r0tcrowd 1 #25 | Mai 2015 Stadtblatt für Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen facebook.com/ksvgraz Uni 2 r0tcrowd „Zum Entfalten Bei den ÖH-Wahlen von 19. bis 21. Mai kandidierst du für den KSV. Wie seht ihr die aktuelle Situation auf den Unis? Alexander Melinz: Die Lage der Studierenden hat sich in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Durch Kürzungen bei Familien- und Wohnbeihilfe haben immer mehr Studierende finanzielle Sorgen. Über 60 Prozent müssen während des Semesters arbeiten, um sich Leben und Wohnung leisten zu können. Gleichzeitig erschweren verschulte Curricula, zu wenige Seminar- oder Laborplätze und Hürden wie die StEOP den Studienfortschritt. Die Uni wird finanziell ausgehungert. Studierende sollen in möglichst kurzer Zeit zu funktionierenden Teilchen des Systems gemacht werden. Zeit für persönliche Entfaltung und kreative Lösungen bleibt kaum. Immer wieder hört man, es sei kein Geld für die Hochschulen vorhanden... Alex: Das Geld ist da, es ist nur in den falschen Händen! Erst kürzlich hat man bei der Rettung der Hypo gesehen, wie schnell die Regierung immense Summen bereitstellt, wenn es um Banken und Konzerne geht – und bei der Uni, erzählt man uns, fehle das Geld. Zwei Prozent des BIP sollten für Unis und FHs eigentlich eingesetzt werden, tatsächlich sind es nur knappe 1,4 Prozent. Als KSV fordern wir deshalb eine Vermögenssteuer, durch die Bildung, Gesundheit und Soziales finanziert werden sollen. Studiengebühren lehnen wir klar ab. www.comunista.at r0tcrowd ÖH-Wahl, 19.—21. Mai: KSV & KJÖ 3 keine Zeit“ Über die Misere der Unis und die ÖH als Service- und Mobilisierungseinrichtung sprach die rotcr0wd mit Alex Melinz, Grazer KSV-KJÖSpitzenkandidat bei den ÖH-Wahlen. Zum Entfalten keine Zeit. Alex Melinz, KSV2—3 KJÖ Spitzenkandidat in Graz, im Gespräch Soziale Probleme kennen keine Ferien. Tätigkeitsberichte des KSV-KJÖ im Sozial4—5 und im Arbeitsreferat der ÖH Grüße vom Himmelfahrtskommando. 6 Aus dem Leben in der Nachwuchswissenschaft Arbeit zum Nulltarif. Die „Generation Foto: Han-Do Praktikum“ 7 Plötzlich KSV. Ein Gastkommentar 8 Aus allen Nähten platzt die Mol-Bio 9 Vota Comunista: KSV-KJÖ @ KF 10—11 Worin liegt die Gefahr bei Studiengebühren? Alex: Jede Statistik zeigt, dass solche Gebühren soziale Hürden sind. Kinder aus ärmeren Familien werden dadurch gezwungen, ihr Studium zu beenden – oder beginnen es erst gar nicht. Muss man Gebühren zahlen, kommt man oft in einen Teufelskreis. Man muss noch mehr arbeiten und kann dadurch weniger Zeit für sein Studium aufbringen. Wir warnen auch klar vor Mogelpackungen wie den nachgelagerten Studiengebühren – so startet man nur mit einem Schuldenpaket ins Berufsleben. Draußen vor dem Tore. KSV-KJÖ @ TU 12 Wer zahlt, schafft an. KSV-KJÖ @ Meduni 13 Der ÖH wird abwechselnd vorgeworfen, zu sehr oder zu wenig auf Service zu setzen. Wie sieht der KSV die Aufgaben der ÖH? Alex: Billige Kopien und Skriptenverkauf sind absolut notwendig. Aber durch sie alleine lassen sich weder die mangelhafte Anpassung der Stipendien noch die Teuerungen der Mieten abfedern. Will man wirklichen Service für die Studierenden leisten, muss man auch auf gesellschaftlicher Ebene für Verbesserungen eintreten. Hier müssen wir uns gemeinsam für unsere Rechte stark machen. Gleichzeitig wollen wir Studierenden unbürokratisch und direkt helfen, so etwa bei der Mietrechtsberatung mit Elke Kahr. Auch im Sozialreferat konnten wir vielen Studierenden helfen. Das möchten wir fortsetzen. Darum ist eine Stimme für den KSV-KJÖ eine Stimme für soziale Gerechtigkeit. E s g i bt n i c ht s z u f e i e r n . Ü b e r d i e Blöd gefragt. FH-Extra 14—15 s i c h e r s o z i a l . Claudia Klimt-Weithaler 16—17 im Interview EZB-Eröffnung in Frankfurt 20 Crowd & Rüben 21 Land in der Krise. Eine Ukraine-Reise 21 S t u d e nt e n f u t t e r - C u p c a k e s . Te i l 1 ei n e r G e h ei m re z ept - S e r i e 22—23 D e n k e n i s t m o d e r n . Te i l 2 0 d e r Schachrätsel-Serie 24 facebook.com/ksvgraz KSV-KJÖ @ ÖH 4 r0tcrowd Soziale Probleme kennen keine Ferien Seit Sommer 2013 wird das Sozialreferat der ÖH Uni Graz vom KSV geführt. Eine Bilanz. 1.Sozialtopf um 50 Prozent erhöht: Der Sozialtopf dient der Unterstützung Studierender in sozialen Notlagen. Die Mittel dafür konnten von 50.000 auf 75.000 Euro aufgestockt werden. Zudem wurden zahlreiche Verbesserungen in den Richtlinien durchgesetzt und der maximale Auszahlungsbetrag pro Studierendem/r um 20 Prozent erhöht. 2.Gratis Mensamenü eingeführt: Studierende, die aus dem Sozialtopf unterstützt werden, haben nun täglich die Möglichkeit, gratis in der Mensa zu essen. 3.Kulturpassausgabestelle eingerichtet: Seit der KSV das Sozialreferat führt, haben Studierende, die eine Unterstützung aus dem Sozialtopf oder aus dem Fördertopf für Studienbeiträge erhalten, die Möglichkeit, kostenlos einen Kulturpass zu erhalten und damit gratis in zahlreiche Museen, Theater etc. zu gehen. 4.Vergabe der Mensabeihilfe des Landes Steiermark reformiert: Durch unnötige, von der ÖH aufgestellte Zusatzhürden blieben im Wirtschaftsjahr bevor der KSV das Referat übernahm mehr als die Hälfte der vom Land zur Verfügung gestellten Mittel übrig. Alle zuvor unnötigerweise aufgestellten Schikanen, wie Nachweis des Mietvertrags oder der Konwww.comunista.at toauszüge der letzten drei Monate wurden gestrichen. Durch Verhandlungen mit dem Land Steiermark wurde erreicht, dass knapp 10.000 Euro an Altmitteln nicht ans Land zurückbezahlt werden mussten. Die Auszahlungen an Mensabeihilfen konnten so im ersten Wirtschaftsjahr in dem der KSV das Referat führte, verdreifacht werden. 5.Vinzimarkt Einkaufsberechtigung eingeführt: Studierende, die sich Lebensmittel in normalen Supermärkten nicht leisten können, können sich nun im Sozialreferat eine Einkaufsberechtigung für die beiden Grazer Vinzimärkte ausstellen lassen. Lebensmittel kosten in den beiden Sozialmärkten maximal 30 Prozent des Normalverkaufspreises in Supermärkten. 6.Sozialbroschüre erstellt: Um Studierende an der Uni Graz über ihre Rechte aufzuklären, wurde von uns eine Sozialbroschüre erstellt. Hier findet ihr alle Informationen von A wie Arbeiterkammerbeihilfe bis V wie Vinzimarkt. Die Broschüre steht auch unter soziales.oehunigraz.at zum Download bereit. 7.Sozialreferatsvorträge in den Orientierungslehrveranstaltungen: Um Erstsemestrige über ihre Rechte zu informieren, werden zusätzlich zu den Beratungen im Rahmen der Erstsemestri- r0tcrowd KSV-KJÖ @ ÖH 5 Arbeitsrecht statt „Finance Breakfast“ Der KSV im Arbeitsreferat A Foto: kjoe.at „Geld für Bildung statt für Banken“ fordert der KSV. Er macht sich für ein Topticket, das auch für Studierende gilt, stark und konnte gemeinsam mit der KPÖ zweimal die Abschaffung des Mobilitätsschecks verhindern. Er organisiert die Mietrechtsberatung mit KPÖ-Wohnungsstadträtin Elke Kahr, den Protestsongcontest, das „Kicken gegen rechts“ sowie Diskussionen, Filmabende oder Lesekreise. gen- und MaturantInnenberatung sowie anderer Workshops, in den Orientierungslehrveranstaltungen Vorträge zu den wichtigsten Beihilfen und Unterstützungsleistungen abgehalten. 8.Durchgehende Beratung in den Sommerferien eingeführt: Soziale Probleme kennen keine Ferien. Daher hat das Sozialreferat erstmals auch in den Sommerferien durchgehend geöffnet. Auch Mailanfragen werden in den Ferien zügig bearbeitet. 9.Muttersprachliche Beratung eingeführt: Die größte Gruppe mit nichtdeutscher Muttersprache stellen Studierende aus dem ehemaligen Jugoslawien. Gerade jenen, die neu in Graz sind, bieten wir mit sechs Stunden wöchentlicher Beratung in Bosnisch/Kroatisch/Serbisch eine Anlaufstelle bei der die sprachlichen Barrieren wegfallen. Zudem bieten wir seit diesem Semester auch Beratung in Russisch und Ukrainisch an. uch das Arbeitsreferat wurde in der aktuellen Exekutivperiode von einer KSV-Referentin, Belinda Zangerl, geleitet. Standen in vergangenen Perioden Veranstaltungen wie ein „Banking & Finance Breakfast“ auf dem Programm des Arbeitsreferates, so wurde durch den KSV der Fokus darauf gelegt, denjenigen Studierenden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, die sich ihren Lebensunterhalt in – oft prekären – Arbeitsverhältnissen verdienen müssen. 1. So bietet das Arbeitsreferat aktuell ein durchgängiges Beratungsangebot zu fünf Fachgebieten (Versicherungswesen, Gewerkschaft, Arbeitsrecht, Bildungsteilzeit und Bewerbungsassistenz) in drei Sprachen (deutsch, englisch, türkisch) an. 2. Weiters wurde eine monatlichen Arbeitsrechtsberatung für Studierende durch die Arbeiterkammer im ÖH-Gebäude, und somit direkt am Campus, eingeführt. 3.Zentral war für das Referat auch die Anbindung der Interessensvertretungsorgane AK und GPA-djp, der Gewerkschaft für StudentInnen, an die ÖH. Diese wurde durch regelmäßige Kooperationen und Vernetzungen verwirklicht. 4.Inhaltlich wurde großer Wert darauf gelegt, die Problematik der Doppelbelastung durch Studium und Arbeit zu thematisieren und auch als politische Frage zu behandeln. Dies passierte in eigenen Publikationen sowie mit der Podiumsdiskussion „working class students, wo ÖH, WKO, GPA, AK und #unibrennt über ihre verschieden Ansichten diskutierten und nützliche Tipps weitergaben. 5.Um Studierenden einen einfachen Zugang zu potentiellen Stellenangebote zu bieten, wurde die auf der ÖH aufliegende Jobmappe regelmäßig aktualisiert. 6.Abgehalten wurde zudem ein Workshop zu weiblicher Durchsetzungskraft am Arbeitsplatz, gemeinsam mit dem Referat für feministische Politik. facebook.com/ksvgraz r0tcrowd Arbeit 6 Grüße vom Himmelfahrtskommando Aus dem Leben in der Nachwuchs-Wissenschaft* W issenschaft wird oft als ein idealtypisches Beschäftigungsfeld wahrgenommen. Beschäftigte genießen ein gesellschaftliches Ansehen und verfügen über ein hohes Maß an sozialem/kulturellem Kapital. Sie haben die Möglichkeit, tagtäglich kreativ ihre Leidenschaft auszuüben, genießen flache Hierarchien, flexible Arbeitszeiten und einen hohen Grad an Selbstorganisation bzw. Eigenverantwortung. Und gleichzeitig helfen sie, die Welt ein wenig besser zu verstehen und zu gestalten. Wer würde da nicht WissenschaftlerIn werden wollen? Der Einstieg in den Wissenschaftsbetrieb löst diese naive Vorstellung jedoch relativ schnell ab. Neoliberale Normen und Prinzipien der Wettbewerbsfähigkeit sind längst universitärer Alltag. Nicht nur für Studierende, sondern eben auch vor allem junge Lehrende. Die Flexibilisierung des Arbeitsalltages ist in diesem Sinne nämlich nicht mit einer zunehmenden Freiheit verbunden, sondern muss vielmehr als eine Art von „Flexploitation“ verstanden werden. Eine (Selbst-) Ausbeutung, der sich weite Teile des wissenschaftlichen Personals aussetzen „müssen“, um in der gegenwärtig dominanten Form von prekärer Beschäftigung eine Chance zu haben, eines Tages eine wissenschaftliche Stelle zu erreichen, die mit gewissen Sicherheiten verbunden ist. Ein Unterfangen, welches ein Kollege einmal recht treffend als „Himmelfahrtskommando“ beschrieben hat. Die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen kann natürlich nicht nur auf den Wissenschaftsbetrieb reduziert werden, kommt dort aber, vor Foto: twitter.com/HistoryInPics allem in dessen Nachwuchs, in konzentrierter Form vor. Denn mittlerweile sind diese „atypischen“ Beschäftigungsverhältnisse vollkommen typisch geworden: keine Vollzeittätigkeit mit entsprechendem Einkommen, das Fehlen einer vollständigen Integration in soziale Sicherungssysteme und jeglicher Unbefristetheit des Arbeitsverhältnisses sowie eine arbeitsvertragliche Absicherung mit definierten Pflichten von ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn. Vor allem in den ökonomisch „schwieriger“ zu verwertenden Sozial- und Geisteswissenschaften sind diese prekären Arbeitsverhältnisse im „Unternehmen Universität“ eine Alltäglichkeit. Es gibt fast ausschließlich zeitlich befristete und/oder projektbezogene Arbeitsverhältnisse sowie eine universitäre Lehre, welche großteils an externe LektorInnen ausgelagert wird, die für eine Lehrveranstaltung knapp über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt werden und von Semester zu Semester die Lehrveranstaltungen neu beantragen müssen. Materielle Sicherheit oder gar Planbarkeit der näheren Zukunft? Fehlanzeige. Nachwuchswissenschaft ist nicht gekennzeichnet von Lehren und Forschen, sondern von Befristungen, Teilzeitstellen, Forschungsanträgen, Evaluationen, Unterbezahlung etc. Dies wirkt sich zudem perfide motivierend aus, da man als „wissenschaftliche Ich-AG mit Ablaufdatum“ ja auch noch selbst für das eigene Glück zuständig ist. Mit anderen Worten: man muss für die eigene Selbst(Ausbeutung) auch noch dankbar sein. Für viele im wissenschaftlichen Nachwuchs heißt es deswegen, sich entweder mit den Verhältnissen zu arrangieren, oder sich auf einem Arbeitsmarkt umzusehen, von dem man als überqualifiziert, überspezialisiert oder schlicht als zu alt wahrgenommen wird. Oder, und hier bleibt die Frage offen, wieso dies bisher so wenig geschieht, sich gegen diese Verhältnisse aufzulehnen. Denn gerade mit den weltweiten Protestbewegungen gegen die zunehmende neoliberale Ökonomisierung von Wissenschaft und Bildung, können und müssen Fragen über Arbeitsverhältnisse an der neoliberalen Universität thematisiert werden. *Der Autor ist Nachwuchswissenschaftler. Er ist an drei wissenschaftlichen Institutionen affiliiert und trotzdem weit von einer Vollzeitbeschäftigung entfernt www.comunista.at r0tcrowd Arbeit 7 Arbeit zum Nulltarif Üblich: Vom Salär für ein Praktikum — wenn man eines bekommt — lässt sich keine Miete zahlen und kaum ein Essen auf den Tisch zaubern. E in dreimonatiges Praktikum beim ZDF-Auslandsstudio in Wien? Zusammen mit einem 9-köpfigen Team die Berichterstattung für Süd-Osteuropa gestalten? Klingt toll? Ja. Aber die Sache hat einen Haken und zwar den letzten Satz in dieser Praktikumsausschreibung des ZDF: „Leider, wie schon allgemein üblich, gibt es für die Stelle kein Honorar.“ Stellenanzeigen wie diese sind kein Einzelfall, sondern leider „schon allgemein üblich“, wie die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt ZDF als Nutznießerin der prekären Jobsituation vieler junger Menschen zynisch formuliert. ZDF, Raiffeisen oder der Österreichische Gemeindebund – sie alle greifen auf PraktikantInnen zurück. Gefordert werden „hohes Engagement“, „zeitliche Flexibilität“, „Belastbarkeit“ oder „Zahlenaffinität und genaues Arbeiten“. Nicht überall arbeitet man unbezahlt. Für ein zweimonatiges Praktikum, das „spontanen Student/innen, die Lust auf Erfahrung im Online-Journalismus haben“ vom Österreichischen Gemeindebund am Silbertablett serviert wird, erhält man eine monatliche Aufwandsentschädigung von 300 Euro – bei einer Wochenarbeitszeit von „zumindest 30 Stunden“. Davon kann kein Mensch leben. Denn von der „Möglichkeit, in kurzer Zeit sehr viel Praxis im Online-Journalismus zu sammeln“ lässt sich weder die Miete bezahlen, noch ein Essen auf den Tisch zaubern. In Österreich sind hunderttausende prekär Beschäftigte, Studierende und Uni-AbsolventInnen davon betroffen, dass sichere und existenzsichernde Arbeitsverhältnisse Mangelware sind. Die Zunahme unbezahlter Praktika ist dabei der Gipfel an Zumutungen und Dreistigkeit. Diese ausbeuterische Praxis muss durch ein Verbot beendet werden, was aber nur ein erster Schritt sein kann, um die Negativspirale aus finanziellen Sorgen, Zukunftsängsten, Existenzunsicherheit, Stress, Leistungsdruck und Versagensängsten zu durchbrechen. mit ihrer Ausbildung in einem Zusammenhang stehen, noch eine existenzsichernde Entlohnung bieten. Unbefristete Arbeitsverträge, die bei entsprechender Entlohnung soziale Absicherung garantieren, liegen für immer mehr junge Menschen in schier unerreichbarer Ferne. So wie es ist, darf es nicht bleiben. Um Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen, brachte die KPÖ im Grazer Gemeinderat einen Dringlichen Antrag ein, der ein Verbot von unbezahlten Praktika ebenso forderte wie ein Praktikumsgesetzes, dass Praktika, die im Rahmen einer universitären Ausbildung vorgeschrieben sind, klar rechtlich definiert. Darin müssen Standards bezüglich Arbeitszeit, Mindestentgelt und Bildungsziele festgelegt werden. „Es gilt Druck auf die Gewerkschaften zu machen, damit sie die Bezahlung von PraktikantInnen in die Kollektivvertragsverhandlungen aufnehmen“, so KPÖ-Gemeinderat Robert Krotzer. Damit hoffen wir erste, kleine Schritte zu einer längst notwendigen Bewegung für die sozialen Interessen der „Generation Praktikum“ beigetragen zu haben. Und wir versprechen, weiter, an diesem uns alle betreffenden Thema dran zu bleiben – gerne mit eurer Unterstützung! Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung Während im März 2015 österreichweit über 20.000 Uni-AbsolventInnen arbeitslos waren, hat die Hälfte der berufstätigen Menschen unter 30 Jahren befristete oder sogenannte freie Dienstverhältnisse. Gerade für Kinder aus ArbeiterInnenfamilien ist nämlich noch nicht mal der Einstieg in die „Generation Praktikum“ leistbar. Das Problem wird hier insofern verlagert, als viele StudienabsolventInnen Jobs annehmen (müssen), die weder facebook.com/ksvgraz r0tcrowd KSV-KJÖ @ ÖH 8 Plötzlich KSV Man kann auch einfach für Studierende arbeiten wollen. Ein Gastkommentar. S 1 Der Autor war einmal Mitglied des VSStÖ. von Thomas Knapp eit 2013 leiten Mitglieder des KSV zwei Referate der ÖH Uni Graz, Georg Erkinger das Sozialreferat und Belinda Zangerl das Arbeitsreferat. Als Sachbearbeiter im Sozialreferat (zuständig für Sozialtopf und Mensabeihilfe) konnte ich den KSV so näher kennenlernen. Als inzwischen unfraktionierter ÖH-Mitarbeiter ist mein Anliegen die tatsächliche Arbeit in der Interessensvertretung, nicht das politische Spiel. Eine Einstellung die mit dem KSV sehr gut funktioniert hat. Das ist alles andere als selbstverständlich. Die ÖH, nicht speziell in Graz sondern österreichweit, hat sich ihren Ruf als „Politikkindergarten“ hart erarbeitet. Um von ihr enttäuscht zu werden, muss man nicht naiv durch die Welt tanzen. Politik wird selbstverständlich nie ganz altruistisch und frei von Machtspielen sein, das ist ein idealistischer Traum. Darum geht es bei der inhaltlich stichhaltigen Version dieser Kritik gar nicht. Aber auch und gerade realistisch gesehen, sollte man doch, insbesondere in einer Interessensvertretung, in der man sich ehrenamtlich, also unbezahlt, engagiert, zurecht erwarten können, dass die tatsächliche Vertretungsarbeit wichtiger ist, als die eigene Fraktion oder das eigene Ego. Doch das Ego von ÖH-FunktionärInnen sollte man nicht unterschätzen. Die ÖH hat überraschend viele Möglichkeiten zu bieten, um Dinge zu erreichen und umzusetzen. Im internationalen Vergleich findet man kaum eine Studierendenvertretung, die so viel Potential hat. Da ist es zwar wohl kein Wunder, aber dennoch enttäuschend, dass immer wieder FunktionärInnen glauben, sich in Projekten, von denen Studierende nichts haben, selbst verwirklichen zu müssen. Die ÖH-Arbeit des KSV war das Gegenteil von diesen teilweise berechtigten Vorurteilen. Er brachte viel Schwung und neue Ideen in das Sozialreferat, das in der vorangegangenen Exekutivperiode von konservativer Seite durch peinlich schlechte Arbeit geradezu mutwillig beschädigt wurde. (So wurden etwa monatelang keine E-Mails von Studierenden beantwortet oder Sozialtopfansuchen bearbeitet.) Der Sozialtopf der ÖH Uni Graz, derzeit mit 70.000 Euro für das Studienjahr dotiert und damit so etwas wie das „Flaggschiff“ der Hilfestellungen, die die ÖH Uni Graz anbietet, wurde in den letzten Semestern von einer guten Situation ausgehend massiv verbessert. Neben Änderungen in den Richtlinien, die die Gruppe der potentiell Bezugsberechtigten ausweitete, wurden flankierte Maßnahmen wie die Einkaufsgenehmigung in den Grazer Vinzimärkten, der Kulturpass von „Hunger auf Kunst&Kultur“ und das kostenlose Mensamenü für SozialtopfbezieherInnen eingeführt. Die Qualität der Beratung wurde in Sozial- und Arbeitsreferat wurde kontinuierlich gesteigert. Das Arbeitsreferat ging zusätzlich eine Kooperation mit der Arbeiterkammer ein, um Studierenden regelmäßig professionelle Arbeitsrechtsberatung auf der ÖH bieten zu können. Der Zugang zum Angebot der ÖH wurde auch dadurch verbessert, dass Arbeits- und Sozialreferat gemeinsam nun Beratung und Information auf Deutsch, Englisch, Russisch, Ukrainisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch und Türkisch anbieten. Die aktive Information von Studierenden über Beihilfen und mögliche Unterstützungen, bevor sie überhaupt mit einem Problem zur ÖH kommen müssen, wurde stark ausgebaut, indem man in den Orientierungslehrveranstaltungen präsent war, und eine eigene Sozialbroschüre herausgab. Ich habe bei ÖH-Wahlen bisher noch nie den KSV gewählt. Nachdem ich die Fraktion nun durch gute Zusammenarbeit näher kennengelernt habe, wird sich das in Zukunft ändern. Foto: KK www.comunista.at Thomas Knapp (28) studiert Philosophie, ist als Sachbearbeiter im Sozialreferat für den Sozialtopf und die Mensabeihilfe zuständig und ist Vorsitzender der StV Philosophie. r0tcrowd Uni | Crowd & Rüben Aus allen Nähten Fünf Jahre nach der breiten MINT-Werbeoffensive des Ministeriums zeigt sich am Beispiel Molekularbiologie: durch die Unterfinanzierung der Unis warten verlorene Semester anstatt Jobaussichten. M athematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sollten nach dem Wunsch der damaligen Wissenschaftsministerin Beatrix Karl jene Fachgebiete sein, die mehr Studierende absolvieren sollten, um so nach den kurzfristigen Interessen der Wirtschaft ausgebildet zu werden. Bereits in den ersten Wochen der Kampagne zur Bewerbung der sogenannten MINT Fächer gab das Ministerium etwa eine halbe Million Euro aus, um mehr Studierende für diese Fächer zu begeistern. Die kostenintensive Kampagne warb damit, dass es in diesen Fächern ausgezeichnete Betreuungsrelationen gäbe und zudem die Jobaussichten im Gegensatz etwa zu den Geisteswissenschaften hervorragend seien. „Wer ein Studium mit besten Studienbedingungen und hervorragenden Jobaussichten will, sollte sich bei der Studienwahl ernsthaft mit MINT auseinandersetzen“, zitierte der Standard die Ministerin im Jahr 2010. Schon während der Kampagne gab es kritische Stimmen, die aufzeigten, dass dies etwa im Fall der Informatik nicht so sei. Ausgerechnet an der Heimatuniversität der ehemaligen Ministerin zeigte sich bald, wie verlogen die damalige Kampagne geführt wurde. Lotterie um Laborplätze Beispielsweise platzt das in Kooperation mit der TU geführte NAWI-Graz Studium Molekularbiologie aus allen Nähten. Einen Laborplatz zu ergattern wird zum Lotteriespiel, in dem es nur wenige glückliche GewinnerInnen gibt. So gab es bereits 2006 seitens der Uni Graz den ersten Versuch der Einführung von Zugangsbeschränkungen. 2009 standen dann 60 Laborplätzen ca. 300 StudienanfängerInnen gegenüber. Die Werbekampagne startete also zu einem Zeitpunkt, als klar war, dass die vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichten, aber auch kein Wille seitens des Ministeriums bestand, für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen. Ab dem Wintersemester 2013 wurde für das Studium schließlich ein Aufnahmeverfahren mit Prüfung eingeführt. 9 Uni-Aufnahmetests: Einsicht muss sein D er Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entschied Anfang April, dass einem Studienwerber an der Karl-Franzens-Universität Einsicht in die Beurteilungsgrundlagen bei der Aufnahmeprüfung zum Bachelorstudium Psychologie gewährt werden muss. Dies war bisher nicht möglich, da seitens der Universität argumentiert wurde, dass das Recht auf Einsichtnahme nur Prüfungen innerhalb des Studiums, nicht aber Aufnahmeprüfungen regelt. Dem widersprach nun der VwGH. Das Recht auf Einsichtnahme muss nunmehr auf allen österreichischen Hochschulen gelten. Mindeststudienzeit? Unmöglich! Die Probleme blieben den Verlautbarungen zum Trotz dennoch bestehen. Es gibt nach wie vor zu wenige Laborplätze. Was wiederum zu verlängerten Studiendauern führt und es verunmöglicht, die Laborübungen in der empfohlenen Reihenfolge zu absolvieren. Diese Übungen überschneiden sich zudem zeitlich mit anderen Pflichtlehrveranstaltungen, da Labore geblockt während des Semesters angeboten werden. Die Folgen reichen vom Semster- bis hin zum damit einhergehenden Beihilfenverlust und dem Zahlen von Studiengebühren. All dies führt zu massiven persönlichen Problemen bei den betroffenen Studierenden. Eine Lösung ist nur in Sicht, wenn die Regierung ihrem eigenen Bekenntnis, zwei Prozent des BIPs für die Universitäten aufzuwenden, endlich Taten folgen lassen würde. Dafür gilt es zu kämpfen und SPÖ und ÖVP an das eigene Regierungsprogramm zu erinnern. GE Foto: OGR Graz Pegida scheitert in Graz W ährend sich bei der Pegida-Kundgebung am 29. März am Grazer Freiheitsplatz nicht mehr als hundert Rechte einfanden, kamen zur Gegendemonstration der „Offensive gegen Rechts Steiermark“ weit über tausend Menschen. „Ein klares Signal gegen die Hetze von Pegida“, freute man sich bei der OGR, die auch von KSV und KJÖ unterstützt wird. Im Anschluss an die Demonstration unter dem Motto „Kein Platz für Rassismus“ versammelten sich die DemonstrantInnen zu einer weiteren angemeldeten Kundgebung beim Domplatz. Der angrenzende Freiheitsplatz war von der Polizei bereits im Vorfeld per Platzverbot abgeriegelt worden. An anderen Zugängen zum Platzverbot fanden zusätzlich spontane Kundgebungen statt. Die Kundgebung am Domplatz wurde gegen Ende von rechten Schlägern attackiert. Zwei DemonstrantInnen wurden dabei verletzt, einer der rechten Raufbolde wenig später von der Polizei gestellt. In den Reihen von Pegida befanden sich auch einige VertreterInnen der FPÖ, darunter Susanne Winter und Armin Sippel. facebook.com/ksvgraz 10 ÖH-Wahl, 19.—21. Mai: KSV & KJÖ »Ich kandidiere für den KSV, weil es nicht passieren darf, dass sich nur noch reiche Leute ein Studium leisten können.« »Als Gewerkschaftsaktivistin und Unterstützerin der Bildungskämpfe sehe ich im KSV die nötige radikale Alternative für Studierende, um für gemeinsame Interessen zu kämpfen.« Alex Melinz (26) Germanistik und Geschichte Belinda Zangerl (29) Soziologie. arbeitet als Jugendbetreuerin »Die Ursachen der massiven Verschlechterungen (Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen, Verschulung, Kürzungen bei Familien- und Wohnbeihilfe...) liegen im kapitalistischen System. Nur der KSV tritt glaubhaft dagegen auf. Im Sozialreferat haben wir das bewiesen.« Georg Erkinger (32), USW »Für den KSV trete ich an, weil ich mich so gegen weitere Verschlechterungen der Lebensund Studienbedingungen engagieren kann.« Daniela Katzensteiner (28) Geschichte »Ich mache beim KSV mit, weil ich Ungerechtigkeiten offensiv entgegentreten will.« »Um Verschlechterungen der Lebensbedingungen von Studierenden entgegen zu treten, ist es wichtig, den KSV zu stärken und daher kandidiere ich für den KSV« Benjamin Dianat (22) Biologie. Sylvia Lammer (29) Sozialpädagogik »Studium, Arbeit und hohe Lebenskosten belasten Studierende schon zu lange! Ich kandidiere für den KSV, weil ich für soziale Gerechtigkeit und freie Bildung kämpfen möchte.« Dario Tabatabai (22) Rechtswissenschaften www.comunista.at r0tcrowd »Wer studieren will, soll es tun können. Hürden wie die Steop gehören da nicht geschaffen sondern abgeschafft. Bildung gehört uns allen. Deshalb kandidiere ich für den KSV.« Felix Trieselmann (22) USW r0tcrowd ÖH-Wahl, 19.—21. Mai: KSV & KJÖ 11 »Studieren ist mehr als nur im Hörsaal sitzen und Prüfungen ablegen. Ich kandidiere für den KSV, weil er die einzige Alternative ist um das Studium und die gesellschaftlichen Verhältnisse mitzugestalten und im positiven zu verändern.« Valentino Filipović (23) Kulturanthropologie »Ich engagiere mich für den KSV, um ein Zeichen gegen soziale Ungerechtigkeit zu setzen.« »Ich trete für den KSV an, weil er für sozialere und gerechtere Studienbedingungen kämpft und die Studierenden an erster Stelle kommen.« » Ich unterstütze den KSV, weil er entschlossen gegen Bildungsökonomisierung und für ein bezahlbares Studium an der KFU kämpft.« Manuel Kriebernegg (22) Lehramt Geschichte & Geografie Ilknur Özalp (22) Psychologie »Ich zeige mich solidarisch, weil der KSV die einzig glaubwürdige antikapitalistische Kraft darstellt« »Ich kandidiere für den KSV, weil man diese versteinerten Verhältnisse zum Tanzen bringen muss. « Daniel Hacker (36) Doktorat Geschichte Andreas Nitsche (29) Pädagogik »Ich solidarisiere mich mit dem KSV, weil er sich gegen die zunehmende Präkarisierung von Studierenden, die Ökonomisierung der Hochschulbildung und für die Chancengleichheit an unseren Unis einsetzt.« »Immer schon hat der KSV die Probleme der Menschen ernst genommen. Da liegt es auf der Hand, dass ich – noch einmal – für ihn kandidiere.« David Brunner (23) USW-Geografie Theresa Paulus (18) Deutsch & Transkulturelle Kommunikation Hanno Wisiak (33) Doktorat Geschichte facebook.com/ksvgraz 12 r0tcrowd TU: KSV & KJÖ Draußen vor dem Tore Alle zwei Jahre wieder: Auch an der TU Graz werden neue Studienvertretungen und eine neue Universitätsvertretung, zusätzlich zur neuen Bundesvertretung, gewählt. Ein Rundumschlag von Walter Weiss Schluss mit sozialpartnerschaftlicher Paktiererei In den letzten Jahren hat sich die HTU-Exekutive zum Großteil damit begnügt, sich in Gremienarbeit zu verstricken. Die Rechnung bekamen wir serviert, zum Beispiel in der Form von universitätsautonom eingehobenen Studiengebühren, die ohne großen Gegenwind durch den Senat eingeführt wurden. Studiengebühren werden inzwischen zwar wieder von der Bundesregierung vorgeschrieben, aber man hätte in diesem Fall Symbolwirkung für die anderen Grazer Universitäten und den Rest Österreichs schaffen können, wenn man anders aufgetreten wäre. Gesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen! Draußen vor dem Tore unserer Universität schaut es noch schlechter aus, was die Präsenz der HTU betrifft. Schon die Vorgängerexekutive glänzte bei den Sozialprotesten der Plattform 25 im Jahr 2011 durch ihre Abwesenheit, da man es als nicht „so wichtig für Studierende“ empfand. Dass diese Proteste unter anderem auch gegen die Kürzung der Wohnbeihilfe gerichtet waren, von der auch Studierende durch finanzielle Erleichterungen profitieren, war dem damaligen Vorsitzteam wohl auch nicht so wichtig. Auch bei der Kampagne für die Einführung des Top-Tickets, die auf Antrag des KSV von der ÖH Uni Graz ins Leben gerufen wurde, war das Engagement ein eher halbherziges. Ausverkauf der Universität stoppen! Wenn man durch die Gebäude der TU Graz wandert, fällt eines schnell auf: Firmensponsoring ist kein Tabu für unsere Unileitung. Von etlichen Hörsälen und Seminarräumen prangen Firmenlogos bzw. scheinen diese im Namen auf. Als größtes Beispiel ist hier wohl das Frank-Stronach-Institut (FSI) zu nennen. Schon bei der Eingangstür hängt ein überdimensionales Bild dieses Herren. Veränderung kommt nicht von allein »Ich begann aus Frust über die nicht eingelösten Wahlversprechen der SPÖ 2006 und 2008, mit der KJÖ zu sympathisieren. Inzwischen bin ich für den KSV an der TU Graz aktiv.« Walter Weiss (23) Chemie www.comunista.at Für uns als Kommunistischer StudentInnenverband (KSV-KJÖ) ist es zu wenig, in Gremien große Reden zu schwingen und dort wo es darauf ankommt, nämlich auf der Straße, gar nicht erst zu erscheinen. Sozial- und bildungspolitische Fortschritte in Österreich wurden erkämpft. Und zwar auf der Straße, nicht am grünen Tisch. Auch an der TU Graz braucht es eine Kraft, die offen auftritt, gegen Sozialabbau, für leistbares Wohnen, ein Ende von prekären Arbeitsverhältnissen und eine gesellschaftliche Alternative. »Ich kandidiere für den KSV, weil es einen qualitativen Bruchmit der derzeitigen Gesellschaft braucht, um die Verhältnisse zu verbessern.« »Weil ich realisiert habe, dass, wenn das derzeitige politische System so bleibt, die Welt zu Grunde gehen wird, engagiere ich mich für den KSV.« Nadine Neubauer (22) Molekularbiologie. Mario Radman (21) Chemie r0tcrowd Meduni 13 Wer zahlt, schafft an Soll der neue medizinische Campus in die Dienste der Pharmaindustrie gestellt werden? Vieles deutet darauf hin. I von Sebastian Wisiak m Stiftingtal entsteht der umstrittene neue medizinische Campus der Meduni Graz. Die Projektplaner stellten als erstes das Zentrum für Wissen- und Technologietransfer (ZWT) fertig und lassen damit erkennen, wo die Prioritäten liegen. Das ZWT dient der Nutzbarmachung von Forschungsergebnissen für die Pharma- und Medizintechnikindustrie. Auf seiner Homepage wirbt es mit der Nähe zum Grazer LKH als „Vorteil durch das Umfeld“, weil hier an 396.000 ambulanten und 83.800 stationären Patienten im Jahr geforscht werden kann. Mit der Braun Melsungen AG konnte bereits ein dicker Fisch an Land gezogen werden. Einmalig in Österreich An keinem anderen Standort ist die Industrie derart in einen Campus integriert. Die Meduni rühmt sich sogar ihrer Vorreiterrolle. Die Bildungspolitik der letzten Jahre ließ diesen Trend erkennen: so wurde etwa das Wissenschaftsministerium dem Wirtschaftsministerium angegliedert. Währenddessen sind die Universitäten chronisch unterfinanziert und sollen ihre Forschung durch Drittmittel finanzieren, d.h. durch Gelder aus der Privatwirtschaft. Dieses Geld wird nur in Projekte fließen, von denen sich die Geldgeber einen Profit versprechen. Forschungen, die sich nicht unmittelbar verwerten lassen, fallen unter den Tisch. Es kann sogar noch schlimmer kommen: Forschungsergebnisse, die den Umsatz eines Unternehmen schmälern könnten, würden vielleicht zurückgehalten. eingerichtete Abteilung dafür. „Die Servicestelle für Technologietransfer vermittelt jedoch auch gerne Kontakte zwischen Unternehmen und WissenschafterInnen für Erstgespräche über Projektideen“, war dort zu lesen. Der KSV meint, dass an Universitäten unabhängig von Profitinteressen geforscht werden sollte. Anstatt Geld für Servicestellen rauszuschmeißen, die es den Konzernen erleichtern, medizinische Forschung zu vereinnahmen, sollte es für die freie Wissenschaft investiert werden. Nur so kann garantiert werden, dass wirklich das Wohl der Patienten im Mittelpunkt steht. Sebastian Wisiak studiert Medizin in Graz und ist Aktivist des KSV-KJÖ Die Wissenschaft ist frei Artikel 17 Staatsgrundgesetz besagt: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“. In der Realität setzt sich aber der Satz „Wer zahlt, schafft an“ durch. Pharmaunternehmen suchen immer nach willigen ForscherInnen und lassen dabei auch schon mal was springen. Medizinstudierende laufen dabei in Gefahr, vereinnahmt zu werden. Sie alle müssen eine Diplomarbeit schreiben – und wenn den Anfängen nicht gewehrt wird, könnten sie schon bald unentgeltlich die mühsame Kleinarbeit für die Pharmakonzerne leisten. Dieses Szenario ist alles andere als aus der Luft gegriffen. In der letzten Ausgabe der Meduni-Zeitschrift „Meditio“ bewarb man die eigens facebook.com/ksvgraz r0tcrowd FH-Extra 14 Blöd gefragt Foto: Plassnig HSG — kann man das essen? Nein, und es ist auch keine Krankheit. HSG steht für HochschülerInnenschaftsgesetz. Und das ist jetzt neu. Warum und wie dich das an der Fachhochschule betrifft,erklärt die r0tcrowd. www.comunista.at Warum soll mich dieses neue Gesetz interessieren? Was ändert sich für mich? Die ÖH-Vertretungen an allen Hochschulen mit mehr als 1000 Studierenden, somit auch jene der FH Joanneum, werden nun zu einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Das bedeutet, dass die ÖH Joanneum unabhängig von der Bundesvertretung (BV) handeln kann und finanziell selbstständig ist. Was so viel heißt wie: Die Österreichische HochschülerInnenschaft an der FH beschließt ihr eigenes Budget. Außerdem wählen Studierende der Fachhochschule zukünftig ihre Vertretung per Listenwahlrecht. Sprich jeder und jede stimmt am Wahltag für die KandidatInnenliste einer Fraktion. KandidatInnen können sich zusammenschließen, anstatt als Einzelpersonen zu kandidieren. Studierende der Fachhochschule wählen ihre Vertretung, wenn die allgemeinen ÖH-Wahlen stattfinden, also alle zwei Jahre. Das nächste Mal wird im Mai 2015 zu den Urnen gebeten. Cool. Tut sich auf Bundesebene auch was? Mit dem neuen Hochschulgesetz wählen Studierende ihre bundesweite Vertretung wieder direkt. Zuvor entsandten die örtlichen Hochschulvertretungen Personen in die BV. Es wird also direktdemokratischer. Das bedeutet, dass Studierende erstmals auf allen Ebenen, sprich auf Bundes-, Studiengangs- und Hochschulebene ihre Vertreter direkt wählen. Zusätzlich werden die 100 Mandate in der Bundesvertretung auf 55 reduziert. Meine ausländischen StudienkollegInnen durften letztens bei den ÖH-Wahlen nicht kandidieren. Warum? Studierende, die nicht aus einem Land des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) kommen, können zukünftig auch bei den ÖH-Wahlen kan- r0tcrowd FH-Extra 15 Kommentar Foto: KK I didieren. Der Europäische Wirtschaftsraum besteht aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen. Bisher durften sogenannte Drittstaatsangehörige nur ihre Vertretung wählen, hatten jedoch kein passives Wahlrecht. Was ist eigentlich, wenn ich während der ÖH-Wahlen nicht vor Ort bin? Studierende haben ab den nächsten ÖH-Wahlen die Möglichkeit Vertretern per Briefwahl ihre Stimme zu geben. Durch die Briefwahl erhofft man sich eine höhere Wahlbeteiligung an den Hochschulen, die bei der letzten Wahl lag bei 27,97 Prozent. Sara Noémie Plassnig, KSV-KJÖ, kandidiert für die Studienvertretung Journalismus und PR an der FH Joanneum Graz Zwischen Armut und Abschluss von Peter Liszt n Österreich gelten 1,5 Millionen Menschen als armutsgefährdet oder leben unter der Armutsgrenze. Darunter sind auch zahlreiche StudentInnen – jedeR zweite StudentIn führt formal ein Leben unter der Armutsgrenze. Das oft in der Gesellschaft reproduzierte Bild von LangzeitstudentInnen ist auf die vorherrschenden katastrophalen Bedingungen zurückzuführen: Viele Studierende müssen sich neben ihrem Studium verschiedene Erwerbsmöglichkeiten suchen, um über die Runden zu kommen. Das Studienbeihilfen-System versagt hier völlig. Neben dem Hochschulabschluss erarbeiteten sich die Meisten nämlich nicht nur einen Berg an Wissen, sondern auch an Schulden – gerade auf der FH besteht diese Gefahr. Den StudentInnen an den Universitäten fällt es noch leichter neben ihrem Studium zu arbeiten, dafür müssen sie häufig längere Studienzeiten in Kauf nehmen. An den Pädagogischen Hochschulen und an den Fachhochschulen ist es quasi unmöglich, geregelte Arbeitszeiten einzuhalten. Die Studienpläne sind Montag bis Freitag, manchmal sogar bis Samstag, vollgestopft. Für Lohnarbeit bleibt meist keine Zeit. Viele Familien investieren Unsummen in die Ausbildung ihrer Angehörigen, um deren Studium zu ermöglichen. Viele andere kommen nie an eine Hochschule, da es einfach finanziell unmöglich ist. Der Staat bzw. die Regierung schaut zu und vernachlässigt seine/ihre Aufgabe. Stipendien und Förderungen sind minimal, die Kürzung der Familienbeihilfe und weitere Einsparungen verschärfen die Situation. Die Chance der Bildung wird in Österreich nicht erkannt. Österreich, eines der reichsten Länder in Europa, hat gleichzeitig eine der niedrigsten AkademikerInnenqouten. Für mich ist das ein eindeutiges Zeichen, dass die österreichische Bundesregierung hier nicht auf die Interessen der Bevölkerung bedacht ist. Bildungspolitik für alle sieht anders aus: Es braucht ein Bildungssystem, das jedem/r die gleichen Chancen von klein auf bietet und jedem Menschen die freie Wahl des Studiums und die finanziellen Möglichkeiten dafür garantiert. Doch sind es auch zahlreiche andere Kostenpunkte die das Budget der Studierenden belasten. Der öffentliche Nahverkehr, der zu teuer ist, die Wohnungsmieten die unaufhaltsam in die Höhe steigen und einfache Lebenserhaltungskosten. Ein faires Bildungssystem ist nur in einer fairen Gesellschaft möglich, von dieser wir noch weit entfernt sind. Deshalb ist es notwendig aufzustehen, sich zu organisieren und gemeinsam für unsere Interessen einzutreten. facebook.com/ksvgraz 16 Comunista r0tcrowd sicher sozial LeserInnen haben via Facebook gefragt, Claudia Klimt-Weithaler hat geantwortet. Die ROTCR0WD hat die KPÖSpitzenkandidatin für die Landtagswahlen zum Interview getroffen – und die Fragen gestellt. ROTCR0WD: Bevor die LeserInnen zu Wort kommen: Claudia, du hast ja auch selbst studiert. Was hat sich deiner Meinung nach verändert? Trifft die Landespolitik Studierende überhaupt? Claudia Klimt-Weithaler: Die Situation für StudentInnen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft: Zur Verschulung kommt ein hoher finanzieller Druck. Viele Sozialleistungen, die früher selbstverständlich waren, wurden schon in den 90ern gestrichen. 80 Prozent der Studierenden müssen heute bereits arbeiten, um sich ihr Studium leisten zu können. Oft ist es gar nicht möglich, in der Regeldauer zu bleiben. Das Land hat viele Möglichkeiten, die Lage der Studierenden zu erleichtern. Eine konkrete Maßnahme, für die wir im Landtag auch kämpfen, ist die längst überfällige Einführung des Toptickets, um den ÖV wieder erschwinglich zu machen. Leider zeigt der FP-Landesrat kein Interesse an der Umsetzung. Annika Pagl: Sogar kleine WG-Zimmer sind kaum noch unter 250 Euro zu haben. Kann die Landespolitik daran etwas ändern oder ist alles nur Wahlkampf-Getöse? Klimt-Weithaler: Die KPÖ zeigt in Graz mit Elke Kahr, dass es sehr wohl möglich ist, von politischer Seite am Wohnungssektor etwas zu bewegen. Nicht weniger Vermieter arbeiten unseriös und verlangen mehr, als sie dürfen. Da hilft die KPÖ konkret mit Rechtsberatungen – auch an der Uni. Ein wichtiger Punkt, gerade für Studierende, www.comunista.at ist die Wohnbeihilfe. Im Landtag haben immer wieder darauf gedrängt, sie zu erhöhen und den BezieherInnenkreis auszuweiten. Das wurde aber von Rot, Schwarz und Blau abgelehnt. Rudolf Kranjc: Bei der letzten Landtagssitzung musste ich feststellen, dass die Eingänge zum Landhaus überall versperrt sind. Früher war das Haus öffentlich zugänglich. Ich erwarte mir von den gewählten VolksvertreterInnen, dass sie sich nicht hinter dicken Mauern verschanzen. War das ein Landtagsbeschluss? Wie hat sich die KPÖ verhalten? Klimt-Weithaler: Die Beobachtung ist leider zutreffend: Die Landtagsdirektion hat unter Verweis auf nicht näher genannte „Vorkommnisse“ das Landhaus verriegelt und nebenbei auch noch den erst vor kurzem teuer installierten Lift unzugänglich gemacht, der einen barrierefreien Zugang zum Haus ermöglicht hat. Die KPÖ hat als einzige Partei gegen diese Vorgangsweise protestiert. Wir sind der Meinung, dass das Landhaus als Sitz der Volksvertretung allen BürgerInnen offenstehen muss. Peter Riegler: Diese Frage stelle ich natürlich allen anderen Parteien vor der Landtagswahl auch: Wird die KPÖ einen weiteren Entschließungsantrag für die Wiedereröffnung der Geburtenstation Voitsberg im neuen Landtag einbringen? Klimt-Weithaler: Auf jeden Fall. Von vielen folgenreichen Fehlentscheidungen im Gesundheitsressort war die Schließung der Geburtenstation in Voitsberg, eine der modernsten und besten in r0tcrowd Comunista 17 Leider hat das eine eigenartige Optik ergeben und wir würden das rückblickend anders machen. Aber es ist klar, dass die KPÖ ohne Wenn und Aber für internationale Solidarität steht und wir entschieden unsere Stimme erheben, wenn Menschen auseinanderdividiert werden sollen. Heinz Trenczak: Plant das „Filmland“ Steiermark, die 50-Prozent-Kürzung des Budgets für den künstlerischen Film (cinea art / Kultur) zurückzunehmen und es jenem für den kommerziellen Film (cinestyria / Tourismus) wieder anzugleichen? Muss es beim steirischen Kommerzfilm nicht auch – wie sonst üblich – eine Drehbuchförderung geben? Klimt-Weithaler: Bis jetzt war Kulturlandesrat Buchmann noch nicht gezwungen, Farbe zu bekennen, wie er den Einbruch bei der Gesamtsumme der Filmförderung verantwortet und wie der Ausblick für die Zukunft ist. Das liegt unter anderem daran, dass die Umstellung des Landeshaushalts auf die neue Buchhaltung ihm hilft, die brutale Kürzung vor der Öffentlichkeit zu verschleiern. Wir haben besorgte Rückmeldungen hiesiger Filmschaffender zum Anlass genommen, eine Anfrage an Buchmann zu stellen, die Klarheit über seinen Kurs schaffen soll. Foto: Fuchs Österreich, eine der absurdesten. Die KPÖ hat sich an den Initiativen zur Rettung beteiligt und zahlreiche Unterschriften gesammelt. Leider ist die Landesregierung bei ihrem in dieser Periode schon typischen „Drüberfahren“ geblieben. Für uns ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit aber noch nicht gesprochen. Andreas Auzinger: Warum hat die KPÖ nicht gegen die rechten Sager von LH Voves protestiert? Klimt-Weithaler: Mein Kollege Werner Murgg, der in der Landtagssitzung am 20. Jänner, in der diese Aussagen gefallen sind, gesprochen hat, hat sehr deutliche Worte der Kritik gefunden. Auf der Webseite des Landtags („Sitzungen“ – „Videoarchiv“) kann man das übrigens nachhören. Anja Saric: Mich hat das Stimmverhalten der KPÖ Steiermark im Landtag in der Debatte um die vermeintliche „Integrationsunwilligkeit“ etwas irritiert. Bitte um Aufklärung, warum dabei wie abgestimmt wurde. Danke! Klimt-Weithaler: Die KPÖ hat gegen sämtliche Anträge der FPÖ sowie gegen zwei von drei Anträgen von SPÖ/ÖVP gestimmt. Nur einem Punkt haben wir zugestimmt, nämlich der Prüfung, welche rechtliche Handhabe es gibt, wenn z.B. Jugendlichen unter dem Verweis auf ihre Religionszugehörigkeit bestimmte Rechte verweigert werden. Aber nicht, weil wir dem zustimmen, sondern damit die Menschenrechtswidrigkeit solcher „Ideen“ nach einer Prüfung am Tisch liegt. Rose Marie: Als studierende Mutter entsetzt mich, was ich zuletzt lesen musste: 280.000 Kinder leben in Österreich in Armut, 42.000 in der Steiermark – das ist jedes sechste Kind! Ist das nicht ein Armutszeugnis für eines der reichsten Länder der Welt? Klimt-Weithaler: Die Volkshilfe-Studie, die diese traurige Tatsache bekannt gemacht hat, hätte eigentlich alle Parteien alarmieren müssen. Stattdessen haben Voves, Schützenhöfer und Soziallandesrat Schrittwieser Leistungen für sozial schwache Familien gekürzt oder sogar ganz gestrichen. Kinder, die in Armut aufwachsen, haben wesentlich schlechtere Chancen auf Bildung, haben oft keinen Zugang zu guter Gesundheitsvorsorge. Das ist wirklich unwürdig. Mein großes Ziel ist es, hier etwas zu ändern. Das muss für alle Parteien in der nächsten Periode ein absoluter Schwerpunkt sein. Ohne KPÖ wird sich aber im Landtag niemand darum kümmern. ROTCR0WD: Abschließend: Von allen Seiten tönt es, wir müssten sparen, den Gürtel enger schnallen. Ist das tatsächlich so? Welche grundsätzlichen Alternativen hat die KPÖ zur angeblichen Alternativlosigkeit? Klimt-Weithaler: Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander, die Maastrichtkriterien der EU zwingen Staaten, Ländern und Gemeinden einen brutaler Kürzungskurs auf. Mit TTIP und anderen Freihandelsabkommen könnten bald die letzten Reste von sozialen Standards, der Grundversorgung mit Dienstleistungen, des öffentlichen Eigentums, von Umweltauflagen, von Verbraucherund Datenschutz ausgehebelt werden. Die KPÖ versteht sich daher als grundsätzliche Opposition zum Kapitalismus. Er muss überwunden werden, wenn es sicher sozial zugehen soll. facebook.com/ksvgraz 18 r0tcrowd Crowd & Rüben „Es gibt nichts zu feiern an Sparpolitik und Verarmung!“ Am 18. März 2015 eröffnete die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main ihr neues 1,2 Milliarden Euro schweres Hauptquartier mit einer kleinen Feier. von Ilknur Özalp U nter dem Motto „Resistance in the heart of the european crisis regime“ versammelten sich mehrere tausend wütende Menschen und entschlossene AktivistInnen, um ein klares Zeichen gegen die europäische Verarmungspolitik der Troika zu setzen. Die Troika ist eine nicht-demokratisch legitimierte Kooperation und setzt sich aus der Europäischen Zentralbank, dem Internationalen Währungsfond (IWF) und der europäischen Kommission zusammen. Ihre Krisenpolitik, die sich in Form von Spardiktaten äußert, löste vielerorts verheerende wirtschaftliche und soziale Krisen aus. In Griechenland führten die von der Troika vorgegebenen Kürzungen und Privatisierungen im öffentlichen Sektor zu Armut und Massenarbeitslosigkeit. Aus diesem Grund solidarisierten sich tausende Menschen aus ganz Europa mit den Opfern der verheerenden Austeritätspolitik. „Let‘s take over the Party“ Mittwoch, 18.3.2015, mitten im friedlichen Biedermeierparadies brennen Polizeiautos, ein unangenehmer Gestank von verbranntem Plastik CC BY-SA 2.0, montecruzfoto.org www.comunista.at und Tränengas liegt in der Luft, dunkle Rauchschwaden ziehen durch die sonst glänzende Bankenhauptstadt Frankfurt am Main. Doch was genau ist geschehen? Ein Versuch, die Ereignisse noch einmal rekapitulieren zu lassen. Südlicher Blockadepunkt, 6:30 Uhr: mit tausend anderen Aktivistinnen schaffen wir es, durch ein Manöver die Polizeikette zu durchbrechen. Bevor mir klar wird, was gerade vor sich geht, bewegen wir uns bereits im Sprint auf die Europäische Zentralbank zu. Der Euphorie über den Raumgewinn setzen bereitstehende PolizistInnen jedoch ein schnelles Ende. Mehrere Tränengaspatronen werden in die Menge geschossen, um die Aktion aufzulösen. Mit tränenden Augen, brennendem Rachen und gereizter Haut bleibt uns zunächst nur der Rückzug. Die Polizei zeigt uns die Grenzen auf und geht mit Schlagstöcken auf erste weglaufende Demonstrierende los. Während einige noch das Tränengas aus den Augen spülen, werden aus einer angrenzenden Baustelle Bauzäune, Bretter und Absperrmaterial auf der Kreuzung zu einer brennenden Barrikade zusammengetragen. Nachdem in der Innenstadt rund um das EZB-Gebäude gezielt Fensterscheiben von Banken und Polizeiautos eingeschlagen worden sind, kesselt die Polizei gegen 10.00 Uhr kurzerhand knapp 400, zum Großteil aus Italien stammende Personen, in einer engen Seitenstraße ein. Schnell verbreitet sich die Information über die Situation der italienischen GenossInnen und immer mehr Demonstrierende versammeln sich am Kessel, um ein sofortiges Ende der Polizeiaktion zu fordern. Erneut kommt es zu massiver Polizeigewalt. Erst nach mehrmaligem Auffordern seitens der Protestierenden zieht sich die Polizei zurück, nachdem sie die Personalien der eingekesselten aufgenommen hat. Die Situation beruhigt sich. Der Vormittag neigt sich dem Ende zu und wir begeben uns Richtung Paulskirche, dem deutschen Symbol für Demokratie. Die Kundgebung, an der neben Sarah Wagenknecht und Vertretern von Syriza und Podemos auch Kabarettist Urban Priol teilnimmt, verläuft ohne Probleme, sodass pünktlich um 17 Uhr der große Demonstrationszug des Blockupy-Bünd- r0tcrowd Crowd & Rüben 19 Filmvorführung nisses losziehen kann. Am Ende sind es etwa 20.000 VertreterInnen von Gewerkschaften, Flüchtlingsinitiativen, Parteien und anderer Gruppierungen aus Italien, Spanien, Griechenland, Belgien, den Niederlanden, Dänemark Frankreich und anderen Ländern, die Widerstand gegen das europäische Krisenregime leisten. Auch wenn die nächsten Tage die Bilder der brennenden Polizeiautos die mediale Berichterstattung dominieren werden, sollte die Gewalt der EZB und somit auch der Troika nicht aus dem Mittelpunkt rücken. Denn wie Naomi Klein auf der großen Blockupy-Kundgebung an die Troika gerichtet schon sagte: “You don‘t set fire to cars, you are setting the world on fire”. D Impressum r0tcrowd #25 | Mai 2015 Herausgeber und Medieninhaber: Kommunistischer StudentInnenverband (KSV) Lagergasse 98a | 8020 Graz Vorsitzender: Lukas Fasching Tel: +43 (0)316 – 71 24 79 Fax: +43 (0)316 – 71 62 91 E-Mail: [email protected] Offenlegung laut Mediengesetz: Laut §25, Absatz 2: Medieninhaber (Verleger) ist der Kommunistische StudentInnenverband (KSV) Laut §25, Absatz 4: Die Blattlinie entspricht der politischen Linie des KSV. Namentlich gekenntzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Hersteller: Flyeralarm Redaktion: Friedrich Kroppenstein Layout und Satz: Han-Do. MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Georg Erkinger, Georg Fuchs, Pamina Helling, Heike Jantschner, Thomas Knapp, Friedrich Kroppenstein, Robert Krotzer, Peter Liszt, Ilknur Özalp, Sara Noémie Plassnig, Pia Schmikl, Dario Tabatabai, Walter Weiss, Hanno Wisiak, Sebastian Wisiak & Belinda Zangerl. er Sänger grölt Gewaltparolen, die Neonazis toben und die Arme gehen hoch zum Hitlergruß. Als Thomas Kuban zum ersten Mal ein Rechtsrock-Konzert mit versteckter Kamera filmt, ermöglicht er Einblicke in eine Jugendszene, in die sich kaum ein Außenstehender hineinwagt. Der KSV zeigt die erschütternde Doku und lädt Regisseur Peter Ohlendorf am 11. Mai zur Diskussion. Acht Jahre später hat Kuban rund fünfzig Undercover-Drehs hinter sich, auch in Ländern jenseits deutscher Grenzen. Ein Lied begegnet ihm auf seiner „Konzerttournee“ immer wieder: „Blut muss fließen knüppelhageldick, wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik…“. Hochbrisant ist das Material, das der Journalist im Lauf der Jahre zusammengetragen hat – einzigartig in Europa, wahrscheinlich sogar weltweit. Rechtsrock als Köder Mit Rechtsrock junge Menschen zu ködern und zu radikalisieren – diese „Masche“ zieht bei erschreckend vielen Jugendlichen. Längst hat sich rund um die Musikveranstaltungen auch ein blühender Markt entwickelt: CD’s der einschlägigen Bands werden in Eigenregie produziert und in Szeneläden oder über das Internet verkauft. Mit rechtsextremen Merchandising – Artikeln ist das nicht anders. Auf diese Weise wird zugleich Geld für die Expansion der Nazi-Bewegung generiert. Hohes Risiko Der Journalist Thomas Kuban hat all das mit versteckter Kamera dokumentiert und ist dabei ein hohes Risiko eingegangen. In keinem Verhältnis dazu steht lange Zeit das Interesse der Öffentlichkeit an seinen Bildern. Besonders deutlich wird dies auch bei der erfolglosen Suche nach Unterstützung für das Filmvorhaben des Autors Peter Ohlendorf, von dem sich Thomas Kuban große Wirkung verspricht: Eine Reise durch Deutschland und Europa, zurück auch an Orte, an denen er versteckt gedreht hat. Im Fokus stehen dabei politische Entscheidungsträger, Behörden und Bürger. Thomas Kuban versucht so Antworten zu finden auf die Fragen: Warum kann auf der rechtsextremen Partymeile über alle Grenzen hinweg gefeiert werden und wie lässt sich das verhindern? Filmvorführung: „Blut muss fließen“ – Undercover unter Nazis + Diskussion mit Regisseur Peter Ohlendorf; 11. Mai, 19.00 Uhr, Willi-Gaisch-Hörsaal (06.01, Vorklinik) facebook.com/ksvgraz 20 r0tcrowd Crowd & Rüben Land in der Krise In den Osterferien trat ich eine nicht ganz ungefährliche Reise an – in die krisengeschüttelte Ukraine. Jedoch nicht in die kriegsbetroffenen Gebiete im Osten, sondern in die Hafenstadt Odessa. Trotzdem hatte ich ein mulmiges Gefühl, als ich ins Flugzeug stieg. A Aufruf zur Mobilisierung: „Eine starke Armee, ist ein starkes DU!“ von Dario Tabatabai ls ich in Kiew ankam, zeigte mir meine Freundin Ewgenia die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Vor allem der durch die Medien bekannte Maidanplatz war sehr eindrucksvoll. Hauptgrund dafür waren die Überreste der Proteste: es wurden Erinnerungstafeln aufgestellt, Blumen lagen überall und ukrainische Fahnen wohin das Auge reichte. Beunruhigend war die Präsenz der sogenannten „Freiwilligenbataillone“, oder „Selbstverteidigungskräfte Maidan“, wie sie sich selbst bezeichneten. Viele hatten das Wappen des Rechten Sektors, einer offen faschistischen Organisation, an der Uniform. Ewgenia sagte mir, dass diese Leute immer dort stehen, um Spenden oder Freiwillige für den Krieg im Osten suchen. Nach einem ereignisreichen Tag in Kiew ging die Reise via Nachtbus nach Odessa. Viele bereuen „Maidan“ Etwa sieben Stunden später erreichte dieser den Busbahnhof der Hafenstadt. Die darauffolgenden Tage sollten sich spannend gestalten. Ich lernte viele ukrainische StudentInnen kennen, die sehr gastfreundlich und weltoffen auf mich wirkten. Obwohl einem stets davon abgeraten wurde, über die politische Situation zu sprechen, konnte ich spannende Diskussionen mit den Einheimischen führen; allerdings nur im kleinen Kreis in privaten Wohnungen. Viele UkrainerInnen bereuen den „Maidan“, weil er einerseits zum blutigen Bürgerkrieg im Osten, andererseits zu einem massiven Einbruch der Wirtschaft führte. Die Meinungen waren dennoch sehr vielfältig. Einige gaben der Regierung die Schuld, andere warfen dem Westen vor, zu wenig Hilfe anzubieten und andere beschuldigten die Oligarchen. In einem waren sich aber alle einig: Putin und Russland seien an allem schuld, was im Osten geschieht. Man merkte, wie sehr sie Russland und dessen Regierung misstrauten. Eine Stimmung, die von der konfrontativen Haltung der ukrainischen Regierung zunehmend angefacht wird. Das Thema Krim ist jedoch bereits für viele abgehakt, und zwar aus dem einfachen Grund, dass sie das Referendum dort akzeptierten. Ein zutiefst gespaltenes Land Foto: KK www.comunista.at Im Gegensatz zu Kiew ist Odessa eine sehr multikulturelle Stadt, in welcher nationalistische Bestrebungen fast vollkommen wirkungslos bleiben. Zwar hingen überall Mobilisierungsplakate, diese werden allerdings meistens ignoriert. Die Ukraine ist ein zutiefst gespaltenes Land mit vielseitigen Meinungen. Obwohl die Krise allgegenwärtig ist, versucht die Bevölkerung einen stabilen Alltag zu leben, auch wenn es durch die eingeschränkten Möglichkeiten nicht ganz einfach ist. Ein baldiges Ende der Krise ist indes nicht absehbar. Vor allem, da das soziale Gefüge erst wieder aufgebaut werden muss. r0tcrowd Crowd & Rüben 21 der 0hrwurm Tausende gegen TTIP Am 18. April fanden im Zuge des Globalen Aktionstags gegen das Freihandelsabkommen TTIP in ganz Österreich Kundgebungen statt. 22.000 Menschen waren es, die im ganzen Land ihren Unmut über dieses Abkommen kundtaten. In der Steiermark organisierte das Aktionsbündnis Graz mit anderen Organisationen einen Aktionstag, an dem vom Hauptplatz bis zum Jakominiplatz Infocorner der verschiedensten Organisationen über die Gefahren von TTIP informierten. An der Demonstration durch die Innenstadt nahmen 2.000 Menschen teil. „Wir wehren uns dagegen, dass unsere sozialen und demokratischen Rechte sowie unser Umweltschutz durch einen hemmungslosen Neoliberalismus den Profitinteressen der großen Konzerne geopfert werden sollen. TTIP ist ein besonders aggressiver Angriff der Konzerne, aber wir müssen auch das System benennen, das eine derartige Machtkonzentration der wirtschaftlichen Eliten überhaupt hervorbringt: das ist der Kapitalismus“, so KPÖ-Gemeinderat Robert Krotzer bei der Auftaktkundgebung. Die Aufhebung erfolgt dialektisch gesehen im dreifachen Sinn. Erstens Aufheben als Überwinden, zweitens Aufheben als Bewahrung und drittens Aufheben als Erhebung. Auf Love Letters machen Metronomy genau das mit den 80ern. Dance or die! Von einer Band, die sich Football etc. nennt, könnte man mehr erwarten als das. Disappear ist postpubertäre Traurigkeit, weil‘s am Sonntag regnet. Und dann auch noch auf Schulband-Niveau arrangiert, gespielt und gemischt. Pfui! | Hanno Wisiak Foto: Fuchs facebook.com/ksvgraz 22 22 www.comunista.at r0tcrowd r0tcrowd 23 23 facebook.com/ksvgraz r0tcrowd Hintenrum 24 Denken ist modern #20 Vielbeschäftigt Einfach zu elegant Schwer zu glauben Weiß setzt hier in zwei Zügen matt. Wie gelingt‘s? Wie setzt Weiß hier in drei (bis fünf) Zügen matt? Schwarz schafft ein Matt in drei Zügen. Wie gelingt‘s? Auflösungen auf Anfrage an [email protected] Für die Auflösung des zweiten Rätsels werden zwei schöne Preise vergeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendungen an [email protected] ICH MÖCHTE Odie r0tcrowd immer gratis zugeschickt bekommen OInformationen über den KSV BITT E F RAN K M IER ZUR ARK EN, F ALL HA E S ND ! Ovon Euch per E-Mail kontaktiert werden ÖSTERREICH € 0,68 Oin den r0tcrowd-Newsletter-Verteiler (linke News, Veranstaltungstipps etc.) aufgenommen werden. Kommunistischer StudentInnenVerband OPickerl in Hülle und Fülle Name: _________________________________________________________________________ Anschrift: ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________ E-Mail: _________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________ www.comunista.at Lagergasse 98a, 8020 Graz E-Mail: [email protected] www.comunista.at fa c e b o o k . c o m / k s v g ra z
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