Verkehrsreport 2015-1 - Fachbereich Verkehr

Wir bewegen was
01 2015
VERKEHRS REPORT
L U F T V E R K E H R • S C H I F F FA H R T • S C H I E N E N V E R K E H R • Ö P N V • H Ä F E N
Deutsche
Hafenwirtschaft
im Umbruch
MEINUNG
Gesundbleiben im ÖPNV
Keine Frage, das Arbeiten in ÖPNVUnternehmen ist anstrengend.
Dennoch lässt sich über Vorsorge
und entsprechende Gestaltung der
Arbeitsbedingungen vieles tun, um
im Job gesund zu bleiben. Mit dem
Verkehrsreport sprach Dr. Manuela
Huetten, leitende Betriebsärztin
bei den Berliner Verkehrsbetrieben,
über ihren Alltag und neue Präventionsansätze. Seite 2
ÖPNV
Arbeitszeit von
Schulbusfahrern
Wie andere Firmen der Branche
geht das bundesweit aktive Unternehmen „Schulbusse Sonnenschein“ davon aus, dass die Arbeitszeit von Fahrern und Begleitern
mit dem ersten Fahrgast beginnt
und mit dem letzten endet. Dies
sieht ver.di anders. Ein Prozess in
Bielefeld soll Klarheit bringen.
Seite 3
LUFTVERKEHR
Gewerkschaft am
Flughafen München
Gewerkschaftliche Strategien für Automation und demografischen Wandel
Die nationale, europäische und internationale Hafenwirtschaft befindet
sich in einem rasanten Veränderungsprozess: Der technische Fortschritt
und die daraus resultierenden Automatisierungsprozesse wirken sich auf
die gewerblich geprägten Arbeitsplätze gravierend aus. Die vollautomatischen und selbstfahrenden Schwerlastfahrzeuge (Automated Guided
Vehicle, kurz AGV) zum Containertransport sind dafür nur ein Beispiel.
Mit den neuen Anforderungen ändert
sich auch die Beschäftigtenstruktur
der Kolleginnen und Kollegen.
Die Beschäftigungsstruktur in den
d­eutschen Seehäfen war jahrzehntelang
geprägt von einem hohen Anteil gewerb­
licher Beschäftigter, die in den unterschiedlichsten Bereichen der Hafenwirtschaft
ihren Lebensunterhalt verdienten. Die
­
Hafen­arbeiter haben gemeinsam mit ihren
Gewerkschaften – zunächst der ÖTV und
später ver.di – in den Häfen immer eine
im Vergleich zu anderen Branchen außer­
ordentlich erfolgreiche Tarifpolitik betrieben. Grund dafür war und ist die hohe
­Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen,
sich gewerkschaftlich zusammenzuschließen. Die Docker bilden damit eine Massen­
bewegung, die gegenüber den Kapital­
interessen der Arbeitgeber für höhere
Löhne, sichere Beschäftigungsverhältnisse
und eine Mitbestimmung auf Augenhöhe
eintritt.
Im Angestelltenbereich ist der Organi­
sationsgrad hingegen vergleichsweise
­gering; bei der gewerkschaftlichen Verankerung ist deutlich Luft nach oben. Dieser
Nachholbedarf wurde in jüngster Vergangenheit erkannt, erste „Organizing-Projekte“ brachten Mitgliederzuwächse. „Diese
positiven Ansätze müssen jedoch deutlich
ausgebaut werden. Als gutes Beispiel
für eine solche berufsgruppenübergreifende Solidarität ist die ITF-Billigflaggen­kam­
pagne zu nennen, bei der erfolgreich gewerkschaftlicher Druck organisiert wird“,
erklärt Christine Behle, ver.di-Bundesfachbereichsleiterin Verkehr.
Auf bestehenden Terminals wird die
­Einführung neuer Techniken zum Abbau
von gewerblichen Arbeitsplätzen führen.
Für die Gewerkschaft gilt es, die Betroffenen zu schützen, den Abbau sozialverträglich zu gestalten und neue Arbeitsplätze
zu schaffen – nicht nur auf nationaler,
­sondern auch auf europäischer und internationaler Ebene.
Neben der Automatisierung macht auch
die Alterung der Bevölkerung – der viel
z­itierte demografische Wandel – vor den
Belegschaften in den Häfen nicht halt.
Durch die hohen physischen und psychischen Belastungen wirkt er sich dort sogar
noch schärfer aus: Von den Belegschaften
wird eine immer größere Flexibilität erwartet. So führt etwa der rasante Konzentrationsprozess am Schifffahrtsmarkt dazu,
dass immer größer werdende Megafrachter
in die Häfen einlaufen, deren Ladung
schnell gelöscht werden muss. Für die
Beschäftigten entstehen massive „Peak­
Situationen“.
Die geschilderte Situation veranlasste
die Bundesfachgruppe Häfen, im Februar
den Antrag „Die deutsche Hafenwirtschaft
im Wandel“ an die Bundesfachbereichskonferenz zu formulieren: Darin fordert
sie dazu auf, mit allen Mitteln geeignete
gewerkschaftliche Strategien zu entwickeln, mit denen der fortschreitenden
Automation in den deutschen Seehäfen
­
begegnet werden kann – damit ver.di auch
in Zukunft ihre gewerkschaftliche Stärke
behaupten und eine gute Tarifpolitik für
und mit den Mitgliedern gestalten kann!
Außerdem soll sich der Fachbereichsvorstand dafür engagieren, der steigenden
physischen und psychischen Belastung und
den Anforderungen aus dem demografischen Wandel in den deutschen Seehäfen
mit profunden tarifpolitischen Maßnahmen
zu begegnen. „In enger Rückkoppelung
mit unseren Mitgliedern wollen wir altersund alternsgerechte Arbeitsbedingungen
schaffen. Sie sollen den Ansprüchen der
Beschäftigten in allen Lebensphasen – vom
Einstieg ins Berufsleben bis zum Aus­
scheiden – gerecht werden“, so Behle. In
den Prozess werde man relevante arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse einfließen
lassen.
Der Leitantrag soll in ver.di eine Dis­
kussion über notwendige gewerkschaft­
liche Antworten, Strategien und Handlungsoptionen für die Häfen anstoßen. „Es
gilt, über eine zukunftsgerichtete Gesellschafts-, Arbeitsmarkt-, Arbeitszeit- und
Tarifpolitik nachzudenken und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen“, betont
Behle.
Gleichzeitig müsse man neue Organisierungsstrategien im Bereich der technischen
und kaufmännischen Angestellten entwickeln, um trotz des Rückgangs gewerb­
licher Beschäftigung die gewerkschaftliche
Stärke für die Zukunft zu sichern. „Die Zeit
ist gekommen, die betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung zu sichern.
Dafür wird sich ver.di in einigen Bereichen
neu aufstellen müssen“, so die FachbeUCB
reichsleiterin.
ÖPNV
Brandenburger Busse blieben im Depot
Erfolgreiche Warnstreiks mit großer Beteiligung
Fast alle Räder standen still: Im Laufe
der letzten Februarwoche kam es in
etlichen Brandenburger Nahverkehrsbetrieben zu Warnstreiks. Nacheinander hatte ver.di Verkehrsbetriebe in allen Landesteilen ins Visier
genommen. „Das war der umfangreichste und bedeutendste Warnstreik in dieser Branche seit über 20
Jahren in Brandenburg“, freut sich
Verhandlungsführer Marco Pavlik.
„Wir haben elf von vierzehn Landkreisen und alle kreisfreien Städte
bestreikt.“ Außen vor blieben lediglich die Landkreise Teltow-Fläming,
Ostprignitz-Ruppin und die Prignitz.
Die Betriebe waren in der Regel fast
zwölf Stunden lahmgelegt, jeweils vom
Dienstbeginn bis zum frühen Nachmittag.
„So etwas hat es noch nicht gegeben“,
sagt Pavlik. Sehr angetan ist er von der
­großen Resonanz: „Die Kolleginnen und
Kollegen, die berechtigt auch einen Lohnzuwachs erwarten, beteiligten sich zu 100
Prozent am Warnstreik.“
Dem Streik vorausgegangen war eine
erste ergebnislose Verhandlungsrunde am
20. Februar. „Wir fordern für alle Mitarbeiter pauschal 120 Euro pro Monat mehr“,
so Pavlik. Aus gutem Grund: Die Gewerkschafter wollen vermeiden, dass die Schere
in der Tabelle weiter auseinandergeht. Im
Fahrdienst würden die 120 Euro für Einsteiger einem Plus von etwa 6,6 Prozent
entsprechen, Altbeschäftigte in der Entgeltgruppe 6 erhielten immerhin noch 5,3
Prozent mehr.
Am 16. März startet die zweite Verhandlungsrunde, bis dahin herrscht erst mal
Ruhe. Alles weitere hängt davon ab, was
dann auf den Tisch kommt. Weitere Warnstreiks ausschließen will Pavlik nicht. UCB
FOTO: ver.di
Viele ver.di-Mitglieder, die am Flughafen München beschäftigt sind,
wissen gar nicht, dass es dort ein
eigenes Flughafen-Büro gibt. Der
Verkehrsreport stellt die Mitarbeiter und einige wichtige Unternehmen vor.
Seite 5
HÄFEN
Laschen ist Hafenarbeit!
Das Laschen und Entlaschen von
Containern, Autos etc. gehört traditionell zu den Tätigkeiten der
Hafenarbeiter. Das besagt auch die
sogenannte Docker-Klausel. Weil
in letzter Zeit immer häufiger von
Seeleuten verlangt wird, dass
sie diese Arbeit tun, startet eine
gewerkschaftliche Kampagne. Seite 6
JUGEND
Streikrecht für Azubis?
FOTO: ver.di
In Tarifrunden geht es oft auch um
wichtige Veränderungen für Auszubildende. Über die Frage, ob sie
sich auch an Streiks beteiligen dürfen, um berechtigten Forderungen
Nachdruck zu verleihen, herrscht
jedoch viel Unwissenheit. Der Verkehrsreport gibt einen Überblick. Seite 7
PANORAMA
Equal Pay Day 2015
Nach wie vor verdienen Frauen für
die gleiche Arbeit deutlich weniger
als Männer – derzeit rund 22 Prozent. Eine wichtige Voraussetzung,
um diese Strukturen zu ändern,
ist Transparenz über die in den Unternehmen herrschenden Gehaltsstrukturen.
Seite 8
2
MEINUNG
FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2015
EDITORIAL
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Selbstfahrende Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen ohne Fahrpersonal bewegen
sich – praktisch wie von Geisterhand gelenkt – auf unseren Straßen oder auf der
Schiene, bringen uns von unseren Wohnorten zu unseren Arbeitsplätzen und sichern
unsere Mobilität in den Städten und Regionen auch in der Freizeit.
Vor nicht allzu langer Zeit galten diese
Vorstellungen noch als utopisch und kaum
umsetzbar. In der Zwischenzeit ist durch
den voranschreitenden technischen Fortschritt und die Automatisierung – die sogenannte 4. industrielle Revolution – eine
Umsetzung dieser Vorstellungen in eine
greifbare Nähe gerückt. In fast allen Branchen und Beschäftigungsbereichen ist die
anwachsende Technisierung und Digitalisierung zu spüren. So werden in großen
Logistikzentren Waren volltechnisiert zusammengestellt und umgeschlagen, voll-
automatisierte und selbstfahrende Schwerlastfahrzeuge erledigen schon heute den
Transport in modernen Hafenterminals.
Ebenfalls wird der Personentransport an
vielen großen Flughäfen ganz selbstverständlich über einen fahrpersonallosen
Zugverkehr erledigt. Diese technischen
Entwicklungen werden zunehmend auch
in unseren Alltag einziehen und unsere
­Lebenswelt komplett verändern. Viele Arbeitsplätze von heute werden deshalb
morgen ganz anders aussehen.
Wir alle gemeinsam sind gefordert, vor
diesem Hintergrund unsere gewerkschaft­
liche Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit zu stärken, damit wir den Wandel der
Arbeitswelt konstruktiv mitgestalten können. Beschäftigte müssen die Möglichkeit
erhalten, sich frühzeitig und vorausschauend weiter qualifizieren zu können. Und
nicht zuletzt sind die betroffenen Berufs­
Den Wandel
der Arbeitswelt
mitgestalten
bilder und Ausbildungsberufe an die neuen
technischen Entwicklungen anzupassen
und zu modernisieren, damit junge Menschen auch zukünftig mit einer qualifizierten Ausbildung eine Chance auf eine
­dauerhafte Erwerbstätigkeit und damit auf
gesellschaftliche Teilhabe erhalten.
Mit herzlichen kollegialen Grüßen,
CHRISTINE BEHLE
CHRISTINE BEHLE, MITGLIED DES VER.DI-BUNDESVORSTANDES | FOTO: DIE HOFFOTOGRAFEN
INTERVIEW
Hochachtung vor den Beschäftigten da draußen!
Eine Betriebsärztin zu den Gesundheitsfragen in einem großen Verkehrsbetrieb
Dr. Manuela Huetten arbeitet seit
2009 als leitende Betriebsärztin
bei den Berliner Verkehrsbetrieben
(BVG). Zuvor hatte die Medizinerin
mit Facharztausbildung Arbeitsmedizin diese Tätigkeit schon 18 Jahre bei
der Düsseldorfer Rheinbahn AG ausgeübt. Bei der BVG wacht sie über
das gesundheitliche Wohl und Wehe
von rund 13.500 Beschäftigten. Mit
dem Verkehrsreport sprach sie über
ihr Aufgabenfeld und die spezifischen
gesundheitlichen Themen in einem
großen Verkehrsunternehmen.
DR. MANUELA HUETTEN | FOTO: PRIVAT
Wie sieht Ihr beruflicher Alltag aus?
Dr. Manuela Huetten | Betriebsärzte
sind für die Beratung da, für alle Fragen,
die die Schnittstelle Mensch und Arbeit betreffen. Unsere Aufgaben sind in verschiedenen Rechtsgrundlagen festgeschrieben,
vor allem Paragraph 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) regelt die Aufgaben
der Betriebsärzte. Er sagt sehr detailliert,
zu welchen Aspekten wir uns äußern müssen. Da steht beispielsweise, dass wir
beste­hende Arbeitsplätze regelmäßig begehen, neu eingerichtete Arbeitsplätze
oder Verfahren begutachten sowie Arbeitszeiten und persönliche Schutzausrüstungen prüfen müssen. Wir sind auch zuständig dafür, die Erste Hilfe im Betrieb zu
organisieren.
Unabhängig davon führen wir außerdem verschiedene Untersuchungen durch,
die nicht im ASiG stehen. So ist eine weitere wichtige Rechtsgrundlage die im letzten
Herbst aktualisierte arbeitsmedizinische
Vorsorgeverordnung. Sie regelt alle Vorsorgen – wir sprechen hier nicht mehr von
Untersuchungen –, die Betriebsärzte machen. Dabei steht das Selbstbestimmungsrecht der Kolleg/-innen oben an. Sie haben
die alleinige Entscheidungsgewalt darüber,
ob sie ihren Vorgesetzten das Ergebnis
der Untersuchung mitteilen. Allenfalls müssen sie im Fall von Pflichtvorsorgen zulassen, dass wir die Teilnahme bestätigen.
Kommen die BVG-Mitarbeiter/-innen
mit ihren spezifischen Beschwerden
zu Ihnen?
Dr. Manuela Huetten | Nun ja, wir sind
nicht dafür da, den Hausärzten die Arbeit
wegzunehmen. Es ist nicht unsere Auf­
gabe, individuelle Therapien und Behandlungen einzuleiten. Wir sind eigentlich
mehr vor der Erkrankung tätig, im weiten
Bereich der Prävention. Natürlich beraten
wir jemanden auch, wenn wir sehen, dass
er ein erhöhtes Risikoprofil aufweist. Das
geschieht aber auf freiwilliger Basis.
Wir beobachten andererseits aber auch,
dass immer mehr Kolleg/-innen von sich
aus zu uns kommen, um sich gesundheitlich oder in Bezug auf ihren Arbeitsplatz
beraten zu lassen. Das hängt vielleicht
­damit zusammen, dass Hausärzte ausführliche Beratungsgespräche kaum bezahlt
bekommen. Wer mit uns einen Termin
macht, kann sich darauf verlassen, dass
wir uns Zeit nehmen – wenn es nötig
­erscheint, auch mal eine ganze Stunde.
Führen Sie auch Pflichtuntersuchungen durch?
Dr. Manuela Huetten | Ja, es gibt Tauglichkeitsuntersuchungen, die nichts mit Vorsorge zu tun haben. Die erfolgen auch nicht
auf eigenen Wunsch, sondern sie betreffen
in erster Linie alle Fahrer/-innen, die nach
der Verordnung über den Bau und Betrieb
der Straßen­bahnen (BoStrab) in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten oder die
nach FeV (Fahrerlaubnisverordnung) und
BO Kraft untersucht werden müssen.
Mit welchen gesundheitlichen Problemen haben die Mitarbeiter/-innen
in der Verwaltung bzw. im Fahrdienst
von Bussen und Bahnen zu tun?
Dr. Manuela Huetten | Bei den Verwaltungsangestellten sind das vor allem Rücken-, Nacken- und Schulterbeschwerden.
Die Menschen sitzen einfach zu viel. Wir
sind ja eigentlich von unserer Entwicklungsgeschichte her Lauftiere. Diese Veranlagung steckt noch immer in unseren Genen. Unser Muskel- und Skelettsystem hat
sich auf das viele Sitzen noch nicht eingestellt.
Im Fahrdienst sind die Beschwerden sehr
unterschiedlich, wir identifizieren bei der
Tauglichkeitsuntersuchung häufig Diabetes,
der ja zu einer regelrechten Volkskrankheit
geworden ist. Natürlich gibt es auch bei den
Fahrer/-innen Rückenprobleme, schließlich
wird ja auch der Fahrdienst im Sitzen ausgeübt. Besondere Aufmerksamkeit verdient
die Arbeit im Schichtdienst. Sie gewinnt sogar noch an Bedeutung, weil mit zu­
nehmendem Alter die Schichtarbeit immer
schwieriger wird. Je älter ein Mensch wird,
umso mehr schätzt er eine gewisse Regelmäßigkeit. Und auch die Belegschaft der
BVG wird älter, derzeit liegt der Altersdurchschnitt bei 48,7 Jahren.
Welche Rolle spielen Probleme im
Umgang mit Fahrgästen?
Dr. Manuela Huetten | In einer Großstadt
wie Berlin eine bedeutende! Wenn sich
etwa ein Bus aufgrund einer Verkehrs­
störung verspätet, muss der Fahrer damit
rechnen, dass er an der nächsten Halte­
stelle angemeckert wird: Der Fahrgast ist
ärgerlich, weil er vielleicht sein Flugzeug
verpasst, seinen Frust lässt er am Busfahrer
aus. In aller Regel ist das gar nicht persönlich gemeint. Aber es ärgert und wenn man
sich über Jahre zu viel ärgert, kann das auch
zum gesundheitlichen Problem werden.
Eines ist alarmierend: Zwar gehen die
Angriffe zahlenmäßig zurück, aber die
Schwere und Brutalität der Aggression
steigt.
Es geht also nicht nur um verbale
Attacken, sondern um echte physi­
sche Gewalt. Wie können die Fahrer/innen damit umgehen?
Dr. Manuela Huetten | Die BVG bietet
ihnen im Rahmen der regelmäßig vorgeschriebenen Fahrerunterweisungen Deeskalationstrainings an. Und für Kollegen, die
besonders unter den Attacken leiden, weil
sie diese zu persönlich nehmen, bieten wir
Kurse an. Bevor jemand ernsthaft krank
wird, kann er in einer extern therapeutisch
begleiteten Gruppe mit anderen Kolleg/innen lernen, besser mit solchen Situationen umzugehen. Grundsätzlich lautet die
Devise im Unternehmen immer Deeskala­
tion: Wenn ein Fahrer einen Fahrschein
kontrollieren soll, aber die Situation droht,
brenzlig zu werden, soll er in jedem Fall auf
die Kontrolle verzichten, um sich nicht
selbst zu gefährden. Aber der Umgang mit
tatsächlicher oder möglicher Gewalt ist
und bleibt sehr schwierig. Man muss
vor den Kolleg/-innen, die täglich draußen
unterwegs sind, nur Hochachtung haben.
Sie machen einen richtig harten Job.
Ist die Häufigkeit von bestimmten
Belastungen gestiegen?
Dr. Manuela Huetten | Die Zusammensetzung der Diagnosen hat sich nicht
wesentlich verändert. Die „Top 3“ sind
­
­immer Herz-Kreislauf-Erkrankungen, „Rücken“, also Erkrankungen des Stütz- und
Bewegungsapparates und psychische Probleme. Das Pendel schlägt mal in die eine,
mal in die andere Richtung stärker aus. Die
absolute Zunahme registrierter psychischer
Erkrankungen lässt sich sicher auch damit
erklären, dass sie heute weniger tabuisiert
sind. Es ist nicht mehr anrüchig, an einer
­Depression zu leiden, deswegen wird das
Thema zum Glück inzwischen auch öfter
angesprochen, sodass man helfen kann.
Begutachten Sie alle Arbeitsplätze
hinsichtlich eventueller gesundheit­
licher Risiken?
Dr. Manuela Huetten | Ja, Paragraph 5
des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG)
schreibt vor, dass wir uns im Rahmen der
Gefährdungsbeurteilung alle Arbeitsplätze
regelmäßig ansehen, seit vielen Jahren
­bezieht das auch psychische Belastungen
ein. Mit Letzteren haben sich alle Unternehmen zunächst schwer getan, aber
­inzwischen hat die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) gemeinsam mit Betriebsärzten, Fachkräften für Arbeitsschutz
und Personalvertretungen eine Checkliste
entwickelt, die diesbezüglich auf die besondere Situation in Verkehrsbetrieben eingeht. Kürzlich haben wir Piloten jeweils
im Vertrieb und im Call Center durch­
geführt. Beides hat gut funktioniert, so
dass Mitte Februar der BVG-Vorstand zustimmte, dass wir die neue Gefähr­
dungsbeur­teilung auf alle ­Arbeitsbereiche
der BVG ausdehnen.
Sie erwähnten die anstrengende
Wechselschichtarbeit. Wie lässt sich
da gegensteuern?
Dr. Manuela Huetten | Wir entwickeln
derzeit konkrete Maßnahmen, zum Teil
­laufen sie auch schon. Zuvor war bis Ende
2014 drei Jahre lang unter meiner Leitung
ein großes Arbeitsfähigkeitsprojekt gelaufen. Dabei haben wir in einem Unter­
nehmensbereich die Arbeitsbedingungen
unter die Lupe genommen, geleitet von
der F­
ragestellung „Wie können wir
Arbeit so gestalten, dass auch ältere
Arbeitnehmer/-innen bis zum Erreichen der
Regelarbeitsrente arbeitsfähig bleiben?“
Natürlich war da die Schicht ein wichtiger
Aspekt. Anhand der Ergebnisse haben
wir nun Dienstplanveränderungen im Busbereich vorgenommen. Wir haben etwa
Stammlinien eingeführt: Lichtenberg wurde beispielsweise nochmals in vier Gebiete
unterteilt, die Fahrer/-innen konnten sich
dafür entscheiden, nur noch in diesen
­kleineren Bereichen zu fahren. Das bietet
Vorteile: Die Fahrer/-innen kennen die Linien, die Fahrgäste haben immer wieder
mit den gleichen Fahrer/-innen zu tun. Das
wirkt sich positiv auf die Arbeitsatmos­
phäre und die Abläufe aus. Auch die
­Arbeitswege sind kürzer, weil die Fahrer/-­
innen natürlich die wohnortnahen Bezirke
wählen. Dieses Projekt ist ein Riesenerfolg.
Auch im Werkstattbereich-Bus läuft
­derzeit ein Programm an, mit dem Schichtdienstpläne geändert werden sollen. Wir
besprechen mit den Kolleg/-innen, welche
Aspekte ihnen am wichtigsten sind – etwa
freie Wochenenden, die Anzahl freier Tage
am Stück, die Dienstlängen oder die
­Übergangszeiten zwischen den Diensten.
Anhand dieser Gespräche überarbeiten wir
in einer Arbeitsgruppe die Dienstpläne. Es
ist ganz wichtig, alles, was man sich
zum Thema Gesundheit, ­Prävention usw.
ausdenkt, mit den Beschäftigten gemeinsam zu entwickeln. Sie sind die Experten
für ihr jeweiliges Arbeitsumfeld!
Welche gesundheitlichen Präventionsmaßnahmen laufen derzeit bei
der BVG?
Dr. Manuela Huetten | Wir haben
ein betriebliches Gesundheitsmanagement
(BGM), das schon zweimal mit dem „Corporate Health Excellence Award“ ausgezeichnet wurde. Aktuell laufen die Vorbereitungen für den Demografie-Tarifvertrag.
Um besonders belastende Arbeitsplätze
zu identifizieren, haben wir eine Abfrage
in allen Bereichen gestartet und analysiert,
wie die Altersverteilung und die Belastungssituation in den jeweiligen Bereichen
ist. Außerdem veranstaltet die BVG Führungskräfte-Workshops, um diese auch
mitzunehmen und zu sensibilisieren. Und
unter Anleitung des BGM wird es demnächst Gesundheitszirkel in allen Bereichen geben, in denen wir diese Themen
ganz spezifisch angehen. Gießkannenmaßnahmen sollte man immer meiden, stattdessen sollte sich alles am konkreten
­Bedarf ­orientieren.
IMPRESSUM
Verkehrsreport
Nr. 1, März 2015
Herausgeber:
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
Bundesvorstand:
V.i.S.d.P.: Frank Bsirske, Christine Behle
Koordination:
Carola Schwirn
Redaktionelle Bearbeitung:
Ute Christina Bauer (transit berlin.pro media)
www.pressebuero-transit.de
Redaktionsanschrift:
ver.di-Bundesverwaltung
Fachbereich Verkehr
Paula-Thiede-Ufer 10
10179 Berlin
Layout, Satzerstellung:
VH-7 Medienküche GmbH
Kreuznacher Straße 62
70372 Stuttgart
www.vh7-m.de
Druck:
apm AG Darmstadt,
Kleyerstraße 3, 65295 Darmstadt
www.alpha-print-medien.de
Titelfoto Seite 1:
HHLA
Der ver.di-Fachbereich Verkehr
ist auch im Internet zu finden:
www.verdi.de/verkehr
FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2015
ÖPNV
3
Trübe Aussichten
für Sonnenschein
Fahrer verklagt Schulbusfirma wegen
unbezahlter Arbeitszeiten
Heinz Meyer* war von Anfang
November 2013 bei der Fa. Schul­
­
busse Sonnenschein OHG als Schulbusfahrer auf geringfügiger Basis
beschäftigt. Seine Aufgabe bestand
darin, behinderte Menschen an ihrem Wohnort abzuholen, sie zur
Werkstatt Bielefeld zu fahren, sie
später dort wieder abzuholen und
schließlich zurück nach Hause zu fahren. In ­Meyers Arbeitsvertrag mit der
Firma Sonnenschein fand sich jedoch
ein kritischer Passus: „Die Arbeitszeit für den Fahrer/-in, Beifahrer/-in
beginnt beim ­ersten Fahrgast und
endet an der E­ inrichtung. Die Fahrt
von der Wohnung und zurück, stellt
keine bezahlte Arbeitszeit dar.“ Mit
dieser Regelung war Meyer nicht
einverstanden und verlangte die Bezahlung der kompletten Fahrzeit,
also auch die Fahrzeit von und zu seinem Wohnort als Arbeitszeit. Dies
verweigerte ihm die Sonnenschein
OHG. Der Fahrer kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30. September
2014, im November reichte er Klage
gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ein. Er will damit eine rückwirkende Vergütung der nicht bezahlten
Arbeitszeit in Höhe von knapp 2.000
*NAME GEÄNDERT
Euro erstreiten.
ver.di unterstützt die Klage des Schulbusfahrers, nach gewerkschaftlicher Auffassung beginnt die Arbeitszeit in dem
Moment, wenn sich der Fahrer in sein
Dienstfahrzeug setzt und die Fahrsicherheitskontrolle durchführt. „Wir lesen das
auch so aus dem Arbeitszeitgesetz“, sagt
Oliver Müller, Gewerkschaftssekretär in
Bielefeld. Ihm seien auch keine anders­
lautenden Tarifverträge bekannt. Dennoch
würden fast alle Schulbus-Unternehmen in
die Arbeitsverträge ihrer Mitarbeiter/-innen
gleiche oder ähnliche Sätze wie in den
von Meyer schreiben.
„Wir haben mit dem Thema Arbeitszeit
von Schulbusfahrer/-innen seit vielen Jahren zu tun“, durch die Einführung des
­Mindestlohn werde die Sache noch einmal
richtig interessant, erklärt Müller. „Die
­Kollegen nehmen in aller Regel das Dienstfahrzeug mit nach Hause. Davon profitiert
die Firma: Ihre Logistik wird einfacher,
­außerdem muss sie keinen Betriebshof unterhalten.“ Eine private Nutzung sei den
Fahrer/-innen jedoch entweder per Dienstanweisung oder durch den Arbeitsvertrag
untersagt.
Seit der Klageeinreichung im November
2014 gab es bislang einen Gütetermin.
„Der Anwalt des Arbeitgebers hat alles
bestritten, er hat auch die akribisch in
­
­Exceltabellen erfassten Aufzeichnungen
FOTO: ISTOCKPHOTO.COM
des Klägers über seine Arbeitszeit angefochten“, berichtet Müller.
Inhaltlich geht es ver.di in der Klage
noch um einen weiteren Punkt: ver.di will
erreichen, dass bei der Bezahlung der
ausstehenden Arbeitsstunden für Meyer
­
das nordrhein-westfälische Tariftreue- und
Vergabegesetz zugrunde gelegt wird. Demnach wäre jede Arbeitsstunde mit einem
repräsentativen Stundenlohn von 17,62
Euro zu vergüten (Entgeltgruppe 5 Stufe 4
TV NW). Im ungünstigen Fall kommt das
Gericht zur Auffassung, dass der Schulbusfahrer nur den Mindestlohn von 8,62 Euro
geltend machen kann. Auch das möchte
man in einem Verfahren einmal grundsätzlich klären, so Müller: „Ist das Tariftreueund Vergabegesetz für Schulbusfahrer/-­
innen anzuwenden? In dieser Frage gab es
bislang noch kein Urteil.“
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts
(LAG) Düsseldorf vom April 2014 in einem
ähnlich gelagerten Fall lässt die Bielefelder
jedoch hoffen: Im Fall einer Schulbusbe­
gleiterin, ging es um die Sittenwidrigkeit
der Vergütung. Ihr Arbeitgeber hatte sie
ebenfalls erst ab dem Einstieg des ersten
Fahrgasts bezahlt. „Das Landesarbeitsge-
richt vertrat sehr deutlich die Auffassung,
dass auch der Weg zum ersten Fahrgast
schon Arbeitszeit ist, ebenso übrigens die
Pufferzeiten, in denen die Wagen vor den
Schulen bzw. Werkstätten stehen und auf
ihre Fahrgäste warten“, kommentiert Müller. Das LAG habe auch festgestellt, dass
das Verbot einer privaten Nutzung des
Dienstfahrzeugs darauf hinweist, dass die
Fahrt vor dem ersten und nach dem letzten
Fahrgast Arbeitszeit ist. Ansonsten würde
der Arbeitgeber mit der Zurverfügungstellung des Fahrzeugs selbst regelwidrige
UCB
­private Fahrten anordnen.
Auf
der
Suche
nach
Hartz IV für
33.000 Taxler bezahlter Arbeit
DGB Bayern: Mindestlohn auch für Taxifahrer
FOTO: VH-7 MEDIENKÜCHE
gleich: Über alle Branchen hinweg
liegt der Anteil der Aufstocker
knapp über drei Prozent. Das
mittlere Monatseinkommen von
­
vollzeitbeschäftigten Taxifahr/-­
innen lag nach BA-Berechnungen
2013 bei 1.256 Euro im Monat,
also weit unter der Niedriglohnschwelle von 1.973 Euro. Alles
gute Gründe für den Mindestlohn.
Das Taxigewerbe hat stets versucht, um den Mindestlohn herumzukommen. Nun gibt es aber
keine Ausnahme für Taxen. Alle
­sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben Anspruch auf
Mindestlohn. Diese Branche ist
sehr heterogen. Selbstständige
fahren neben sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, Rentner
neben Studenten. Wie nötig der
Mindestlohn gerade im Taxi­
gewerbe ist, zeigen die Fakten.
Von den ca. 100.000 Beschäftigten im Taxigewerbe erhielten bisher unfassbare 33.000 ergänzende Hartz-IV-Leistungen. Zum Ver-
Erhöht eine Kommune die Taxi­
gebühren, wird das von interessierter
Seite sofort auf den Mindestlohn zu­
rückgeführt. Dabei gibt es in Bayern
keineswegs überall Preiserhöhungen.
Von Kommune zu Kommune ist das
sehr verschieden. Und nicht überall
geht mit einer Preiserhöhung auch
eine Verbesserung der Einkommens­
situation der Fahrer einher. Im Ge­
genteil: Einige Taxiunternehmen wol­
len den Mindestlohn unterlaufen,
indem sie fest angestellte Beschäftig­
te entlassen und dann als Soloselbst­
ständige wieder beschäftigen. Um
zu verhindern, dass zwar der Min­
destlohn bezahlt, aber die Arbeitszeit
ausgedehnt wird, müssten die Taxi­
betriebe die Autos umrüsten. Ein
tatsächlicher Nachweis der Stand­
und Fahrzeiten schüfe Klarheit. Auch
die Kommunen sind gefordert. Sie
sollten Taxizulassungen beschränken
und Konzessionen stärker an steuer­
liche und sozialversicherungsrecht­
liche Bedingungen knüpfen. Taxifah­
rer brauchen faire Bedingungen und
Löhne.
Es bleibt dabei: Mindestens. Mehr
DGB/RED
gibt’s mit Tarifvertrag!
Busfahrer verlor Arbeit nach dem
Publikmachen seiner Arbeitsbedingungen
mobifair ist ein gemeinnütziger Verein, der sich im Verkehrsmarkt für einen fairen Wettbewerb durch Schutz
der Lohn- und Sozialstandards einsetzt. Mit einer Solidaritätsaktion
kämpft der Verein nun dafür, dass ein
mutiger Busfahrer wieder eine Arbeit
findet.
Am 5. Juni 2013 hatte das Magazin
Plusminus über den Busfahrer Vladislav
Vlach aus Tschechien berichtet. Er war bei
einer Tochterfirma der Regionalbus Ostbayern GmbH, der RDS-Bus s.r.o. mit Sitz
im tschechischen Babylon beschäftigt. An
den Wochentagen fuhr er vom Grenzort
Zelezna Ruda in das benachbarte Bayerisch
Eisenstein und weiter über Zwiesel nach
Passau.
Ohne Vorbereitungs- und Nach­
bereitungszeit begann die erste Fahrt um
5.25 Uhr, die letzte Ankunft erfolgte um
18.40 Uhr. Des Öfteren war er auch noch
am Wochenende für sein Unternehmen im
Einsatz. So leistete er oftmals mehr als 280
Stunden im Monat für umgerechnet 850
Euro. Das sind etwas über drei Euro pro
Stunde! Die Linien, die er mit seinem tschechischen Bus mit Dumpinglohn für ein
deutsches Unternehmen befuhr, waren
überwiegend in Deutschland.
All dies sprach der Busfahrer offen vor
laufender Kamera aus. Bald darauf verlor
Vladislav Vlach unter dem Vorwand an­
geblicher Verfehlungen seine Arbeit. Seine
Bemühungen, wieder Bus zu fahren, das zu
tun, was er seit über 30 Jahren mit großer
Freude und Zuverlässigkeit beruflich getan
hat, scheiterten. Wie Vladislav Vlach bei
seinen Einstellungsgesprächen mitbekommen hat, aus Angst, Sub-Aufträge zu
verlieren. „Man sorgte dafür, dass ihn
­
kein anderes Busunternehmen einstellte“,
ist sich Helmut Diener vom Verein mobifair
sicher.
Mit einer Kampagne für Vladislav Vlach
wendet sich mobifair nun an die Öffentlichkeit und vor allem an die Busunternehmen
in Niederbayern und der Oberpfalz. In
­einem Brief ruft der Verein die Unternehmen auf, dem Busfahrer Vladislav Vlach
eine neue Chance für einen Wiedereinstieg
in das Berufsleben zu geben. „Er hat niemandem etwas Böses getan. Er hat nur
die Wahrheit erzählt und mobifair hat mit
dieser Wahrheit und den vorliegenden
­Unterlagen Lohn- und Sozialdumping aufgedeckt“, so Diener.
Als erste Aktion startete mobifair am
17. Februar 2015 eine Mahnwache am
Busbahnhof von Zwiesel, ließ einen aufblasbaren Dumping-Hai steigen und verkaufte Soli-Buttons. Klar und deutlich
forderte der Verein: „Schluss mit dem
­
Berufsverbot für Busfahrer Vladislav
­
Vlach!“. Andere Busfahrer vor Ort in Zwiesel hätten ihm bestätigt, dass Unter­
nehmen ihn nicht beschäftigen dürfen,
weil sie fürchten ihre Subaufträge zu
ver­
­
lieren, erzählt Diener. Am nächsten
Tag trug m
­ obifair die Sache in den politischen Aschermittwoch in Vilshofen. Dort
wurde der Skandal auch dem Bundes­
wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD)
vorgetragen. Gabriel versprach, sich für
Vlach einzusetzen.
ver.di unterstützt die Aktion mit einer
Solidaritätsadresse: Vladislav hat mutig
über die unwürdige Bezahlung und Arbeitsbedingungen im Busverkehr gesprochen. Er hat die miesen Machenschaften
seines Arbeitgebers öffentlich gemacht.
Das hat Aufsehen erregt, denn 280 Stunden Arbeit für weniger als drei Euro pro
Stunde ist gegen alle guten Sitten.
Ein altes Sprichwort besagt, wer die
Wahrheit spricht, braucht ein schnelles
Pferd. Vladislav ist es nun unmöglich,
­seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ihm
wurde gekündigt, niemand will ihn ein­
stellen. Das Ziel scheint zu sein, dass
­Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unwürdige Arbeitsbedingungen einfach so
hinnehmen. Aber derartige Einschüchterungen werden wir nicht akzeptieren.
Vladislav Vlach hat unsere solidarische
­
MOBIFAIR/RED
Unterstützung! 4
LUFTVERKEHR
FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2015
Gemeinsam
zum Erfolg
Sicherheitsdienste erstritten Tarifvertrag
Solidarität macht sich bezahlt: Am
9. Februar veranstaltete das Wachund Sicherheitspersonal (Fachbereich
13) auf den Flughäfen Hamburg und
Stuttgart Warnstreiks. Besonders wirkungsvoll war die Aktion in Hamburg:
Dort wurden die Kolleginnen und
Kollegen aus der Fluggastkontrolle
von den Bodenverkehrsdiensten
(Fachbereich 11) unterstützt. Um ihre
Verbundenheit mit den Sicherheitsleuten auszudrücken, war die halbe
Schicht der BVD des Flughafens dem
ver.di-Aufruf zum Solidaritätsstreik
gefolgt. Der Flughafen Hamburg war
am 9. Februar faktisch lahmgelegt.
Wenige Tage später einigten sich ver.di
und der Arbeitgeberverband BDSW auf einen Tarifabschluss für rund 8.000 Beschäftigte des Hamburger Wach- und Sicherheitsgewerbes. „Der Tarifabschluss ist ein
Erfolg der Beschäftigten“, sagt Peter Bremme, ver.di-Verhandlungsführer in Hamburg.
„Die Streikenden haben sich nicht die
­Butter vom Brot nehmen lassen und konsequent Druck für eine angemessen Lohnerhöhung gemacht. Der Warnstreik sei ein
FOTO: ver.di
„notwendiger Paukenschlag“ gewesen,
die Streikbeteiligung „grandios“.
Der Tarifabschluss sieht vor, dass die
Einstiegslöhne im Hamburger Wach- und
Sicherheitsgewerbe ab 1. Januar 2016 von
8,50 auf 9,00 Euro steigen. Am Flughafen
soll der Stundenlohn in der Personen- und
Warenkontrolle ab 1. April 2015 von 11,35
auf 11,95 Euro und ab 1. Januar 2016
auf 12,95 Euro steigen. Im gleichen Zeitraum sollen die Stundenlöhne der Luft­
sicherheitsassistenten von 14 auf 15 Euro
und zum Jahreswechsel auf 15,50 Euro
erhöht werden. Damit konnte eine Tariferhöhung bis zu 14 Prozent und eine Laufzeit
bis zum 31. Dezember vereinbart werden.
Reinhard Löhrs, Betriebsratsvorsitzender
der Deutschen Schutz- und Wachdienst
GmbH: „In dieser Tarifrunde hat mich besonders gefreut, dass sich so viele Kolle­
ginnen und Kollegen gegen eine Politik
der Billiglöhne starkgemacht haben. Auch
j­enseits des Flughafens seien Beschäftige
des Wach- und Sicherheitsgewerbes zum
ersten Mal mit auf der Straße gewesen.
Und auch für den Fachbereich 11 war der
Solistreik in Hamburg ein voller Erfolg: „Bei
einigen Kollegen ist richtig ein Schalter umgelegt worden, zehn Kollegen sind in ver.di
eingetreten. Vielleicht ist uns damit endlich
geglückt, wieder Boden bei den BVD zu
gewinnen“, so die Gewerkschaftssekre­
RED
tärin Irene Hatzidimou.
APSB entlässt alle Mitarbeiter
Betroffene protestierten in Tegel
Der Abfertigungsdienstleister Aviation Passage Services Berlin (APSB)
bietet mit etwa 180 Beschäftigten
­
Serviceleistungen am Flughafen Tegel
an. Nun kündigte die Geschäftsleitung
der APSB allen Beschäftigten in Berlin
und Schönefeld. Am 29. Januar fand
deshalb um fünf nach zwölf am Flughafen Tegel eine Protestveranstaltung
der Betroffenen statt.
Die ver.di-Mitglieder hatten zuvor ein
Verhandlungsergebnis abgelehnt, das nur
geringfügig besser war als der von der Einigungsstelle angebotene Sozialplan.
Die Geschäftsführung der APSB er­klärte
die Verhandlungen über einen Interessenausgleich einseitig als gescheitert. Sie hatte
von Anfang an eine Transfer­gesellschaft favorisiert. Die Gründe: APSB will Kündigungsschutz- und Schadensersatzklagen verhindern sowie Zahlungspflichten w
­ährend
der Kündigungsfristen unter E­inbeziehung
öffentlicher Fördermittel verkürzen.
FOTOS (3): ver.di
Der Hintergrund: 2008 kaufte der
WISAG Konzern die Globe Ground Berlin
und spaltete sie danach immer weiter in
eigenständige Gesellschaften auf. Eine
­dieser Gesellschaften ist die APSB. Auch
der 2013 unter anderem mit der WISAG
abgeschlossene Flächentarifvertrag für
Bodenverkehrsdienstleistungen hat die
­
WISAG nicht davon abgehalten, ihre „teile
und herrsche-Politik“ fortzusetzen.
Der Tarifvertrag sollte für die Alt-Beschäftigten die höheren Vergütungen in
einem Besitzstand sichern, für die neuen
Beschäftigten wurden die Vergütungen
­angehoben, dafür gab es einige wenige
Einschnitte beim Mantel.
Skandalöserweise versucht die Geschäfts­
führung, sich durch Verlagerungen in andere
WISAG-Unternehmen der Besitzstände zu
entledigen. Mit der APBS-Schließung wären
sie die aus ihrer Sicht renitenten Betriebsräte los.
ver.di-Gewerkschaftssekretär
Enrico
Rümker dazu: „Die Geschäftsführung der
APSB ist skrupellos. Alle Versuche der
Gewerkschaft und des Betriebsrats, ein­
­
vernehmliche Lösungen zu finden, sind
­gescheitert. Die APSB ist lediglich bereit,
für Beschäftigte, die zum Teil mehr als
30 Jahre für das Unternehmen gearbeitet
haben, eine Abfindung von maximal 3.500
Euro brutto zu zahlen. Ich rechne daher
mit vielen Klagen der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
ver.di wird Mitgliedern, die den Klageweg gehen wollen, Rechtsschutz gewähren und über Kündigungsschutzklagen
und eventuell Schadenersatzklagen versuchen, akzeptable Abfindungen zu erstreiten.
Passend zum Gesamtbild: Fast alle Beschäftigten müssen noch Geld einklagen,
weil jedem, der in den letzten Monaten
auch nur einen Tag krank war, die Lohn­
fortzahlung im Krankheitsfall gekürzt wurde. Diese Regelung bewerteten Arbeits­
gerichte und Landesarbeitsgerichte als
RED
rechtswidrig.
Arbeitsplatz
Flughafen Hamburg
FOTO: TILMANN JÖRG/PIXELIO.DE
Lufthansa-Konzerntarifrunde
Das Ziel: 5,5 Prozent mehr!
Am 29. Januar hat die ver.di-­
Konzerntarifkommission (TK) den
Weg für die anstehende Tarifrunde
für den Lufthansa-Konzern freigemacht und die Kündigung der Vergütungstarifverträge zum 31. März
2015 beschlossen. Einbezogen in
die Tarifrunde sind die Tarifbeschäftigten der LH AG (Boden und
Kabine), LHT, LSY, LSG und LCAG.
Die TK fordert eine Erhöhung der
­ ergütungen um 5,5 Prozent bei einer
V
Laufzeit von zwölf Monaten. Das ist
gerechtfertigt: Die Beschäftigten aller
­
Geschäftsfelder, ob am Boden oder an
Bord, haben erheblichen Nachholbedarf,
die Krisen der letzten Jahre sind an den
Beschäftigten der Lufthansa nicht spur-
los vorbei gegangen. Arbeitsplätze wurden und werden abgebaut, die Arbeit
auf die verbleibenden Beschäftigten
­verteilt. Durch geringere Vergütungserhöhungen oder sogar Einbußen haben
die Beschäftigten ihren Beitrag zur Stabilisierung der Lufthansa geleistet. Jetzt
ist es an der Zeit, dass die Beschäftigten
für ihre Leistung und ihr Engagement
etwas zurückbekommen! Wir wissen,
dass die Rahmenbedingungen nicht einfach sind. Aber das waren sie im Luft­
verkehr selten.
Bereits in den Vorgesprächen hatte
die Lufthansa klargestellt, dass es aus
ihrer Sicht keinen Abschluss ohne eine
Regelung zur betrieblichen Altersversorgung geben kann. Diese Verknüpfung
lehnt die TK ab. Das Thema der betrieb-
lichen Altersversorgung sei nicht für eine
Schnellschussregelung geeignet.
Für die Auszubildenden fordert die
TK 75 Euro mehr Ausbildungsvergütung
bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Sie will, dass alle Azubis ihren Lebensunterhalt allein bestreiten können, ohne
auf die Unterstützung der Eltern,
Partner/-in oder des Staats angewiesen
zu sein. Auszubildende brauchen sichere
Zukunftsaussichten. Solche Perspektiven
schafft nur eine verbindliche Übernahme. Deswegen fordert ver.di eine tariflich verankerte und eindeutig formulierte Übernahmeregelung.
Die Verhandlungen beginnen am
23. März, weiter geht es am 20. April
und am 8. Mai. Verschenkt wird dabei
nichts, Ergebnisse können sicherlich nur
mit Druck erreicht werden. Nur gemeinsam mit allen Auszubildenden und Beschäftigten ist das zu meistern! RED
Im Januar erschien eine Analyse von Beschäftigung, Entlohnung und Arbeitsbe­
dingungen am Hamburger Flughafen. Gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung und
unterstützt von ver.di hat das Autorenteam
alle Arbeitsbereiche unter die Lupe genommen und auf 58 Seiten dargelegt.
Katrin Schmid, Felix Hadwiger (2015)
Arbeitsplatz Flughafen Hamburg: Eine
Analyse von Beschäftigung, Entlohnung
und Arbeitsbedingungen am Hamburger
Flughafen, Hamburg.
Download: http://boeckler.de/
11145.htm?projekt=2014-697-1
Vergütungsrunde 2015 airberlin
Im Februar hat ver.di die Geschäfts­
leitung von airberlin aufgefordert,
unverzüglich Verhandlungen aufzu­
nehmen, nachdem die Gewerkschaft
den Vergütungstarifvertrag Nr. 1
airberlin Kabine ordentlich zum
­
31. Dezember 2014 gekündigt hatte.
Nach intensiver Debatte beschloss
die Tarifkommission (TK) das Forde­
rungspaket für die Kabinenbeschäf­
tigten für die Vergütungsrunde 2015.
Sie ist sich bewusst, dass erneut ein
Spagat zwischen berechtigten Forde­
rungen und wirtschaftlicher Lage des
Unternehmens zu bewältigen ist. Sie
einigte sich auf folgende Punkte, um
die fällige Angleichung der Gehalts­
strukturen voranzutreiben:
Lineare Erhöhung 5,5 Prozent
Einführung „Sollblockstunden“
Einheitliche Tabelle für Kabinen­
beschäftigte der airberlin
Zusätzlicher Stufensprung
für alle Tabellen/Endstufen
Auslösegrenzen MFS ab 70.
Blockstunde und 80. Blockstunde
Umgruppierungsbetrag
SCCMA zu SCCMB
Umgruppierungsbetrag
SCCMB zu PU
Erhöhung der Sektorenzulagen
Sektorenzulagen für aktive und
passive Sektoren
Flugzulage bei Proceeding
Laufzeit 12 Monate
LUFTVERKEHR
FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2015
5
Das ver.diFlughafenbüro
Gewerkschaftsleben
am Flughafen München
TANJA RHEIN & ULRICH FEDER | FOTO: ver.di
FOTO: ver.di
Ein Mikrokosmos für sich
Am ver.di-Flughafenbüro München laufen
viele Fäden zusammen
Die freundliche Begrüßung ist allen
Besuchern gewiss. Dafür sorgen Ulrich
Feder, ver.di-Fachbereichssekretär am
Flughafen München, und die Verwaltungsangestellte Tanja Rhein. „Viele
Mitglieder wissen nicht, dass es
hier draußen ein ver.di-Flughafenbüro
gibt“, wundern sich die beiden. „Die
fahren erst nach München rein und
werden dann zurückgeschickt.“
Der Flughafen München ist der zweitgrößte Deutschlands, mit seinen vielen miteinander verflochtenen und untereinander
konkurrierenden Unternehmen bildet er so
etwas wie einen eigenen Mikrokosmos mit
rund 36.000 Beschäftigten. Das kleine, gut
eingespielte ver.di-Team betreut im Einvernehmen mit vielen Vertrauensleuten am
Flughafen München rund 2.500 Mitglieder.
Die meisten davon arbeiten bei der Flug­
hafen München Gesellschaft (FMG), die
mit fast 8.000 Beschäftigten auch der
größter Arbeitgeber am Flughafen ist. Der
Betreibergesellschaft, deren Anteilseigner
die Bundesrepublik Deutschland, der Freistaat Bayern und die Stadt München sind,
gehören die Gebäude und der Boden; sie
ist vor allem in der Abfertigung aktiv. „Die
FMG ist mein bestorganisierter Betrieb am
Flughafen“, schwärmt Feder, „mit rund
1.000 Mitgliedern ist ver.di dort eine Hausmacht, es gibt insgesamt eine gute Struktur aus 70 Vertrauensleuten und zahlreichen Ehrenamtlichen.“
Mit der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München (SGM) existiert ein zweites
staatliches Unternehmen am Münchner
Flughafen. Dort ist beim Organisationsgrad
der rund 1.200 Beschäftigten „noch Luft
nach oben.“ Dennoch tut sich auch hier
einiges: Mit 16 Engagierten konnte eine
neue Vertrauensleutestruktur aufgebaut
werden, Mitgliederzuwächse sind zu verzeichnen. „Bei der letzten Tarifrunde des
öffentlichen Dienstes haben die SMG-­
Mitarbeiter erstmals gemeinsam mit den
FMG-Beschäftigten gestreikt“, so Feder
stolz. Das Charmante daran: Aufgrund
­ihrer hoheitlichen Sicherheitsaufgaben lasse sich die Arbeit der SMG nicht einfach
kompensieren. Die Streikwirkung sei entsprechend hoch gewesen.
Die LSG ist als Caterer für die Lufthansa
tätig. „Mein zweitbestorganisierter Betrieb“, freut sich Feder. Nach wirtschaft­
lichen Schwierigkeiten und eigenständigen
Sanierungen sei dieser 2015 erstmals wieder in der Tarifrunde dabei. „Gut so, die
LSG ist auch eine Macht für uns.“
Größte Airline am Flughafen München
ist die Lufthansa. Weil es ver.di dort
mit fünf spezialisierten Konkurrenzgewerkschaften zu tun hat, ist dort für Feder viel
Basisarbeit zu leisten. „Wir versuchen
dort gerade, uns neu aufzustellen, die laufenden bundesweiten Tarifverhandlungen
können uns helfen“. Sehr viel besser sehe
es bei der airberlin aus, die Technik und die
Kabine seien gut bei ver.di organisiert,
Konkurrenzgewerkschaften spielten kaum
eine Rolle. Zurzeit werde dort die neue
­Tarifkommission gewählt.
Für ihn biete der Flughafen ein interessantes, mit hohem logistischem Aufwand
betriebenes Aufgabenfeld, so Feder. Die
Beschäftigten müssten allerdings teilweise
bei immenser Arbeitsverdichtung echte
Knochenarbeit leisten, für die sie im Verhältnis nur einen Hungerlohn erhalten. In
Mitarbeiterzeitungen und Hochglanzbroschüren brüsteten sich die Unternehmen
mit Erfolgsmeldungen – mehr Starts, mehr
Landungen, mehr Gepäck usw. All das
wird aber mit der immer gleichen Personaldecke gefahren.
FOTO: UTE C. BAUER
Terminalstraße Mitte 28,
85356 München
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag
8.00 bis 12.00 Uhr
Ansprechpartner:
Tanja Rhein, Ulrich Feder
Telefon:
0 89/9 75-9 34 80
E-Mail:
[email protected];
[email protected]
FOTO: UTE C. BAUER
CHRISTINE FISCHER, SEPP WINDERL &
ULRICH FEDER | FOTO: UTE C. BAUER
FOTO: ver.di
Wertschätzung = Mangelware
Mit Sicherheit immer gut im Einsatz:
Die Mitarbeiter der SGM
Erfahrung ist Trumpf im Job von
Christine Fischer und Sepp Winderl.
Beide arbeiten bei der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München (SGM), nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit sind sie alte
Hasen im Geschäft. Beide sind
ver.di-Vertrauensleute und auch
Betriebsräte im Unternehmen. Die
SMG-Beschäftigten übernehmen
ausschließliche Hoheitsaufgaben
der Polizei, sie sind daher echte
Luftsicherheitsbeauftragte. Weil
die SMG jedoch ein staatliches
­Unternehmen ist, unterliegen die
Mitarbeiter/-innen in München
dem TVÖD, bei ver.di organisierte
Beschäftigten gehören also dem
­
Fachbereich Verkehr an.
In ihrer Arbeit sind Christine Fischer
und Sepp Winderl für die Passagier-,
Handgepäck- und Kofferkontrollen zuständig. „Wir sind die Fummler“, scherzt
Winderl augenzwinkernd. Körperlich sei
die Arbeit in den letzten 20 Jahren
etwas leichter geworden – früher gab
es beispielsweise keine Torsonden. In
psychischer Hinsicht sei sie hingegen
stressiger geworden: Die Sicherheits­
leute sind die ersten Ansprechpartner
am Flughafen. Und da fangen oft die
Probleme an. „Wenn ein Fluggast in Eile
ist oder wenn bei ihm zu Hause etwas
schieflief, lädt er seinen Frust bei uns ab.
Wir versuchen dann, zu beruhigen und
zu deeskalieren“, so Winderl. „Die meisten Passagiere sind ganz normal, aber
manche können echt anstrengend sein
– für genervte Leute sind wir oft der
Blitzableiter“, ergänzt Fischer. Auch der
hohe Lärmpegel und die Hitze im Sommer seien belastend. Und damit umzugehen, dass man permanent auf dem
Repräsentierteller steht, müsse auch erst
gelernt werden.
Allerdings werde das Personal für
den Umgang mit den Passagieren so gut
wie gar nicht geschult, alles sei „Learning by Doing“, so Fischer. Im Laufe der
Jahrzehnte habe sie gelernt, Menschen
anhand der Körpersprache und ihres
Verhaltens recht gut einzuschätzen. Und
weil auslän­dische Passagiere oft weder
Englisch noch Deutsch sprechen, gelte
sie in ihrem Bekanntenkreis als hervorragende Pantomimin.
Die Arbeit an den Schleusen hat sich
verdichtet: „Wir sind heute weniger
Leute für mehr Passagiere“, erzählt
­Fischer. „Als wir anfingen, gab es nur
das Terminal 1, da wurden die Flieger
nacheinander abgearbeitet und zwischendurch hatte man etwas Luft. Jetzt
mit dem Terminal 2 geht es eigentlich
ohne Pause durch.“
Wie viele Frauen im Betrieb arbeitet
Christine Fischer ­
Teilzeit, auch insgesamt sind bei SGM etwas mehr Frauen
als Männer beschäftigt. „Die Firma
sucht – weil die Passagiere mehrheitlich
männlich sind – händeringend nach
Männern, aber in der teuren Münchner
Region sind die aufgrund der geringen
Bezahlung kaum zu kriegen“, erklärt
Winderl.
Ein oft an die Gewerkschafter herangetragenes Problem war bis vor Kurzem
die zweijährige Befristung für die neu
Eingestellten. Inzwischen stellt der Arbeitgeber unbefristet ein, um auf dem
fast leergefegten Arbeitsmarkt Leute
zu bekommen. „Vor allem mit Gehalts­
fragen kommen die Beschäftigten jetzt
zu uns“, so Winderl. Man verhandele
über eine generelle Höhergrupppierung, die ja auch dem Arbeitgeber helfen ­würde, neue Kollegen zu gewinnen.
Derzeit würden Neue in den TVÖD 5
eingruppiert, langjährige Mitarbeiter in
die Gruppe 6. Eigentlich halte man aber
eine generelle freiwillige Eingruppierung in Gruppe 8 für angemessen,
„schließlich sind wir das Gesicht und
das Rückgrat der Firma.“ 2016 steht
die nächste Tarifrunde an. Und dann
wird es um die Wertschätzung gehen –
finanzielle und ideelle. „Wir haben
2014 nach 25 Jahren zum ersten Mal
gestreikt, wir sind bereit, das wieder zu
tun“, sagt Fischer.
Dass der Arbeitgeber die Arbeit an
der Basis geringschätzt, zeigten Bemerkungen á la „Geld macht nicht glücklich“. „So etwas müssen wir uns von
einem anhören, der das Fünffache von
uns verdient“, empört sich Winderl.
„Bin ich für meine Geschäftsführung
nur ein lästiges Übel?“, fragt sich auch
Christine Fischer. „So etwas haben wir
nicht verdient, wir leisten gute, europaweit geschätzte Arbeit.“ Tatsächlich
wurde die SGM mehrfach mit Preisen
ausgezeichnet. Und so ist Winderls Fazit
ein klein wenig bitter: „Die Geschäftsführung nimmt Auszeichnungen gern
entgegen. Aber eigentlich hätten die
Mitarbeiter sie verdient.“
TEXTE: UTE C. BAUER
Verleihbetriebsrat mit Veränderungsanspruch
Demnächst Tarifvertrag bei Swissport Losch?
MICHAEL BATOG | FOTO: UTE C. BAUER
„Ich arbeite für das schwarze Schaf
am Flughafen München“, stellt Michael Batog, seit knapp einem Jahr
freigestellter Betriebsrat bei der
Swissport Losch (SPL), gleich zu Beginn klar. Der Hauptteil der Beschäftigten sei in einer Leiharbeitsfirma,
der Swissport Losch Services, angestellt. Von dieser werden sie an den
Entleiher Swissport Losch München
oder an die PrivatPort, ein ebenfalls
zum Konzern gehörendes Unternehmen, weitergereicht.
520 Beschäftigte in Arbeitnehmerüberlassung vertritt Batog als Verleihbetriebsrat. „Die rechtlichen Grundlagen unserer
Arbeit sind kaum durchschaubar, als das
BetrVG geboren wurde, hat man an solche
Konstruktionen wohl kaum gedacht“, mutmaßt Batog. Der Deutsch-Rumäne ist fasziniert vom Gedanken einer Gewerkschaft
als gesellschaftliche Bewegung. Er interessiert sich für Organizing-Projekte, wünscht
sich, dass mehr Mitglieder ihre Gewerkschaft nicht nur als Serviceleister ansehen.
Bisher gelte für die SPL-Mitarbeiter der
BAP-Tarif zwischen dem Bundesarbeit­
geberverband für Personaldienstleister
(BAP) und dem DGB. Dabei wende SPL ein
System an, dass sich Gruppenleistungslohn
nennt – je weniger Leute beispielsweise
ein Flugzeug in einer bestimmten Zeiteinheit be- bzw. entladen, desto mehr ver­
dienen sie. Das Modell funktioniere nach
dem Prinzip „Dumping durch Arbeitsverdichtung“. Dass die Leute dabei unter einem enormen Druck stehen, falle ihnen
zunächst nicht so sehr auf, weil sie etwas
mehr verdienen. „Dafür arbeiten sie aber
auch 190 Stunden im Monat.“ Anscheinend durchschauen die überwiegend gering qualifizierten Kräfte das ausbeuterische Prinzip aber doch recht bald, bei
SPL herrsche eine „immense Fluktuation“.
Die Arbeitsbedingungen sind katastrophal,
sagt der Betriebsrat, der vor seiner Freistellung im Außendienst als Ramp Agent arbeitete. „Vor zwei Jahren ist ein Mitarbeiter
im Laderaum an einem Herzinfarkt gestorben, der hätte diesen Job gar nicht machen
dürfen. Er hätte stattdessen im Innendienst
eingesetzt werden müssen.“
Der Arbeitgeber brüste sich mit übertariflicher Bezahlung. Über dem Tarif zu liegen
sei allerdings nicht schwer angesichts eines
Stundenlohns von 8,80 in der Ent­geltgruppe
1. Immerhin habe man die Geschäftsleitung
jetzt „mit etwas Druck“ bewegt, mit ver.di
Tarifverhandlungen zu führen. Derzeit befinde man sich in der S­ ondierung. „Wir hoffen,
dass wir jetzt mehr erreichen“ sagt Batog.
„Ich habe den Eindruck, die SPL will das
Schmuddel-Image loswerden. Schließlich
muss sie sich nächstes Jahr neu um die Konzession für die BVD bewerben.“
6
HÄFEN
FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2015
Laschen ist Hafenarbeit
Hafenarbeiter verlangen ihre Arbeit zurück – ver.di-Kampagne startet im April
TORBEN SEEBOLD, VER.DI-BUNDESFACHGRUPPENLEITER
FOTO: DIE HOFFOTOGRAFEN
Verkehrsreport im Gespräch mit
­Torben Seebold, Bundesfachgruppenleiter Häfen
FOTO: ISTOCKPHOTO.COM
Das Thema „Laschen ist Hafenarbeit“
ist ja nicht ganz neu auf der politischen Agenda der Fachgruppe Häfen.
Welche Themen bewegen euch dabei
besonders?
Torben Seebold | Es geht uns im Wesentlichen um drei Themen: Das Laschen und
Entlaschen von Containern, Autos etc.
­gehört zu den traditionell von Hafenarbeitern ausgeübten Tätigkeiten. Denn nur gut
qualifizierte und speziell ausgebildete
­
Hafenarbeiter/-innen können diesen hoch
anspruchsvollen und risikogeneigten Job
­
professionell ausüben. Zum Zweiten stellt
diese Tätigkeit für Seeleute ein hohes
­Gesundheitsrisiko dar, weil sie dafür nicht
vernünftig ausgebildet sind und im Übrigen
nicht selten ohne entsprechende Vergütung zur Ausübung von Laschtätigkeiten
gezwungen werden. Und schließlich bestimmt die sogenannte Docker-Klausel,
die in den internationalen Tarifverträgen
zwischen ver.di/ITF und den Reedern und
Crew Managern vereinbart ist, dass sowohl
Ladungsumschlagstätigkeiten als auch
Laschtätigkeiten nur von den Hafenarbeitern ausgeübt werden dürfen.
Es kommt also zu einem dauerhaften
Vertragsbruch, den wir im Sinne unserer
Mitglieder so nicht akzeptieren können
und nicht akzeptieren werden.
Der Auftrag kommt also direkt von
den Beschäftigten in den Seehäfen?
Was treibt sie denn neben den von
dir genannten Punkten genau an?
Torben Seebold | Unsere ver.di-Mitglieder – und das sind im Hafen fast alle dort
Beschäftigten – verlangen schlicht und ergreifend ihre Arbeit zurück. Und dabei geht
es auch um existenzielle Fragen, weil die
Beschäftigung in den Seehäfen durch fortschreitende Automatisierungsprozesse zurückgehen wird und dieser Prozess nicht
aufzuhalten ist. Daher müssen nicht nur
neue Arbeitsplätze geschaffen werden,
sondern Tätigkeiten wie das „­ Laschen“ zurückgeholt werden.
Das hört sich nach einer großen Aufgabe an. Wie wollt ihr den Auftrag
eurer Mitglieder denn umsetzen?
Torben Seebold | Wir haben bereits im
vergangenen Dezember erste Gespräche
mit dem Verband der Reeder (VDR) dazu
geführt. Mit dem haben wir konkret vereinbart, dass bis Ende März 2015 die Praxis
abgestellt sein muss und die in dem
Zusammenhang notwendigen Gespräche
­
mit ihren Mitgliedsunternehmen erfolgreich abgeschlossen sein sollen.
Und was habt ihr für den Fall geplant,
dass die vertragswidrige Praxis auch
nach Auslaufen der Frist weiter wie
bisher besteht?
Torben Seebold | Dann wird das eintreten, was wir Woche um Woche im Rahmen
der ITF-Billigflaggenkampagne gemeinsam
mit unseren starken Hafenarbeitern beweisen. Wir werden unsere industrielle und
politische Stärke nutzen, um uns das zurückzuholen, was uns zusteht! Im übrigen
wird das keine rein nationale Kampagne
werden. Wir haben uns bereits mit unseren
Partnern der ETF/ITF über eine gemein­
same Strategie verständigt. Es wird also
kein Entkommen geben, weder in Deutschland noch anderswo in Europa!
North Sea Terminal
in Bremerhaven
Warnstreik der Angestellten
Eindrucksvolle Beteiligung: Am 23.
Februar 2015 folgten ca. 100 der
120 kaufmännischen Beschäftigten
dem Aufruf von ver.di zum ganztägigen Warnstreik beim North Sea Terminal in Bremerhaven (NTB). Dies
war ein notwendiger Schritt, um der
Forderung nach dem Abschluss eines
Tarifvertrags Nachdruck zu verleihen.
ver.di fordert in dieser Tarifauseinandersetzung unter anderem die Einführung der
35-Stunden-Woche, die für die Beschäftigten in den übrigen Hafeneinzelbetrieben
und auch für die gewerblichen Kollegen bei
NTB bereits gilt.
Im Vorfeld hatte die Arbeitgeberseite
über lange Zeit Verhandlungen verweigert
und zuletzt die 35-Stunden-Woche kategorisch für nicht verhandelbar erklärt. ver.di
strebt nach dem Abschluss eines Mantel­
tarifvertrags auch die Einführung eines Eingruppierungstarifvertrags an.
Der ver.di-Verhandlungsführer Dirk Reimers zog am Ende des Tages folgendes
Fazit: „Heute haben die Kollegen von NTB
deutlich gezeigt, dass sie nicht mehr bereit
sind, in den bremischen Häfen Beschäftigte
VV
zweiter Klasse zu sein.“
FOTO: ZDS
Auftakt der
Tarifrunde
ver.di konkretisiert
Forderungen an den ZDS
Die Tarifrunde 2015 zwischen
ver.di und dem Zentralverband
Deutscher Seehäfen (ZDS) begann
am 24. und 25. Februar mit Auftaktveranstaltungen in den Landesbezirken Hamburg und Niedersachsen-Bremen.
Bei den Auftaktveranstaltungen
konnten sich die anwesenden Kolleginnen und Kollegen über Daten und
­Fakten zur diesjährigen Tarifrunde informieren. Außerdem wurden konkrete
Vereinbarungen über die Forderungsfindung vor Ort getroffen sowie Er­
wartungen für die Verhandlungen formuliert. Im nächsten Schritt finden
nun betriebliche Mitgliederdiskussionen statt. Die betrieblichen Ergebnisse
werden dann in der Bundestarifkom-
FOTOS (4): NTB
mission zusammengefasst und nach
Mitgliederstärke geclustert. Am 24.
März 2015 beschließt die Bundestarifkommission die aktuelle Tarifforderung
für den Flächentarifvertrag.
„Auch wenn die Forderungsfindung
gerade erst begonnen hat, ist eines
klar: Unsere Kolleginnen und Kollegen
gehören zu den produktivsten Hafenarbeitern Europas. Das muss sich auch
in diesem Tarifabschluss deutlich zeigen, damit sich weiterhin die gute
­Arbeit für die Beschäftigten im Hafen
auszahlt“, so Torben Seebold, ver.diVerhandlungsführer.
Der letzte Tarifabschluss erfolgte
2013 mit einer Lohnerhöhung von
3,2 Prozent zum 1. Juni 2013 und weiteren 2,8 Prozent zum 1. Juni 2014 bei
einer Laufzeit von 24 Monaten. VV
FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2015
JUGEND
7
FOTOS (3): ver.di
Wir sind dran
Novellierung
­Berufsbildungsgesetz
Nur alle fünf bis zehn Jahre bietet
sich die Gelegenheit für ein neues
Berufsbildungsgesetz (BBiG) und in
2015 ist es wieder soweit. Das ist
unsere Chance: Wir möchten als
ver.di Jugend aktiv an der Erneue­
rung des BBiG mitwirken, Fehler aus
der letzten Novellierung korrigieren
und fehlende Aspekte neu aufneh­
men. Unsere konkreten Positionen
haben wir hier für Euch zusammen­
getragen.
Das Berufsbildungsrecht wurde
1969 zum ersten Mal bundesein­
heitlich und umfassend durch das
Berufsbildungsgesetz (BBiG) gere­
gelt. In der Zeit von 2002 bis 2005
wurde das BBiG zuletzt grundle­
gend novelliert, sozusagen neu auf­
gesetzt, es blieb aber dennoch in
seinem Grundkonzept unverändert.
Bis 2016 soll es nun eine weitere
Überarbeitung geben.
CDU/CSU und SPD sprechen in
diesem Zusammenhang von einer
„Stärkung und Modernisierung der
dualen Ausbildung“ – unter ande­
rem eben durch die geplante An­
passung des BBiG, wobei vor allem
folgende Aspekte im Fokus stehen:
höhere Durchlässigkeit
bessere Ausbildungsqualität
strukturierter gestufte
­Ausbildungen
Bildung von Berufsfamilien
Sicherung des Ehrenamtes in den
Prüfungsgremien
Für die Erneuerung ist das Bun­
desministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) zuständig, das
­
selbst keine umfangreiche Novellie­
rung im Sinn hat. Der Gesetzge­
bungsprozess soll bis 2016 abge­
schlossen sein.
Um als ver.di Jugend unsere For­
derungen zum neuen BBiG mög­
lichst präzise zu formulieren, haben
wir alle relevanten Jugendgremien
informiert und mit ihnen diskutiert.
5
1
0
2
n
e
d
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u
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f
i
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Ta
tlich streiken?
Dürfen Azubis ­eigen
In Tarifrunden geht es auch um
wichtige Verbesserungen für Auszubildende. Doch wie sieht es aus,
wenn Arbeitgeber keine Kompromisse eingehen wollen? Dürft ihr
als Auszubildende überhaupt streiken? Und deswegen in der Berufsschule fehlen? Ganz klar: JA! Hier
für Euch die wichtigsten Fakten zum
Streikrecht für Auszubildende.
Verhandeln ist gut, handeln ist besser:
Wenn Tarifverhandlungen und Schlich­
tungsrunde gescheitert sind, bleibt nur
der gemeinsame Arbeitskampf! Der
Streik ist unsere schärfste Waffe im
Kampf für bessere Arbeits- und damit
auch Lebensbedingungen. Denn indem
wir unsere Arbeitskraft zurückhalten,
schwächen wir Umsätze und Gewinne
der Arbeitgeber – und treffen sie damit
an ihrer empfindlichsten Stelle.
Dem Management passt das freilich
überhaupt nicht, also verdrehen Unter­
nehmen gerne die Realität und verbrei­
ten Falschaussagen zum angeblichen
Streikverbot für Auszubildende. Wir
­räumen auf, hier sind fünf Richtigstel­
lungen zum Streikrecht:
Auszubildende dürfen
­generell nicht streiken!
FALSCH! In Deutschland ist das Streik­
recht im Grundgesetz verankert. Es ist
also ein Grundrecht und steht damit
auch Auszubildenden zu. In der Praxis
heißt das: Wenn es in der Tarifauseinan­
dersetzung auch um Ausbildungsbedin­
gungen wie zum Beispiel Ausbildungs­
zeiten, Ausbildungsvergütungen oder
um die Übernahme geht, dürfen Auszu­
bildende auf jeden Fall streiken!
Auszubildende sind ­keine
­Arbeitnehmer und dürfen
deshalb auch nicht streiken!
FALSCH! Alle Arbeiter/-innen und An­
gestellte sind nach dem Gesetz
Arbeitnehmer/-innen, einschließlich der
für ihre Berufsausbildung Beschäftig­
Frisch gewählt:
ITF Jugend Lenkungsausschuss
nimmt Arbeit auf
Im Dezember 2014 fand in Danzig die
erste Sitzung des beim ITF-Kongress ge­
wählten ITF Jugendlenkungsausschus­
ses statt. Die Mitglieder berieten über
die inhaltliche Aufstellung für die
nächsten Jahre. Zu den Schwerpunkt­
themen gehören unter anderem Maß­
nahmen gegen den Klimawandel, Stär­
kung der Vernetzung von jungen
Gewerkschaftsaktiven im Verkehrssek­
tor weltweit und Gleichstellungspolitik.
Aus aktuellem Anlass erklärten sich
die Anwesenden solidarisch mit den
­Beschäftigten von Delta Airlines und
den Streikenden bei Amazon in Deutsch­
land. Abgerundet wurde die Sitzung mit
dem Besuch des erst 2014 eröffneten
Europäischen Zentrums für Solidarität
(ECS), in dem die Geschichte der Soli­
darnosc und die Wichtigkeit gewerk­
schaftlichen Engagements eindrücklich
verdeutlicht wurde.
ten. Das grundgesetzlich verankerte
Streikrecht gilt auch für Auszubildende.
Auszubildende dürfen an Berufsschultagen nicht streiken!
FALSCH! Streik geht vor Berufsschule,
denn das Streikrecht wurde vom Ge­
setzgeber höher eingestuft als die
­Berufsschulpflicht. Diese ist für die Dau­
er der Streikteilnahme somit ausge­
setzt. Das Fehlen von Auszubildenden
aufgrund ihrer Streikteilnahme gilt als
entschuldigt und auch das Ausbildungs­
ziel ist dadurch keinesfalls gefährdet.
Um unnötigen Ärger zu vermeiden: Sagt
Eurer Berufsschule vorher Bescheid,
dass ihr wegen eurer Teilnahme am
Streik im entsprechenden Zeitraum
nicht am Unterricht teilnehmen werdet.
Für die Beteiligung an (Warn-)
Streiks können Auszubildende
abgemahnt werden!
FALSCH! Dazu ist kein Arbeitgeber be­
rechtigt. Sollte ein Arbeitgeber dennoch
eine Abmahnung, eine Rüge oder eine
Eintragung in die Personalakte vorneh­
men, wird jedes Arbeitsgericht eine
­solche Maßnahme umgehend für nich­
tig erklären.
stärke ab. Und warum solltet ihr Mit­
glieder bei ver.di werden? Weil es sich
immer für euch lohnt:
Als Mitglieder bestimmt ihr von
­Anfang an mit, was in den Tarifrun­
den verhandelt wird und ob gegebe­
nenfalls gestreikt wird.
Nur Mitglieder haben einen Rechts­
anspruch auf tarifvertragliche Leis­
tungen wie zum Beispiel höhere Aus­
bildungsvergütungen, mehr Urlaub,
Sonderzahlungen oder Übernahme­
regelungen. Alle Nicht-Mitglieder
sind vom Wohlwollen des Arbeitge­
bers abhängig.
Im Streikfall bekommt ihr als Mit­
glieder eine finanzielle Streikunter­
stützung.
Sollte der Arbeitgeber wegen des
Streiks Disziplinarmaßnahmen ge­
gen euch ergreifen, genießt ihr als
Mitglied den kostenlosen Rechts­
schutz von ver.di.
Und was noch? Jede Menge weitere
Vorteile: ein umfangreiches kosten­
loses Fortbildungsprogramm, ein
vielfältiges Beratungsangebot, zahl­
reiche Vergünstigungen, jede Menge
coole Events und vieles mehr.
FAZIT: Ihr habt nichts zu verlieren, aber
viel zu gewinnen! Tarifauseinanderset­
zungen sind immer ein Kräftemessen
zwischen Arbeitgebern und Beschäftig­
ten. Doch warum sollten die Arbeitge­
ber nachgeben, wenn wir nicht deutlich
sichtbar hinter unseren Forderungen
stehen?
Eben – je stärker und geschlossener
wir als Beschäftigte auftreten, je mehr
Druck wir durch unsere Aktionen bis
hin zu Streiks aufbauen, desto besser
wird es uns gelingen, unsere Forderun­
gen gegenüber den Arbeitgebern durch­
zusetzen.
Dasselbe gilt natürlich auch für euch
als Auszubildende: Wenn eure Interes­
sen in der Tarifrunde berücksichtigt
werden sollen, müsst ihr euch aktiv am
Streik beteiligen! Keine Gewerkschaft
der Welt kann Verbesserungen für Leute
erreichen, die sich nicht dafür einset­
zen. Also Leute: Mischt euch ein, macht
bei uns mit und nutzt eure Rechte.
Für bessere Ausbildungsbedingungen –
es geht um eure Zukunft!
Wenn die Beschäftigten streiken, müssen die Auszubildenden dafür sorgen, dass die
­Arbeit weiter verrichtet wird!
FALSCH! Auszubildende dürfen nicht
als Streikbrecher/-innen missbraucht
werden. Ein derart unsolidarisches Ver­
halten gegenüber den Beschäftigten
kann niemand von den Auszubildenden
verlangen. Außerdem ist in diesem Fall
auch die notwendige sorgfältige Anlei­
tung durch den Ausbilder oder die
­Ausbilderin nicht mehr gewährleistet.
Wozu gleich Mitglied werden?
Wie erfolgreich eine Gewerkschaft in
Tarifauseinandersetzungen ist, hängt
ganz wesentlich von ihrer Mitglieder­
FOTO: PRIVAT
An dieser Stelle befragen wir
Aktive der Fachbereichsjugend
zu aktuellen Themen. Diesmal
spricht der Verkehrsreport mit
Lisa Gneiße (Aktive der ver.diFachbereichsjugend und Betriebsrätin bei der Bremer Straßenbahn AG) über Organisationswahlen in ver.di.
Derzeit finden in ver.di die Organisationswahlen statt. Was verbirgt
sich eigentlich hinter diesem Begriff?
Lisa Gneiße | Im Rahmen der Orga­
nisationswahlen werden von den
­Mitgliedern inhaltliche Schwerpunkte
und Arbeitsfelder für die nächsten
vier Jahre diskutiert und beschlossen.
Außerdem werden die Delegierten für
die vielen verschiedenen ver.di-Gre­
mien und Ämter gewählt. Über Mona­
te finden dafür in den Fachbereichen
und auf den unterschiedlichen Ebe­
nen Konferenzen und Versammlun­
gen statt. Ein Highlight dabei ist
­natürlich der Bundeskongress.
Konferenzen, Kongresse… Ist das
nicht langweilig?
Lisa Gneiße | Ich finde, es ist ein
höchst demokratischer Prozess. In
­einer so vielfältigen Institution wie
ver.di über die Schwerpunkte und
p­ olitischen Positionen zu diskutieren,
erlebe ich als spannend. Dabei wird
besonders deutlich, wie die oft be­
schriebene ver.di-Matrix praktisch
funktioniert. Denn die Anträge wer­
den nicht „von oben“ vorgegeben,
sondern in den Bezirken, Personen­
gruppen und Fachbereichen erstellt
und über die entsprechenden Konfe­
renzen durch die ehrenamtlichen
­Mitglieder beschlossen. Und eins ist
klar: Die Diskussionen und Antrags­
beratungen sind nicht selten intensiv
und bewegend.
Du hast gerade die Personengruppen erwähnt. Gibt es etwas, das
bei den Jugendkonferenzen und
-delegationen Deiner Meinung
nach bemerkenswert ist?
Lisa Gneiße | Zuerst einmal ist es
bemerkenswert, dass sich junge Men­
schen in dieser Institution und auch
an den Organisationswahlen beteili­
gen. Besonders toll sind aus meiner
Sicht aber die starke inhaltliche Posi­
tionierung der ver.di Jugend, die auch
nächtelange Antragsberatung nicht
ausschließt, und der frische Wind, den
die junge Generation in diese Institu­
tion bringt. Da sind die Aktionen vor,
nach oder während Konferenzen ge­
nauso wie die ver.di Jugend selbst:
stark, bunt, laut!
8
PA N O R A M A
FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2015
Equal Pay Day 2015
Mehr Gehaltstransparenz in den Betrieben!
Über Geld spricht man nicht … und
wer es tut, stört den Betriebsfrieden?
Um dieses große Tabu dreht sich der
Equal Pay Day 2015. Transparente Bewertungsverfahren und Vergütungsstrukturen in Unternehmen sind eine
zentrale Voraussetzung, um die Lohnlücke von aktuell immer noch 22
­Prozent zwischen den Geschlechtern
zu schließen. Nur wenn Frauen und
Männer gleichermaßen wissen, was
innerhalb ihres Unternehmens oder
ihrer Branche in vergleichbarer Position verdient wird, können sie die
eigenen Gehaltsforderungen überzeugend vertreten. Zudem müssen
Arbeitgeber dann die Gehaltsunterschiede begründen. „Spiel mit offenen Karten: Was verdienen Frauen
und Männer?“, lautet deshalb das
Motto der Kampagne zum Equal Pay
Day 2015. Der Tag fällt dieses Jahr
auf den 20. März, das ist jeweils der
Tag, bis zu dem Frauen im Vergleich
zu den Männern umsonst arbeiten.
Am 5. November 2014 hatte Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig gemeinsam mit dem Forum Equal Pay Day,
das von den Business and Professional
Women (BPW) Germany getragen wird,
die Kampagne 2015 eingeläutet.
„Über Geld spricht man doch, denn das
sorgt beim Gehaltspoker für eine gewisse
Fairness“, so Henrike von Platen, Präsidentin BPW Germany. „Unser Ziel muss es
FOTOS (2): INGA HAAR
sein, die geltenden Regeln so zu verändern,
dass Frauen gewinnen können. Eine undurchsichtige Spielanordnung verfestige
nicht nur Rollenmuster, sondern führe
auch dazu, dass Frauen in Verhandlungen
den Wert ihrer Leistung meist niedriger
­einordnen als Männer. Gehaltstransparenz
ist Augenhöhe!
Für die Bundesregierung sei die Schließung der Lohnlücke ein besonderes An­
liegen, betonte Manuela Schwesig. „Im
Betrieb müssen Gehaltsstrukturen und
­Bewertungskriterien offen gelegt werden.
Mir liegt daran, dass es bei der Aufteilung
von Erwerbs- und Familienarbeit fair und
offen zugeht. Zu einem Spiel mit offenen
Karten in den Unternehmen will ich durch
Transparenzregelungen im Rahmen eines
Entgeltgleichheitsgesetzes beitragen“, erklärte Bundesfrauenministerin Manuela
Schwesig.
In Österreich müssen Unternehmen seit
2011 Einkommensberichte vorlegen und
bei Stellenausschreibungen Gehaltsangaben machen. Die Widerstände der Wirtschaft gegen Transparenz bei der Bezahlung waren hartnäckig. Die gesetzlichen
Verpflichtungen haben aber das Bewusstsein und die Verantwortung der Betriebe
für geschlechtsspezifische Unterschiede
bei der Bezahlung gestärkt. „Das Tabu,
über das Gehalt zu reden, wurde zumin-
dest aufgebrochen“, so Ingrid Moritz,
­Leiterin der Abteilung Frauen und Familie
in der Arbeiterkammer Wien.
ver.di und die Frauenvertreterinnen der
Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) rufen dazu
auf, an der Kundgebung zum Equal Pay
Day teilzunehmen: Am 20. März von 12.00
bis 13.00 Uhr auf dem Pariser Platz vor
dem Brandenburger Tor sprechen unter
­anderem Mona Küppers, stv. Vorsitzende
des Deutschen Frauenrates sowie Manuela
Schwesig, Bundesministerin Familien, SoziUCB
ales, Frauen und Jugend.
Informationen:
www.equalpayday.de
Zukunft der ÖPNV-Finanzierung
Betriebsrätekonferenz in Halle/Saale auf der Suche nach Lösungen
FOTOS (5): ver.di
Die Frage ist brisant: Wie wird sichergestellt, dass in Flächenländern wie
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weiterhin Mittel für einen leistungsfähigen, an den Bedürfnissen
der Fahrgäste und der Beschäftigten
orientierten ÖPNV zur Verfügung stehen werden? So brisant, dass der
Fachbereich Verkehr des ver.di-Landesbezirks SAT unter der Ägide von
Landesfachbereichs­
leiter Gerd Doepelheuer am 11./12. Februar eine Konferenz dazu organisiert hatte. Rund 70
Betriebsräte aus Verkehrsbetrieben
der drei Bundesländer waren gekommen, um das Thema zu diskutieren.
Mit dabei ­waren Vertreter der großen
Stadtverkehrsbetriebe – Dresden, Halle, Leipzig, Dessau, Magdeburg, Gera,
Jena – und aus den Regionalverkehrs­
betrieben der Landkreise.
Erörtert wurde die Finanzierung des
ÖPNV auf Bundesebene, aber auch auf
Ebene der drei Länder und der Kommunen.
Steffen Lehmann, Geschäftsführer beim
Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV)
(Leipzig, Halle und umliegende Landkreise), stellte eine Studie zur finanziellen
­Misere des ÖPNV vor. In den letzten Jahren
konnten zwar mehr Fahrgäste gewonnen
werden, dennoch sei das System ohne
zusätzliche Finanzierungen nicht mehr
­
haltbar. „Wir leben von der Substanz“, so
Lehmann. Er stellte einige mögliche Finanzierungsquellen zur Diskussion, die in anderen ­Ländern – beispielsweise in Frankreich – erhoben werden: Finanzierungen
des ÖPNV durch ortsansässige Firmen,
die vom ÖPNV profitieren; Bürger-Tickets
bzw. ÖPNV-Abgaben bei der Erschließung
von Wohngebieten. Auch eine Citymaut,
höhere kommunale Mittel oder eine Angebotsoffensive brachte er ins Spiel.
Da sich die Situation des MDV auf alle
ÖPNV-Verkehrsgebiete in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen übertragen lässt,
entbrannte über Lehmanns Vorschläge eine
intensive Debatte. „Wir präferieren keinen
dieser Vorschläge“, so Doepelheuer. Aber
man sehe das Gutachten als Chance, in
­einen verstärkten gesellschaftlichen Dialog
einzusteigen: Wie viel und welchen ÖPNV
brauchen wir, wie und von wem kann er
bezahlt werden?
Naturgemäß lagen den Betriebsräten
vor allem die Beschäftigten am Herzen, da
die Restrukturierungen seit 1995 vorwiegend auf den Rücken der Kollegen ausgetragen worden waren: Über Lohnverzichte,
Arbeitsplatzabbau und Arbeitsverdichtung
bei den Kolleg/-innen konnten Dienstplanwirkungsgrade von 97 Prozent erzielt
­werden. Nun sei die Politik in der Pflicht,
den ÖPNV ausreichend zu finanzieren.
Auf Bund, Länder und Kommunen müsse
man starken Einfluss nehmen, damit der
ÖPNV nicht gegen die Wand fährt!
Doepelheuer freute sich, dass Stefan
Brangs (SPD), neuer sächsischer Wirtschafts- und Verkehrsstaatssekretär und
ehemaliger ver.di-Funktionär sowie Ver­
treter der Verkehrsministerien in Sachsen-­
Anhalt und Thüringen der Einladung gefolgt waren: „Wir wollen den Bund, die
drei ­
Landesregierungen und die Öffent­
lichkeit dafür sensibilisieren, dass bei
­Regionalisierungsmitteln, beim Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und den Entflechtungsmitteln rasch gehandelt werden
muss. Dasselbe gilt in Sachen Infrastruktur.“
Im Bundesfinanzministerium wird derweil eine Streichung der Entflechtungsmittel nach 2019 erwogen. „Das beunruhigt
uns sehr“, so Doepelheuer. Sollte das
­tatsächlich eintreffen, müssten die Kommunen sämtliche Investitionen in den
ÖPNV allein tragen – und das bei einem
stetig anwachsenden Investitionsrückstand! Das hätte nicht nur negative Auswirkungen auf Trassen, Fahrzeuge und
­Haltestellen, sondern auch auf die ohnehin
belastenden Arbeitsbedingungen der Be-
schäftigten. Ihre Arbeitsplätze gerieten in
akute Gefahr! Staatssekretär Brangs habe
in Halle gesagt, dass er sich auf die Regionalisierungsmittel-Verhandlungen konzentrieren will. Er meinte, es bringe nichts,
immer wieder in das Thema Entflechtungsmittel einzusteigen. „Ich hoffe, dass er
nicht Recht behält“, so der Landesbezirksfachbereichsleiter weiter.
„Wir wollen über das Jahr mit Aktionen
auf die prekäre Situation des ÖPNV hinweisen“, sagt Doepelheuer. Für den Juni
plane man erste Aktionen in den drei Landeshauptstädten, um gemeinsam mit den
Unternehmen die Kommunalpolitik, aber
auch die Bundestagsabgeordneten der
Länder und die Oberbürgermeister für das
UCB
Problem sensibilisieren.
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