Cranach in Thüringen 2015

Reformation
in Thüringen.
Programm der Städte und Museen
in den Luther-Themenjahren 2015 bis 2017
4
Museumsführer
Nino Dell will auf der
Wartburg selbst
kleinste Geheimnisse
sichtbar machen
Wo Luther irrte
… wünschte ich, alle meine
Bücher möchten in dauernder
Vergessenheit begraben werden, um
besseren Platz zu machen.
38
In der Landesausstellung 2016
zu sehen: Martin Luther als
Junker Jörg, Lucas Cranach d.Ä.
Inhalt
04Weitersagen!
Drei Thüringer Protagonisten
gehen ins Detail
10 Veranstaltungs­übersicht
LUTHER IN THÜRINGEN
14 Ein Mann, ein Wort –
Lebenswendungen und
klare Ansagen
CRANACH IN THÜRINGEN
TITEL:
Detail aus dem restaurierten Altargemälde
von Lucas Cranach in
der Stadtkirche St. Peter
und Paul (Herderkirche)
in Weimar
2
Vor allem jedoch bitte ich den geneigten
Leser, er möge das Nachfolgende mit
großem Mitgefühl lesen. Er soll wissen,
dass ich einstmals ein überaus toller
Mönch und Päpstler war, als ich diese
Sache in Angriff nahm, so trunken, ja
ertrunken in den Lehren des Papstes.
So wirst du in diesen meinen früheren
Schriften finden, wie viele und große
Zugeständnisse ich dem Papst in tiefster
Demut gemacht habe, die ich in späteren
und jetzigen Zeiten für die höchste
Gottes­lästerung und Greul halte und
verfluche. Du wirst also, gütiger Leser,
diesen Irrtum der Zeitlage und meiner
Unerfahrenheit zuschreiben. Denn ich
geriet durch die Umstände, nicht mit
Willen und Absicht, in dieses Getümmel;
dafür rufe ich Gott selbst zum Zeugen an.“
Martin Luther,
am 5. März 1545
14
Die historische Bibliothek
im Augustinerkloster Erfurt
beherbergt rund 13.000 Handschriften und Drucke
DIE ERNESTINER IN THÜRINGEN
32 Kidnapping, clevere
Hochzeiten und Architektur
vom Feinsten
56 Über 1.000 Kilometer
in den Fußstapfen
Martin Luthers
38Thüringer
Landesausstellung 2016
58 Service & Anreise
40 Veranstaltungen 2016
500 JAHRE REFORMATION
20 Ein Karrieresprung,
volle Auftragsbücher und
unser Bild von Luther
42 Widersprüche, Dunkel­
männerbriefe, Thesen –
die Zeit war reif
26Gemeinschaftsausstellung
50 Nationale Austellung
Bild und Botschaft
28 Veranstaltungen 2015
LUTHERWEG
Kontakte, Karte, Impressum
56
Unterwegs auf dem Lutherweg
können Wanderer und Pilger echte
Natur genießen
Luther und die Deutschen
52
Veranstaltungen 2017
www.lutherland-thueringen.de
3
Weitersagen!
Das meinen drei Menschen, die sich täglich mit Thüringer
Ausstellungsprojekten und ihren Gästen beschäftigen.
Folgen Sie einer ganz persönlichen Einladung …
Ohne die Wartburg, ohne Eisenach
und Umgebung ist das Thema Reformation und das damit
aufs Engste verbundene Leben Martin Luthers nur schwer
vorstellbar. Kindheitstage und Schulzeit verbrachte er hier,
wo Teile seiner Familie zuhause waren. Auf der Wartburg übersetzte er das Neue Testament. Gerne öffnen wir Besuchern
jede notwendige Tür, um selbst kleine Geheimnisse sichtbar
zu machen.“
NINO DELL, Museumsführer auf der Wartburg bei
Eisenach – zum kompletten Interview einfach QR-Code
scannen oder unter www.lutherland-thueringen.de
anschauen
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Unsere Cranach-Ausstellung lebt
vom eigenen reichen Bestand an Gemälden, an Grafik und
Buchkunst sowie von dem in seiner Bedeutung einzigartigen
Flügelaltar in der Herderkirche. Auf diesem werden wie in
einem Brennglas die drängenden Probleme der Zeit deutlich.
Am letzten Wohnort Cranachs d. Ä. spüren wir aber auch
Fragen wie diesen nach: Was hieß es Hofkünstler zu sein,
Hofkunst zu schaffen?“
DR. KARIN KOLB, Kuratorin der Ausstellung „Cranach in
Weimar“, Klassik Stiftung Weimar – mehr verrät Frau Dr. Kolb
im Interview, dazu einfach den QR-Code scannen oder unter
www.lutherland-thueringen.de ansehen
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www.lutherland-thueringen.de
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Zu den außergewöhnlichen und
kostbaren Exponaten, die wir in Gotha den
Besuchern der ‚Ernestiner‘ – Landesausstellung zeigen werden,
gehört ‚das kleine Porzellanheiligtum‘ von Luise Dorothea
(1710 bis 1767), Gemahlin Herzog Friedrichs III. Überzeugt
davon, dass ‚die Freude am meisten zur Gesundheit beiträgt‘,
gestaltete sie den Gothaer Hof zu einem fest in der Aufklärung
verwurzelten Musenhof.“
STEFANIE KRETSCHMANN, Museumsführerin
der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha –
für komplettes Interview QR-Code scannen oder auf
www.lutherland-thueringen.de anschauen
8
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VERANSTALTUNGEN 2015
Februar
Mehr Infos und Termine im Heft ab Seite 26 und unter www.lutherland-thueringen.de
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
Luthermonat November
Dezember
bis 30.06.2015 schmalkalden Leben und Sterben im Dreißigjährigen Krieg
GEMEINSCHAFTSAUSSTELLUNG
Ausstellungen
Bild und
Botschaft.
29.03. – 19.07.2015 gotha Cranach im Dienst von Hof und Reformation
02.04. – 19.07.2015 eisenach Die Lutherporträts der Cranach-Werkstatt
03.04. – 14.06.2015 weimar Cranach in Weimar
24.09.2015 – 31.01.2016 nordhausen Lucas Cranach dem Jüngeren zum 500. Geburtstag
12.04. – 21.06.2015 gotha Himmelsspektakel.
Astronomie im Protestantismus der Frühen Neuzeit
01.08.2015 – 31.07.2016 schmalkalden Die Doppelehen des Landgrafen Philipp von Hessen
ab 03.05.2015 altenburg Georg Spalatin – Freiheit und Glauben
03.05.2015 – 31.12.2017 altenburg Wenn ich nicht gewesen wäre ... – Der Reformator Spalatin in Altenburg
06.09.2015 – 27.03.2016 eisenach Die Weimarer Kinderbibel.
21.06. – 16.08.2015 jena Machtworte –
Wortgewalt und Bilderwelten bei Luther
ab 26.09.2015 eisenach Luther und die Bibel
27.06. – 30.09.2015 erfurt
Kontroverse und Kompromiss. Der Pfeilerbildzyklus des Mariendoms
Musik
03.04.2015
weimar Thüringer
Bachwochen
03.04. und 26.04.2015
19.07.2015
09.08.2015
03. – 15.11.2015
Tag der Musik
Ein Besuch im Atelier
– Lieder und Arien
über Cranachs liebste
Modelle
Luther-King-Bach-Jazz
altenburg
... nicht drehen und
springen – Tanz und
Lebensfreude zur Zeit
Lucas Cranachs
sondershausen
altenburg
21.06.2015
Kantatengottesdienst
12.04.2015
weimar Thüringer
Bachwochen
gotha
03.05.2015
04.06.2015
12.07.2015
Luther-Stammtisch
Führung „Georg Spalatin
– Meine Arbeitswege“
Führung „Georg Spalatin
– Meine Arbeitswege“
Luther-Stammtisch
Luther-Stammtisch
28.03.2015
gotha Kirchenstadtführung mit Musik
12.04.2015
bad blankenburg
Luther-Stammtisch
jena
08.11.2015
altenburg
Deutsches Requiem von Johannes Brahms
04.04.2015
altenburg
gotha
Kantatengottesdienst
06.03.2015
weimar
altenburg
04.05.2015
eisenach Eröffnung
Thüringer Lutherweg
07.05.2015
Sonstiges
18.06.2015
saalfeld
Luther-Stammtisch
29.08.2015
Lutherlauf von
Altenburg nach Borna
04.09.2015
05.06.2015
09.08.2015
13.09.2015
Luther-Stammtisch
Luther-Stammtisch
Luther-Stammtisch
saalfeld
weimar
bad blankenburg
bad blankenburg
weimar
Luther-Stammtisch
bad blankenburg
mühlhausen
12. Bauernkriegs­
spektakel
10.05.2015
bad blankenburg
altenburg
Ökumenischer Gottesdienst im Freien
08.10.2015
06.06.2015
17.09.2015
Führung „Georg Spalatin
– Meine Arbeitswege“
Luther-Stammtisch
altenburg
saalfeld
27.09.2015
09.05. – 10.05.2015
03.10.2015
gotha Kirchenstadtführung mit Musik
14.06.2015
mühlhausen
Führung „Turbulente
Zeiten nach dem
Bauernkrieg“
bad blankenburg
mühlhausen
Führung „Turbulente
Zeiten nach dem
Bauernkrieg“
nordhausen
Festvortrag zum
450. Todestag von
Justus Jonas
31.10.
eisenach
Reformationsgottesdienst
gotha Erlebnisrundgänge „Reformation hautnah“
möhra Reformationsmarkt
altenburg Festgottesdienst
19.12.2015
gotha Kirchenstadtführung mit Musik
10.11.2015
erfurt Ökumenisches Martinsfest
eisenach Luthers Geburtstag
14.11.2015
altenburg Führung „Georg Spalatin –
Meine Arbeitswege“
27.11.2015
weimar
Luther-Stammtisch
Luther-Stammtisch
Luther-Stammtisch
21.06.2015
23.05.2015
gotha Kirchenstadtführung mit Musik
10
altenburg
Führung „Georg Spalatin
– Meine Arbeitswege“
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VERANSTALTUNGEN 2016
Januar
Mehr Infos und Termine im Heft ab Seite 38 und unter www.lutherland-thueringen.de
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
altenburg Georg Spalatin – Freiheit und Glauben / Wenn ich nicht gewesen wäre … – Der Reformator Spalatin in Altenburg
eisenach Luther und die Bibel
bis 31.07.2016 schmalkalden Die Doppelehen des Landgrafen Philipp von Hessen
THÜRINGER LANDESAUSSTELLUNG 2016
06.09.2015 – 27.03.2016 eisenach Die Weimarer Kinderbibel.
30.01. – 24.04.2016 bad köstritz Nimm in dein Herz das Lutherwort
Die Ernestiner.
Eine Dynastie prägt Europa
24.04. – 28.08.2016
gotha / weimar
März – September 2016 hohenfelden Dörfliche Pfarrer – streitbare Neuerer
bis 31.01.2016
nordhausen
Lucas Cranach d. J.
zum 500. Geburtstag
31.10. 2016 – 31.10.2017 mühlhausen
Luthers ungeliebte Brüder
24.04. – 28.08.2016 altenburg Nicht ohne den Altenburger! / 1871 – Ernst I. baut ein Theater
30.04. – 31.07.2016 eisenach
Die Bibel in Bildern von Julius Schnorr von Carolsfeld
Nov. 2016 – Febr. 2017 bad frankenhausen
Ecce homo – Christusbilder der Gegenwart
30.04. – September 2016 bad köstritz Dein Lied, o Luther, tönt wie Meeresrauschen
04.05. – 31.10.2016 eisenach Luther und die deutsche Sprache
01.09. – 27.10.2016 eisenach
Leben nach Luther. Eine Kulturgeschichte des
evangelischen Pfarrhauses
06.05. – 08.05.2015
mühlhausen
13. Bauernkriegs­
spektakel
VERANSTALTUNGEN 2017
Januar
10.11.2016
erfurt Ökumenisches
Martinsfest
Mehr Infos und Termine im Heft ab Seite 50 und unter www.lutherland-thueringen.de
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
altenburg Georg Spalatin – Freiheit und Glauben / Wenn ich nicht gewesen wäre … – Der Reformator Spalatin in Altenburg
eisenach Luther und die Bibel
bis 31.10.2017 mühlhausen Luthers ungeliebte Brüder
bis Febr. 2017 bad frankenhausen
Ecce homo – Christusbilder der Gegenwart
NATIONALE AUSSTELLUNG
Luther und die Deutschen
04.05. – 05.11.2017 eisenach
11.05. – 05.11.2017 nordhausen Die Freie Reichsstadt Nordhausen und die Reformation
Mai – Oktober 2017 eisenach Ketzer, Spalter, Kirchenlehrer – Luther aus katholischer Sicht 1517–2017
ab 21.03.2017 eisenach Mystik, Pietismus, Orthodoxie: Bachs theologische Bibliothek.
Frühjahr 2017 gotha Thüringen –
Lutherland und Erinnerungsraum
der Reformation
11.04. – Oktober 2017 weimar Luthers Erben in Buchenwald
01.05. – 05.11.2017 eisenach Musikalische Predigt – Bach und [Luthers] Theologie
30.07. – 30.09.2017 eisenach Wanderlust
26.07. – 31.07.2017
eisenach 117.
Deutscher Wandertag
12
31.10.2017 – 28.01.2018 jena
Johann Friedrich. Ein Glaubenskämpfer
in der Gefangenschaft
29.09. – 15.10.2017
10.11.2017
thüringen Güldener Herbst erfurt Ökumenisches
Martinsfest
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13
LUTHER IN THÜRINGEN
Ein Mann, ein Wort –
Lebenswendungen und
klare Ansagen
Martin Luther und Thüringen, das gehört zusammen wie Himmel
und Erde. Hier besuchte er die Schule und begann zu studieren.
Hier wurde er zum Mönch, visitierte Klöster, predigte viele Male.
In Thüringen übersetzte er das Neue Testament, hier wurden
die von ihm verfassten „Schmalkaldischen Artikel“ erstmals
öffentlich und europaweit verbreitet.
In Schmalkalden – hier der
Renaissance-Festsaal von
Schloss Wilhelmsburg – wurde
unter wesentlicher Beteiligung
Luthers protestantische
Geschichte geschrieben
14
www.lutherland-thueringen.de
15
Kurfürst Johann
Friedrich I. – hier als
Denkmal in Jena – hielt
schützend seine Hand
über Martin Luther
E
s war ein heißer Julitag im Jahr 1505. Martin
Luther, Student an der Universität Erfurt, war
auf dem Rückweg von einem Besuch bei den
Eltern im Mansfeldischen. Der 21-jährige hatte
die Silhouette Erfurts schon im Blick, als sich
über ihm ein Gewitter zusammenbraute. Weit
und breit kein Schutz. Weiterlaufen? Umkehren? Verbürgt
ist, dass er durch einen Blitzstrahl nahe dem Dorf Stotternheim erschüttert worden sei und im Schreck gerufen
habe: „Hilf du, heilige Anna, ich will ein Mönch werden!“
Der Hilferuf an die Schutzpatronin der Bergleute war ein
kirchenrechtlich nicht bindendes Notgelübde. Luther aber
– ein Mann, ein Wort – vollzog die einmal ausgerufene jähe
Lebenswendung: Nur zwei Wochen nach dem Blitz-Erlebnis
klopfte er an die Pforte des Augustinerklosters Erfurt, das
für besonders strenge Einhaltung der Ordensregeln bekannt
war. Die „Regeln“ bedeuteten Verzicht auf den eigenen
Willen (Gehorsam), auf die Liebe eines anderen Menschen
(Ehelosigkeit) sowie Verzicht auf materiellen Besitz. Für den
jungen Intellektuellen bot sich hier aber auch eine Chance,
er konnte Theologie studieren. Dass daraus entstehen
sollte, was 500 Jahre später als Reformation gefeiert wird,
war nicht absehbar. Der in Erfurt vollzogene Wechsel vom
Jurastudenten zum Mönch sollte jedoch nicht das einzige
Wagnis in diesem aufsehenerregenden Leben bleiben.
Ein reichliches Jahrzehnt nach dem Klostereintritt – die
einer Offenbarung gleichkommende Fußreise zur Generalbeichte nach Rom lag hinter ihm – erschütterte der zum kritischen Theoretiker der Kirche herangereifte Mann Fundamente bisheriger Selbstverständlichkeiten: In seinem Dienstort
Mit dem Aufenthalt des jungen
Martin Luther in Erfurt ist auch
das faszinierende Ensemble von
Dom St. Marien und Kirche
St. Severi verbunden
Wittenberg veröffentlichte er 95 Thesen gegen den Ablass­
handel. Wo irgend möglich, verbreitete Luther selbst diesen
neuen Geist von den Kanzeln meist überfüllter Kirchen.
Ein Skandal und eine
neue Identität
Diesem Skandal ohnegleichen folgten Vorladungen, Verhöre,
Androhungen – aber auch Geheimdiplomatie begleitete die
Vorgänge. So etwa zwischen Luther und dem päpstlichen
Gesandten Karl von Miltitz. Ort der Begegnung im Jahr 1519
war Altenburg, wo Luthers Freund, der Geheimsekretär
des Kurfürsten und spätere Altenburger Superintendent,
Georg Spalatin lebte. Einziger Gegenstand des Sondierungs­
gespräches war die grundsätzliche Frage, ob Luther weiter
auf seinen Thesen beharre? Luthers Landesherr erfuhr von
ihm danach dieses Verhandlungsergebnis: „Erstens, dass
ein allgemeiner Stillstand beider Parteien geschehe und
beiden Teilen verboten werde, weiterhin von der Materie
In der Georgenburse
Erfurt erinnert eine
kleine Ausstellung
an den einstigen Bewohner Martin Luther
LEBENSSTATIONEN
1510 Luther zur Generalbeichte in Rom.
Er ist enttäuscht: „Die Gottlosigkeit und Bosheit ist dort so groß, dass allda weder Gott
noch Menschen, weder Sünde noch Schande
geachtet werden.“
17
15
15
15
Priesterweihe in Erfurt
und Beginn des Studiums der
Theologie, das er nach seiner
Versetzung in die Stadt Witten­
berg dort fortsetzt und als Doktor
der Theologie abschließt
10
15
1507
07
15
1505
Legendäres
Blitz-Erlebnis, das
Luthers Eintritt in
das Augustiner­
kloster Erfurt zur
Folge hat
05
15
Universität Erfurt, wo er 1505
zum Magister Artium promoviert
und das Studium der Rechte
beginnt
01
15
1501 Immatrikulation an der
0
Schulbesuch Martin Luthers –
zunächst in Magdeburg, dann in
Eisenach
0
15
1496 – 1501
96
14
am 10. November in Eisleben
geboren und tags darauf auch
dort getauft
95
14
1483 Martin Luther wird
90
14
85
14
16
3
0
Katharina von Bora
8
14
8
14
Martin Luther
1517 In Wittenberg werden
Martin Luthers 95 Thesen gegen
den Ablass veröffentlicht. Den
in einem päpstlichen Verhör
des folgenden Jahres erhofften
Widerruf verweigert Luther
www.lutherland-thueringen.de
17
»
In der Jenaer Stadtkirche St. Michael
predigte Martin Luther
mehrfach
Das Lutherhaus
in Eisenach ist eines
der auffälligsten Bürger­
häuser im historischen
Stadtzentrum. Das Haus aus
dem 14. Jahr­hundert, das als
eines der ältesten Gebäude
Thüringens gilt, rüstet sich
für das Reformations­jubiläum
Um 1500 befand sich der Häuserkomplex im Besitz
der einflussreichen Patrizierfamilie Cotta. Sie hatte
Martin Luther, der in Eisenach einige Jahre zur Schule
ging, bei sich aufgenommen. Wie Luther später
erzählte, empfing er von dem hier verkehrenden Kreis
wohlhabender Eisenacher Bürger und angesehener
Geistlicher wesentliche Impulse. Ein im Museum zu
sehendes Ölgemälde erinnert auch an Luther als
Kurrendesänger.
Sehenswert!
SCHLOSS WILHELMSBURG SCHMALKALDEN
zu predigen, zu schreiben und zu sprechen.“ Dem erzielten
Schweigeabkommen war jedoch nur ein kurzes Glück beschieden. Luther blieb bei seinen Ansichten, ja immer neue
reformerische Ansätze kamen hinzu.
„Ich bin entschlossen, die Mönchsgelübde anzugreifen
und die jungen Leute aus der Hölle des Zölibats zu befreien,
der durch Brunst und Befleckungen so unrein und so verrucht
ist“. Das schrieb er 1521 in einem Brief von der Wartburg
bei Eisenach. Auf diese war er nach einer „Räuberpistole“
gekommen, die sich ein Schriftsteller hätte ausdenken
können. Tatsächlich aber war der geistige Kopf hinter der
als Überfall getarnten Rettung Luthers der ranghöchste
Politiker im Land, der Kurfürst. Auf der Rückreise vom
Reichstag zu Worms, wo Luther für vogelfrei erklärt worden
war, machte man einen Abstecher nach Möhra, dem
Stamm­­ort der Familie Luther. Dass der kleine Umweg Teil
der wenige Stunden später im Wald bei Steinbach/Altenstein
inszenierten Entführung Luthers auf die Wartburg war,
wussten nur wenige.
Das Lutherhaus wird derzeit umgebaut, erweitert und
modernisiert. Mit der Wiederöffnung im September
2015 lädt eine neue Dauerausstellung mit dem
Titel „Luther und die Bibel“ ein. Sie wird die von
Luther auf der Wartburg übersetzte Heilige Schrift in
vielfältigen Facetten beleuchten. Neben zahlreichen
originalen klassischen Ausstellungsstücken werden
Multimedia­stationen von der Reformationszeit und
ihren Folgen erzählen.
Lutherplatz 8, 99817 Eisenach, Tel. 03691 29830,
www.lutherhaus-eisenach.de
Über dem mittelalterlichen Stadtkern thront Schloss Wilhelmsburg.
Zwischen 1585 und 1590 erbaut, gilt es aufgrund seiner nahezu vollständig erhaltenen Außenanlage, seiner originalen Raumstruktur im Inneren,
wegen seiner prächtigen Wandmalereien und Stuckaturen als Juwel unter
den Renaissanceschlössern Deutschlands. Reformation, Schmalkaldischer
Bund und Martin Luthers Rolle dabei prägen die museale Präsentation.
Schlossberg 9, 98574 Schmalkalden, Tel. 03683 403186,
www.museumwilhelmsburg.de
In Altenburg – hier die zum
Wahrzeichen gewordenen
Roten Spitzen – weilte
Martin Luther viele Male
körperlichen Qualen, teuflischen Anfechtungen und Gefühlen, ein Deserteur zu sein. Tatenlos aber war er nicht. In den
300 Tagen Einsamkeit hoch über der ihm seit Schultagen
vertrauten Stadt Eisenach übersetzte er das Neue Testament.
In dem südlich von Eisenach gelegenen Schmalkalden
schrieb Martin Luther ein weiteres Mal wesentlich an deutscher Geschichte mit. Landesherr Philipp von Hessen, eine
der schillerndsten Personen des Jahrhunderts, gehörte zu
jenen Fürsten, die nur in einem Bündnis aller Protestanten
Schutz gegen den Kaiser sahen. Das so geschmiedete Verteidigungsbündnis nannte sich nach dem Ort der Gründung
Schmalkaldischer Bund. Dessen „glanzvollster Fürstentag“,
so etwas wie eine europäische Sicherheitskonferenz,
fand im Winter 1537 statt. 16 Fürsten, zahlreiche Grafen,
Gesandte des Kaisers, des Papstes und verschiedener
Königshäuser, Vertreter von Reichs- und Hansestädten sowie hochrangige evangelische Theologen waren zugegen.
Auch Martin Luther. Im Gepäck hatte er Texte „darauf ich
stehen muss und stehen will, bis in meinen Tod“. Die mit
„Darauf ich stehen muss
und stehen will, bis in meinen Tod“
Auf der sichere Obhut gewährenden kurfürstlich-sächsischen Wartburg bekam der Entführte eine neue Identität.
Er ließ sich die Haare und einen Bart wachsen, trug ritterliche
Kleidung mit Schwert und nannte sich fortan „Junker Jörg“.
Nur wenige Mitstreiter erfuhren dessen geheimen Aufent­
haltsort, es wurde ruhig um den Reformator. „Den Luther
sind wir los, wie wir wollten“, triumphierte schon ein römischer Prälat. Doch er lebte – wenn auch zuweilen unter
Herzblut verfassten Texte gingen als „Schmalkaldische
Artikel“ in die Geschichte ein.
Unterwegs zu Luther in Thüringen, führt der Weg zu vielen weiteren Orten. Weimar, Mühlhausen, Gotha, Arnstadt,
Bad Frankenhausen oder Saalfeld gehören unbedingt
dazu (siehe auch Seiten 42 bis 49). Und natürlich Jena.
Luthers Beziehung zu Jena war konfliktreich. Ursächlich
dafür war sein in dieser Region wirkender Gegenspieler,
der Radikalreformer Karlstadt. Einst Verbündete Luthers,
verließen Karlstadt und Gefolgschaft den gewaltfreien
Weg der Reformation. Eine scharfe Predigt Luthers in der
überfüllten Jenenser Kirche gegen diese Bilderstürmerei
bewirkte jedoch nur wenig. Direkt gegenüber der Kanzel ist
die bronzene Grabplatte für den Reformator angebracht.
Dass sie hier und nicht in Wittenberg zu sehen ist, hat mit
den Wirren nach dem Schmalkaldischen Krieg zu tun.
Mehr Infos unter www.lutherland-thueringen.de
LEBENSSTATIONEN
55
15
6
1531
In Schmalkalden
gründet sich der nach der Stadt
benannte Bund. Für einen Konvent fasst Luther protestantische
Hauptlehren, die „Schmalkaldischen Artikel“, zusammen
50
15
4
15
1524/25
Beginn und
Niederschlagung des Bauernkrieges. Martin Luther heiratet
die frühere Nonne Katharina von
Bora; sie werden Eltern von drei
Mädchen und drei Jungen
45
15
1522
Luthers
Übersetzung des
Neuen Testaments,
die bis heute so
genannte September­
testament, erscheint
0
Reichstag in Worms; auch hier
kein Widerruf. Entführung auf
die Wartburg, wo er, getarnt als
„Junker Jörg“, das Neue Testament übersetzt
4
15
1521 Vorladung Luthers zum
35
15
31
15
1520
In Wittenberg öffentliche Verbrennung der Bulle,
die Martin Luther
den Bann androht
30
15
Leipzig wird zum Ort der
Disputation zwischen Luther und
einem seiner größten Gegner,
dem Theologen Johann Eck
25
15
1519
24
15
18
21
15
Katharina von Bora
20
15
19
15
Martin Luther
1546 Tod Martin Luthers. Am
22. Februar wird er in Wittenberg
beigesetzt; seine Frau stirbt
1552
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19
Unter anderem mit 23 CranachGemälden aus dem eigenen
Bestand überrascht das Herzog­liche
Museum Gotha seine Besucher
CRANACH IN THÜRINGEN
Ein Karrieresprung,
volle Auftragsbücher und
unser Bild von Luther
Für Lucas Cranach d. Ä. war Thüringen ein wertvolles
Pflaster. Manch großer Auftrag hatte hier seine Herkunft.
Mit Blick auf die sich vollziehende Reformation fand er
hier interessante Gesprächspartner. Und: Von hier stammt
seine spätere Ehefrau. Cranach-Kenner wie Neuentdecker
dürfen staunen.
20
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21
Am historischen
Marktplatz von Weimar
zieht das Cranachhaus
alle Blicke auf sich
Das Museum für
Stadtgeschichte
in Neustadt an der Orla
fand sein attraktives Domizil
in einem rund 500 Jahre alten
Bürgerhaus inmitten der
sehenswerten historischen
Altstadt.
In seinen 13 thematisch gestalteten Ausstellungsräumen widmet man sich ausführlich auch der
Historie des Buchdruckerhandwerks von Neustadt.
Mit Johann Carl Gottfried Wagner, ein mit Goethe
befreundeter Drucker, Buchhändler und Verleger,
hatte ein renommierter Vertreter der schwarzen
Kunst im heutigen Museum einst seine Firma. Ein
Ausstellungsraum widmet sich dem in der Stadtkirche zu sehenden Altar aus der Cranach-Werkstatt.
In der Nähe des Museums steht das mit einem bis in
den Giebel hineinragenden Erker geschmückte Haus,
in welchem Luther während seiner Aufenthalte in der
Stadt übernachtet haben soll.
Im Erfurter Dom zu sehen: Die Verlobung der Heiligen Katharina,
Tafelbild von Lucas Cranach d. Ä.
Kirchplatz 7, 07806 Neustadt an der Orla,
Telefon 036481 51913, www.neustadtanderorla.de
W
as für ein Zeitenlauf, in dem die
künstlerisch wie geschäftlich
begnadete Cranach-Familie lebte
und Spuren hinterließ, wie sie
eindringlicher, dauerhafter und
farbenfroher kaum sein konnten!
Das Cranach-Jahr 2015 wird die bis in die Gegenwart
reichende Aktualität der Kunst aus der Cranach-Werkstatt
mit prächtig inszenierten Ausstellungen an gleichermaßen
authentischen wie repräsentativen Orten Thüringens sichtbar machen. Doch versetzen wir uns zunächst einmal in die
Welt der Cranachs vor 500 Jahren…
Wiewohl Radio, Fernsehen, Handy oder Facebook erst
fünf Jahrhunderte später in das Leben der Menschheit traten
und die uns heute selbstverständliche blitzschnelle Kommunikation rund um den Erdball ermöglichten, verbreiteten
sich auch seinerzeit diese und jene Nachrichten mehr oder
weniger schnell und wahr. Von reitenden Boten überbrachte
Briefe, von Reisenden aus fernen Ländern mitgebrachte
Berichte oder auch nur das Weitererzählen dessen, was in
der nahen Umgebung geschah, fütterten die Gespräche bei
Hofe nicht weniger als in den Hohen Schulen, in Werkstätten
oder an Wirtshaustischen. Hört, hört, was zu jener Zeit
sich in der großen Welt ereignet: Über ganz Europa breitet
sich die Buchdruckerei aus; Leonardo da Vinci entwickelt
das Modell einer Flugmaschine und malt etwas später das
berühmte Gemälde „Mona Lisa“; die heute selbstverständliche Bezeichnung „Deutschland“ setzt sich für das Gebilde
von 350 weltlichen und geistlichen Territorialstaaten durch
– es erscheint die erste gedruckte Deutschlandkarte; der
Seefahrer Christoph Kolumbus macht in Häfen von Cuba,
Haiti und den Bahamas fest – der amerikanische Kontinent
ist entdeckt; in Wittenberg wird die erste landesfürstliche
Universität Deutschlands gegründet; der Nürnberger Peter
Henlein baut tragbare Uhren mit Federzug; eine erste
Druckschrift mit der Bezeichnung „Zeitung“ erscheint; der
mitteldeutsche Bergbau boomt, unvorstellbar schwere und
gefährliche Arbeitsbedingungen führen zu ersten Streiks.
Unterwegs in diesem Zeitenlauf ist auch der 1472 geborene Lucas Cranach d. Ä. Nach Lehr- und Wanderjahren,
die ihn u.a. nach Wien verschlagen, trifft den 33-jährigen
Künstler – aus heiterem Himmel? – ein Karrieresprung:
Der sächsische Kurfürst Friedrich III. der Weise (1463 bis
1525), beruft ihn zum Hofmaler nach Wittenberg an der
Elbe. Drei Jahre später wird er dem Maler seines Vertrauens das Privileg eines vererbbaren Wappens nachreichen.
Die inzwischen unternehmerisch betriebene, nahe dem
Wittenberger Schloss und dem Markt gelegene Werkstatt,
verlassen ab 1512 nur noch Gemälde und Grafiken, an
deren Rändern eine geflügelte Schlange mit einem Rubinring im Maul zu sehen ist. Das ist die Zeit, in der aus dem
thüringischen Erfurt jener Mann für immer nach Wittenberg
kommt, mit dem der Hofmaler alsbald gedanklich in bestem Einvernehmen sein, und aufs Engste auch freundschaftlich verbunden sein wird: Martin Luther. Als dieser
1521 die 300 Tage Einsamkeit auf der Wartburg verbringt
LEBENSSTATIONEN
12
15
8
10
15
0
15
Der Kurfürst erteilt ihm das erbliche
Wappen: die geflügelte Schlange mit einem
Rubinring im Maul. Das Vertrauen seines
Dienstherren hat er bereits soweit erworben,
dass dieser ihm repräsentative Aufträge
erteilt
05
15
1508
02
15
1505
beruft der sächsische
Kurfürst Cranach als Hofmaler
nach Wittenberg
0
Wien. Im Milieu von Humanisten, Gelehrten
und Künstlern fasst er rasch Fuß. Hier wird
er – inzwischen 30 Jahre alt – erstmals als
Künstler fassbar
0
15
1502 kommt er in die Universitätsstadt
95
14
90
14
1472
wird Lucas Maler
(ab 1502 Cranach) in Kronach
geboren
85
14
0
22
8
14
Cranach d. J.
75
14
72
14
Cranach d. Ä.
1512
heiratet Cranach die aus Gotha
stammende Ratsherrentochter Barbara
Brengbier; ein Jahr darauf kommt Sohn Hans
zur Welt (gestorben 1537)
www.lutherland-thueringen.de
23
»
und nur einmal – getarnt als „Junker Jörg“ – eine Reise nach
Wittenberg unternimmt, hat Lucas Cranach d. Ä. den mit
der Bibelübersetzung beschäftigten Kirchenkritiker und
-reformierer in einem eindrucksvollen Holzschnitt dokumentiert. Selbstverständlich gehört auch dieses Bildnis zu
den Exponaten der Sonderausstellung „Die Lutherporträts
der Cranach-Werkstatt“ auf der Wartburg.
Die Cranach-Werkstatt floriert. Um alle Aufträge erledigen zu können, zeichnet sich die Werkstatt durch eine bis
dahin nicht gekannte Variantenpraxis der Kunstproduktion
Sehenswert!
LINDENAU-MUSEUM
Der Neorenaissancebau beherbergt die Sammlungen des Staatsmannes, Naturwissenschaftlers und Kunstsammlers Bernhard
August von Lindenau (1779 bis 1854). Den internationalen Rang
des Hauses, das zu den führenden Museen im Osten Deutschlands
zählt, bestimmt die 180 Werke umfassende Sammlung „Frühe italienische Malerei“, einer der umfangreichsten außerhalb Italiens.
Bemerkenswert sind auch die Sammlung „Antike Keramik“, die
Kunstbibliothek des 17. bis 19. Jahrhunderts und die Sammlung
von Gipsabgüssen nach der Antike und der Renaissance.
Gabelentzstraße 5, 04600 Altenburg, Telefon 03447 89553,
www.lindenau-museum.de
aus. Cranach entwickelt sich auch zu einem der erfolgreichsten Aktspezialisten seiner Zeit. Der von manchen
Zeitgenossen als „Schnellmaler“ eingeordnete Cranach d. Ä.
hat seinen Skizzenblock wohl immer auch dann bei der
Hand, wenn er einen Termin mit oder bei den Luthers hat.
Denn nur so kam vermutlich zustande, was wir heute
als Bild Luthers vor Augen haben. Luther mit Doktorhut,
Luther als „Junker Jörg“, Luther auf der Kanzel, Luther beim
Abendmahl oder als Familienvater – die Vorstellung vom
Aussehen Luthers wird in Cranachs Gesamtwerk plastisch
wie nirgendwo sonst. Abgesehen von den Repräsentanten der zentralen Gewalt gibt es von keinem anderen
Menschen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert mehr
Bildnisse als von Martin Luther und dessen Familie. Nicht
wenige Originale davon haben seit jeher ihren festen Platz
in Thüringen. Sie gehören zu den Highlights der großen
Sonderausstellungen im Cranach-Jahr 2015.
Für Lucas Cranach d. Ä. war Thüringen in vielerlei Hinsicht
ein ausgesprochen wertvolles Pflaster. Manches in seinen
Auftragsbüchern hatte hier seine Herkunft. Hier fand er mit
Blick auf die sich vollziehende Reformation interessante
Gesprächspartner. Und: Hier fand er seine spätere Ehefrau.
Wie anderes im Leben der Malerfamilie Cranach auch, ist
selbst ein Ereignis wie die Hochzeit nicht eindeutig belegt.
Es muss um das Jahr 1512 gewesen sein, als der damals
40-jährige Mann die Gothaerin Barbara Brengbier geheiratet
hat. Im Dunkeln liegt, wo sich die Ratsherrentochter und der
Maler kennengelernt haben. Denkbar ist, dass es in Gotha
gewesen sein könnte. Immerhin hat Cranach mehrfach den
dort lebenden Humanisten Mutianus Rufus und den eng
mit Luther befreundeten Theologen Friedrich Myconius
besucht. Ein erstes Treffen fand vielleicht in dem heute als
„Cranach-Haus“ geläufigen Eltern- und Geburtshaus der
Brengbiers am Schlossberg statt. Das nach aufwändiger
Sanierung in bestem Licht sich zeigende Herzogliche
Museum auf der anderen Seite des Schlossberges verfügt
mit 23 Gemälden aus den Händen der Cranachs über
einen Schatz ohnegleichen. Die Jubiläumsausstellung im
Cranach-Jahr wird diese herausragenden Arbeiten, und weitere von nationalen wie internationalen Leihgebern, unter
dem Titel „Cranach im Dienst von Hof und Reformation“
präsentieren.
Einschneidende politische Veränderungen brachten es
mit sich, dass Lucas Cranach d. Ä. Wittenberg verließ und
1552 in die Residenzstadt Weimar übersiedelte. Quartier
bezog er in dem heute nach der Familie benannten prächtigen Renaissancehaus am Markt, das einem Schwiegersohn
nachgefragt
bei lucas cranach
dem älteren
Ein Besuchermagnet im Stadtschloss Weimar
ist die Cranachgalerie
Sie haben erst mit 40 Jahren geheiratet, warum so spät?
Wenn schon eine Familie gründen, dann sollte die es gut haben. Also
hatte ich zunächst viel zu schaffen.“
Ihre Hochzeit mit der aus dem thüringischen Gotha stammenden
Ratsherrentochter füllte die private Schatulle ordentlich auf. Sie aber
schafften weiter wie ein Workaholic, nutzten Ihren Rang als Hofmaler
für ein überaus ertragreiches Marketing…
„Ja, man nahm mich alsbald auch außerhalb der Höfe gern in den Dienst.
Ich musste effizienter werden um zu realisieren, was vor mir stand: Einerseits dekorative Ausstattung von Ritterturnieren, Jagden und fürstlichen
Hochzeiten beispielsweise, andererseits zahllose Gemälde, Porträts,
Kupferstiche, Buchillustrationen. Also gründete ich eine bis dahin in
meinem Metier so nicht gekannte Werkstatt.“
Cranachs gehörte. Das Lucas Cranach d. Ä. hier noch an
dem von seinem Sohn Lucas geschaffenen Altar für die
Stadtkirche mitarbeitete, ist zweifelsfrei widerlegt. Das
monumentale Werk zeigt an zentraler Stelle auch Martin
Luther mit aufgeschlagener Bibel und, neben ihm stehend,
den vom Blutstrahl Christi getroffenen Lucas Cranach d. Ä.
In der Kirche fand auch die originale Platte für das Grab
von Cranach d. Ä. ihren Platz. Eine Kopie derselben steht
auf dem Friedhof der Jakobskirche, wo Cranach seine letzte
Ruhestätte fand. Im Stadtschloss Weimar hat die umfangreiche Cranach-Galerie ihren Platz. Die Sonderausstellung
„Cranach in Weimar“ stellt die reichen Bestände der
Klassik Stiftung an Gemälden, Zeichnungen, Druckgrafik,
Buchkunst sowie Weimar als Wirkungsort Cranachs in den
Mittelpunkt.
Cranach-Kenner und Neuentdecker werden in Thüringen
aus dem Staunen nicht herauskommen.
In der Ihre Söhne das Handwerk erlernten und bald auch Verantwortung übernahmen.
„Lucas jedenfalls, da mein Sohn Hans ja leider während einer Studienreise
in Italien verstarb. Aber Lucas machte seine Sache als Künstler und Werkstattchef richtig gut. Auch darüber hinaus hat er mir einiges abgeschaut
und fortgeführt: politisches Engagement, Geschäftsphilosophie, Familiensinn.“
Wohl auch deswegen feiert man hierzulande dessen 500. Geburtstag mit Veranstaltungen, Ausstellungen und anderen touristischen
Highlights – eifersüchtig?
„Wie sollte ich? Ich bin stolz auf meine beiden Jungs und ebenso auf einige
meiner Gesellen. Sie waren gelehrige, fleißige, kreative Schüler. Sie trugen
die Qualität Cranach’schen Könnens weit über die Mitte Deutschlands hinaus. Auch wenn ich selbst längst nicht überall Hand angelegt habe kann
man sicher sein: Wo Cranach drauf steht, ist Cranach drin.“
Mehr Infos unter www.cranach2015.de
LEBENSSTATIONEN
53
15
50
15
8
Umstände den Umzug des Wittenberger Hofes nach Weimar;
Cranach verliert zeitweilig seine
Stellung als Hofmaler
4
15
1548 erfordern politische
45
15
Barbara; Cranach der Jüngere
heiratet
41
15
1541 stirbt Cranachs Frau
0
ist Cranach d. Ä. mit
Unterbrechungen
Bürgermeister und
Ratsherr Wittenbergs
4
15
1537 – 1544
37
15
1525
sind die
Cranachs Trauzeugen bei der Hochzeit
von Martin Luther
35
15
ca. 1515 – 1520
kommen die
Töchter Ursula, Barbara und Anna zur Welt –
zwei von ihnen lebten in Gotha
30
15
24
1515
wird Sohn
Lucas geboren
25
15
Cranach d. J.
20
15
15
15
Cranach d. Ä.
1550
übergibt Cranach die
Werkstatt Sohn Lucas, zwei Jahre
später übersiedelt d. Ä. nach
Weimar, wo er 1553 stirbt und
beigesetzt wird
www.lutherland-thueringen.de
25
VERANSTALTUNGEN 2015
Die Lutherporträts
der Cranach-Werkstatt
GEMEINSCHAFTSAUSSTELLUNG
Bild und Botschaft.
Der 500. Geburtstag von Lucas Cranach d. J. ist für drei große Museen Thüringens Anlass zu einer
Gemeinschaftsausstellung. Schöpfend aus den umfangreichen eigenen Beständen und ergänzt durch
attraktive nationale wie internationale Leihgaben erwartet die Besucher ein wahres Feuerwerk von
Arbeiten der Künstlerfamilie Cranach und malender Zeitgenossen. www.cranach2015.de
Cranach im Dienst
von Hof und Reformation
Diese Ausstellung im Herzoglichen Museum Gotha richtet den Fokus
auf die öffentliche Wirksamkeit der Cranach-Werkstatt im Dienste der
Kurfürsten von Sachsen und der Reformation. In der Gesamtschau wird
der Betrachter nachvollziehen können, wie politische Botschaften des
ernestinischen Herrscherhauses und die Lehren Luthers in großartige
Gemälde und Grafiken umgesetzt wurden. Gezeigt werden Arbeiten,
die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert entstanden und somit die
Reformation von ihren Anfängen bis zu ihrem Siegeszug erfassen.
Großes Motiv oben:
Erstmals seit Jahrzehnten
werden in Gotha die beiden
wichtigsten Fassungen
des Motivs „Gesetz und
Gnade“, die Tafeln aus
Gotha und Prag, gemeinsam präsentiert
Im Schiller-Museum Weimar zu sehen:
„Christus und die Ehebrecherin“,
Lucas Cranach d. J., um 1535/40
Als Hofmaler oblag es Cranach, repräsentative Werke zu schaffen, die
der Ausstattung kurfürstlicher Residenzen dienten oder befreundeten
Fürsten geschenkt wurden. Davon zeugen in der Ausstellung Porträts,
mythologische und biblische Historien sowie Jagd- und Turnierdarstellungen. Andere hervorragende Kunstwerke belegen, dass Cranach sein
Können früh in den Dienst der neuen Lehre stellte. So zeigen etwa die
Bilder der Kindersegnung oder „Gesetz und Gnade“ (oben), dass der
Mensch, nur durch Gottes Gnade Erlösung findet.
HERZOGLICHES MUSEUM GOTHA
Das im ebenso eleganten wie pompösen Stil des Historismus errichtete Museum versteht sich als „der Louvre
Thüringens“. Dessen Schätze verdanken sich der
Sammelleidenschaft der Gothaer Herzöge. Präsentiert
werden neben hervorragenden Gemälden niederländischer und deutscher Meister u. a. ägyptische Mumien,
antike Vasen, Skulpturen, Goldschmuck sowie Kunst
aus China und Japan.
Parkallee 15, 99867 Gotha, Telefon 03621 82340,
www.stiftung-friedenstein.de
02.04. – 19.07.2015
eisenach wartburg
täglich 8.30 – 17.00 Uhr
Eintritt Museum mit Cranach-Ausstellung: 5,00 € / ermäßigt 3,00 €
Führung durch den Palas inkl. Museum mit Cranach-Ausstellung:
9,00 € / ermäßigt 5,00 €
Cranach in Weimar
Die Ausstellung präsentiert Leben, Werk und Wirkung Lucas Cranachs d. Ä.
und Lucas Cranachs d. J. an der Schwelle zwischen Mittelalter und Neu­
zeit. Im Mittelpunkt stehen die reichen Bestände der Klassik Stiftung
Weimar sowie der in seiner Bedeutung einzigartige Flügelaltar der
Stadtkirche St. Peter und Paul (Herderkirche). Die Ausstellung ist in
vier Kapitel gegliedert: Das eröffnende Kapitel „Werk und Künstler“
verknüpft das Cranach’sche Œuvre mit Weimar als letztem gemeinsamem Wirkungsort von Vater und Sohn. Das zweite Kapitel „Glaube und
Reformator“ untersucht die Arbeit der Cranach-Werkstatt im Dienst der
Reformation und ihrer Protagonisten. Daran schließt sich das große
Kapitel „Botschaft und Auftraggeber“ an, das sich dem Wirken am Hof
Johann Friedrichs des Großmütigen im Auftrag fürstlicher Repräsentation widmet. Das letzte Kapitel „Rezeption und Betrachter“ wirft in einer
Reihe von Exkursen erstmals Schlaglichter auf die Wirkungsgeschichte
der Cranach-Werkstatt: von der Wiederentdeckung der Cranach-Werke
im Umfeld Goethes bis zur Rezeption im Weimar des 20. Jahrhunderts.
03.04. – 14.06.2015
29.03. – 19.07.2015
weimar schiller-museum
täglich 10.00 – 17.00 Uhr
Eintritt: 5,00 € / ermäßigt: 2,50 €
Di – So 9.30 – 18.00 Uhr
Eintritt inkl. Audioguide: 5,00 € / ermäßigt 4,00 €
Eintritt inkl. Schillers Wohnhaus: 7,50 € / ermäßigt 6,00 €
gotha herzogliches museum
26
Zwischen 1520 und 1546 entstanden
sieben verschiedene grafische und
gemalte Porträttypen Martin Luthers in
der Werkstatt Cranachs d. Ä. und d. J. Alle
Zu den Luther-Bildnissen ≠aus der
Cranach-Werkstatt, die bis heute die
diese Bildnisse dienten propagandistischVorstellung vom Aussehen des Refordokumentarischen und somit werbend
mators prägen, gehört auch dieses aus
lehrhaften Zwecken. Dabei übernahm das
dem Jahr 1526
Porträt Luthers als Botschafter des reformatorischen Programms und lückenlose Illustration seines biografischen
Werdegangs eine wesentliche Funktion. Die Ausstellung stellt diese
Typologie vor und befasst sich mit der Organisation der Wittenberger
Werkstatt. Im Mittelpunkt stehen gemalte und grafische Porträts des
Mönchs und Reformators, die durch Lutherbildnisse weiterer Zeitgenossen, wie Heinrich Aldegrever, Hans Sebald Beham und Georg Pencz
sowie spätere, Vater und Sohn Cranach zitierende Beispiele der Malerei
und Grafik ergänzt werden. Sie zeigen, dass das Wittenberger Werkstattvorbild des Lutherporträts in der zeitgenössischen Kunst bis heute
aktuell geblieben ist.
Sehenswert!
SCHILLER-MUSEUM WEIMAR
Das Museum mit seiner modernen Architektur und
teilweise verglasten Fassade bildet einen Komplex mit
dem historischen Wohnhaus von Friedrich Schiller.
Das ursprünglich ganz dem Leben und Wirken Schillers
gewidmete Museum wird seit seiner zeitgemäßen baulichen Erneuerung im Inneren vor allem für anspruchsvolle Wechselausstellungen genutzt.
Schillerstraße 12, 99423 Weimar,
Telefon 03643 545400, www.klassik-stiftung.de
WARTBURG EISENACH
Die zum UNESCO-Welterbe gehörende Burg war Zentrum hochmittelalterlichen Dichtens und Minnesangs,
Wohn- und Wirkungsort der heiligen Elisabeth und
vieles mehr. Vor allem aber wurde sie zur „Lutherburg“.
Mit der Stube in der Burgvogtei erleben die Besucher
den authentischen Aufenthaltsraum Martin Luthers in
den Jahren 1521/22.
Auf der Wartburg 1, 99817 Eisenach,
Telefon 03691 2500, www.wartburg.de
www.lutherland-thueringen.de
27
VERANSTALTUNGEN 2015
Die Thüringer Bachwochen
sind das größte Musikfestival Thüringens. Ein
besonderes Markenzeichen
sind die Aufführungen an
authentischen Bachstätten
WEITERE
VERANSTALTUNGEN
2015
Das Stadtmuseum
Erfurt im prächtigen
„Haus zum Stockfisch“
thematisiert die Bedeutung
Erfurts als mittelalterliches
Kultur- und Handelszentrum,
als Luthers geistige Heimat
und spannt einen Bogen bis
in die Moderne.
Tipp: Luther-Stammtische
06.03./05.06./04.09./27.11.2015
weimar Eckermannstube im Gasthaus „Zum weißen
Schwan“
Die Dauerausstellung „Tolle Jahre – an der Schwelle
zur Reformation“ zeigt in ganz modernem Rahmen
viele spannende Exponate, die im Zusammenhang
mit der Lutherzeit stehen. Erstmals zu sehen ist
beispielsweise die Federtasche des Reformators, ein
ausgeklügeltes System von ineinander gestapelten
Kistchen, in denen Martin Luther seine Schreibmaterialien verstaute. Die multimediale Ausstellung will
aber mehr als bloß eine gelungene Vitrinenschau
sein: Sie versucht auch, provokante Bezüge zur
Jetztzeit herzustellen. Fragt, welche Auswirkungen
die Reformation auf uns und unser Denken hat.
Und fordert die Besucher so dazu auf, nicht nur auf
historischen Pfaden durchs Museum und durch Erfurt
zu wandeln.
12.04./10.05./14.06./ 12.07./ 09.08./13.09.2015
bad blankenburg
„Café Leuchtblick“ im Evangelischen Allianzhaus
07.05./04.06./17.09.2015
saalfeld Treffpunkt Johanneskirche
Mehr Infos und Termine unter www.lutherland-thueringen.de
Johannesstraße 169, 99084 Erfurt,
Tel. 0361 6555651, www.stadtmuseum-erfurt.de
03.04.2015, 19:30 Uhr
12.04.2015, 17:00 Uhr
03.05.2015 – 31.12.2017
Thüringer Bachwochen:
Ensembles des Mozarteum
Salzburg und des Royal College
of Music London
Bachs Johannespassion vor dem
berühmten Cranach-Altar
Thüringer Bachwochen:
Huelgas Ensemble
Der Kosmos Cranach wird mit
einem Konzert hörbar: mit
Musik, die zu seiner Lebzeit
entstanden ist.
03.04./26.04./21.06.2015 12.04.-21.06.2015
Kantatengottesdienst
Himmelsspektakel. Astronomie
im Protestantismus der Frühen
Neuzeit
Die Ausstellung der Forschungsbibliothek Gotha beschreibt den
Wandel des astronomischen
Weltbildes im Protestantismus
der frühen Neuzeit. Dabei werden
die im 16. und 17. Jahrhundert
diskutierten Weltsysteme anhand
von Handschriften, alten Drucken,
astronomischen Instrumenten
sowie Weltmodellen anschaulich
erklärt.
Wenn ich nicht gewesen wäre ... – Der Reformator Spalatin
in Altenburg
Georg Spalatin: Theologe, Prinzenerzieher, Geheimsekretär, Historiograph,
vor allem aber enger Freund und Beschützer Martin Luthers. Als Georg
Burkhardt am 17. Januar 1484 in Spalt geboren, besuchte er Schulen in
Spalt und Nürnberg sowie die Universitäten in Erfurt und Wittenberg.
1508 trat er als Prinzenerzieher in den Dienst des sächsischen Kurfürsten Friedrich III. Bald darauf nannte sich der Gelehrte nach seinem
Geburtsort Spalt. Ab 1511 sollte sich die Stadt Altenburg untrennbar
mit seinem Lebensweg verknüpfen. Spalatin, enger Vertrauter des
sächsischen Kurfürsten Friedrich III., setzte sich mit großem diplomatischem Geschick für seinen Freund Martin Luther und dessen reformatorisches Wirken ein. Zu seinen geheimen Missionen gehörte auch die
Verbringung Luthers auf die Wartburg. 1525 übernahm Spalatin das
Amt des Pfarrers an der Altenburger Stadtkirche St. Bartholomäi, um
drei Jahre später auch als Superintendent und Visitator tätig zu werden.
weimar stadtkirche
Der Gothaer Erlebnisrundgang
führt auch über den historischen
Marktplatz mit Rathaus
altenburg
brüderkirche
bis 30.06.2015
schmalkalden
museum schloss
wilhelmsburg
Leben und Sterben im Dreißigjährigen Krieg
Sonderausstellung
28.03. / 23.05. / 03.10. /
19.12.2015
gotha
tourist-information
Erlebnisrundgang „Kirchenstadtführung mit Musik“
28
04.04./03.05./06.06./
14.11.2015
altenburg
tourismus-information
Öffentliche Stadtführung
„Georg Spalatin – Meine
Arbeitswege“
Altenburger Rundgang entlang
des innerstädtischen Lutherweges – vorbei an der St. Bartholomäikirche, dem Residenzschloss,
den Roten Spitzen, dem Rathaus
sowie der Brüderkirche
Start: 14 Uhr
weimar stadtkirche
gotha schloss
friedenstein
altenburg residenzschloss
Die Ausstellung zeigt originale Sachzeugen aus der Lebens- und Geistes­
welt Spalatins, beispielsweise einen Briefwechsel zwischen ihm und Luther
in dem es um die Übersetzung des
Johannes-Evangeliums geht. Den Alltag
des Reformators und seiner Familie
zeigt eine virtuelle Rekonstruktion des
Hauses, die auf der Grundlage von
unlängst gefundenen Inventarlisten
des Hausstandes basiert.
03.05.2015 altenburg st. bartholomäikirche
Wiedereröffnung der Dauerausstellung
„Georg Spalatin – Freiheit und Glauben“
St. Bartholomäi ist ein wahrhaftiger Ort der Reformation: Georg Spalatin,
der in den frühen Jahren der Reformation als vertrauter Ratgeber und
Sekretär des Kurfürsten von Sachsen wesentlich und effizient hinter den
Kulissen vermittelte, wirkte selbst 20 Jahre – bis zu seinem Tode 1545 –
in der Stadtkirche der Wettiner Residenz Altenburg. Von hier beeinflusste
er unermüdlich das Entstehen der neuen Landeskirche und setzte die
Reformation in Altenburg praktisch um. Die Dauerausstellung erklärt
die Kirche als geistlichen Ort für die Menschen von heute. Und sie bietet
einen weiten Blick über die Zeit Spalatins und die Reformationsgeschichte der Stadt.
www.lutherland-thueringen.de
29
VERANSTALTUNGEN 2015
Luthermonat November
24.09.2015 – 31.01.2016
nordhausen
flohburg – das nordhausen museum
31.10.
Lucas Cranach dem Jüngeren zum 500. Geburtstag
Sonderausstellung zum Epitaphgemälde für Bürgermeister Michael Meyenburg, den eine enge Freundschaft mit Luther und den
Cranachs verband
Das Ekhof-Theater auf Schloss
Friedenstein Gotha ist das älteste
barocke Theater der Welt mit
originaler Bühnentechnik aus
dem 17. Jahrhundert
21.06. – 16.08.2015
09.08.2015
Machtworte – Wortgewalt und Bilderwelten bei Luther
Die Ausstellung beleuchtet in Wort und Bild die Sprachgewalt des Reformators, die Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Hoch­sprache
hatte.
… Ein Besuch im Atelier – Lieder
und Arien über Cranachs liebste
Modelle
Konzert im Rahmen des EkhofFestivals 2015
jena stadtkirche
gotha ekhof-theater
Im Blickpunkt der Sonderausstellung steht das Epitaphgemälde
„Die Auferstehung des Lazarus“. Es wurde 1558 im Auftrag der Familie des verstorbenen Nordhäuser Bürgermeisters Michael Meyenburg
von Lucas Cranach d. J. geschaffen. Seinen Platz fand es in der evangelischen St.-Blasii-Kirche. Bereits 1937 ließen Nachkommen des
über die Stadt hinaus bekannten Bürgermeisters von dem Dresdner
Künstler Robert Häusler eine Kopie des großformatigen Gemäldes
anfertigen. Ein aus heutiger Sicht glückvoller Auftrag, da das Original
in der Folge des Zweiten Weltkrieges verloren ging. Die Geschichte
des Verlustes dokumentiert die Ausstellung mit. Das Besondere an
dem Ölgemälde ist die darauf verewigte Gruppe von Reformatoren
wie Martin Luther, Johannes Bugenhagen, Erasmus von Rotterdam,
Justus Jonas, Caspar Cruciger und Philipp Melanchthon.
eisenach wartburg
Eröffnung Thüringer Lutherweg
09.05. – 10.05.2015
mühlhausen
12. Bauernkriegsspektakel
Historienschauspiel mit Mittel­
altermarkt
erfurt angermuseum/dom
Kontroverse und Kompromiss. Der Pfeilerbildzyklus des Mariendoms
Die ab 1506 entstandenen Pfeilerbilder zeigen überwiegend Themen,
die in der katholischen Tradition Bedeutung haben. Sie sind wichtiges
Zeugnis für die theologischen Kontroversen der Lutherzeit. Die Ausstellung wird diese Bilder im Hinblick auf ihre theologischen, liturgischen,
kulturgeschichtlichen und stilistischen Bezüge deuten. Die Pfeilerbilder
sind im Dom zu sehen, während im Angermuseum Werke der eigenen
Sammlung sowie Leihgaben präsentiert werden.
14.06./27.09.2015
mühlhausen
tourist-information
Sonderführung „Turbulente
Zeiten nach dem Bauernkrieg“
Stadtführung mit einem Luther­
finder. Anmeldung erforderlich.
Erlebnisrundgänge
„Reformation hautnah“
möhra
Reformationsmarkt
altenburg
st. bartholomäikirche
altenburg
brüderkirche
03. – 15.11.2015
Ökumenischer Gottesdienst
im Freien
Luther-King-Bach-Jazz
29.08.2015
Lutherlauf von Altenburg
nach Borna
Einst lief Luther entlang dem
schmalen „ernestinischen“
Korridor nach Altenburg, um dort
seinem Freund Georg Spalatin zu
begegnen. Heute laufen begeisterte Sportler in Erinnerung an diese
Begebenheit, diesen 22 Kilometer
langen, historischen Weg. Jeder angemeldete Läufer erhält ein T-Shirt
mit der Aufschrift einer These.
Die Sonderausstellung präsentiert auch die wertvolle „Himmel­garten-/
St. Blasii Bibliothek“ – darunter 245 Inkunabeln und Drucke aus der
Zeit der Reformation. Dazu gehören Werke auch all jener Reformatoren,
die auf dem Epitaphgemälde zu sehen sind. Auf deren Biographie
verweist die Ausstellung mit mehreren Dokumenten.
gotha ekhof-theater
… nicht drehen und springenTanz und Lebensfreude zur Zeit
Lucas Cranachs
Konzert im Rahmen des EkhofFestivals 2015
01.08.2015 – 31.07.2016
schmalkalden
museum schloss
wilhelmsburg
Die Doppelehen des Landgrafen
Philipp von Hessen
Sonderausstellung
jena
nordhausen
bürgerhaus am markt
Festvortrag zum 450. Todestag
von Justus Jonas, Reformator
aus Nordhausen
Mit seinen beiden Kirchen ist der
Erfurter Domberg ein Wahrzeichen
der Stadt
altenburg
brüderkirche
Deutsches Requiem von
Johannes Brahms
10.11.2015
erfurt domplatz
Ökumenisches Martinsfest
Die traditionelle Martinsfeier
gilt sowohl dem Stadtpatron
Martin von Tours als auch
Martin Luther. U. a. erstrahlt
der Domplatz im Licht tausender Lampions.
26.09.2015
eisenach lutherhaus
Wiedereröffnung mit der neuen
Dauerausstellung „Luther und
die Bibel“
Nach fast zweijähriger Schließung
wird das Lutherhaus endlich
wiedereröffnet! Im Mittelpunkt
der neuen Dauerausstellung steht
Luthers Bibelübersetzung und
ihre kulturhistorische Wirkung auf
Musik, Literatur und Sprache.
Tagung in Jena – Zur Nachwirkung der Reformation im
zivilen Ungehorsam – eine
politisch-musikalische Aktualisierung
08.11.2015
Die Weimarer Kinderbibel.
Das Buch der Bücher aus der Sicht
von Kindern in Zusammenarbeit
mit der Literarischen Gesellschaft
Thüringen e.V.
Sonderausstellung
19.07.2015
Festgottesdienst
und Proklamation der
7. Altenburger These
03.10.2015 eisenach wartburg
sondershausen
thüringer landes­
musikakademie
30
gotha
06.09.2015-27.03.2016
18.06.2015
Tag der Musik
Chorfest der Thüringer Laien­chöre
mit Vertonungen von Luthertexten aus vier Jahrhunderten und
Chormusik des 17. Jahrhunderts
– Festtag mit Wandelkonzerten in
den Sälen der Akademie
Reformationsgottesdienst
08.10.2015
27.06. – 30.09.2015
04.05.2015
eisenach wartburg
eisenach lutherhaus
Sehenswert!
FLOHBURG I DAS NORDHAUSEN MUSEUM
Die moderne, multimediale Ausstellung im 2012 neu eröffneten Museum beginnt bei den Ursprüngen der Stadt im 8. Jahrhundert, beleuchtet die Zeit als
freie Reichsstadt bis hin zur jüngsten Geschichte der Wendezeit. Highlights
sind die historische Bohlenstube und der original erhaltene Tiefkeller.
Luthers Geburtstag
Traditionelles Museumsfest
mit Musik und kulinarischen
Genüssen
Mehr Infos und Termine unter
www.lutherland-thueringen.de
Barfüßerstraße 6, 99734 Nordhausen, Telefon 03631 4725680,
www.nordhausen.de
www.lutherland-thueringen.de
31
Luise Dorothea, Gemahlin
Herzog Friedrichs III. von
Sachsen–Gotha–Altenburg,
war eine große Anhängerin
der Aufklärung. Vom Gothaer
Hof aus korrespondierte
sie auch mit Friedrich dem
Großen und Voltaire
DIE ERNESTINER IN THÜRINGEN
Kidnapping, clevere
Hochzeiten und
Architektur vom Feinsten
Über 400 Jahre regierten Ernestiner in bis zu zehn Linien
und Residenzen weite Teile des heutigen Thüringen und
bestiegen selbst europäische Throne. Zu den Folgen ihrer
„Kleinstaaterei“ gehört auch, was Touristen aus aller Welt
begeistert: Schlösser und Parks, Kunstsammlungen, eine
einzigartige Musik-, Kunst-, Literatur- und Theaterlandschaft.
32
www.lutherland-thueringen.de
33
Von einem Brüsseler
Meister geschaffen und
in Gotha aufbewahrt:
Kurfürst Johann Friedrich I. beim Brettspiel
Barockes Universum
Gotha: Schloss
Friedenstein und das
Herzogliche Museum
inmitten weitläufiger
Parkanlagen bilden
ein einzigartiges
Ensemble
DAS LESEN,
RECHNEN,
SCHREIBEN
MACHT, DASS
MANCHER
WIRD GAR
HOCH GEACHT
Spruch auf einer
ernestinischen Kupfermünze
von 1621
34
A
uf dem hochgelegenen thüringischen
Schloss Altenburg ereignete sich in der
Nacht vom 7. zum 8. Juli 1455 etwas Ungeheuerliches. Der „Sächsische Bruderkrieg“,
in dem auch Ritter Kunz von Kaufungen
treu an der Seite des Kurfürsten gekämpft
hatte, war bereits einige Jahre vorbei. Der Ritter allerdings
hatte aus dieser Zeit dem Landesherrn gegenüber noch
eine Rechnung offen. Dieser jedoch zahlte nicht, sondern
vertröstete den Vasallen ein ums andere Mal. Da griff der
sich betrogen fühlende Mann in besagter Nacht zum letzten
Mittel. Der Zeitpunkt war trefflich gewählt: Der Hausherr war
in Leipzig und die meisten seiner dagebliebenen Hofleute
waren am Feiern. Von einem unzufriedenen Mann aus der
Hofküche ins Schloss eingelassen, entführte der Ritter die
schlafenden Söhne des Kurfürsten, die Prinzen Ernst und
Albrecht. Doch das Kidnapping flog auf, schon eine Woche
später starb der Ritter durch das Schwert des Henkers.
Drei Jahrzehnte später waren die entführten Knaben
von einst Regenten im Haus Wettin. Das Territorium dieses
großen Adelsgeschlechtes erstreckte sich grob umrissen
über jene Landesteile, die heute als Mitteldeutschland
bezeichnet werden. Kurfürst Ernst, der ältere der beiden
Brüder, setzte alsbald auf eine „Gebietsreform“. Eine aus
zwölf Blättern bestehende, in Pergament gebundene
Urkunde besiegelte diese „Leipziger Teilung von 1485“. Der
Vertrag hielt fest, welcher der beiden Brüder welchen Landstrich bekam. Seitdem sprechen die Geschichtsschreiber
von den Ernestinern, die zunächst in Wittenberg und später
in Weimar residierten, und von der albertinischen Linie mit
der Residenz Dresden. Weitere Landesteilungen folgten.
So entstand über die Jahrhunderte jener „bunte Fleckenteppich“ von Landkarte, der als „Kleinstaaterei“ ins Gerede
kam. Tatsächlich existierten auf dem Gebiet, das in etwa
mit dem heutigen Thüringen gleichzusetzen ist, mehr oder
weniger lang bis zu zehn ernestinische Nebenlinien samt
Residenzen. Dass diese Ländchen politisch bedeutungslos
waren, ist wahr. Ebenso wahr ist, dass der Wettbewerb der
Höfe untereinander eine Vielfalt und Fülle geistigen, künstlerischen und architektonischen Reichtums hervorbrachte.
Ernestinischer
Willkomm, um 1541
Diese einzigartige Entwicklung nimmt der Freistaat Thüringen zum Anlass für seine nächste Landesausstellung im
Jahr 2016. Deren Titel „Die Ernestiner. Eine Dynastie prägt
Europa“. Steckt hinter diesem Ausstellungsprojekt eine dem
medialen Zeitgeist geschuldete Übertreibung? Mitnichten!
Wer aber waren die Ernestiner? Wann und wo regierte
dieses über 1.000 Jahre existierende Adelsgeschlecht, wie
lebten die Untertanen? Drei außergewöhnlich handelnde
Persönlichkeiten der Dynastie mögen fürs Ganze stehen:
der in Gotha residierende, für sein Engagement in der
Bildung europaweit berühmt gewordene Herzog Ernst I.
(1601 bis 1675); der in Weimar residierende Großherzog
Carl Alexander (1818 bis 1901), zu dessen überragenden
Leistungen der Wiederaufbau der Wartburg gehörte, und
der in Meiningen residierende Herzog Georg II. (1826 bis
1914), der europäische Theatergeschichte schrieb.
Als Ernst I. das 1640 gebildete Herzogtum SachsenGotha übernahm, tobte noch der „Dreißigjährige Krieg“.
Bevor er nach Gotha kam, lebte der Mann 40 Jahre lang in
Weimar. Am dortigen Hof wurde er Mitglied der bis heute
hochgeschätzten „Fruchtbringenden Gesellschaft“, dort
gab er die von ihm privat mitfinanzierte, alsbald nach ihm
benannte „Ernestinische Bibel“ in Auftrag. Sie wurde zu
einem Deutsch-Lesebuch, was den Herzog auch zu einem
Wegbereiter für einen institutionalisierten Deutschunter-
Sehenswert!
SCHLOSS & SPIELKARTENMUSEUM ALTENBURG
Spannend und kontrastreich wirkt das Schloss – die einstige Residenz
der Wettiner Fürsten – auf Grund von 1.000 Jahren Baugeschichte. Das
Museum in der ehemaligen fürstlichen Residenz präsentiert herzogliche
Wohnkultur und Exponate der vielfältigen Sammlungen. In der „Skatstadt“
Altenburg sind darunter natürlich auch Spielkarten aus fünf Jahrhunderten
und von fünf Kontinenten zu sehen.
Schloss 2– 4, 04600 Altenburg, Telefon 03447 512712,
www.residenzschloss-altenburg.de
www.lutherland-thueringen.de
35
Das Stadtschloss Weimar
und seine Vorgängerbauten waren beinahe
450 Jahre Residenz
ernestinischer Herzöge
Verheiratet nach
ganz Europa
Ins fränkische Schloss Ehrenburg, das zum Herrschafts­
bereich des Hauses SachsenCoburg und Gotha gehörte,
war im April 1894 der gesamte
europäische Hochadel
eingeladen. Warum?
Ein Foto, auf dem auch der deutsche Kaiser Wilhelm II.
und der spätere Zar Nikolaus II. zu sehen sind,
dokumentiert den Anlass: die Hochzeit einer Enkelin
der englischen Königin Victoria. Franken, Thüringen,
Deutschland, Großbritannien, Irland, Russland –
lief da etwas aus dem familiären Ruder? Nein! Diese
Fürstenhochzeit belegte einmal mehr die raffiniert
eingefädelte Heiratspolitik der Ernestiner, dank der
Verbindungen zu Höfen in ganz Europa entstanden.
Initiatorin der wohl bis heute ebenso populären
wie spektakulären Verbandelungen war Herzogin
Auguste Caroline Sophie. Sie verheiratete ihre
Töchter Juliane nach Russland und Victoire nach England. Mehrfach gehörten Deutsche zum englischen
Königshaus. Der Ernestiner Prinz Albert – eine riesige
Veranstaltungshalle in London ist nach ihm benannt
– gehört dazu wie auch zahlreiche Nachkommen aus
seiner Ehe mit Königin Victoria. Zu den „Windsors“
wurde das britische Königshaus erst nach der
Umbenennung durch den Großvater der heutigen
Königin Elisabeth II. im Kriegsjahr 1917. Angehörige
ernestinischer Fürstenhäuser bestiegen durch Heirat,
Wahl oder Erbfolge auch Throne in weiteren Ländern,
so u. a. in Belgien, Portugal und Bulgarien.
Aus dem 2. Drittel des
17. Jahrhundert stammt
die von einem unbekannten Künstler geschaffene
Nautilusschnecke
Die Ernestiner waren
berühmt für ihre Kunstförderung. Das Neue
Museum Weimar entstand
bereits in der Mitte des
19. Jahrhunderts
Eine im europäischen Sinne nicht weniger spektakuläre Hochzeit wurde im November 1804 in Weimar 20
Tage lang gefeiert. Es war die Ehe zwischen Erbprinz
Carl Friedrich und der russischen Zarentochter Maria
Pawlowna. Nicht nur Friedrich Schiller nannte die
Pawlowna „eine unschätzbare Akquisition“. Die
Dame verfügte über politischen Einfluss, den auch
Napoleon respektierte, und über bedeutende Finanzmittel. Letztere ermöglichten Einiges von dem, womit
die Stadt der literarischen Klassik bis heute Touristen
zu begeistern weiß.
Diese Illustration
schuf Lucas Cranach
d. Ä. für eine in
Weimar aufbewahrte
Lutherbibel
36
richt machte. 1643 begann der letztlich elf Jahre währenden Bau des heutigen Schlosses Friedenstein, dessen
Name Programm ist. Um die verheerenden Auswirkungen
des Krieges zu dämpfen, förderte der Herzog besonders Bildung und christliche Lehre. So setzte er u.a. die allgemeine
Schulpflicht durch. Am Ende seiner 34-jährigen Regierungszeit machte ein geflügeltes Wort die Runde, wonach in Gotha
die Bauern gebildeter seien als anderswo die Edelleute.
Gleich, aus welchem Anlass man nach Eisenach geht, die
über der Stadt gelegene Wartburg ist ein Muss. Die Burg
war Zentrum hochmittelalterlichen Dichtens und Minnesangs, Wohnort der heiligen Elisabeth, bot dem verfolgten
Reformator Martin Luther ein sicheres Exil und sah mit dem
Wartburgfest der deutschen Burschenschaften den Morgen
einer freiheitlich-demokratischen Nation heraufdämmern.
Es war Großherzog Carl Alexander, der diese Bedeutung
der Burg seiner Ahnen aufgriff. Mit Idealismus und subtilem
Kunstverstand unternahm er es, dieses stolze Bauwerk
wieder aufzurichten. 1867 war es geschafft, Franz Liszt
dirigierte die Festmusik. Hätte der seit Kindheitstagen im
Hause Goethe ein- und ausgehende Regent nur die Rettung
der Burg vollbracht, es wäre des Verneigens mehr als wert.
In einem Brief aus seiner Feder findet sich auch dieser Satz:
„... und wenn sie überall in Deutschland untergingen, in
Weimar sollen die ererbten Schätze des Wissens und der
Kunst bewahrt bleiben.“ Touristen aus aller Welt erleben in
Thüringen, dass dieser Satz eherne Verpflichtung über die
Wartburg hinaus war.
Das war ein Skandal, als der bald 50-jährige Meininger
Herzog Georg II. in dritter Ehe Frau Helene Franz heiratete.
Zwar waren die vorherigen Gattinnen verstorben, aber
deren Nachfolgerin war ein gesellschaftlicher Affront: Die
Dame war keine Adlige, sondern eine Schauspielerin und
zudem fast 15 Jahre jünger. Kennengelernt hatte man sich
bei der Arbeit. Georg II. war von jungen Jahren an den Musen gegenüber besonders aufgeschlossen. Musik, Malerei,
Architektur, aber vor allem das Theater standen hoch in
seiner Gunst. Mit seiner letzten Ehefrau hatte er nicht nur
eine ihn liebende Partnerin gefunden, sondern eine kompetente Verbündete für sein großes reformerisches Werk
im Theater- und Konzertwesen. Das später in Europa sich
ausbreitende Regietheater und die heute so selbstverständliche Orchesterkultur, haben ihre Wurzeln in Meiningen und
in dieser Beziehung.
Auch nachdem Georg II. seine Angetraute in den Rang der
Freifrau von Heldburg erhoben hatte, blieben ihr Auftritte
auf der Bühne verwehrt. Hinter den Kulissen jedoch hatte
sie alle Freiheiten zum Aufbau eines Netzwerkes. Mit Erfolg.
Gäste- und Besuchslisten des Meininger Herzoghauses
lesen sich wie ein „Who is who“ der Musik, des Theaters
und der Literatur jener Zeit. Dass man sich hier wohl fühlte,
davon spricht etwa Richard Wagner mit diesen Bonmot:
„Es gibt viele Meinungen, aber nur ein Meiningen, es gibt
viele, die über mich herzogen, aber nur einen Herzog.“
Die Ernestiner sind Geschichte. Die Geschichte der Ernestiner
verspricht eine spannende Landesausstellung.
Mehr Infos unter www.ernestiner2016.de
www.lutherland-thueringen.de
37
VERANSTALTUNGEN 2016
Sehenswert!
THÜRINGER LANDESAUSSTELLUNG 2016
SCHLOSS FRIEDENSTEIN GOTHA
Die Ernestiner.
Eine Dynastie prägt Europa
Das von den Ernestinern gebaute Gothaer Schloss Friedenstein
erstrahlt übers ganze Jahr in besonderem Glanz. In Weimar zu sehen:
Himmelsglobus von 1699 (links)
Höfische Opulenz, barocke Prachtentfaltung sowie spannende Exkurse in Politik, Alltag, in die Künste
und aufblühenden Wissenschaften – all das verspricht Thüringens fünfte Landesausstellung. Vom
Frühjahr bis in den Hochsommer des Jahres 2016 sind die Besucher dazu an einzigartige originale
Schauplätze nach Gotha und Weimar eingeladen. www.ernestiner2016.de
Das Schloss verwahrt zahlreiche authentische Zeugnisse der Lutherzeit. Insbesondere die Einblattdruck- und
Flugblattsammlung Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha
stellt einen kultur- und kunstgeschichtlichen Schatz
von außergewöhnlicher Bedeutung dar. Die Forschungsbibliothek im Schloss verfügt über einen deutschlandweit einzigartigen Bestand an reformatorischen
Handschriften und alten Drucken, darunter zahlreiche
Originale aus Luthers Bestand.
Stiftung Schloss Friedenstein, 99867 Gotha, Telefon
03621 82340, www.stiftung-friedenstein.de
STADTSCHLOSS WEIMAR
Das an der Ilm gelegene Stadtschloss ist das bauliche
Resultat einer Entwicklung über ein halbes Jahrtausend.
Architektonische Glanzlichter sind das Treppenhaus
und der Festsaal. In der einstigen herzoglichen Residenz fand das Schlossmuseum prächtige Ausstellungsräume für die vom Mittelalter bis zur Moderne um 1900
reichenden Kunstsammlungen. Einer der Höhepunkte:
Die Cranach-Galerie mit weiteren Vertretern altdeutscher Malerei.
I
n den beiden Städten hatten die Fürstenhäuser
Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-GothaAltenburg und Sachsen-Coburg und Gotha ihren
Haupt- und Regierungssitz. Auf Schloss Friedenstein in Gotha und im benachbarten Herzoglichen
Museum sowie im Stadtschloss Weimar und im
dortigen Neuen Museum werden die Ernestiner als das
protestantische Fürstenhaus präsentiert, das Thüringen
zwischen Reformation und Revolution über Jahrhunderte
prägte. Garantieren schon die Ausstellungsstätten an sich
faszinierende Entdeckungen, erwarten den Besucher im
Inneren dieser Bauwerke attraktive Exponate aus über vier
Jahrhunderten thüringischer und europäischer Geschichte
und Kultur.
Die Gothaer Ausstellung konzentriert sich auf die Themen
„Die Ernestiner und das Land“, „Die Ernestiner und die
Familie“ sowie „Die Ernestiner und die Künste“. Nach dem
Verlust der Kurwürde 1547 waren die Ernestiner territorial
auf den mitteldeutschen Raum beschränkt und zeitweise in
bis zu zehn Nebenlinien aufgeteilt. Diese Kleinstaatlichkeit
hatte auch ihr Gutes: Neue Residenzen und Verwaltungsstrukturen brachten jene bauliche Vielfalt hervor, die
bis heute bewundert wird. Ein Ausstellungskapitel wirft
anhand einzelner Herzogtümer Blicke auf diese territorialen
Veränderungen. Ein anderes widmet sich beispielsweise
der Heiratspolitik der Dynastie, dank der diese im 19. Jahrhundert Verbindungen zu Fürstenhäusern in ganz Europa
knüpfte. Der dritte Teil thematisiert die künstlerische und
kulturelle Vernetzung der einzelnen Höfe miteinander.
Künstlerischer Austausch, Theaterkultur, neu entstehende
bedeutende museale Sammlungen und die Kontakte der
Ernestiner zu Malern, Komponisten und Bildhauern liefern
die Stichworte für gleichermaßen bildungsreiche wie unterhaltsame Entdeckungen.
Burgplatz 4, 99423 Weimar, Telefon 03643 545400,
www.klassik-stiftung.de
bene Wiederaufbau der Wartburg als Nationaldenkmal war
ein Bekenntnis der Ernestiner zu ihrer Rolle als Beschützer
des Protestantismus. Im Abschnitt „Reich und Nation“ wird
offenbar, wie der anhaltende Gegen­satz zum katholischhabsburgischen Reichsoberhaupt bis auf den Konflikt
zwischen Kurfürst Johann Friedrich und Karl V. im 16. Jahr­
hundert zurückgeht. Die Ernestiner sahen sich als Verteidiger der Freiheit der Reichsfürsten gegenüber der kaiserlichen
Zentralgewalt. Im Spannungsfeld zwischen den Mächten
Preußen und Österreich bestimmten sie die politische
Konstellation des Reichs und Europas mit. Sichtbar wird in
Weimar auch, dass die Förderung der Wissenschaften das
Selbstverständnis der Ernestiner wesentlich prägte.
24.04. – 28.08.2016
Lucas Cranach d. Ä.,
Sibylle von Cleve, 1526,
Klassik Stiftung Weimar
38
Die Ausstellung in Weimar vermittelt lebendige Eindrücke
zu Themen wie „Glaube“, „Reich und Nation“ sowie „Wissen­­
schaft“. Das Stadtschloss mit Schlosskapelle ist mit den
politischen Predigten Martin Luthers und der Etablierung
der neuen Konfession im Kurfürstentum Sachsen 1525 eng
verbunden. Auch der von hier aus im 19. Jahrhundert betrie-
gotha schloss friedenstein und
herzogliches museum
weimar stadtschloss und
neues museum weimar
THÜRINGER LANDESAUSSTELLUNG 2016
Die Ernestiner. Eine Dynastie prägt Europa
www.lutherland-thueringen.de
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VERANSTALTUNGEN 2016
Authentischer Luther­
ort und zuweilen auch
Spielstätte für große
reformatorische Klänge
ist die Georgkirche in
Eisenach
Sehenswert!
Zum Programm des
Heinrich-SchützHauses Bad Köstritz
gehören Sonderausstellungen, Konzerte
und Hausmusiken
THÜRINGER FREILICHTMUSEUM
HOHENFELDEN
In über 35 Gebäuden wird erlebbar, wie in Dörfern
Mittelthüringens einst gebaut, gelebt und gearbeitet
wurde. Unter dem aus dem 17. bis 20. Jahrhundert
stammenden – oft von anderen Orten auf spektakuläre
Weise hierher versetzten Bauwerken – befinden sich
Bauernhöfe, Werkstätten, Bienenhäuser, eine Schule,
eine Windmühle, eine Schmiede und ein Limonandenpavillon. Über die gesamte Saison wird zu interessanten Veranstaltungen und Ausstellungen geladen.
WEITERE
VERANSTALTUNGEN
2016
30.01. – 24.04.2016
bad köstritz heinrichschütz-haus
Nimm in dein Herz das Lutherwort
Martin Luther und Julius Sturm
(1816 – 1896)
Sonderausstellung
März – September 2016
hohenfelden thüringer freilichtmuseum
Dörfliche Pfarrer – streitbare Neuerer
Durch die Reformation wurde auch auf dem Land der alleinlebende
katholische Priester durch den im Familienverbund lebenden evangelischen Pfarrer ersetzt. Dieser musste natürlich zuallererst die neue Form
des Gottesdienstes zelebrieren und für die Verbreitung und Einhaltung
der evangelischen Glaubensgrundsätze sorgen. Neben ihren geistlichen Aufgaben wurden die Pfarrer aber auch in anderen Bereichen des
dörflichen Lebens aktiv. Sie waren lange Zeit die wichtigste moralische
Instanz im Ort und hatten die Oberaufsicht über die Schule. Sie kämpften um Neuerungen im Bereich der Landwirtschaft und betätigten sich
oft auch im Bereich der Heimatgeschichte, in dem sie z. B. Chroniken
schrieben oder heimatgeschichtliche Sammlungen anlegten.
In der Ausstellung wird der Beruf des evangelischen Pfarrers von der
Reformation bis heute mit all seinen Veränderungen beleuchtet. Das
Thüringer Freilichtmuseum Hohenfelden zeigt die Ausstellung am authentischen Ort, im ehemaligen Pfarrhaus von Hohenfelden. Einbezogen
wird auch die benachbarte evangelische Dorfkirche „Sankt Burkhardt“
von 1719/1812.
40
24.04. – 28.08.2016
30.04. – September 2016
Nicht ohne den Altenburger!
Bernhard August von Lindenau im
Dienst von Ernestiner und Albertiner Wettinern
Sonderausstellung
Dein Lied, o Luther, tönt wie
Meeresrauschen
Julius Sturm (1816 – 1896)
und die Musik
Sonderausstellung
Berlin zur Rolle des evangelischen
Pfarrhauses in der deutschen
Kulturgeschichte, ergänzt um
Originalexponate aus dem weltweit einzigartigen Evangelischen
Pfarrhausarchiv, das seit 2014
im Besitz der Stiftung Lutherhaus
Eisenach ist.
24.04. – 28.08.2016
06.05. – 08.05.2015
31.10. 2016 – 31.10.2017
1871 – Ernst I. baut ein Theater
Sonderausstellung
13. Bauernkriegsspektakel
Historienschauspiel mit Mittelaltermarkt
altenburg
lindenau-museum
altenburg
landestheater
bad köstritz
heinrich-schütz-haus
mühlhausen
30.04. – 31.07.2016
eisenach lutherhaus
Die Bibel in Bildern von Julius
Schnorr von Carolsfeld
Es sind die wohl bekanntesten
Bibelillustrationen der Welt:
Das Lutherhaus präsentiert die
Entstehung von Schnorr v. Carolsfelds „Bibel in Bildern“, zeigt die
kongeniale „Übersetzungsarbeit“
des Künstlers in das Medium Bild
und dokumentiert die internationale Wirkungsgeschichte dieses
einmaligen Bilderzyklus'.
mühlhausen müntzergedenkstätte st. marien
Luthers ungeliebte Brüder
Alternative Reformationskonzepte
in Thüringen
Sonderausstellung
04.05. – 31.10.2016
eisenach wartburg
10.11.2016
Luther und die deutsche
Sprache
Sonderausstellung
Ökumenisches Martinsfest
erfurt domplatz
November 2016 – Februar 2017
01.09. – 27.10.2016
bad frankenhausen
panorama museum
Leben nach Luther. Eine Kulturgeschichte des evangelischen
Pfarrhauses
Eine Wanderausstellung des Deutschen Historischen Museums
Ecce homo – Christusbilder der
Gegenwart
Sonderausstellung
eisenach lutherhaus
Im Dorfe 63, 99448 Hohenfelden, Telefon 036450
30285, www.freilichtmuseum-hohenfelden.de
PANORAMA MUSEUM
BAD FRANKENHAUSEN
Das Museum präsentiert eines der spektakulärsten
Projekte neuerer Kunstgeschichte, das von Werner Tübke
von 1983 – 1987 geschaffene Monumentalgemälde.
Das in seinen Dimensionen nahezu einmalige Bildwerk
beleben mehr als 3000 Einzelfiguren. In altmeisterlicher Formensprache werden Humanismus, Reformation
und Bauernkrieg, das Wirken Martin Luthers und Thomas
Müntzers im gegenseitigen Bezug aufeinander als
Teile eines umfassenden Erneuerungsprozesses, einer
grundlegenden Umwälzung in Kirche und Gesellschaft
sinnlich erlebbar.
Am Schlachtberg 9, 06567 Bad Frankenhausen,
Telefon 034671 6190, www.panorama-museum.de
HEINRICH-SCHÜTZ-HAUS
BAD KÖSTRITZ
Das Haus beherbergt eine Ausstellung zu Leben und
Werk von Heinrich Schütz (1585 –1672), dem neben
Johann Walter und Johann Sebastian Bach sicherlich
„protestantischsten“ Komponisten überhaupt. Der in
Motetten, Historien oder Psalmvertonungen umgesetzte Bibeltext ist klingende Textausdeutung. Dies ganz
im Sinne des Luther zugeschriebenen Spruches: „Wer
musiziert, betet doppelt“.
Heinrich-Schütz-Str. 1, 07586 Bad Köstritz,
Telefon 036605 2405, www.heinrich-schuetz-haus.de
www.lutherland-thueringen.de
41
Vom historischen Marktplatz Jena mit dem Denkmal für Johann Friedrich I.
in der Mitte, schweift der
Blick hinüber zum Turm der
Stadtkirche St. Michael
500 JAHRE REFORMATION
Widersprüche,
Dunkelmännerbriefe,
Thesen – die Zeit war reif
Dank Gutenbergs Erfindung verteilten sich Luthers 95 Thesen
„wie von Engelsflügeln getragen“ in ganz Deutschland. Das
kirchliche Establishment in Rom reagierte darauf „als sei der
Himmel eingestürzt“. Heute verbinden über 400 Millionen
Protestanten weltweit ihre geistig-religiöse Existenz mit dem
reformatorischen Geschehen.
42
www.lutherland-thueringen.de
43
Erstklassige Malereien:
Die sogenannte
„Himmelswiese“
begeistert beim Blick
an die Decke der Stadtkirche Saalfeld
W
ann und wo hat die friedliche
Revolution in der DDR begonnen?
Waren Auslöser die ersten Friedensgebete in den Kirchen? War es die
in der Öffentlichkeit immer stärker
wahrnehmbare Aktion „Schwerter zu
Pflugscharen“? Gaben die Leipziger Montagsdemonstrationen das entscheidende Signal für den nicht mehr aufhaltbaren gesellschaftlichen Umbruch? Ein jeder, der diesen
In vielen Orten Thüringens erinnern von Künstlern geschaffene
Denkmale an den Reformator Martin Luther
44
Umbruch miterlebte, wird seine Antworten auf Fragen wie
diese haben. Weithin unumstritten jedoch dürfte sein, dass
die Zeit dafür reif war.
Ohne Zweifel war auch für den nicht minder folgenreichen
Umbruch, der vor 500 Jahren deutsche Lande und Europa
veränderte, die Zeit reif. Fragen lässt sich aber auch
hier: Wann hat die Reformation begonnen? Löste sie der
vermeintliche Thesenanschlag
Martin Luthers an die Tür der
Wittenberger Schlosskirche aus?
Wann war vollzogen, was zu der
LUTHER HAT
bis heute wirksamen Spaltung in
ALS DER ERSTE UNSRER
die evangelisch-lutherische und
die römisch-katholische Kirche
ZEIT DAS UNKRAUT AUF
führte? Waren die Aktivisten
CHRISTI ACKER NICHT
jener Zeit allein mutige und kluge
Männer wie Martin Luther, Philipp
BLOSS GESEHEN,
Melanchthon, Georg Spalatin
SONDERN ZUGLEICH
oder Johann Bugenhagen? Wo
waren Dreh- und Angelpunkte
AUCH GEWAGT, MIT
des Geschehens?
TÜCHTIGER HAND ALLES
Seit der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts stand die Kirche
SCHÄDLICHE ZU JÄTEN.“
unter starker Kritik. TheologiEobanus Hessus, 1521
sche Aspekte, vor allem aber die
Anmaßung weltlicher Herrschaft
und das äußere Erscheinungsbild der Kirche, stießen auf
wachsenden Widerspruch. Von Humanisten wie Mutianus
Rufus oder Eoban Hessus in der Universitätsstadt Erfurt
verfasste „Dunkelmännerbriefe“ beispielsweise waren
Schriften dieser wachsenden Opposition. Dass diese und
andere Protestpapiere in bis dahin nicht gekannter Weise
Sehenswert!
THÜRINGER LANDESMUSEUM HEIDECKSBURG RUDOLSTADT
Das von dem weithin sichtbaren barocken Turm geprägte Bauensemble Residenzschloss
Heidecks­burg begeistert vor allem mit dem Heiterkeit verbreitenden, zwölf Meter hohen
Rokoko-Festsaal, in dem auch Friedrich Schiller zu Gast war. Neben Fest- und Wohnräumen
können u. a. die Gemälde- und Porzellangalerie und die Waffensammlung „Schwarzburger
Zeughaus“ besichtigt werden. In der grafischen Sammlung werden Holzschnitte der Reformationszeit, darunter Blätter Albrecht Dürers, bewahrt. Eine besondere Attraktion sind die
fantastischen Miniaturarchitekturen „Rococo en miniature“.
Schloßbezirk 1, 07407 Rudolstadt, Telefon 03672 42900, www.heidecksburg.de
publik werden konnten, war der Erfindung des Druckes mit
beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg um 1450
zu danken. Erst so konnten Flugschriften – meist versehen
mit erläuternden, nicht selten auch deftigen Zeichnungen
– zu den Kurznachrichten des Mittelalters werden. Erfurt,
wo Luther studierte und Mönch wurde, nahm dabei von Anbeginn eine bedeutende Rolle ein. Die Werkstätten hatten
sich in Nähe der Universität etabliert. Man darf sicher sein:
Ohne die einer Medienrevolution gleichkommenden Erfindung Gutenbergs hätten die in Wort und Bild gefassten Gedanken Luthers und seiner Verbündeten nicht die schnelle,
zuweilen tagesaktuelle Verbreitung, gefunden.
Ganz oben auf der Agenda der Unzufriedenheit stand
der Ablasshandel. Ausgehend vom Christus-Wort, dass
Petrus auf Erden und im Himmel „binden und lösen“ dürfe,
lehrte die Kirche, dass der Papst den Gläubigen einen Teil
der Strafen erlassen könne, die sie im Fegefeuer für ihre
Sünden abzubüßen haben. Voraussetzung dafür sei eine
„tätige Reue“ wie z. B. finanzieller Freikauf von Sünden. Dieser war im Spätmittelalter hemmungslos kommerzialisiert
worden. Der wohl bekannteste Ablassprediger hieß Johann
Tezel. Auf ihn, der mit eisenbeschlagenen und mehreren
Schlössern gesicherten Geldkästen durch die Lande zog,
geht dieser Spruch zurück: „Wenn das Geld im Kasten
klingt, die Seele aus dem Feuer springt“.
Für den Augustinereremiten und Theologieprofessor
Martin Luther war dieses Geschäft theologisch nicht länger
hinnehmbar. An der Universität suchte er das Gespräch
www.lutherland-thueringen.de
45
Sehenswert!
Das Schütz-Haus in
Bad Köstritz erinnert
mit einer Ausstellung
und Konzerten an Leben
und Werk des Komponisten Heinrich Schütz
(1585 – 1672)
KULTURHISTORISCHES MUSEUM
MÜHLHAUSEN
Das Museum befindet sich in einem erst jüngst
sanierten Neorenaissancebau. Präsentiert werden die
archäologischen Besonderheiten des Unstrut-HainichGebietes sowie die bewegte Kunst­geschichte Thüringens im 20. Jahrhundert. In der Planung befindet sich
außerdem eine große Ausstellung zur Geschichte und
Bedeutung der freien Reichsstadt Mühlhausen.
über seine Auffassung, wonach der Mensch allein über
den Glauben an Gott und die Liebe zu ihm, sein Seelenheil finden werde. 95 von ihm in diesem Geist formulierte
Thesen hatte er als Positionspapier für eine Diskussion
an seiner Universität verfasst. Ob nun per „medienträchtigen“ Anschlag an die Kirchentür am 31. Oktober 1517
oder auf anderem Wege: Die in lateinischer und deutscher
Sprache verfassten Thesen wurden öffentlich noch bevor
sie Gegenstand einer gelehrten inhaltlichen Auseinandersetzung gewesen sind. „Wie von Engelsflügeln getragen“
verbreiteten sie sich innerhalb von nur zwei Wochen in
ganz Deutschland.
Ein Exemplar gelangte natürlich nach Rom. Das dortige
kirchliche Establishment hatte die Sprengkraft darin sofort
erkannt und nach Luthers Worten darauf reagiert „als sei
der Himmel eingestürzt, der Erdkreis gebrandschatzt. Man
schickt mir eine Vorladung nach Rom und mächtig erhebt
sich das Papsttum gegen mich allein!“ Doch der 33-jährige
Mann blieb standhaft, widerrief trotz aller Androhungen
nicht. Und er blieb nicht allein. Vor allem in ernestinischen
Landen war die Reformation in Bewegung gekommen.
Kristanplatz 7, 99974 Mühlhausen
SANKT MARIEN –
MÜNTZERGEDENKSTÄTTE MÜHLHAUSEN
In der Kultur- und Stadtgeschichte hat „St. Marien“
stets eine wesentliche Rolle gespielt: Hier wurden
kaiserliche Rechts­entscheidungen verkündet, erklang
erstmals die Ratswahlkantate des jungen J. S. Bach,
hier predigte Thomas Müntzer. Die Kirche ist seit 1975
Müntzergedenkstätte, Ort musika­lischer Veranstaltungen, aber auch Stätte religiösen Lebens.
Bei der Marienkirche, 99974 Mühlhausen
Wie in jedem Umbruch, der große Teile der Gesellschaft
betrifft, lag auch in diesem von Anfang an ein Keim von
Schwärmerei und Radikalismus. Manche sahen die Chance
gekommen, alte Rechnungen zu begleichen. Anderen
gingen die Veränderungen nicht schnell und tief genug.
Thomas Müntzer und Andreas Karlstadt stehen namentlich
dafür. Glaubend, im Namen Gottes Recht zu tun, verließen
schließlich Abertausende den von Luther gewiesenen Weg
konsequenter, in jedem Fall aber friedlicher Umgestaltung.
BAUERNKRIEGSMUSEUM
KORNMARKTKIRCHE MÜHLHAUSEN
Der Innenraum der bereits 1802 profanierten Kirche
beherbergt eine Ausstellung, die über Verlauf, Höhepunkte und Nachwirkungen des Deutschen Bauernkrieges im Kontext der Zeit und als Bestandteil der
deutschen National­geschichte informiert.
NUR DEN EINEN FEHLER TADELN
ALLE AN IHM, DASS ER IM SCHELTEN
ETWAS ZU HEFTIG UND BEISSEND SEI.“
Petrus Mosellanus zu Melanchthon
über Luther
Am süddeutschen Horizont zogen Wolken militärischer
Auseinandersetzung auf, die als Deutscher Bauernkrieg
Geschichte wurden. Martin Luther sah solches u.a. nach
Pfaffenstürmen in Erfurt, Bilderstürmen in Wittenberg und
anderswo, kommen. Predigend suchte er dämpfenden
Einfluss zu nehmen. Auch mit Schriften wie „Treue Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und
Empörung“ mischte er sich ein. Gehör fand er kaum noch.
Brennpunkte der Erhebungen in Thüringen befanden sich in
den Gebieten von Eisenach, Arnstadt, Erfurt, Langensalza,
Nordhausen und Jena. Aber auch im Eichsfeld und dem
Vogtland gingen Klöster und Schlösser in Flammen auf.
In Arnstadt – hier die
aus dem 13. Jahrhundert stammende Oberkirche – war Luther als
Visitator eingesetzt
Kornmarkt, 99974 Mühlhausen
Mühlhäuser Museen, Telefon 03601 85660,
www.mhl-museen.de
Müntzer wurde zum
geistigen Führer
des radikalen
reformatorischen
Flügels. Das Mühlhäuser Denkmal
erinnert an ihn
46
47
WIE ICH DIE KIRCHE
ZURÜCKLASSE, SIEHT SIE NICHT
TRÜB UND TRAURIG AUS,
SONDERN SIE BLÜHT EMPOR,
WÄCHST VON TAG ZU TAG UNTER
DER HAND TREFFLICHER,
LAUTERER HIRTEN.“
Martin Luther drei Jahre vor seinem Tod
Auf einer Reise durch Thüringen im Frühjahr 1525 wurde
Luther selbst Zeuge eines solchen Aufruhrs. In geradezu
ohnmächtiger Wut darüber rief er die weltliche Obrigkeit
dazu auf, gegen „die räuberischen und mörderischen
Rotten der Bauern“ vorzugehen: „Liebe Herren, steche,
schlage, würge hier, wer da kann“. Ihr blutvolles Ende fand
die Auseinandersetzung beim thüringischen Frankenhausen. Auf dem Schlachtberg, wo seit Jahrzehnten ein begeisterndes Monumentalgemälde an die damaligen Vorgänge
erinnert, standen etwa 6.000 unter der Bundschuhfahne
kämpfende Bauern einer Überzahl besser ausgerüsteter
Soldaten der Fürsten und Herzöge chancenlos gegenüber.
Nach der Niederlage der Bauern und der Hinrichtung ihres
Anführers Thomas Müntzer in Mühlhausen, sah sich Luther
bei Freund und Feind heftiger Kritik ausgesetzt. Angenommen hat er diese nicht.
Das Werk der Reformation hatte vielerorts schon unumkehrbaren Einzug gehalten: Evangelisch gesinnte Prediger
Reformation und Bauernkrieg prägen
das Monumentalgemälde (Ausschnitt) im
Panorama Museum Bad Frankenhausen.
Porträts jener Epoche zeigt auch das
Kunsthaus Meyenburg Nordhausen
Sehenswert!
MUSEUM LEUCHTENBURG
400 Meter über dem Saaletal erhebt sich die Burganlage aus dem
12. Jahrhundert. In den Folgejahren der Reformation wurden hier
zahlreiche Prozesse gegen religiös Andersdenkende geführt. Im
Visier der Obrigkeit stand die Gruppe der Täufer (auch Wiedertäufer
genannt), deren Name sich von ihrer Ablehnung der Kindertaufen
und der dafür eingeführten Glaubenstaufe im Erwachsenenalter
ableitet. Für die Verhöre auf der Leuchtenburg wurde auch Phillipp
Melanchton persönlich hinzugezogen. Heute zeigt die Burg neben
ihrer Geschichte Porzellanwelten, die den traditionellen Thüringer
Werkstoff multimedial inszenieren und zum Erlebnis machen.
Dorfstraße 100, 07768 Seitenroda, Telefon 036424 71 33 00,
www.leuchtenburg.de
48
hielten den Gottesdienst in deutscher Sprache. Messen
nach altkirchlicher Ordnung wurden eingestellt, das
Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht. Zeitgleich häuften
sich Klosteraustritte, wurden Priesterehen geschlossen und
praktische Dinge wie kirchliche Grundstücksfragen lokal
neu geregelt.
Mit dem unter Luthers Mitwirkung geschlossenen Schmalkaldischen Bund hatten sich die Protestanten 1531 ein
Organ geschaffen, das sich als friedliche Gegenwehr zu dem
von Kaiser Karl V. und den katholischen Reichsständen ausgehenden politischen Druck auf die Protestanten verstand.
Es blieb nicht friedlich. Mit der Schlacht bei Mühlberg an der
Elbe 1547 endete die glanzvolle Rolle der Ernestiner in der
Reformationszeit. Durch die Niederlage war die Reformation
erneut gefährdet. Erst der auf dem Reichstag in Augsburg
1555 verkündete „Religionsfrieden“ stellte als Reichsgesetz
die Protestanten gleichberechtigt und auf Dauer neben die
katholischen Stände.
Martin Luther hat dies nicht erlebt, er ist fast ein Jahrzehnt
davor schon verstorben. Heute verbindet über 400 Millionen Protestanten ihre geistig-religiöse Existenz mit dem
reformatorischen Geschehen.
Mit handschriftlichen
Anmerkungen von
Martin Luther – diese
Bibel von 1541 ist
auf der Wartburg in
Eisenach zu sehen
Das Jubiläum 500 Jahre Reformation im Jahr 2017 zeigt
schon jetzt, wie groß das touristische Interesse weltweit
ist, in Thüringen auf eine ebenso spannende wie attraktive
reformatorische Spurensuche zu gehen.
Mehr Infos unter www.lutherland-thueringen.de
www.lutherland-thueringen.de
49
VERANSTALTUNGEN 2017
NATIONALE SONDERAUSSTELLUNG
Luther und die Deutschen
Vier nationale Sonderschauen in Torgau, Wittenberg, Berlin und Eisenach markieren Höhepunkte
auf dem Weg zum Jubiläum 500 Jahre Reformation. Die Wartburg-Besucher erwartet von Mai bis
November 2017 im Burghof, in der Torhalle, im Palas, in den Museumsräumen sowie in der Burgvogtei
eine ganz besondere, spannend inszenierte Ausstellung. www.lutherland-thueringen.de
D
ie Wartburg ist mit jährlich 350.000 Gästen die weltweit
meistbesuchte Luther­stätte. Mit der Burg bei Eisenach
sind Luthers beginnende Bibelübersetzung, die Ent­
wicklung der einheitlichen deutschen Sprache und
die erste bürgerlich-demokratische Kundgebung, das
Wartburgfest der deutschen Studenten, eng verknüpft.
Installationen und inszenierte Nachbauten sollen die Besucher bereits
im Burghof auf die Ausstellung einstimmen. Beim Durchschreiten der
mittleren Torhalle werden sie mit den Gegen­sätzen Rom und Wittenberg
Luther verbrennt die
Bannandrohungsbulle
Paul Thumann, 1872
Öl auf Leinwand
Wartburg-Stiftung,
Foto: Ulrich Kneise
Die Wartburg, seit 1999 Welterbe
der UNESCO, ist die wichtigste
Burg Deutschlands – und ein
Ort mit besonderer Ausstrahlung
und Würde
konfrontiert. Im Zentrum steht eine für beide Seiten unentbehr­liche
Druckerpresse, die die Vervielfältigung sowohl von Ablasszetteln als
auch von Thesen, Flugschriften und Bibeln überhaupt erst ermöglicht
hat. Auf dem Burghof wird der Nachbau eines Reisewagens nach einer
grafischen Darstellung der Entführung Luthers auf die Wartburg zu sehen
sein. In ihn können die Besucher einsteigen. Ein Wegweiser mit Entfernungsangaben zu den wichtigsten Luther-Orten ergänzt die Szenerie.
Vier große Nationale
Sonderausstellungen
Die eigentliche Ausstellung beginnt im Sockelgeschoss des Palas.
Zu Beginn werden Filmsequenzen gezeigt, die Interviews mit Menschen
auf der Straße und deren Reflexionen auf die Bedeutung Luthers bzw.
der Reformation für sie und für die heutige Zeit beinhalten. In einem
Einführungsteil werden der Begriff „Deutsche“ definiert, die gesellschaftliche Situation im Reich Anfang des 16. Jahrhunderts geschildert und die
Bedeutung der Wartburg für die Deutschen und für Luther dargelegt.
Auf diese Einführung folgen diese sieben Ausstel­lungskapitel: Freiheit
und Gehorsam, Bibelübersetzung und deutsche Sprache, Ehe und
Familie, Pfarrhaus, Erziehung und Bildung, Glaube und Standhaftigkeit,
Feindbilder sowie Reich und Nation. Die einzelnen Abteilungen eröffnen
Gemälde aus den ehemaligen Reformationszimmern der Wartburg, die
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Weimarer Kunstschule
entstanden. Ausgehend vom historischen Gesichtspunkt und von
Luthers Sicht und Haltung wird jeweils ein wirkungsgeschichtlicher
Bogen bis in die Gegenwart geschlagen. Die prägnantesten Erschei-
15.05. – 31.10.2015
an prominenten Standorten
sind Höhepunkt und Finale der
Reformationsdekade zugleich:
torgau schloss hartenfels
Luther und die Fürsten
12.04. – 05.11.2017
berlin martin-gropius-bau
Der Luthereffekt. 500 Jahre Reformation
13.04. – 16.07.2017
03.08. – 05.112017
wittenberg
augusteum / lutherhaus
nungsformen zum Thema werden veranschaulicht und in Bezug gesetzt
zu den Herausforderungen des modernen Menschen in einer globalen
Welt. Dadurch sind Entwicklungslinien und Effekte aufzuzeigen, die in
der lutherischen Reformation wurzeln und zu spezifisch „deutschen
Merkmalen“ stilisiert wurden. Dabei geht es nicht zuletzt darum, den
„Heroen“ Luther, den das 19. Jahrhundert erfunden und das 20. Jahrhundert gepflegt hat, vom Sockel zu holen und auf die Füße zu stellen.
Der letzte Ausstellungsabschnitt wird in der Burgvogtei mit ihrem
Zentralort Lutherstube zu sehen sein. Sein authentisches Domizil samt
damit verbundener Assoziationen wie Luthers Bibelübersetzung und
Tintenfasswurf, bildeten im großherzoglichen Denkmalkonzept Mitte
des 19. Jahrhunderts den Kern einer neuen Memorialstätte aus drei
Reformationszimmern, Luthergang, Lutherbibliothek, dem so genannten
Pirckheimer Stübchen und dem Nürnberger Erker. Die Vogtei beherbergte im großherzoglichen Restaurierungskonzept des 19. Jahrhunderts
ein „Denkmal der Reformation“, das anschaulich belegt werden soll. In
einem weiteren, neu eingerichteten Schauraum präsentiert sich die seit
Mitte der 1880er Jahre zusammengetragene Lutherbibliothek, die unter
anderem 871 Flugschriften der Reformationszeit enthält.
95 Schätze – 95 Menschen
04.05. – 05.11.2017
04.05. – 05.11.2017
eisenach wartburg
eisenach wartburg
täglich geöffnet
Luther und die Deutschen
50
www.luther2017.de
www.lutherland-thueringen.de
51
VERANSTALTUNGEN 2017
26.07. – 31.07.2017
WEITERE
VERANSTALTUNGEN
2017
eisenach
117. Deutscher Wandertag
ab 21.03.2017
eisenach bachhaus
29.09. – 15.10.2017
thüringen
Mystik, Pietismus, Orthodoxie: Bachs theologische Bibliothek.
Eröffnung des neuen Dauerausstellungsbereiches
Seit 2008 sammelt das Bachhaus Parallelausgaben der in Bachs Nachlassverzeichnis aufgeführten 52 Titel und 81 Bände theologischer Literatur. Zu Bachs privater Lektüre gehörten Bibelkommentare, zwei Luther-Gesamtausgaben sowie Luthers Psalmen-Kommentar, Schriften der älteren
lutherischen Orthodoxie etwa von Martin Chemnitz und Nikolaus Hunnius
– und, eher unerwartet, die spätmittelalterlichen Predigten des Kölner
Mystikers Johannes Tauler sowie vieles mehr. Im Jubiläumsjahr 2017 erhält
Bachs so originalgetreu wie möglich rekonstruierte „theologische Bibliothek“ einen eigenen Raum in der Dauerausstellung des Bachhauses: Hier
können Ausschnitte aus diesen Büchern angehört und Querverbindungen
vor allem zu Bachs Kantatenschaffen erforscht werden.
30.07. – 30.09.2017
eisenach
thüringer museum
Wanderlust
Eine Ausstellung zur Kultur­
geschichte des Wanderns
und Pilgerns anlässlich des
117. Deutschen Wandertages
Luthers Erben in Buchenwald
Sonderausstellung
01.05. – 05.11.2017
eisenach bachhaus
Das Bachhaus Eisenach
verfügt über eine bedeutende Sammlung an
Musikinstrumenten.
Einige der historischen
Exponate erklingen bis
heute in den täglichen
kleinen Konzerten
Musikalische Predigt – Bach und [Luthers] Theologie
In seinen Kantaten, Oratorien und Motetten tritt uns Bach nicht nur als
Komponist entgegen. So überzeugend ist die musikalische Wortausdeutung, so prägnant und phantasievoll die Verbindung von Wort und
Musik, mit so viel Kenntnisreichtum bringt Bach auch noch die verborgensten theologischen Schichten seiner Texte zum Klingen, dass der
schwedische Bischof Nathan Söderblom Bach sogar als „fünften Evangelisten“ bezeichnet hat. Die Quellen, aus denen Bach und seine Librettisten schöpften, reichen dabei bis zurück zur spätmittelalterlichen Mystik
– etwa in Bachs Choralkantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (BWV
140). In der Ausstellung des Bachhauses zum Reformationsjubiläum
wird diese geistliche Tonsprache Bachs, seine „musikalische Predigt“,
anhand ausgewählter Kantaten und Chorwerke anschaulich gemacht.
Die Freie Reichsstadt
Nordhausen und die Reformation
Sonderausstellung
Thüringen – Lutherland und Erinnerungsraum der Reformation
Die Ausstellung präsentiert Thüringen als Kernland und zentralen
Erinnerungsraum der Reformation
in der Frühen Neuzeit. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf dem
1640 gegründeten Herzogtum
Sachsen – Gotha – Altenburg, das
als Sachwalter des orthodoxen
Luthertums einen bedeutenden
Beitrag zur Kulturgeschichte des
Protestantismus leistete.
nordhausen flohburg i
das nordhausen museum
52
erfurt domplatz
Ökumenisches Martinsfest
jena stadtmuseum
weimar gedenkstätte buchenwald
Frühjahr 2017
10.11.2017
31.10.2017 – 28.01.2018
11.04. – Oktober 2017
11.05. – 05.11.2017
Güldener Herbst
Festival Alter Musik
Motto „Reformation und Musik“,
Gedenken an den 250. Todestag
Georg Philipp Telemanns
Johann Friedrich. Ein Glaubenskämpfer in der Gefangenschaft
Kurfürst Johann Friedrich I. war Förderer und Gönner Luthers. In der
Erinnerungskultur ist der auch als „Gründer“ der Jenaer Universität geltende Herrscher bis heute von der zeitgenössischen Selbstinszenierung,
von der idealisierenden Perspektive der ernestinischen Geschichtsschreibung und der Instrumentalisierung in den Reformationsfeiern im
19. Jahrhundert stammen. Die am Reformationstag 2017 öffnende, vierdimensional konzipierte Ausstellung „Johann Friedrich. Ein Glaubens­
kämpfer in der Gefangenschaft“, bürstet diese Projektionen gegen den
Strich. Eine Neulektüre von Archivbeständen, seines Briefwechsels, der
Geschichte des Schlosses Wolfersdorf und der „älteren“ Geschichtsschreibung zum Thema. bildet dafür die Grundlage. Nacherlebbar wird
u.a. dargestellt, dass Johann Friedrich selbst als Gefangener die reformatorischen Veränderungen in entscheidendem Maße prägte.
Sehenswert!
BACHHAUS EISENACH
gotha
forschungsbibliothek
Mai – Oktober 2017
eisenach lutherhaus
Ketzer, Spalter, Kirchenlehrer –
Luther aus katholischer Sicht 1517–2017
Das Reformationsjubiläum wird 2017 nicht als protestantisches Jubelfest begangen, sondern in ökumenischer Gemeinsamkeit. Die Ausstellung zeigt, wie sich der katholische Blick auf Luther in den 500 Jahren
seit 1517 verändert hat, welche Faktoren dafür verantwortlich waren
und wie die Reformation heute gemeinsam begangen werden kann.
Ohne Luther kein Bach. Luthers Kirchenlieder und
Psalmvertonungen transportieren nicht nur seine
theologischen Einsichten, sie machten zugleich die
Reformation als „Singebewegung“ beim Volk populär. 200 Jahre später hatte sich aus diesen Anfängen
eine reiche Musiktradition entwickelt, die mit ihren
Schulchören, Organisten, städtischen und höfischen
Orchestern, mit ihren Motetten, Kirchenstücken
und ersten „Kantaten“ die Voraussetzung für Bachs
Schaffen und seinen Erfolg bildete. An kirchenmusikalischen Stationen Bachs in Arnstadt, Mühlhausen,
Weimar und Leipzig entstanden Werke wie Bachs
Orgelpräludien, Toccaten und Fugen, seine Kantaten,
Passionen und Oratorien, die heute geradezu zum
Inbegriff protestantischer Kirchenmusik geworden
sind. Die Entstehung und Wirkungsgeschichte vieler
dieser Bach-Werke wird im Bach-Museum in Bachs
Geburtsstadt in einer modernen Ausstellung und
stündlichen Live-Konzerten lebendig.
Frauenplan 21, 99817 Eisenach,
Telefon 03691 79340, www.bachhaus.de
STADTMUSEUM
JENA
Über alle Etagen führend,
zeigt im Treppenhaus ein
Zeit­strahl die inhaltliche
und zeitliche Spannbreite des Hauses
an: Sie reicht von der
Ur- und Frühzeit über
die Ersterwähnung
um 1145 bis in die
Mitte des 19. Jahr­hundert. Aus den
umfangreichen Sammlungen zur Stadt- und Universitätsgeschichte ragen etwa die „Jenaer Lutherbibel“,
die sogar erfolgreicher war als diejenige aus Witten­
berg, und die Jenaer „Wartburgfahne“ von 1816
heraus. Auf dieser Fahne sind die deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold erstmals vereint.
Markt 7, 07743 Jena, Telefon 03641 498250,
www.stadtmuseum-jena.de
www.lutherland-thueringen.de
53
THÜRINGER LUTHERWEG
Über 1.000 Kilometer
in den Fußstapfen
Martin Luthers
Der Lutherweg verspricht berührende und erlebnisreiche
Begegnungen mit dem Reformator und den faszinierenden
Stätten der Reformation in Thüringen.
54
www.lutherland-thueringen.de
55
I
n Martin Luthers Fußstapfen auf über 1.000 Kilo­
metern durch Thüringen wandern oder pilgern:
Der mit einem grünen „L“ auf weißem Grund markierte Lutherweg macht es möglich. Eingebettet
in abwechslungsreiche Landschaften führt er zu
bedeutenden Stätten der Reformation und weiteren
faszinierenden Sehenswürdigkeiten. Die Aufteilung in
geografisch hergeleitete Routen kommt der Planung für die
Fußreise durch das Lutherland Thüringen entgegen.
Erfurt ist nicht nur Landeshauptstadt und geografische
Mitte Thüringens, sondern auch ein in jede Himmelsrichtung wunderbar geeigneter Ausgangspunkt für den Lutherweg. In der Stadt liegen die Wurzeln von Luthers Theologie
und der Reformation. Die innerstädtische „Ökumenische
Luther-Meile“ verbindet die authenti­schen Luther- und
Reformationsorte. Das auch als Filmkulisse bekannte
Augustinerkloster mit seiner Kirche und der nahe gelegenen Georgenburse, das einzig­artige Bauensemble von
Mariendom und St. Severi oder das Collegium maius der
Alten Universität mit der gegenüber liegenden Michaeliskirche sind ein Muss für alle, die Erfurt auf Luthers Spuren
erkunden.
Weimar, Jena und Altenburg sind besondere Anlaufpunkte, wenn man den Lutherweg von Erfurt aus Richtung Osten folgt. Ein für weite Blicke ins Land offenes, sanftes Auf und Ab führt nach Weimar, wo sich Luther mit den
Großen seiner Zeit beriet und predigte. In der Stadt- oder
Herderkirche sieht man auf dem von Cranach und seinem
Sohn gemalten Altarbild auch Luther. Wichtigster Lutherort
ist auch in Jena die Stadtkirche. Hier wird die für Luthers
Die St. Bartholomäikirche
Altenburg, ausgezeichnet
mit dem Europäischen
Kulturerbe-Siegel, ist Teil des
innerstädtischen Lutherwegs
„Auf Spalatins Arbeitswegen“
letzte Ruhestätte in Wittenberg geschaffenen Grabplatte
präsentiert. Weiter Richtung Osten folgt mit Altenburg ein
weiterer Höhepunkt: In der Stadt war Georg Spalatin, der
wohl einflussreichste Fürsprecher der Lutherischen Sache
am kurfürstlichen Hofe, seit 1525 Superintendent. Fündig
wird der Spurensucher in mehreren Kirchen der Stadt.
Arnstadt, Heldburg und Coburg empfehlen sich
als Stopps für jene, die Erfurt südlich verlassen. Schon
als Visitator lernte Luther Arnstadt kennen. Im Schloss
Neideck und der als Oberkirche benannten einstigen
Klosterkirche machte er auch später Station. Vorbei an der
eindrucksvollen Ruine des Klosters Paulinzella, an Burgen
und Schlössern, passiert der Wanderer das romantische
Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald. Die Heldburg
sowie die Veste Coburg, auf der Luther wochenlang inkognito Quartier machen musste, markieren die Höhepunkte
an diesem Abschnitt des Lutherweges.
Gotha, Tambach-Dietharz, Schmalkalden,
Möhra und die Wartburg bei Eisenach sind
Der Lutherstein bei Stotternheim markiert den Ort, an dem
Luthers Weg zum Reformator
begann
Highlights auf dem Lutherweg gen Westthüringen. Im heute
für jedermann offenen Augustinerkloster Gotha war Luther
mehrfach zu Gast. In direkter Nachbarschaft wohnte der
Reformator Friedrich Myconius. Das Schloss verwahrt herausragende Handschriften und Drucke aus der Lutherzeit.
In dem am Rennsteig liegenden Ort Tambach erfuhr der
kranke Luther das „Wunder der Heilung“. Über die Höhen
des Thüringer Waldes erreicht der Lutherweg den Reformationsort schlechthin: Schmalkalden. Von hier geht es nach
Steinbach, in dessen waldreicher Flur Luther „gefangengenommen“ wurde und nach Möhra, den Stammort seiner
Familie. Keine Stadt kennt mich so gut wie diese, sagte
Martin Luther von Eisenach, wo er zur Schule ging, predigte
und auf der nahen Wartburg als „Junker Jörg“ das Neue
Testament übersetzte.
Stotternheim, Bad Frankenhausen und
Nordhausen passiert man auf dem Lutherweg in Rich-
Natur trifft Kultur: der
Lutherweg verbindet die
Höhen des Thüringer Waldes
mit historisch bedeutsamen
Städten wie Schmalkalden
56
tung Nordthüringen. Im Erfurter Ortsteil Stotternheim erinnert ein mächtiger Stein an jenes legendäre Gewitter, das
Luther zum Mönchtum brachte. Über Bad Frankenhausen
– das berühmte Kyffhäuser-Denkmal in Sichtweite – erhebt
sich das Panorama Museum. Der Rundbau steht auf jenem
Areal, auf welchem im Mai 1525 die von Thomas Müntzer
geführten Bauern einer Übermacht fürstlicher Heere unterlagen. Auch vom Bauernkrieg erzählt das Monumentalgemälde im Inneren des Panorama Museums. Das riesige
Bildwerk beleben mehr als 3.000 Einzelfiguren - darunter
auch Martin Luther. In Nordhausen – die wanderbaren
Berge des Südharzes grüßen – sind die Kirche St. Blasii
und das nach dem Luther-Freund Meyenburg benannte
Kunsthaus besuchenswerte Luther-Orte.
Veste Heldburg
Rast am Lutherbrunnen bei TambachDietharz
Der mitteldeutsche Lutherweg
verknüpft auf insgesamt 1.970 Kilometern Lutherorte und Reformationsstätten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Magdeburg
S E N C H
T
S A H A L
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A
T H Ü
R I
N G
E N
Dresden
Erfurt
C H
S A
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Kooperationsprojekt von Thüringer Tourismus GmbH, Thüringer Museumsverband e. V.
und dem Lutherbeauftragten des Freistaates:
+49 (0) 3 61 - 3 74 20
Mo–Fr 9–19 Uhr, Sa und So 10–16 Uhr
Thüringer Tourismus GmbH
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99084 Erfurt
Fax: +49 (0) 3 61 - 3 74 23 88
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Landesregierung, Dr. Thomas A. Seidel
Telefon 03 61 – 3 79 48 74
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reformationsjubilaeum/index.aspx
IMPRESSUM
Herausgeber: Thüringer Tourismus GmbH Erfurt, Museums­verband ­Thüringen e. V.
Gestaltung: Maja Schollmeyer – Visuelle Kommunikation Text: Heinz Stade Fotos: Archive der Thüringer Tourismus GmbH,
Thüringer Städte und Museen, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Wartburg Stiftung Eisenach, Klassik Stiftung Weimar;
Cross Media Redaktion GmbH: Andreas Weise, Jessica Mintelowsky, Sven Henig, Christiane Würtenberger; Jens Hauspurg,
Toma Babovic, Roland Wehking, Danilo Schollmeyer, Constantin Beyer, Ronald Bellstedt, Maik Schuck, Hans- P. Szyszka,
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Die Erstellung der Broschüre wurde gefördert von Thüringer ­Ministerien für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Medien
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* gültig an den der ersten Nutzung folgenden 24 Stunden; ** gültig an 3 bzw. 6 frei
wählbaren Tagen im Zeitraum 01.01. bis 31.12. Achtung: Der Tag gilt jeweils von der
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