- Kommunistischer StudentInnenverband

r0tcrowd
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#25
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Mai 2015
Stadtblatt für Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen
facebook.com/ksvgraz
Uni
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r0tcrowd
„Zum Entfalten
Bei den ÖH-Wahlen von 19. bis 21. Mai kandidierst du für
den KSV. Wie seht ihr die aktuelle Situation auf den Unis?
Alexander Melinz: Die Lage der Studierenden hat
sich in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Durch
Kürzungen bei Familien- und Wohnbeihilfe haben
immer mehr Studierende finanzielle Sorgen. Über 60
Prozent müssen während des Semesters arbeiten, um
sich Leben und Wohnung leisten zu können. Gleichzeitig erschweren verschulte Curricula, zu wenige
Seminar- oder Laborplätze und Hürden wie die StEOP
den Studienfortschritt. Die Uni wird finanziell ausgehungert. Studierende sollen in möglichst kurzer Zeit
zu funktionierenden Teilchen des Systems gemacht
werden. Zeit für persönliche Entfaltung und kreative
Lösungen bleibt kaum.
Immer wieder hört man, es sei kein Geld für die Hochschulen vorhanden...
Alex: Das Geld ist da, es ist nur in den falschen
Händen! Erst kürzlich hat man bei der Rettung der
Hypo gesehen, wie schnell die Regierung immense
Summen bereitstellt, wenn es um Banken und Konzerne geht – und bei der Uni, erzählt man uns, fehle das
Geld. Zwei Prozent des BIP sollten für Unis und FHs
eigentlich eingesetzt werden, tatsächlich sind es nur
knappe 1,4 Prozent. Als KSV fordern wir deshalb eine
Vermögenssteuer, durch die Bildung, Gesundheit und
Soziales finanziert werden sollen. Studiengebühren
lehnen wir klar ab.
www.comunista.at
r0tcrowd
ÖH-Wahl, 19.—21. Mai: KSV & KJÖ
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keine Zeit“
Über die Misere der Unis und die
ÖH als Service- und Mobilisierungseinrichtung sprach die rotcr0wd
mit Alex Melinz, Grazer KSV-KJÖSpitzenkandidat bei den ÖH-Wahlen.
Zum Entfalten keine Zeit. Alex Melinz, KSV2—3
KJÖ Spitzenkandidat in Graz, im Gespräch
Soziale Probleme kennen keine Ferien.
Tätigkeitsberichte des KSV-KJÖ im Sozial4—5
und im Arbeitsreferat der ÖH
Grüße vom Himmelfahrtskommando.
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Aus dem Leben in der Nachwuchswissenschaft
Arbeit zum Nulltarif. Die „Generation
Foto: Han-Do
Praktikum“
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Plötzlich KSV. Ein Gastkommentar
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Aus allen Nähten platzt die Mol-Bio
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Vota Comunista: KSV-KJÖ @ KF
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Worin liegt die Gefahr bei Studiengebühren?
Alex: Jede Statistik zeigt, dass solche Gebühren
soziale Hürden sind. Kinder aus ärmeren Familien
werden dadurch gezwungen, ihr Studium zu beenden – oder beginnen es erst gar nicht. Muss man
Gebühren zahlen, kommt man oft in einen Teufelskreis. Man muss noch mehr arbeiten und kann
dadurch weniger Zeit für sein Studium aufbringen.
Wir warnen auch klar vor Mogelpackungen wie den
nachgelagerten Studiengebühren – so startet man nur
mit einem Schuldenpaket ins Berufsleben.
Draußen vor dem Tore. KSV-KJÖ @ TU
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Wer zahlt, schafft an. KSV-KJÖ @ Meduni
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Der ÖH wird abwechselnd vorgeworfen, zu sehr oder
zu wenig auf Service zu setzen. Wie sieht der KSV die
Aufgaben der ÖH?
Alex: Billige Kopien und Skriptenverkauf sind absolut notwendig. Aber durch sie alleine lassen sich
weder die mangelhafte Anpassung der Stipendien
noch die Teuerungen der Mieten abfedern. Will man
wirklichen Service für die Studierenden leisten, muss
man auch auf gesellschaftlicher Ebene für Verbesserungen eintreten. Hier müssen wir uns gemeinsam
für unsere Rechte stark machen. Gleichzeitig wollen
wir Studierenden unbürokratisch und direkt helfen,
so etwa bei der Mietrechtsberatung mit Elke Kahr.
Auch im Sozialreferat konnten wir vielen Studierenden helfen. Das möchten wir fortsetzen. Darum
ist eine Stimme für den KSV-KJÖ eine Stimme für
soziale Gerechtigkeit.
E s g i bt n i c ht s z u f e i e r n . Ü b e r d i e
Blöd gefragt. FH-Extra
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s i c h e r s o z i a l . Claudia Klimt-Weithaler
16—17
im Interview
EZB-Eröffnung in Frankfurt
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Crowd & Rüben
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Land in der Krise. Eine Ukraine-Reise
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S t u d e nt e n f u t t e r - C u p c a k e s . Te i l 1
ei n e r G e h ei m re z ept - S e r i e
22—23
D e n k e n i s t m o d e r n . Te i l 2 0 d e r
Schachrätsel-Serie
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facebook.com/ksvgraz
KSV-KJÖ @ ÖH
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Soziale
Probleme
kennen
keine
Ferien
Seit Sommer 2013 wird das
Sozialreferat der ÖH Uni Graz
vom KSV geführt. Eine Bilanz.
1.Sozialtopf um 50 Prozent erhöht: Der Sozialtopf dient der Unterstützung Studierender
in sozialen Notlagen. Die Mittel dafür konnten
von 50.000 auf 75.000 Euro aufgestockt werden.
Zudem wurden zahlreiche Verbesserungen in
den Richtlinien durchgesetzt und der maximale
Auszahlungsbetrag pro Studierendem/r um 20
Prozent erhöht.
2.Gratis Mensamenü eingeführt: Studierende,
die aus dem Sozialtopf unterstützt werden,
haben nun täglich die Möglichkeit, gratis in der
Mensa zu essen.
3.Kulturpassausgabestelle eingerichtet: Seit der
KSV das Sozialreferat führt, haben Studierende,
die eine Unterstützung aus dem Sozialtopf oder
aus dem Fördertopf für Studienbeiträge erhalten, die Möglichkeit, kostenlos einen Kulturpass
zu erhalten und damit gratis in zahlreiche Museen, Theater etc. zu gehen.
4.Vergabe der Mensabeihilfe des Landes Steiermark reformiert: Durch unnötige, von der
ÖH aufgestellte Zusatzhürden blieben im
Wirtschaftsjahr bevor der KSV das Referat
übernahm mehr als die Hälfte der vom Land
zur Verfügung gestellten Mittel übrig. Alle
zuvor unnötigerweise aufgestellten Schikanen,
wie Nachweis des Mietvertrags oder der Konwww.comunista.at
toauszüge der letzten drei Monate wurden gestrichen. Durch Verhandlungen mit dem Land
Steiermark wurde erreicht, dass knapp 10.000
Euro an Altmitteln nicht ans Land zurückbezahlt werden mussten. Die Auszahlungen an
Mensabeihilfen konnten so im ersten Wirtschaftsjahr in dem der KSV das Referat führte,
verdreifacht werden.
5.Vinzimarkt Einkaufsberechtigung eingeführt:
Studierende, die sich Lebensmittel in normalen
Supermärkten nicht leisten können, können
sich nun im Sozialreferat eine Einkaufsberechtigung für die beiden Grazer Vinzimärkte
ausstellen lassen. Lebensmittel kosten in den
beiden Sozialmärkten maximal 30 Prozent des
Normalverkaufspreises in Supermärkten.
6.Sozialbroschüre erstellt: Um Studierende an
der Uni Graz über ihre Rechte aufzuklären,
wurde von uns eine Sozialbroschüre erstellt.
Hier findet ihr alle Informationen von A wie Arbeiterkammerbeihilfe bis V wie Vinzimarkt. Die
Broschüre steht auch unter soziales.oehunigraz.at
zum Download bereit.
7.Sozialreferatsvorträge in den Orientierungslehrveranstaltungen: Um Erstsemestrige über
ihre Rechte zu informieren, werden zusätzlich
zu den Beratungen im Rahmen der Erstsemestri-
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KSV-KJÖ @ ÖH
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Arbeitsrecht
statt „Finance
Breakfast“
Der KSV im Arbeitsreferat
A
Foto: kjoe.at
„Geld für Bildung statt für Banken“ fordert der KSV. Er macht
sich für ein Topticket, das auch für Studierende gilt, stark und
konnte gemeinsam mit der KPÖ zweimal die Abschaffung
des Mobilitätsschecks verhindern. Er organisiert die Mietrechtsberatung mit KPÖ-Wohnungsstadträtin Elke Kahr,
den Protestsongcontest, das „Kicken gegen rechts“ sowie
Diskussionen, Filmabende oder Lesekreise.
gen- und MaturantInnenberatung sowie anderer
Workshops, in den Orientierungslehrveranstaltungen Vorträge zu den wichtigsten Beihilfen
und Unterstützungsleistungen abgehalten.
8.Durchgehende Beratung in den Sommerferien
eingeführt: Soziale Probleme kennen keine Ferien. Daher hat das Sozialreferat erstmals auch
in den Sommerferien durchgehend geöffnet.
Auch Mailanfragen werden in den Ferien zügig
bearbeitet.
9.Muttersprachliche Beratung eingeführt: Die
größte Gruppe mit nichtdeutscher Muttersprache stellen Studierende aus dem ehemaligen
Jugoslawien. Gerade jenen, die neu in Graz sind,
bieten wir mit sechs Stunden wöchentlicher
Beratung in Bosnisch/Kroatisch/Serbisch eine
Anlaufstelle bei der die sprachlichen Barrieren
wegfallen. Zudem bieten wir seit diesem Semester auch Beratung in Russisch und Ukrainisch an.
uch das Arbeitsreferat wurde in der aktuellen Exekutivperiode von einer KSV-Referentin, Belinda
Zangerl, geleitet. Standen in vergangenen Perioden
Veranstaltungen wie ein „Banking & Finance Breakfast“
auf dem Programm des Arbeitsreferates, so wurde durch
den KSV der Fokus darauf gelegt, denjenigen Studierenden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, die sich ihren
Lebensunterhalt in – oft prekären – Arbeitsverhältnissen
verdienen müssen.
1. So bietet das Arbeitsreferat aktuell ein durchgängiges
Beratungsangebot zu fünf Fachgebieten (Versicherungswesen, Gewerkschaft, Arbeitsrecht, Bildungsteilzeit und Bewerbungsassistenz) in drei Sprachen
(deutsch, englisch, türkisch) an.
2. Weiters wurde eine monatlichen Arbeitsrechtsberatung
für Studierende durch die Arbeiterkammer im ÖH-Gebäude, und somit direkt am Campus, eingeführt.
3.Zentral war für das Referat auch die Anbindung der
Interessensvertretungsorgane AK und GPA-djp, der
Gewerkschaft für StudentInnen, an die ÖH. Diese
wurde durch regelmäßige Kooperationen und Vernetzungen verwirklicht.
4.Inhaltlich wurde großer Wert darauf gelegt, die Problematik der Doppelbelastung durch Studium und
Arbeit zu thematisieren und auch als politische Frage
zu behandeln. Dies passierte in eigenen Publikationen
sowie mit der Podiumsdiskussion „working class students, wo ÖH, WKO, GPA, AK und #unibrennt über
ihre verschieden Ansichten diskutierten und nützliche
Tipps weitergaben.
5.Um Studierenden einen einfachen Zugang zu potentiellen Stellenangebote zu bieten, wurde die auf der ÖH
aufliegende Jobmappe regelmäßig aktualisiert.
6.Abgehalten wurde zudem ein Workshop zu weiblicher
Durchsetzungskraft am Arbeitsplatz, gemeinsam mit
dem Referat für feministische Politik.
facebook.com/ksvgraz
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Arbeit
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Grüße vom
Himmelfahrtskommando
Aus dem Leben in der Nachwuchs-Wissenschaft*
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issenschaft wird oft als ein idealtypisches
Beschäftigungsfeld wahrgenommen. Beschäftigte genießen ein gesellschaftliches
Ansehen und verfügen über ein hohes Maß an
sozialem/kulturellem Kapital. Sie haben die
Möglichkeit, tagtäglich kreativ ihre Leidenschaft
auszuüben, genießen flache Hierarchien, flexible
Arbeitszeiten und einen hohen Grad an Selbstorganisation bzw. Eigenverantwortung. Und
gleichzeitig helfen sie, die Welt ein wenig besser
zu verstehen und zu gestalten. Wer würde da
nicht WissenschaftlerIn werden wollen?
Der Einstieg in den Wissenschaftsbetrieb löst
diese naive Vorstellung jedoch relativ schnell ab.
Neoliberale Normen und Prinzipien der Wettbewerbsfähigkeit sind längst universitärer Alltag.
Nicht nur für Studierende, sondern eben auch
vor allem junge Lehrende. Die Flexibilisierung
des Arbeitsalltages ist in diesem Sinne nämlich
nicht mit einer zunehmenden Freiheit verbunden,
sondern muss vielmehr als eine Art von „Flexploitation“ verstanden werden. Eine (Selbst-)
Ausbeutung, der sich weite Teile des wissenschaftlichen Personals aussetzen „müssen“, um in
der gegenwärtig dominanten Form von prekärer
Beschäftigung eine Chance zu haben, eines Tages
eine wissenschaftliche Stelle zu erreichen, die mit
gewissen Sicherheiten verbunden ist. Ein Unterfangen, welches ein Kollege einmal recht treffend
als „Himmelfahrtskommando“ beschrieben hat.
Die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen
kann natürlich nicht nur auf den Wissenschaftsbetrieb reduziert werden, kommt dort aber, vor
Foto: twitter.com/HistoryInPics
allem in dessen Nachwuchs, in konzentrierter
Form vor. Denn mittlerweile sind diese „atypischen“ Beschäftigungsverhältnisse vollkommen typisch geworden: keine Vollzeittätigkeit
mit entsprechendem Einkommen, das Fehlen
einer vollständigen Integration in soziale Sicherungssysteme und jeglicher Unbefristetheit des
Arbeitsverhältnisses sowie eine arbeitsvertragliche Absicherung mit definierten Pflichten von
ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn. Vor allem in
den ökonomisch „schwieriger“ zu verwertenden
Sozial- und Geisteswissenschaften sind diese
prekären Arbeitsverhältnisse im „Unternehmen
Universität“ eine Alltäglichkeit. Es gibt fast ausschließlich zeitlich befristete und/oder projektbezogene Arbeitsverhältnisse sowie eine universitäre Lehre, welche großteils an externe LektorInnen
ausgelagert wird, die für eine Lehrveranstaltung
knapp über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt
werden und von Semester zu Semester die Lehrveranstaltungen neu beantragen müssen. Materielle Sicherheit oder gar Planbarkeit der näheren
Zukunft? Fehlanzeige.
Nachwuchswissenschaft ist nicht gekennzeichnet von Lehren und Forschen, sondern von Befristungen, Teilzeitstellen, Forschungsanträgen,
Evaluationen, Unterbezahlung etc. Dies wirkt
sich zudem perfide motivierend aus, da man als
„wissenschaftliche Ich-AG mit Ablaufdatum“ ja
auch noch selbst für das eigene Glück zuständig
ist. Mit anderen Worten: man muss für die eigene
Selbst(Ausbeutung) auch noch dankbar sein. Für
viele im wissenschaftlichen Nachwuchs heißt es
deswegen, sich entweder mit den Verhältnissen
zu arrangieren, oder sich auf einem Arbeitsmarkt
umzusehen, von dem man als überqualifiziert,
überspezialisiert oder schlicht als zu alt wahrgenommen wird. Oder, und hier bleibt die Frage
offen, wieso dies bisher so wenig geschieht, sich
gegen diese Verhältnisse aufzulehnen. Denn
gerade mit den weltweiten Protestbewegungen
gegen die zunehmende neoliberale Ökonomisierung von Wissenschaft und Bildung, können
und müssen Fragen über Arbeitsverhältnisse an
der neoliberalen Universität thematisiert werden.
*Der Autor ist Nachwuchswissenschaftler. Er ist
an drei wissenschaftlichen Institutionen affiliiert
und trotzdem weit von einer Vollzeitbeschäftigung entfernt
www.comunista.at
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Arbeit
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Arbeit zum Nulltarif
Üblich: Vom Salär für ein Praktikum — wenn man eines bekommt —
lässt sich keine Miete zahlen und kaum ein Essen auf den Tisch zaubern.
E
in dreimonatiges Praktikum beim ZDF-Auslandsstudio in Wien? Zusammen mit einem
9-köpfigen Team die Berichterstattung für
Süd-Osteuropa gestalten? Klingt toll? Ja. Aber
die Sache hat einen Haken und zwar den letzten
Satz in dieser Praktikumsausschreibung des ZDF:
„Leider, wie schon allgemein üblich, gibt es für die
Stelle kein Honorar.“
Stellenanzeigen wie diese sind kein Einzelfall,
sondern leider „schon allgemein üblich“, wie die
öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt ZDF als Nutznießerin der prekären Jobsituation vieler junger
Menschen zynisch formuliert. ZDF, Raiffeisen
oder der Österreichische Gemeindebund – sie alle
greifen auf PraktikantInnen zurück. Gefordert
werden „hohes Engagement“, „zeitliche Flexibilität“,
„Belastbarkeit“ oder „Zahlenaffinität und genaues
Arbeiten“.
Nicht überall arbeitet man unbezahlt. Für ein
zweimonatiges Praktikum, das „spontanen Student/innen, die Lust auf Erfahrung im Online-Journalismus haben“ vom Österreichischen Gemeindebund am Silbertablett serviert wird, erhält man
eine monatliche Aufwandsentschädigung von 300
Euro – bei einer Wochenarbeitszeit von „zumindest 30 Stunden“. Davon kann kein Mensch leben.
Denn von der „Möglichkeit, in kurzer Zeit sehr viel
Praxis im Online-Journalismus zu sammeln“ lässt
sich weder die Miete bezahlen, noch ein Essen
auf den Tisch zaubern.
In Österreich sind hunderttausende prekär
Beschäftigte, Studierende und Uni-AbsolventInnen davon betroffen, dass sichere und existenzsichernde Arbeitsverhältnisse Mangelware sind.
Die Zunahme unbezahlter Praktika ist dabei der
Gipfel an Zumutungen und Dreistigkeit. Diese
ausbeuterische Praxis muss durch ein Verbot
beendet werden, was aber nur ein erster Schritt
sein kann, um die Negativspirale aus finanziellen
Sorgen, Zukunftsängsten, Existenzunsicherheit,
Stress, Leistungsdruck und Versagensängsten
zu durchbrechen.
mit ihrer Ausbildung in einem Zusammenhang
stehen, noch eine existenzsichernde Entlohnung
bieten. Unbefristete Arbeitsverträge, die bei entsprechender Entlohnung soziale Absicherung garantieren, liegen für immer mehr junge Menschen
in schier unerreichbarer Ferne.
So wie es ist, darf es nicht bleiben.
Um Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen,
brachte die KPÖ im Grazer Gemeinderat einen
Dringlichen Antrag ein, der ein Verbot von unbezahlten Praktika ebenso forderte wie ein Praktikumsgesetzes, dass Praktika, die im Rahmen
einer universitären Ausbildung vorgeschrieben
sind, klar rechtlich definiert. Darin müssen Standards bezüglich Arbeitszeit, Mindestentgelt und
Bildungsziele festgelegt werden.
„Es gilt Druck auf die Gewerkschaften zu
machen, damit sie die Bezahlung von PraktikantInnen in die Kollektivvertragsverhandlungen aufnehmen“, so KPÖ-Gemeinderat Robert
Krotzer. Damit hoffen wir erste, kleine Schritte
zu einer längst notwendigen Bewegung für die
sozialen Interessen der „Generation Praktikum“
beigetragen zu haben. Und wir versprechen,
weiter, an diesem uns alle betreffenden Thema
dran zu bleiben – gerne mit eurer Unterstützung!
Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung
Während im März 2015 österreichweit über
20.000 Uni-AbsolventInnen arbeitslos waren, hat
die Hälfte der berufstätigen Menschen unter 30
Jahren befristete oder sogenannte freie Dienstverhältnisse. Gerade für Kinder aus ArbeiterInnenfamilien ist nämlich noch nicht mal der Einstieg in
die „Generation Praktikum“ leistbar. Das Problem
wird hier insofern verlagert, als viele StudienabsolventInnen Jobs annehmen (müssen), die weder
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KSV-KJÖ @ ÖH
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Plötzlich KSV
Man kann auch einfach für Studierende arbeiten wollen. Ein Gastkommentar.
S
1 Der Autor war einmal
Mitglied des VSStÖ.
von Thomas Knapp
eit 2013 leiten Mitglieder des KSV zwei Referate der ÖH Uni Graz, Georg Erkinger das
Sozialreferat und Belinda Zangerl das Arbeitsreferat. Als Sachbearbeiter im Sozialreferat (zuständig
für Sozialtopf und Mensabeihilfe) konnte ich den
KSV so näher kennenlernen. Als inzwischen unfraktionierter ÖH-Mitarbeiter ist mein Anliegen
die tatsächliche Arbeit in der Interessensvertretung, nicht das politische Spiel. Eine Einstellung
die mit dem KSV sehr gut funktioniert hat. Das
ist alles andere als selbstverständlich.
Die ÖH, nicht speziell in Graz sondern österreichweit, hat sich ihren Ruf als „Politikkindergarten“ hart erarbeitet. Um von ihr enttäuscht
zu werden, muss man nicht naiv durch die Welt
tanzen. Politik wird selbstverständlich nie ganz
altruistisch und frei von Machtspielen sein, das ist
ein idealistischer Traum. Darum geht es bei der
inhaltlich stichhaltigen Version dieser Kritik gar
nicht. Aber auch und gerade realistisch gesehen,
sollte man doch, insbesondere in einer Interessensvertretung, in der man sich ehrenamtlich, also
unbezahlt, engagiert, zurecht erwarten können,
dass die tatsächliche Vertretungsarbeit wichtiger
ist, als die eigene Fraktion oder das eigene Ego.
Doch das Ego von ÖH-FunktionärInnen sollte
man nicht unterschätzen. Die ÖH hat überraschend viele Möglichkeiten zu bieten, um Dinge
zu erreichen und umzusetzen. Im internationalen
Vergleich findet man kaum eine Studierendenvertretung, die so viel Potential hat. Da ist es zwar
wohl kein Wunder, aber dennoch enttäuschend,
dass immer wieder FunktionärInnen glauben,
sich in Projekten, von denen Studierende nichts
haben, selbst verwirklichen zu müssen.
Die ÖH-Arbeit des KSV war das Gegenteil
von diesen teilweise berechtigten Vorurteilen.
Er brachte viel Schwung und neue Ideen in
das Sozialreferat, das in der vorangegangenen
Exekutivperiode von konservativer Seite durch
peinlich schlechte Arbeit geradezu mutwillig
beschädigt wurde. (So wurden etwa monatelang
keine E-Mails von Studierenden beantwortet oder
Sozialtopfansuchen bearbeitet.)
Der Sozialtopf der ÖH Uni Graz, derzeit mit
70.000 Euro für das Studienjahr dotiert und damit
so etwas wie das „Flaggschiff“ der Hilfestellungen, die die ÖH Uni Graz anbietet, wurde in den
letzten Semestern von einer guten Situation ausgehend massiv verbessert. Neben Änderungen
in den Richtlinien, die die Gruppe der potentiell
Bezugsberechtigten ausweitete, wurden flankierte
Maßnahmen wie die Einkaufsgenehmigung in
den Grazer Vinzimärkten, der Kulturpass von
„Hunger auf Kunst&Kultur“ und das kostenlose Mensamenü für SozialtopfbezieherInnen
eingeführt.
Die Qualität der Beratung wurde in Sozial- und
Arbeitsreferat wurde kontinuierlich gesteigert.
Das Arbeitsreferat ging zusätzlich eine Kooperation mit der Arbeiterkammer ein, um Studierenden
regelmäßig professionelle Arbeitsrechtsberatung
auf der ÖH bieten zu können. Der Zugang zum
Angebot der ÖH wurde auch dadurch verbessert,
dass Arbeits- und Sozialreferat gemeinsam nun
Beratung und Information auf Deutsch, Englisch,
Russisch, Ukrainisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch und Türkisch anbieten. Die aktive Information von Studierenden über Beihilfen und mögliche
Unterstützungen, bevor sie überhaupt mit einem
Problem zur ÖH kommen müssen, wurde stark
ausgebaut, indem man in den Orientierungslehrveranstaltungen präsent war, und eine eigene
Sozialbroschüre herausgab.
Ich habe bei ÖH-Wahlen bisher noch nie den
KSV gewählt. Nachdem ich die Fraktion nun
durch gute Zusammenarbeit näher kennengelernt
habe, wird sich das in Zukunft ändern.
Foto: KK
www.comunista.at
Thomas Knapp (28) studiert Philosophie, ist als
Sachbearbeiter im Sozialreferat für den Sozialtopf und die Mensabeihilfe zuständig und ist
Vorsitzender der StV Philosophie.
r0tcrowd
Uni | Crowd & Rüben
Aus allen Nähten
Fünf Jahre nach der breiten MINT-Werbeoffensive des
Ministeriums zeigt sich am Beispiel Molekularbiologie:
durch die Unterfinanzierung der Unis warten verlorene
Semester anstatt Jobaussichten.
M
athematik, Informatik,
Naturwissenschaften
und Technik sollten nach dem
Wunsch der damaligen Wissenschaftsministerin Beatrix Karl
jene Fachgebiete sein, die mehr
Studierende absolvieren sollten,
um so nach den kurzfristigen
Interessen der Wirtschaft ausgebildet zu werden.
Bereits in den ersten Wochen
der Kampagne zur Bewerbung
der sogenannten MINT Fächer
gab das Ministerium etwa eine
halbe Million Euro aus, um mehr
Studierende für diese Fächer zu
begeistern. Die kostenintensive
Kampagne warb damit, dass es
in diesen Fächern ausgezeichnete
Betreuungsrelationen gäbe und
zudem die Jobaussichten im Gegensatz etwa zu den Geisteswissenschaften hervorragend seien.
„Wer ein Studium mit besten Studienbedingungen und
hervorragenden Jobaussichten
will, sollte sich bei der Studienwahl ernsthaft mit MINT
auseinandersetzen“, zitierte der
Standard die Ministerin im Jahr
2010. Schon während der Kampagne gab es kritische Stimmen,
die aufzeigten, dass dies etwa
im Fall der Informatik nicht so
sei. Ausgerechnet an der Heimatuniversität der ehemaligen
Ministerin zeigte sich bald, wie
verlogen die damalige Kampagne geführt wurde.
Lotterie um Laborplätze
Beispielsweise platzt das in
Kooperation mit der TU geführte
NAWI-Graz Studium Molekularbiologie aus allen Nähten. Einen Laborplatz zu ergattern wird
zum Lotteriespiel, in dem es nur
wenige glückliche GewinnerInnen
gibt. So gab es bereits 2006 seitens
der Uni Graz den ersten Versuch
der Einführung von Zugangsbeschränkungen. 2009 standen dann
60 Laborplätzen ca. 300 StudienanfängerInnen gegenüber.
Die Werbekampagne startete also
zu einem Zeitpunkt, als klar war,
dass die vorhandenen Kapazitäten
nicht ausreichten, aber auch kein
Wille seitens des Ministeriums
bestand, für eine ausreichende
Finanzierung zu sorgen. Ab dem
Wintersemester 2013 wurde für das
Studium schließlich ein Aufnahmeverfahren mit Prüfung eingeführt.
9
Uni-Aufnahmetests:
Einsicht muss sein
D
er Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entschied
Anfang April, dass einem Studienwerber an der
Karl-Franzens-Universität Einsicht in die Beurteilungsgrundlagen bei der Aufnahmeprüfung zum Bachelorstudium Psychologie gewährt werden muss.
Dies war bisher nicht möglich, da seitens der Universität
argumentiert wurde, dass das Recht auf Einsichtnahme nur Prüfungen innerhalb des Studiums, nicht aber
Aufnahmeprüfungen regelt. Dem widersprach nun der
VwGH. Das Recht auf Einsichtnahme muss nunmehr auf
allen österreichischen Hochschulen gelten.
Mindeststudienzeit? Unmöglich!
Die Probleme blieben den Verlautbarungen zum Trotz dennoch
bestehen. Es gibt nach wie vor zu
wenige Laborplätze. Was wiederum zu verlängerten Studiendauern
führt und es verunmöglicht, die
Laborübungen in der empfohlenen
Reihenfolge zu absolvieren. Diese
Übungen überschneiden sich zudem
zeitlich mit anderen Pflichtlehrveranstaltungen, da Labore geblockt
während des Semesters angeboten
werden. Die Folgen reichen vom
Semster- bis hin zum damit einhergehenden Beihilfenverlust und dem
Zahlen von Studiengebühren.
All dies führt zu massiven persönlichen Problemen bei den betroffenen
Studierenden. Eine Lösung ist nur in
Sicht, wenn die Regierung ihrem eigenen Bekenntnis, zwei Prozent des BIPs
für die Universitäten aufzuwenden,
endlich Taten folgen lassen würde.
Dafür gilt es zu kämpfen und SPÖ
und ÖVP an das eigene Regierungsprogramm zu erinnern. GE
Foto: OGR Graz
Pegida scheitert in Graz
W
ährend sich bei der Pegida-Kundgebung am
29. März am Grazer Freiheitsplatz nicht mehr
als hundert Rechte einfanden, kamen zur Gegendemonstration der „Offensive gegen Rechts Steiermark“
weit über tausend Menschen. „Ein klares Signal
gegen die Hetze von Pegida“, freute man sich bei der
OGR, die auch von KSV und KJÖ unterstützt wird. Im
Anschluss an die Demonstration unter dem Motto
„Kein Platz für Rassismus“ versammelten sich die
DemonstrantInnen zu einer weiteren angemeldeten
Kundgebung beim Domplatz. Der angrenzende
Freiheitsplatz war von der Polizei bereits im Vorfeld
per Platzverbot abgeriegelt worden. An anderen Zugängen zum Platzverbot fanden zusätzlich spontane
Kundgebungen statt.
Die Kundgebung am Domplatz wurde gegen Ende
von rechten Schlägern attackiert. Zwei DemonstrantInnen wurden dabei verletzt, einer der rechten
Raufbolde wenig später von der Polizei gestellt. In
den Reihen von Pegida befanden sich auch einige
VertreterInnen der FPÖ, darunter Susanne Winter und
Armin Sippel.
facebook.com/ksvgraz
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ÖH-Wahl, 19.—21. Mai: KSV & KJÖ
»Ich kandidiere für den KSV, weil
es nicht passieren darf, dass
sich nur noch reiche Leute ein
Studium leisten können.«
»Als Gewerkschaftsaktivistin
und Unterstützerin der Bildungskämpfe sehe ich im KSV
die nötige radikale Alternative für Studierende, um für
gemeinsame Interessen zu
kämpfen.«
Alex Melinz (26)
Germanistik und Geschichte
Belinda Zangerl (29) Soziologie.
arbeitet als Jugendbetreuerin
»Die Ursachen der massiven
Verschlechterungen (Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen, Verschulung,
Kürzungen bei Familien- und
Wohnbeihilfe...) liegen im
kapitalistischen System. Nur der
KSV tritt glaubhaft dagegen auf.
Im Sozialreferat haben wir das
bewiesen.«
Georg Erkinger (32), USW
»Für den KSV trete ich an, weil
ich mich so gegen weitere Verschlechterungen der Lebensund Studienbedingungen
engagieren kann.«
Daniela Katzensteiner (28)
Geschichte
»Ich mache beim KSV mit, weil
ich Ungerechtigkeiten offensiv
entgegentreten will.«
»Um Verschlechterungen der
Lebensbedingungen von
Studierenden entgegen zu
treten, ist es wichtig, den KSV zu
stärken und daher kandidiere
ich für den KSV«
Benjamin Dianat (22)
Biologie.
Sylvia Lammer (29)
Sozialpädagogik
»Studium, Arbeit und hohe
Lebenskosten belasten Studierende schon zu lange! Ich
kandidiere für den KSV, weil ich
für soziale Gerechtigkeit und
freie Bildung kämpfen möchte.«
Dario Tabatabai (22)
Rechtswissenschaften
www.comunista.at
r0tcrowd
»Wer studieren will, soll es tun
können. Hürden wie die Steop
gehören da nicht geschaffen
sondern abgeschafft. Bildung
gehört uns allen. Deshalb kandidiere ich für den KSV.«
Felix Trieselmann (22) USW
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ÖH-Wahl, 19.—21. Mai: KSV & KJÖ
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»Studieren ist mehr als nur im
Hörsaal sitzen und Prüfungen
ablegen. Ich kandidiere für den
KSV, weil er die einzige Alternative ist um das Studium und die
gesellschaftlichen Verhältnisse
mitzugestalten und im positiven zu verändern.«
Valentino Filipović (23)
Kulturanthropologie
»Ich engagiere mich für den
KSV, um ein Zeichen gegen
soziale Ungerechtigkeit zu
setzen.«
»Ich trete für den KSV an, weil
er für sozialere und gerechtere
Studienbedingungen kämpft
und die Studierenden an erster
Stelle kommen.«
» Ich unterstütze den KSV, weil
er entschlossen gegen Bildungsökonomisierung und für
ein bezahlbares Studium an der
KFU kämpft.«
Manuel Kriebernegg (22)
Lehramt Geschichte & Geografie
Ilknur Özalp (22)
Psychologie
»Ich zeige mich solidarisch, weil
der KSV die einzig glaubwürdige antikapitalistische Kraft
darstellt«
»Ich kandidiere für den KSV, weil
man diese versteinerten Verhältnisse zum Tanzen bringen
muss. «
Daniel Hacker (36)
Doktorat Geschichte
Andreas Nitsche (29)
Pädagogik
»Ich solidarisiere mich mit dem
KSV, weil er sich gegen die zunehmende Präkarisierung von
Studierenden, die Ökonomisierung der Hochschulbildung
und für die Chancengleichheit
an unseren Unis einsetzt.«
»Immer schon hat der KSV
die Probleme der Menschen
ernst genommen. Da liegt es
auf der Hand, dass ich – noch
einmal – für ihn kandidiere.«
David Brunner (23)
USW-Geografie
Theresa Paulus (18) Deutsch &
Transkulturelle Kommunikation
Hanno Wisiak (33)
Doktorat Geschichte
facebook.com/ksvgraz
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TU: KSV & KJÖ
Draußen vor dem Tore
Alle zwei Jahre wieder: Auch an der TU Graz werden neue Studienvertretungen
und eine neue Universitätsvertretung, zusätzlich zur neuen Bundesvertretung,
gewählt. Ein Rundumschlag von Walter Weiss
Schluss mit
sozialpartnerschaftlicher Paktiererei
In den letzten Jahren hat sich die HTU-Exekutive zum Großteil damit begnügt, sich in Gremienarbeit zu verstricken. Die Rechnung bekamen wir
serviert, zum Beispiel in der Form von universitätsautonom eingehobenen Studiengebühren,
die ohne großen Gegenwind durch den Senat
eingeführt wurden. Studiengebühren werden inzwischen zwar wieder von der Bundesregierung
vorgeschrieben, aber man hätte in diesem Fall
Symbolwirkung für die anderen Grazer Universitäten und den Rest Österreichs schaffen können,
wenn man anders aufgetreten wäre.
Gesellschaftliche Verantwortung
ernst nehmen!
Draußen vor dem Tore unserer Universität
schaut es noch schlechter aus, was die Präsenz
der HTU betrifft. Schon die Vorgängerexekutive
glänzte bei den Sozialprotesten der Plattform 25
im Jahr 2011 durch ihre Abwesenheit, da man es
als nicht „so wichtig für Studierende“ empfand.
Dass diese Proteste unter anderem auch gegen
die Kürzung der Wohnbeihilfe gerichtet waren,
von der auch Studierende durch finanzielle Erleichterungen profitieren, war dem damaligen
Vorsitzteam wohl auch nicht so wichtig.
Auch bei der Kampagne für die Einführung
des Top-Tickets, die auf Antrag des KSV von der
ÖH Uni Graz ins Leben gerufen wurde, war das
Engagement ein eher halbherziges.
Ausverkauf der Universität stoppen!
Wenn man durch die Gebäude der TU Graz
wandert, fällt eines schnell auf: Firmensponsoring
ist kein Tabu für unsere Unileitung. Von etlichen
Hörsälen und Seminarräumen prangen Firmenlogos bzw. scheinen diese im Namen auf. Als größtes Beispiel ist hier wohl das Frank-Stronach-Institut (FSI) zu nennen. Schon bei der Eingangstür
hängt ein überdimensionales Bild dieses Herren.
Veränderung kommt nicht von allein
»Ich begann aus Frust über die
nicht eingelösten Wahlversprechen der SPÖ 2006 und 2008,
mit der KJÖ zu sympathisieren.
Inzwischen bin ich für den KSV
an der TU Graz aktiv.«
Walter Weiss (23)
Chemie
www.comunista.at
Für uns als Kommunistischer StudentInnenverband (KSV-KJÖ) ist es zu wenig, in Gremien
große Reden zu schwingen und dort wo es darauf
ankommt, nämlich auf der Straße, gar nicht erst
zu erscheinen. Sozial- und bildungspolitische
Fortschritte in Österreich wurden erkämpft. Und
zwar auf der Straße, nicht am grünen Tisch.
Auch an der TU Graz braucht es eine Kraft, die
offen auftritt, gegen Sozialabbau, für leistbares
Wohnen, ein Ende von prekären Arbeitsverhältnissen und eine gesellschaftliche Alternative.
»Ich kandidiere für den KSV,
weil es einen qualitativen
Bruchmit der derzeitigen
Gesellschaft braucht, um die
Verhältnisse zu verbessern.«
»Weil ich realisiert habe, dass,
wenn das derzeitige politische
System so bleibt, die Welt zu
Grunde gehen wird, engagiere
ich mich für den KSV.«
Nadine Neubauer (22)
Molekularbiologie.
Mario Radman (21)
Chemie
r0tcrowd
Meduni
13
Wer zahlt, schafft an
Soll der neue medizinische Campus in die Dienste der Pharmaindustrie
gestellt werden? Vieles deutet darauf hin.
I
von Sebastian Wisiak
m Stiftingtal entsteht der umstrittene neue
medizinische Campus der Meduni Graz. Die
Projektplaner stellten als erstes das Zentrum für
Wissen- und Technologietransfer (ZWT) fertig
und lassen damit erkennen, wo die Prioritäten
liegen. Das ZWT dient der Nutzbarmachung
von Forschungsergebnissen für die Pharma- und
Medizintechnikindustrie. Auf seiner Homepage
wirbt es mit der Nähe zum Grazer LKH als
„Vorteil durch das Umfeld“, weil hier an 396.000
ambulanten und 83.800 stationären Patienten
im Jahr geforscht werden kann. Mit der Braun
Melsungen AG konnte bereits ein dicker Fisch
an Land gezogen werden.
Einmalig in Österreich
An keinem anderen Standort ist die Industrie
derart in einen Campus integriert. Die Meduni
rühmt sich sogar ihrer Vorreiterrolle. Die Bildungspolitik der letzten Jahre ließ diesen Trend
erkennen: so wurde etwa das Wissenschaftsministerium dem Wirtschaftsministerium angegliedert.
Währenddessen sind die Universitäten chronisch
unterfinanziert und sollen ihre Forschung durch
Drittmittel finanzieren, d.h. durch Gelder aus der
Privatwirtschaft.
Dieses Geld wird nur in Projekte fließen, von
denen sich die Geldgeber einen Profit versprechen. Forschungen, die sich nicht unmittelbar
verwerten lassen, fallen unter den Tisch. Es kann
sogar noch schlimmer kommen: Forschungsergebnisse, die den Umsatz eines Unternehmen
schmälern könnten, würden vielleicht zurückgehalten.
eingerichtete Abteilung dafür. „Die Servicestelle
für Technologietransfer vermittelt jedoch auch
gerne Kontakte zwischen Unternehmen und
WissenschafterInnen für Erstgespräche über
Projektideen“, war dort zu lesen.
Der KSV meint, dass an Universitäten unabhängig von Profitinteressen geforscht werden sollte.
Anstatt Geld für Servicestellen rauszuschmeißen,
die es den Konzernen erleichtern, medizinische
Forschung zu vereinnahmen, sollte es für die
freie Wissenschaft investiert werden. Nur so kann
garantiert werden, dass wirklich das Wohl der
Patienten im Mittelpunkt steht.
Sebastian Wisiak studiert Medizin in Graz und
ist Aktivist des KSV-KJÖ
Die Wissenschaft ist frei
Artikel 17 Staatsgrundgesetz besagt: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“. In der Realität
setzt sich aber der Satz „Wer zahlt, schafft an“
durch. Pharmaunternehmen suchen immer nach
willigen ForscherInnen und lassen dabei auch
schon mal was springen. Medizinstudierende
laufen dabei in Gefahr, vereinnahmt zu werden.
Sie alle müssen eine Diplomarbeit schreiben – und
wenn den Anfängen nicht gewehrt wird, könnten sie schon bald unentgeltlich die mühsame
Kleinarbeit für die Pharmakonzerne leisten.
Dieses Szenario ist alles andere als aus der
Luft gegriffen. In der letzten Ausgabe der Meduni-Zeitschrift „Meditio“ bewarb man die eigens
facebook.com/ksvgraz
r0tcrowd
FH-Extra
14
Blöd gefragt
Foto: Plassnig
HSG — kann man
das essen? Nein,
und es ist auch
keine Krankheit.
HSG steht für
HochschülerInnenschaftsgesetz. Und das
ist jetzt neu.
Warum und wie
dich das an der
Fachhochschule
betrifft,erklärt
die r0tcrowd.
www.comunista.at
Warum soll mich dieses neue Gesetz interessieren?
Was ändert sich für mich?
Die ÖH-Vertretungen an allen Hochschulen
mit mehr als 1000 Studierenden, somit auch
jene der FH Joanneum, werden nun zu einer
„Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Das bedeutet, dass die ÖH Joanneum unabhängig von
der Bundesvertretung (BV) handeln kann und
finanziell selbstständig ist. Was so viel heißt wie:
Die Österreichische HochschülerInnenschaft an
der FH beschließt ihr eigenes Budget. Außerdem wählen Studierende der Fachhochschule
zukünftig ihre Vertretung per Listenwahlrecht.
Sprich jeder und jede stimmt am Wahltag für die
KandidatInnenliste einer Fraktion. KandidatInnen können sich zusammenschließen, anstatt als
Einzelpersonen zu kandidieren. Studierende der
Fachhochschule wählen ihre Vertretung, wenn
die allgemeinen ÖH-Wahlen stattfinden, also alle
zwei Jahre. Das nächste Mal wird im Mai 2015 zu
den Urnen gebeten.
Cool. Tut sich auf Bundesebene auch was?
Mit dem neuen Hochschulgesetz wählen Studierende ihre bundesweite Vertretung wieder direkt.
Zuvor entsandten die örtlichen Hochschulvertretungen Personen in die BV. Es wird also direktdemokratischer. Das bedeutet, dass Studierende
erstmals auf allen Ebenen, sprich auf Bundes-,
Studiengangs- und Hochschulebene ihre Vertreter
direkt wählen. Zusätzlich werden die 100 Mandate
in der Bundesvertretung auf 55 reduziert.
Meine ausländischen StudienkollegInnen durften letztens bei den ÖH-Wahlen nicht kandidieren. Warum?
Studierende, die nicht aus einem Land des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) kommen,
können zukünftig auch bei den ÖH-Wahlen kan-
r0tcrowd
FH-Extra
15
Kommentar
Foto: KK
I
didieren. Der Europäische Wirtschaftsraum besteht aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen.
Bisher durften sogenannte Drittstaatsangehörige
nur ihre Vertretung wählen, hatten jedoch kein
passives Wahlrecht.
Was ist eigentlich, wenn ich während der ÖH-Wahlen nicht vor Ort bin?
Studierende haben ab den nächsten ÖH-Wahlen die Möglichkeit Vertretern per Briefwahl ihre
Stimme zu geben. Durch die Briefwahl erhofft
man sich eine höhere Wahlbeteiligung an den
Hochschulen, die bei der letzten Wahl lag bei
27,97 Prozent.
Sara Noémie Plassnig, KSV-KJÖ, kandidiert für
die Studienvertretung Journalismus und PR an
der FH Joanneum Graz
Zwischen
Armut
und
Abschluss
von Peter Liszt
n Österreich gelten 1,5 Millionen Menschen als armutsgefährdet oder leben unter der Armutsgrenze. Darunter sind auch
zahlreiche StudentInnen – jedeR zweite StudentIn führt formal
ein Leben unter der Armutsgrenze. Das oft in der Gesellschaft
reproduzierte Bild von LangzeitstudentInnen ist auf die vorherrschenden katastrophalen Bedingungen zurückzuführen: Viele
Studierende müssen sich neben ihrem Studium verschiedene
Erwerbsmöglichkeiten suchen, um über die Runden zu kommen.
Das Studienbeihilfen-System versagt hier völlig.
Neben dem Hochschulabschluss erarbeiteten sich die Meisten
nämlich nicht nur einen Berg an Wissen, sondern auch an Schulden
– gerade auf der FH besteht diese Gefahr. Den StudentInnen an den
Universitäten fällt es noch leichter neben ihrem Studium zu arbeiten,
dafür müssen sie häufig längere Studienzeiten in Kauf nehmen. An
den Pädagogischen Hochschulen und an den Fachhochschulen
ist es quasi unmöglich, geregelte Arbeitszeiten einzuhalten. Die
Studienpläne sind Montag bis Freitag, manchmal sogar bis Samstag,
vollgestopft. Für Lohnarbeit bleibt meist keine Zeit.
Viele Familien investieren Unsummen in die Ausbildung ihrer
Angehörigen, um deren Studium zu ermöglichen. Viele andere
kommen nie an eine Hochschule, da es einfach finanziell unmöglich ist. Der Staat bzw. die Regierung schaut zu und vernachlässigt
seine/ihre Aufgabe. Stipendien und Förderungen sind minimal,
die Kürzung der Familienbeihilfe und weitere Einsparungen verschärfen die Situation. Die Chance der Bildung wird in Österreich
nicht erkannt. Österreich, eines der reichsten Länder in Europa,
hat gleichzeitig eine der niedrigsten AkademikerInnenqouten.
Für mich ist das ein eindeutiges Zeichen, dass die österreichische
Bundesregierung hier nicht auf die Interessen der Bevölkerung
bedacht ist.
Bildungspolitik für alle sieht anders aus: Es braucht ein Bildungssystem, das jedem/r die gleichen Chancen von klein auf bietet
und jedem Menschen die freie Wahl des Studiums und die
finanziellen Möglichkeiten dafür garantiert. Doch sind es auch
zahlreiche andere Kostenpunkte die das Budget der Studierenden belasten. Der öffentliche Nahverkehr, der zu teuer ist, die
Wohnungsmieten die unaufhaltsam in die Höhe steigen und
einfache Lebenserhaltungskosten. Ein faires Bildungssystem
ist nur in einer fairen Gesellschaft möglich, von dieser wir noch
weit entfernt sind. Deshalb ist es notwendig aufzustehen, sich zu
organisieren und gemeinsam für unsere Interessen einzutreten.
facebook.com/ksvgraz
16
Comunista
r0tcrowd
sicher
sozial
LeserInnen haben
via Facebook gefragt,
Claudia Klimt-Weithaler
hat geantwortet. Die
ROTCR0WD hat die KPÖSpitzenkandidatin für
die Landtagswahlen
zum Interview
getroffen – und die
Fragen gestellt.
ROTCR0WD: Bevor die LeserInnen zu Wort kommen:
Claudia, du hast ja auch selbst studiert. Was hat
sich deiner Meinung nach verändert? Trifft die
Landespolitik Studierende überhaupt?
Claudia Klimt-Weithaler: Die Situation für
StudentInnen hat sich in den vergangenen Jahren
deutlich verschärft: Zur Verschulung kommt ein
hoher finanzieller Druck. Viele Sozialleistungen,
die früher selbstverständlich waren, wurden
schon in den 90ern gestrichen. 80 Prozent der
Studierenden müssen heute bereits arbeiten,
um sich ihr Studium leisten zu können. Oft ist es
gar nicht möglich, in der Regeldauer zu bleiben.
Das Land hat viele Möglichkeiten, die Lage der
Studierenden zu erleichtern. Eine konkrete Maßnahme, für die wir im Landtag auch kämpfen, ist
die längst überfällige Einführung des Toptickets,
um den ÖV wieder erschwinglich zu machen.
Leider zeigt der FP-Landesrat kein Interesse an
der Umsetzung.
Annika Pagl: Sogar kleine WG-Zimmer sind
kaum noch unter 250 Euro zu haben. Kann die
Landespolitik daran etwas ändern oder ist alles nur
Wahlkampf-Getöse?
Klimt-Weithaler: Die KPÖ zeigt in Graz mit
Elke Kahr, dass es sehr wohl möglich ist, von
politischer Seite am Wohnungssektor etwas zu bewegen. Nicht weniger Vermieter arbeiten unseriös
und verlangen mehr, als sie dürfen. Da hilft die
KPÖ konkret mit Rechtsberatungen – auch an der
Uni. Ein wichtiger Punkt, gerade für Studierende,
www.comunista.at
ist die Wohnbeihilfe. Im Landtag haben immer
wieder darauf gedrängt, sie zu erhöhen und den
BezieherInnenkreis auszuweiten. Das wurde aber
von Rot, Schwarz und Blau abgelehnt.
Rudolf Kranjc: Bei der letzten Landtagssitzung
musste ich feststellen, dass die Eingänge zum
Landhaus überall versperrt sind. Früher war das
Haus öffentlich zugänglich. Ich erwarte mir von den
gewählten VolksvertreterInnen, dass sie sich nicht
hinter dicken Mauern verschanzen. War das ein
Landtagsbeschluss? Wie hat sich die KPÖ verhalten?
Klimt-Weithaler: Die Beobachtung ist leider zutreffend: Die Landtagsdirektion hat unter Verweis
auf nicht näher genannte „Vorkommnisse“ das
Landhaus verriegelt und nebenbei auch noch den
erst vor kurzem teuer installierten Lift unzugänglich gemacht, der einen barrierefreien Zugang zum
Haus ermöglicht hat. Die KPÖ hat als einzige Partei
gegen diese Vorgangsweise protestiert. Wir sind
der Meinung, dass das Landhaus als Sitz der Volksvertretung allen BürgerInnen offenstehen muss.
Peter Riegler: Diese Frage stelle ich natürlich allen
anderen Parteien vor der Landtagswahl auch: Wird
die KPÖ einen weiteren Entschließungsantrag für
die Wiedereröffnung der Geburtenstation Voitsberg
im neuen Landtag einbringen?
Klimt-Weithaler: Auf jeden Fall. Von vielen folgenreichen Fehlentscheidungen im Gesundheitsressort war die Schließung der Geburtenstation
in Voitsberg, eine der modernsten und besten in
r0tcrowd
Comunista
17
Leider hat das eine eigenartige Optik ergeben und
wir würden das rückblickend anders machen.
Aber es ist klar, dass die KPÖ ohne Wenn und
Aber für internationale Solidarität steht und wir
entschieden unsere Stimme erheben, wenn Menschen auseinanderdividiert werden sollen.
Heinz Trenczak: Plant das „Filmland“ Steiermark,
die 50-Prozent-Kürzung des Budgets für den künstlerischen Film (cinea art / Kultur) zurückzunehmen
und es jenem für den kommerziellen Film (cinestyria / Tourismus) wieder anzugleichen? Muss es
beim steirischen Kommerzfilm nicht auch – wie
sonst üblich – eine Drehbuchförderung geben?
Klimt-Weithaler: Bis jetzt war Kulturlandesrat
Buchmann noch nicht gezwungen, Farbe zu
bekennen, wie er den Einbruch bei der Gesamtsumme der Filmförderung verantwortet und
wie der Ausblick für die Zukunft ist. Das liegt
unter anderem daran, dass die Umstellung des
Landeshaushalts auf die neue Buchhaltung ihm
hilft, die brutale Kürzung vor der Öffentlichkeit
zu verschleiern. Wir haben besorgte Rückmeldungen hiesiger Filmschaffender zum Anlass
genommen, eine Anfrage an Buchmann zu stellen, die Klarheit über seinen Kurs schaffen soll.
Foto: Fuchs
Österreich, eine der absurdesten. Die KPÖ hat
sich an den Initiativen zur Rettung beteiligt und
zahlreiche Unterschriften gesammelt. Leider ist
die Landesregierung bei ihrem in dieser Periode
schon typischen „Drüberfahren“ geblieben. Für
uns ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit
aber noch nicht gesprochen.
Andreas Auzinger: Warum hat die KPÖ nicht
gegen die rechten Sager von LH Voves protestiert?
Klimt-Weithaler: Mein Kollege Werner Murgg,
der in der Landtagssitzung am 20. Jänner, in der
diese Aussagen gefallen sind, gesprochen hat, hat
sehr deutliche Worte der Kritik gefunden. Auf
der Webseite des Landtags („Sitzungen“ – „Videoarchiv“) kann man das übrigens nachhören.
Anja Saric: Mich hat das Stimmverhalten der
KPÖ Steiermark im Landtag in der Debatte um
die vermeintliche „Integrationsunwilligkeit“ etwas
irritiert. Bitte um Aufklärung, warum dabei wie
abgestimmt wurde. Danke!
Klimt-Weithaler: Die KPÖ hat gegen sämtliche
Anträge der FPÖ sowie gegen zwei von drei Anträgen von SPÖ/ÖVP gestimmt. Nur einem Punkt
haben wir zugestimmt, nämlich der Prüfung,
welche rechtliche Handhabe es gibt, wenn z.B.
Jugendlichen unter dem Verweis auf ihre Religionszugehörigkeit bestimmte Rechte verweigert
werden. Aber nicht, weil wir dem zustimmen,
sondern damit die Menschenrechtswidrigkeit
solcher „Ideen“ nach einer Prüfung am Tisch liegt.
Rose Marie: Als studierende Mutter entsetzt mich,
was ich zuletzt lesen musste: 280.000 Kinder leben
in Österreich in Armut, 42.000 in der Steiermark –
das ist jedes sechste Kind! Ist das nicht ein Armutszeugnis für eines der reichsten Länder der Welt?
Klimt-Weithaler: Die Volkshilfe-Studie, die
diese traurige Tatsache bekannt gemacht hat,
hätte eigentlich alle Parteien alarmieren müssen.
Stattdessen haben Voves, Schützenhöfer und
Soziallandesrat Schrittwieser Leistungen für
sozial schwache Familien gekürzt oder sogar
ganz gestrichen. Kinder, die in Armut aufwachsen, haben wesentlich schlechtere Chancen auf
Bildung, haben oft keinen Zugang zu guter Gesundheitsvorsorge. Das ist wirklich unwürdig.
Mein großes Ziel ist es, hier etwas zu ändern. Das
muss für alle Parteien in der nächsten Periode
ein absoluter Schwerpunkt sein. Ohne KPÖ wird
sich aber im Landtag niemand darum kümmern.
ROTCR0WD: Abschließend: Von allen Seiten tönt es, wir
müssten sparen, den Gürtel enger schnallen. Ist das
tatsächlich so? Welche grundsätzlichen Alternativen
hat die KPÖ zur angeblichen Alternativlosigkeit?
Klimt-Weithaler: Die Schere zwischen Arm
und Reich klafft immer weiter auseinander, die
Maastrichtkriterien der EU zwingen Staaten,
Ländern und Gemeinden einen brutaler Kürzungskurs auf. Mit TTIP und anderen Freihandelsabkommen könnten bald die letzten Reste
von sozialen Standards, der Grundversorgung
mit Dienstleistungen, des öffentlichen Eigentums, von Umweltauflagen, von Verbraucherund Datenschutz ausgehebelt werden.
Die KPÖ versteht sich daher als grundsätzliche
Opposition zum Kapitalismus. Er muss überwunden werden, wenn es sicher sozial zugehen soll.
facebook.com/ksvgraz
18
r0tcrowd
Crowd & Rüben
„Es gibt nichts zu feiern an
Sparpolitik und Verarmung!“
Am 18. März 2015 eröffnete die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am
Main ihr neues 1,2 Milliarden Euro schweres Hauptquartier mit einer kleinen Feier.
von Ilknur Özalp
U
nter dem Motto „Resistance in the heart of
the european crisis regime“ versammelten
sich mehrere tausend wütende Menschen und
entschlossene AktivistInnen, um ein klares Zeichen gegen die europäische Verarmungspolitik
der Troika zu setzen.
Die Troika ist eine nicht-demokratisch legitimierte Kooperation und setzt sich aus der
Europäischen Zentralbank, dem Internationalen
Währungsfond (IWF) und der europäischen Kommission zusammen. Ihre Krisenpolitik, die sich
in Form von Spardiktaten äußert, löste vielerorts
verheerende wirtschaftliche und soziale Krisen
aus. In Griechenland führten die von der Troika
vorgegebenen Kürzungen und Privatisierungen
im öffentlichen Sektor zu Armut und Massenarbeitslosigkeit. Aus diesem Grund solidarisierten
sich tausende Menschen aus ganz Europa mit
den Opfern der verheerenden Austeritätspolitik.
„Let‘s take over the Party“
Mittwoch, 18.3.2015, mitten im friedlichen
Biedermeierparadies brennen Polizeiautos, ein
unangenehmer Gestank von verbranntem Plastik
CC BY-SA 2.0, montecruzfoto.org
www.comunista.at
und Tränengas liegt in der Luft, dunkle Rauchschwaden ziehen durch die sonst glänzende
Bankenhauptstadt Frankfurt am Main. Doch was
genau ist geschehen? Ein Versuch, die Ereignisse
noch einmal rekapitulieren zu lassen.
Südlicher Blockadepunkt, 6:30 Uhr: mit tausend
anderen Aktivistinnen schaffen wir es, durch ein
Manöver die Polizeikette zu durchbrechen. Bevor
mir klar wird, was gerade vor sich geht, bewegen
wir uns bereits im Sprint auf die Europäische
Zentralbank zu. Der Euphorie über den Raumgewinn setzen bereitstehende PolizistInnen jedoch
ein schnelles Ende. Mehrere Tränengaspatronen
werden in die Menge geschossen, um die Aktion
aufzulösen. Mit tränenden Augen, brennendem
Rachen und gereizter Haut bleibt uns zunächst
nur der Rückzug. Die Polizei zeigt uns die Grenzen auf und geht mit Schlagstöcken auf erste
weglaufende Demonstrierende los.
Während einige noch das Tränengas aus den
Augen spülen, werden aus einer angrenzenden
Baustelle Bauzäune, Bretter und Absperrmaterial
auf der Kreuzung zu einer brennenden Barrikade
zusammengetragen. Nachdem in der Innenstadt
rund um das EZB-Gebäude gezielt Fensterscheiben von Banken und Polizeiautos eingeschlagen
worden sind, kesselt die Polizei gegen 10.00 Uhr
kurzerhand knapp 400, zum Großteil aus Italien
stammende Personen, in einer engen Seitenstraße
ein. Schnell verbreitet sich die Information über
die Situation der italienischen GenossInnen und
immer mehr Demonstrierende versammeln sich
am Kessel, um ein sofortiges Ende der Polizeiaktion zu fordern. Erneut kommt es zu massiver
Polizeigewalt. Erst nach mehrmaligem Auffordern seitens der Protestierenden zieht sich die
Polizei zurück, nachdem sie die Personalien der
eingekesselten aufgenommen hat. Die Situation
beruhigt sich. Der Vormittag neigt sich dem Ende
zu und wir begeben uns Richtung Paulskirche,
dem deutschen Symbol für Demokratie.
Die Kundgebung, an der neben Sarah Wagenknecht und Vertretern von Syriza und Podemos
auch Kabarettist Urban Priol teilnimmt, verläuft
ohne Probleme, sodass pünktlich um 17 Uhr der
große Demonstrationszug des Blockupy-Bünd-
r0tcrowd
Crowd & Rüben
19
Filmvorführung
nisses losziehen kann. Am Ende sind es etwa
20.000 VertreterInnen von Gewerkschaften,
Flüchtlingsinitiativen, Parteien und anderer Gruppierungen aus Italien, Spanien,
Griechenland, Belgien, den Niederlanden,
Dänemark Frankreich und anderen Ländern,
die Widerstand gegen das europäische Krisenregime leisten. Auch wenn die nächsten
Tage die Bilder der brennenden Polizeiautos
die mediale Berichterstattung dominieren
werden, sollte die Gewalt der EZB und somit
auch der Troika nicht aus dem Mittelpunkt
rücken. Denn wie Naomi Klein auf der großen
Blockupy-Kundgebung an die Troika gerichtet
schon sagte: “You don‘t set fire to cars, you are
setting the world on fire”.
D
Impressum
r0tcrowd #25
|
Mai 2015
Herausgeber und Medieninhaber:
Kommunistischer StudentInnenverband (KSV)
Lagergasse 98a | 8020 Graz
Vorsitzender: Lukas Fasching
Tel: +43 (0)316 – 71 24 79
Fax: +43 (0)316 – 71 62 91
E-Mail: [email protected]
Offenlegung laut Mediengesetz:
Laut §25, Absatz 2: Medieninhaber (Verleger) ist der
Kommunistische StudentInnenverband (KSV)
Laut §25, Absatz 4: Die Blattlinie entspricht der politischen Linie des KSV.
Namentlich gekenntzeichnete Beiträge müssen nicht der
Auffassung der Redaktion entsprechen.
Hersteller: Flyeralarm
Redaktion: Friedrich Kroppenstein
Layout und Satz: Han-Do.
MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Georg Erkinger, Georg
Fuchs, Pamina Helling, Heike Jantschner, Thomas Knapp,
Friedrich Kroppenstein, Robert Krotzer, Peter Liszt, Ilknur
Özalp, Sara Noémie Plassnig, Pia Schmikl, Dario Tabatabai, Walter Weiss, Hanno Wisiak, Sebastian Wisiak &
Belinda Zangerl.
er Sänger grölt Gewaltparolen,
die Neonazis toben und die
Arme gehen hoch zum Hitlergruß. Als Thomas Kuban zum ersten
Mal ein Rechtsrock-Konzert mit
versteckter Kamera filmt, ermöglicht
er Einblicke in eine Jugendszene, in
die sich kaum ein Außenstehender
hineinwagt. Der KSV zeigt die
erschütternde Doku und lädt Regisseur Peter Ohlendorf am 11. Mai
zur Diskussion.
Acht Jahre später hat Kuban rund
fünfzig Undercover-Drehs hinter
sich, auch in Ländern jenseits deutscher Grenzen. Ein Lied begegnet
ihm auf seiner „Konzerttournee“
immer wieder: „Blut muss fließen
knüppelhageldick, wir scheißen auf
die Freiheit dieser Judenrepublik…“.
Hochbrisant ist das Material, das der
Journalist im Lauf der Jahre zusammengetragen hat – einzigartig in Europa, wahrscheinlich sogar weltweit.
Rechtsrock als Köder
Mit Rechtsrock junge Menschen zu
ködern und zu radikalisieren – diese
„Masche“ zieht bei erschreckend
vielen Jugendlichen. Längst hat sich
rund um die Musikveranstaltungen
auch ein blühender Markt entwickelt: CD’s der einschlägigen Bands
werden in Eigenregie produziert
und in Szeneläden oder über das
Internet verkauft. Mit rechtsextremen
Merchandising – Artikeln ist das
nicht anders. Auf diese Weise wird
zugleich Geld für die Expansion der
Nazi-Bewegung generiert.
Hohes Risiko
Der Journalist Thomas Kuban
hat all das mit versteckter Kamera
dokumentiert und ist dabei ein hohes Risiko eingegangen. In keinem
Verhältnis dazu steht lange Zeit
das Interesse der Öffentlichkeit an
seinen Bildern. Besonders deutlich
wird dies auch bei der erfolglosen
Suche nach Unterstützung für das
Filmvorhaben des Autors Peter
Ohlendorf, von dem sich Thomas
Kuban große Wirkung verspricht:
Eine Reise durch Deutschland und
Europa, zurück auch an Orte, an
denen er versteckt gedreht hat. Im
Fokus stehen dabei politische Entscheidungsträger, Behörden und
Bürger. Thomas Kuban versucht so
Antworten zu finden auf die Fragen:
Warum kann auf der rechtsextremen
Partymeile über alle Grenzen hinweg gefeiert werden und wie lässt
sich das verhindern?
Filmvorführung: „Blut muss fließen“ –
Undercover unter Nazis + Diskussion mit
Regisseur Peter Ohlendorf; 11. Mai, 19.00
Uhr, Willi-Gaisch-Hörsaal (06.01, Vorklinik)
facebook.com/ksvgraz
20
r0tcrowd
Crowd & Rüben
Land in der Krise
In den Osterferien trat ich eine nicht ganz ungefährliche Reise an – in die
krisengeschüttelte Ukraine. Jedoch nicht in die kriegsbetroffenen Gebiete im
Osten, sondern in die Hafenstadt Odessa. Trotzdem hatte ich ein mulmiges Gefühl,
als ich ins Flugzeug stieg.
A
Aufruf zur Mobilisierung:
„Eine starke Armee, ist ein
starkes DU!“
von Dario Tabatabai
ls ich in Kiew ankam, zeigte mir meine
Freundin Ewgenia die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Vor allem der durch die Medien
bekannte Maidanplatz war sehr eindrucksvoll.
Hauptgrund dafür waren die Überreste der Proteste: es wurden Erinnerungstafeln aufgestellt,
Blumen lagen überall und ukrainische Fahnen
wohin das Auge reichte. Beunruhigend war die
Präsenz der sogenannten „Freiwilligenbataillone“, oder „Selbstverteidigungskräfte Maidan“,
wie sie sich selbst bezeichneten. Viele hatten das
Wappen des Rechten Sektors, einer offen faschistischen Organisation, an der Uniform. Ewgenia
sagte mir, dass diese Leute immer dort stehen,
um Spenden oder Freiwillige für den Krieg im
Osten suchen. Nach einem ereignisreichen Tag in
Kiew ging die Reise via Nachtbus nach Odessa.
Viele bereuen „Maidan“
Etwa sieben Stunden später erreichte dieser den
Busbahnhof der Hafenstadt. Die darauffolgenden
Tage sollten sich spannend gestalten. Ich lernte
viele ukrainische StudentInnen kennen, die sehr
gastfreundlich und weltoffen auf mich wirkten.
Obwohl einem stets davon abgeraten wurde, über
die politische Situation zu sprechen, konnte ich
spannende Diskussionen mit den Einheimischen
führen; allerdings nur im kleinen Kreis in privaten Wohnungen. Viele UkrainerInnen bereuen
den „Maidan“, weil er einerseits zum blutigen
Bürgerkrieg im Osten, andererseits zu einem
massiven Einbruch der Wirtschaft führte. Die
Meinungen waren dennoch sehr vielfältig. Einige
gaben der Regierung die Schuld, andere warfen
dem Westen vor, zu wenig Hilfe anzubieten und
andere beschuldigten die Oligarchen. In einem
waren sich aber alle einig: Putin und Russland
seien an allem schuld, was im Osten geschieht.
Man merkte, wie sehr sie Russland und dessen
Regierung misstrauten. Eine Stimmung, die von
der konfrontativen Haltung der ukrainischen
Regierung zunehmend angefacht wird. Das
Thema Krim ist jedoch bereits für viele abgehakt,
und zwar aus dem einfachen Grund, dass sie das
Referendum dort akzeptierten.
Ein zutiefst gespaltenes Land
Foto: KK
www.comunista.at
Im Gegensatz zu Kiew ist Odessa eine sehr
multikulturelle Stadt, in welcher nationalistische
Bestrebungen fast vollkommen wirkungslos bleiben. Zwar hingen überall Mobilisierungsplakate,
diese werden allerdings meistens ignoriert.
Die Ukraine ist ein zutiefst gespaltenes Land
mit vielseitigen Meinungen. Obwohl die Krise
allgegenwärtig ist, versucht die Bevölkerung einen stabilen Alltag zu leben, auch wenn es durch
die eingeschränkten Möglichkeiten nicht ganz
einfach ist. Ein baldiges Ende der Krise ist indes
nicht absehbar. Vor allem, da das soziale Gefüge
erst wieder aufgebaut werden muss.
r0tcrowd
Crowd & Rüben
21
der 0hrwurm
Tausende gegen TTIP
Am 18. April fanden im Zuge des Globalen Aktionstags
gegen das Freihandelsabkommen TTIP in ganz Österreich
Kundgebungen statt. 22.000 Menschen waren es, die im
ganzen Land ihren Unmut über dieses Abkommen kundtaten.
In der Steiermark organisierte das Aktionsbündnis Graz mit
anderen Organisationen einen Aktionstag, an dem vom
Hauptplatz bis zum Jakominiplatz Infocorner der verschiedensten Organisationen über die Gefahren von TTIP
informierten. An der Demonstration durch die Innenstadt
nahmen 2.000 Menschen teil.
„Wir wehren uns dagegen, dass unsere sozialen und
demokratischen Rechte sowie unser Umweltschutz durch
einen hemmungslosen Neoliberalismus den Profitinteressen der großen Konzerne geopfert werden sollen. TTIP ist
ein besonders aggressiver Angriff der Konzerne, aber wir
müssen auch das System benennen, das eine derartige
Machtkonzentration der wirtschaftlichen Eliten überhaupt
hervorbringt: das ist der Kapitalismus“, so KPÖ-Gemeinderat Robert Krotzer bei der Auftaktkundgebung.
Die Aufhebung erfolgt dialektisch
gesehen im dreifachen Sinn. Erstens Aufheben als Überwinden,
zweitens Aufheben als Bewahrung und drittens Aufheben
als Erhebung. Auf Love Letters
machen Metronomy genau das
mit den 80ern. Dance or die!

Von einer Band, die sich Football
etc. nennt, könnte man mehr
erwarten als das. Disappear ist
postpubertäre Traurigkeit, weil‘s
am Sonntag regnet. Und dann
auch noch auf Schulband-Niveau arrangiert, gespielt und
gemischt. Pfui!

| Hanno Wisiak
Foto: Fuchs
facebook.com/ksvgraz
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Hintenrum
24
Denken ist modern #20
Vielbeschäftigt
Einfach zu elegant
Schwer zu glauben
Weiß setzt hier in zwei Zügen matt.
Wie gelingt‘s?
Wie setzt Weiß hier in drei (bis fünf)
Zügen matt?
Schwarz schafft ein Matt in drei Zügen. Wie gelingt‘s?
Auflösungen auf Anfrage an [email protected]
Für die Auflösung des zweiten Rätsels werden zwei schöne Preise vergeben.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Einsendungen an [email protected]
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