WIR LIEBEN HUNDE!

dogs
NR. 5 0 JANUAR–FEBRUAR 2015
dogs
»Die 50 besten Expertentipps«
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WIR
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Das Schönheitsideal
Schwarz-braun mit einer
schwarzen Maske, dabei immer
gespitzte Ohren – der
Deutsche Schäferhund lernt
in jeder Sekunde.
RASSE
Deutscher Schäferhund
Der Deutsche
Schäferhund,
eine Legende auf
vier Pfoten
Lange hieß es: ausgebellt. Der deutscheste unter allen Hunden
kämpfte mit menschlichen Vorurteilen und Machenschaften. Eine neue
Generation von Liebhabern rückt das Bild der Rasse zurecht
TEXT
Siv-Oriane Saxien
Foto Rachael Hale McKenna
K
ommissar Rex ist ein toller Kerl. Er springt durch
Glasfenster, befreit sich aus Käfigen und Kellern, ist
hinter Wurstsemmeln her und weckt seinen Moser,
Einsatzleiter bei der Wiener Polizei, wenn der ver­
schläft. Den hat die Frau verlassen, allein mit den
Pokalen­aus seiner Boxervergangenheit lebt er in einer fast möbel­
losen Wohnung, bis er auf den Polizeihund trifft. Rex wählt sich
Moser. Beim Blick aus seinen dunkelbernsteinfarbenen Hunde­
augen schmilzt der wie jeder Fernsehzuschauer dahin. Von Anfang
an schmieden die beiden unsichtbare Seelenbande zusammen:
„Wenn du was brauchst, weckst du mich …“, sagt er, klopft seinem
Partner den Kopf und begibt sich ins Bett. So wunderbar mühelos
kann Freundschaft sein. Zehn Jahre lang, 1994 bis 2004, lief „Kom­
missar Rex“, die 195 Folgen wurden in 107 Ländern ausgestrahlt.
Kein Wunder, schon vorher war der Deutsche Schäferhund der
weltweit populärste Rassehund überhaupt. Doch auch wenn die
vom Verband für das Deutsche Hundewesen VDH geführte Wel­
penstatistik stark rückläufig ist, minus fünfzig bis sechzig Prozent
seit 1999, er bleibt mit 11 500 Welpen pro Jahr die Nummer eins.
Aber wo ist Rex geblieben? Am Hundestrand in Timmendorf an
der Ostsee ist keiner zu sehen. In Hamburgs Hundeparks fegen
Cocker­Spaniel und jede Menge Retriever über die Wiesen, kein
Schäferhund. Er ist nicht auf den Straßen beim Gassigehen dabei,
nicht in den Gärten der Schlafdörfer um die große Stadt. Auf gro­
ßen Hundemessen kämmen und zupfen Züchter neben den Lieb­
lingsrassen auch an altmodischen Teckeln und Pudeln herum.
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W
er anfängt zu suchen, steckt sofort mitten in
den finstersten Krimis, liest von Leistungsrich­
tern, die sich manipulieren lassen, denn die Tro­
phäen, die Rex im Ring erwirbt, machen ihn zum
teuren Anlageobjekt. Man stößt auf Züchter, die
die Menge an Würfen – zehn pro Jahr sind erlaubt – vervielfachen
und mit Abstammungspapieren Schindluder treiben. Hört von
Funktionären, die alles decken, und Händlern, die sich die Hände
reiben. Kaufpreis gegen Deckakte, sechzigmal im Jahr ist erlaubt,
zusätzlich dreißigmal im Ausland. Ein Deckakt kostet im Schnitt so
viel wie ein Welpe. Wenige Anlagen bringen mehr Gewinn.­Und am
deutschesten ist der Deutsche Schäferhund doch aus Deutschland.
Was für ein glänzendes Geschäft. Und welche Schmach für den
hochtalentierten Hund.
Trophäenfeuerwerk, astronomische Preise und Gier sind eine
grell schillernde Facette der Wahrnehmung. Es gibt auch andere:
Michael Wandtke, Züchter aus Giekau am Selenter See, nicht weit
von Kiel, findet, dass die Hunde bei uns schwer abzusetzen seien,
„man muss Platz haben, Zeit und immun sein gegen die öffentliche
Einschätzung“. Ein Grund, warum mancher mit seinem Hund lie­
ber im Garten bleibt. So sehr wir Kommissar Rex ins Herz geschlos­
sen haben, sein Double in der Wirklichkeit hat einen schlechten
Ruf. Seit der Hatz auf die sogenannten Listenhunde ist der Schäfer­
hund auch noch als besonders bissig ins Gerede gekommen.
„Lässt ab.“ Hinter den zwei einfachen Worten in dem Zeugnis,
das jeder Deutsche Schäferhund für die Zuchtzulassung braucht,
versteckt sich die Tatsache, dass er vorher zubeißt. Das ist Teil des
Schutzdiensttests, den die Rassebegründer 1901 entwickelten. In
einer Zeit, in der Schafherden selten wurden, wollten sie die Kar­
riere ihres Gebrauchshunds bei Polizei und Militär befördern. Da­
für trainiert der Mensch seinen Hund, bringt ihm neben Unterord­
Trainiert wird Gehorsam,
am intensivsten,
wenn der Hund mitten im
Beutetrieb steckt
und trotzdem ablässt
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nung und Fährtelesen auch bei, einen Figuranten am Arm zu
packen und festzuhalten, selbst wenn der auf ihn – eher symbolisch
– einschlägt. Der Schutzdiensttest wurde weltweit berühmt und ist
heute nicht nur als Teil der Polizeihundausbildung, sondern in sof­
ter Version eine beliebte Disziplin im Hundesport.
Aber ist diese Beißerei nicht eine gefährliche Gratwanderung
und in unserer Zeit unnötig anachronistisch? Es gibt keine bundes­
weite Beißstatistik, nur einzelne Aufstellungen, für Sachsen, Thü­
ringen, Berlin oder Nordrhein-Westfalen, und oft geht es darum,
irgendwie­zu beweisen, dass die sogenannten Kampfhunde gar
nicht so gefährlich sind. Dennoch fällt auf, dass an den meisten ge­
meldeten Beißunfällen Schäferhunde beteiligt sind. Es sind einfa­
che Zahlen, hinter denen meist kein prozentuales Verhältnis steht,
auch nicht, wie es zu der Situation kam. Der SV reagiert mit drei
Argumenten auf das unvorteilhafte Ergebnis. Erstens: „Wer ge­
währleistet, dass bei der Erfassung nicht auch schäferhundähnliche
Rassen und Mischlinge als Deutsche Schäferhunde gelistet wer­
den.“ Zweitens: „Würde die Anzahl der Vorfälle in Relation zur Po­
pulation gesetzt, ergebe sich ein anderer Eindruck.“ Eine Viertel­
million Schäferhunde lebt in Deutschland, so schätzt man. Drittens:
„Das Problem liegt am anderen Ende der Leine.“ Es ist der Mensch,
der seinen Hund bildet. Er ist verantwortlich. Klar soweit.
Leistungshüten in Riesa in Sachsen. Drei Tage, 350 Schafe. Bun­
dessiegerin wurde die dreijährige Blanka vom Laster Schafshof.
Blanka ist schwarz wie Kohle, schlank, beweglich wie ein Wiesel.
Sofort steht sie vorn an der Tür. Die Ohren scheinen übergroß, die
Augen sind auf den Schäfer geheftet. Seit fünfzig Jahren hütet Win­
fried Weinhold Schafe, führt ihn sein täglicher Weg auf die Wiesen
und Dämme an der Elbe. „Wenn ich mit dem Hund gehe und er
vierzehn Tage kein Schaf gebissen hat, kann ich ihn gleich zu Hause
lassen, er verschafft sich nie Respekt.“ Fachtechnisch glatt geschlif­
fen, heißt sein unverblümtes Beißen beim Hütesport: Nacken-,
Keulen- und Rippengriff. Nur die sind erlaubt und werden beim
Leistungshüten beobachtet. Der Hund muss beißen, ohne Schaden
zu machen. Der Beutetrieb darf nicht durchkommen. „Das ist hohe
Schule.“ Und lang nicht alles. Sensibel ist die Kooperation von
Haupthund (oder Halbhund, weil er die halbe Herde dirigiert) und
Beihund, der eine selbstständig, der andere etwas ruhiger, beim
Schäfer. „Das muss harmonieren.“ Einhundertzwanzigmal ist Win­
fried Weinhold beim Leistungshüten dabei gewesen, viermal war er
deutscher Meister. Er hat siebzig Hunde ausgebildet: „Fünfund­
dreißig sind gut geworden“. Er sagt: Beim ersten ist es oft leicht,
schwer wird es beim zweiten, wenn die Erwartungen vom ersten
Hund festgelegt sind. Er ist Schäfer, kein Idealist.
Ortsgruppe Buxtehude: „Manche trainieren nur die drei Male in
der Woche, an denen sie auf dem Platz kommen, andere üben auch
zu Hause“, sagt Frank Wolfraum. „Beides ist gut, auch wenn es nur
hier geschieht. Die Hunde wissen dann sofort, dass es ums Arbeiten
geht.“ Lucky stürmt auf den Schutzdiensthelfer zu, springt auf den
dick gepolsterten Arm zu, beißt hinein und lässt sich in der Luft he­
rumwirbeln. „Aus!“ Herrchen ruft, Lucky lässt ab. Die Rute wedelt.
Das Spiel ist wunderbar. Ohren auf Habacht. Noch einmal, wieder
springt Lucky, fasst und darf mit dem dicken Armpolster abziehen,
seiner Beute. Jetzt darf er sie haben. Trainiert wird damit
Foto Peter Rigaud/Laif
Nur von Nummer eins, dem Schäfer, taucht gerade eine Handvoll
auf. Ins Ausland verschwunden! 25 Prozent werden exportiert,
schätzt der Verein für Deutsche Schäferhunde, kurz SV. Vielleicht
eine diplomatische Zahl. China, Korea, Japan, USA, neuerdings
Russland, so hört man, seien die Märkte. Besonders in China lieben
sie den vierbeinigen Champion. Dort erzielen Zuchtschaugewinner
sechsstellige Preise. Solche Summen haben den Schäferhund zum
Geschäftsmodell gemacht, anfällig für Anschubhilfen, Bakschisch,
Eine-Hand-wäscht-die-andere-Aktionen.
Multi-Champion
Weltsieger in der Hochzucht
und damit schönster Schäfer 2010
war Ober aus dem Zwinger
„von Bad Boll“, eine der größten und
international bekanntesten
deutschen Zuchtstätten. Er ist ein
übermittelgroßer Rüde.
»Ohne Leistung haben sie nur
die halbe Faszination«
Gehorsam, am intensivsten, wenn der Hund mitten im Beutetrieb
steckt und trotzdem ablässt, wenn Herrchen das will. Kann er das,
wird er es auch in anderen brenzligen Situationen tun. Was gewal­
tig aussieht, ist Ergebnis geduldigen Lernens, erst mit einem Leder­
lappen, dann mit einer Stoffwurst, die zwischen den Händen gehal­
ten wird, dann mit Ansturm auf Arm und Körper des Helfers. Der
Hund wird sich stets nur für die Polsterbeute interessieren.
Noch einmal: Warum den Beutetrieb für die Zuchtzulassung erst
reizen, warum ihn lebendig halten? Bei Jagdhunden rät man von
Ballspielen ab, wenn sie nicht auf die Jagd gehen dürfen. „Weil“, so
Wolfraum, „ich mir nur sicher sein kann, dass der Hund in brenz­
ligen Situationen wesensfest bleibt, wenn ich ihn getestet habe.“
46 Mitglieder hat der Ortsverein, 20 aktive, 12 bilden den harten
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Kern. Geübt wird auch die Souveränität des Hundes. Gäste können
kommen, sie werden ihn kaum interessieren, das hat er von klein
auf gelernt. „Wichtig, denn viele Menschen haben Angst vor den
großen Hunden.“ Was die Menschen lernen müssten: „Respekt vor
dem Hund. Ich tätschle doch auch nicht jede fremde Frau.“
F
rauen sind Sieger! „Früher führten Männer den Hund,
Frauen die Kantine“, kalauert Heiko Grube. Jahrzehnte
war der Hundeplatz Männerdomäne, und das Leitmot­
to hieß: Hauptsache, der Hund beißt. „Gott sei Dank ist
das vorbei“, sagt Grube und lobt Frauen dafür, dass sie
mit „mehr Emotion und Empathie“ die Atmosphäre im Verein
verändern. 2013 legten Frauen 42 Prozent aller Prüfungen ab. Cha­
Ruhe vor dem Sturm
Foto Rachael Hale McKenna
Noch ist die Schäferhündin
Mafia sechs Monate
jung und auf dem Sprung für
hoffentlich spannende
Beschäftigung.
rakteristisch ist ihr hoher Anteil am extrem zeitaufwendigen Ret­
tungsdienst: 68 Prozent Frauen. Aber auch bei der großen IPO, der
Internationalen Prüfungsordnung für Gebrauchshunde, das heißt
Fährte, Unterordnung und Schutzdienst, sind es über 36 Prozent
und zwar auf den ersten Rängen. Auch wenn Frauen generell Un­
terordnung wichtiger finden, als „dass der Hund beißt“, heißt das
nicht, dass sie den Schäfer neu interpretieren.
Hund bleibt Hund. „Er gehört nicht unbedingt zu den Pazifisten“,
sagt Ursula Zabel, die wie viele Kenner seit Jahrzehnten ein Ausein­
anderdriften der Arbeits- und Schönheitslinie bei den Schäferhun­
den beobachtet. Sie ist Geschäftsstellenleiterin des zweiten, noch
kleinen Vereins für Deutsche Schäferhunde im VDH, des RSV2000,
der sich auf die Leistungszucht konzentriert. „Natürlich kann man
einen Schäferhund als reinen Familienhund halten, wenn man ihn
früh mit anderen Rassen zusammenbringt, er wird gut mit ihnen
auskommen. Diese Hunde lernen ständig.“ Aber „ohne Leistung“,
so Ursula Zabel, „haben Sie nur die halbe Faszination.“
Barbara Ullrich-Kornradt sieht es ähnlich. Sie arbeitet ihren
Drago in drei Sportarten: Ausstellungssport, Rettungs- und inten­
siv Schutzhund. Hundesport ist für sie wie ein Virus. Schon mit
zwölf bildete sie ihren ersten Schäfer aus. Dann kamen Studium,
Familie, Aufbau ihrer Arztpraxis. Ein Hund fehlte ihr, nicht der
Sport, so dachte sie. Der Welpe kam ins Haus, ein Besuch auf
dem Hundeplatz folgte, schon war der Virus da. Das Training mit
Drago macht sie glücklich und ihn zum ausgeglichenen Familien­
hund, womit die beiden das Vorurteil ausräumen, einzig die
Rettungsdienst Ein Langhaar-Schäferhund
bereitet sich mit einer Partie Klettern während der 2011 in Belgien
ausgetragenen Weltmeisterschaft auf den Wettkampf vor.
Unterordnung Blickkontakt ist
das Geheimnis. Er muss aufrechtgehalten,
sein, damit die Konzentration des
Hundes bei Frauchen liegt. Aufgabe hier
ist, direkt neben ihr zu gehen.
Dreimal
Weltmeister
in aufeinanderfolgenden Jahren.
Was Hank
vom Weinbergblick schaffte, ist
einmalig. Hier
mitten im Schutzdiensttest.
Leistungslinie Diese Hunde unterscheiden
sich von der schwarz-gelben Hoch- oder Schönheitszucht. Sie sind oft kleiner, mit geradem Rücken
und meist grau wie hier Xuxu vom Ebsdorfergrund.
Gebrauchshunde aus der DDR
Arak aus dem Zwinger „vom Thostgrund“, der sich
zum Ziel gemacht hat, ostdeutsche Zuchtlinien
zu erhalten, die anders als im Westen nicht in eine
Leistungs- und eine Hochzucht aufgeteilt waren.
Leistungsfährte in Bobitz
Einen Tag nach dem anderen, erst auf
Acker, dann auf Saat, hat Khadryze vom Haus
Lohre die 1800 Schritt lange Fährte mit
allen Knicken und Bögen korrekt ausgearbeitet
und ist Sieger.
Deutscher
Schäferhund
Zwinger­haltung mache den Sportsgefährten eifrig und triebvoll.
„Ein typischer alter Zopf.“ Schäferhunde können beides, friedlich
sein und Sportskanone. Wichtiger ist, sich klarzumachen, wie sehr
wir Hunde vermensch­lichen. Genau das mache die Außensicht auf
Schäferhunde und ihre Halter so schwierig. „Sie passen nicht ins
aktuelle Schema. Bei ihnen bleibt der Hund ein Hund.“ Was bedeu­
tet, dass der Schäferhund nicht unbedingt mit anderen Artgenos­
sen spielen will und sein Halter statt auf den üblichen Spazier­
gängen irgendwo in der Feldmark steckt und Fährte übt.
Fotos Sabrina Lemke (4), Jan Redder & Constanze Rähse/pics4dogs.eu, Inhua/Picture Press
L
eistungsfährte in Bobitz. In aller Früh haben die Mit­
glieder im dortigen Ortsverein 32 Fährten gelegt. Jede
1800 Schritte lang, mit acht Schenkeln, sieben Winkeln,
zwei spitzen Bögen, sieben Gegenständen, die gefunden
werden sollen, und zwei frischen Verleitungen im Sinn
von Versuchungen. Das sind Fährten, die die Hauptfährte kreuzen
und erst eine halbe Stunde vor der Übung gelegt werden.
Um zehn Uhr ist der Rand der Landstraße vollgeparkt. 32 Hun­
desportler aus 19 Landesverbänden stehen am Rand der mecklen­
burgischen Landstraße. Dunkle Allwetterjacken, Gummistiefel,
viele sind mit Ferngläsern ausgerüstet. Einzelne laufen auf unsicht­
baren Pfaden, fern von den Fährten, über die aufgeworfenen Schol­
len, treffen sich mitten auf den Äckern. Es ist Anfang November,
die Sonne scheint, und ein leichter Wind weht. Dort, wo es um
Leistung geht, lösen sich Dreiergruppen aus den kleinen Men­
schenansammlungen. Je ein Hundesportler, Leistungsrichter und
Fährtenleger folgen einem Hund, der sie an einer zehn Meter lan­
gen Fährtenleine führt, die Nase am Boden. Gut ist, wenn das Trio
stetig vorankommt. Später wird der Richter das Geschehen kritisch
zusammenfassen: „sucht viel, orientiert intensiv zum Hundeführer,
verweist aber den ersten Gegenstand korrekt“ und so weiter. Stockt
die Bewegung, ist es schlecht und Gemurmel beginnt: „Der leh­
mige Boden ist schwierig, Wind fängt sich in der Scholle“, das
verändert die Fährtenbilder. Die Abbrüche häufen sich an die­
sem Morgen, obwohl hier nur die besten des Jahres antreten.
Fährte braucht viel Erfahrung, die Hunde, die hier antre­
ten, sind im Schnitt sechs bis acht Jahre alt, auch viele der
Besitzer­sind gut über fünfzig. Wunderbare Geschichten von
glücklichen Menschen und ihren Hunden sind zu hören, von
Helmut Kilian zum Beispiel, den das Training mit seinem
fellbeinigen Freund von den Folgen des Herzinfarkts befrei­
te. Am Ende des Wochenendes werden erst ein Mann, dann
zwei junge Frauen mit ihren Hunden auf dem Siegertrepp­
chen stehen. Die Quote dreht sich.
Und da ist Rex. In Wirklichkeit hieß er Santo vom Haus
Ziegelmayer. Die Amerikanerin Teresa Ann Miller trai­
nierte ihn zusammen mit seinem sehr ähnlichen Bruder
Soko, der die Stunts machte: „Alles in einem Film wäre zu
viel für einen Hund gewesen.“ Die erfolgreiche Ausbilderin –
auch Schweinchen Babe kommt aus ihrer Tierschule –
hatte Santo alias Rex ausgesucht, weil er „ein­
fühlsam und leicht auf ihre Zeichen hinter
der Kamera reagierte“. Als Schutzhund war
er „rather a miss“. Knapp daneben.
Geschichte
In der Kaiserzeit aus mittel- und süddeutschen Hütehund­
schlägen kreiert, ist der Deutsche Schäferhund heute der weltweit populärste Rassehund. Begründer der Rasse war Rittmeister Max von Stephanitz. Sein Horand von Grafrath ist die
Nummer 1 im 1899 eröffneten Zuchtbuch. Besonders der Einsatz
in zwei Weltkriegen machte den Deutschen Schäferhund wegen
seines „Kampftriebes“ und seiner Treue berühmt. Prägend ist
das Bild vom schwarz-gelben stockhaarigen Typ, was den Standard immer wieder zum Gegenstand von Diskussio­nen macht.
1933 wurden weiße Hunde mit Zuchtausschluss belegt. Sie bilden heute die eigene Rasse Berger Blanc Suisse. 1991 wurde auch
das Langstockhaar ausgeschlossen, 2008 wieder aufgenommen.
Gezüchtet werden heute, deutlich unterschieden, eine Hochzucht- (Schau-) und eine Leistungslinie. Der gültige Standard
stammt aus dem Jahr 2010.
Klassifikation
FCI-Standard Nr. 166, Gruppe 1 Sektion 1: Schäferhunde
Verwendung
Arbeitsrasse mit den Qualitäten eines Familienhundes;
insbesondere Begleit-, Rettungs-, Therapie-, Schutz-,
Dienst- und Hütehund.
Aussehen GRÖSSE 55 bis 60 cm, Rüden 60 bis 65 cm; Gewicht 22 bis 32 kg,
Rüden 30 bis 40 kg. Aktuelles Zuchtziel ist, Größe und Masse
zu­rückzunehmen, weil sie unter anderem für Degenerationen
des Skeletts verantwortlich gemacht werden. FELL Stockhaar
oder Langstockhaar, beides mit Unterwolle. FARBE schwarz mit
braunen oder gelben Abzeichen, lackschwarz, grau (wolfsfarben). KOPF keilförmig mit spitzen Stehohren und gestreckter
Schnauze. RÜCKEN gerade; man ist bemüht, den Karpfen- oder
Radrücken züchterisch wieder zurückzudrängen. RUTE buschig
und abwärts getragen. PROPORTION etwas länger als hoch.
KONSTITUTION kräftig, aber nicht schwer, wendig.
Charakter
treu, arbeitsbereit mit hohem „will to please“, selbstbewusst;
allgemein kinderlieb, trotzdem sollte man Schäferhunde nicht
mit Kindern allein lassen; mitunter territorial und dominant.
Braucht die Zuwendung seiner Menschen, mindestens zwei Stunden täglich für ausdauerndes Laufen, Arbeiten, Toben; Zwingerhaltung sollte keine Dauerlösung sein.
Pflege
zweimal im Jahr, wenn die Hunde abhaaren, intensives Bürsten;
die äußeren Ohren mit feuchtem Pflegetuch auswischen.
Anfälligkeiten
allgemein widerstandsfähig. Probleme gibt es mit Hüftgelenksund Ellenbogengelenksdysplasie, Cauda-Equina-Syndrom
(Schä­ferlähme, eine Degeneration des hinteren Teils der Wirbelsäule, oft der Grund für Einschränkungen in der Bewegung,
merklich zuerst im Sprung, Hauterkrankungen, Pankreasinsuffizienz (gestörte Verdauung), Krebs, Autoimmunkrankheiten.
Lebenserwartung
10 bis 12 Jahre.
Preis
im Normalfall 600 bis 1200 Euro.
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