22 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT DIENSTAG, 12. MAI 2015, NR. 90 2005 2004 2006 2007 1 2008 2009 2010 2011 Helmut Panke Vorstandschef 2002 bis 2006 120 BMW 23 DIENSTAG, 12. MAI 2015, NR. 90 1 2012 2013 2014 ’15 122,60 € Hoch 16.3.2015 Norbert Reithofer Vorstandschef 2006 bis 2015 100 11.5.2015 Aktienkurs 80 109,00 € 2.1.2004 37,30 € 60 Harald Krüger designierter Vorstandschef ab 13.5. 2015 40 tum finanzieren, ohne an die Substanz gehen zu müssen. Grundlage für den Erfolg ist nach wie vor eine hohe Effizienz sowohl in der Produktion als auch in den sonstigen Geschäftsprozessen. Dabei bewegte sich BMW gemessen am Umsatzwachstum mit einem Plus von 5,6 Prozent im vergangenen Jahr lediglich im Mittelfeld der Branche, hinter Daimler, Fiat und Hyundai. Der Erlös je verkauftem Fahrzeug war insgesamt sogar leicht rück- 20 In neue Dimensionen 17,04 € Tief 28.10.2008 Handelsblatt | Fotos: T. Hase/dpa, S. Görlich/imago, Zuma Press/ap, T. Dashuber/Agentur Focus, Stand: 15:30 Uhr;Quelle: Bloomberg läufig. Dessen ungeachtet konnte der Münchner Konzern aus dem Wachstum offenbar weitere Skalenvorteile ziehen. Vertriebs- und Verwaltungskosten erhöhten sich zwar leicht überproportional, die Umsatzkosten stiegen dagegen deutlich langsamer als die Erlöse, was sich in einer verbesserten Brutto-Marge niederschlug. Alleine einen Prozentpunkt operative Rendite gewann der Konzern in der Autofertigung, wo die Herstellungskosten nur Auszüge aus dem Geschäftsbericht Bei den Automobil- BMW schreibt das fünfte Rekordjahr in Folge. Die Rendite bleibt trotz des schnellen Wachstums nicht auf der Strecke. Auslieferungen sowie beim Ergebnis vor Steuern im Konzern streben wir ein solides Wachstum auf neue Bestwerte an. Norbert Reithofer, Vorsitzender des Vorstands der BMW AG Gewinn- und Verlustrechnung in Mio. Euro Umsatzerlöse Umsatzkosten Markus Fasse, Siegfried Hofmann München, Frankfurt A ls BMW am 9. Dezember seinen Chefwechsel bekanntgab, schossen die Spekulationen ins Kraut. Gibt es eine Unwucht in der Erfolgsfahrt von BMW? Hat sich der scheidende Konzernchef Norbert Reithofer mit der Familie Quandt überworfen? Ist die ambitionierte Elektrostrategie der Münchener fehlgeschlagen? Kommt das dicke Ende mit den Jahreszahlen? Weder noch. Reithofer verabschiedet sich mit dem fünften Rekordergebnis in Folge. Die Quandts setzen Reithofer an die Spitze des Aufsichtsrates – einen Posten, den Stefan Quandt oder Susanne Klatten auch selbst beanspruchen könnten. Sie scheren sich auch nicht um das sogenannte „Cooling-off“, das solche sofortigen Wechsel von Vorstandschefs an die Spitze des Aufsichtsrates eigentlich verhindern soll. Aber als Großaktionäre müssen sich die Quandts um so etwas nicht kümmern. Warum dann die Eile? Reithofer hätte ja bis 2016 bleiben können. Zum einen wollten die Quandts ihrem Spitzenmann mit dem Aufsichtsratsvorsitz etwas bieten. Denn auch bei Siemens läuft die Suche nach einem Nachfolger von Chefkontrolleur Cromme. Reithofer wird beim Münchener Nachbarn hochgeschätzt, das Angebot schmeichelt ihm. Da wollte die Familie Quandt Fakten schaffen – beide Jobs gehen aus ihrer Sicht nämlich nicht. Zum anderen feiert BMW im kommen- den Jahr seinen 100. Geburtstag. Wie man sich eine solche Feier verderben kann, hatte Audi 2010 auf dem Höhepunkt des Machtkampfes zwischen Ferdinand Piëch und Wendelin Wiedeking eindrucksvoll bewiesen. Und auch die jüngsten Volten im Hause VW bestärkte die Münchener in ihrer Entscheidung, die Personalfrage an der Spitze so früh wie möglich zu klären. Operativ ist BMW stark wie nie. Der neue Konzernchef Harald Krüger übernimmt ein Unternehmen, das derzeit in vielerlei Hinsicht Benchmark ist. Seit 2010 hat der Konzern zwanzig Milliarden Euro an Umsatz gewonnen. Mit 80 Milliarden Euro erlöst er inzwischen mehr als der benachbarte Siemens-Konzern, der dreimal mehr Menschen beschäftigt, und darf sich damit das umsatzstärkste Unternehmen in Bayern nennen. Aber auch in der Autobranche setzt BMW Maßstäbe. Die Münchener sind nach VW und Daimler zwar der kleinste deutsche Autokonzern, relativ zum Umsatz aber der profitabelste. Mit einem Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern (Ebit) von 9,1 Milliarden Euro und einem Vorsteuerergebnis von 8,7 Milliarden Euro hat der Konzern ein im Branchenvergleich außergewöhnlich hohes Ertragsniveau. Die Dividende wird für Vorzugs- und Stammaktien um 30 Cents auf 2,90 beziehungsweise 2,92 Euro angehoben. Die Ausschüttungsquote bleibt damit wie in den Vorjahren im Zielkorridor von 30 bis 40 Prozent. BMW kann also beides: Die Aktie mit einer hohen Ausschüttung attraktiv halten, Wachs- © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. Bruttoergebnis vom Umsatz Vertriebskosten und allgemeine Verwaltu ngskosten Sonstige betriebliche Erträge 2014 2013 80 401 76 059 -63 396 -60 791 Konzern Ebitda-Marge 17 005 15 268 Konzern Ebit-Marge -7 892 -7 257 Umsatzrendite vor Steuern 877 842 -872 -875 9 118 7 978 655 407 Sonstige betriebliche Aufwendungen Ergebnis vor Finanzergebnis Erträge aus der Equity-Bewertun ung g Zinsen und ähnliche Erträge rträge Zinsen und ähnliche liche Aufwendungen Übriges Finanzer inanz gebnis Finanzerrgeb gebnis Ergebnis ebn vor Steuern Ertragsteuern Ert Jahresüberschuss in Mio. Euro Investitionen in aktivierungspflichtige Entwicklungskosten Forschungs- und Entwicklungsleis tungen Konzern 183 Automobile -469 Motorräder -747 -206 Return on Equity uity -411 -85 8 707 7 893 -2 890 -2 564 5 817 5 329 2013 4 135 4 118 -1 068 -1 06 069 1 499 17 744 4 566 4 793 Finanzdi F enstleistungen Auslieferungen nach Segmenten Mittelzufluss aus der betriebli rieblich chen Tätigkeit Mittelabfluss auss der Investitio In nstätigkeit Deckung g des Mittelabfl M usses durch Zufluss (%) Free ree Cashflow C des Segments Automobile Nettofinanzvermögen des Segmen ts Automobile in Tausend Europa davon China BMW Mini Rolls-Royce 2013 1 655 305 4 1 812 Handelsblatt | Quellen: Unternehm 302 115 4 en, Geschäftsbericht 2014, Seiten Motorräder 123 29, 60, 90 & 116 2013 20,1 % 16,5 % 15,4 % 11,3 % 10,5 % 10,8 % 10,4 % 7,2 % 7,0 % 16,3 % 17,4 % 20,8 0,8 % 21,4 % 61,7 % 63,0 % 21,8 % 16,4 % 19,4 % 20,0 % 2 912 4 127 -6 116 -7 491 47,6 % 55,1 % 3 481 3 003 0 14 223 12 2 085 Auslieferungen nach Regionen Asien in Tausend 2014 21,2 % in Mio. € davon Deutschland Automobile 2014 Return on capital employed (Roce) 200 2014 Abschreibungen Umsatzrendite nach Steuern Eigenkapitalrendite nach Steuern -519 F+E-Leistungen Forschungs- und Entwicklungskos ten Finanzwirtschaftliche Kennzahlen in % Konzern Bruttomarge Amerika davon USA Sonstige Märkte Gesamt 2014 2013 914,6 859,5 272,3 259,2 658,4 578,7 456,7 391,7 482,3 463,8 397,0 37 376,6 62,7 61,8 2 118,0 1 963,8 um 4,5 Prozent zulegten. Hinzu kamen ein geringerer Aufwand für Zinsen und Risikovorsorge im Finanzgeschäft sowie ein leicht rückläufiger F+E-Aufwand. Alles in allem kann BMW damit einen überproportionalen Anstieg des Ebits um 14 Prozent ausweisen und die operative Marge von 10,5 auf 11,3 Prozent verbessern. Die Münchner sind damit operativ, noch vor Toyota und Hyundai, weiterhin der renditestärkste Vertreter unter den großen Autokonzernen. Nicht ganz so weit vorne liegt der Konzern mit Blick auf die Netto-Rendite, bei der die beiden Konkurrenten aus Asien dank niedrigerer Steuersätze etwas besser abschneiden. Der Jahresüberschuss von BMW legte lediglich um neun Prozent auf den Rekordwert von 5,8 Milliarden Euro zu. Gebremst wurde der Nettogewinn durch eine leicht erhöhte Steuerquote und ein rückläufiges Finanzergebnis. Hier wiederum schlugen sich höhere Kosten für die Währungssicherung sowie eine Abschreibung auf die Beteiligung am Kohlenstofffaser-Hersteller SGL Carbon nieder. Mit 7,2 Prozent Netto-Rendite liegt BMW aber weiter klar vor Daimler und VW mit jeweils rund 5,5 Prozent Rendite – und dies, wohlgemerkt, obwohl die Münchner eine deutlich höhere Steuerquote als die beiden Konkurrenten bilanzieren. Wer nach Gründen für die Stärke sucht, erhält aus den Bilanzen folgende Hinweise: BMW liegt relativ zum Umsatz jeweils zwei bis vier Prozentpunkte günstiger bei den Herstell- und bei den Vertriebskosten. Der F+E-Aufwand mit 5,7 Prozent und die Verwaltungskosten mit 3,2 Prozent vom Umsatz dagegen werden auf ähnlichem Niveau ausgewiesen wie bei VW und sogar um 0,6 Punkte über der Quote von Daimler. Das spricht dafür, dass die Administration der Münchner nicht unbedingt billiger ist als die der Konkurrenten, wohl aber besser darin, Produktion und Vertrieb effizient zu organisieren. Auch was Finanzkraft und Bilanz angeht, steht BMW solide da, wenn auch nicht so überlegen wie bei den RenditeKennziffern. Da die Sachinvestitionen erstmals wieder zurückgefahren wurden, verbesserte sich der freie Cashflow der Autosparte alleine laut Konzernabschluss zwar um rund 15 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Auf Konzernebene dagegen verbuchte BMW, ebenso wie VW und Daimler, einen rückläufigen operativen Mittelzufluss und einen negativen Free Cashflow. Das freilich lag ausschließlich am weiteren Ausbau des Finanzierungsgeschäfts. Das bilanzielle Geschäftsvolumen der Finanzsparte stieg um rund 12 Milliarden Euro oder rund 14 Prozent auf 96 Milliarden Euro, die Nettofinanzverschuldung des Konzerns erhöhte sich dadurch von 62 auf 72 Milliarden Euro. Relativ zum Umsatz betreibt BMW damit das größte Finanzierungsvolumen in der Autobranche. Der Vorsteuergewinn aus diesem Geschäft erhöhte sich 2014 um rund sechs Prozent auf gut 1,7 Milliarden Euro. Gemessen am eingesetzten Eigenkapital im Finanzgeschäft errechnet sich damit eine SERIE Stärken und Schwächen „Dax-Konzerne ungeschminkt“ nimmt die Aktionärstreffen deutscher Großunternehmen zum Anlass, deren Jahresabschlüsse kritisch zu durchleuchten. Die nächsten Serienteile: 13.5.: Lanxess 18.5.: Fresenius, FMC leicht verminderte, aber immer noch ansehnliche Rendite von 19,4 Prozent. BMW liegt damit auf gleichem Niveau wie Daimler, aber immerhin sechs Punkte vor VW. Das alles macht verständlich, dass der Mehrheitseigner auf größtmögliche Kontinuität bedacht ist und die Topmanager des Konzerns nur ungern ziehen lässt. Es zeigt aber auch, welch anspruchsvollen Job der neue CEO Harald Krüger übernimmt. BMW ist in den letzten Jahren in eine neue Dimension gewachsen, in der es schwieriger wird, Rendite und Wachstumstempo zu halten. 2015 dürfte ihm dabei noch der Rückenwind des Dollars helfen. Aber der wird nicht ewig anhalten. 24 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT DIENSTAG, 12. MAI 2015, NR. 90 BMW 1er BMW 3er 500 332 BMW 25 DIENSTAG, 12. MAI 2015, NR. 90 1 1 BMW 5er BMW X1 BMW X5 480 214 366 992 373 053 +1,7 % -4,0 % 213 611 190 033 161 353 156 471 147 381 107 231 -11,0 % Fahrzeugabsatz 2013 2014 +31,7 % -3,0 % Fahrzeugabsatz BMW 1er, Modell M Sport | Foto: PR 2013 2014 Fahrzeugabsatz 2013 BMW 3er-Limousine, Modell Sport Line | Foto: A. Martinez/PR Fahrzeugabsatz 2014 2013 BMW 5er Gran Turismo - Luxury Line | Foto: PR Fahrzeugabsatz 2014 2013 BMW X1 | Foto: T. Kirkpatrick/PR 2014 BMW X5 M | Foto: PR SCHWÄCHE 1 Hohe Wertschöpfung Krügers Agenda I Trotz Rekordergebnissen: Der neue BMW-Chef hat eine Reihe v on Aufgaben vor sich. S Effiziente Produktion Wertschöpfung je Mitarbeiter* in Euro 166 650 € 103 606 € 89 681 € Veränderung zum Vorjahr +4,5 % +7,4 % +5,2 % VW Daimler BMW *Konzerngewinn, Ertragsteuern, Personalaufwand, ohne Finanz- u. Beteiligungsergeb. Handelsblatt Quelle: Unternehmen als Kornprinz von Martin Winterkorn nach Wolfsburg geht. Bei BMW sprechen die Zahlen für sich: So stieg die Produktion zwischen 2010 und 2014 um 700 000 Autos auf 2,1 Millionen Stück– der Umsatz wuchs in dieser Zeit um zwanzig Milliarden Euro. Zudem holten die Münchener fast 20 000 Mitarbeiter an Bord, Leiharbeiter und Werksverträge nicht mitgezählt. Die Effizienz blieb aber nicht auf der Strecke: So liegt die Wertschöpfung pro Beschäftigten mit 166 000 Euro fast doppelt so hoch wie bei Volkswagen und um 60 000 Euro höher als beim Rivalen Daimler. Und auch die operative Rendite im Autogeschäft lag in diesem Zeitraum stets im Zielkorridor von acht bis zehn Prozent, meist sogar darüber. Allerdings muss BMW gleichfalls auf die Qualität achten. Zahlreiche Rückrufe in den USA und Europa kratzten zuletzt am Image der Premiummarke. BMW muss darauf achten Klasse und Masse zu verbinden – mit Blick auf Rendite und Qualität. Denn mit den Produktionsausweitungen in China und den USA kommt der Konzern auf Stückzahlen, die früher nur für VW, Ford oder Fiat denkbar waren. Markus Fasse ► „Strategic Review“ soll alle Geschäfte überprüfen. ► Mehr Elektroautos mit hö- herer Reichweite geplant. Markus Fasse München A uf den ersten Blick hat Harald Krüger nicht viel zu tun, wenn er nach der Hauptversammlung die Geschäfte übernimmt. Der Absatz brummt auch im ersten Quartal, BMW dürfte 2015 zum sechsten Mal ein Rekordjahr einfahren. Querelen wie bei Volkswagen bleiben ihm erspart: Krüger hat damit das uneingeschränkte Vertrauen der Familie Quandt. Ein Jahr früher als geplant räumt Norbert Reithofer den Chefsessel in München und wechselt an die Spitze des Aufsichtsrates. Und auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat haben sich für den 49-Jährigen ausgesprochen. Alles also auf Autopilot in München? Kaum. Krüger, der seit 2008 dem Vorstand erst als Personal- und dann als Produktionsvorstand angehörte, hat einen „Strategic Review“ für alle Geschäftsfelder angeordnet. Damit soll nicht die bestehende Strategie über den Haufen geworfen werden, heißt es im Konzern. Wohl aber gelte es, den Blick auf das Jahr 2020 und danach zu lenken. Es geht um das Volumenwachstum, die Vernetzung und die Elektrostrategie. Kurzfristig muss Krüger dafür sorgen, den BMW Siebener erfolgreich in den Markt zu bringen. Das Flaggschiff der Münchener soll der Star der IAA in Frankfurt werden und Boden gegenüber der Mercedes-S-Klasse gutmachen. Die Münchener wollen Konzernkreisen zufolge deutlich über 50 000 Siebener pro Jahr absetzen. Erstmals Siebener ist abgeschlagen werden Teile des Autos aus Kohlefaser gefertigt, die das Auto leichter und damit verbrauchsärmer machen sollen. Eine große Herausforderung: Bislang setzt BMW den teuren und komplizierten Werkstoff nur bei seinen Elektroautos und im Tuningbereich ein. Mittelfristig geht es darum, das Wachstum zu managen. Die Münchener wollten eigentlich erst 2018 die Zweimillionengrenze knacken, tatsächlich haben sie im vergangenen Jahr mit 2,17 Millionen Autos 500 000 Automobile pro Jahr zusätzlich will BMW bis zum Jahr 2020 bauen. Quelle: Firmenaussagen Kennzahlen Umsatz nach Regionen 2014 in Mrd. Euro, Veränderung zum Kennzahlen nach Segmenten Vorjahr in Prozent 2014, Veränderung zum Vorjahr in 13,0 Mrd. € 15,0 Mrd. € Deutschland +10,1 % 80,4 Mrd. € 24,6 Mrd. € Attraktiver Arbeitgeber D ie Marke BMW hat eine hohe Strahlkraft – besonders am Arbeitsmarkt. Das Jobnetzwerk Xing kürte den Autobauer zum dritten Mal zum besten Arbeitgeber Deutschlands. Und auch das „Young Professional Barometer“, sah die Münchener 2014 auf Platz eins in Deutschland – vor Google, Audi und Porsche. Das Topranking ist für den Konzern nicht zu unterschätzen. BMW wächst und braucht jedes Jahr mehrere Tausend zusätzliche Akademiker. Allein zwischen 2010 und 2014 hat der Konzern netto 20 000 neue Mitarbeiter an Bord genommen. Gefragt sind nicht mehr nur Spezialisten für den klassischen Autobau, BMW buhlt mit der IT-Industrie um Softwarespezialisten, um den Sprung in die Digitalisierung zu meistern. Die Dimensionen werden mit den Planungen für das neue Forschungs- und Entwicklungszentrum (FIZ) im Norden von München deutlich. Das neue FIZ wird als Campus angelegt und könnte langfristig bis zu 15 000 zusätzlichen Entwicklern Platz bieten. Doch nicht nur in München wächst der Konzern. Auch in den USA, in China und Großbritannien (Mini, Rolls-Royce) werden in Zukunft mehr Entwicklungs- und Produktionskapazitäten aufgebaut. BMW bietet viel – verlangt aber auch eine Menge von seinen Mitarbeitern. Ohne Auslandsstation ist ein Aufstieg in den oberen Führungskreis (OFK) kaum möglich. Ständige und systematische Bewertungen über die Bereichsgrenzen hinweg sorgen für einen hohen Konkurrenzdruck und vermeiden Seilschaften. Das bekommen auch Führungskräfte zu spüren. Anders als bei Volkswagen gelten strikte Altersregeln bei BMW: Mit 62 ist für die Topmanager in der Regel Schluss. Damit ist jetzt für den 49-jährigen Harald Krüger der Chefsessel frei. Markus Fasse BMW Hyundai Honda* 75,2 Mrd. € Automobile +6,4 % 6 886 Mio. € Automobile +5,0 % 1,7 Mrd. € Motorräder +11,6 % 107 Mio. € Veränd. zu 2013 Marge ±0 % 9,6 % 9,4 Mrd. € +9 % +20 % 6,3 % 9,1 Mrd. € 5,4 Mrd. € +14 % 7,2 % 11,3 % -5 % -10 % 8,5 % 5,7 % 5,5 % Gewinn im Langfristtrend 1,2 Mrd. € 3,4 % 2,4 % 10 GM +3 % +8 % -37 % -70 % 1,0 % PSA 1,1 Mrd. € k.A. 0,2 Mrd. € -117 % 2,7 % 1 723 Mio. € Finanzdienstleistungen +6,4 % -17,1 Mrd. € Konsolidierung +6,9 % 3,2 Mrd. € 2,6 Mrd. € Renault Motorräder +40,8 % 20,6 Mrd. € Finanzdienstleistungen +3,6 % Ford Fiat +10,3 % Übriges Amerika -4,6 % 5,0 Mrd. € 4,4 Mrd. € Nissan* Mio. € 3,0 Mrd. € Ebit 2014 18,2 Mrd. € 12,7 Mrd. € Daimler 8 707 USA +7,7 % 11,1 Mrd. € Sonstige +5,5 % VW Gewinn vor Steuern +5,7 % 13,7 Mrd. € Übriges Europa +9,2 % Konzern Toyota* Prozent Umsatz China -2,3 % Operatives Ergebnis STÄRKE 2 die Schwelle schon genommen. Hinzu kommt eine Verdoppelung der Produktion im US-Werk Spartanburg, der Bau des zweiten Werkes in China und eines neuen Werks in Mexiko. Macht zusätzlich eine halbe Million Autos bis 2020. Das ist so viel wie die Marke Volvo heute weltweit absetzt. Krüger und sein Produktionsvorstand Zipse müssen die Qualität und die Kosten im Blick behalten und flexibel bleiben, um nicht auf Überkapazitäten sitzen zu bleiben. -9 Mio. € Konsolidierung -97,5 % 9,1 Mrd. € Operatives Ergebnis 5 5,8 Mrd. € Konzerngewinn 0,4 % *12 Monate zum 31.12. Pro-Kopf-Umsatz 0 2014 in Euro -3,3 Mrd. € Free Cashflow -5 709 465 €/Kopf 611 217 567 341 541 844 BMW 428 427 Ford Toyota 394 239 389 331 GM Daimler Fiat VW © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. -10 1999 2005 2010 2014 Mittelzufluss aus operativem Geschäft abzügl. Investitionen in Sachanlagen und immaterielle Güter en n der Regel geht das in der Autoindustrie nicht gut: die Produktion und die Modellpalette ausweiten und die Kosten im Griff behalten. Meist werden die Prozesse zu komplex und die erhofften Skaleneffekte gehen verloren. Bei BMW ist das anders, die Münchener haben trotz ihres starken Wachstums die Kosten im Griff. Das liegt auch an der Arbeit von Herbert Diess, der als Entwicklungs- und Einkaufsvorstand in den vergangenen Jahren stramme Effizienzprogramme durchgezogen hat. Viele BMW-Modelle greifen auf gleiche Grundstrukturen zurück, die Komponenten und Fertigungen sind extrem standardisiert. Ein Grund, warum Diess nun Handelsblatt | Quelle: Unternehm STÄRKE 1 Handelsblatt | Quelle: Unternehmen Intensiv diskutiert wird zudem die Elektrostrategie und die Herausforderung der Digitalisierung. BMW hat seit 2013 mit dem kompakten „i3“ und dem Hybridsportwagen „i8“ zwei Elektroautos auf dem Markt. Hinzu soll ein halbes Dutzend Hybridmodelle in der übrigen Modellpalette kommen. Für BMW ist dieser Schritt ohne Alternative, um die Kohlendioxidvorgaben der EU einzuhalten. Doch mit einer Reichweite von 150 Kilometern, den hohen Kosten für die Karosserie aus Kohlefaser und den begrenzten Stückzahlen, muss der „i3“ überarbeitet werden. Ende 2017 will Tesla eine kompakte Limousine mit 320 Kilometer Reichweite für 35 000 Dollar anbieten. Auch Audi arbeitet an einer neuen Generation von Elektroautos. BMW plant nun einen weiteren Sportwagen unter dem Namen „i9“. Im Gespräch ist aber auch eine Limousine, die „i5“ heißen könnte. Die Limousine soll mit weniger Kohlefaser, dafür aber mit deutlich mehr Reichweite auf den Markt kommen. Diskutiert wird auch die Funktion des autonomen Fahrens. Die dafür notwendigen Daten will BMW gemeinsam mit den Rivalen Mercedes und Audi aufbereiten. Die deutschen Autokonzerne bieten gemeinsam um den Kartenanbieter Nokia Here. eit 1977 versucht BMW mit der 7er-Reihe bei den großen Limousinen zu punkten. Doch an der S-Klasse von Mercedes kommen die Münchener nicht vorbei. Hier geht es um Prestige, aber auch um Margen. Denn traditionell wird an großen Autos mehr verdient als an Kompaktmodellen. Das gilt insbesondere in Zeiten eines schwachen Euros, denn sowohl S-Klasse als auch Siebener werden ausschließlich in Deutschland gefertigt und meist in den USA und in China verkauft. Zudem sind die großen Modelle wichtig, um die Einführung von neuen Technologien vorzubereiten. Teure Zusatzausstattungen wie Spurhalteassistenten, aber auch Hybridsysteme können hier leichter in die Serie gebracht werden, weil die Kosten im Verhältnis zum Anschaffungspreis weniger ins Gewicht fallen. Doch in diesem Segment hat es BMW traditionell schwer, hier dominiert Daimler mit der S-Klasse. Das gilt besonders für die neueste Version des Stuttgarter Topmodells, das seit 2013 auf dem Markt ist. Mittlerweile ist die Lücke riesig: 2014 verkaufte sich die S-Klasse mehr als 125 000mal, der in die Jahre gekommene Siebener sackte um 13 Luxusklasse rückläufig Verkaufte Fahrzeuge 140 000 125 000 80 000 Daimler S-Klasse BMW 7er 48 519 20 000 2010 Handelsblatt 2014 Quelle: Unternehmen Prozent auf gut 48 000 Stück ab. 2015 dürfte die Relation noch ungünstiger ausfallen, da die S-Klasse allein im ersten Quartal um weitere 15 Prozent zugelegt hat. BMW muss in den USA und in China hohe Rabatte gewähren. Die Wende kann erst der neue Siebener bringen, den BMW Ende des Jahres einführen wird. Die Münchener haben viel Geld investiert: Teile der Karosserie sind aus leichter Kohlefaser, der Innenraum ist voll vernetzt, die Bedienung läuft teilweise über Gestensteuerung. Wenn es BMW gelingt, die Lücke zur S-Klasse ein wenig zu schließen, dann ist schon viel erreicht. Markus Fasse SCHWÄCHE 2 In China zu hoch gepokert D er scheidende Konzernchef Norbert Reithofer hat es wie ein Mantra vor sich hergetragen: Bloß nicht zu abhängig werden von China. Zwar ist der China-Faktor in den Bilanzen von Audi und VW deutlich größer. Doch den Verlockungen der schnellen Stückzahlen konnte auch BMW nicht widerstehen. Der größte Automarkt der Welt ist mittlerweile der größte Einzelmarkt von BMW. Allein in den vergangenen drei Jahren hat sich der Absatz auf 456 000 Autos verdoppelt. Die Gewinne aus Fernost, die BMW wie der Rest der Branche nicht einzeln ausweist, dürften überproportional hoch sein. Immerhin kaufen die Chinesen vor allem große Autos der 7er-, 6er- und 5er-Reihe sowie vor allem die lukrativen X-Modelle. Wie groß die Risiken sind, zeigte sich Anfang Januar, als BMW knapp 700 Millionen Euro Kompensation an seine chinesischen Händler zahlen musste. Händler und Konzern hatten offensichtlich zu hoch gepokert. Ob mit dem Deal alle Probleme für BMW in China erledigt sind, bleibt eine offene Frage. Kurzfristig bleibt der Druck hoch: Mit dem 5er und dem 7er hat BMW in einem abkühlenden Markt zwei Modelle im Schaufenster, die über der Mitte beziehungsweise am Ende ihres Lebenszyklus stehen. In München erklärt man die neue Situation mittlerweile mit dem Begriff der „neuen Normalität“. Das erste Quartal in dem Riesenreich sei geprägt gewesen von einer „hohen Wettbewerbsintensität“, die auch auf die Preise drücke. Die Zeiten, in denen man den Chinesen alles verkaufen konnte, sind vorbei. Gefragt sind vor Ort gefertigte kompakte Geländewagen. BMW will die Produktion vor Ort verdoppeln. Neben dem X1 sollen demnächst weitere Offroader in China produziert werden. Markus Fasse
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