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Geleitwort
Foreword
Der Beruf des Opernsängers, ein Traumberuf? Ja, aber bis der
Traum zum Beruf wird, ist es ein langer und nicht immer geradliniger Weg. Es gehört schon eine wirkliche innere Berufung, vielleicht sogar ein wenig Verrücktheit dazu, die berufliche Existenz
auf seine Stimme, seinen Körper, sein Gedächtnis zu bauen. Und
dann braucht man vor alles eins: einen sicheren Wegweiser.
Ich hatte das Glück, dass mir die Berufung bereits in die Wiege
gelegt war. Zwar sah ich mich zunächst eher als Musiker im
Orchestergraben sitzen, bevor ich schließlich meinen Wunsch
realisierte, als Sänger auf den Brettern zu stehen, die schon meinen Eltern die Welt bedeuteten. Aber wieviel Geduld, Beharrlichkeit und Ausdauer dazu gehörte, meine Stimme beherrschen
zu lernen und mir das nötige Repertoire zu erarbeiten, davon
erahnte ich noch wenig. Meinen Lehrern verdanke ich, dass sie
mich auf dieser Wegstrecke sicher geleitet haben.
Viele haben dieses Glück nicht. Wie wichtig eine konsequente
und systematische Heranführung an das Repertoire des Sängers
ist – die unumgängliche Voraussetzung, um diesen Beruf erfolgreich auszuüben –, das wurde mir erst richtig bewusst, als ich
selbst anfing zu unterrichten.
Es ist mir deshalb eine große Freude, die Schirmherrschaft für
das OperAria-Projekt und die vorliegende Repertoiresammlung
mit Opernarien für Bariton zu übernehmen. Ich bin davon überzeugt, dass es sich um einen Glücksfall handelt: das aktuellste
und vollständigste Rüstzeug für den Traumberuf Sänger.
Do you dream of becoming a professional opera singer? Before
the dream comes true, however, there’s a long way to go, and
the path is often more zigzag than straight. If you really want to
build your professional career on your voice, your body, your
memory, then you need a genuine calling and maybe a bit of
madness, too. But what you need above all is a dependable
guide.
I was lucky in that the calling had already soon been laid in my
crib. Though I initially saw myself rather sitting in the orchestra
pit as a musician before I finally started to realize my wish to be
a singer “standing on the boards” that had already meant the
world to my parents. But I only scarely knew what a great deal
of patience, steadfastness and stamia would be necessary to control my voice and learn the repertoire I needed. I owe it to my
teachers who guided me on this path with a steady hand.
Many do not have this chance. It’s when I began to teach that
I truly became aware of how important a consistent and
systematic approach to the repertoire is for a singer: it’s an indispensable precondition to be able to exercise this profession
successfully.
I thus take great pleasure in assuming the patronage of this
OperAria project and of the present repertoire collection with
opera arias for baritone. This is definitely a brilliant idea: the
most up-to-date and comprehensive know-how – just what the
singer needs for his dream job.
Berlin, Frühjahr 2015
Berlin, Spring 2015
Roman Trekel
Roman Trekel
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Vorwort
Preface
Wer kennt sie nicht als treue Wegbegleiter: die traditionellen Arienalben – manchmal auch nur mühsam daraus zusammengestellte
fliegende Blätter – mit einem oft schlecht spiel- oder lesbaren, nicht
immer zuverlässigen Notentext. Sie gehörten einfach dazu, leisteten
gute Dienste und ersparten aufwändiges Recherchieren in Bibliotheken, auch wenn viele der abgedruckten Arien nicht zur eigenen
Stimme passten, sei es, weil das Repertoire zu unterschiedlich zusammengestellt war und lediglich die Einteilung in Stimmlagen berücksichtigte, sei es, weil ambitionierte Herausgeber Partien in
einem Band vereinten, die unter sängerischen Gesichtspunkten
nicht von ein und derselben Person zu bewältigen sind. Auch die
inzwischen weitaus bequemeren Möglichkeiten des Internets boten
bislang keine überzeugenden Alternativen.
Anliegen der vorliegenden Repertoiresammlung mit Opernarien
ist es, dem Benutzer einen modernen Wegbegleiter – oder um im
Bild zu bleiben, einen systematisch aufgebauten, gut informierten
Vokalcoach – an die Hand zu geben, der sich auf der Höhe der
Zeit bewegt und den Anforderungen der heutigen Theaterpraxis
entspricht. Hauptsächlich zum Gebrauch für Hochschulstudien
und Theatervorsingen entwickelt, richtet sich die Repertoiresammlung jedoch nicht nur an Studierende, sondern auch an bereits beruflich tätige Sänger, die ihr Fachrepertoire erweitern möchten oder
sich auf einen Fachwechsel vorbereiten. Darüber hinaus dürfte eine
schlüssige Bündelung des Vorsingrepertoires, wie sie hier vorgestellt
wird, auch für gesangspädagogisch Tätige und alle diejenigen interessant sein, die sich unter dem Aspekt spezifischer Stimmprofile
über Besetzungsfragen informieren möchten oder die bei Rollenbesetzungen an Theatern mitzuentscheiden haben.
Der vorliegende Band enthält einen repräsentativen Querschnitt
durch das lyrisch-dramatische Repertoire für Bariton und ist Bestandteil einer umfassenden Repertoiresammlung von Opernarien
für alle Stimmgattungen. Die Einteilung in die Kategorien lyrisch,
lyrisch-dramatisch und dramatisch ist als Orientierungshilfe gedacht; sie gibt die grundlegende Richtung vor, lässt aber genügend
Spielraum für die Individualität der verschiedenen Stimm- und
Rollentypen und wird deshalb unter Lehrenden wie Theaterpraktikern zunehmend als nützliche Ergänzung zur traditionellen
Stimmfacheinteilung verwendet, ohne mit dieser konkurrieren zu
wollen. Überschneidungen zwischen den Kategorien und dem jeweils in den Einzelbänden enthaltenen Repertoire lassen sich bei
einer so offenen Einteilung wie der hier vorgenommenen natürlich
nicht ganz ausschließen.
Die Auswahl der Arien aus drei Jahrhunderten des klassischen
Opernrepertoires erfolgte nach stimmlichen Kriterien (Umfang,
Tessitura, Spezifika, Arientyp) unter Berücksichtigung musikalischer und theaterpraktischer Aspekte (Stilistik, Epoche, Rollentyp,
nationale Herkunft). Arien aus Barockopern, die heute zwar ebenfalls zum gängigen Repertoire gehören, aber teils andere Fähigkeiten und weitere Kenntnisse erfordern, wurden in der Regel dabei
nicht berücksichtigt.
Everyone knows them as faithful companions on one’s path to
vocal mastery: the traditional aria album. Sometimes these albums
were simply hastily compiled loose sheets, and their musical texts
hard to read or play, and were not always authoritative. They were
part of the singer’s training. They were serviceable and saved the
singer a great deal of research in libraries, even if many of the arias
printed in such anthologies did not suit the singer’s voice. The repertoire often presented a potpourri of vastly contrasting pieces and
only took into account the distinction in vocal registers. Other
times, ambitious editors compiled into one volume parts which,
from a singer’s point of view, were so distant from one another that
they could not be mastered by one and the same person. Even the
multifarious resources of the Internet have yet to offer any compelling alternatives.
The goal of the present repertoire collection of opera arias is to give
the user a modern-day, systematically structured companion – or,
to stay in character, a knowledgeable, well-informed and up-to-date
vocal coach who satisfies the demands of present-day theater
practice. Although developed mainly for use in college- or university-level studies and theatrical auditions, the collection does not
solely target students, but also singers who are already professionally active and wish to expand their specialized repertoire or
prepare for a change of voice range. Moreover, a well-ordered conflation of the audition repertoire, as presented here, might also be
interesting to anyone involved in vocal pedagogy and to all who
wish to be knowledgeable about specific vocal profiles for castingrelated matters, including those responsible for the casting of theatrical roles.
The present volume contains a representative cross-section of the
lyric-dramatic repertoire for baritone and forms part of a comprehensive repertoire anthology of opera arias for all vocal genres. The
subdivision into the lyric, lyric-dramatic and dramatic categories is
conceived as a means of orientation; it suggests the basic direction,
but leaves enough room to showcase the individuality of the various types of voices and roles. This is why it is increasingly seen as
a valuable supplement to the traditional “Fach” specification used
by teachers and theatrical casting professionals, without seeking to
compete against this traditional vocal division. Obviously, an overlapping of the categories and repertoire contained in the individual
volumes cannot always be precluded on account of the very supple
division that we have made here.
The selection of arias from three centuries of classical opera repertoire was made according to vocal criteria (range, tessitura, specifics,
type of aria), while taking into account practical aspects of a musical
and theatrical nature (style, era, role type, national provenance).
Arias from Baroque operas which are commonly found in today’s
repertoire but sometimes call for very different qualities and additional knowledge, were as a rule not included in this selection.
Generally, but not always, the basic character of the aria in question
reflects that of the entire part. In cases where the vocal demands of
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Meist, aber nicht immer, deckt sich der Grundcharakter der ausgesuchten Arien mit demjenigen der gesamten Partie. In Fällen, wo
die stimmlichen Anforderungen von Einzelarie und Gesamtpartie
auseinanderklaffen, wird darauf eigens hingewiesen, um der Gefahr
stimmlicher Überforderung vorzubeugen. Ausgewählt wurden sowohl gängige Vorsingarien wie auch schwer oder nur in unzulänglichen Ausgaben zugängliche Raritäten sowie Arien der klassischen
Moderne des 20. Jahrhunderts, die zumeist aus urheberrechtlichen
Gründen in traditionellen Arienalben fehlen, inzwischen aber Eingang in die Spielpläne gefunden haben. Damit enthält diese Repertoiresammlung neben den unverzichtbaren klassischen
Vorsingarien für Theatervorsingen eine breit gefächerte Auswahl an
Arien für Vortragsabende, Konzerte und Opern-Recitals, mit der
Studierende wie Ausübende ihre stimmlichen und gestalterischen
Fähigkeiten zeigen können.
Der Notentext der Arien basiert auf Ausgaben, die in der Bühnenpraxis als Standard gelten und die größte textliche Zuverlässigkeit
bieten. Die Klaviersätze wurden entweder neu erarbeitet oder auf
der Grundlage bewährter Klavierauszüge mit dem Ziel revidiert,
eine partiturnahe klangliche Realisierung bei möglichst einfacher
Spielbarkeit zu ermöglichen. Dem Zweck entsprechend mussten
Arien gelegentlich gekürzt (z. B. orchestrale Vor- und Zwischenspiele) oder praktikable Schlüsse ergänzt werden (z. B. in weiterführenden, offenen Arien und Szenen).
Die Kommentare zu den Arien enthalten Informationen zu Komponist, Librettist, Werk, Tonumfang und zu eventuellen Besonderheiten wie Fassungs- oder Besetzungsfragen einschließlich einer
kurzen Inhaltsangabe, die die dramatische Grundkonstellation andeutet, in der die jeweilige Arie im Handlungskontext der Oper
steht. Hinzu kommt eine Einschätzung der Arie aus sängerischer
Sicht als Empfehlung des Praktikers von Bühne und Hochschule,
in die neben meinen eigenen Erfahrungen wertvolle Ratschläge vieler Sängerkolleginnen und -kollegen eingeflossen sind. Schließlich
enthält der Band eine CD-ROM mit den in der Originalsprache
von Muttersprachlern gesprochen Arientexten als „PhonetikAssistent“ (Audiodateien mp3) sowie deutsche und englische
Übersetzungen (Textdateien pdf).
Dem Bund Deutscher Gesangspädagogen und einer Reihe von
Lehrenden der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sei ganz herzlich für fachlichen Austausch und kollegialen
Rat gedankt. Ebenso danken möchte ich dem Tonmeister Dirk
Austen und den Studierenden, die an der CD-Aufnahme mitgewirkt haben, sowie allen, die beim Übersetzen und Korrekturlesen
halfen: Roger Clement (englisch), Jutta Eckes (italienisch), Sabine
Wehr-Zeller (französisch), Reinhard Schmiedel (russisch), Diane
Ackermann für die dramaturgische Mitarbeit, Christian Rudolf Riedel für die Erstellung und Revision der Klavierauszüge, das genaue,
sachkundige Lektorat und sein unermüdliches Engagement bei der
Koordinierung aller am Gelingen der Ausgabe Beteiligten und
schließlich dem Verlag Breitkopf & Härtel, der die Ausgabe erst
möglich gemacht hat.
the individual aria diverge considerably from those of the overall
role, this will be pointed out specifically in order to banish the danger of overtaxing the voice. We have chosen well-known audition
arias as well as rarities that are otherwise inaccessible, or accessible
only in unsatisfactory editions, along with arias from the 20thcentury’s “classical modernity” that are missing in traditional aria
albums, usually for copyright reasons, but which have since found
their way into the operatic repertoire. Thus next to the indispensable classical arias for stage auditions, this anthology contains a vast
selection of arias for recitals, concerts and opera soirées with which
students and professionals can let their vocal and interpretative talents shine.
The musical text of the arias is based on editions that are considered as standard in stage practice and offer the most authoritative
texts. The piano parts were either newly written or revised on the
basis of proven piano-vocal scores with the aim to achieve a transposition of the original sound that is as faithful to the score as
possible, while remaining easy to play. To this end, we have had to
occasionally abridge some arias (e. g. orchestral preludes and interludes) or supplement them with practicable endings (e. g. in open
arias and scenes that lead immediately into another musical section
without a break).
The comments on the arias provide information on the composer,
the librettist, the work, the range and, if deemed necessary, on peculiarities such as matters of versions or casting. Also included is a
short synopsis of the contents which illuminates the basic dramatic
constellation in which the respective aria is embedded in the context of the opera’s plot. In addition, there is an evaluation of the
aria from the singer’s point of view as a recommendation from a
practitioner of the musical stage and of musicology; in addition to
my own experience, valuable advice from many singer colleagues
has also been incorporated here. Finally, the volume also features a
CD-ROM with the aria texts in the original language spoken by
native speakers as “phonetic assistant” (audio files mp3), as well as
German and English translations (text files pdf).
We wish to extend our most cordial thanks to the Bund Deutscher
Gesangspädagogen and several teachers at the Hochschule für
Musik, Theater und Medien in Hanover for rewarding professional
exchanges and collegial advice. I would also like to thank the sound
engineer Dirk Austen and the students who took part in the CD
recording, as well as to all who helped with the translations and
proofreading: Roger Clement (English), Jutta Eckes (Italian), Sabine
Wehr-Zeller (French), Reinhard Schmiedel (Russian), Diane Ackermann for her dramaturgical collaboration, Christian Rudolf Riedel
for the production and revision of the piano-vocal scores, his precise and expert editing, and his tireless commitment as coordinator
of all who contributed to the success of the edition. We are also
grateful to the publisher, Breitkopf & Härtel, without whom there
would be no such collection at all.
Hannover, Frühjahr 2015
Hanover, Spring 2015
Peter Anton Ling
Peter Anton Ling