigener Aussage an
Schlaflosigkeit. Nachts fühlte er ein "Vibrieren im Brustkorb",
sagt er. "Ich war schon direkt nach dem Aufstehen erschöpft."
Doch Jensens eigentlicher Albtraum begann erst einige Monate
später, als ihm mehrere seiner Gärtnerinnen sagten, dass sie
unter Kopfschmerzen und Menstruationsproblemen litten.
Pflanzenzüchter laufen die Arbeiterinnen davon
Der Chef trat eine Odyssee durch Gesundheits- und Aufsichtsämter an. Dann verbreiteten die dänischen Medien die Bilder
von Olesens toten Nerzen aus Jütland. Windkraftgegner wurden
zitiert, die das Schicksal der Tiere als das Ergebnis eines unfreiwilligen Feldversuchs ansahen: Von den Anlagen gehe für
Menschen unhörbarer Schall mit niedriger Frequenz aus. Er
entstehe immer dann, wenn das Rotorblatt am Turm der Wind-
20
kraftanlage vorbeistreicht und dabei Luft komprimiert. Die
Schwingungen von unter 20 Hertz seien nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen gesundheitsschädlich.
Die Internetseiten der Windkraftgegner stilhed.eu, wcn.org,
windwahn.de oder vernunftkraft.de, verweisen auf Dutzende
wissenschaftliche Veröffentlichungen. Das World Council for Nature, eine internationale Organisation, die Windkraft aus Naturschutzgründen ablehnt, warf der dänischen Regierung in einem
offenen Brief vor, die wachsende Zahl der Belege für die Existenz eines "Windturbinen-Syndroms" zu ignorieren.
All das löste in Jensens Staudengärtnerei Panik aus. Fünf Angestellte kündigten ihren Job fristlos. Jensen sah keine Chance
mehr, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Er wollte die Gärtnerei mit
einer geschrumpften Mannschaft langsam abwickeln. "Ich konnte es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, meine Mitarbeiter
länger diesem gesundheitlichen Risiko auszusetzen", sagt er.
Doch die Banken akzeptierten den Plan nicht und kündigen die
Kreditlinien. Jensen musste Insolvenz anmelden.
Ehemaliger Umweltminister vertritt Windkraftgegner
"Du weißt gar nicht, was Du in Christiansborg angerichtet
hast." Hans Christian Schmidt, Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Land-Distrikte und Inseln, hat dem Staudengärtner Jensen zwei Stunden lang zugehört. Schmidt, Mitglied der Liberalen Partei (Venstre), ist ehemaliger Umweltminister Dänemarks und der einzige prominente Politiker, der bereit
ist, die Probleme des Windkraftbooms im Kopenhagener
Schloss Christiansborg, dem Sitz von Parlament und Regierung,
zur Sprache zu bringen.
Dass sich sonst niemand mit der Branche anlegt, hat gute
Gründe: Die Windturbinen-Industrie ist mit ihrem Umsatz von
gut zehn Milliarden Euro ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der allein für fast vier Prozent der dänischen Exporte steht.
Wohl auch deshalb gingen die Anhörungen stets mit wenig
greifbaren Ergebnissen zu Ende. Mit einer Ausnahme: Weil die
Zahl der Anti-Windkraft-Gruppen rasch zunahm, gab die Regie-
21
rung Ende 2013 eine Studie über mögliche Gesundheitsgefahren von Windkraftanlagen in Auftrag.
Dieser Forschungsauftrag hat weitreichende Folgen. Viele
Kommunen, die in Dänemark die gesetzliche Planungshoheit
haben, legten ihre Pläne für Windenergieprojekte auf Eis. Aus
Rücksicht auf verunsicherte Bürger wollen sie erst dann wieder
neue Windparks zulassen, wenn 2017 das Ergebnis der Studie
über Windkraftgefahren vorliegt. Ein faktisches Ausbaumoratorium, das sich dänische Windkraftgegner als ersten großen Erfolg
anrechnen. Als weiterer Erfolg gilt, dass die Regierung den Forschungsauftrag ausgerechnet an ein führendes Krebsforschungsinstitut vergab.
Krebsforscher untersuchen Windkraftrisiken
Das private Institut Kraeftens Bekaempelse logiert in einem langen Gebäudekomplex aus hellen Klinkersteinen in der Nähe des
Kopenhagener Kastells. Rund 250 Forscher bilden hier den
Kern des Forschungszentrums der Danish Cancer Society.
Zu ihnen gehört auch Mette Sørensen, Umweltmedizinerin mit
dem Spezialgebiet Ökologische Epidemiologie. Bisher hat sie
die gesundheitlichen Auswirkungen von Verkehrslärm und Luftverschmutzung erforscht. Seit Anfang 2014 ermittelt sie im Auftrag der dänischen Regierung, ob von Windkraftanlagen gesundheitsschädliche Infraschall-Emissionen ausgehen.
Aslak Harbo Poulsen, der mit Sørensen das Windturbinenprojekt
leitet, hält das Forschungsprojekt für einmalig. "Bislang wurden
Gesundheitseffekte nur auf der Basis von Interviews mit Betroffenen untersucht", sagt Poulsen. "Wir hingegen legen objektive
Daten zugrunde."
Die Daten sind eine dänische Besonderheit. Denn es gibt kaum
ein anderes Land, dessen Bewohner von den Behörden so umfassend vermessen und registriert werden. Die Wissenschaftler
haben Zugriff auf einen Datenpool, der selbst individuelle medizinische Befunde umfasst. Zugleich kennt die amtliche Statistik
die Daten jeder Windkraftanlage, die seit 1980 errichtet wurde.
22
"Wir wählen diejenigen Menschen aus, die im Umkreis der Anlagen von Schallemissionen betroffen sind, und vergleichen deren Gesundheitsdaten mit Bewohnern in den Nachbarkommunen", sagt Poulsen. Rund eine Million Bürger fallen so in den
Fokus der Betrachtung, danach konzentriert sich die Studie auf
schätzungsweise 10.000 bis 15.000 Betroffene im unmittelbaren
Umfeld der Windkraftanlagen.
Werden Bevölkerungs- und Windradstatistiken übereinandergelegt, können die Forscher feststellen, ob es im Umkreis von
Windkraftanlagen einen höheren Anteil von Herzerkrankungen
gibt, ob Schlafstörungen hier häufiger behandelt werden und ob
Antidepressiva öfter verschrieben werden. Bei den registrierten
Gesundheitsbeschwerden "können wir ein um 20 Prozent erhöhtes Krankheitsrisiko mit 80-prozentiger Sicherheit bestimmen",
sagt Poulsen.
Gesundheitsprobleme nur eingebildet?
Doch trotz ihres hohen wissenschaftlichen Anspruchs wird auch
die dänische Studie den Streit zwischen Windkraftgegnern und befürwortern nicht aus der Welt schaffen können. Selbst wenn in
der Nähe von Windkraftanlagen eine höhere Krankheitsrate
festgestellt werden würde, könnte doch niemand sagen, ob die
Symptome physikalisch-medizinisch verursacht wurden oder lediglich psychosomatische Gründe haben.
"Hunderttausende von Menschen leiden auch in Dänemark seit
jeher unter chronischen Gesundheitsproblemen unklarer Herkunft", sagt ein Forscher an der Kopenhagener Universität, der
namentlich nicht genannt werden will. "Da liegt es für viele nahe,
ihre Beschwerden einfach auf die Existenz der weithin sichtbaren Windkraftanlagen zurückzuführen."
Nach dieser Lesart leiden insbesondere Windkraftgegner, die
aktiv gegen Bauprojekte in ihrer Nachbarschaft kämpfen, wegen
Frust und Ärger unter einer Stressbelastung, die auch gesundheitliche Auswirkungen haben kann.
Die Empfindung, als Einzelner aus eigennützigen Motiven gegen einen grünen gesellschaftlichen Mainstream anzukämpfen,
setze gerade die eher angepasst lebenden Normalbürger unter
23
einen hohen psychischen Druck. "Nicht die Windkraftanlage,
sondern der Kampf gegen Windkraftanlagen macht krank", sagt
der Wissenschaftler.
Deutsche Behörden wiegeln ab
Der Windkraftgegner als eingebildeter Kranker: Auch deutsche
Behörden neigen zu dieser Sichtweise, weil die Beweise für die
Existenz von Windkraft-Krankheiten bislang dünn waren. Tatsächlich legten Experimente neuseeländischer Forscher den
Verdacht nahe, dass das Unwohlsein der Probanden bei niederfrequenter Beschallung auf einen "umgekehrten Placebo-Effekt",
den sogenannten Nocebo-Effekt, zurückzuführen ist.
In dem Experiment behaupteten auch solche Teilnehmer, Symptome zu spüren, die der Infraschallquelle im Labor nur scheinbar ausgesetzt waren. Allein die Erwartung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung hatte also zu Unwohlsein geführt, obwohl
eine physikalische Ursache gar nicht gegeben war.
Nasenbluten, Tinnitus, Kopfschmerz, Schlafstörungen, Schwindelgefühle, Herzrasen: Solche Symptome hatte die amerikanische Autorin Nina Pierpont 2009 zum ersten Mal in einem Buch
unter dem Titel "Wind Turbine Syndrome" beschrieben. Doch
das unter Windkraftgegnern weltweit verbreitete 300-SeitenWerk der Psychologin genügt wissenschaftlichen Minimalansprüchen nicht.
"Schon die Vorgehensweise, lediglich auf der Grundlage von 23
Telefonaten ohne begleitende medizinische Untersuchungen ein
neues Krankheitsbild mit zwölf Leitsymptomen zu entwickeln,
mutet abenteuerlich an", urteilt etwa die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. So sei
es kein Wunder, dass "die Arbeit bis heute in keiner wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht wurde". Fazit der baden-württembergischen Behörden: "Ein Windturbinen-Syndrom
gibt es nicht."
Auch die Bayerischen Landesämter für Umwelt, Gesundheit und
Lebensmittelsicherheiterklären die Unbedenklichkeit von tieffrequentem Schall: "Die von Windenergieanlagen erzeugten Infraschallpegel in üblichen Abständen zur Wohnbebauung liegen
24
deutlich unterhalb der Hör- und Wahrnehmungsgrenzen", heißt
es dort. Daher hätten "nach heutigem Stand der Wissenschaft
Windenergieanlagen keine schädlichen Auswirkungen für das
Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen".
Was man nicht hört, kann nach Einschätzung der Beamten auch
nicht schädlich sein.
Ärzte fordern mehr Infraschall-Forschung
Windkraftgegner glauben allerdings nicht, dass sich diese
Sichtweise noch lange halten lässt – und verweisen unter anderem auf die toten Nerzwelpen des dänischen Pelztierzüchters
Olesen: Um eingebildete Kranke wird es sich bei den Tieren ja
kaum gehandelt haben, sagt Mauri Johansson, ein pensionierter
Arbeitsmediziner, der Organisationen dänischer Windkraftgegner berät.
Andernorts werden die Gesundheitsbeschwerden als medizinisches Problem anerkannt. So stellte die Ärztekammer für Wien
fest, dass sich "bei Anrainern von Windkraftanlagen Beschwerden durch übermäßige und vor allem niederfrequente Schallentwicklung und Infraschall häufen". Umfassende Untersuchungen "hinsichtlich etwaiger gesundheitsschädlicher Auswirkungen
sind unabdingbar", erklärt Piero Lercher, Referent für Umweltmedizin an der Wiener Ärztekammer.
Auch Untersuchungen der Ludwig-Maximilians-Universität München widersprechen den bayerischen Aufsichtsämtern: "Die Annahme, tiefe Töne würden vom Ohr nicht verarbeitet, weil sie
nicht oder schwer hörbar sind, ist falsch", sagt der Neurobiologe
Markus Drexl: "Das Ohr reagiert sehr wohl auch auf sehr tieffrequente Töne."
So hatte die Abteilung Neurobiologie der Universität in einem
Laborexperiment gemessen, wie sich tieffrequente Töne auf das
Innenohr auswirken. Der Untersuchung zufolge wird durch Infraschall die "Hörschnecke" (Cochlea) des Innenohres stimuliert.
"Die Zeit, die das Innenohr braucht, um sich von tieffrequenten
Geräuschen zu erholen, ist länger als die Dauer, die es selbst
dem Ton ausgesetzt ist", stellte Drexl fest.
25
Ob dies ein erstes Anzeichen für eine potenzielle Schädigung
des Innenohrs durch tieffrequente Töne sei, sollen weitere Versuche zeigen.
Windkraft-Flüchtlinge auch in Deutschland
In der Tat wäre es ungewöhnlich, wenn sich die inzwischen große Zahl gemeldeter Gesundheitsprobleme weltweit allein durch
psychosomatische Einbildung und Nocebo-Effekte erklären ließen. Im Internet häufen sich die Berichte von "WindkraftFlüchtlingen", deren Schicksal etwa die auf Youtube weit verbreitete Dokumentation "Wind Rush" der staatlichen kanadischen Fernsehanstalt beschreibt.
Auch in Deutschland nehmen die Konflikte zwischen WindkraftProjektierern und Anwohnern zu. Im Wind-Bundesland Nummer
eins, Schleswig-Holstein, wurden im vergangenen Jahr 455 Rotortürme neu errichtet. Nach Auskunft des Landesamtes für
Umwelt gingen bei der Behörde in demselben Zeitraum 60 Beschwerden über Schallemissionen von Windkraftanlagen ein,
wobei "die Zahl der Beschwerden statistisch nicht vollständig erfasst" werde.
Zu den deutschen Windkraft-Opfern zählen sich zum Beispiel
Pieter und Heimke Hogeveen, die in einem umgebauten alten
Wasserwerk in Dörpum, Schleswig-Holstein, ein Gesundheitszentrum mit vier Mitarbeitern betreiben. Zum Angebot des
Teams gehören Krankengymnastik, Massagen, Reha-Sport und
Präventionssport.
Doch das sportlich selbst hochaktive Paar klagt über einen dramatischen körperlichen Leistungsabfall, Schwindelgefühl und
Schlaflosigkeit, seitdem 500 Meter vom Wohnhaus entfernt eine
Enercon-E82-Mühle mit 140 Meter Nabenhöhe errichtet wurde.
Die Hogeveens gaben ihr Schlafzimmer unter dem Dach auf und
richteten sich im Keller ein neues ein. Als die Beschwerden
auch dort nicht nachließen, stemmten sie den Küchenboden auf
und bauten den früheren Wasserspeicher darunter mithilfe von
Gipskartonplatten zu einem "schalltoten Raum" aus, um wieder
Schlaf finden zu können.
26
Bundesverband Windenergie äußert sich zurückhaltend
Genutzt hat es wenig. "Ich bin heute Nacht wieder um drei Uhr
aufgewacht", sagte Heimke Hogeveen. "Ostwind." Die Hogeveens glauben, dass der Infraschall sie auch dort unten erreicht.
Häufiges Nasenbluten und geschwollene Mandeln seien die
Symptome. Inzwischen stehen zwölf Windkraftanlagen rund um
ihr Wohnhaus. "Wir sind wie in einem Kessel", sagt Heimke Hogeveen.
Ihren 17-jährigen Sohn haben sie auf ein Internat nach Flensburg geschickt. Das Nasenbluten, unter dem der Junge häufig
litt, habe dort endlich aufgehört. Pieter Hogeveen prüft jetzt
mit seinem Anwalt, ob er gegen den Betreiber der Windkraftanlage Strafanzeige wegen vorsätzlicher Körperverletzung einreicht.
Zu solchen Berichten über Gesundheitsgefahren äußert sich der
Bundesverband Windenergie nur zurückhaltend und verweist
auf die Studien der süddeutschen Landesämter. Dennoch nehme die Branche die Debatte zum Thema Infraschall "sehr ernst".
Mit gutem Grund. Falls sich herausstellen sollte, dass die Klagen berechtigt sind, würde sich die Frage nach Konsequenzen
stellen. Reicht es aus, Mindestabstände zur Wohnbebauung
festzulegen? Wenn ja, wie groß müssen diese sein? Viele aus
der Branche der erneuerbaren Energien haben zur Rechtfertigung einer schnellen Energiewende stets auf die Gesundheitsrisiken von Kohlestrom und Atommeilern verwiesen. Jetzt müssen
sie selbst mit dem Verdacht umgehen, für Gesundheitsgefahren
verantwortlich zu sein.
Widersprüchliche Botschaften des Umweltbundesamtes
Ein heikles Unterfangen. Die Landesregierung Bayerns hat bereits als Mindestabstand zur Wohnbebauung das Zehnfache der
Windradhöhe durchgesetzt. Bei Windrädern von oft 200 Meter
Höhe darf also in Umkreis von 2000 Metern kein Wohnhaus stehen. Kritiker dieser "10-H-Regelung" sehen bei dieser Auflage
keine Chance mehr, noch eine nennenswerte Zahl von Windkraftanlagen im Land unterzubringen.
27
Das Umweltbundesamt (UBA) warnt andere Bundesländer deshalb davor, dem Beispiel Bayerns zu folgen. Wenn sich in ganz
Deutschland ein Abstand von zwei Kilometern zur Wohnbebauung durchsetzte, wäre nur noch Platz für Windturbinen mit einer
Gesamtleistung von 36 Gigawatt. Da bereits genau diese Größenordnung installiert ist, müsste der Neubau von Windturbinen
sofort gestoppt werden. Die Energiewende wäre am Ende.
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger riet den Ländern deshalb,
sie "sollten nicht den Fehler machen, durch überzogene Abstandsregeln den Ausbau der Windenergie als wichtige Säule
der Energiewende zu gefährden".
Merkwürdig ist allerdings, dass das Umweltbundesamt in einer
anderen Studie feststellt, dass die Indizien für gesundheitliche
Gefahren von Infraschall-Emissionen ernst zu nehmen seien
und dringend besser erforscht werden müssten.
Zwar stünden gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse noch
aus. Doch habe sich erwiesen, "dass weitgehend auf den tieffrequenten Bereich konzentrierter Schall schon bei niedrigen
Pegeln das mentale Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen
kann", heißt es in der "Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall", die von der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellt wurde.
Bei den registrierten Beschwerden aus der Bevölkerung gehörten "Geräuschemissionen von Windenergieanlagen zu den häufigsten Ursachen". Insbesondere die Art der Schallmessung, die
vom Immissionsschutzgesetz vorgeschrieben wird, ignoriere die
Wirkung von tiefen Frequenzen in Innenräumen völlig. Inzwischen hat das Umweltbundesamt eine Folgestudie ausgeschrieben, um mehr Licht in die Sache zu bringen.
Was soll man nun glauben? Einerseits fordert das Umweltbundesamt, die gesundheitlichen Auswirkungen von Infraschall weiter zu erforschen. Andererseits traut sich UBA-Präsidentin
Krautzberger schon zu, von größeren Mindestabständen zwischen Windrädern und Wohnbebauung abzuraten, damit die
Energiewende nicht gefährdet wird.
28
Bisherige Grenzwerte ohne Aussagekraft
Dass die bislang für Windkraftanlagen geltenden EmissionsRichtlinien nicht mehr ausreichen, daran lässt die InfraschallStudie des UBA keinen Zweifel. Weil Windkraftanlagen immer
höher und leistungsstärker werden, müssten auch die Schallemissionen neu bewertet werden, und dies müsse dann auch
den Infraschallbereich miteinschließen, fordert der AkustikExperte Detlef Krahé, der die UBA-Studie federführend leitete:
"Mit wachsender Höhe der Windenergieanlagen durchschneiden
die Rotorblätter ein stärker variierendes Windprofil."
Man könne deshalb "nicht davon ausgehen, dass das Abstrahlungs- und Ausbreitungsmodell für kleinere Windenergieanlagen
auf moderne, große Anlagen übertragbar ist."
Die Windkraftbranche argumentiert also auf wackeligem Fundament, wenn sie im Streit mit Anwohnern stets betont, sie halte
doch alle bestehenden Grenzwerte ein: Denn die Grenzwerte
selbst und die Methoden ihrer Messung werden inzwischen von
regierungsamtlichen Gutachtern infrage gestellt, in Dänemark
ebenso wie in Deutschland.
Emissionen von Windkraftanlagen werden nach der "Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm" (TA Lärm) gemessen.
Nach dieser Vorschrift findet die Messung aber stets nur im
Freien statt. Ungenügend, finden Akustiker: Denn Innenräume
verstärken die Wirkung von tiefen Frequenzen oft noch. Baukörper schirmen gerade gegen Schwingungen unterhalb von 100
Hertz schlecht ab, durch große Fenster können sie fast ungehindert eindringen.
Frustrierende Erfahrungen
Weiterer Nachteil der TA Lärm: Sie schreibt vor, dass der
Schalldruckpegel auf eine Art gemessen werden muss, mit der
das Lautstärkeempfinden des menschlichen Ohres nachbildet
wird. Nur: Diese sogenannte A-Bewertung, gemessen in Dezibel-A, gewichtet höhere Tonlagen aus Prinzip stärker, da zum
Beispiel schrille Geräusche von Menschen gemeinhin auch als
größere Belästigung wahrgenommen werden.
29
Die speziell tiefen Frequenzen, die von Windkraftanlagen ausgehen, werden bei dieser Art der Messung aber ignoriert.
Zwar bestimmt die TA Lärm auch, dass bei Hinweisen auf tiefe
Frequenzen weitere Messungen zu erfolgen haben. Nur: Diese
weiteren Messungen sollen dann nach den Vorgaben einer
Deutschen Industrienorm durchgeführt werden. Und diese DIN
45680 hat, wie jede DIN, nicht mehr den Charakter einer
Rechtsvorschrift, sondern schlicht den einer Empfehlung. Spätestens hier verlieren sich die Streitereien zwischen WindkraftBetreibern und Lärm-Opfern im Nebel juristischer Unwägbarkeiten.
Für Menschen, die sich für Opfer von Infraschall-Emissionen
halten, bedeutet dies frustrierende Erfahrungen: Das im Grundgesetz garantierte "Recht auf körperliche Unversehrtheit" oder
der im Bundes-Immissionsschutzgesetz versprochene "Schutz
vor schädlichen Umwelteinwirkungen" ist schwierig einzuklagen,
solange die Rechtsprechung und Wissenschaft den von der
Energiewende geschaffenen Realitäten so hoffnungslos hinterher hinken, wie das im Bereich Windkraft der Fall ist.
Dänemarks Windkraft weicht aufs Meer aus
Somit ist unklar, welche Richtung die Debatte noch einschlagen
könnte. Ist es Menschen in gewissen Grenzen vielleicht sogar
zuzumuten, gesundheitliche Auswirkungen einer neuen ökologischen Energieinfrastruktur so hinzunehmen, wie Menschen andernorts auch die Folgen des Braunkohletagebaus hingenommen haben? Immerhin geht es um das höhere Wohl des Klimaschutzes.
Dass Fluglärm oder starker Straßenverkehr die Gesundheit der
Anwohner beeinträchtigen, ist ja auch unstrittig. Dennoch würde
niemand deshalb den Flug- oder Autoverkehr verbieten. Ein
Ausbaustopp für Windkraft wäre wohl ebenso außer Frage.
Die Dänen haben aus diesem Dilemma einen Ausweg gefunden. An Land werden zwar nur noch wenige neue Anlagen hinzukommen, glaubt Jan Hylleberg, der Chef des WindindustrieVerbandes. Das Wachstum werde aber auf dem Meer erfolgen.
30
Mit zwei neuen Großwindparks in Nord- und Ostsee soll die 50Prozent-Marke beim Ökostromanteil bis 2020 übersprungen
werden. In dänischen Küstengewässern gebe es dann ebenso
viel Windkraftleistung wie an Land.
Deutschland will diesem Öko-Vorbild nicht folgen. Im Gegenteil:
Die Ausbaupläne für Offshore-Wind wurden jüngst kräftig zusammengestaucht. Die Bundesregierung will bis 2020 nur noch
6500 Megawatt in Nord- und Ostsee zulassen, während es an
Land bereits mehr als 35.000 Megawatt Windkraft gibt.
Damit wäre in Deutschland siebenmal mehr Windkraft an Land
installiert als auf See – obwohl der Infraschall dort wohl nur ein
paar Möwen stören würde.
© Axel Springer SE 2015. Alle Rechte vorbehalten
11. Neuss für WKA zu dicht besiedelt
Die Stadt Neuss verfügt im Grundsatz über keine geeigneten Standorte für Windkraftanlagen auf
Grund der dichten Besiedelung. Die Nachbarstädte Düsseldorf, Erkrath, Hilden und Haan verfügen ebenfalls über keine Konzentrationszonen für Windkraftanlagen.
12. Gohrerbergkante hat die Funktion eines Flugkorridors
Das Gondelmonitoring soll zum Schutz der Fledermäuse installiert werden. Dies stellt jedoch
kein zulässiges Mittel dar, um Ermittlungsdefizite zu kompensieren. Als Pufferzone sind 500 m
als ausreichend anzusehen, jedoch nicht wenn die WKA im Hauptnahrungshabitat steht oder der
Raum die Funktion eines Flugkorridors hat. Die Gohrerbergkante hat die Funktion eines Flugkorridors. Außerdem befindet sich der Lebens-, Schlaf- und Jagdbereich innerhalb der 500m Pufferzone.
13. "Planungsrelevante" Arten wie Fledermäuse werden nicht berücksichtigt
Bericht über die faunistischen Kartierungen planungsrelevanter Arten (Eulen- und Feldvögel,
Fledermäuse, Amphibien, Libellen) in den Jahren 2006/2007
Der in öffentlicher Sitzung am 19.02.2008 im Ausschuss für Umwelt und Grünflächen der Stadt
Neuss vorgelegte Bericht der Stadt Neuss wurde im Genehmigungsverfahren der beiden WKA
nicht berücksichtigt. Danach stuft der Gutachter die Artenausstattung und Brutdichte sowohl auf
den großflächigen landwirtschaftlichen Nutzflächen im Westen und Südwesten (Hoisten) des
Stadtgebietes für ein Ballungsgebiet erstaunlich gut ein.
Es wurden in Neuss 8 Fledermausarten erfasst. U.a. Zwerg- und Wasserfledermaus wurden in
Hoisten beobachtet.
31
14. Schattenwurfprognose
Mindestens an drei Immissionspunkten (IP 20, IP 21, IP 22) werden die Richwerte von 30 Stunden Gesamtschattenwurf im Jahr überschritten, bzw. an vier Immissionspunkten (IP 20, IP 21, IP
22 und IP 23) der Richtwert von 30 Minuten Schattenwurf am Tag überschritten.
15. Ungenaue und falsche Angaben des Gutachters
Die falsche Zuordnung von Messstationen und Hausnummern am Gohrerberg (z.B. Hausnummern 30 und 34) verdeutlichen die ungenaue und nicht vertrauenserweckende Arbeit des vom
Antragsteller bestellten Gutachters. Die Immissionspunkte stimmen nicht mit der Wirklichkeit und
den tatsächlichen Standorten überein!
Beim Schallgutachten und beim Schattenwurfgutachten wurden die Immissionspunkte Gohrerberg 30 und Gohrerberg 34 falsch bestimmt! Im Hauptgutachten und im ersten Nachtrag sind die
hauptbetroffenen IP 21 und IP 22 falsch dargestellt. Insofern sind die Gutachten ungültig.
Bei den beantragten Windkraftanlagen handelt es sich um Enercon-E-82-Windräder. Auf dem
Datenblatt „Schalleistungspegel E-82-E2, Seite 2 von 2“ wurde bei der Akteneinsicht der Bürgerinitiative entdeckt, dass unter Punkt 3 eine Impulshaltigkeit von 0 dB angegeben ist. Punkt 7 besagt, dass eine Messungenauigkeit von +/- 1 dB anzunehmen ist. Punkt 9 besagt, dass Enercon
keine Projekt- und/ oder standortspezifische Garantie für die Daten übernimmt.
Wie einem Zeitungsartikel im DONAUKURIER am 14.08.2012 zu entnehmen ist, leugnet Enercon seit Jahren die Impulshaltigkeit der E-82. Das OLG München hat aber mit Urteil vom
14.08.2012 die durch ein vom Landgericht Augsburg beauftragtes Gutachten festgestellte Impulshaltigkeit der Anlage bestätigt, wodurch 3 dB Zuschlag zum Lärmmesswert hinzuzurechnen
sind. Plus 1 db wegen der Messungenauigkeit (siehe oben) ist anzunehmen.
Auszug:
„Impulshaltigkeit von Enercon E-82
Betreiber verliert Prozeß - Enercon leugnet Impulshaltigkeit seit Jahren
Prozess verloren
Neuburg (r) Im Endlos-Streit um das Windrad von Kienberg haben die Beschwerdeführer
einen markanten Erfolg erzielt. Das Oberlandesgericht München gab am Dienstag ihrer
Klage statt und verurteilte Betreiber Herbert Kugler zur strikten Einhaltung des nächtlichen Grenzwertes von 45 Dezibel.
Das Urteil des 27. Zivilsenats des OLG könnte für Hersteller Enercon Folgen haben. Die
Richter gehen in ihrem Urteil nämlich davon aus, dass die betreffende Windkraftanlage
impulshaltig ist. Enercon hat über 3000 Anlagen des Kienberger Typs verkauft und Impulshaltigkeit strikt zurückgewiesen.
Unter diesem Schallphänomen versteht man ein amplitudenartiges Geräusch. Es steige
schnell an und falle rapide wieder ab „wie ein Hammerschlag“, so die Richter. Daraus
wird ein Zuschlag von drei Dezibel zu dem gemessenen Wert von 42,8 dbA gefolgert. Besonders in Herbst- und Winternächten könnte deshalb (bei 10 Meter Windgeschwindigkeit
pro Sekunde) eine Überschreitung auf 45,8 dbA möglich sein, so der OLG-Senat. Die
Richter übernahmen voll das Gutachten des vom Landgericht Augsburg eingesetzten
Gutachters Ulrich Möhler (München). Die Messungen der vom Landratsamt Neuburg und
von Hersteller Enercon beauftragten Sachverständigen werden als unzureichend zurückgewiesen.“
32
Definitiv wurde dieser Zuschlag bei den am 09.12.2014 im Gespräch mit den Eheleuten Hedden
und den Rechtsanwälten Bird & Bird genannten 37 bzw. 32 dB bzw. kumuliert 38,75 dB für den
Gohrerberg 30 nicht berücksichtigt. Würde der Zuschlag berücksichtigt, läge der Wert wahrscheinlich oberhalb 40 dB.
Zudem führt der Betreiber hier Daten an, für die der Hersteller keinerlei Garantie übernimmt
(Punkt 9), was aus unserer Sicht ebenso grob fahrlässig ist.
Bei künftigen Schallprognosen im Genehmigungsverfahren wird nun nicht mehr die bloße Erklärung der Hersteller genügen, die Anlagen wären frei von Impulshaltigkeit. - Az. OLG München 27
U 3421/11 und 27 U 50/12 - akzeptiert.
16. Unwirtschaftliches Projekt
Die SWN beantragt am 22.10.2014 die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides
anzuordnen. Begründet wird dieser Antrag damit, dass mit Verzögerung der Projektrealisierung
die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projektes sinkt. Eine derartige Begründung, die nur die finanziellen Aspekte berücksichtigt, kann nicht akzeptiert werden.
Fortwährend müssten künftig in Hoisten die WKA abgeschaltet werden, wg. Schattenwurf, Lärm
(nachts) und Fledermäusen. Deshalb ist das Vorhaben unwirtschaftlich. Die Nennleistung der
kleinen WKA soll gleich groß sein wie bei der großen WKA. Das kann doch nicht der Fall sein.
Weshalb werden dann nicht nur kleine WKA errichtet, die in der Herstellung und Unterhaltung
kostengünstiger sind?
ENERCON beschreibt in der Spezifikation „Zuwegung und Kranstellen“ auf Seite 5 von 18, dass
für die Zuwegung Straßen, Brücken und Feldwege so aufgebaut sein müssen, dass sie von
Schwertransportern mit einer maximalen Achslast von 12t und einem maximalen Gesamtgewicht
von 141t befahren werden können. Die Kosten der Erstellung, Herrichtung und Unterhaltung sind
nicht Bestandteil der ca. 4,2 Mio € der Rohbaukosten für die beiden WKA. Diese Herstellungskosten der WKA entsprechen auch nicht dem Kaufpreis der Anlagen, der weitere Kosten, z.B.
schwankende Materialpreise, Forschungs- und Entwicklungskosten und vieles mehr abdecken
muss, die jedoch für die Ermittlung der Genehmigungsgebühren nicht relevant sind (siehe Kostenaufstellung der ENERCON (Seite1 von 1).
ENERCON beschreibt in seiner „Technischen Beschreibung Leistungskurvenverfahren“ auf Seite
4/8, dass ein automatischer Neustart der WKA erst wieder nach Abtauen des Eises nach entsprechend andauerndem Anstieg der Außentemperatur über +2°C möglich ist. Folglich wird die
WKA im Winter wohl mehrungenutzt „rumstehen" als in Betrieb sein.
17. Stadt Neuss bevorzugt Privatunternehmen wie RWE und Thüga AG gegenüber anderen Unternehmen
Für die Versorgungsdienstleistungen ist die Beteiligungsgesellschaft Stadtwerke Neuss Energie
und Wasser GmbH (EuW) zuständig. An der Gesellschaft sind die Stadtwerke Neuss mit 60,1 %,
RWE mit 24,9 % und die Thüga AG mit 15 % beteiligt.
Der Landwirt P. (Flur 398) hat noch nicht schriftlich zugesagt, diesen drei Unternehmen seine
landwirtschaftlichen Flächen bezüglich der Abstandsflächen zur Verfügung zu stellen. Offenbar
ist dies nur mündlich in Aussicht gestellt worden. Der Landwirt P. hat der SWN Bereitschaft signalisiert, die erforderliche Abstandsfläche – damit auf dem benachbarten Flurstück 66 ein
Windkraftrad errichtet werden kann - auf seinem Grundstück per Baulast gegen Zahlung einer
Entschädigung sichern zu lassen, wenn im Gegenzug ihm die Möglichkeit eingeräumt wird den
Entschädigungsbetrag durch Erwerb von Ackerland zu reinvestieren.
Da die SWN, die RWE und die Thüga AG selbst derartige Grundstücke nicht besitzt, haben die
Privatkonzerne die Stadt Neuss um Unterstützung gebeten. In den weiteren Verhandlungen hat
33
die Stadt Neuss Grundstücke angeboten, die der Allgemeinheit gehören (Stadt Neuss) und zuletzt konnte mit Herrn P. Einvernehmen erzielt werden, so dass er unmittelbar angrenzend an
seinen Grundbesitz, das im Ratsbeschluss aufgeführte Grundstück zum Kaufpreis von 5,00 €/m²
erwerben kann.
Dieser einzigartige Vorgang der „unberechtigten“ Bevorzugung Dritter verdeutlicht, dass auch die
Stadt Neuss bereit ist, private Unternehmen zu bevorteilen, damit das Prestigeprojekt der SWN,
RWE und Thurga AG, zu Lasten der Hoistener Bevölkerung realisiert werden kann.
18. Tageslärmwerte werden nicht veröffentlicht
In Neuss Speck werden auf der Straße Auf den Stöcken die Schallpegel nachts überschritten. Da
nachts die Leistung der Anlagen von 2.300 KW auf 1.000 KW gedrosselt werden soll, ist damit
anzunehmen, dass die Anlagen tagsüber deutlich lauter sind. Bei Einsichtnahme ins Gutachten
waren keine Tageswerte ersichtlich.
Die Windkraftanlagen sollen am Haus Gohrerberg 30 nachts einen Lärmwert von 39 dB verursachen. Die Unterschreitung des beim Rhein-Kreis Neuss mündlich zugesagten Grenzwertes
von 40 dB wird nur ganz knapp erreicht.
Auf den Seiten 15 und 16 von 39 in der Liste der maßgeblichen Immissionsorte werden die "Immissionswerte" ohne Angabe einer Einheit angegeben. Diese schwammige Bezeichnung meint
wahrscheinlich die maximal zulässigen Werte in db(A). Für IP 21 & 22 (Gohrerberg 30 und 34)
sind 45 angegeben, abweichend von den vom Rhein-Kreis Neuss (Herrn Schemion) in Aussicht
gestellten 40 db(A) (Verweis: Gespräch mit Heddens Rechtsanwälten Bird&Bird)
19. Die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens ist insgesamt sehr zweifelhaft
Die Stadtwerke Neuss haben bei den öffentlichen Präsentationen die kritisierte Höhe der WKAs
dadurch gerechtfertigt, dass kleinere Anlagen die notwendige Wirtschaftlichkeit nicht erreichen.
Nunmehr wird die WKA 2 rd. 30 m niedriger ausgelegt, beide Anlagen nachts um 57% in der
Leistung reduziert und in windarmen Sommernächten zum Fledermausschutz ausgeschaltet.
Außerdem muss das zusätzliche Fledermausmonitoring in der Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigt werden. Das Gerät kostet zum einen viel Geld in der Anschaffung, zum anderen altern aufgrund der Witterungsseinflüsse die Mikrofone frühzeitig und müssen jährlich überprüft
werden. Außerdem müssen die Geräte aus Frostschutzgründen vor dem Winter abgebaut werden. Im Internet lässt sich finden, dass mit jährlichen Kosten von rd. 10.000 Euro pro Jahr zu
rechnen ist. Hinzu kommen die Schattenwurf-/Abschaltmodule, die ja auch Anschaffungskosten
verursachen und gewartet werden müssen. Die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens ist daher insgesamt sehr zweifelhaft. Nach unserer Kenntnis hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke Neuss die
WKA bisher nur unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit genehmigt.
20. Rotorspitzen sind über 400 km/h schnell
„Windräder töten Vögel und Fledermäuse, bringen Unfrieden ins Land, machen den Strom teurer
und schaden der Wirtschaft“, sagt Dr. Fridrich Buer
Dr. Friedrich Buer ist darauf spezialisiert, neueste Forschungsergebnisse verständlich und sehr
unterhaltsam zu servieren. Seine Vorträge sind ein Brückenschlag zwischen Biologie und Technik sowie Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Jeder Vortrag ist speziell auf den jeweiligen Anlass
und das jeweilige Publikum ausgerichtet und wird frei gesprochen. Bei allem Ernst darf auch gelacht werden.
34
Dr. Buer ist freier Biologe und bekannt für seine Unabhängigkeit. Er war vor seinem Austritt
sechzehn Jahre Kreisvorsitzender eines großen Naturschutzverbandes in Bayern und wurde für
diese und weitere Engagements für den Naturschutz mehrfach ausgezeichnet:
Den nachfolgenden Aufsatz hat der Autor Dr. Buer im Internet veröffentlicht:
„Aus der Ferne gesehen drehen sie sich langsam und friedlich. Und die sollen Vögel und
Fledermäuse töten, Storchen- und Kranichhäcksler sein, wie Vogelfreunde behaupten,
lebensgefährliche Eisbomben verschießen und Symbole des Versagens der Naturschutzverbände sein?
Die friedliche Idylle täuscht. Windräder töten Vögel und Fledermäuse und gefährden Spaziergänger. Sie sind Symbole für das Versagen der Naturschutzverbände. Die Rotorspitzen der Windräder sind über 400 km/h schnell. Tatsächlich fegen die Spitzen der Rotorblätter schon bei mäßigem Wind mit 170 km/h durch die Luft und laut Informationstafel
am Schellenberg bei Neustadt a. d. Aisch liegt deren Spitzengeschwindigkeit bei 272,3
km/h. Neuere Anlagen erreichen über 400 km/h. Für Skeptiker zum Nachrechnen: Einfach die Rotorblattlänge in Metern mit 22,6 multiplizieren und durch die Zahl der Sekunden teilen, die das Windrad für eine Umdrehung braucht und man erhält die Geschwindigkeit der Rotorblattspitzen in km/h. Die meisten Rotorblätter sind zwischen 35 und 55
Meter lang, auf See sind Längen von 125 Metern geplant.
(Anmerkung: In Hoisten sollen sie einen Durchmesser von 85 m erhalten.)
Der Sog zieht Vögel und Fledermäuse an die Rotoren. Kommt ein Vogel oder eine Fledermaus auch nur in die Nähe eines Rotorblattes, saugt sie ein Unterdruck unweigerlich
gegen das Rotorblatt und es ist um sie geschehen. Dieser Unterdruck entsteht durch die
Luftströmung an den Rotorblättern und schwankt, weil der Wind mal schneller oder mal
langsamer weht und auch, weil sich das Rotorblatt wegen seines hohen Trägheitsmomentes nur verzögert schneller oder langsamer drehen kann. Mit dem Unterdruck
schwankt auch der daraus resultierende Sog ständig. Verstärkt werden die Druckschwankungen durch den Turm-Effekt, weil immer dann, wenn ein Rotorblatt vor dem Turm vorbei saust, der Winddruck abfällt und deshalb das Rotorblatt vor und zurück springt. Das
hört man als Wummern, weil der Mast periodisch von den nachlaufenden Luftströmungen
des vor ihm vorbei sausenden Rotorblattes getroffen wird und sich seine Anströmrichtung
und Anströmgeschwindigkeit kurzzeitig ändern. Hinzu kommt, dass der Wind mit der Höhe zunimmt, was man schon vom Kinderdrachen kennt. Das bedeutet aber, dass die Rotorblätter, wenn sie ganz oben stehen, mehr belastet werden, als wenn sie ganz unten
stehen. Das führt zu weiteren Schwingungen und zwar umso mehr, je länger die Rotorblätter werden.
Druckschwankungen sind kilometerweit zu hören
Obwohl sich die Druckschwankungen mit Schallgeschwindigkeit ausbreiten und sich dabei mit dem Quadrat der Entfernung abschwächen, hört man das Wummern noch kilometerweit. Daran erkennt man die enorme Wucht der Druckschwankungen und ihre Gefährlichkeit für Vögel und Fledermäuse. Auch der Infraschall wird letztlich durch die Druckschwankungen ausgelöst. Wir Menschen können ihn wegen seiner tiefen Tonlage nicht
hören, er scheint aber trotzdem gesundheitsschädlich zu sein. Hinzu kommt, dass Infraschall weiter reicht als der hörbare Schall. Elefanten unterhalten sich mit Infraschall über
2,5 Kilometer Entfernung.
Einfacher Versuch zu Sogwirkung
Die Sogwirkung der Rotorblätter zeigt ein einfacher Versuch. Hält man zwei Blatt Papier
in geringem parallelen Abstand vor den Mund und bläst hindurch, so weichen sie nicht
etwa auseinander, wie man vermuten könnte, sondern der Sog zieht sie aufeinander zu.
Ersetzt man eines der beiden Blätter durch Karton, zieht der Sog das leicht bewegliche
Papier auf den starren Karton. Der Karton entspricht dem starren Rotorblatt und das bewegliche Papier dem Vogel oder der Fledermaus. Jedoch pustet kein harmloser Mensch,
35
sondern ein Tornado mit Windgeschwindigkeiten bis über 400 km/h und zwar ständig, solange sich das Windrad dreht! Ein solcher Sog ist tödlich, da gibt es kein Entkommen.
Schon viel geringere Geschwindigkeiten wie bei Schiffsschrauben oder sich eng begegnenden LKWs oder von vorbei fahrenden Zügen sind lebensgefährlich: Ein Hobbyfilmer
wollte einen dramatischen Streifen drehen, stellte seine Kamera ganz dicht an die Bahngleise und filmte den herannahenden Zug. Er glaubte sich sicher, doch der Sog des Unterdruckes zog ihn an den Zug, er selbst überlebte, seine Kamera nicht. Deshalb warnen
auf den Bahnsteigen Schilder vor dem Sog der Züge.
Ausweichen für Vögel und Fledermäuse unmöglich
Werden Tiere von einem Rotorblatt direkt getroffen, dann ist es natürlich erst recht um sie
geschehen und die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß. Denn jedes einzelne Rotorblatt
wiegt 3,5 t und mehr, also so viel wie ein rasender Kleinlaster und alle paar Sekunden
kommt das Nächste mit einer Geschwindigkeit von 27 bis 76 Metern pro Sekunde herangerast und dann wieder eines und wieder und wieder. Das ist der sprichwörtliche Kampf
gegen Windmühlenflügel, den jeder Vogel und jede Fledermaus verliert.
Tod auch ohne direkte Kollision
Doch selbst wenn die Opfer nicht vom Rotorblatt angesogen oder direkt getroffen werden,
lösen die heftigen Druckschwankungen im Turbulenzbereich der Rotorblätter innere Verletzungen aus. Die Tiere sterben ohne Zeichen äußerer Verletzungen, was durchaus vergleichbar mit der Wirkung von Luftminen auf Menschen im 2. Weltkrieg ist. Diese Minen
lösten ebenfalls heftige Druckschwankungen aus und zerrissen auch Menschen die Lungen, die sich im Bunker sicher glaubten. Diese als Barotraumen bezeichneten inneren
Verletzungen betreffen nicht nur die Lungen. Bei Fledermäusen fand man sogar geplatzte
Fettzellen (Current Biology 18, S. 695 – 696, 2008), was zeigt, wie äußerst aggressiv die
Druckschwankungen sind.
Hersteller fürchten die Folgen der Druckschwankungen
Auch die Hersteller wissen um die Druckschwankungen, die sich pausenlos wiederholen
und sogar die Rotorblätter zerstören können. Andererseits sind sie unverzichtbar, weil die
speziellen Druck- und Strömungsverhältnisse das Windrad antreiben. Deshalb führen sie
millionenteure Prüfungen durch, um zu testen, ob die Rotorblätter die Druckschwankungen aushalten. Vögel und Fledermäuse kommen in den Tests nicht vor. Und auch nicht,
dass das Wummern und der Infraschall auf Menschen wie eine Folter wirken kann,
besonders nachts, wenn der allgemeine Geräuschpegel niedrig ist. Das gilt auch für
den Schattenwurf der Rotoren, der bei tief stehender Sonne weit ins Land hinein reicht.
Es kommt zu einem ständigen Wechsel zwischen hell und dunkel und den hält niemand
aus.
Aber die Rotorblätter überstreichen doch nur eine kleine Fläche
Auch da täuschen wir uns gewaltig! Bei einem Durchmesser des Windrades von 72 Metern (Hoisten 85 m) werden 4.000 Quadratmeter überstrichen und zur tödlichen, senkrecht stehenden Sperrzone im Luftraum. Die drei Windräder auf dem Schellenberg bei
Neustadt a. d. Aisch sperren dort zusammen den Luftraum auf einer Fläche von rund
15.000 Quadratmetern, was etwa 48 Baugrundstücken à 400 m² entspricht. Dazu kommen die Turbulenzzonen, die die Sperrfläche noch viel größer machen. Ich habe selbst
gesehen, wie eine Feldlerche trällernd neben einem dieser Windräder aufstieg und deutlich oberhalb des Rotors offenbar in die Turbulenzen geriet und weggeschleudert wurde.
Unter http://www.youtube.com/watch?v=zkbU1tS_UQc&NR=1 sieht man in einem Video
wie ein Geier vom Windrad erschlagen wird. Inzwischen drehen sich in Deutschland über
21.600 Windräder und jetzt soll es mit dem Bau von noch größeren und noch höheren
erst richtig los gehen. General Electric will Windräder mit Rotordurchmessern von 110
Metern in unseren Wäldern aufstellen und plant noch größere. An der Spitze liegt Vestas,
36
deren Windrad-Rotoren für die Nordsee 250 Metern Durchmesser haben. Jeder davon
überstreicht die kaum vorstellbare Kreisfläche von 49.000 Quadratmetern (= 4,9 Hektar
oder 122 Baugrundstücke à 400 m²) und macht sie zur tödlichen Sperrzone für alles, was
fliegt. Verglichen mit den Windrädern sind die kriminellen Vogeljäger im Süden Europas
nur harmlose Lausbuben.
Auch Masten von Windrädern und still stehende Rotoren sind Todesfallen
Selbst wenn Windräder still stehen, töten sie Vögel. Sie stoßen gegen den Turm und gegen die still stehenden Rotoren und fallen unmittelbar unter das Windrad (Der Falke 58,
Seite 499 – 501, 2011). Deshalb sind sie vergleichsweise einfach zu finden. Offenbar
können sie die tödlichen Hindernisse nicht erkennen, was aus evolutionsbiologischer
Sicht verständlich ist. Vögel gibt es seit vielen Millionen Jahren und sie haben sich in dieser langen Zeit optimal an ihre Umwelt angepasst. Mit 100 bis 200 Meter hohen, frei stehenden Hindernissen mussten sie niemals rechnen und deshalb rechnen sie auch heute
nicht damit.
Aber warum findet man praktisch nie die Opfer?
Das liegt einmal daran, dass sie nur ausnahmsweise direkt unter das Windrad fallen,
sondern von ihm aus einer Höhe von bis zu 200 m mit Geschwindigkeiten zwischen 100
und 400 km/h weit weggeschleudert werden und zwar bei Kollisionen oberhalb der Rotornabe nach der einen Seite und unterhalb der Rotornabe nach der anderen Seite. Außerdem werden sie je nach Windrichtung in andere Richtungen geschleudert, wobei sie der
Wind zusätzlich ablenkt. So werden die Opfer durch die Rotoren auf einer riesigen Kreisfläche von mehreren Hektar verteilt und sind kaum zu finden. Bei noch höheren Windrädern wird die Suche praktisch aussichtslos, erst recht im Wald oder auf gar auf See. So
erging es mir auch mit der Feldlerche am Schellenberg. Ich fand sie nicht, aber ihr Trällern habe ich auch nicht mehr gehört. Bei Volltreffern kommt hinzu, dass von den Tieren
kaum noch Erkennbares übrig bleibt, vor allem, wenn sie klein sind.
Opfer „verschwinden“, weil andere Tiere sie fressen
Für Krähen, Elstern, Rotmilane, Bussarde, Turmfalken, Füchse, Katzen, Marder, Wiesel,
Ratten und andere Tiere sind die Windradopfer eine begehrte Nahrungsquelle. Sie alle
warten geradezu auf die nächste „Fütterung“ und werden dabei oft selbst zu Opfern, wie
die seit Jahren seltener werdenden Rotmilane. Auch Geier suchen als Aasfresser den Bereich von Windrädern ab und werden prompt erschlagen, wie es im oben genannten
Youtube-Video zu sehen ist. Tote Eintagsküken, die man um ein Windrad herum abgelegt
und sogar versteckt hatte, waren deshalb schon nach wenigen Stunden „verschwunden“
und so geht es auch den Opfern der Windräder. Deshalb werden sie so selten gefunden
und die offiziellen Funddateien verschleiern die Dimension des Problems. Sie bilden nur
die Spitze eines Eisberges ab, was den Fachleuten natürlich bekannt ist.
Im Internet http://tinyurl.com/36oxht2 und in ornithologischen Fachzeitschriften (u.a. Der
Falke 6, 2011 und 8, 2011, Wiesenweihe, Rotmilan) gibt es dazu eine Vielzahl von Fallbeschreibungen und Informationen. Folgendes schrieb schon vor zehn Jahren der Präsident des Landesumweltamtes Brandenburg, Prof. Dr. Matthias Freude: „Im Sommerurlaub 2001 entdeckte ein Kollege aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg einige offensichtlich erschlagene Vögel unter holländischen Windrädern nahe an der Küste.
Unerwarteterweise fanden sich bei einer Nachsuche im Brandenburgischen Binnenland
ebenfalls tote Vögel unter den Windrädern. Seitdem wird zumindest stichprobenhaft von
Ornithologen, Zivildienstleistenden und ehrenamtlichen Helfern unter Windkraftanlagen
nach verunglückten Vögeln gesucht. Überraschenderweise fanden sich dabei auch erschlagene Fledermäuse. Umso genauer man suchte, desto mehr der im Gras und Gebüsch nur schwer aufzuspürenden Fledermausüberreste wurden entdeckt. Vögel und
Fledermäuse werden häufig von den Windrädern regelrecht halbiert oder Teile abgeschlagen.“
37
Aber Studien zeigen doch, dass es so schlimm nicht ist
Leider muss man heute auch bei wissenschaftlichen Gutachten und Publikationen fragen,
wer dahinter steht und wer sie bezahlt hat. Gutachten und Gegengutachten sind zum Geschäft geworden, die die jeweiligen Auftraggeber für ihre Interessen nutzen wollen. Natürlich gibt es auch korrekte Gutachten, nur wie soll man die Spreu vom Weizen trennen?
Außerdem hört man immer wieder von Fällen, in denen „nicht hilfreiche“ Gutachten unter
amtlichen Verschluss gehalten werden. Das aber nur, weil es manchmal „undichte Stellen“ gibt. Deshalb sind beschwichtigende Aussagen aus dem Bundesumweltministerium
oder der Spitzenfunktionäre der Natur- und Umweltschutzverbände mit Vorsicht zu genießen. Sie alle setzen sich für den Bau der Windräder ein und haben ihre politische und
berufliche Zukunft damit verbunden und es geht um viel Geld. Da kommt jedes Argument
gerade recht. Zum Beispiel versuchen der Verband Windenergie e.V. und Deutschlands
größter Artenschutzverband NABU, sich mit dem Argument rein zu waschen, dass durch
den Verkehr noch mehr Vögel umkämen. Mit dieser Ausrede könnten sich auch Europas
kriminelle Vogelfänger reinwaschen, deren schlimmes Treiben der NABU natürlich bekämpft! Aber auch seriöse Untersuchungen können nur die gefundenen Opfer von Windrädern zählen und die sind, wie gesagt, nur die Spitze des Eisberges.
Rotmilane als unbestechliche Bio-Gutachter
Rotmilane fliegen auffällig oft in der Nähe von Windrädern. Als Greifvögel sehen sie
schärfer als jeder Wissenschaftler und besonders scharf sehen sie ihre Nahrung und die
ist Aas und das liefern ihnen die Windräder. Wenn da kein Aas wäre, warum sollten sie
da suchen? Ihr Unglück ist, dass sie bei ihrer Nahrungssuche von den Rotoren ebenfalls
erschlagen werden, und da sie groß sind, werden sie häufiger gefunden. In der Statistik
der Zufallsfunde stehen die Rotmilane an erster Stelle (Der Falke 12, S. 484-489, 2011).
Inzwischen sieht man sie seltener in der Nähe von Windrädern, denn ihr Bestand ging
seit den 90iger Jahren um ein Viertel zurück und sinkt weiter. Aber für das Sterben an
den Windrädern sind Rotmilane unbestechliche Bioindikatoren, die sich von niemanden
vor den Karren seiner Interessen spannen lassen.
Wie könnte man die wirkliche Zahl der Opfer finden?
Eine glaubwürdige und aussagekräftige wissenschaftliche Untersuchung des Problems
von wirklich unabhängiger Stelle ist mir nicht bekannt. Wie könnte die aussehen? Man
könnte kreisförmig unter die zu prüfenden Windräder Netze spannen, die mögliche Opfer
auffangen, ihren Aufprall durch Sensoren rund um die Uhr automatisch registrieren und
diese Rohdaten für jedermann zugänglich ins Netz stellen. Der Radius des FangnetzKreises müsste so groß sein, dass auch weit weg geschleuderte Opfer aufgefangen werden. Eine solche Untersuchung würde zeigen, wie groß der Eisberg unter den Zufallsfunden wirklich ist. Das ist wohl auch der Grund, warum es bis heute eine solche Untersuchung nicht gibt. Sie würde wahrscheinlich ein Debakel ans Licht bringen und da sie von
denjenigen mit öffentlichen Mitteln finanziert werden muss, die immer mehr Windräder
aufstellen wollen, wird man sie nicht finanzieren.
210 °C heiße Stromleitungen und die Vögel?
Das Stromnetz in Deutschland ist nicht für den Transport von Wind- und Solarstrom ausgelegt. Deshalb müssen viele Tausend Kilometer neue Fernleitungen gebaut werden.
Doch gegen die gibt es massiven Widerstand und der Bau würde viele Jahre dauern.
Aber man könnte die vorhandenen Fernleitungen so umbauen, dass sie doppelt so viel
Strom leiten können. Das geht mit den Leiterseilen („Stromdrähten) der vorhandenen
Fernleitungen deshalb nicht, weil Leiterseile sich erwärmen und ausdehnen, wenn Strom
durchfließt. Darum hängen sie durch und zwar umso tiefer, je mehr Strom durch geleitet
wird und spätestens bei 80 °C ist Schluss. Doch es gibt neue Hochtemperatur-Leiterseile,
die an der RWTH Aachen entwickelt wurden und die sich technisch bewährt haben. Sie
können bis 210 °C aufgeheizt werden und dann doppelt so viel Strom transportieren.
38
Greenpeace beschreibt sie in seinem Magazin (29.11.2011) und meint, mit ihnen könne
man sich den Bau von 4.450 km neuer Stromtrassen ersparen. Dann bekommen wir elektrische Heizdrähte quer durch Deutschland, die mit Wind- und Solarstrom heizen. Das ist
Verschwendung pur. Und was den Vögeln droht, die sich auf 210 °C heißen Leitungen
ausruhen wollen, mag man sich gar nicht vorstellen.
Warum sind Windräder auch für Menschen lebensgefährlich?
Weil der Unterdruck an den Rotorblättern noch eine weitere unvermeidliche Folge hat. Im
Großen kennen wir den Effekt von den Tiefdruckgebieten. Das Wetter trübt sich ein, Wolken ziehen auf, es regnet oder schneit, weil bei sinkendem Luftdruck das Wasser, das in
der Luft für uns unsichtbar gelöst ist, zu Tröpfchen kondensiert, deren große Menge wir
als Trübung, Nebel oder Wolken sehen. Fallender Luftdruck führt aber immer auch zur
Abkühlung der Luft. Diese Abkühlung wird jedoch durch die Wärme gemildert, die bei der
Kondensation der Tröpfchen frei wird. Behält die Abkühlung die Oberhand, können die
Wassertröpfchen gefrieren und sich an den Rotorblättern als Eiskrusten festsetzen. Das
Risiko besteht das ganze Jahr über, besonders aber bei Nebel oder trübem Wetter um
null Grad, aber auch bei Temperaturen über Null. Nach und nach werden die Eiskrusten
dicker und schwerer. Zugleich zerren die enormen Fliehkräfte an ihnen und irgendwann
lösen sie sich und schießen als Eisplatten wie Geschosse mit bis zu 400 km/h davon. Ihre
Reichweite hängt von der jeweiligen Stellung des Rotorblattes und seiner Radialgeschwindigkeit zum Zeitpunkt der Ablösung ab. Deshalb können die Eisgeschosse unmittelbar am Turm einschlagen. Sie können aber auch an jedem anderen Punkt in einem
Umkreis von einigen hundert Metern um das Windrad herum einschlagen, wobei der
Wind sie zusätzlich ablenkt. Dazu nur einer von zahlreichen weiteren Berichten
(http://www.swp.de/ehingen/lokales/alb/Eisschlag-vom-Windrad;art5707,1220154):
Eisgeschosse von einem 130 Meter entfernten Windrad haben ein Scheunendach
bei Ehingen durchschlagen. Zum Glück haben sie kein Schädeldach getroffen.
Den Herstellern ist die Vereisung der Rotoren bekannt, weil sie zu Unwucht führen und
das Windrad beschädigen können. An einer falsch beladenen Wäscheschleuder erkennt
man den Effekt. Deshalb bauen sie Sensoren ein, die eine Unwucht registrieren und das
Windrad stoppen. Gefährlich bleibt das Windrad trotzdem, denn im Normalfall vereisen alle Rotorblätter gleichmäßig und es entsteht keine Unwucht. Erst wenn sich Eis von einem
der Rotorblätter löst, entsteht Unwucht und erst dann können die Sensoren reagieren und
das Windrad stoppen. Dann aber sind die Eisgeschosse schon unterwegs. Damit sich
kein Eis bildet, könnten die Rotorblätter auch geheizt werden. Doch das kostet einen Teil
des Stroms, den das Windrad erzeugt oder man bräuchte Strom aus dem Netz, der
durchaus importierter Atomstrom sein kann.
Eis auch an still stehenden Windrädern
Eiskrusten und Eisklumpen können sich auch an still stehenden Windrädern bilden, also
auch ohne die Kühlwirkung durch Unterdruck. Das geschieht besonders bei Temperaturen um oder unter null Grad. Sie lösen sich, wenn das Windrad wieder in Betrieb genommen wird und werden dann zu Geschossen.
Und mit Schilden wird vor den Eisgeschossen gewarnt. Es beginnt also der „Sicherheitsbereich“! In Wahrheit endet der Sicherheitsbereich und es beginnt der Unsicherheitsbereich, in dem lebensgefährliche Eisgeschosse drohen und zwar in einem Umkreis von einigen Hundert Metern und das auch bei Kälteperioden im Sommer. Solche Schilder beweisen, wie unaufrichtig die Informationen der Windradbetreiber sind.
Und warum laufen die Natur- und Umweltschutzverbände nicht Sturm gegen Windräder und preisen sogar die Wälder als neue Standorte?
Sie stecken in einer Zwickmühle. Jahrelang haben ihre Spitzenfunktionäre die Angst vor
einer drohenden Klimakatastrophe geschürt und als Rettung alternative Energiequellen
wie Windräder, Solarstrom und Biogas gefordert. Ihre Forderungen wurden erfüllt, mit fa-
39
talen Folgen. Biogas beschleunigt den Artenschwund, weil der Anbau von Mais für Biogasanlagen immer mehr Arten und andere Kulturen verdrängt und selbst Brachflächen
beansprucht. Statt Nahrung wird Biogas produziert und Deutschland muss Weizen importieren, was den Welthunger verschärft. Auf Feldwegen blüht praktisch nichts mehr, von
den intensiv bearbeiteten Maisäckern ganz zu schweigen. Im Vergleich dazu sind Straßenränder und Mittelstreifen von Autobahnen blühende Paradiese und Oasen der Artenvielfalt. Das sieht man auch ohne Fachkenntnisse.
Herzstücke des Naturschutzes werden geopfert
Der Schutz der Vögel und Fledermäuse, das Herzstück des Naturschutzes, ist ins genaue
Gegenteil verkehrt. Die Windräder schützen sie nicht, sondern erschlagen sie. Auch der
Schutz der Kulturlandschaft gehört zum Markenkern des Naturschutzes. Windräder und
neue Stromtrassen verkehren auch dieses Ziel in sein Gegenteil. Und die Spitzenfunktionäre der Natur- und Umweltschutzverbände sehen nicht nur tatenlos zu, sie fordern sogar
noch den weiteren Ausbau und stehen damit hinter den Plänen der Bundesregierung.
Nicht erwähnen sie, dass allein im Altamont-Windpark in Kalifornien jährlich etwa 100
Steinadler und andere Greifvögel erschlagen wurden.
Windräder spalten die Gesellschaft
Eigentlich möchten alle friedlich leben und arbeiten. Doch damit ist es wegen der Windräder für immer mehr Bürgerinnen und Bürger vorbei. Windräder machen, dass rechtschaffene Bürger auf einander los gehen und das in ganz Deutschland. Da ist der Hotelier, der
sein neues Wellness-Hotel bedroht sieht, andere rührt das nicht, sie machen Wellness
daheim. Da sind die stromintensiven Aluminiumwerke, die sich im Ausland umsehen, zur
Sorge ihrer Mitarbeiter. Dann importieren wir eben das Alu, denken andere, wir arbeiten
sowieso nicht dort. Die einen sehen die Landschaft verhunzt, für andere ist das nicht so
schlimm. Die einen stört der wummernde Lärm, die anderen weniger, weil sie weit weg
wohnen oder Disko geschädigt sind. Die einen macht der Infra-Schall krank, die anderen
spüren nichts. Der intermittierende Schattenwurf treibt einige zur Verzweiflung, andere
nicht, weil er nur vorübergehend ist. Die einen sorgen sich wegen des Tiersterbens an
den Windräder, die anderen nicht, weil sie nicht erfahren, warum die vielen Opfer nur
höchst selten gefunden werden. Die einen protestieren gegen neue Stromtrassen, die
anderen nicht, weil sie nicht vor der eigenen Haustür entstehen sollen. Die einen fürchten
steigende Strompreise, für andere ist das kein Thema. Die Wirtschaft sorgt sich wegen
der steigenden Stromkosten um ihre Wettbewerbsfähigkeit und mit ihnen ihre Beschäftigten, für andere ist das nicht so wichtig, die lassen sich als Abgeordnete versorgen oder
verdienen als Investoren daran. Die einen fürchten sich vor der Klimakatastrophe, die anderen halten das für den größten Wissenschaftsbetrug aller Zeiten, darunter hoch angesehene Wissenschaftler. Viele wollen CO² einsparen, doch Fachleute mahnen, dass
Pflanzen nur mit CO² wachsen und daher auch die Ernten der Welt von ausreichend CO²
in der Atmosphäre abhängen. Kein Wunder also, dass die Politiker-Verdrossenheit
wächst und auf Anhörungen und in Leserbriefen sogar Worte wie „Ökoterrorismus“ und
„Ermächtigungs-Gesetze“ auftauchen.
Wer zahlt, wer kassiert?
Nur wenige Leute mit viel Geld verdienen an den „Bürgerwindrädern“. Es sind die Hersteller, die Verpächter der Standorte, die Investoren und die Banken, die mit Krediten den
Weg frei machen. Sie alle können ohne Risiko kassieren, weil sie ihren Gewinn per
Stromrechnung bei allen Stromkunden einfach abbuchen können. Offiziell heißt dieser
gesetzlich erlaubte Griff in den Geldbeutel aller anderen „Einspeisevergütung“. Sie sind in
der Lage eines Bäckers, der so viele Brötchen backen darf, wie er kann, egal ob sie jemand kauft oder nicht und das auch noch zu doppeltem Preis. Ein Meisterwerk des Lobbyismus zum Schaden der Allgemeinheit.
40
Umverteilung von unten nach oben
Das belastet diejenigen mit geringem Einkommen relativ stärker als die mit hohem Einkommen und ist klar unsozial, weil Umverteilung von unten nach oben. Für die ganz
Schwachen müssen Städte und Gemeinden die Rechnung zahlen. Das zwingt sie zu sparen oder Gebühren und Steuer zu erhöhen, was wiederum alle trifft. Zu allem Überfluss
lassen sich die Investoren als ökologisch vorbildlich feiern und die anderen, die zwangsweise alles bezahlen müssen, gelten als ökologische Bremser.
Warum Strompreise noch höher steigen
Wenn kein Wind weht oder keine Sonne scheint, was in jeder Nacht passiert, brauchen
wir auch Strom. Dann müssen konventionelle Kraftwerke anlaufen und fehlenden Strom
liefern. Hinter jedem Windrad und jedem Solarmodul muss also ein konventionelles Ersatz-Kraftwerk stehen. Wenn dann der Wind wieder weht oder die Sonne scheint, müssen
diese Kraftwerke abgeschaltet werden, denn der Ökostrom darf vorrangig ins Netz. Wenn
aber ein konventionelles Kraftwerk nur z. B. die Hälfte der Zeit läuft, produziert es auch
nur die Hälfte. Da die Kosten aber nicht um die Hälfte sinken, sondern wegen des erhöhten Verschleißes noch steigen, ist dieser Ersatzstrom besonders teuer. Deshalb steigen
die Strompreise noch über die „Einspeisevergütung“ hinaus. Dazu kommen noch klammheimlich höhere Steuern. Deshalb warnen Wirtschaftsfachleute immer lauter vor diesen
unübersehbaren Kostensteigerungen. Denn die Stromkosten belasten nicht nur private
Haushalte, sondern alle Produkte und Dienstleistungen. Sie stecken in jedem Frühstücksei und jeder Schulstunde.
Klimawandel ist normal und niemand kann in die Zukunft sehen
Langsam spricht sich auch herum, dass sich das Klima schon immer gewandelt hat, auch
als es noch keine Menschen gab. Klimawandel ist also nichts Neues und ganz normal.
Warum also bekämpfen? Nur zum Vorteil von Investoren und zu Lasten der Artenvielfalt
und der Stromkunden? Und wenn das CO² das Klima steuert, warum gab es Zeiten, in
denen die Temperatur anstieg und das CO² sank? Und warum gab es Zeiten, in denen
umgekehrt das CO² anstieg und die Temperatur sank? Und auch eine weitere Binsenweisheit lässt sich nicht mehr verdrängen: Wir Menschen können nicht in die Zukunft sehen, das geht weder mit der Glaskugel noch mit dem Supercomputer. Wer es trotzdem
tut, dem darf man nicht glauben, der betreibt Wahrsagerei, daran ändern auch akademische Titel nichts.
Dr. Friedrich Buer, Neustadt a. d. Aisch, 28. Januar 2012
21. Kranichflug nicht berücksichtigt
Der Kranichflug wurde offenbar im Rahmen der Baugenehmigung nicht untersucht. Auf dem Flug
von Osten in den Westen überfliegen hunderte von Kranichen im Herbst die Felder und Wohngebiete in und um Hoisten. Der Höhepunkt des Ost-West-Durchzugs liegt in der zweiten Oktober- und ersten Novemberhälfte, wobei größere Zuggruppen aus dem Osten noch bis Mitte Dezember und bei ungünstigen Wetterlagen sogar bis in den Januar hinein ziehen können. Der Zug
wird in südwestliche Richtungen fortgesetzt, wobei sich die nördlichen und östlichen Zugkontingente sowie die Flüge der verschiedenen Rastplätze westlich des Rheins vereinigen. Die geplanten beiden Windkraftanlagen wären eine große Gefahr für die Kraniche.
22. "Erdrückende Wirkung"
Die Zeichnung "Projekt Hoisten, Rosellerheide, Lageplan 1:5000, WKA 1 und WKA 2" von enova
Energieanlagen GmbH zeigt Kreise mit einem Radius der dreifachen "spezifischen Gesamthöhe"
der Windkraftanlagen, deren Mittelpunkte auf der nächsten Wohnbebauung liegen.
41
Diese Mittelpunkte sind bei WKA 1 der südlichste, der WKA abgewandte Punkt des Lohhofes
und bei WKA 2 der südlichste, der WKA zugewandte Punkt des Hauses Gohrerberg 34. Die Position der WKA 1 ist so gerade eben außerhalb des Kreises geplant, demnach soll keinerlei
erdrückende Wirkung von der WKA 1 mehr ausgehen. Knapper und enger kann man Gesetze
nicht auslegen! Wäre der Mittelpunkt auf den nördlichsten Punkt des Lohhofes gelegt worden,
hier wo sich in einer Wohnung derzeit Büros befinden, die jederzeit wieder zu einer Wohnung
umfunktioniert werden können, wäre die WKA 1 innerhalb des Kreises und somit in weniger als
dreifacher Entfernung der Gesamthöhe.
Noch gravierender kommt es bei WKA 2: Hier liegt die Position der WKA 2 genau auf dem Kreis
mit Radius "dreifache Gesamthöhe", auf dem Flurstück 273 der Stadt Neuss, an der Grundstücksgrenze zu Flurstück 272 des Eigentümers Landwirt Wyrich, südlich abgegrenzt durch die
Stadtgrenze zu Grevenbroich. Dieser - erst im zweiten Anlauf errungene Standort der WKA 2 –
eingequetscht in die einzige mögliche Position mit nur wenigen Quadratmetern Spielraum, zeigt
wie notdürftig, erzwungen und verzweifelt dieses Ergebnis zustande gekommen ist.
Die „kleine“ WKA 2 hat eine Gesamthöhe von 149,38 m. Der Abstand zu IP 22 Gohrerberg 34
soll laut Gutachten (Seite 45 von 58) 447 m betragen. Der Mindestabstand wird somit bereits
unterschritten.
Und eine Aufhebung der erdrückenden Wirkung ist mit dieser „Kopf-durch-die-Wand-Planung“
keineswegs gegeben. Nach Berechnungen der Bürgerinitiative Windkraft.Neuss - mithilfe von
Google Earth - beträgt der Abstand Luftlinie WKA 2 zu 'IP22 Gohrerberg 34' nur 445,05 m bei
einem einzuhaltenden Mindestabstand von 448,14 m (dreifache Gesamthöhe). Die WKA 2 steht
somit mindestens 3,09 m zu nah am IP22, die Genauigkeit und Korrektheit der Zeichnung wird
angezweifelt.
Zudem fordern wir dazu auf, die Topographie mit zu berücksichtigen, denn die Gärten der letzten
Häuser am Gohrer-berg liegen 10,8 Meter tiefer als das Feld, auf dem die WKA 2 errichtet werden soll. Also müssen 32,4 Meter zur "dreifachen Gesamthöhe" hinzugerechnet werden, plus
den 3,09 Metern, die die Zeichnung ungenau ist, bedeutet, dass WKA 2 mindestens 35,49 Meter
zu nah an der nächsten Wohnbebauung steht.
Das geltende Gesetz des dreifachen Abstandes ist zudem keineswegs ausreichend. Ein Gesetzentwurf im Bayrischen Landtag sieht vor, zukünftig mindestens den zehnfachen Abstand der Gesamthöhe zur nächsten Wohnbebauung einzuhalten.
Aufgrund vorgenannter Punkte fordern wir Einzelfallprüfungen je für WKA 1 und WKA 2!
23. Prestigeprojekt WKA
Der Rhein-Kreis Neuss darf als Genehmigungsbehörde nicht hinnehmen, dass der Eindruck besteht, es gebe den Versuch, statt objektiv Flächen für Windenergieanlagen zu ermitteln, gewollt
und gezielt ein von Anfang an geplantes Ergebnis zu erzielen, nämlich in Hoisten durch das städtische Tochterunternehmen „Stadtwerke Neuss“ mit Steuergeldern geplante Windenergieanlagen
zu errichten.
Es handelt sich offensichtlich nur um ein Prestigeprojekt des noch amtierenden Vorstandssprechers der SWN, der in der Vergangenheit durch negative Berichterstattungen in den Medien
auffiel und des oben erwähnten Aufsichtsratsvorsitzenden, Bürgermeister Herbert Napp.
Nachdem die ersten Planungen mit zwei gleich hohen 185 m Windkraftanlagen gescheitert sind,
versuchen die SWN mit dem "Kopf-durch-die-Wand" eine veränderte Planung künstlich anzupassen. Die Sorgfaltspflicht gegenüber den Hoistener Bürgern wird missachtet. Schwerwiegende
Abwägungsmängel werden in Kauf genommen. Das gesamte Vorhaben ist künstlich auf Kante
genäht.
42
24. Rücksichtnahme fehlt
Der Lärmschutzgrenzwert von 40 dB ergibt sich auch aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Dieses Gebot gilt auch dann, wenn es alternative Grundstücke (z.B. Westfeld) gibt,
die jedoch aufgrund fehlerhafter Abwägung im Gutachten ausgeschlossen wurden. Der FDPPolitiker Dr. Heinrich Köppen ist davon überzeugt, dass das Westfeld in Neuss als möglicher
Standortfläche für WKA ausgeblendet wurde, weil andere Interessen geschont werden sollen.
Gemeint sind die Interessen der Familie auf dem Kamberger Hof, die Hoerdemann heißt - so wie
die Frau von Bürgermeister Napp in ihrer ersten Ehe. "Da sind doch Interessen berührt", sagt
Köppen (Anlage 8, NGZ vom 02.02.2013).
25. „Echte Fründe ston zesamme, ston zesamme ...“
Der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) wurde bereits im April 2012 von der Firma MüllerBBM im Auftrag der swn erstellt.
Fazit dieses Gutachtens ist, dass sich „vor dem Hintergrund von Ausgleichsmaßnahmen zusammenfassend betrachtet aus gutachterlicher Sicht keine erheblichen Beeinträchtigungen des
Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes durch das geplante Vorhaben ergeben“. Auch im
Hinblick auf artenschutzrechtliche Belange seien „ebenfalls keine erheblichen nachteiligen Beeinträchtigungen zu erwarten“.
Die Ausgleichsmaßnahmen/ flächen werden auf 4,64 Ha beziffert und seien mit dem Rhein Kreis
Neuss zu erörtern. Eine am 15. Januar 2015, erneut im Auftrag der swn erstellte „Nachträgliche
Stellungnahmen/ Ergänzung zum Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP)“ konkretisiert nun
die Ausgleichsmaßnahmen /-flächen.
Das Fazit dieses Nachtrages lautet, dass auf einer 30.000 qm (3 ha) großen Ausgleichsfläche,
welche dem Eigentümer L. S. vom Lohhof gehört (vollständiger Name ist der Bürgerinitiative bekannt), Obstbäume gepflanzt werden sollen. Hierzu erhält Herr L. S. 5,00 € pro Quadratmeter
Einmalzahlung, macht multipliziert mit 30.000 satte 150.000,00 €. (Vertrag vom 14.01.14 swn/
L. S. – Lohhof, Zahlbetrag wurde vergessen zu schwärzen. Die Vollständige Unterschrift von
L. S. ist unter der Schwärzung gut erkennbar.) Das Getriebe des Traktors wurde gut geschmiert,
könnte man annehmen.
Hiermit sind 3,00 ha von 4,64 ha erledigt, für die verbleibenden 1,64 ha hat das städtische Tochterunternehmen swn offenbar kein Land mehr gefunden und sich unter Freunden stattdessen
etwas Besonderes ausgedacht . Statt den Bürgern tatsächlich Ausgleichsflächen zu bieten, zahlt
Herr Runde satte 140.712,00 € (plus Mehrwertsteuer) auf das „Ökokonto“ der Stadt Neuss. Was
steckt dahinter, dass diese Summe erst so spät im Januar 2015 nachträglich zustande gekommen ist? Wir wollen erfahren, wozu dieses Geld in den nächsten Jahren tatsächlich verwendet
wird.
Was hilft den Anwohnern von Gohrerberg eine Obstplantage am Lohhof auf Grevenbroicher
Stadtgebiet? Was hilft den Anwohnern von Gohrerberg eine 400 qm große Ackerbrache für die
Feldlerche neben der lauten - von der swn mitfinanzierten - Biogasanlage? Weshalb sollten sich
Feldlerchen diesen Geräuschen aussetzen? Die Anwohner des Gohrerberges und die Bürgerinitiative können wirklich keinen „Ausgleich“ für die Einschränkungen der Lebensqualität der direkt
Betroffenen erkennen.
Und was sollen 140.000,00 € auf einem Ökokonto? Diese gehören schon eher auf das Konto der
Anwohner der Windkraftwerke als Ausgleich für den zu erwartenden 30%igen Wertverlust ihrer
Immobilie. Auch diese weiteren, unerwarteten Kosten in Höhe von 317.000,00 € nimmt die städtische Tochter swn in Kauf, um unbedingt ihre zwei Spargel in der Größenordnung des Kölner
Doms „als Denkmal“ in die Neusser Landschaft setzen zu können.
43
Die Durchsicht des landschaftspflegerischen Begleitplanes (LBP), erstellt im Auftrag der swn,
ergibt, dass offenbar wegen der Bereitschaft der swn, alle Widerstände gegen die Windkraftanlagen zu überwinden - koste es was es wolle - das Instrument der Ausgleichsmaßnahmen benutzt
worden ist, um die Beeinträchtigungen an den für die Windkraftanlagen betroffenen Flächen erst
gar nicht genau untersuchen zu müssen: alles entscheidet eben die Höhe des Kaufpreises?
Es ist aber der Sinn der entsprechenden Gesetze, Natur- und Landschaftsbeeinträchtigungen auf
zu überplanenden Flächen genau zu untersuchen, um überhaupt erst Abwägungsprozesse anstellen zu können, ob der Erhalt der betroffenen Natur nicht gewichtiger ist als die bei Verneinung
dann notwendigen Ausgleichsmaßnahmen. Dieses Vorgehen dient auch dem Interesse und den
grundgesetzlich geschützten Eigentümerinteressen aller Anwohner, die sich nicht „kaufen“ lassen.
Dieser notwendige Abwägungsprozess, den die Stadt vorzunehmen hat, ist nicht im Ansatz erkennbar. Man hat den Eindruck, dass einigen Grundstückseigentümern über die Höhe der Ausgleichsmaßnahmen die Notwendigkeit abgekauft wurde, sich mit dem Erhalt der Natur auseinandersetzen zu müssen. Auch die Zahlung von 140.000,00 € auf ein Ökokonto der Stadt erweckt
den Eindruck, dass hier außerordentliche Einnahmen dazu dienen sollten, Beeinträchtigungen an
beplanbaren Grundstücken großzügig zu übergehen. Wenn ein Deal mit Privateigentümern noch
verständlich ist, so fehlt das geringste Verständnis für eine mögliche Beeinflussung einer zu Neutralität verpflichteten Stadtverwaltung nach dem Motto: „Geld regelt alles / echte Fründe ston
zesamme!“
26. Stadt Neuss rechnet bereits mit einer Normenkontrollklage
Der Antrag auf Errichtung der WKA soll genehmigt werden, obwohl ein sachlicher Teilflächennutzungsplan noch nicht wirksam aufgestellt ist. Der Beschluss der Stadt Neuss geht davon aus,
dass mit einer Normenkontrollklage zu rechnen ist. Wird der Normenkontrollklage aufgrund der
fehlerhaften Abwägung stattgegeben, müssten andere Konzentrationszonen wie z.B. auch das
Westfeld ausgewiesen werden. Die Genehmigung der Errichtung vor dem Flächennutzungsplan
schafft hier jedoch Fakten.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela und Wolfgang Ortwein
Jakob-Weitz-Straße 34
41472 Neuss
Dr. Heinrich Köppen
FDP-Stadtratsfraktion
Breite Straße 67
41460 Neuss
Anlagen: 1 – 8
Erika und Tim Schmiel
Jakob-Weitz-Straße 26
41472 Neuss
Dr. Achim Rohde
FDP-Stadtratsfraktion
Breite Straße 67
41460 Neuss
Karl Heinz Baum
CDU-Stadtverordneter
Hochstadenstraße 43
41469 Neuss