Landschaftsfotografie von Stefan Hefele Landschaftsfotografie von Stefan Hefele Die Tour begann mit einer Autopanne. Ich hatte schon des Öfteren mit platten Reifen zu kämpfen, doch eine kaputte Batterie war auch für mich neu. Als es endlich wieder lief, im wahrsten Sinne des Wortes, hatten wir bereits einige Zeit verloren. Und so haben meine Frau und ich die rund 1 000 Höhenmeter zum Schrecksee in den Allgäuer Hochalpen erst kurz vor Sonnenuntergang mit dem Biwak und der restlichen Ausrüstung erklommen. Viel Zeit blieb nicht, um das letzte Licht zu nutzen. Die Wolken waren bereits in warme Farben getränkt, und Dunkelheit legte sich nach und nach auf die Landschaft. Im richtigen Moment strahlte dann doch noch einmal die Sonne durch die Wolken und bescherte mir meinen persönlichen magischen Moment, auf den ich als Landschaftsfotograf nicht selten vergeblich warte. Faszination Landschaftsfotografie Der Reiz in meinem Lieblingsgenre – der Landschaftsfotografie – liegt für mich im Entdecken. Reisen und dabei hautnah die Kräfte der Elemente erleben. Strapazen auf mich nehmen, aber dafür auch eine Verbundenheit mit der Natur empfinden, die mich sogleich für vieles vollumfänglich entlohnt. Und wenn dann auch noch die Landschaft für Momente in ein besonderes Licht getaucht wird, stellen sich mir sinnbildlich die Nackenhaare auf. Schon während meiner Jugend habe ich den Umgang mit und den Aufenthalt in der Natur geliebt. Anstatt durch die Straßen zu ziehen, habe ich lieber eine Entdeckungstour in die nahe gelegenen Wälder meiner bayerisch-schwäbischen Heimat unternommen. Was früher 10 Stefan Hefele Spielerei war, hat bis heute nichts an Reiz verloren, und glücklicherweise ist es mir gelungen, diese Leidenschaft mit meinem Beruf zu verbinden. Landschaftsfotografie bedeutet häufig, dem alltäglichen Trubel zu entfliehen und Frieden in der Einsamkeit, in der Abgeschiedenheit zu finden. Für manchen mag das abschreckend klingen, allein zehn Tage im dunklen Winter in Nordskandinavien zu verbringen. Für mich ist das aber ein wohltuender Schritt zur Selbstfindung, der nur mit professioneller Vorbereitung und körperlicher Fitness umsetzbar ist. ND-Filter und ND-Verlaufsfilter Oftmals ist es das Ziel in der Landschaftsfotografie, eine längere Belichtung zu erreichen. Sei es, um Wasser weicher zu machen oder Wolken verwischen zu lassen. Um dies zu erreichen, verwende ich Graufilter, sogenannte ND-Filter. Diese neutralen Graufilter gibt es in unterschiedlichen Dichten – von einer Blende Lichtreduzierung bis zu 16 Blenden Lichtreduzierung. Grauverlaufsfilter, sogenannte ND-Verlaufsfilter, setze ich ein, um den im Vergleich zum Vordergrund meist helleren Himmel abzudunkeln. Diese Filter gibt es ebenfalls in unterschiedlichen Dichten wie auch mit weichem oder hartem Verlauf. Ich verwende Filterhalter von Lucroit und Filter von Formatt Hitech. Auf http://lucroit.com erhalten Sie mit meinem Rabattcode »STEFAN10« 10 % Rabatt auf Ihre Bestellung. Der magische Moment, Allgäuer Alpen Wir waren spät dran, aber für einen Moment strahlte die Sonne dann doch noch einmal durch die Wolken, bevor die Dunkelheit hereinbrach. Mein ganz persönlicher magischer Moment. 22 mm (KB) | ƒ16 | 1/15 s | ISO 100 | 0,9 ND-Verlaufsfilter, Stativ Landschaftsfotografie an entfernten und nicht immer leicht erreichbaren Orten ist für mich vor allem auch eine emotionale Herausforderung, die mein kreatives Arbeiten in großem Maße fördert. Die Natur besteht nun mal nicht nur aus blühenden Wiesen im Frühsommer, sondern ist auch leidenschaftlich gut darin, den Menschen vor unterschiedliche Schwierigkeiten und Herausforderungen zu stellen. Sie kennen vielleicht das Gefühl, wenn Sie in den Bergen oder am Meer sind: Man fühlt sich auf einmal ganz klein, aber die ungewohnte Perspektive, der Eindruck, ein Teil von etwas Größerem zu sein, »entfesselt« einen regelrecht. Dennoch ist da dieses Gefühl, letztendlich auch ein Spielball der Naturgewalten zu sein. Und genau dieses Ungezähmte, Wilde Landschaftsfotografie 11 Verzaubert im Eis, Auensee in Bayrisch-Schwaben Nicht nur in der Ferne entstehen besondere Aufnahmen. Dieser See, nicht weit von meiner Haustür entfernt, bietet eine traumhafte, nordisch anmutende Landschaft. Im Winter 2012 stimmte dann einfach alles. Bei –17 °C formten sich überall Kristalle, Nebel stieg von der wärmeren Seeoberfläche auf, und beim Anblick des Sonnenaufgangs war ich einfach nur sprachlos. 17 mm (KB) | ƒ13 | 1,3 s | ISO 50 | 0,9 ND-Verlaufsfilter, Stativ und zugleich Ursprüngliche macht für mich auch den Reiz der Natur aus. Sie dann noch in diesen poetischen Momenten mit der Kamera festzuhalten, so dass auch jedes winzige Detail konserviert wird, ist für mich eines der schönsten Dinge der Welt. Die Entdeckerfreude ist uns Menschen schon seit jeher eigen. Berühmte Seefahrer oder auch der erste Mensch auf dem Mond zeugen davon. Ich werde wahrscheinlich keinen gänzlich neuen Landstrich entdecken, versuche aber jede Landschaft, die ich ins Auge gefasst habe, in Lichtstimmungen festzuhalten, die vielfach zu- 12 Stefan Hefele mindest ein Gefühl von Neuanfang und unerforschter Exotik vermitteln. Mein bestes Bild Bei der Wahl meines besten Bildes musste ich mich tatsächlich erst einmal auf die Suche machen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, einen persönlichen Favoriten zu haben. Vielmehr gibt es eine Handvoll auserwählter Werke, die mir zu einem bestimmten Zeitpunkt sehr gut ge- Genuss von Schönheit, Berchtesgadener Land Als Landschaftsfotograf bin ich oft frühmorgens unterwegs, auf der Suche nach außergewöhnlichen Stimmungen. An jenem Morgen am Hintersee im Berchtesgadener Land konnte ich eine ganz besondere Atmosphäre einfangen. 60 mm (KB) | ƒ11 | 1/20 s | ISO 50 | 0,9 ND-Verlaufsfilter, Stativ Landschaftsfotografie 13 fallen. Nun könnte ich ein paar völlig zusammenhanglose Bilder vorstellen, was aber den Umfang dieses Beitrags sprengen und zudem recht beliebig wirken würde. So habe ich ein wenig in mich hineingehorcht und die Suche nach meinem persönlichen Favoriten als eine besondere Aufgabe gesehen. Für mich macht ein gutes Bild eine ins Auge stechende Komposition, eine hervorragende Lichtstimmung und ein starkes Motiv aus. Drei Komponenten, die zu vereinen manchmal schwerer ist, manchmal leichter und manchmal geradezu unmöglich. Ich erinnere mich noch genau an jenen Morgen am Hintersee im Berchtesgadener Land, als ich bereits das erste Shooting beendet hatte. Auf dem Rückweg wanderte ich an einer Bucht vorbei und konnte meinen Augen kaum trauen. Diagonale God Rays (siehe Kasten unten) bahnten sich ihren Weg durch den Bergwald am Seeufer und modellierten mit ihrer perfekten Spiegelung ein Dreieck. Mit dem passenden Bildausschnitt brachte ich die märchenhaft anmutende Vegetation in absoluten Einklang mit genau diesem Dreieck. Von der Sonne in Gold getauchter Morgennebel zog geheimnisvoll über den See und vollendete die meisterhaft komponierte Szene. Die Romantik konnte ich in diesem Moment kaum spüren, denn es musste alles äußerst schnell gehen, wie das so oft in der Landschaftsfotografie der Fall ist. Kamera zücken, Stativ aufstellen, Grauverlaufsfilter anbringen, Bildausschnitt komponieren, Schärfe einstellen, Belichtung anpassen. Zwei, drei Wiederholungen, und das Foto war im Kasten. Ich versuchte noch ein Querformat, doch dieses eine Bild war im Ergebnis einfach unschlagbar. Kaum dass ich fertig wurde, lockerte sich auch schon der Nebel. Der Zauber war verflogen, und die Strahlen schienen nicht mehr so perfekt angeordnet. Mein Herz raste, und ich war überglücklich, im richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gewesen zu sein. Mir war zwar klar, dass mir ein sehr schönes Foto gelungen war, aber als ich 2014 mit diesem Motiv mehrere renommierte Preise gewonnen hatte, wurde es mir noch bewusster. Unterwegs in der Natur Jede Reise beginnt üblicherweise mit einer guten Vorbereitung. Neben den allgemeinen Urlaubsplanungen wie Transport, Unterkunft, Versicherungen, Ausrüstung etc. muss speziell alles rund um das Thema Fotografie vorbereitet werden. Dazu gehört auch das Beschaffen von bestimmten Informationen wie Sonnenständen, Gezeitentabellen, Mondphasen, Polarlichtervorhersage etc. So lautet zumindest die Theorie, und eine gute Planung trägt tatsächlich in der Regel dazu bei, die Situationen vor Ort zu vereinfachen. Ich kann allerdings auch mit Sicherheit sagen, dass bei jeder Tour mehr als 50 % Hilfreiche Vorhersageseiten E E God Rays God Rays sind eine Anordnung von sichtbaren Strahlen, die dadurch entstehen, dass die Sonne durch Wolken oder Nebel verdeckt wird. Scheint die Sonne zusätzlich noch durch lichtes Buschwerk oder Baumkronen, entstehen oft atemberaubende und ganz besonders effektvolle Strahlen. Aber auch die Gischt von Wasser kann solche Strahlen erzeugen. Beispiele für God Rays finden Sie auf den Seiten 13 und 18. 14 Stefan Hefele E Sonnenstände und Mondphasen http://photoephemeris.com Praktische Seite zur Ermittlung der Sonnen- und Mondstände an jedem beliebigen Ort unseres Planeten Gezeiten Gezeitentabellen, sogenannte Time Tables, müssen je nach Region recherchiert werden. Mit den üblichen Suchmaschinen kommen Sie hier schnell ans Ziel. Polarlichtervorhersage www.aurora-service.eu/aurora-forecast Der sogenannte KP-Wert (0 – 9) gilt als Indikator für Polarlichter. Je höher die Zahl, desto weiter ist eine Beobachtung in Richtung Äquator möglich. der Bilder durch zufällige Ereignisse vor Ort beeinflusst werden. Denken Sie dabei auch an Wetterumbrüche, unerwartete Wasserstände oder gar Naturkatastrophen! Allein im winterlichen Nordskandinavien | Die Natur ist unberechenbar, und hat gerade deswegen auch so unglaublich mannigfaltige Facetten und übt eine unwiderstehliche Faszination auf uns Menschen aus. Bei meinen Touren durch unterschiedlichstes Terrain ertappe ich mich jedes Mal dabei, wie alle meine Sinne von Mutter Natur in ihren Bann gezogen werden. Als ich einmal bei einer Singletour orientierungslos in einem Schneesturm durch die vereiste Tundralandschaft Finnlands wanderte, war ich zwar mit Schneeschuhen, Allein oder mit der Familie unterwegs Links: Absolute Einsamkeit spürt man erst in der Abgeschiedenheit, wie hier in der verschneiten Tundra Finnlands. Was für viele unvorstellbar ist, bedeutet für mich eine ganz besondere Inspiration. Rechts: Erfahrungen zu teilen ist mitunter das Schönste und spornt zu weiteren Unternehmungen an. Dies mit der eigenen Familie erleben zu können ist ein schier unbezahlbares Geschenk. »Predator«, Finnland Wie zu bizarren Fantasiegestalten erstarrt, formen sich die kleinen, von Wind, Kälte und Schnee gepeitschten Kiefern in Nordfinnland. Einige Monate müssen sie durchhalten, bis die wärmende Sonne auch in diese Regionen vordringt. 14 mm (KB) | ƒ10 | 0,5 s | ISO 100 | Stativ Landschaftsfotografie 15 dicken Klamotten, Kopflampe und ausreichend Proviant ausgerüstet, doch die innere Stimme geisterte auf der Suche nach »Ordnung« panisch in meinem Kopf umher. Jene Ordnung, die man von zu Hause oder von den zahlreichen Wandertouren mit der Familie gewohnt ist, ist in der Wildnis praktisch kaum vorhanden. Hier muss man sich auf seine Instinkte verlassen und tiefes Urvertrauen in die Natur haben. Ich bin der Überzeugung, dass dieses Urvertrauen in die Natur angeboren ist wie auch das Urvertrauen eines Neugeborenen in seine Eltern. Die Natur war über lange Zeit unser primärer (Über-)Lebensraum. Diese Tatsache birgt eine tiefe Bindung zwischen Mensch und Natur, und der Aufenthalt in ihr sollte eigentlich für jeden ein Urbedürfnis sein. Die Eisbucht, Lofoten Durch Zufall stieß ich auf diese Eisbucht, in der die Gezeiten wahre Kunstwerke aus Eis geformt haben. 15 mm (KB) | ƒ16 | 1/25 s | ISO 50 | 0,9 ND-Verlaufsfilter, Stativ Vermutlich ruht das Vertrauen aufgrund des Überflusses an Zivilisation und Ordnung häufig wie im Schlummer, doch glaube ich fest daran, dass wir alle mit ein wenig Übung dieses Urvertrauen, das Verschmelzen mit der Natur wieder erlernen und – was noch viel besser ist – zu einem genussvollen Erlebnis machen können. Mit der Familie im Nordwesten der USA | Im heutigen digitalen Zeitalter haben es gerade junge Menschen schwer, ihr ureigenstes Naturselbstverständnis auch wirklich zu leben. Alle Sinne werden durch die allgegenwärtigen und jederzeit verfügbaren Medien im Überfluss stimuliert. Meine Frau und ich möchten unserem Nachwuchs zumindest die Chance lassen, die Natur für sich zu entdecken; ihn also Schritt für Schritt hinführen. So kam es, dass wir mit unserem damals acht Monate alten Sohn für sechs Wochen in die USA reisten. Sechs Wochen im Camping-Van und immer an der frischen Luft. Sand und Wind, Oregon Dunes, USA Wenn starker Wind, tief stehendes (Gegen-)Licht und eine übernatürlich wirkende Dünenlandschaft zusammenkommen, können geniale Stimmungen entstehen. Einziger Wermutstropfen: Der vom Sturm gepeitschte Sand berührte nicht nur meine Sinne, sondern kroch auch in jede noch so kleine Ritze meiner Ausrüstung. 200 mm (KB) | ƒ16 | 1/60 s | ISO 400 | Stativ Die Tour führte uns in die Region, die als Pazifischer Nordwesten bezeichnet wird. Ein relativ dünn besiedeltes und äußerst waldreiches Gebiet, das sich von Nordkalifornien über Oregon und Washington bis hin zur kanadischen Grenze zieht. Landschaftlich bietet diese Gegend eine große Vielfalt. Klare Bergseen und einsame, schneebedeckte Vulkangipfel säumen die Kaskadenkette im Inland. Die raue Pazifikküste trumpft dagegen mit zahlreichen Felsnadeln, bizarren Küstenabschnitten und urtümlichen Redwood-Wäldern auf. Dazwischen ist das Land oft mit riesigen Waldgebieten bedeckt. Treasure Island, Point of Arches, USA Mithilfe eines Graufilters konnte ich hier im direkten Gegenlicht ein wenig länger belichten, um die Wasserspritzer der gerade eintretenden Flut einzufangen. 28 mm (KB) | ƒ16 | 2,5 s | ISO 50 | 1,5 ND-Filter, Stativ 16 Stefan Hefele Landschaftsfotografie 17 Meine Bilder entstehen oft in den Dämmerungsphasen – dann, wenn das Licht die Landschaft in zunächst goldene und später blutrote Farben taucht. Gerade im Sommer finden die Tag- und Nachtwechsel in den mittleren Breiten allerdings zu eher kleinkinderunfreundlichen Uhrzeiten statt – also morgens schon gegen fünf Uhr und abends bis etwa 22 Uhr. Wir haben dies daher so gelöst, dass ich die Wege oftmals doppelt zurücklegte. Einmal tagsüber mit Familie und dann ein weiteres Mal morgens oder abends allein. Längere Touren wanderten wir jedoch ausschließlich nur ein einziges Mal. Zu fortgeschrittener Stunde trennten Wunderbare Schöpfung, Wahclella Falls, USA Zahlreiche Wasserfälle schmücken die äußerst fotogene Columbia River Gorge in Oregon. Mit diesem speziellen Lichtspiel in der Gischt der Wahclella Falls habe ich meinen Favoriten gefunden. 27 mm (KB) | ƒ11 | 1,6 s | ISO 64 | Polfilter, Stativ Dunkle, märchenhafte Wälder, die von etlichen Wasserfällen geschmückt sind. Hier sagen sich noch Fuchs und Hase Gute Nacht. Auch große Säugetiere, wie Schwarzbären und Elche, nennen diese Wälder ihr Zuhause. Natur muss bewahrt werden. Hier sehe ich uns Menschen in der Verantwortung. Mit ein wenig gesundem Menschenverstand kann jeder ohne große Mühe seinen Teil zum Naturschutz beitragen. Wer sich mit Sinn und Verstand durch die heimatlichen (und fernen) Gefilde bewegt, jegliche Abfälle nicht in der Natur entsorgt und der Tier- und Pflanzenwelt mit gebührendem Respekt gegenübertritt, handelt nicht nur der Umwelt zuliebe, sondern auch nachhaltig und somit im Hinblick auf das Wohl kommender Generationen. 18 Stefan Hefele sich dann unsere Wege. Schließlich musste der Kleine rechtzeitig für die Nachtruhe fertig gemacht werden. Eine solche Strecke liefen wir z. B. am prächtigen Vulkanberg Mount Hood. Es war ein kurviger, steiler Marsch durch dichten Wald. Wir passierten den, wie der Name bereits andeutet, sehr fotogenen Mirror Lake und gingen noch ein paar Kilometer bergauf, bis es an der Zeit für meine Frau war, wieder umzudrehen, um noch bei Helligkeit am Campingwagen anzukommen. Nach einem Picknick setzte ich meinen Marsch in Richtung eines Aussichtspunkts fort, der mir immerzu im Kopf umherschwirrte. Ich hatte keine detaillierte Karte, sondern Natur pur Natur sollte natürlich bleiben, und so gilt es einige allgemeine Regeln beim Aufenthalt in freier Wildbahn zu beachten: E Müll muss wieder mitgenommen werden. Frei nach dem Motto: Was Sie reinbringen, bringen Sie auch wieder raus. E Grundsätzlich gilt: Hinterlassen Sie so wenige Spuren wie möglich. E Ein respektvoller Umgang mit Tieren und Pflanzen ist Grundvoraussetzung. Achten Sie auch darauf, keinen unnötigen Lärm zu machen, um keine Tiere zu stören. E Bringen Sie keinerlei Schadstoffe oder Chemikalien in den Naturkreislauf, und verwenden Sie in allen Situationen ausschließlich umweltfreundliche Reinigungs- und Pflegemittel. E Der Natur zuliebe sollten Sie sich in freier Wildbahn wo immer möglich unmotorisiert bewegen. Kingdom of a Mountain, Mount Hood, USA Hier am Mount Hood konnte ich den Sonnenuntergang nach einem rasanten Aufstieg in vollen Zügen genießen. Den Abstieg musste ich dann bei Dunkelheit angehen. 21 mm (KB) | ƒ16 | 0,6 s | ISO 100 | 0,9 ND-Verlaufsfilter, Stativ Landschaftsfotografie 19 Reaching the Light, Kaskadengebirge, USA Manchmal lohnt es sich auch, einen Blick hinter sich zu werfen. 22 mm (KB) | ƒ16 | 1/10 s | ISO 100 | Stativ nur einen mehr oder weniger guten Ausdruck eines Kartenausschnitts aus dem Internet. Als der schmale Weg immer kurviger wurde und die Landschaft zunehmend karger wurde, stieß ich auf ein altes Geröllfeld, das auch gleichzeitig der höchste Punkt eines Bergrückens war. Eine weite Landschaft öffnete sich vor mir, und ich sah, dass ich am Ziel war. Vor mir thronte der majestätisch anmutende Mount Hood, in eine edle, schneebedeckte Kappe getaucht. Ringsherum nichts als dunkelgrüne Nadelwälder. Wie eine Perle dazwischengebettet, lag der kleine Mirror Lake zu meinen Füßen. Ich suchte mir einen geeigneten Vordergrund und wartete auf die bevorstehende Dämmerung. Während den Mount Hood nur eine dünne, lang gezogene Wolke am Rande der Schneegrenze zierte, zog kurz vor Sonnenuntergang dichter Nebel auf meiner Rückenseite vom Tal in die Höhe auf. Ich beschloss, noch rasch meine bereits eingestellte Perspektive zu wechseln, um das goldene Licht hinter mir einzufangen. Nun war wirklich Schnelligkeit gefragt, da ich wieder zu meinem ersten Standpunkt zurückmusste und nur noch wenige Minuten direktes Seitenlicht hatte. Alles lief wie am Schnürchen. Die letzten Strahlen der Sonne bluteten von links ins Bild hinein und zauberten ein traumhaftes Glühen auf den Berg. Ich war zufrieden, sehr zufrieden. Geheimnisvoll lag der Nebel auf dem Wald, als ich abstieg. Die ersten Meter konnte ich noch im Dämmerlicht zurücklegen. Den tiefer liegenden Teil durch äußerst dichten Nadelwald absolvierte ich mit Kopflampe im Dunkeln. Würde ich behaupten, ich hätte keine Angst vor solchen Strapazen, würde ich allen glattweg ins Gesicht lügen. Eine gesunde Dosis an Angst schützt sehr wahrscheinlich vor so einigen Dummheiten und bringt mich sicherlich manchmal schneller ans Ziel. Ich versuche immer, auf meine Angst zu hören, sie richtig einzuordnen, dabei aber auch darauf zu achten, sich von ihr nicht allzu sehr lähmen zu lassen, um nicht handlungsunfähig zu werden. Es gibt Situationen, die man einfach meistern muss, und dabei hilft natürlich auch die passende Ausrüstung. In dieser Situation hätte ich dank meiner ultrahellen Kopflampe (einer Led Lenser H14R.2 von Zweibrüder) die letzten zwei Kilometer des Abstiegs auch noch in absoluter Dunkelheit bewältigen können. Nach gut einer Stunde kam ich glücklich und beseelt bei meiner Familie am »Basislager Campingwagen« an. Die Nacht war kurz. Am folgenden Morgen klingelte der Wecker für mich schon um halb vier. Ich wollte noch einmal zum Mirror Lake, um ein schönes Foto mit Spiegelung zu bekommen. Zwar musste ich wieder in absoluter Dunkelheit aufsteigen, aber ich bin ein Morgenmensch und bereits zu sehr frühen Uhrzeiten hoch konzentriert. Als ich am Ziel war, hatte ich das nötige Glück: Die Wolken, das Licht und auch die Landschaft spielten mit, und so konnten wir, als ich nach meinen gelungenen Aufnahmen wieder zu meiner Familie abgestiegen war, gemeinsam zufrieden weiterziehen. Natürliche Schönheit, Mount Rainier, USA Während das Tal schon lange schneefrei war, lag Anfang Juni in höheren Lagen noch immer sehr viel Schnee. Das Abschmelzen der weißen Pracht konnte ich am Mount Rainier zu meinen Gunsten nutzen, so dass der halb zugefrorene See als wichtiges Gestaltungsmittel im Bild dient. 24 mm (KB) | ƒ11 | 1/5 s | ISO 50 | 0,9 ND-Verlaufsfilter, Stativ Wizards Finger, Oregon Coast, USA Um den Sonnenstern und die Felsnadel so zu positionieren, war auch ein wenig Glück vonnöten. Nicht selten ist man bei dieser Art von Aufnahmen auf Fortunas Beistand angewiesen. Mit körperlichem Einsatz im rauen, kühlen Pazifik stehend, habe ich so meinen Teil zur Entstehung dieses Fotos beigetragen. 29 mm (KB) | ƒ16 | 0,8 s | ISO 100 | 0,9 ND-Filter, Stativ 20 Stefan Hefele Landschaftsfotografie Natürliches Licht nutzen Der Begriff Fotografie stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet »Malen mit Licht«; ohne Licht ist keine Fotografie möglich. Licht kann, wie Sie wissen, natürlichen oder künstlichen Ursprungs sein. Bei meiner Art der Fotografie bin ich jedoch auf das natürliche Licht angewiesen, das von der Sonne ausgeht. Je nach Jahreszeit, Tageszeit, Grad der Luftverschmutzung, geografischer Lage und Wetter ist das Licht ständig im Wechsel. Die für mich fotografisch wichtigsten Eigenschaften wie Lichtfarbe, Lichtrichtung und Härte des Lichts sind somit einer unaufhaltsamen Veränderung unterlegen. Grünes Feuer, Madeira Der Lorbeerwald auf Madeira ist ein Weltkulturerbe der UNESCO. Immer wieder verzaubern Nebelschwaden vom Atlantik ihn in einen Märchenwald. Durch die dünne Nebelschicht wirft die Sonne warmes, weiches Licht zwischen die Bäume und wirkt dabei wie eine übergroße Softbox. 16 mm (KB) | ƒ10 | 1/5 s | ISO 100 | Stativ Die Goldene Stunde | Jede Lichtsituation besitzt eine andere Farbe. So verbinden wir einen Sonnenaufgang oder -untergang mit einem warmen, rötlichen Licht, das sich sogar bis Pink und Lila verfärben kann. Die Zeit der jeweiligen Dämmerungsphasen am Morgen und am Abend wird auch gerne als Goldene Stunde (die Stunde nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang) bezeichnet. In diesem Zeitraum präsentiert sich das Sonnenlicht meist in satten goldgelben Tönen und lässt gerade ein Motiv im Gegenlicht in einem sehr schönen Licht erstrahlen. Die Blaue Stunde | Sobald die Sonne jedoch hinter den Horizont wandert, verfärbt sich das Licht schnell von satten Rottönen hin zu einem dunklen Lila, bis schließlich der komplette Himmel für eine kurze Zeit von etwa einer halben Stunde in ein dunkles, kühles Blau getaucht ist. (Meist bin ich dann der Letzte vor Ort, 22 Stefan Hefele Umarmung aus Gold, Münchner Fünfseenland Diese Aufnahme entstand frühmorgens im bayerischen Fünfseenland. Wie Arme greifen die starken Äste nach der aufgehenden Sonne, die in warmen, goldenen Tönen den Tag einläutet. In der Gegenlichtsituation strahlen besonders die Blätter, während die Äste ein schöner Lichtsaum schmückt. 14 mm (KB) | ƒ16 | 1/6 s | ISO 50 | Stativ da die meisten Fotografen schon zusammengepackt haben.) Gerade bei wolkenlosem Himmel oder wenig Bewölkung kann diese Eigenschaft der Lichtfarbe gut beobachtet werden. Dieses kurze Zeitfenster bietet ein sehr wirkungsvolles Licht, das nicht nur in der Architekturfotografie Anklang findet, sondern auch häufig für ruhige, stimmungsvolle Aufnahmen in der Landschaftsfotografie eingesetzt wird. Landschaftsfotografie 23 Wie das nun einmal so ist, hat jeder Fotograf ein persönliches »Leibgericht«, also eine individuelle Vorliebe für ein bestimmtes Licht. So erinnere ich mich zurück an die Anfangszeiten meiner Fotografie vor etwa sieben Jahren. Als ich meine erste große Fototour nach Australien unternahm, habe ich liebend gerne Aufnahmen während der Blauen Stunde gefertigt. Das ist die Zeit zwischen der Dämmerung nach Sonnenuntergang und vor dem Eintritt der nächtlichen Dunkelheit, wenn der Himmel also noch nicht ganz schwarz ist. (Auch morgens, vor Sonnenaufgang, spricht man von der Blauen Stunde.) Diese Zeit war für mich perfekt, um auch ein wenig mit den einzelnen Facetten der Langzeitbelichtung zu experimentieren. Es ist eine friedliche, stille Phase des Tages. Die Zeit, in der die Sonne sich verabschiedet hat und die Nacht ihren dunklen Schleier sanft über die Landschaft legt. Eine geheimnisvolle Zeit, die meistens jedoch nicht so viel an Dramatik und Dynamik erzeugt wie das Gegenlicht des späten Abends oder frühen Morgens – der Zeit der Goldenen Stunde. Blauer Sonnenaufgang, Dove Lake, Tasmanien Eine halbe bis eine Stunde vor Sonnenaufgang habe ich mich entsprechend am australischen Dove Lake positioniert, um die perfekte Spiegelung der Berge im bläulichen Licht der Blauen Stunde zu fotografieren. Windstille, wolkenloser Himmel und überlegt positionierte Steine lassen die Aufnahme sehr sauber und klar erscheinen. 28 mm (KB) | ƒ13 | 30 s | ISO 200 | Stativ 24 Stefan Hefele
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