Gute Organisation, mehr Freiraum

STANDORTELBE WESER
Gute Organisation,
mehr Freiraum
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Fotos (4): istockphoto, Fotos (5): Bilderbox
artnäckiger als andere Führungskräfte im Landkreis Verden
musste Susanne Jahn nach Wegen suchen, eine familienbewusste Arbeitgeberin zu sein. Sie ist Gründerin und
Geschäftsführerin des Musikspielplatz e. V., dessen Arbeit sich auf den
ersten Blick schwer mit Familie unter
einen Hut bringen lässt. Die 17 Honorarkräfte sind an elf Standorten der
Musikschule tätig. Sie betreuen Schulklassen im gesamten Landkreis, fahren in Pflegeheime oder unterrichten
zu Hause bei den Kunden. Ihre Arbeitstage sind zerrissen und enden
oft nach 20 Uhr. Trotzdem kann Susanne Jahn ihren Musiklehrern fast
alle Wünsche nach flexiblen Arbeitszeiten und Einsatzorten erfüllen: „Es
kommt dabei sehr auf die Führungskultur an. Wer die bessere Vereinbarkeit wirklich will, wird für fast jede
Herausforderung auch eine Lösung
finden.“
Seit 2008 ist der Musikspielplatz im
„audit berufundfamilie“ zertifiziert. Susanne Jahn suchte damals eine Möglichkeit, auf die besondere Situation
ihrer selbstständigen Musiklehrer eingehen zu können. Fallen sie aus, bekommen sie kein Honorar. Dieses Risiko sollten Beschäftigte mit
familiären Verpflichtungen nicht allein
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tragen müssen, sagt Susanne Jahn.
„Andererseits muss ich sicherstellen,
dass wir zuverlässig unsere Verträge
erfüllen.“
Mitarbeiter in Planung einbeziehen
Begleitet durch die Auditoren hat Susanne Jahn daher die Leitung der Musikschule neu organisiert. Die Koordination übernahm ihr Sohn Eike Jahn
als Familienbeauftragter des Vereins.
Eine familienbewusste Personalpolitik
habe vor allem etwas mit professioneller Führung zu tun, sagt er rückblickend. „Wir haben gelernt, dass wir
sehr flexibel sein können, wenn wir
langfristig und verbindlich planen.“
Hat der Musikspielplatz früher erst
Projekte organisiert, und dann passende Musiklehrer gesucht, ist das
heute umgekehrt. Die Pädagogen
haben so nicht nur die Gelegenheit,
sich mit ihren Ideen in die Konzeption
einzubringen. Sie können auch Arbeitszeiten bis zu sechs Monate im
Voraus mit ihren Kindertagesstätten,
Tagesmüttern oder Pflegekräften abstimmen.
Auch die alltägliche Kommunikation
läuft beim Musikspielplatz routinierter.
Einmal in der Woche kommen die Beschäftigten der Musikschule zusammen und besprechen Projektverläufe,
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Der Musikspielplatz e. V. in Thedinghausen ist einer der
Arbeitgeber mit dem größten Familienbewusstsein im Landkreis
Verden. Fast überall ließe sich mehr Flexibilität umsetzen, sagt
die Geschäftsführerin Susanne Jahn. Dafür brauche es aber die
passende Führungskultur.
Urlaubspläne oder anstehende Kurse.
Alle Musiklehrer sind stets auf dem
Laufenden und können für ihre Kollegen einspringen. Auch kurzfristige
Ausfälle bringen Eike Jahn nicht mehr
ins Schwitzen: „Wir haben zwei Honorarkräfte, unsere Feuerwehrleute, die
auch innerhalb weniger Stunden
einen Kurse übernehmen können.“ Verpasste Stunden können die Musiklehrer später nachholen. Ihr Honorar bekommen sie bis zu sechs Wochen
weitergezahlt.
So viel Großzügigkeit sehen Führungskräfte anderer Unternehmen
häufig skeptisch. Viele vermuteten,
dass die Beschäftigten ihr Entgegenkommen ausnutzen könnten, sagt Susanne Jahn. Doch das habe sie noch
nie erlebt. „Im Gegenteil, alle Musiklehrer informieren uns so zeitig wie
möglich über Notfälle, weil sie wissen,
dass wir darauf reagieren können. Das
verschafft uns genau die Zeit, die wir
brauchen, einen Ersatz zu organisieren.“
Alle fühlen sich füreinander
verantwortlich
Die Loyalität ihrer Musiklehrer führt
Susanne Jahn auf die Arbeitskultur in
der Musikschule zurück. Zum einen sei
der Kontakt unter den Beschäftigten
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persönlich und wertschätzend. Ihre
Familien kennen sich von Sommerfesten und Weihnachtsfeiern. Alle fühlen
sich füreinander verantwortlich – und
greifen nur in Notfällen auf die Hilfe
ihrer Kollegen zurück.
Zum anderen glaubt Susanne Jahn:
„Wenn ich als Geschäftsführerin respektvoll mit den Bedürfnissen meiner Beschäftigten umgehe, dann bekomme ich diesen Respekt auch
zurück. Unsere Musiklehrer arbeiten
gern für uns. Sie haben gute Beziehungen untereinander aufgebaut.
Das setzt niemand leichtfertig aufs
Spiel.“
Der Freiraum, den sie geschaffen hat,
kommt Susanne Jahn derzeit selbst zu
Gute. Auch sie möchte sich künftig
mehr Zeit nehmen, um Angehörige zu
pflegen. Deshalb gibt sie einen Teil
ihrer Aufgaben an Klaus P. Morin ab.
Der Unternehmensberater aus Hamburg ist seit Januar neuer Geschäftsführer im Musikspielplatz. Er hat den
Verein bereits beim Aufbau des Hamburger Standorts unterstützt – und
auch dort eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik etabliert. Der Standort Hamburg hat
dafür vor wenigen Tagen ebenfalls das
Zertifikat des audit berufundfamilie
erhalten. Bewusst hält Morin an der
Linie von Susanne Jahn fest: „Als generationsübergreifende Geschäftsleitung werden wir die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie weiterentwickeln,
um dadurch die Potenziale und Kompetenzen auch in der Zukunft individuell fördern zu können.“
Susanne Jahn glaubt, dass sich die Erfahrungen aus dem Musikspielplatz
auch auf andere Branchen und Unternehmensgrößen übertragen lassen.
„Wichtig ist eine Führungskultur, in der
es für die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben einen verbindlichen Rahmen und wechselseitige Gesprächsbereitschaft gibt. Das lässt
sich überall organisieren.“
Patrick Frede
Auditor der berufundfamilie
Service GmbH
Wie Unternehmen attraktiv werden
In einer losen Reihe stellen wir an dieser Stelle Unternehmen vor, die es auf
die eine oder andere Weise geschafft
haben, sich als attraktiver Arbeitgeber
zu positionieren, und geben Hinweise
von Experten, wie sich Betriebe in Zeiten des Fachkräftemangels behaupten können.
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