Tierwelt - Vogelpark Ambigua

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Der erste Park für Papageien
Am 1. Mai eröffnet Rolf Lanz in Zeihen
im Kanton Aargau seinen Vogelpark Ambigua, den er in den letzten drei jahren
erbaute. Nun warten in einer Anlage
von 3000 Quadratmetern rund 300 Vögel
darauf, entdeckt zu werden.
I
n der Schweiz gab es bis anhin keinen
Vogelpark und die zoologischen Gärten
halten nur wenige Papageienarten. Doch
nun gibt es die Möglichkeit, eine breite Palette an Sittichen und Papageien im privaten
Vogelpark Ambigua von Rolf Lanz im aargauischen Zeihen zu bestaunen. Der Schweizer,
der zusammen mit seiner Frau auch Bernhardinerhunde züchtet, wohnte früher im französischen Département Doubs, wo er Vögel
hielt und züchtete. Seit zehn Jahren hegte er
den Plan, in der Schweiz einen kleinen Vogelpark zu errichten. Nun hat er seine Ideen
in die Tat umgesetzt, hat die Vögel in die
Schweiz gebracht und hat auch seinen Wohnsitz wieder hierhin verlegt. «Ich hatte die Idee,
die Vögel nicht einfach für mich zu halten,
sondern sie einer breiten Öffentlichkeit zu
zeigen», sagt er. So hat er in den letzten drei
Jahren zahlreiche Volieren für den Vogelpark
konstruiert.
Alle Sittiche und Papageien haben Zugang
zu geräumigen Innenvolieren. Der Park ist in
mehrere Volierenblöcke gegliedert. «Mir gefällt das besser so», sagt Lanz. «Es wäre wohl
billiger gewesen, ein grosses Haus mit angrenzenden Aussenvolieren zu bauen, doch das
sagte mir nicht zu.» In der Tat wirkt die ganze Anlage, so wie sie heute dasteht, interessant. Überall entdeckt man neue Volieren. Sie
sind um die jeweiligen Schutzhäuser angesiedelt. Die Aussenvolieren stehen alle auf einem
Fundament, der Boden besteht aus Flusssteinen, die zur Reinigung abgespritzt werden
können. In allen Volieren befinden sich Äste
zum Nagen und viel Spielzeug. Da hängen
Rinden- und Wurzelstöcke an Ketten nebst
bemoosten Ästen, die schwanken und den
Papageien ermöglichen, ihren Gleichgewichtssinn zu trainieren.
Schon früh auf Tiere geprägt
Rolf Lanz war während vielen Jahren in der
Sport- und Unterhaltungselektronik tätig, hat
aber immer die Liebe zur Natur in seinem
Herzen getragen. «1954, als ich vier Jahre alt
war, machte ich meine ersten Erfahrungen
mit Bernhardinern und einer Amsel, die mein
Grossvater aufzog. Ich wurde so auf Tiere
geprägt.» Lanz hielt dann schon bald Wellensittiche und Graupapageien. Beide Arten sind
auch heute Teil des Vogelparks. So lebt ein
Paar Graupapageien gleich beim Eingang in
einer sehr grossen kombinierten Innen- und
Aussenvoliere. Ein Jungvogel mit makellosem
Gefieder aus dem Vorjahr lebt noch in der
gleichen Voliere, derweil das Paar schon wie-
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der brütet. Wellensittiche leben in Nachbarschaft mit Kanarienvögeln.
Der Vogelpark Ambigua soll Menschen für
die Vogelhaltung begeistern, will Ideen liefern, wie Vögel gehalten werden, und bietet
Kurse zur Haltung und Ernährung von Papageien an. Im Park lebt das gesamte Artenspektrum an Papageien. Pfirsich- und
Schwarzköpfchen tummeln sich in eigenen
Volieren ebenso wie die Bergpapageien aus
Äthiopien. Ein Paar Rüppels-Papageien komplettiert die Sammlung an afrikanischen Papageien. Allfarbloris und Triton-Kakadus
stammen aus Asien. Berg-, Bourke-, Adelaide-, Browns-, Ziegen-, Glanz-, Horn- und
Grünflügelsittiche repräsentieren Australien
und umliegende Inseln. «Mein Spezialgebiet
ist aber Südamerika», sagt Lanz. Im Vogelpark
Ambigua können denn auch vier Paare Goldsittiche in einer Voliere beobachtet werden.
In der Aussenvoliere fliegen die Vögel auf
einen grossen Stein und wetzen sich dadurch
auch gleich ihre Krallen ab. Auch Sonnensittiche hält er in der Gruppe. Weitere Schwerpunktarten sind die Aras, wobei die Grossen
Soldatenaras eine herausragende Stellung
Ein Triton-Kakadu in
der Aussenvoliere.
TIERWELT / 18, 30. APRIL 2015
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in der Schweiz
einnehmen. Die Vögel können immer in die
Aussenvolieren und übernachten sogar draussen. Lanz ernährt sie alle mit Körnern, Nüssen, Gemüse und Früchten.
Der Park hat noch Ausbaupotenzial
Der Vogelpark Ambigua bietet einen interessanten Querschnitt durch die Welt der Papageien. Am 1. Mai nun öffnet er erstmals der
Öffentlichkeit seine Tore. Er wird sich in den
laufenden Monaten weiterentwickeln, mehr
Arten werden Einzug halten und im August
steht gar noch die Eröffnung einer weiteren
Grossvoliere an. Nebst der Begeisterung vieler Menschen für exotische Vögel sollen viele Arten auch gezielt gezüchtet werden. «Der
Park hat noch Ausbaupotenzial. Ich stelle mir
vor, dass ich später noch eine geschlossene
Zuchtanlage anbaue», sagt Lanz mit einem
vielsagenden Lächeln.
Während andere sich auf ihre Pensionierung hin zur Ruhe setzen, hat er ein weiteres
Kapitel aufgeschlagen und die Verantwortung
für einen ganzen Papageienpark übernommen. Ein ideales Ausflugsziel für Vogelbegeisterte.
Text und Bilder: Lars Lepperhoff
NACHGEFRAGT
Rolf Lanz
Leiter des Vogelparks,
mit einem Grossen
Soldatenara.
«Ich will Menschen
für Papageien
begeistern»
Rolf Lanz hat sich einen Traum erfüllt und seinen eigenen Vogelpark gebaut. Ein Gespräch
mit ihm über seine Motivation, seine Pläne und
den Namen des Parks.
Herr Lanz, was hat Sie dazu gebracht, einen Vogelpark in der
Schweiz zu eröffnen?
Ich wollte auf meine Pensionierung hin eine
sinnvolle Aufgabe. Schon vor zehn Jahren kam
mir diese Idee. Zudem wollte ich Menschen für
Papageien begeistern.
Schreckten Sie da nicht zurück vor
einer solch gewaltigen Aufgabe?
Natürlich dachte ich zuerst, dass man das nicht
machen könne, doch wenn jeder so denkt? Ich
fand geeignetes Land in der Aargauer Gemeinde Zeihen und begann mit dem Vorhaben. 90
Prozent aller Arbeiten habe ich zusammen mit
lieben Freunden erledigt.
Die Goldsittiche werden in der Gruppe
gehalten und gezüchtet.
Ein stolzer Gelbbrustara wartet im Vogelpark
Ambigua auf Besucher.
An wen richtet sich Ihr Vogelpark?
An alle, die Freude an exotischen Vögeln haben.
Ich organisiere auch Anlässe für Kinder. Zum
Beispiel habe ich bereits mit Kindern Papageienspielzeug gebastelt. Sie waren mit Eifer und
Wonne dabei. Ausserdem habe ich auch schon
Reservationen für Führungen von Firmenpersonal.
Wird sich Ihr Park sukzessive
weiterentwickeln?
Auf jeden Fall. So ist für Mitte August die Eröffnung der grossen Flugvoliere geplant. Sie soll
verschiedensten Arten Unterkunft bringen, und
es wird ein besonderes Vergnügen sein, die Papageien in dieser grossen Voliere schwarmweise beobachten zu können.
Warum heisst der Vogelpark Ambigua, nach der wissenschaftlichen
Artbezeichnung des Grossen Soldatenaras?
Weil es sich dabei um eine Schwerpunktart des
Parks handelt. Wir machen beim Europäischen
Erhaltungszuchtprojekt EEP mit und züchten
mit mehreren Paaren.
Interview: Lars Lepperhoff
www.vogelpark-ambigua.ch
Die Aussenvolieren sind alle mit natürlichen Ästen und Wurzelstöcken eingerichtet.
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Soldatenaras bleiben unter sich
Grosse Soldatenaras nehmen aufgrund
ihres Verhaltens und ihres Aussehens
eine besondere Stellung im Reich der
Papageien ein. Die grünen, sanften Riesen der zentralamerikanischen Landbrücke sind in ihrem Bestand bedroht.
D
ie genetische Variabilität ist bei der
Paarzusammenstellung wichtig», sagt
Sandrine Silhol, die Koordinatorin
des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms
EEP für den Grossen Soldatenara (Ara ambigua). Sie stellt europaweit Paare dieser
bedrohten Art zusammen und koordiniert
deren Zucht. Rolf Lanz, der am 1. Mai seinen
Vogelpark Ambigua in Zeihen AG eröffnet,
macht beim EEP mit. Er sagt: «Vögel, die ich
gezüchtet habe, befinden sich heute in Österreich, Grossbritannien, Deutschland und
Frankreich.» Lanz hat seine Nachzuchtvögel
aufgrund der Empfehlungen der Zuchtbuchführerin Silhol vom Zoo Les Sables d’Olonne
an der französischen Atlantikküste weitergegeben. Ihm liege die Zucht dieser Art besonders am Herzen, betont er. Die französische
Biologin arbeitet gerne mit privaten Züchtern
zusammen, denn sie erweitern mit ihren Vögeln den Bestand an Grossen Soldatenaras
erheblich.
Der Grosse Soldatenara stammt von der
zentralamerikanischen Landbrücke unter anderem auch aus Costa Rica. Sein Leben kreist
um den Almendrobaum, von dessen Samenkapseln er sich ernährt und in dessen Höhlen
er Junge aufzieht. Gerade dieser Baum ist
aber seines besonderen und harten Holzes
wegen oft geschlagen worden. Er steht heute
unter Schutz. Nichtsdestotrotz ist der Lebensraum der Grossen Soldatenaras geschrumpft
und auch der Bestand dieser besonderen Vögel ist klein. Zudem wird die Art selten gehalten und gezüchtet. Manche Züchter meinen, dass es sich lediglich um grüne Vögel
handelt und konzentrieren sich lieber auf
farbigere Arten. Dabei sind beispielsweise die
Schwanzfedern der Grossen Soldatenaras ein
reines Farbenwunder und leuchten orange
und gelblich.
Ein paar Jungvögel zieht er selber auf
Das Engagement von Rolf Lanz, der in seinem
Vogelpark insgesamt sechs Paare dieser Art
hält und die Vögel auch züchtet, ist daher umso
wichtiger. Meistens ziehen seine Paare zwei
Junge selbstständig auf. Nur ein Paar füttert
die Jungen nicht selber, diese zieht er von Hand
auf. Die Brutzeit dauert gut 28 Tage, die Nestlingszeit drei Monate. Lanz hat in den Ecken
seiner Innenvolieren Nistkästen montiert, die
er vom Wärtergang aus kontrollieren kann.
Die Nistkästen haben alle eine Vorkammer,
sodass die Vögel nicht gleich auf ihr Gelege
springen, wenn sie in den Nistkasten klettern.
Grosse Soldatenaras leben unter anderem
im Gebiet von Puerto Viejo in Costa Rica, das
an der Grenze zu Nicaragua liegt und nur
noch aus Waldinseln besteht. Der Rest ist
Weideland für Kühe. Die Aras können immer
wieder beim Überfliegen der Weiden beobachtet werden. Für den Schutz des Grossen
Soldatenaras in Costa Rica haben sich der
Schweizer Olivier Chassot und seine Partnerin Guiselle Monge aus Costa Rica stark en-
gagiert. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass
Schutzkorridore bestehen, die Nationalparks
grenzüberschreitend miteinander verbinden.
Während sich auf dem südamerikanischen
Kontinent immer wieder gemischte Gruppen
von Gelbbrust-, Hellroten und Dunkelroten
Aras bilden, lebt der Grosse Soldatenara stets
nur unter seinesgleichen, auch wenn in seinem
Verbreitungsgebiet teilweise auch Hellrote
Aras vorkommen.
Der Grosse Soldatenara nimmt eine Sonderstellung unter den Aras ein. Bei seinen
charakteristischen Lautäusserungen wirft er
seinen Kopf in den Nacken und gibt einen
kehligen Laut von sich. In Ecuador lebt eine
Unterart, der Ecuadorianische Grosse Soldatenara (Ara ambigua guayaquilensis), der
sich zu grossen Teilen von Orchideenknollen
ernährt. Ansonsten ist die Verbreitung auf
zerstückelte Gebiete in Kolumbien, Panama,
Costa Rica, Nicaragua und Honduras beschränkt. Grosse Soldatenaras kommen vom
Küstengebiet bis in höhere Lagen vor, wo
laubabwerfende Eichenwälder dominieren.
Es scheint, dass sie besonders zur Nahrungsaufnahme grosse Strecken zurücklegen.
Nebst den Almendro-Samenkapseln scheinen Grosse Soldatenaras auch von Lysiloma-Arten, Ficus, Ameisenbäumen und Dalium guianensis zu fressen. Auch beim Verzehr
der Blüten von Symphonia globulifera wurden sie beobachtet. Eine gesunde Population
unter Menschenobhut dient als genetische
Reserve für den immer kleiner werdenden
Bestand im Freiland. Darum ist die Haltung
und Zucht dieser Art wichtig.
Text und Bilder: Lars Lepperhoff
Im Braulio-Carillo-Nationalpark in
Costa Rica lebt eine Population des
Grossen Soldatenaras.
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