Nahles-Programm für Langzeitarbeitslose bleibt weit hinter den

Brigitte Pothmer, MdB
Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik
April 2015
Nahles-Programm für Langzeitarbeitslose bleibt weit hinter den Erwartungen zurück
Das von Bundesarbeitsministerin Nahles mit viel Pomp vorgestellte Lohnkostenzuschuss-Programm
für Langzeitarbeitslose geht offenbar an den Bedürfnissen der Betroffenen und an den Erfahrungen
der Jobcenter vorbei. Statt mit angestrebten 33.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer planen die
Jobcenter lediglich mit etwas mehr als 24.000 Plätzen.
Dies hat das Bundesarbeitsministerium (BMAS) auf Anfrage der Grünen und nach Abschluss des
Bewilligungsverfahrens erklärt.1 Die ohnehin schon geringen Chancen von Langzeitarbeitslosen auf
mehr Unterstützung verringern sich noch einmal. Angesichts von mehr als einer Million
Langzeitarbeitslosen werden von dem Programm nach dem jetzigen Stand gerade einmal 2,4 Prozent
der Betroffenen erreicht. Das ist angesichts der Problemdimension nicht mehr als ein Tropfen auf
dem heißen Stein und noch weniger als von der Arbeitsministerin angekündigt.
Auch das BMAS hat mit einer höheren Inanspruchnahme des Programms gerechnet. Das belegt der
Umstand, dass in der Förderrichtlinie des Programms zwar detailliert festgeschrieben ist, wie im Falle
einer Überzeichnung der Plätze die Mittelverteilung vorgenommen werden soll. Eine neue
Ausschreibungsrunde bei Nichtausschöpfung ist darin hingegen nicht vorgesehen.2
Die Zahlen bestätigen die Kritik am Nahles-Programm, das z.B. laut einer Umfrage des Hessischen
Städtetages von den Jobcentern als nicht durchdacht, zu aufwändig und mit zu wenig Nutzen
verbunden bezeichnet wurde. 3
Unterm Strich kristallisiert sich immer deutlicher heraus, dass Sonderprogramme vor allem der
Profilierung der jeweiligen Arbeitsminister/in dienen sollen, aber keinen Beitrag zur Bekämpfung der
Langzeitarbeitslosigkeit leisten. Die Jobcenter brauchen auf Dauer angelegte, flexible Bausteine und
Instrumente, die individuell zusammengestellt werden können. Nur von passgenauen Strategien
können auch die Langzeitarbeitslosen profitieren, die im Moment dauerhaft vom Arbeitsmarkt
abgehängt sind. Notwendig ist darüber hinaus ein verlässlicher Sozialer Arbeitsmarkt für diejenigen,
die absehbar auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Perspektive haben.
Auf die Teilnahme am Nahles-Programm können viele Jobcenter trotz inhaltlicher Bedenken und
trotz des hohen Aufwands nicht verzichten, da ihnen sonst noch weniger Fördermittel als ohnehin
zur Verfügung stünden. Nicht nur die steigenden Verwaltungskosten zehren Jahr für Jahr am Topf für
die aktive Arbeitsmarktpolitik. Auch das Bundesprogramm wird teilweise aus diesen Mitteln
finanziert. Dabei handelt es sich allein im Jahr 2015 um 117 Millionen Euro, für 2016 werden 204
Millionen Euro veranschlagt.4 Dieses Geld steht den Jobcentern nicht zur freien Verfügung, sondern
ist an das Bundesprogramm gebunden.
Die Akquise von Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – darum
geht es im Kern bei dem Nahles-Programm - hat sich schon bisher als schwierig erwiesen. Das
1
vgl. Mail des Bundesarbeitsministeriums vom 28.04.15
vgl. http://www.esf.de/portal/SharedDocs/PDFs/DE/Richtlinien/fr-lza.pdf?__blob=publicationFile&v=1, Punkt
6. Vorgesehen ist lediglich ein mögliches Nachjustierung der Teilnehmerzahlen zwischen den beteiligten
Jobcentern (vgl. Punkt 7.6)
3
vgl. http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/o-ton-news/bundesprogramm-fuer-langzeitarbeitslose-viel-aufwandwenig-nutzen
4
Für das Jahr 2017 werden laut der Haushaltplanungen 2015 118 Millionen Euro und für das Jahr 2018 21
Millionen Euro aus den Eingliederungsmitteln für das Programm benötigt.
2
zeigen die u.a. Erfahrungen mit dem Modellprojekt „Perspektive in Betrieben“, das weniger als 100
Personen erreichte. Auch wenn für das Nahles-Programm die Zielgruppe wesentlich weiter gefasst
wurde5, hält sich die Zuversicht der Jobcenter, genügend Arbeitsplätze zu akquirieren, offensichtlich
in Grenzen. Es bleibt abzuwarten, ob für die anmeldeten 24.000 Langzeitarbeitslosen tatsächlich eine
Arbeitsstelle gefunden werden kann, zumal bereits bestehende Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber
attraktiver sind als das neue Nahles-Programm.6
5
„Perspektive in Betrieben“ wendete sich besonders arbeitsmarktferne Personen, die bereits seit mehr als fünf
Jahren ohne Arbeit sind. Dagegen ist Teilnahmevoraussetzung am Nahles-Programm für die Normalförderung
eine „nur“ mindestens zwei Jahre andauernde Arbeitslosigkeit.
6
Bei der Förderung von Arbeitsverhältnissen nach § 16e SGB II ist ein Zuschuss von 75 Prozent für die gesamte
bis zu 24-monatige Förderdauer möglich. Auch eine (ungeförderte) Nachbeschäftigungspflicht ist im Gegensatz
zum ESF-Programm von Arbeitsministerin nicht vorgesehen.