„Keiner von uns denkt, er wird der nächste große Rockstar.“ Auf dem Open See-‐Bandcontest im Konstanzer Kulturladen machen die sechs Jungs von The Mixed Version aus dem Hochschwarzwald trotzdem eine richtig gute Figur. Konstanz (lsp) – Bevor The Mixed Version negativen Einfluss, ganz im Gegenteil: mit dem Soundcheck beginnen können, Nach ihrer 2012 veröffentlich-‐ten EP muss Schlagzeuger Jeremy erst noch sein steht demnächst das Debütalbum „Zirkus Auto umparken. Nicht nur auf dem Leben“ an, das die Gruppe mit Produzent Parkplatz des Konstanzer Kulturladens ist und Musiklehrer Manfred Hannig in es an diesem Samstag verdammt eng. Der dessen Studio aufgenommen hat. Backstagebereich platzt mit 19 Musikern Vertreiben will sie die zehn Songs auf und herumwuselnden Mitarbeitern aus bekannten Plattformen wie iTunes und allen Nähten. Vier Bands treffen in der Amazon. Was 2009 mit Coverversionen zweiten Ausgabe des Open See Contests von Songs der Red Hot Chili Peppers und aufeinander, zwei davon dürfen Ende Mai anderen Indie-‐Bands begann, entwickelte auf dem Non-‐Profit-‐Festival vor rund sich mit der Zeit zu einem eigenständigen 3.500 Menschen im Stadtpark auftreten. Projekt, das seinem Namen alle Ehre Die Entscheidung darüber teilt sich die macht. Die musikalischen Einflüsse achtköpfige Jury unter der Leitung von kommen aus allen Richtungen: von Rap KuLa-‐Chefin Annelies Hell mit dem bunt und Metal über Jazz bis hin zu Electro-‐ gemischten Publikum. Musik. „Poetry & Hip Hop“ nennen sie das Routiniert und ohne viele Worte zu Ergebnis, weil es „keine Texte sind, die verlieren, bringen die sechs jungen unbedingt Musik brauchen.“ Männer aus dem Hochschwarzwald den Diese stammen fast ausnahmslos aus der Soundcheck über die Bühne. Kein Feder von Frontmann Manuel, der sich Wunder, schließlich können sie schon auf auch im Interview als Wortführer knapp sechs Jahre Erfahrung und an die entpuppt. Als die Sprache auf ihren 100 Auftritte zurückblicken. Auf dem Bandnamen kommt, herrscht aber Chiemsee Summer Festival traten sie kollektives Aufstöhnen: „Das war eine neben Größen wie Prinz Pi und Jennifer naive, sehr spontane Idee. Wir glauben Rostock auf, der Gig im Stuttgarter LKA aber nicht, das einem das später im Weg Longhorn wurde sogar professionell steht.“ Die Vorstellung von einem Leben aufgezeichnet. als Profi-‐Musiker betrachten trotzdem Zeit für ihre Musik zu finden, wird aber alle realistisch: „Keiner von uns denkt, er immer schwieriger, erzählt Keyboarder wird der nächste große Rockstar“, stellt Fabian im Interview, für das erst einmal Fabian klar. Als Vorband für Casper oder ein ruhiger Ort gefunden werden will. Kraftklub zu spielen, wäre aber schon ein Nach ihrem Abitur vergangenes Jahr Traum. „Oder Helene Fischer“, fügt haben fast alle ihrer Heimatstadt Bassist Sam lachend hinzu. Löffingen den Rücken gekehrt. Bis auf Jeremy dagegen öffnet nicht einmal den Saxophonist Valentin, der Musik-‐ Mund, um die Frage, ob er immer so wissenschaft studiert, gehen die wenig rede, zu beantworten. Ein Interessen der Bandmitglieder dabei in einfaches Nicken tut’s schließlich auch. völlig verschiedene Richtungen. Auf ihre „Der hat heute Nacht nur eine halbe Produktivität habe das allerdings keinen Stunde geschlafen“, erklären seine Kollegen. Zum Glück bleiben bis zu ihrem Aufritt noch einige Stunden Zeit, Essen und Bier stellt das KuLa zur Verfügung. Sich zu betrinken kommt aber nicht infrage, das sei damals bei ihrer EP-‐ Releaseparty ziemlich schief gegangen: „Es wurde leer“, fasst Valentin die Reaktion des Publikums zusammen. Drei Jahre später hält sich die Aufregung in Grenzen, schließlich habe man schon mit 15 Jahren auf den ersten Contests gespielt. „Da waren wir immer die kleinen Pisser“, meint Fabian, von den Eltern musste man sich von Auftritt zu Auftritt kutschieren lassen. „Aber das war die Erfahrung wert“, findet Manuel, denn so konnten sie wertvolle Kontakte knüpfen und andere Bands kennenlernen. Die Mitglieder von Funkschrank, die nach The Mixed Version auftreten, begrüßt man freundschaftlich per Handschlag. Überhaupt kann von angespannter Stimmung unter Konkurrenten nicht die Rede sein: Alle betrachten den Contest als Spaß und gute Möglichkeit, sich dem Publikum zu präsentieren. Jede Band hat 35 Minuten Zeit, Jury und Zuschauer von sich zu überzeugen, die das sogenannte Schwimmbad vor der Bühne bald locker ausfüllen. Eigene Unterstützer haben The Mixed Version heute nicht mitgebracht, die mit eineinhalb Stunden den längsten Anfahrtsweg hatten. Vereinzelt beobachten sie den Auftritt der Alternativ-‐Rocker von Antic Disposition, dann verschwinden alle hinter der Bühne. Der für die Pausenmusik zuständige DJ hat den Bandnamen anscheinend ein bisschen zu ernst genommen und spielt einen merkwürdigen Mix aus Rap und Schlager, während es sich Trompete, Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboard, zwei Saxophone und fünf Menschen auf der KuLa-‐Bühne gemütlich machen und den ersten, funkigen Song anspielen. Wenige Sekunden später springt Manuel dann auf die Bühne, als habe er sein Lebtag lang nie etwas anderes getan. Dass das Mikro zuerst gar nicht an ist, irritiert den hochgewachsenen 19-‐Jährigen nicht im Geringsten. Seine Texte sind kleine Anekdoten und Geschichten, die sich um Liebe, Identitätskrisen und Fremden-‐ feindlichkeit drehen. Von andächtig-‐ stiller Poetry Slam-‐Atmosphäre kann trotzdem nicht die Rede sein: Wenn Falco dem Publikum gerade nicht mit seiner Trompete einheizt, spricht er die langen Textpassagen lautlos mit und jeder animiert das Publikum auf seine Art zum Tanzen, Singen und Klatschen. Spätestens als Valentin zum Saxophon-‐ Solo ansetzt oder sich im Zwiegespräch mit Manuel ins Gewissen rappen lässt, regnet es Jubelrufe und Szenen-‐Applaus. Ehe man sich’s versieht, heißt es auch schon „Abschied in C-‐Moll“: „Ich küss’ das Festland noch einmal, bin dankbar / blicke aufs Meer und löse den Anker.“ Spätestens am 23. Mai legen The Mixed Version aber wieder am Bodensee-‐Ufer an, wenn sie gemeinsam mit Lightbox, Extra Large und Contrast Orange das Open See Festival rocken.
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