Zurückgeschaut … Vergangene Jahrzehnte des Gemeindelebens … auf den Posaunenchor Den Anstoß für den Posaunenchor in Blaubeuren gaben im Jahr 1955 zwei Seminaristen, Hans Haack und Hellmut Stroh. Sie fragten beim Jugendwart Theurer nach, ob es nicht die Möglichkeit für ein Bläserensemble gebe, in dem sie mitspielen könnten. Bei Dekan Bosler und Pfarrer Nething fand die Anfrage offene Ohren. Der eine sorgte für Instrumente, der andere für Noten, die „Posaunenklänge“. Sieben junge Männer fanden sich, die blasen wollten. Der Landesposaunenwart Hermann Mühleisen, der damals einen Sohn im Seminar hatte, teilte Horn, Trompeten, Posaune und Bariton-Horn nach der äußeren Erscheinung und dem Alter zu. Walter Hermann als der Älteste bekam das Bariton-Horn, das bei weitem das teuerste Instrument war. Nach den Großen Ferien begann der Unterricht und schon im Dezember spielte die Gruppe zum ersten Mal in der Kirche. Nachdem die beiden Seminaristen Blaubeuren verlassen hatten, wurde Walter Hermann Leiter des Posaunenchors. Dass er das Jahrzehnte blieb, hat mit einem einschneidenden Erlebnis zu tun: Bei einer Bläserfreizeit auf der Insel Borkum sah er sich als Nichtschwimmer bei einem einsamen Morgenspaziergang zu seinem Schrecken plötzlich von der steigenden Flut umschlossen, aus welcher Gefahr ihn ein eigentlich nur zufällig vorbeikommender Angehöriger der Rettungsstation rettete. Walter sah das natürlich nicht als einen Zufall an und hatte in seiner Todesangst gelobt, er werde in der Kinderkirche mitmachen, wenn er überlebe. Der damalige Pfarrer Walter Ludwig sagte ihm allerdings mit Bestimmtheit, er werde nicht in der Kinderkirche, sondern im Posaunenchor gebraucht. Hermann Okker kam 1958 dazu. Er hatte schon beim Musikverein zu spielen begonnen. Dort musste man aber das Instrument nach jeder Probe abgeben, so dass er nicht zu Hause üben konnte. Außerdem missfiel ihm, dass der Übungsleiter Dussler den Musikschülern bei einem falschen Ton auf die Finger zu schlagen pflegte. Eines Tages brachte Hermann Burger, der schon im Posaunenchor spielte, zum Treffen der Clique, zu der auch Hermann Okker gehörte, seine Trompete mit. Alle probierten sie unter viel Gelächter einmal aus und staunten, als Hermann dem Instrument klare Töne entlockte. Er vertauschte darauf den Musikverein mit dem Posaunenchor. Noch einmal drei Jahre später gelangte Richard Bayer in den Posaunenchor. Er hatte schon lange seinen älteren Bruder Hans beneidet und sagte immer wieder, dass er auch mitspielen wolle. Die Regel war freilich, dass man nicht vor der Konfirmation eintreten konnte. Richard drängelte aber so lange, bis er doch schon vorzeitig mitmachen durfte. Bei seiner Konfirmation spielte dann ausnahmsweise der Posaunenchor. Vom Konfirmationsgeld pflegten sich die Buben ein Fahrrad zu kaufen – nicht so Richard, der sich vom Musikhaus Reisser eine Trompete holte. Die durfte er zunächst nicht selber benutzen, sondern musste sie erst von Hermann Okker einblasen lassen. Wie bei allen Gruppen, die sich regelmäßige treffen, ragen besondere Unternehmungen in der Erinnerung heraus. Beim Posaunenchor waren das die Probenwochenenden, die zum Beispiel in Todtmoss oder Schiltach, aber einmal auch auf dem abgelegenen Rojach-Hof im fernen Kärnten abgehalten wurden. Hermann Okker erinnert sich auch sehr gerne an Einladungen von Christoph Kuhn, der als Flugkapitän nach Nierstein gezogen war, mit Führungen durchs Weingut und den Frankfurter Flughafen. Noch aufwändiger als diese Fahrten waren Aufenthalte in Dresden, wo Walter Hermanns Bruder Siegfried Kantor der Thomaskirche war. Man fuhr über Nacht, stand die üblichen DDR-Schikanen bei der Einreise durch und kam dann erschöpft in Dresden an, wo Siegfried Hermann die Gruppe am Bahnhof abholte. Jedes Chormitglied wurde dann von einem der Dresdner Bläser zu sich nach Hause gebracht, denn nur persönliche Einladung machte eine Einreise überhaupt möglich. Bei der ersten Fahrt im Jahr 1977 waren die Dekanssöhne Frieder und Wolfgang Dehlinger so jung, dass sie vom Kirchengemeinderat Eisenhardt für die Dauer des Aufenthalts adoptiert wurden. 1989 fand ein zweiter Besuch in Dresden statt, danach war Austausch in beide Richtungen möglich. Auch zum Jubiläum kommt der Posaunenchor aus Dresden. Höhepunkt im Bläserleben sind auch die Posaunentage, die als Landesposaunentage und Bezirksposaunentage im Wechsel alle zwei Jahre stattfinden. Richard Bayers erster Landesposaunentag fand 1962 in Ulm statt und er erinnert sich, dass neben dem amtierenden württembergischen Landesbischof Erich Eichele auch sein Vorgänger Martin Haug und Bischof Hanns Lilje aus Hannover teilnahmen. Haug sagte, er komme besonders gerne zum Posaunentag, denn da habe er keine Probleme mit dem Hören, und empfahl: lauten Beifall, leises Opfer (Scheine, keine Münzen). Anwesend war auch der damalige Leiter des Evangelischen Jungmännerwerks Theo Sorg, der heute ein Blaubeurer Gemeindeglied ist. Zu dem kleinen Kreis von einst kamen immer wieder neue Mitglieder dazu, seit langem auch Frauen. Und so blüht die Spielgruppe auch nach sechzig Jahren als Posaunenchor Blaubeuren/Gerhausen.
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