5 Geleitwort Foreword Der Beruf des Opernsängers, ein Traumberuf? Ja, aber bis der Traum zum Beruf wird, ist es ein langer und nicht immer geradliniger Weg. Es gehört schon eine wirkliche innere Berufung, vielleicht sogar ein wenig Verrücktheit dazu, die berufliche Existenz auf seine Stimme, seinen Körper, sein Gedächtnis zu bauen. Und dann braucht man vor alles eins: einen sicheren Wegweiser. Ich hatte das Glück, dass mir die Berufung bereits in die Wiege gelegt war. Zwar sah ich mich zunächst eher als Musiker im Orchestergraben sitzen, bevor ich schließlich meinen Wunsch realisierte, als Sänger auf den Brettern zu stehen, die schon meinen Eltern die Welt bedeuteten. Aber wieviel Geduld, Beharrlichkeit und Ausdauer dazu gehörte, meine Stimme beherrschen zu lernen und mir das nötige Repertoire zu erarbeiten, davon erahnte ich noch wenig. Meinen Lehrern verdanke ich, dass sie mich auf dieser Wegstrecke sicher geleitet haben. Viele haben dieses Glück nicht. Wie wichtig eine konsequente und systematische Heranführung an das Repertoire des Sängers ist – die unumgängliche Voraussetzung, um diesen Beruf erfolgreich auszuüben –, das wurde mir erst richtig bewusst, als ich selbst anfing zu unterrichten. Es ist mir deshalb eine große Freude, die Schirmherrschaft für das OperAria-Projekt und die vorliegende Repertoiresammlung mit Opernarien für Bariton zu übernehmen. Ich bin davon überzeugt, dass es sich um einen Glücksfall handelt: das aktuellste und vollständigste Rüstzeug für den Traumberuf Sänger. Do you dream of becoming a professional opera singer? Before the dream comes true, however, there’s a long way to go, and the path is often more zigzag than straight. If you really want to build your professional career on your voice, your body, your memory, then you need a genuine calling and maybe a bit of madness, too. But what you need above all is a dependable guide. I was lucky in that the calling had already soon been laid in my crib. Though I initially saw myself rather sitting in the orchestra pit as a musician before I finally started to realize my wish to be a singer “standing on the boards” that had already meant the world to my parents. But I only scarely knew what a great deal of patience, steadfastness and stamia would be necessary to control my voice and learn the repertoire I needed. I owe it to my teachers who guided me on this path with a steady hand. Many do not have this chance. It’s when I began to teach that I truly became aware of how important a consistent and systematic approach to the repertoire is for a singer: it’s an indispensable precondition to be able to exercise this profession successfully. I thus take great pleasure in assuming the patronage of this OperAria project and of the present repertoire collection with opera arias for baritone. This is definitely a brilliant idea: the most up-to-date and comprehensive know-how – just what the singer needs for his dream job. Berlin, Frühjahr 2015 Berlin, Spring 2015 Roman Trekel Roman Trekel 6 Vorwort Preface Wer kennt sie nicht als treue Wegbegleiter: die traditionellen Arienalben – manchmal auch nur mühsam daraus zusammengestellte fliegende Blätter – mit einem oft schlecht spiel- oder lesbaren, nicht immer zuverlässigen Notentext. Sie gehörten einfach dazu, leisteten gute Dienste und ersparten aufwändiges Recherchieren in Bibliotheken, auch wenn viele der abgedruckten Arien nicht zur eigenen Stimme passten, sei es, weil das Repertoire zu unterschiedlich zusammengestellt war und lediglich die Einteilung in Stimmlagen berücksichtigte, sei es, weil ambitionierte Herausgeber Partien in einem Band vereinten, die unter sängerischen Gesichtspunkten nicht von ein und derselben Person zu bewältigen sind. Auch die inzwischen weitaus bequemeren Möglichkeiten des Internets boten bislang keine überzeugenden Alternativen. Anliegen der vorliegenden Repertoiresammlung mit Opernarien ist es, dem Benutzer einen modernen Wegbegleiter – oder um im Bild zu bleiben, einen systematisch aufgebauten, gut informierten Vokalcoach – an die Hand zu geben, der sich auf der Höhe der Zeit bewegt und den Anforderungen der heutigen Theaterpraxis entspricht. Hauptsächlich zum Gebrauch für Hochschulstudien und Theatervorsingen entwickelt, richtet sich die Repertoiresammlung jedoch nicht nur an Studierende, sondern auch an bereits beruflich tätige Sänger, die ihr Fachrepertoire erweitern möchten oder sich auf einen Fachwechsel vorbereiten. Darüber hinaus dürfte eine schlüssige Bündelung des Vorsingrepertoires, wie sie hier vorgestellt wird, auch für gesangspädagogisch Tätige und alle diejenigen interessant sein, die sich unter dem Aspekt spezifischer Stimmprofile über Besetzungsfragen informieren möchten oder die bei Rollenbesetzungen an Theatern mitzuentscheiden haben. Der vorliegende Band enthält einen repräsentativen Querschnitt durch das lyrisch-dramatische Repertoire für Bariton und ist Bestandteil einer umfassenden Repertoiresammlung von Opernarien für alle Stimmgattungen. Die Einteilung in die Kategorien lyrisch, lyrisch-dramatisch und dramatisch ist als Orientierungshilfe gedacht; sie gibt die grundlegende Richtung vor, lässt aber genügend Spielraum für die Individualität der verschiedenen Stimm- und Rollentypen und wird deshalb unter Lehrenden wie Theaterpraktikern zunehmend als nützliche Ergänzung zur traditionellen Stimmfacheinteilung verwendet, ohne mit dieser konkurrieren zu wollen. Überschneidungen zwischen den Kategorien und dem jeweils in den Einzelbänden enthaltenen Repertoire lassen sich bei einer so offenen Einteilung wie der hier vorgenommenen natürlich nicht ganz ausschließen. Die Auswahl der Arien aus drei Jahrhunderten des klassischen Opernrepertoires erfolgte nach stimmlichen Kriterien (Umfang, Tessitura, Spezifika, Arientyp) unter Berücksichtigung musikalischer und theaterpraktischer Aspekte (Stilistik, Epoche, Rollentyp, nationale Herkunft). Arien aus Barockopern, die heute zwar ebenfalls zum gängigen Repertoire gehören, aber teils andere Fähigkeiten und weitere Kenntnisse erfordern, wurden in der Regel dabei nicht berücksichtigt. Everyone knows them as faithful companions on one’s path to vocal mastery: the traditional aria album. Sometimes these albums were simply hastily compiled loose sheets, and their musical texts hard to read or play, and were not always authoritative. They were part of the singer’s training. They were serviceable and saved the singer a great deal of research in libraries, even if many of the arias printed in such anthologies did not suit the singer’s voice. The repertoire often presented a potpourri of vastly contrasting pieces and only took into account the distinction in vocal registers. Other times, ambitious editors compiled into one volume parts which, from a singer’s point of view, were so distant from one another that they could not be mastered by one and the same person. Even the multifarious resources of the Internet have yet to offer any compelling alternatives. The goal of the present repertoire collection of opera arias is to give the user a modern-day, systematically structured companion – or, to stay in character, a knowledgeable, well-informed and up-to-date vocal coach who satisfies the demands of present-day theater practice. Although developed mainly for use in college- or university-level studies and theatrical auditions, the collection does not solely target students, but also singers who are already professionally active and wish to expand their specialized repertoire or prepare for a change of voice range. Moreover, a well-ordered conflation of the audition repertoire, as presented here, might also be interesting to anyone involved in vocal pedagogy and to all who wish to be knowledgeable about specific vocal profiles for castingrelated matters, including those responsible for the casting of theatrical roles. The present volume contains a representative cross-section of the lyric-dramatic repertoire for baritone and forms part of a comprehensive repertoire anthology of opera arias for all vocal genres. The subdivision into the lyric, lyric-dramatic and dramatic categories is conceived as a means of orientation; it suggests the basic direction, but leaves enough room to showcase the individuality of the various types of voices and roles. This is why it is increasingly seen as a valuable supplement to the traditional “Fach” specification used by teachers and theatrical casting professionals, without seeking to compete against this traditional vocal division. Obviously, an overlapping of the categories and repertoire contained in the individual volumes cannot always be precluded on account of the very supple division that we have made here. The selection of arias from three centuries of classical opera repertoire was made according to vocal criteria (range, tessitura, specifics, type of aria), while taking into account practical aspects of a musical and theatrical nature (style, era, role type, national provenance). Arias from Baroque operas which are commonly found in today’s repertoire but sometimes call for very different qualities and additional knowledge, were as a rule not included in this selection. Generally, but not always, the basic character of the aria in question reflects that of the entire part. In cases where the vocal demands of 7 Meist, aber nicht immer, deckt sich der Grundcharakter der ausgesuchten Arien mit demjenigen der gesamten Partie. In Fällen, wo die stimmlichen Anforderungen von Einzelarie und Gesamtpartie auseinanderklaffen, wird darauf eigens hingewiesen, um der Gefahr stimmlicher Überforderung vorzubeugen. Ausgewählt wurden sowohl gängige Vorsingarien wie auch schwer oder nur in unzulänglichen Ausgaben zugängliche Raritäten sowie Arien der klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts, die zumeist aus urheberrechtlichen Gründen in traditionellen Arienalben fehlen, inzwischen aber Eingang in die Spielpläne gefunden haben. Damit enthält diese Repertoiresammlung neben den unverzichtbaren klassischen Vorsingarien für Theatervorsingen eine breit gefächerte Auswahl an Arien für Vortragsabende, Konzerte und Opern-Recitals, mit der Studierende wie Ausübende ihre stimmlichen und gestalterischen Fähigkeiten zeigen können. Der Notentext der Arien basiert auf Ausgaben, die in der Bühnenpraxis als Standard gelten und die größte textliche Zuverlässigkeit bieten. Die Klaviersätze wurden entweder neu erarbeitet oder auf der Grundlage bewährter Klavierauszüge mit dem Ziel revidiert, eine partiturnahe klangliche Realisierung bei möglichst einfacher Spielbarkeit zu ermöglichen. Dem Zweck entsprechend mussten Arien gelegentlich gekürzt (z. B. orchestrale Vor- und Zwischenspiele) oder praktikable Schlüsse ergänzt werden (z. B. in weiterführenden, offenen Arien und Szenen). Die Kommentare zu den Arien enthalten Informationen zu Komponist, Librettist, Werk, Tonumfang und zu eventuellen Besonderheiten wie Fassungs- oder Besetzungsfragen einschließlich einer kurzen Inhaltsangabe, die die dramatische Grundkonstellation andeutet, in der die jeweilige Arie im Handlungskontext der Oper steht. Hinzu kommt eine Einschätzung der Arie aus sängerischer Sicht als Empfehlung des Praktikers von Bühne und Hochschule, in die neben meinen eigenen Erfahrungen wertvolle Ratschläge vieler Sängerkolleginnen und -kollegen eingeflossen sind. Schließlich enthält der Band eine CD-ROM mit den in der Originalsprache von Muttersprachlern gesprochen Arientexten als „PhonetikAssistent“ (Audiodateien mp3) sowie deutsche und englische Übersetzungen (Textdateien pdf). Dem Bund Deutscher Gesangspädagogen und einer Reihe von Lehrenden der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sei ganz herzlich für fachlichen Austausch und kollegialen Rat gedankt. Ebenso danken möchte ich dem Tonmeister Dirk Austen und den Studierenden, die an der CD-Aufnahme mitgewirkt haben, sowie allen, die beim Übersetzen und Korrekturlesen halfen: Roger Clement (englisch), Jutta Eckes (italienisch), Sabine Wehr-Zeller (französisch), Reinhard Schmiedel (russisch), Diane Ackermann für die dramaturgische Mitarbeit, Christian Rudolf Riedel für die Erstellung und Revision der Klavierauszüge, das genaue, sachkundige Lektorat und sein unermüdliches Engagement bei der Koordinierung aller am Gelingen der Ausgabe Beteiligten und schließlich dem Verlag Breitkopf & Härtel, der die Ausgabe erst möglich gemacht hat. the individual aria diverge considerably from those of the overall role, this will be pointed out specifically in order to banish the danger of overtaxing the voice. We have chosen well-known audition arias as well as rarities that are otherwise inaccessible, or accessible only in unsatisfactory editions, along with arias from the 20thcentury’s “classical modernity” that are missing in traditional aria albums, usually for copyright reasons, but which have since found their way into the operatic repertoire. Thus next to the indispensable classical arias for stage auditions, this anthology contains a vast selection of arias for recitals, concerts and opera soirées with which students and professionals can let their vocal and interpretative talents shine. The musical text of the arias is based on editions that are considered as standard in stage practice and offer the most authoritative texts. The piano parts were either newly written or revised on the basis of proven piano-vocal scores with the aim to achieve a transposition of the original sound that is as faithful to the score as possible, while remaining easy to play. To this end, we have had to occasionally abridge some arias (e. g. orchestral preludes and interludes) or supplement them with practicable endings (e. g. in open arias and scenes that lead immediately into another musical section without a break). The comments on the arias provide information on the composer, the librettist, the work, the range and, if deemed necessary, on peculiarities such as matters of versions or casting. Also included is a short synopsis of the contents which illuminates the basic dramatic constellation in which the respective aria is embedded in the context of the opera’s plot. In addition, there is an evaluation of the aria from the singer’s point of view as a recommendation from a practitioner of the musical stage and of musicology; in addition to my own experience, valuable advice from many singer colleagues has also been incorporated here. Finally, the volume also features a CD-ROM with the aria texts in the original language spoken by native speakers as “phonetic assistant” (audio files mp3), as well as German and English translations (text files pdf). We wish to extend our most cordial thanks to the Bund Deutscher Gesangspädagogen and several teachers at the Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hanover for rewarding professional exchanges and collegial advice. I would also like to thank the sound engineer Dirk Austen and the students who took part in the CD recording, as well as to all who helped with the translations and proofreading: Roger Clement (English), Jutta Eckes (Italian), Sabine Wehr-Zeller (French), Reinhard Schmiedel (Russian), Diane Ackermann for her dramaturgical collaboration, Christian Rudolf Riedel for the production and revision of the piano-vocal scores, his precise and expert editing, and his tireless commitment as coordinator of all who contributed to the success of the edition. We are also grateful to the publisher, Breitkopf & Härtel, without whom there would be no such collection at all. Hannover, Frühjahr 2015 Hanover, Spring 2015 Peter Anton Ling Peter Anton Ling
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