Frank Huismann, M.A. Falkenburger Geschichte(n) Teil 12: Tiere auf lippischen Burgen Tiere gab es auf Burgen des Mittelalters in unterschiedlichster Form und Menge. Insbesondere im Spätmittelalter zwischen 1250 und 1550 wurde von den Wohlhabenden viel Fleisch gegessen, was sich in Unmengen von Knochen wiederspiegelt, die bei der archäologischen Untersuchung der Falkenburg gefunden wurden. Das Fleisch wurde nach Ausweis der Rechnungen meist bei Metzgern in den lippischen Städten gekauft. Tiere kamen aber auch als lebende Abgabe auf die Burg. Die Falkenburger Rechnungen von 1409/10 überliefern unter anderem Kuhgeld. Kühe wurden also nicht abgegeben, für sie wurde bereits mit Geld bezahlt. Schweine, Schafe und Geflügel, sofern sie zu den vereinbarten Abgaben gehörten, wurden jedoch von den Bauern zur Burg getrieben. Ein Teil der Tiere wurde verteilt, ein Teil vermutlich verkauft und ein Teil blieb auf der Burg und wurde nach und nach verspeist. Die Tiere waren Lebensmittel und Wirtschaftsgut zugleich. Die wirtschaftlichen Aktivitäten der Edelherren zur Lippe sorgten dafür, dass ihre Amtmänner immer auch Tierherden verwalteten und für die Nachzucht sorgen mussten. Da Höhenburgen wie die Falkenburg nur unter gewissen Mühen mit Proviant versorgt werden konnten, sorgte man in der Regel auch für einen ausreichenden Viehbestand, um eine eventuelle Belagerung überstehen zu können. Dazu benötigte man allerdings ausreichende Flächen für Weide und Stallungen, was bei einer Höhenburg nicht leicht war. Die Falkenburger Tiere konnten in den Wald getrieben und auf den Weiden des Kolonats Falkemeier gehütet werden. Stallungen gab es allerdings innerhalb des Burgringes nur in der Vorburg, die für eine Vielzahl an Wirtschaftsaktivitäten genutzt wurde. Daraus erklärt sich ihre enge und oft wechselnde Bebauung. Haustiere Von den Nutztieren unterschied man schon im Mittelalter die Haustiere. Sie tauchen kaum in den Quellen auf, denn ihr Besitz war eben Privatangelegenheit. Nur ganz zufällig erfährt man davon, dass die in Herford aufgewachsene Königin Mathilde (gest. um 968), Gemahlin Heinrichs I., Vögel fütterte, oder dass eine Breslauer Kaufmannsfrau 1452 einen Papageien hielt. Gleichzeitig wissen wir, dass Vögel im Mittelalter heftig bejagt und viel gegessen wurden. Beides, Vogelhaltung und Vogeljagd, ist auch für Lippe wahrscheinlich, nur lässt es sich leider aus den Quellen nicht belegen. Zu den häufigeren Haustieren gehörten Hunde und Katzen. Anders als die Populärwissenschaft manchmal glauben machen will, handelte es sich auch im Mittelalter um geschätzte und durchaus geliebte Begleiter des Menschen. Katzen sorgten auf Burgen außerdem dafür, den Mäuse- und Rattenbefall in Grenzen zu halten und Hunde liefen nachts im Zwinger genannten Bereich zwischen Graben und Hauptmauern und hielten Wache. Der „Hundezwinger“ ist eigentlich ein bestimmter Bereich der Burg, der Begriff übertrug sich dann auf alle eingegrenzten Räume für Hunde. Zu guter Letzt gab es noch Haustiere, die für die Jagd ausgebildet waren, vor allem spezielle Jagdhunde und Greifvögel. Dass allerdings die Vielzahl der Tiere auf einer Burg Probleme bereiten konnte, erkennt man in einem Brief, den der Adelige und bekannte Humanist Ulrich von Hutten an einen Freund in Nürnberg schrieb. Den Geruch auf seiner eigenen Burg kennzeichnet er wie folgt: Überall stinkt es nach Schießpulver, und dann die Hunde und ihr Dreck, auch das – ich muss es sagen – ein lieblicher Duft! Mit dem Dreck, weist Hutten auf ein Grundproblem mittelalterlicher Burgen hin, denn all‘ die Tiere hinterließen ihren Kot auf dem Burggelände und darin brütete das Ungeziefer, das dann die Wohnungen der Ritter und Knechte bevölkerte. Nutztiere Während Haustiere in den schriftlichen Quellen kaum vorkommen, erfährt man im Spätmittelalter einiges über Nutztiere, die auf den lippischen Burgen gehalten wurden. Ein erstes Tier, an das man bei Burgen nicht sofort denkt, dass aber wegen der vielen Fastentage für die Küche von großer Bedeutung war, ist der Fisch. Auf dem Gelände verschiedener Vorburgen hatte man Fischteiche angelegt. Selbst bei Höhenburgen war das möglich, wenn die Vorburg eine entsprechend große planierte Fläche aufwies. Bei der Oldenburg in der Nähe von Marienmünster ist zum Beispiel 1358 ein solcher Teich belegt. Zur Falkenburg gehörten die allerdings recht weit entfernten Teiche in der Senne. Mindestens neun große Teiche befanden sich dort im 15. Jahrhundert, mit Hechten, Bleien (Brachse), Barschen und Schleien darin. Die wichtigsten und teuersten Tiere waren Pferde. Sie wurden einerseits als Ackerpferde benötigt und andererseits als Reit- und Schlachtrösser für den Adel. Der Preis eines solchen Schlachtrosses konnte den Gegenwert eines halben Bauernhofes erreichen, Reitpferde waren etwas günstiger, aber immer noch sehr teuer. Deshalb züchteten die Edelherren zur Lippe auch selbst Pferde. Neben der bekannten Zucht halbwilder Stuten in der Senne, wurden wenigstens im 14. Jahrhundert auch Pferde in Brake gezogen. Der Amtmann rechnet hier 1386/87 nicht nur Futter für die Reittiere des Edelherren ab, sondern auch für Fohlen. Jeder Ritter auf der Burg benötigte normalerweise wenigstens drei Pferde, ein Schlachtross, ein Reitpferd und ein Packpferd. Wer im Frieden unterwegs war, reiste mit Reit- und Packtier. Deshalb kommen einige lippische Ritter 1403 mit jeweils zwei Pferden nach Münster. Wer besonders wohlhabend ist, hat noch Ersatztiere zum Reiten. Ein zweites Schlachtross dagegen ist extrem selten. Es ist daher etwas Außergewöhnliches, und wird besonders notiert, wenn Bernhard VII. zur Lippe 1471 verspricht, seinem Ritter Arnd von der Borch zwei reisige Pferde zu bezahlen. Denn „reisige“ Tiere sind für den Krieg trainierte Pferde. Die beiden Pferde stehen für Arnd auf der Burg Blomberg. Im Gefolge der Edelherren und Edelfrauen zur Lippe kamen schnell große Mengen von Pferden zusammen. Als Simon III. und seine Frau Richarde 1367 nach Hovestadt im Kreis Soest reisen, da wird ihnen sicheres Geleit für 40 Pferde gewährt. Auf der Falkenburg dürften immer 10 bis 20 Pferde gestanden haben, kamen die Edelherren mit Gefolge, dann musste man auch 60 oder mehr Pferde unterbringen. Auf lippischen Burgen gab es daher besondere „Reisigenställe“, große Pferdeställe für die Aufnahme der Schlachtrösser und Reit- und Packpferde der Adeligen. Solche Ställe sind für Brake, Detmold, Varenholz und Blomberg überliefert. Erst in der frühen Neuzeit begann man, den hochdeutschen Begriff „Marstall“ auch bei uns zu verwenden. Die meisten Burgen besaßen außerdem eine Kuhherde, die Milch, Käse und Fleisch lieferte. Die Rinder der Burg Blomberg sind 1527 genannt, 1562 hatte Christoffer von Donop auf Burg Varenholz sogar eine besondere Rinderzucht, allerdings wird in der gleichen Urkunde deutlich, dass es dafür bei anderen Burgen an Weideflächen fehlte. Die Zahl der Kühe hing also von der direkten Umgebung der jeweiligen Burg ab. Am größten dürften die Herden bei den Stadtburgen (Horn, Blomberg, Detmold) gewesen sein, da man hier auf die größere Flur rund um die Orte zurückgreifen konnte. Für Blomberg wurde 1527 sogar genau festgelegt, auf welchen Weiden rund um die Stadt die Tiere der Burg gehütet werden durften und wann. Als Weidetiere werden Kühe, Schweine, Pferde und Schafe genannt. Schweine gab es mit ziemlicher Sicherheit auf jeder lippischen Burg. Vom Sternberg aus trieb man einen „Schock“ Schweine zur Mast bis in die Umgebung von Aerzen. Ein Schock sind normalerweise 60 Tiere. 1516 durfte Rave Westphal von der Burg Horn aus 100 Schweine noch zusätzlich zu denen der Edelherren auf die Weide treiben. Zur Burg Blomberg gehören so viele Schweine, dass man Flächen des Klosters pachten muss, um alle zu hüten und auch auf Burg Varenholz hat Bernhard VII. zur Lippe 1493 eine eigene Schweineherde. Genauso häufig wie Kühe und Schweine werden die Hirten erwähnt. 1386 gehören Gottschalk der Hirte und Henke der Schweinehirte zur Besatzung der Burg Brake, noch 1536 zählen dort ein Kuhund ein Schweinehirte zur Besatzung. Das gleiche gilt für andere lippische Burgen, jedoch nicht für die Falkenburg. Hier werden 1409/10 bei der Entlohnung der Besatzung keine Hirten erwähnt. Schweine und Kühe dürften daher vom Hof Falkemeier aus gehütet worden sein, zu dem ansehnliche Weideflächen gehörten. Das gleiche gilt vielleicht für Schafe, die ebenfalls auf verschiedenen Burgen vorhanden waren. Die Schafzucht nahm vor allem im 14. und 15. Jahrhundert in unserer Region stark zu. Der Wolle wegen unterhielten einige Adelsfamilien sehr große Herden, dagegen scheinen auf den Burgen weniger Tiere, hauptsächlich zur Fleischversorgung, vorhanden gewesen zu sein. Nur ganz selten findet man Ziegen auf Burgen. In den schriftlichen Quellen aus Lippe tauchen sie gar nicht auf. Dafür gab es reichlich Geflügel, vor allem Hühner. Sie kamen als Abgabe der Bauern auf die Burgen, wo wohl immer auch eine eigene Hühnerschar vorhanden war. Häufig waren auch Gänse, die ebenfalls zu den „lebendigen“ Abgaben gehörten. Burgen, die von Wassergräben umgeben waren, eigneten sich zur Aufzucht von Schwänen, die im ersten Lebensjahr als Delikatesse galten. 1386 kauft der Amtmann der Burg Brake Hafer, unter anderem, „um die Gänse und Schwäne zu mästen“. All‘ die Tiere gehören zur Burg des Mittelalters. Der schon erwähnte Ulrich von Hutten schrieb: Man hört das Blöken der Schafe, das Brüllen der Rinder, das Bellen der Hunde […], ja sogar das Heulen der Wölfe hört man in unserem Haus, weil es nahe am Wald liegt. Ergänzt man „das Quietschen der Schweine“ und „das Gackern der Hühner“, dann könnte die Beschreibung exakt auf die Falkenburg zutreffen; abgesehen von den Eseln natürlich. Eine der Besonderheiten der Falkenburg gegenüber anderen lippischen Burgen war die Nutzung von Eseln. In einer Rechnung, geführt vom Amtmann auf der Falkenburg, erscheinen im Jahr 1409 Eselhüter und Eseltreiber. Damit ist klar, dass die Esel hier dauerhaft stationiert waren und für den Transport von Lasten eingesetzt wurden. Hintergrund ist wohl der sehr steile letzte Anstieg zur Burg hinauf, denn Esel sind auf Steigungen trittsicherer als Pferde. Bisher gibt es innerhalb Lippes nur für die Falkenburg Belege für die Verwendung und Haltung von Eseln. Auf anderen Höhenburgen gab es allerdings Esel wie der Fund von Eselhufeisen bei Ausgrabungen zeigt. Dass die Tiere wie Pferde Hufeisen trugen, überliefert auch unsere Rechnung: 5 Schilling kostete das Beschlagen von fünf Eseln. Vermutlich handelte es sich dabei um die ganze Herde, die in einem Zug von einem Schmied neue Eisen bekam. Wie umfangreich der Tierbestand auf der Falkenburg genau war, das kann man allerdings nicht sagen. Der zur Verfügung stehende Raum für Stallungen und Weiden war begrenzt, wie er genau genutzt wurde, ist unbekannt. Daher können auch Vergleiche mit anderen lippischen Burgen nur vorsichtige Hinweise liefern. Im ersten genaueren Inventar der Burg Brake von 1536 liest man folgende Zahlen: 145 Schweine, Sauen, Ferkel und Mastschweine; 19 Kühe, 7 Ochsen, 11 Rinder von 2 Jahren, 14 Kälber von diesem Jahr; 8 Ackerpferde; 399 Schafe, 110 Hammel, 220 Lämmer. Geflügel wurde nicht gezählt, wohl weil es vergleichsweise wenig kostete. Reit- und Kriegspferde rechneten dagegen offenbar nicht zur Burg, sondern zu einzelnen Rittern oder den Angehörigen der Edelherrenfamilie, ebenso Hunde, Katzen und sonstige Haustiere. In dieser Aufzählung fehlen also mit einiger Sicherheit noch manche der Tiere, die dort lebten. Dennoch erkennt man gut, dass zur Burg immer sehr viele Tiere gehörten.
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