in der Evangelischen Kitazeitung 1/15

Sonntag, 19. April 2015
1. Ausgabe 2015
Evangelische Kitazeitung
FÜR SCHLESWIG-HOLSTEIN UND HAMBURG
Aufmerksam zuhören,
behutsam nachfragen.
Foto: Markus Scholz
Mit Kindern im Gespräch
Ein Erwachsener, der aufmerksam zuhört, behutsam nachfragt und so mit
ihm ins Gespräch kommt: für ein Kind
ist das eine wichtige Erfahrung. Es erlebt, wichtig zu sein, sich verständlich
machen zu können, ernst genommen zu
werden. Oft geschieht dies im Alltag
ganz selbstverständlich und nebenbei.
Aber wer kennt die Situation nicht
selbst: Aus irgendwelchen, durchaus
Die Pfefferkörner
5
Martha Fries (14) spielt Jessi
in der bekannten KinderKrimiserie. Wir haben uns
mit ihr unterhalten.
Gewinnaktion
Wo spielen Ihre Kinder am
liebsten? Gewinnen Sie
Karten für „Arche Warder“
und „Schwarze Berge“.
KO O P E R AT I O N S PA R T N E R
6
nachvollziehbaren Gründen wiegelt
man das Anliegen eines Kindes kurz ab.
Doch ein Kind braucht etwas anderes.
Einige pädagogische Methoden stellen
deshalb ganz bewusst den Dialog mit
dem Kind in den Mittelpunkt. Sie kommen in vielen Kitas zum Einsatz, zum
Beispiel in Neumünster-Gadeland (S. 3)
und im Vicelin-Kindergarten in Bornhöved (S. 4). Viel Freude beim Lesen!
Zum Thema
Rubriken
Begegnung
2
Glaube beginnt als Gefühl und Erfahrung. Worte kommen später. Schon bei
den ganz Kleinen werden Grundlagen
für Glauben und Religion gelegt.
Zettels Kolumne
Pommes-Glück
Reportage
3
In der Evangelischen Kita Gadeland
in Neumünster gibt es für jedes Kind
einen eigenen „Ich-Ordner“. Für alle
ein Gewinn!
Im Dialog
4
Antworten, die abwiegeln – und wie
es anders geht.
6
Schleswig-Holstein
9
„Mitwirkung bringt alle voran“:
Gastbeitrag von Judith Wiederhold, Landeselternvertretung
Hamburg
11
„Die Herzen weit geöffnet“: Fachkräfte-Austausch mit Brasilien
Eltern-Tipps
Haustiere
12
Kinderseite
16
Raten und basteln zum Frühling
Herausgegeben vom Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein e.V. (VEK) und dem Evangelischen Kindertagesstättenverband
Hamburg /Diakonisches Werk. Mehr über unsere Evangelischen Kindertagesstätten unter: www.vek-sh.de, www.eva-kita.de, www.diakonie-hamburg.de
2 | Auftakt
GELEITWORT
Von Landesbischof Gerhard Ulrich
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Glaube ist Begegnung
| THEMA | Wie Eltern ihr Kind begleiten und ihm Gottvertrauen vermitteln können
Stellt die Kinder
in die Mitte!
Mit Gott groß werden! –
darum geht es in den
Evangelischen Kitas!
Für mich ist dieses Leitwort entscheidend für
alle Fürsorge und für alle pädagogische Arbeit, die in den Evangelischen Kitas geleistet wird: Das Wohl
jedes Kindes und seine Entwicklung zu
einer selbstbewussten und selbstständigen Persönlichkeit sind das Ziel und das
entscheidende Kriterium für die Qualität der Arbeit in unseren Einrichtungen.
Das alles geschieht, weil das Recht des
Kindes auf Religion angemessen gefördert und lebendig gehalten wird. Gott
steht seinen Menschenkindern nicht im
Wege – ganz im Gegenteil! Er kommt
mit offenen Armen auf sie zu und bietet
ihnen Schutz und Geborgenheit. Er hat
Freude an allen, die mit ihm zusammen
leben und also an ihn glauben und an
seine göttlichen Versprechen für eine
gute Lebenswelt für alle! Das weiß ich
aus den Geschichten, die in der Bibel
von Gott und von Jesus Christus erzählt
werden.
Eine der mir sehr lieben Erzählungen
ist die von der Segnung der Kinder
durch Jesus, wie sie in Kapitel 10 des
Markus-Evangeliums im Neuen Testament erzählt wird: „Lasst die Kinder zu
mir kommen und wehret ihnen nicht;
denn solchen gehört das Reich Gottes!“
Jesus stellt die Kinder in die Mitte! Da
gehören sie hin, damit sie mit Gott groß
werden können!
Wo Kinder sind, ist das Leben bunt
und fröhlich, zuweilen laut. Jedenfalls
mögen das die Großen so empfinden. Jesus stört das ganz und gar nicht. Er stellt
die Kinder in die Mitte, er nimmt sich
ihrer an, er segnet sie. Dieses Bild des die
Kinder segnenden Jesus von Nazareth
ist ein Urbild für die Arbeit der Kirche.
In all ihren Vollzügen und Wirkungsweisen, in all ihrer Arbeit haben die
Kinder einen wichtigen Platz. Dieses ist
uns von Jesus her vorgelebt. Dieses Urbild bleibt für kirchliche Arbeit und
kirchliches Leben unverzichtbar. Jedes
Kind wahrzunehmen, anzunehmen
und zu fördern, darum geht es.Wir Großen werden dann mit den Kindern immer wieder neu staunen lernen, über all
die großen Fragen, die die Kleinen uns
so stellen: Fragen nach Leben und Tod,
nach Gott und Welt.
Mein herzlicher Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unseren
Kitas, die sich immer wieder neu dieser
Herausforderung stellen und mit großer
Neugier und Freude ihre Arbeit für und
mit den Kindern in den Kitas tun!
––––––––––––
Gerhard Ulrich ist Landesbischof der
Nordkirche.
Von Maike Lauther-Pohl
„Wieso ist Gott da und ich kann ihn
trotzdem nicht sehen?“ Laura sitzt bei
ihrer Mutter auf dem Schoß und wickelt sich eine Haarsträhne ihrer Mutter um die Finger. „Ja, das frage ich
mich auch manchmal“, antwortet diese. „Lass uns mal überlegen, wie das
gehen kann.“ Dabei schaut sie Laura
auffordernd an. Und es entspinnt sich
ein fantasievolles Gespräch über Gott
und Luft und Sonnenstrahlen.
In Beziehung leben
Keine außergewöhnliche Szene. Gut,
vielleicht ist das Gespräch über Gott
nicht alltäglich. Aber eine Situation
von vertrautem Miteinander, von Fragen, die überraschen und die besonders gerne in einer Atmosphäre von
Nähe und Kuscheln gestellt werden,
kennen alle Eltern.
Religiöse Erziehung – wie macht
man das eigentlich? Da gibt es kein „So
geht´s!“, und schon gar kein „Nur so
geht´s!“. Kinder wachsen in einen
Glauben hinein, indem Eltern vorleben, was ihnen wichtig ist, und mit den
Kindern darüber reden. Das Wesentliche: Kinder brauchen Beziehung, um
zu entdecken, was ihnen zur Heimat
werden kann. „Kontakt ist das Grundwort der Erziehung“, hat der jüdische
Theologe und Religionsphilosoph
Martin Buber festgehalten.
Wenn wir reden und zuhören und in
gutem Kontakt miteinander sind, ist
schon vieles von dem erfüllt, was Eltern bei der Taufe versprochen haben:
ihr Kind zu begleiten auf einem guten
Weg durchs Leben und dabei auf Gott
zu vertrauen. Das gilt auch schon für
ganz Kleine. Glaube beginnt als Gefühl
und Erfahrung. Worte und Verstehen
kommen erst später.
Eltern können religiöse Bedeutung
haben
Erlebnisse mit den Eltern können dabei zu Vorläufern späterer Gottesbilder
von Kindern werden. Erste Erfahrungen von „Da ist jemand, der für mich
sorgt und mir Geborgenheit vermittelt“ können später als bleibende
Sehnsucht in den Glauben integriert
und auf Gott bezogen werden.
Erlebt ein Säugling, dass jemand
kommt und ihn hochnimmt, wenn er
sein Unwohlsein mit Schreien ausdrückt, dass er gewickelt wird, wenn
die Nässe quält, kann das Kind die Gewissheit entwickeln: Das Leben ist gut,
meine Bedürfnisse werden befriedigt,
ich bin es wert, dass andere sich um
mich kümmern. Aus diesen ersten
existenziellen Erfahrungen können
spätere Gottesvorstellungen erwachsen. Es kann ein Gottesbild entstehen,
in dem Gott als verlässlich, schützend,
stärkend, Geborgenheit gebend erlebt
wird.
Erfährt ein Kind mitten in einem
Trotzanfall, dass ihm zwar deutliche
Grenzen gesteckt werden, es aber dennoch anerkannt und geliebt wird und
dabei selbstbestimmt sein darf, erspart
ihm das zwar keinen Machtkampf; es
hilft ihm jedoch dabei, später ein persönliches Gottesverhältnis zu leben,
das nicht blockierend wirkt, sondern
befreiend, stärkend und beweglich.
Fragen und Zweifel können helfen
Wichtig ist, dass Kinder ihre Erfahrungen erleben, fühlen, erproben, auch hinterfragen und ablehnen können. Eigene
Fragen und Zweifel der Eltern sind dabei kein Störfall, sondern wesentlich dafür, dass Kinder einen stabilen und stärkenden Glauben entwickeln können.
Gott ist da
Die Bibel ist voll von Geschichten, die
davon erzählen, dass Gott immer wieder Kontakt und Beziehung zu den
Menschen sucht, dranbleibt, mitgeht,
im Gespräch ist, sogar mit sich diskutieren lässt. Jeder Mensch – sagt die
Schöpfungsgeschichte (1. Mose 2, 7) –
trägt Gottes Atem, Gottes Geist in sich,
jedem Menschen ist Gott sozusagen
„im Puls“, von Anfang an.
Übrigens auch dann, wenn sich
Menschen falsch verhalten oder Gott
den Rücken kehren. „Ich bin da“ nennt
Gott sich selbst (2. Mose 3, 14). Gott
bindet sich selbst unauflöslich an die
Menschen. So fest, dass selbst der Tod
die Bindung nicht trennen kann.
Wie Eltern, die ihr Kind auch beim
größten Blödsinn lieb haben und es gerade dann die liebevolle Beziehung
spüren lassen.
––––––––––––
Maike Lauther-Pohl ist Theologische Referentin für Religionspädagogik im Verband
Evangelischer Kindertageseinrichtungen in
Schleswig-Holstein (VEK).
Wuschelsegen
Wussten Sie, dass im schnellen Überden-Kopf-Streicheln, wenn wir uns von
Kindern verabschieden, noch ein altes
Segensritual versteckt ist?
Ein „Wuschelsegen“ zusammen mit einem Tschüs (das Wort kommt von
„Geh mit Gott“) kann spüren lassen:
Egal, wo du bist, Gott bleibt in Beziehung mit dir, damit es dir gut geht.
Auf Gott vertrauen – dafür ist die Taufe ein Zeichen.
Foto: Schubert-Suffrian
Reportage | 3
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
„Wir suchen den Dialog“
| THEMA | Fragen, beobachten, aufschreiben: Wie die Kita Gadeland die individuelle Entwicklung von Kindern fördert
Von Detlev Brockes
Seit fast einer Stunde bauen Jaro, Lukas und vier weitere Jungen an einer Murmelbahn. Sie
haben Pappröhren zusammengesteckt, experimentieren mit
unterschiedlichem Gefälle. In
Sichtweite übt sich Erzieherin
Ines Blöcker an einer neuen
Aufgabe: Sie hält sich zurück. Sie
beobachtet. Sie gibt nichts vor.
Fragt höchstens zwischendurch
und forschen. Wie sie miteinander umgehen. Später wird sie
diese Szene aufschreiben, in einem „Beachtungsbrief“ mit Fotos, den alle sechs Kinder bekommen.
Still und unauffällig ist etwas
anders geworden in der Evangelischen Kita in Neumünster-Gadeland. „Unser Blick, die
Grundhaltung hat sich verändert“, sagt Kita-Leiterin Nina
Lohr. „Wir fragen mehr und suchen den Dialog mit dem einzelnen Kind.“ Also weniger Projekte, die die ganze Gruppe
gleichzeitig erreichen sollen.
Dafür mehr individuelle Beob-
„
Erzieherin Ines Blöcker
mal: „Was könntet ihr tun, damit die Murmeln nicht durch
den ganzen Gruppenraum rollen?“ Die Jungen erfinden daraufhin einen Fangzaun: aus gebogenen Holzleisten, die sonst
einen dekorativen Regenbogen
bilden. „Eine geniale Idee“,
denkt Ines Blöcker. Aber auch
das behält sie in diesem Moment für sich.
Vor allem sagt die Erzieherin
nicht: „Nun habt ihr schon so
lange mit den Murmeln gespielt, nun räumt ihr mal auf,
und überhaupt, die Kugeln im
ganzen Raum, da fällt bestimmt
gleich jemand hin.“ Das sagt
Ines Blöcker ganz bewusst
nicht. Sondern sie nimmt wahr,
wie die Kinder ausprobieren
Lieber Joshi!
Du hast mir erzählt, dass
du deine Jacke jetzt ganz
alleine anziehen kannst.
Ich habe dich gefragt, wie
du es machst: 'Erst ziehe
ich einen Arm rein und
dann den anderen und
dann ziehe ich es hoch.'
…Prima Joshi!
Deine Dörte
“
achtung: Welches Kind hat welches Thema, welcher Lernschritt passiert gerade? Und das
gilt es dann zu würdigen und zu
unterstützen.
Da ist zum Beispiel der fünfjährige Joshi. Erzieherin Dörte
Meck erzählt: „Joshi hat die ganze Zeit gar nicht gemalt. Dann
ergab sich eines Tages eine Si-
Dieses Foto will sich Joshi aufheben: Bisher brauchte er zum Anziehen nach dem Sport immer Hilfe, besonders
das Sockenanziehen gelang noch nicht. Heute hat es aber geklappt – zum ersten Mal!
Fotos: Wurth
tuation, da konnte ich ihm zeigen, wie man den Stift halten
kann. Das war vor etwa drei Monaten. Seitdem ist er immer
häufiger am Maltisch, hat Spaß
und fängt an, auch figürlich zu
malen.“ Joshi zeige seine Bilder
stolz seiner Mutter und der Erzieherin und strahle dabei übers
ganze Gesicht. Wenn andere
Kinder etwas an den Werken kritisieren, könne Joshi selbstbewusst sagen: „Das mache ich
aber so!“
„In solchen Situationen verständigen wir uns mit Blicken“,
erklärt Dörte Meck. „Joshi
schaut zu mir herüber, sucht Be-
stätigung, und die gebe ich ihm
per Blickkontakt – auch mal
quer durch den Gruppenraum.
Bei solchen Erlebnissen strahlt
er und man merkt es an seiner
ganzen Körperhaltung.“ Die
Aufmerksamkeit für ein Kind
wirke auch auf die Gruppe, berichtet die Erzieherin. „Die Kinder nehmen sich untereinander
mehr wahr.“
Den Anstoß für die „neue“ Pädagogik in der Kita Gadeland
gab eine Fortbildung, an der
Ines Blöcker und Dörte Meck
2013/2014 teilnahmen: „Bildungssammler – Beobachten
und Dokumentieren im Dia-
log“, veranstaltet vom Verband
Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein und gefördert vom Land.
Im „Ich-Ordner“ werden die
Bildungsschritte jedes Kindes
dokumentiert – mit eigenen
Werken und Aufzeichnungen
der Kinder, aber eben auch mit
den Beobachtungen der pädagogischen Fachkräfte. Beobachten und Dokumentieren gehören nun zur Gruppenarbeit.
Denn, betont Ines Blöcker: „Wir
machen das nicht für das Kind,
sondern mit dem Kind.“
„
Lieber Joshi!
An einem Nachmittag haben wir zusammen am
Maltisch gesessen und du
hast angefangen, ein Bild
mit Filzstiften zu malen.
Die Stifte haben nicht richtig gemalt. Ich habe dir gezeigt, wie du den Filzstift
anders halten kannst, damit er besser malt. Du hast
es ausprobiert. Prima! …
Nun sehe ich dich öfter
am Maltisch.Du schaffst es
jetzt ganz alleine, den Stift
mit dem Daumen und dem
Zeigefinger zu halten. Ich
freue mich sehr darüber
und bin stolz auf dich.
Deine Dörte
Joshi erklärt Dörte Meck sein Bild: Er hat es in vier Flächen eingeteilt - was er bis dahin noch nie ausprobiert hatte.
“
4 | Thema
S TA N D P U N K T
Von Kirsten Lang
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Zuhören und verstehen
Warum schnelle Antworten nicht hilfreich sind - Tipps für das Gespräch mit Ihrem Kind
Dialog bereichert
Kleine und Große
Mit Kindern im Dialog,
sind wir das nicht alle? –
Vor einigen Jahren hätten wir bestimmt mit
„natürlich“ geantwortet.
Heute sehen wir das in
unserem Team anders. Aber was hat sich
geändert? Schon immer stand in unserer
Arbeit das Kind mit seinen Bedürfnissen
und Wünschen im Mittelpunkt. Aber unsere Haltung im Umgang miteinander
hat sich verändert. Das begann mit der
Auseinandersetzung mit dem Thema
Partizipation und setzte sich in der täglichen Arbeit fort. Kinder wirklich einzubeziehen gelingt, wenn sie ihre Sicht darstellen können. Das ist nur im direkten
Austausch auf Augenhöhe möglich, also
im Dialog.„Klar, das machen wir sowieso!“, dachten wir.Weit gefehlt. Immer
wieder ertappen wir uns dabei, wie wir
durch geschlossene Fragen (die vor allem
Ja/Nein-Antworten zulassen) die Möglichkeiten des Kindes einschränken. Also
üben wir, Fragen grundsätzlich anders zu
stellen, uns Zeit zu nehmen für Gespräche, deren Ausgang für beide Seiten offen
ist. Das ist nicht einfach.Wir lernen, uns
und unsere Ideen zurückzunehmen und
den Kindern Raum für eigene Ideen und
Lösungen zu geben. Das braucht Zeit.
Dadurch haben sich das Miteinander
und der Tageslauf geändert. Die Kinder
haben mehr Zeit für individuelle Projekte und Spielideen. Unsere Rolle ist mehr
die der Begleiterin und Ermöglicherin geworden, die Hilfestellung gibt, wenn sie
eingefordert wird, und zugewandt beobachtet und ermutigend dokumentiert.
Selbstverständlich im Dialog mit dem
Kind. Das gelingt nicht immer, aber inzwischen überwiegend. Uns freut zu sehen, wie die Kinder mit sich selbst und
anderen umgehen.„Ich habe einen Plan“
oder „Welche Idee hast du?“, das ist häufig von den Kindern zu hören.
Und die Eltern? Zunächst war da die
besorgte Frage, ob die Kinder gut genug
auf die Schule vorbereitet werden. Inzwischen ist meistens ein klares Ja zu
hören. Die Kinder lernen, Handlungen
zu planen, Lösungen zu entwickeln und
bei Herausforderungen standzuhalten.
Fast „nebenbei“ werden Bildungsinhalte und lebenspraktische Kompetenzen
erworben. Aber auch die „großen“ Menschen lernen: Die Eltern und wir Pädagoginnen lernen, darauf zu vertrauen,
dass ein Kind weiß, was es für seine Entwicklung braucht. Und wir staunen
über das, was die „kleinen“ Menschen
alles können. Bleiben wir im Dialog! Es
ist bereichernd und überraschend.
––––––––––––
Kirsten Lang arbeitet als Heilpädagogin und
Erzieherin im Evangelischen Vicelin-Kindergarten in Bornhöved.
Von Franziska Schubert-Suffrian
„Mir ist so langweilig ...“ – „Du könntest
doch was malen.“
„Die Lisa ist gar nicht mehr meine
Freundin.“ – „Die Anna ist doch auch
ganz nett.“
„Die lassen mich nicht mitspielen.“ –
„Na, dann spielst du halt allein.“
Solche Dialoge zwischen Kindern und
Erwachsenen kennt wohl jeder, der mit
Kindern zu tun hat. So wie oben oder
ähnlich lauten dann häufig die Antworten von uns Erwachsenen. Wir wollen damit meist eine schnelle
„schmerzlose“ Lösung erreichen. Dabei wäre es viel wichtiger, zunächst die
Situation und das Anliegen des Kindes
zu verstehen. Vermeintlich schnelle
Lösungen entpuppen sich nur selten
als hilfreich. Oft geht es in solchen Situationen nicht um Antworten, die von
außen kommen, sondern darum, gemeinsam nach Lösungen zu suchen,
die für das Kind passen und die es umsetzen kann. Dafür muss zunächst klar
sein: Worum geht es dem Kind?
„Was ist denn passiert?“ „Was möchtest du, dass die anderen tun?“
„Brauchst du dabei meine Hilfe?“ Das
wären Fragen, die diesem Ziel näherkommen. So hat das Kind selbst die
Chance, die Fragen zu klären, und
kann sich in anderen Situationen
schneller selbst helfen. Dieser vielleicht langsamere Weg wirkt damit
über den Augenblick hinaus.
Äußerungen des Kindes mit einer
fragenden Haltung zu begegnen, bedeutet ganz konkret:
– sie zu bemerken und mit Interesse
zu reagieren
– sie als grundsätzlich berechtigt stehen zu lassen
– sich auf das, worum es dem Kind
geht, einzulassen und versuchen,
sein Anliegen zu verstehen
– dem Kind zu ermöglichen, eigene
Lösungen zu finden
– wenn das Kind es wünscht, die Umsetzung zu unterstützen.
Aktives Zuhören
Um Dialoge zwischen Kindern und Erwachsenen zu ermöglichen, brauchen
Erwachsene die Überzeugung, dass jedes Kind etwas Wichtiges zu sagen hat
und gemeinsame Lösungen entwickeln kann. Gespräche mit Kindern er-
Erzieherin Kirsten Lang (siehe „Standpunkt“ li.) in der Kita Bornhöved.
Foto: Scholz
fordern aktives Zuhören, bei dem sich
Erwachsene zuwenden, Blickkontakt
halten und ihre volle Aufmerksamkeit
schenken. Sollte dies gerade nicht
möglich sein, ist es wichtig, die Kinder
darüber zu informieren: „Im Moment
kann ich dir nicht richtig zuhören, ich
spreche erst noch mit Lukas zu Ende
und habe dann Zeit für dich.“ Aktives
Zuhören heißt auch: Kinder ausreden
lassen und sie nicht unterbrechen.
Die Grundlage für aktives Zuhören:
Erwachsene sind ehrlich interessiert
und versuchen, sich in das Kind und
seine Situation hineinzuversetzen. Die
Grenze zwischen Nähe und zu nahe
kommen, zwischen Interesse zeigen
und aushorchen muss dabei stets gewahrt bleiben. Das sollte sich auch in
den Antworten und Reaktionen der Erwachsenen widerspiegeln. Fragen sollten offen formuliert sein und keine
Wertung beinhalten: „Möchtest du erzählen ...?“, „Wenn ich dich richtig verstehe ...“ Manchmal ist es dabei auch
notwendig, die Gefühle oder Gedanken eines Kindes zu interpretieren und
als Frage in den Raum zu stellen. Das
Kind erweitert so seine Möglichkeiten,
sprachlich Gefühle auszudrücken und
Ideen auszugestalten.
Dialoge mit Kindern brauchen Zeit
und Geduld. Sie benötigen Erwachsene, die bereit sind, sich offen auf den
Prozess mit dem Kind einzulassen und
nicht die eigenen Lösungen „durchzudrücken“.
Jeder Dialog – ob sprachlich oder
nichtsprachlich geführt – wird durch
diese Haltung der Erwachsenen aufgewertet. Die Kinder spüren, dass ihre
Äußerungen auf Interesse stoßen, und
finden so eher den Mut, sich auszudrücken – obwohl sie sprachlich manchmal noch gar nicht genau fassen können, was sie mitteilen wollen.
––––––––––––
Franziska Schubert-Suffrian ist Koordinatorin
für Fachberatung und stellvertretende Geschäftsführerin beim Verband Evangelischer
Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein (VEK).
So stärken Kitas Ihre Kinder
Wie Eltern und Erzieher einem Kind
antworten, beeinflusst das Bild, das
sich das Kind von sich selbst macht.
Dieser Einfluss ist umso stärker, je
jünger das Kind ist. Kinder „bauen“
ihr Bild von sich selbst vor allem aus
dem, was ihnen von den Menschen
in ihrer Umgebung entgegengebracht wird. Wenn also ein Kind erlebt, dass ihm etwas zugetraut wird,
dann wird es selbst seine Handlung
auch positiv einschätzen. Es wird
sich selbst eher etwas zutrauen und
neue Herausforderungen wagen. Die
Antwort eines Erwachsenen wirkt
daher weit über den eigentlichen Augenblick hinaus.
In den Kindertageseinrichtungen
begegnen Ihnen verschiedene Methoden, die genau dies zum Ziel haben. Ob behutsame Eingewöhnungsprozesse oder der pädagogische Ansatz nach Emmi Pikler, Partizipation,
die „Babyzeichensprache“, der „Bil-
dungssammler“ (S. 3), Beschwerdeverfahren (S. 9) oder „Marte Meo“,
Ziel ist immer, sich als Erwachsener
sensibel mit dem Kind zu verständigen und dessen Persönlichkeitsentwicklung zu stärken.
Wir haben Infos zu diesen Methoden für Sie zusammengestellt. Sie finden die Kurzbeschreibungen auf den
Internetseiten zur Evangelischen Kitazeitung unter www.vek-sh.de und
www.eva-kita.de
Interview | 5
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Detektive im Einsatz: die „Pfefferkörner“ mit Martha Fries als Jessi (Mitte). Gedreht wird die Serie in Hamburg, vor allem in der Speicherstadt.
Foto: NDR / Romano
Krimi-Dreh statt Ferien
Die Hamburger Schülerin Martha Fries über ihre Rolle in der Fernsehserie „Die Pfefferkörner“
Die 14-jährige Martha Fries aus Hamburg geht in die 9. Klasse – und ist außerdem Filmschauspielerin. Sie spielte in den jüngsten Folgen der KinderKrimiserie „Die Pfefferkörner“ mit, die
der NDR vor allem in der Hamburger
Speicherstadt dreht. Martha Fries hat
fünf ältere Geschwister, zu ihren
Hobbys zählen Theaterspielen, Saxofon, Ballett und Jazztanz.
Martha, wie bist du zum „Pfefferkorn“ geworden?
Martha Fries: Ich habe in einer Zeitung
einen Casting-Aufruf gesehen und mich
für die Rolle beworben. In drei Runden
musste ich den Regisseuren und einer
Casterin meine schauspielerischen Fähigkeiten zeigen. Schließlich habe ich
das Casting gewonnen und hatte die Rolle der Jessi.
Wie haben deine Geschwister darauf reagiert,
wie deine Klassenkameraden, dass du im Fernsehen zu sehen bist?
Eigentlich haben sich alle für mich gefreut. Besonders meine Familie. Niemand hätte je damit gerechnet, denn es
gibt so viele Bewerber! Auch meine Klassenkameraden finden es toll, mich im
Fernsehen zu sehen. Ich mache aber
nicht so einen Tumult darum.
Musstest du Schauspiel-Unterricht nehmen?
Ich spiele, seit ich sechs bin, in einem
Theater. Ich weiß also, wie es ist, vor vielen Leuten nicht man selbst zu sein. Extra Unterricht musste ich nicht nehmen.
Drehen alle meine Ferien beansprucht,
bis auf die Weihnachtsferien. Auch in der
Schulzeit drehe ich manchmal noch, was
zusätzlichen Stress bedeutet: Ich muss
schließlich alles nachholen!
Wie laufen die Dreharbeiten ab?
Das ist komplett anders als Theater. Oft ist
es anstrengender vor der Kamera, aber
auch spannender und abwechslungsreicher. Im Theater spielt man über Wochen
dasselbe Stück. Ich war sehr aufgeregt an
meinem ersten Drehtag – und das bin ich
auch immer wieder. Langweilig wird einem eigentlich nie. Es bringt total Spaß,
mit Gleichaltrigen zu spielen, die auch im
echten Leben meine Freunde sind. Oder
auch mit coolen Erwachsenen.
Der Drehtag beginnt zu unterschiedlichen Zeiten. Mal muss ich schon um 7
Uhr morgens aus dem Haus, manchmal
erst um 14 Uhr. Oft gehe ich vor Drehbeginn mit dem Kindercoach den Text noch
einmal durch, der für die Szene ansteht.
Und dann fangen wir an zu drehen.
Manchmal dauert es zwei Stunden, bis
eine Szene fertig ist. Das ist oft so, wenn
viele Leute mitmachen oder wir Kinder
herumalbern (lacht).
Hast du einen Tipp, wie man Text auswendig
lernt?
Ich lerne abends meinen Text für den
nächsten Tag. Dafür gucke ich die Szenen
an und markiere, was ich sagen muss. Mit
unterschiedlichen Farben markiere ich
auch ganze Szenen: Dunkle Farben stehen für viel Text, helle Farben für ein paar
kleine Sätze. Ich lerne am Abend alle
dunklen Farben so gut es geht auswendig.
Je mehr ich gedreht habe, desto schneller
geht es. Die hell markierten Szenen lerne
ich meist erst im Auto auf dem Weg zum
Set, oder ich quetsche mir die Sätze bei
Drehbeginn ins Gehirn (lacht).
Wie viel Zeit nimmt deine Rolle in Anspruch?
In den vergangenen zwei Jahren hat das
Was hast du für dich gelernt? Bist du durch die
Dreharbeiten selbstbewusster geworden?
Selbstbewusst war ich auch vorher schon.
Vor allem habe ich eine komplett neue
Welt kennengelernt, eine schöne, aber oft
auch sehr anstrengende. Ich habe gelernt,
Schule und Film unter einen Hut zu bringen und mit viel Stress klarzukommen.
Ich glaube, das wird mir auch weiterhin
sehr helfen.
Welchen Berufswunsch hast du? Möchtest du
Schauspielerin bleiben?
Ich glaube, ich möchte nicht Schauspielerin werden. Ganz aufhören möchte ich
aber auch nicht. Jetzt gehe ich erst einmal zur Schule. Ich könnte mir auch gut
vorstellen, Ärztin zu werden.
Deine Tipps für Gleichaltrige, die gerne Schauspieler werden möchten?
Man kann sich Schauspielschulen suchen oder in den Ferien einen Workshop
machen. Ich bin auch erst durch das
Drehen sicherer geworden. Am besten
man sucht sich eine Agentur. Alle Schauspieler, die ich kenne, sind in einer. Ich
zwar nicht, aber man sollte nicht auf
weitere Zeitungsanzeigen für Castings
warten und selbst die Initiative ergreifen. Agenturen bieten auch Schauspielunterricht. Sicherheit und Selbstbewusstsein sind immer gut, genauso wie
Souveränität und eine hohe Frustrationstoleranz.
––––––––––––
Martha Fries spielt Jessi Amsinck in der 10. und
11. Staffel der NDR-Serie „Die Pfefferkörner“.
Die Folgen können auf www.ndr.de angesehen
werden. Dort stehen auch die aktuellen Sendetermine im Ersten und auf KiKa.
––––––––––––
Fragen: Sven Kriszio, Evangelische Zeitung
6 | Leseraktion
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Treffpunkt Spielplatz
KO L U M N E
Kolumne von Florian Zettel
Expertin Claudia Neumann über gute Spielplätze, „bespielbare“ Städte und besorgte Eltern
Mit Pommes und
Piñata glücklich
Meine Frau und ich haben zwei Töchter, 4 und
5. Eine dritte ist auf
dem Weg. Dreieinhalb
Frauen also und ein
Mann. Da gibt es viel
Gesprächsbedarf – vor allem bei den
weiblichen Familienmitgliedern. Deshalb haben wir einen Familienrat konstituiert, um dort über unsere Bedürfnisse zu sprechen und Beschwerden loszuwerden.Wir erzählen, was uns gerade
aneinander stört, aber auch, was wir
gut finden.
Ich gebe zu: Wir stecken dabei gerade
in einer Sackgasse. Meine Frau und ich
stören uns an apokalyptischer Unordnung und den ständigen Zankereien
der Töchter. Unsere Töchter stören sich
daran, dass wir uns wegen der apokalyptischen Unordnung ständig zanken. Es ist vertrackt.Wir haben schon
viele Ansätze versucht. Intrinsische
Motivation, extrinsische Motivation
oder die neapolitanische Motivation –
also Erpressung.Wenn nicht, dann
nicht. Oder auch positiv formuliert:
wenn, dann.
Am Anfang war Erpressung toll. Alle
haben das System akzeptiert. Mittlerweile zeigen sich immer häufiger Abnutzungserscheinungen, die dann beidseitig in „mir doch egal“ münden. Dabei
wäre es doch so einfach.Wir müssten
unseren Töchtern einfach nur als stumme Diener rund um die Uhr zur Verfügung stehen und Laissez-faire walten
lassen. Essen zubereiten, kuscheln nach
Bedarf, stundenlang vorlesen oder sonstiges Entertainment-Programm veranstalten.
Neulich, in Vorbereitung dieser Kolumne, habe ich unsere kleine Tochter
danach gefragt, was sie für Bedürfnisse
hat, die nicht erfüllt werden. „Papa“,
fragte sie daraufhin, „was sind Bedürfnisse?“ „Etwas, das man dringend
braucht, um glücklich zu sein“, sagte
ich. Für einen Moment war sie ganz
weit weg. Ihre Augen verträumt aufgerissen, kurz den Kopf schüttelnd, um
sich zu sammeln, antwortet sie: „Papa,
ich will Pommes mit Ketchup zum Geburtstag und eine Einhorn-Pinana, die
am Baum hängt.“
Ihr Geburtstag ist erst in sechs Monaten, und mit „Pinana“ meinte sie eine
Piñata, also eine mit Süßigkeiten gefüllte Pappmaché-Figur. Aber wenn es
das ist, was sie am dringendsten
braucht, um glücklich zu sein, dann bin
ich wiederum glücklich, dass es nur das
ist – und sie sonst offenbar alles hat.
––––––––––––
Florian Zettel, 34, ist Medienjournalist. Er lebt
mit seiner Frau und zwei Töchtern (vier und
fünf Jahre) in Hamburg.
Wie viele Spielplätze gibt es in
Deutschland?
Claudia Neumann: Rund
120.000, Tendenz sinkend.
Davon ist ungefähr die Hälfte öffentlich zugänglich. Generell gilt: je größer die Städte, desto geringer die Zahl
der Spielplätze. Obwohl
durch die Verdichtung der
Städte ohnehin oft nur geringe Möglichkeiten zum
Spielen und Bewegen im
Freien bestehen. Es gibt
aber auch kleinere Kommunen, die über keinen einzigen öffentlichen Spielplatz
verfügen.
Und wie viele Spielplätze sind
wirklich für Kinder geeignet?
Das ist schwer zu sagen, das
hängt natürlich von den Kriterien ab, die man ansetzt.
Insgesamt sind aber noch
immer viele Spielplätze
nach dem 08/15-Prinzip gestaltet: Sie bieten Kindern zu
wenige Anregungen und
Möglichkeiten.
Ihr Verband, das Deutsche Kinderhilfswerk, startete Anfang
der 1970er-Jahre genau mit
dem Ziel, bessere Spielplätze zu
schaffen. Wie haben sich die Anlagen seitdem verändert?
Stimmt, wir haben damals
der „heiligen Dreifaltigkeit“
aus Rutsche, Klettergerüst
und Buddelkasten den
Kampf angesagt. Seither hat
sich die Situation durchaus
verbessert. Es gibt eine Menge Spielplätze in Deutschland, die sehr kreativ gestaltet oder gar einem bestimmten Motto gewidmet und
nicht nur einheitlich möbliert sind. Neben dem früher
üblichen Metall kommen
Materialien wie Holz, Seil
oder Gummi zum Einsatz,
natürliche Elemente wie
Pflanzen und Wasser werden
bewusst integriert. Auch die
Abenteuerspielplätze sind
hier positiv herauszuheben.
Jedoch beobachten wir in
den letzten Jahren eine Verschlechterung: durch Sanierungsstau und Verwertungsdruck der Flächen werden
immer mehr Spielplätze
rückgebaut, die Sicherheitsbedenken der Eltern nehmen
zu und verhindern kreative Gestaltungen.
Gewi
Was ist heute ein guter Spielplatz?
Ein guter Spielplatz zeichnet sich durch Anregungsvielfalt, Interaktion und Gestaltbarkeit aus. Naturnahes Erleben, auf Entdeckungsreise gehen, experimentieren – das ist so wichtig für kreatives selbstbestimmtes Spielen und für
die kindliche Entwicklung.
Wichtig ist zudem, die Kinder an der Gestaltung des
Spielplatzes zu beteiligen.
Das fördert die Qualität des
Spielplatzes und die spätere Akzeptanz. Denn was
nützt der schönste Spielplatz, wenn kein Kind auf
ihm spielt.
Der Spielplatz als Bewegungsort, als Treffpunkt oder zur Anregung der Fantasie – was steht
obenan?
Heutzutage dienen Spielplätze wohl am ehesten als
Treffpunkt. Wir haben ja
nicht mehr die Situation,
dass Kinder einfach „runter
zum Spielen“ gehen und garantiert ein paar Kinder
aus der Nachbar-
schaft antreffen. Je nach Gestaltung können diese Plätze dann auch Bewegungsort
sein, auf dem man sich so
richtig austobt – wenn die
begleitenden Eltern die Kinder dann auch lassen.
Wird es auch künftig abgegrenzte Spielplätze geben – oder sollte das Wohnumfeld insgesamt
so gestaltet werden, dass es
Spielraum für Kinder sein kann?
Im Idealfall muss es gar keine Spielplätze mehr geben,
weil jede Kommune bespielbar ist und aus einem Netz
von Spiellandschaften besteht, Stichwort: bespielbare Stadt. Dies ist jedoch Zukunftsmusik und derzeit
geht die Tendenz eher in die
andere Richtung. Daher ist
es wohl noch lange nötig,
solche geschützten und der
Nutzung durch Kinder vorbehaltene Räume zu sichern, und zwar auch in ihrer Qualität.
––––––––––––
Claudia Neumann ist SpielraumExpertin des Deutschen Kinderhilfswerks in Berlin. Mehr Infos:
www.dkhw.de
nnen
Sie!
Arche Warder
Zeigen Sie uns Ihren
Lieblingsspielplatz!
TEILNEHMEN
Auf welchem Spielplatz spielt Ihr Kind
am liebsten? Schreiben Sie uns, wo der
Spielplatz liegt, und was Ihrem Kind
dort gefällt. Und schicken Sie am besten ein Foto mit! Eine Auswahl der
Tipps werden wir in der nächsten Ausgabe veröffentlichen.
GEWINNEN
Unter allen Einsendern verlosen wir
Tierpark-Karten für die ganze Familie.
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Eine Familienkarte (2 Erwachsene,
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EINSENDESCHLUSS
Mail oder Postkarte bis 15. Mai 2015 an:
Evangelische Kitazeitung
VEK, Angelika Wurth
Lise-Meitner-Str. 6-8
24768 Rendsburg
[email protected]
Die Gewinner der Leseraktion in der
vergangenen Ausgabe:
Ausstechformen: Ursel Clement, Altenholz;
Backbücher: Elisabeth Almila Gnass, Hamburg; Marieke Thiesen, Behrendorf; Kalender: Anja Dreier, Hamburg; Jenny Morr,
Lensahn; Familie Rücker, Langenhorn
8 | Schleswig-Holstein
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Nordfriesland:
Vielfalt leben!
„Vielfalt in evangelischen Kitas zu gestalten“:
Darum ging es im Februar beim zweiten Fachtag
der evangelischen Kindertagesstätten in Nordfriesland. Rund 330 pädagogische Fachkräfte
aus 46 Einrichtungen kamen im Husumer Kongresszentrum zusammen. „Lasst uns offen aufeinander zugehen und fragen, was der oder die
andere wirklich braucht“, appellierte Bischof
Gothart Magaard in seiner Andacht. Auf Vorurteile und Diskriminierung im Kita-Alltag ging
die Pädagogin Petra Wagner aus Berlin ein. Sie
plädierte für eine „vorurteilsbewusste Auseinandersetzung” mit Verschiedenheit und Teilhabebarrieren. Anschließend wurde das Thema in 17
Workshops entfaltet, etwa zum musikpädagogischen Zugang zur Inklusion (im Bild), zu Partizipation oder auch zur Kultur des Erzählens.
Foto: Angelika Wurth
Jetzt investieren – für die Kinder!
Kita-Aktionsbündnis legt neues Positionspapier vor und fordert einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel
„Wer heute in Erziehung, Bildung und Betreuung investiert,
der investiert in das Kostbarste,
was wir haben – in unsere Kinder!“ Das betont Markus Potten,
Geschäftsführer des Verbandes
Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein und Sprecher des Kita-Aktionsbündnisses „Unsere Kinder - Unsere Zukunft“. Tatsächlich aber nehme die Qualität in
den Kitas schleichend ab, warnt
Potten. Es gehe zwar viel Geld in
den Kita-Bereich, aber hauptsächlich für zusätzliche Plätze und nicht, um die Qualität zu
verbessern.
„In der Kindertagesstätte stehen zu viele Kinder zu wenig
Personal gegenüber“, erklärt
Michael Selck, Vorsitzender der
Landesarbeitsgemeinschaft der
freien Wohlfahrtsverbände. Entscheidend für mehr Qualität sei
die Verbesserung des FachkraftKind-Schlüssels. Und Judith
Wiederhold, Vorsitzende der
Landeselternvertretung der Kitas, bekräftigt: „Vereinbarkeit
von Familie und Beruf kann nur
funktionieren, wenn die Qualität der Kinderbetreuung
stimmt“ (siehe auch Gastbeitrag
auf dieser Seite).
Im Kita-Aktionsbündnis haben sich Wohlfahrtsverbände,
Landeselternvertretung und
Gewerkschaften zusammengeschlossen. Anfang des Jahres
legte das Bündnis bei einer Veranstaltung in Kiel sein neues Positionspapier vor: „Zukunft für
Kinder gestalten: Kita-Qualität
heute schaffen“. Mit ihren Forderungen stehen die Verbände
nicht allein: Ende 2014 legten
die zuständigen Ministerinnen
und Minister von Bund und
Ländern fest, wie sie für bessere
Qualität im Kita-Bereich sorgen
wollen. Diese Forderungen aus
der Bund-Länder-Konferenz
sind im Positionspapier auszugsweise zitiert.
Spannende Podiumsdiskussion: Judith Wiederhold, LEV, Jochen von Allwörden, Städteverband, und Markus Potten, VEK (re.).
Fotos: Wurth
„Mitwirkung bringt alle voran“
Gastbeitrag von Judith Wiederhold, Vorsitzende der Landeselternvertretung der Kitas
Download des Positionspapiers:
www.vek-sh.de
Alles fing damit an, dass ich in
unserer kleinen feinen evangelischen Dorf-Kita in Stormarn
zur Elternvertreterin gewählt
wurde. Zunächst dachte ich mir
nicht viel dabei: zweimal im Jahr
ein Geschenk besorgen, einen
Flohmarkt organisieren oder ein
paar nette Gespräche mit den
Erzieherinnen führen.
Doch schnell stellte ich fest:
Hinter dem kleinen Wort Kita
verbirgt sich viel mehr, zum Beispiel frühkindliche Bildung, bedarfsgerechte Plätze, Ausfallzeiten durch Krankheit (davon war
unsere Kita damals schwer getroffen), Inklusion ... Ich begann, über den Tellerrand hinauszuschauen und mich mit
Qualitätsstandards und rechtlichen Rahmenbedingungen zu
beschäftigen. Kurzentschlossen
ließ ich mich für die Kreiselternvertretung (KEV) aufstellen, für
die alle Erziehungsberechtigten
mit einem Kind in Krippe, Kindergarten oder Hort kandidieren können.
Lösung auf Augenhöhe
Mitwirkungsrechte von Eltern
sind zwar gesetzlich vorgeschrieben, doch die wenigsten
von uns wissen etwas darüber,
auch mir ging es so. Wir können
uns im Jugendhilfeausschuss
auf Kreis- und Landesebene
einbringen, Kommunal- und
Landespolitiker sind am Infor-
mationsaustausch mit uns interessiert, und auch die Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände wollen mit uns zusammenarbeiten.
Mittlerweile bin ich Vorsitzende der Landeselternvertretung
(LEV ) der Kitas in SchleswigHolstein (seit Ende 2014 gibt es
sogar eine Bundeselternvertretung). Wir versuchen, den
schleswig-holsteinischen Eltern
beratend beizustehen und sie
über ihre Rechte gegenüber Kita-Trägern, Kommunalpolitik
oder Ämtern aufzuklären. Als Eltern scheinen wir Problemen
häufig hilflos ausgesetzt zu sein
– aber es gibt fast immer eine Lösung auf Augenhöhe. Darüber
hinaus setzen wir uns für eine
„echte Zukunft“ unserer Kinder
ein, erarbeiten etwa im Aktionsbündnis Kita (siehe Bericht auf
dieser Seite) Forderungen zu
Qualitätsstandards und Rahmenbedingungen und vertreten
diese gegenüber Politik und Gesellschaft.
Mitwirkung ist nicht nur politisch wichtig, sondern weitet
den eigenen Horizont, macht
gemeinsam mit engagierten Eltern Spaß – und sie bringt unsere Kinder voran!
––––––––––––
Mehr zu LEV und KEV unter:
www.kita-eltern-sh.de
Kontakt zum Vorstand der LEV:
[email protected]
Schleswig-Holstein | 9
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Kitas offen für Flüchtlinge
Mit „Achtsamkeit und Empathie“ – VEK schult Fachkräfte
Von Hartmut Schulz (epd)
Der Verband Evangelischer
Kindertageseinrichtungen
(VEK) will die Fachkräfte in
den rund 600 evangelischen
Kitas in Schleswig-Holstein fitmachen für die Betreuung von
Flüchtlingskindern. Das Fortbildungsprogramm „Achtsamkeit und Empathie“ soll Mitarbeitende im Umgang insbesondere mit traumatisierten
Kindern schulen.
Die erste Fortbildung ist Anfang Juni in Rendsburg geplant.
Bis Ende des Jahres sollen weitere zweitägige Seminare in Norderstedt, Ostholstein, Dithmarschen und Flensburg folgen. Damit reagiert der VEK auf die steigende Zahl von Flüchtlingen, die
in Schleswig-Holstein eintreffen. Im vergangenen Jahr nahm
das nördlichste Bundesland
rund 7.000 Menschen auf, 2015
Foto: Wolfgang Huppertz
werden rund 20.000 Flüchtlinge
aus Krisengebieten erwartet.
Sie haben bereits dann einen
Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, wenn ihr Aufenthalt dauerhaft genehmigt
wird. Allein in der Landeshauptstadt Kiel müssen jetzt 300 zusätzliche Kitaplätze geschaffen
werden, um Kinder von Flüchtlingen aufzunehmen. Landespastor und Diakoniechef Heiko
Naß hob die Bereitschaft der Kitas hervor: Die Mitarbeitenden
würden nicht nur eine große
Verantwortung übernehmen,
sondern entlasteten auch die oft
verunsicherten und erschöpften Eltern.
Für die Seminare entwarfen
der Psychotherapeut Ulrich
Kruse und die Heilpädagogin
Britta Henningsen das Konzept.
Themen sind unter anderem
das Erkennen eines Traumas bei
einem Kind, Reflexions-Strate-
gien für die Mitarbeiterinnen
und Anregungen für die Bildung
von Hilfsnetzwerken in den Regionen.
Wie notwendig die Fortbildung ist, macht die Kieler Psychologin Naomi Inbar deutlich,
die seit 2007 traumatisierte
Flüchtlinge betreut. Viele Kinder litten unter posttraumatischen Belastungsstörungen –
vor allem Mädchen und Jungen,
die Opfer von Grausamkeiten
oder Zeuge von Vergewaltigungen der Eltern wurden. Symptome seien Unruhe, Angstzustände oder aggressives Verhalten.
Die Kinder seien zeitweise nicht
in der Lage, neue Lernerfahrungen zu machen. Es gebe auch
Fälle, in denen Kinder die Verantwortung für die traumatisierten Eltern übernehmen
wollten und sich für sie verantwortlich fühlten. Damit seien
sie dann völlig überlastet.
Lübeck: Vorreiter im Kinderschutz
Modellprojekt zu Beschwerdeverfahren für Kita-Kinder – Lob von der Ministerin
Von Inga Waldeck und Oda RoseOertel, Gemeindediakonie Lübeck e.V.
„Dieses Modellprojekt hat
bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt“, lobte SchleswigHolsteins Sozialministerin
Kristin Alheit. Sie sprach im
Februar beim Fachtag „Beschwerdeverfahren für KitaKinder entwickeln“ in Lübeck.
Dazu trafen sich mehr als 300
Fachkräfte aus ganz Norddeutschland. Eingeladen hatte
das Evangelisch-Lutherische Kitawerk Lübeck.
Das seit 2012 geltende Bundeskinderschutzgesetz sieht Beschwerdeverfahren in Kitas vor.
Fünf evangelische Einrichtungen in Lübeck hatten nun ein
Jahr lang Verfahren erprobt, um
das Selbstvertrauen der Kinder
zu stärken und sie damit besser
vor Gefährdungen zu schützen.
Das Projekt wurde vom Verband
Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Hol-
stein e.V. (VEK) und dem Verein
„Bildungslotsen“ geleitet. Das
Sozialministerium unterstützte
das Modellprojekt finanziell.
Fotos und Videosequenzen
vermittelten beim Fachtag einen Eindruck von der Vielfalt
der Beschwerdemöglichkeiten.
In der Kita St. Gertrud schlägt
die dreijährige Loni lautstark die
Trommel, um sich Gehör zu verschaffen: Sie möchte, dass die
Kinder weniger Toilettenpapier
verbrauchen. Dieses wird aus
„Wir stehen zu einer achtsamen Pädagogik“: Dörte Eitel vom Kitawerk Lübeck.
Foto: Inga Waldeck
„Ich will mich beschweren!“ – Loni an der Trommel.
Bäumen gemacht – und die
möchte Loni gerne schützen.
Die Kita installierte einen Beschwerdekasten, in dem Kinder
ihre Anliegen mithilfe von Bildern verdeutlichen können.
„Die Kinder sprechen Anliegen
und Beschwerden nun öfter
an“, berichtet Erzieherin Lisa
Garske. Auch die Fachkräfte hatten einen Wunsch an die Kinder:
Es werde zu viel gekämpft im
Gruppenraum, fanden sie. Die
Kinder entwickelten daraufhin
spezielle Toberegeln.
Am Projekt nahmen sowohl
Elementar- als auch Krippenkinder teil. Mittels Babyzeichensprache wurden auch sprachlich behinderte Kinder einbezogen. Hauptthemen waren in allen Kitas Essen und Kleidung: In
der Kita Luther dürfen die Kinder jetzt bei mehr als 15 Grad
Foto: privat
Außentemperatur selbst entscheiden, was sie anziehen. In
der Kita Haus in der Sonne bestimmen die Krippenkinder den
Speiseplan für das Frühstück
neuerdings selbst.
„Die Kinder lernen, sich für etwas einzusetzen, und erleben,
dass sie wichtig für die Gemeinschaft sind“, erklärten die Projektleiter Franziska SchubertSuffrian (VEK) und Michael Regner (Bildungslotsen). Ministerin
Alheit freute sich über die große
Resonanz auf den Fachtag auch
in den Medien: „Das hilft auch
anderen Kitas, sich auf den Weg
zu machen und nicht nur das
Gesetz abzuhaken. Der Fachtag
war ein Startschuss für Kitas in
ganz Deutschland.“
––––––––––––
Download der Broschüre unter:
www.vek-sh.de
10 | Hamburg
Kultur der
Verständigung
Silvana Jacobsen ist Erzieherin in
der Melanchthon-Kita in Groß
Flottbek. Sie berichtet von einem
Anti-Rassismus-Training, an dem
sie mit Kolleginnen teilnahm.
„Eine vor allen Augen geschlagene
Wunde muss auch vor allen Augen genäht werden.“ Was hat dieser Ausspruch mit mir zu tun, die ich als Erzieherin im Elementarbereich arbeite!?
Und was hat es mit mir zu tun, wenn
unsere Leitung vorschlägt, an unseren
Studientagen in der Kita ein Anti-Rassismus-Training durchzuführen? Ich
bin weder rassistisch noch unreflektiert!
Aber ich war offen und neugierig. Also habe ich mich eingelassen auf zwei
Tage mit Phoenix e. V. aus Duisburg. Der
Verein, 2010 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet, formuliert
sein Ziel so: „Menschen für den Rassismus in seiner alltäglichen und strukturellen Erscheinungsform feinfühlig zu
machen. In dem Maße, in dem sie sich
ihre Prägung bewusst machen, erhalten
sie Möglichkeiten, der Negativität des
Rassismus positive Strategien entgegenzustellen.“
Gründer Pastor Austen Brandt sensibilisierte uns für die Formen von Rassismus, denen jeder von uns begegnet. Die
Manipulation, der ich als weißer
Mensch von Kindheit an durch Literatur,
Medien oder Politik ausgesetzt bin, will
ich schwer wahrhaben. Vieles ist auf den
ersten Blick unscheinbar: Warum muss
eine dunkelhäutige Mutter, die in Hamburg mit drei Kindern in den Bus einsteigt, ihre Fahrkarte vorzeigen – eine
hellhäutige Mutter aber nicht? Warum
wird ein Tim-und-Struppi-Comic („Tim
im Kongo“), der Afrikaner nur als unzivilisierte Buschleute mit Baströcken
zeigt, immer noch selbstverständlich
verkauft?
Gerade die Beispiele in Kinderbüchern, wie versteckter Rassismus sich in
unseren Alltag mit Kindern drängt, sind
für mich der klare Beweis, wie viel es
doch mit mir zu tun hat: Ich, die Erzieherin, das Vorbild, darf nicht durch Unwissenheit die neue Generation rassistisch prägen! Ich bin weiß! Das Wissen
gibt mir keine Macht, sondern die Chance, in Begegnung mit Menschen zu kommen. Dieses Thema ist da, wie aktuelle
Medienberichte und unsere Gesellschaft zeigen. Manchmal muss eine
Wunde vor allen Augen genäht werden,
damit sie heilt!
––––––––––––
Bücher zum Thema: „Anleitung zum Schwarz
sein“ von Anne Chebu und „Deutschland
Schwarz Weiß. Der alltägliche Rassismus“ von
Naah Sow. Beide Autorinnen leben in
Deutschland.
Infos zu Phoenix: www.phoenix-ev.org
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
„Die Herzen weit geöffnet“
Austausch für Kita-Leitungen begann mit Brasilien - Portugal und Griechenland folgen
Mit einem Gottesdienst
wurden sie feierlich verabschiedet: Renate Weiland,
Rubia Lohmann und Isabel Cardoso Colhante. Die
drei Brasilianerinnen hatten am Kita-Austausch des
Kirchenkreises HamburgWest/Südholstein teilgenommen und für vier Wochen in den evangelischen
Kitas Sülldorf, Melanchthon und Blankenese /
Führungsakademie mitgearbeitet. Wir sprachen mit
Projektleiterin Christina
Surén:
Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Austausch?
Christina Surén: 2014 arbeitete das „Projeto Dorcas“,
das Kinder einer Favela im
brasilianischen Curitiba betreut, mit dem Chor der Friedenskirche und dem Kammerorchester St. Pauli zusammen. Daraus entstand
die Idee eines Austausches
speziell für Leitungen.
Was ist das Ziel des Projektes?
Ein intensiver Austausch
über die pädagogischen Ansätze, die religionspädagogische Praxis und die Prävention im Kinderschutz.
Dieser Blick über den Tellerrand fördert ja die Reflexion
der eigenen Arbeit. Wir haben in einigen unserer Kitas
Die Fröhlichkeit von Isabel Cardoso Colhante, Renate Weiland
und Rubia Lohmann (v.l.) wirkt ansteckend.
viele Kinder mit Migrationshintergrund. Aber wissen
wir, vor allem die Mitarbeitenden, wie es den Familien
hier geht? Wie ist es, in einem Land fremd zu sein?
Diese Erfahrung sollen unsere Mitarbeitenden selbst
machen und sich auch über
andere pädagogische Konzepte informieren. Nach der
Rückkehr sollen sie als Multiplikatoren ihre Erfahrungen in Kitas und Kirchengemeinden einbringen.
Brasilien ist mit hohem Reiseaufwand verbunden. Welche
Pläne gibt es für Europa?
Wir haben Zusagen aus Lissabon und Athen. Träger der
Kitas sind hier die deutschen Schulen, daher ist die
Verständigung unkompliziert. Mit Polen sind wir im
Gespräch. Wichtig ist uns
die Einbindung in die Kirchengemeinden vor Ort.
Welchen Eindruck hatten Sie
von dem Besuch aus Brasilien?
Rubia, Renate und Isabel haben uns sehr bereichert und
unsere Herzen weit geöffnet.
Wir durften teilhaben an der
brasilianischen Kultur und
konnten die Mentalität und
Herzlichkeit des Landes erfahren. In sehr persönlichen
Gesprächen konnten wir
uns über die kulturellen Unterschiede, aber auch die
Gemeinsamkeiten beider
Länder austauschen.
Wie haben die Kinder reagiert?
In den Kitas haben die drei
Brasilianerinnen zum Beispiel Geschichten aus ihrem
Land erzählt, mit Kindern
und Teams portugiesisch gesprochen, musiziert und gekocht. Die Kinder haben einen Eindruck von der brasilianischen Kultur gewonnen
und die Herzlichkeit erlebt.
Durch den Schwerpunkt
Musik wurde das Miteinander vertieft. Wenn unsere Leitungskräfte nach Brasilien
fahren, werden sie die inhaltliche Arbeit weiterführen.
Über Skype wird der direkte
Kontakt zwischen Hamburg
und Curitiba hergestellt. Das
wollen wir mit den Kindern
gemeinsam umsetzen.
Wann ist der Gegenbesuch geplant?
Ende Juli werden unsere Leitungen nach Curitiba reisen.
Der Austausch mit Lissabon
und Athen für die pädagogischen Fachkräfte startet Ende September.
Wie wird eine Mitarbeiterin, die
vier Wochen weg ist, ersetzt?
Das Projekt wurde über spezielle Kita-Mittel des Kirchenkreises vorfinanziert
und soll über unterschiedliche Förderprogramme weitere Mittel erhalten. Dabei
wurden Vertretungskräfte
für die Teilnehmenden einkalkuliert.
––––––––––––
Mehr Infos: [email protected]
Kinder gehen zur Wahl
Beispiel Vertrauenserzieherin: Wie die Kita Tabita auf Beteiligung setzt
In der Kita Tabita an der
Kreuzkirche in HamburgOttensen gibt es bewährte
Verfahren, um Kinder zu
beteiligen – zum Beispiel
die Wahl der Vertrauenserzieherin. Ein Bericht von
Kita-Leiterin Anna Moritz.
Es ist eingeübt im Kindergartenalltag: Unsere Kinder
entscheiden und verantworten bei uns mit. In den Frühbesprechungen bringen sie
ihre Wünsche, Bedürfnisse
und Beschwerden ein. Sie
diskutieren, entscheiden
und entwickeln Regeln. Die
Schilder „Rote Hand“ und
„Grüne Hand“ sind so entstanden, hier heißt es dann
„stopp“ oder „freie Bahn“ in
Der Kletterturm im Kita-Garten.
vielen Bereichen der Kita.
Diese Regel wird von allen
Kleinen und Großen verstanden und akzeptiert.
Um Kinder ernst zu nehmen, ist auch die jährliche
Wahl der Vertrauenserzieherin bzw. des Vertrauenserziehers wichtig. Sie geht so vonstatten: Alle Elementarkinder werden in den Frühbesprechungen auf das Thema
eingestimmt. Je zwei Vorschulkinder (aus dem Brückenjahr) werden zu Wahlbeauftragten ernannt: Sie
organisieren zusammen mit
einer Erzieherin die Wahl,
informieren über die Aufgaben des Amtes, fotografieren
die Kandidatinnen und fertigen eine „Wahlwand“ an.
An jedes Kind geben die
Wahlbeauftragten einen Klebepunkt aus, den die Kinder
in geheimer Wahl verteilen.
Die Wahlbeauftragten zäh-
len die Punkte aus, geben
das Ergebnis bekannt und
beglückwünschen die Gewählte bzw. den Gewählten.
Einmal in der Woche findet nun eine „Vertrauensstunde“ statt. Die Vertrauenserzieherin nimmt die Belange der Kinder auf und
trägt die Themen – je nach
Auftrag – ins Team oder auch
zu den Elternvertretertreffen. So kam in den „Vertrauensstunden“ immer wieder
der Wunsch nach einem großen Kletterturm auf – bis wir
alle zusammen dem Wunsch
der Kinder nachgingen. Und
inzwischen steht ein großer
Kletterturm im Garten unserer Kita!
Hamburg | 11
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Kinderrechte mit Leben erfüllt
Das Karla Adickes Haus in Poppenbüttel setzt ein anspruchsvolles Jahresthema um – auch in der Krippe
„Kinder haben eine Stimme,
Kinder haben Rechte“: So lautet das Jahresthema im Karla
Adickes Haus, der Kita der
Marktkirche in Hamburg-Poppenbüttel. Alle Gruppen, auch
die Kleinsten, befassen sich
auf vielfältige Weise mit Kinderrechten.
Im vorherigen Kita-Jahr war
das verbindende Motto: „Starke
Kinder können Brücken bauen“.
Da konnte konstruiert und gestaltet werden. Diesmal ist das
Hausthema abstrakter. „Es geht
um eine Grundhaltung, die Erwachsene und Kinder gleichermaßen lernen müssen“, erläutert Kita-Leiterin Marion Helm
und nennt wichtige Aspekte: andere teilhaben lassen, Inklusion
anstreben, fürsorglich und achtsam sein, den eigenen Blickwinkel verändern ...
Umso spannender, wie die
Fachkräfte das Jahresthema in
den jeweiligen Gruppen umsetzen. Zunächst verständigte sich
das Team über Grundsätzliches:
Kinder haben eine Stimme – sie
möchten gehört und wahrgenommen werden. Sie haben ei-
ne eigene Sicht auf die Welt. Und
sie haben Bedürfnisse, die sie
ausdrücken – verbal, körperlich,
emotional. Auch mit den rechtlichen Grundlagen befasste sich
das Team, vor allem mit der UNKinderrechtskonvention.
„Kinder haben das Recht, zu
bekommen, was sie brauchen“,
wählten dann drei Gruppen als
Thema. Eine weitere Gruppe
entschied sich für „Kinder brauchen Freundschaften“ bzw. „Anders sein und dazugehören“.
„Hier haben die Kinder zum Beispiel selbst ein Freunde-Buch
gestaltet, in das sich alle aus der
Gruppe eintragen durften“, berichten die Erzieherinnen Inga
Szyza und Berit Günther. Auch
mithilfe von Freundschaftsbändern, einem Freunde-Memory
oder einem Freundschaftsgebet
wurden Werte wie Zusammengehörigkeit und Akzeptanz anschaulich. Eng damit verknüpft
war das Thema „Anders sein“.
Hier war der „Knüller“ eine Motto-Woche, in der die Kinder verkleidet, geschminkt, mit grünen
Haaren oder im Schlafanzug in
die Kita kamen.
Auch die Eltern wurden eingebunden: Bei einem Elternabend mit der Methode des
„World Café“ entstanden Plakate zum Thema „Anders sein“. Eltern tauschten sich zu Respekt,
Toleranz oder Verzeihen aus –
und stiegen so selbst ins Thema
Kinderrechte ein.
Für die Krippenkinder gelang
die Umsetzung ebenfalls: Hier
kamen zum Beispiel die
„Querks“ in die Gruppe, etwa
40 Zentimeter große Puppen,
ähnlich einem Teddy. Sie
„schlüpfen“ aus einem Ei und
können dann zum Beispiel als
Elefant oder Löwe ausgerüstet
werden – für Kinder eine spielerische Auseinandersetzung
mit Selbstfindung und Identität.
Bis Sommer sind viele weitere Projekte geplant, bei denen
Partizipation im Mittelpunkt
stehen wird. Kita-Leiterin Marion Helm jedenfalls verfolgt gespannt, was sich in den einzelnen Gruppen alles entwickelt:
„Das Thema Kinderrechte
bringt beeindruckende Ideen
hervor.“
Zum Thema Freundschaft ließen sich Kinder in einem Bilderrahmen
fotografieren.
Foto: Karla Adickes Haus
Wenn die Großen die Kleinen trainieren
Neues Angebot von Kindern für Kinder bereichert die Kooperation von Kita und Schule in Hasselbrook
„So, jetzt nicht mehr prellen, alle Basketbälle sind in der Hand
und zuhören!“ So startet Max, 8
Jahre, nach dem Aufwärmen seine Technikeinheit. Gwendly, 7
Jahre, ist gerade noch dabei, den
Hütchen-Parcours aufzubauen.
Acht Vorschüler schauen und
lauschen gebannt, was „die Großen“ ihnen heute zeigen.
Seit Anfang des Schuljahres
2014/2015 gibt es ein neues Projekt für den Nachmittag an der
Grundschule Hasselbrook. Für
die Zeiten nach dem Unterricht
ist dort der evangelische Tilemann-Hort zuständig – im Rahmen der Ganztägigen Bildung
und Betreuung an Schulen
(GBS). „Groß für Klein“ heißt
das neue Projekt: Ältere Kinder
können für die Jüngeren Angebote planen und durchführen.
Dabei steht es den Großen frei,
ob es ein einmaliges Projekt sein
soll oder eine regelmäßig stattfindende AG. Unterstützt werden sie dabei im Hintergrund
von einem Erwachsenen, der
die Zeiten koordiniert und bei
der Durchführung als Aufsichtsperson im Hintergrund ist. Inhalte und Ablauf bestimmen die
älteren Kinder ganz allein.
Beim Basketball-Training von
Max und Gwendly übernimmt
diese Rolle Kati Rückert, Mitarbeiterin des Tilemann-Hortes
und verantwortlich für den
Nachmittagsbereich der GBS
Hasselbrook. „Besonders schön
finde ich, dass durch dieses Pro-
In der Trainerrolle machen die Schulkinder ganz neue Erfahrungen.
jekt unsere Vorschulkinder, die
seit diesem Schuljahr erstmals
in einer eigenen, altershomogenen Gruppe betreut werden,
wieder intensiver in den Kontakt
mit unseren Großen kommen
Foto: Tilemann-Hort
und ganz nebenbei eine Menge
lernen, weit über den inhaltlichen Schwerpunkt des Angebotes hinaus. Und auch für die
Großen ist das eine tolle Erfahrung, die so manchen über sich
hinauswachsen lässt.“ Schmunzelnd fügt die Mitarbeiterin hinzu: „Schön war auch einer der
Kommentare der Jungs, die Fußballtraining anbieten: 'Oh
Mann, das ist echt nervig, wenn
die immer nicht zuhören!'“
Neben den Sportangeboten
Basketball und Fußball, die als
regelmäßige AGs stattfinden, gab
es in diesem Schuljahr auch
schon Vorlesestunden und eine
Back-Aktion. „Und wer weiß, was
sich die Kinder noch so alles ausdenken“, ist Kati Rückert gespannt. „Wir freuen uns schon
darauf, denn für alle Beteiligten
war und ist es immer wieder toll,
zusammenzukommen und vonund miteinander zu lernen.“
––––––––––––
Mehr Infos: www.stiftung-eilbekergemeindehaus.de (Tilemann-Hort);
www.schule-hasselbrook.hamburg.de.
12 | Impulse
T I P P S F Ü R E LT E R N
Von Britta Henningsen
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
Evangelische Zeitung – D A S J O U R N A L
Der Osterhasen-Segen
Mein wunderbarer Eltern-Alltag: Wie es gelang, dem Kind die Tierliebe nahezubringen
So ist ein Tier
willkommen
Wir wünschen uns, dass sich unsere
Kinder angenommen fühlen, Zuwendung und Trost erfahren. Damit sie
stark bleiben und auch in schwierigen
Situationen ihr Leben meistern. Mit einem Tier können Kinder all das erleben.
Eine Katze, ein Hund oder ein Kaninchen kann ein Tröster sein. Alles kann
ich dem Tier anvertrauen: Es wird
nichts weitersagen, es ist immer da, es
kann nicht schimpfen – wunderbar!
Bevor Sie ein Haustier anschaffen (Ihre
Kinder wollen das wahrscheinlich
schon lange!), sollten Sie drei Aspekte
bedenken:
Passt ein Haustier in unsere
Familie – jetzt?
Verantwortung Ein Kind im Kindergartenalter denkt im Hier und Jetzt. Regelmäßig einen Käfig zu säubern, täglich
Futter zu geben, über Monate und Jahre
– das ist eine Verantwortung, die es
nicht absehen kann. Dem Kind später
vorzuhalten: „Du hast es ja so gewollt“,
vermittelt nur Schuld- und Schamgefühle – und das fördert die Entwicklung
Ihres Kindes nicht.
Wenn Sie aber Freude haben, die Verantwortung für ein Tier gemeinsam mit
Ihrem Kind zu tragen, ist das eine lohnenswerte Sache. Dann können Sie zusammen Regeln entwickeln, was ein
Tier braucht, um sich wohlzufühlen,
und Sie können kindgerechte Aufgaben
auswählen.
Familiensituation Das ist die wichtigste
Frage: Passt ein Haustier in unsere Familie – jetzt? Wenn Sie selbst Tiere mögen und einspringen, wenn Ihr Kind die
Verantwortung nicht mehr übernehmen mag, dann ist ein Tier willkommen.Vertrauen Sie hier Ihrer Intuition!
Wenn sie Ihnen sagt: „Wir können uns
das Futter, die Tierarztkosten und die
Zeit leisten, das Tier wird eine Bereicherung für unser Leben sein“ – wunderbar.
Wenn Sie ein Tier eher als Belastung
und Stressfaktor für sich sehen, dann
nehmen Sie bitte auch das ernst.
Artgerechte Haltung Ist ein Hamster,
der vor allem nachts aktiv ist, das richtige Haustier für Ihr Kind? Wie lang ist
ein Hund am Tag allein, wenn die Kinder im Kindergarten und die Erwachsenen bei der Arbeit sind? Kann man
Meerschweinchen in der Wohnung halten? Viele Fragen zur artgerechten Haltung beantwortet zum Beispiel der
Deutsche Tierschutzbund (www.tierschutzbund.de _ Information _ Hintergrund _ Heimtiere). Und auch das örtliche Tierheim wird Ihnen mit Rat und
Tat zur Seite stehen.
Zeichnung: Sophia Schrupp (12 Jahre)
Von Christine Senkbeil
„Niemals fand ich Menschenliebe, wo
keine Tierliebe war.“ Das hat schon
Konrad Lorenz erkannt, der alte Tierpsychologe und „Einstein der Tierseele“. Nur mein Vater, also der Großvater
meiner Tochter, will es einfach nicht
einsehen. Dass nämlich erstens die
Tierliebe im Kinde auch angelegt werden muss. Dass sie sich zweitens nur
durch den Besitz eines eigenen Kaninchens entfaltet. Und dass dazu, drittens, seine seit Jahren unbenutzten Kaninchenbuchten draußen auf dem Hof
wieder in Gebrauch kommen müssten.
Besonders über den dritten Punkt besteht Uneinigkeit. „Es werden keine
Hasen mehr angeschafft“, ist sein letztes Wort – und da kann die kleine Marie noch so niedlich ihre blauen Augen
aufschlagen. „Ach, bütte!?“ Keine
Chance.
Der Kompromiss: ein ganz
kleines Kaninchen
Bei ihrer Mutter kommt sie mit der
Nummer schon eher durch. „Aber nur
ein ganz kleines Kaninchen“, lautet der
große Kompromiss. Eins für die Stube.
Da gibt es ja diese praktischen Käfige,
geruchsarm und reich an Erziehungswert. Konrad Lorenz hätte sicher auch
zu dieser Lösung geraten.
Erwartungsvoll besuchen meine
Tochter und ich also eine Züchterin.
Der Wurf wirkt schon recht ausgesucht. Nur zwei Mini-Hasen sind
noch da. „Das sind Schwestern“, sagt
die strenge Frau. „Und eigentlich
möchte ich sie nur zusammen abgeben, weil sie sehr aneinander hängen
und sich eine ohne die andere langweilen würde!“
„Mama, wir nehmen beide, ja?“
Meine Tochter hat für diese Argumentation vollstes Verständnis. Ich brauche
einen Augenblick länger. „Ja, Mama,
wir nehmen beide, ja? Weißmarie und
Schlappi, ja?“, plappert sie aufgeregt
und springt vorm Käfig auf und nieder.
Ihre Augen leuchten – und da die Tiere
nun schon Namen haben: Was soll ich
sagen? Ein Hase mehr oder weniger in
der Wohnung macht den Kohl jetzt
auch nicht fett.
Klar war mir zu dieser Zeit nicht, auf
welch respektable Größe Zwergkaninchen heranwachsen können. Besonders das eine. Schwesterchen Schlappi.
Die gute Pflege macht das Tier immer
runder. Der Käfig reicht längst nicht
mehr als Auslauf. Die beiden Weichpfötchen haben die komplette Wohnung in Beschlag genommen, und ich
danke dem lieben Gott jeden Tag, dass
er für die kleinen braunen Hasenköttel
eine feste Konsistenz vorgesehen hat.
Der Opa kommt ab und zu zum Hasenstreicheln vorbei. Auch wenn er anfangs nur ein Kopfschütteln für die
Neuanschaffung übrig hatte und Sätze
sagte wie „Das sind niemals Zwergkaninchen“ und „Das sind niemals zwei
Zippen“.
Als Schlappi allerdings beginnt, sich
büschelweise Haare aus ihrem Fell zu
ziehen, und immer die gleiche Käfigecke damit auspolstert, werde auch ich
langsam stutzig. Die kleine unschuldige Weißmarie sollte doch nicht …?
Sie sollte. Kurz vor Ostern wird klar:
Weißmarie ist keine Schwester. Sondern ein Bruder, ein ausgewachsener
Kaninchenbock. Meine Tochter weigert sich dennoch, ihn umzubenennen.
Sieben Fellknäuel erkunden
die Welt
Und so wird Weißmarie Vater. Ein reicher Segen von sieben kleinen nackten
Geschöpfen wabert unter den weichen
Fellflausen. Direkt am Ostermorgen
strecken sich sieben kleine Schnäuzchen neugierig aus dem Nest und bald
ertasten 28 kleine Tätzchen ihre Welt
aus Stroh. Und Plüschteppich.
Aufmerksamkeit für Tiere lässt sich
in unserer Wohnung jetzt also an neun
lebendigen Beispielen praktisch üben.
Wer bei diesem Hürdenlauf über große und kleine Fellknäuel keine Tierliebe entfaltet – mit dem muss tatsächlich
etwas nicht stimmen. Der Großvater
beispielsweise hat es nun endlich gelernt. Er macht sich jetzt daran, die
Buchten draußen wieder bezugsfertig
zu machen.
––––––––––––
Christine Senkbeil ist Redakteurin bei
der Mecklenburgischen & Pommerschen
Kirchenzeitung in Greifswald.
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
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Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
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Das Feuer Gottes
IMPRESSUM
Ein Fest mit vielen Symbolen: Wie der Geist von Pfingsten für Kinder anschaulich wird
Von Annette Reimers-Avenarius
Dies ist die gemeinsame Marke der
Evangelischen Kitas in Hamburg und
Schleswig-Holstein.
EVANGELISCHE KITAZEITUNG
Erscheinungsweise: dreimal jährlich in
Hamburg und Schleswig-Holstein in einer
Auflage von 50 000 Stück.
Nächste Ausgabe: Die Ausgabe 2/2015
der Evangelischen Kitazeitung erscheint
am 6. September 2015.
Herausgeber: Evangelische Zeitung, Gartenstraße 20, 24103 Kiel, Tel. 0431/55779-240,
www.evangelische-zeitung.de, im Auftrag des
VEK und des Ev. Kindertagesstättenverbandes
Hamburg / DW Hamburg.
Verantwortlich: Markus Potten, Geschäftsführer des VEK; Gerlinde Gehl, Fachbereichsleiterin im DW Hamburg.
Redaktion: Angelika Wurth (Leitung), Ulrike
Kotthaus, Detlev Brockes, Sven Kriszio
Postanschrift der Redaktion: Evangelische
Kitazeitung, c/o VEK, Lise-Meitner-Str. 6-8,
24768 Rendsburg, [email protected].
Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein e.V. (VEK)
Lise-Meitner-Str. 6-8, 24768 Rendsburg,
Tel. 04331/593-171, Fax 04331/593-296,
E-Mail: [email protected],
www.vek-sh.de
Der VEK vertritt rund 600 Kindertageseinrichtungen in evangelischer Trägerschaft. Diese
sind mit etwa 32 000 Kita-Plätzen marktführend in Schleswig-Holstein.
Evangelischer Kindertagesstättenverband
Hamburg / Diakonisches Werk Hamburg
Königstraße 54, 22767 Hamburg, Tel. 040 /
306 20-217, Fax 040 / 306 20-315; E-Mail:
[email protected], www.eva-kita.de
und www.diakonie-hamburg.de
Der Evangelische Kindertagesstättenverband in
Hamburg bündelt die Interessen von über 160
evangelischen Kitas mit rund 11 000 betreuten
Kindern und vertritt sie in der Öffentlichkeit.
KINDERSEITE
Auflösung von Seite 16
Frühlingsausflug des Königspaars: Auf
dem Bild sind insgesamt 13 Marienkäfer
zu finden.
Pfingsten ist das Fest der Ausgießung
des Heiligen Geistes, das 50 Tage nach
Ostern gefeiert wird. Das Wort stammt
vom griechischen Pentekoste, 50, ab.
Ursprünglich wurde im jüdischen
Festkalender das Wochenfest „Schawuot“ als Erntedankfest 50 Tage nach
Pessach gefeiert.
In der Apostelgeschichte (Apg. 2, 1–
14) im Neuen Testament wird davon
berichtet, dass sich die Jünger 50 Tage,
nachdem Jesus auferstanden war, in einem Haus versammeln. Sie sind ängstlich, traurig und wissen nicht, wie es
weitergehen soll. Jesus ist nicht mehr
unter ihnen, sondern ist zu seinem Vater Gott gegangen (Himmelfahrt). Sie
empfangen die Gabe des Heiligen Geistes und erleben diese Kraft im Brausen
des Windes und in Feuerzungen. Sie
werden durch diese Geistkraft Gottes
getröstet, ermutigt und begeistert. Sie
trauen sich, anderen von Gott und Jesu
Auferstehung zu erzählen. Und andere
Menschen verstehen, was sie erzählen,
auch diejenigen, die andere Sprachen
reden. Viele lassen sich von der Begeisterung anstecken und lassen sich auf
den Namen Jesu taufen.
Pfingsten gilt deshalb auch als Gründungstag der christlichen Gemeinde
und als Beginn der Kirche, als ihr Geburtstag.
Lebenskraft und
Tröster-Geist
Besonders für Kinder ist es nicht leicht,
mit dem abstrakten Begriff „Heiliger
Geist“ etwas anzufangen. Zumal
„Geist“ keinesfalls mit „Gespenst“ zu
verwechseln ist.
Im Alten Testament ist es das hebräische Wort „ruach“ und im Neuen Testament das griechische Wort „pneuma“, das wir im Deutschen mit dem
Wort „Geist“ wiedergeben. Beide bedeuten „Wind“ und „Hauch“ und mei-
GOTTESDIENSTE
Pfingstgottesdienste
in Ihrer Nähe
Schauen Sie nach auf der Internetseite Ihrer Kirchengemeinde, Ihres Kirchenkreises,
in Ihrem Gemeindebrief oder unter
www.nordkirche.de!
In Hamburg und Umgebung zum Beispiel:
• Open-Air-Gottesdienst am 24.5. um 10
Uhr am Elbdeich/Nähe Bisthorst,
25489 Haselau/Hohenhorst
• Ökumenischer Gottesdienst im Freien
mit Chören und Band am 25.5. um
11 Uhr im Hasloher Pfingstwald (Pinneberger Straße – Hasloh Ortsausgang)
Weitere Gottesdienste unter:
www.kirche-hamburg.de
Für Kinder wird Pfingsten verständlich, wenn Sie eine Bedeutung herausgreifen und
spielerisch zum Beispiel den Geburtstag der Kirche feiern.
Foto: Ulrike Kotthaus
nen je nach Kontext Lebenskraft, Tröster-Geist, Gottes-Feuer ...
Wichtig zu vermitteln ist, dass es der
Geist ist, der von Gott ist. Die Bibel erzählt vom Wirken des Geistes Gottes in
Bildern: Er ist wie ein brausender
Wind, wie ein Säuseln, wie Feuer oder
wie eine Taube, die vom Himmel
kommt. Im Miteinander der Menschen
ist der Geist die Kraft, damit sie einander verstehen. Er gibt Mut und Kraft,
das Leben zu gestalten. Und: Dieser
Geist weht, wo er will. Wir können über
ihn nicht verfügen.
Mit der Familie zum
Open-Air-Gottesdienst
Lesen Sie gern die Pfingstgeschichte in
der Bibel nach: Apostelgeschichte 2, 1–
14. Eine kindgerechte Übertragung ist
zu finden in der Neukirchener KinderBibel von Irmgard Weth. Diese kann
man vorlesen oder nacherzählen. Beim
Erzählen der Geschichte vor Kindern
ist es sinnvoll, einen inhaltlichen
Schwerpunkt zu setzen und eine Bedeutung, ein Symbol des Heiligen Geistes herauszugreifen. Zum Beispiel: den
Geburtstag der Kirche feiern. Fragen
Sie die Kinder, was zu einer Geburtstagsfeier gehört, und bereiten Sie die
Feier zusammen mit den Kindern vor.
In einem Kirchengebäude in Ihrer Nähe oder mit der Playmobil-Kirche direkt in der Kita oder zu Hause. Die Kinder können auch ein Kirchgebäude
malen. Zu einer Geburtstagsfeier gehören Gäste. Sie können ein Geburtstagslied singen oder ein anderes Lied (z. B.
Das wünsch ich sehr/Die Sache Jesu
braucht Begeisterte/Gib uns Ohren, die
hören). Oder Blumen als Geschenk für
die Kirche mitbringen. Oder Luftballons steigen lassen. Es ist üblich, dass
zum Pfingstfest viele Gottesdienste im
Freien stattfinden. Auf Plätzen mit
Brunnen, im Wald, auf Lichtungen. Es
ist Mai und die Verbindung zum Naturjahr bietet sich an. Die Pfingstrosen
blühen. Manchmal tun sich mehrere
Gemeinden zusammen. Und es wird
draußen getauft und anschließend gepicknickt. Das kann man wunderbar
mit einem Familienausflug verbinden.
––––––––––––
Pastorin Annette Reimers-Avenarius ist im
Diakonischen Werk Hamburg für Religionspädagogik in Kitas zuständig.
Evangelische Kitazeitung, 19. April 2015
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