21. März 2015 Verleihung Bundesverdienstkreuz an Hans

Wolfsburg, Jugendzeltplatz Almke - 21. März 2015
Verleihung Bundesverdienstkreuz an Hans-Jürgen Poppek
Rede Therese Zimkowsky – aus Sicht und für den Bezirk Paul Schneider
„Ich kann mir nicht helfen, du musst einmal so klein und blond gewesen sein!“
Liebe Gäste, lieber Hans-Jürgen,
Alle Anwesenden hier im Raum wissen gewiss, von wem die Rede ist, auch wenn
er nicht mehr… blond ist.
Alle Anwesenden hier im Raum haben irgendwie und irgendwo deinen Weg
begleitet, gekreuzt; ihnen hast du geholfen und/oder sie haben dir geholfen,
besonders deine Ehefrau Hiltraut, die dir all die Jahre hindurch den Rücken
freigehalten hat. Und das will ich an dieser Stelle besonders hervorheben.
Aus Sicht des VCP Bezirk Paul Schneider aufzulisten, was wir dir verdanken und
welchen Stellenwert du für die Entwicklung der evangelischen Pfadfinderinnenund Pfadfinderarbeit in Wolfsburg hast, heißt, bei 1962 anzufangen. Spätestens
dann wird bewusst, von welchen Zeitepochen wir hier reden. Und innerhalb
unserer Pfadfinderarbeit reden wir von verschiedenen Ebenen – Ebenen, deren
Inhalte und Anforderungen du durchlaufen und nichts ausgelassen hast.
So manches Mal wurde um dich herum gestöhnt, weil du immer wieder neue
Ideen eingebracht hast und sie dann auch noch wirklich umsetzen wolltest. Aber
nach dem Stöhnen und dem Eingewöhnen zum neuen Gedanken, kam für uns
doch immer wieder heraus, dass es gerade das war, was uns alle weiterbrachte
und entwickeln ließ. Dein Weiterkommen und deine Horizonterweiterung waren
auch unser Weiterkommen und unsere Chance zur eigenen persönlichen
Entwicklung. Und ganz nebenbei trug es natürlich zur Entwicklung des VCP Bezirk
Paul Schneider bei. Du hast deine Netzwerke nie benutzt, um dir persönlich
Vorteile zu verschaffen. Du hast sie immer dann genutzt, wenn es im Sinne des
Verbandes weiterhalf oder jungen Gruppenleitungen Chancen für ihre
Weiterentwicklung eröffnete. Du hast dich dafür nicht gescheut und hast
selbstbewusst bis hin zum Generalsekretariat von Volkswagen und der Spitze des
Betriebsrates Türen geöffnet genauso wie in den diversen Ebenen der Stadt
Wolfsburg. Jahrelang stand der VCP für seine Behindertenarbeit auf der
Empfängerliste der Betriebsspenden von Volkswagen. Wenn du um Termine
batest, wussten die Entscheidungsträger, dass du sie niemals um deinetwegen,
sondern um des Allgemeinwohl willens ansprachst. Die Angesprochenen wurden
an ihre soziale Verantwortung und an ihre politische Wirkung gepackt. Und
letztendlich war es genau das, was den VCP und zu Zeiten deiner Verantwortung
auch den Stadtjugendring in Wolfsburg zum zuverlässigen und starken Partner
wachsen ließ, was dem Verband einbrachte, dass die Türen nie geschlossen
wurden, egal, was du auch immer als Anfrage zur Unterstützung vorgetragen
hast. Dir hat es eingebracht, dass du bei Volkswagen nicht als
Vorstandsvorsitzender oder im Aufsichtsrat tätig warst, sondern Tarifangestellter
geblieben bist. Uns hat es eingebracht, dass du als Tarifangestellter geregelte
Arbeitszeiten, wenig Überstunden und zu gewissen Zeiten einen freien Freitag
hauptsächlich für uns zur Verfügung hattest.
[1]
Die Kombination aller dir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ist das, was du
immer verstanden hast zu spielen. Das Große Spiel – von Baden-Powell,
unserem Gründer – ich glaube, du hast es wirklich verstanden zu spielen mit
allen Registern, die es zu ziehen gab, was nicht immer gut ankam. So manche
Politikerinnen und Politiker, so manche Beteiligte der unterschiedlichsten
Gremien im Laufe deines Schaffens können ein Lied dazu singen. Der
Stadtjugendring hat dir deshalb einmal ein Foto eingerahmt, das über deinem
Schreibtisch im Dachgeschoss der Goetheschule hing. Den Blick kannten viele
aus deiner Hochform und der Blick verhieß: Jetzt geht’s los. Deine Haare waren
nicht mehr blond, aber braun, lang und füllig und dein Bart erstmal…
Deine Streitfähigkeit, deine Hartnäckigkeit brachten uns z.B. den Jugendzeltplatz
in Almke, eines der Juwele der Stadt, ja selbst das Haus der Jugend entstammt
aus deiner Hochzeit in der Jugendpolitik in Wolfsburg. Ich erinnere mich da an
diverse Vorbereitungen in Zicherie zum Training für die Jugendorganisationen,
um die Ziele vernünftig und begründet zum Erfolg zu bringen und an die Aktion
an der Heßlinger Straße auf dem „Schmuddelparkplatz“, wo heute Gebäude den
Rothenfelder Markt abschirmen, den wollten wir nämlich eigentlich als Haus der
Jugend haben. Man kann eben nicht alles haben. Aber Spaß gemacht hat es
damals … Und immerhin, das heutige Haus der Jugend hat zwar nicht das
Konzept von damals, kann sich aber auch schon sehen lassen. Weiterhin ist eine
vorbildliche Förderung seitens der Stadt herausgekommen. Unsere
Pauschalzuweisungen, die Förderungen der Jugendorganisationen und -verbände
tragen deine Handschrift (wer konnte dem Blick schon etwas entgegensetzen);
die Regelungen der Pauschalzuweisungen kennst du besser als irgendjemand
anders.
Ich komme zurück auf das Thema Durchsetzung von Zielen: dein Lieblingszitat
von Baden-Powell passt dazu: Das Ziel ist ein ganz einfaches. Du erinnerst
dich sicher, dass wir einmal in einer Fortbildung für unsere
Jugendgruppenleitungen zu den Zitaten von BP gesammelt hatten, was wir dem
entgegensetzen können bzw. welche Aktivitäten unserer Arbeit die Zitate
belegen und beleben. „Das Ziel ist ein ganz einfaches.“ - Das war das einzige
Zitat, zu dem wir kein Beispiel nennen konnten. Auch deshalb wurde es zu
deinem Lieblingszitat, es stellte eine Herausforderung dar.
Die Entwicklung des VCP lässt sich auch an unseren Räumen messen. So um
1962 herum war Hans-Jürgen noch keine 16 Jahre alt und konnte seine Freunde
überzeugen, aus dem „Micky-Maus-Club“ mal eben über den Kellerrand im
Wagnerring 22 die Fühler zu den Christlichen Pfadfindern auszustrecken. In
diesem Keller trafen sich dann etwa 20 Jahre lang jeden Donnerstagabend die
Sippenführer, später Gruppenleiter und noch ein bisschen später sogar
Gruppenleiterinnen. In diesem Keller haben wir den Neuaufstieg als VCP
diskutiert und beschlossen. Wir wurden Bezirk und brauchten mehr Raum. Den
bekamen wir Anfang der 80iger im leerstehenden Pfarrhaus der Kreuzkirche, als
aus zwei Pastorenstellen eine wurde. Es war ein Superhaus, für uns eine
Superzeit. Zu dem Zeitpunkt warst du im Kirchenvorstand der Kreuzkirche.
Kleines Beispiel zum Nutzen der Netzwerke …. Dann kam der Superintendent zur
Kreuzkirche und das zweite Pfarrhaus wurde wieder gebraucht. Unser Konzept
der Arbeit war ohne die Räume nicht mehr durchführbar, denn inzwischen hatte
unser Bezirk mehrere Stämme, die dein Keller nicht mehr aufgenommen hätten.
Und es war inzwischen normal, dass nicht nur am Donnerstag Treffen
stattfanden. Der damalige Jugendamtsleiter Siegfried Schuster half uns aus. Wir
[2]
zogen in die ehemaligen Räume des Heimatmuseums ins Dachgeschoss der
Goetheschule. Zwei Schaukästen, die in der Außenwand eingelassen waren,
erinnerten noch an das Museum.
Als wir dort im Herbst 2013 auszogen ins Haus der Jugend in der Kleiststraße,
warst du nicht nur erfreut über die neuen Räumlichkeiten, du warst auch traurig,
weil diese Räume unsere gemeinsame wichtigste Epoche im VCP begleiteten,
dort entstand der Bezirk, der wir heute sind. Dort hatten wir die tollen
Möglichkeiten, auf Landes- und auf Bundesebene tätig sein zu können.
Die Programme und Inhalte der letzten 50 Jahre zeigen auf, welchen Wandel wir
erlebt haben und wie du darin aufgestellt warst, was du für den Bezirk und
darüber hinaus bewirkt und bewegt hast, was du ins Rollen gebracht hast. Sicher
haben wir alle dir geholfen, aber die zündenden Ideen, den Impuls, die
Erkenntnis zur Notwendigkeit, die Kraft zur Umsetzung kamen fast ausschließlich
von dir.
1962 Gründung der CPD in Wolfsburg. Pastor Heinz Münzenberg, Kreuzkirche,
half Hans-Jürgen bei der Namensfindung des Neubeginns. „Der Prediger von
Buchenwald“ – Pastor Paul Schneider – verband die evangelisch christliche
Zugehörigkeit mit der Auseinandersetzung der geschichtlichen Entwicklung
Deutschlands, die in der ehemaligen „Stadt des KdF-Wagens“ damals näher und
gegenwärtiger war als heute, bis heute aber eine große Rolle in der Historie der
Stadt spielt und spielen muss. Die Verantwortung zum Namen Paul Schneider
zog und zieht sich inhaltlich als roter Faden genauso durch wie durch das
Engagement des Verbandes als kommunaler und kirchlicher Partner.
Als Bezirk in Wolfsburg wurden mehrere Ortsgruppen gegründet, die die
Tradition der Namensgebung nach Christen der Bekennenden Kirche fortsetzten.
Hans-Jürgen hat es sehr begrüßt und unterstützt, als die jungen
Stammesleitungen neben den Pastoren der Bekennenden Kirche auch Christen
und vor allem Christinnen im Widerstand auch eine weibliche Namensgebung
möglich machte.
Von der Gründung an kennt Winnie vom Bezirk Elm die Wolfsburger. Er ist hier
und erinnert sich sicher an diverse Streiche der Wolfsburger und an die
Auseinandersetzungen mit ihnen. Trotz Einbringen in der Bezirksleitung gelang
es nicht, die Differenzen auszuräumen. Ein Grund lag auch an der simplen
Tatsache, dass Wolfsburg am Rande des Bezirks Elm lag, der komplett zur
Landeskirche Braunschweig zählt. Uns Wolfsburger betrafen die Belange der
Braunschweiger Landeskirche nicht wirklich. Die hauptberufliche Stelle der
Landeskirche wirkte fast nur auf die Gruppen, die auch in dem Gebiet lagen. In
Wolfsburg hatten wir über den Kirchenkreis Wolfsburg nur mit der Landeskirche
Hannover zu tun. Seit damals weiß ich, dass es keinen Sinn hat, aus Prinzip an
Dingen festzuhalten. Vielmehr sind Veränderungen anzustreben, wenn sie besser
für eine positive Entwicklung sind. Hans-Jürgen leitete den Prozess zur
Selbständigkeit des Bezirk Paul Schneider Anfang der 80iger Jahre ein. Die
Entscheidung war richtig, aber nicht leicht und hat uns lange Zeit im VCP Land
Niedersachsen eine schwierige Position beschert. Und auch wenn einige ängstlich
waren, im Nachhinein hat sich genau dieser Schritt als richtig erwiesen, hat die
VCP-Arbeit in Wolfsburg ein großes Stück nach vorn gebracht.
[3]
Aus der Aktion der CP am „Onkel Max“ Ende der 60iger wurden die
Abenteuerspielplätze entwickelt, die in Wolfsburg heute noch Kindern
pädagogisch betreute Spielplätze zum Ausprobieren, zum Aktivsein, zum
Kreativsein bieten.
1972 bis 1974 stand im Zeichen der Fusion der vorerst rein männlichen CPD mit
den weiblichen Verbänden EMP und BCP zum koedukativen Verband Christlicher
Pfadfinderinnen und Pfadfinder, dem VCP. Die Wandlung in Wolfsburg wurde von
Hans-Jürgen maßgeblich eingeleitet und geformt. Weil es in Wolfsburg keine
evangelischen Mädchenpfadfinderverbände gab, fand keine wirkliche Fusion statt.
Es gab keine kraftraubenden Fusionsauseinandersetzungen, aber - es gab auch
keine weibliche Erfahrung für den Beginn des Pfadfindens mit Mädchen und
Jungen.
Gleichzeitig mit der Fusion hat die emanzipatorische Jugendbewegung den
Verband erreicht. Methoden und Aktivitäten wurden den modernen
Erfordernissen angepasst. So einige Pfadi-Gruppen haben diese Zeit nicht
überstanden oder haben eine lange Zeit des Umgewöhnens benötigt. HansJürgen hat es in Wolfsburg verstanden, die modernen Herausforderungen an die
Jugendarbeit mit den traditionellen und starken Methoden des Pfadfindens zu
verbinden und somit letztendlich auch die Fusion in Wolfsburg schnell zu
realisieren. Emanzipatorische Jugendbewegung hieß auch, politisch clever und
aktiv zu sein. Du hast uns politische Schachzüge gezeigt. Mit
Zusammenschlüssen einzelner Verbände/Organisationen wuchs unsere
Delegiertenanzahl für die Jahreshauptversammlung des Stadtjugendringes
immens. Und da es intensive Vorbereitungen gab, hatten die Zusammenschlüsse
auch richtig Wirkung.
In den 70igern Jahren hat der VCP Ferienspaßaktionen rundum Wolfsburg
entwickelt; Wolfsburger Kinder entdeckten das Umfeld von Wolfsburg wie etwa
„Rundum den Knesebecker Forst“. Wir konnten danach neue Gruppenmitglieder
für uns gewinnen. Die Jugendförderung der Stadt Wolfsburg übernahm Idee und
Konzept und führte noch lange Jahre die Ferienspaßaktionen weiter. Damals
haben die Teilnehmenden im Elbe-Seiten-Kanal gebadet. Der war ganz neu und
für die Schiffahrt noch nicht freigegeben.
Trotz einiger Aktivitäten im offenen Bereich verlor der VCP in Wolfsburg
Mitglieder und Gruppen. Ende der 70iger brauchten wir unbedingt eine neue
Motivation zum Durchstarten. Wir bildeten 14-/15jährige Pfadfinderinnen und
Pfadfinder intensiv aus. Zusätzlich zur Ausbildung kam eine sehr intensive
Vorbereitung auf das Sommerlager 1978 hinzu. So eine intensive Aus- und
Weiterbildung wäre ohne dich nicht möglich gewesen. Unvergessen ist hier die
Politische Bildungsstätte in Zicherie, in dem Dorf, durch das sich die deutschdeutsche Grenze zog. Mit diesen jungen Leitungen und unterstützenden
Erwachsenen hauptsächlich aus der CP-Zeit bot der VCP drei aufeinanderfolgende
offen ausgeschriebene Sommermaßnahmen für Wolfsburger Kinder und
Jugendliche in Norwegen an. Jeweils in 2 Wochen konnten Kinder im Alter von 10
bis 12 Jahren im Lager „Troll“ und im Alter von 13 bis 15 Jahren in den Lagern
„Fjord“ und „Wikinger“ erlebnisreiche Ferien verbringen. Pfadfinderische
Methoden wurden spannend für Kinder umgesetzt, die in diesem Jahrzehnt eher
von Drogen, Alkoholismus, Jugendkriminalität, beginnender Arbeitslosigkeit und
wachsender Ehescheidungsraten als neuzeitliche Erscheinung in der Gesellschaft
umgeben waren. Die jungen Gruppenleitungen hatten einen Heidenrespekt vor
[4]
dir, denn wenn mal etwas nicht klappte, konntest du sehr ungemütlich werden.
Und eines Tages kamen sehr geknickte Leiter zu dir mit der Nachricht, dass
unser Boot samt Motor im Fjord versenkt ist. Sie erwarteten ein Donnerwetter.
Aber du hast nur ruhig gefragt: Alle okay? Keiner verletzt? Liegt es tief? Kriegen
wir es raus? Steine fielen von einigen Herzen und mit großem Elan wurden Boot
und Motor geborgen. Du hast ihnen gezeigt, wie sie mit solchen Situationen
umgehen können, dass eine Fachauskunst notwendig war, damit der Motor
richtig gelagert wird bis zur Werkstatt.
Passend zum Namen „Wikinger“ lehrte uns das dritte Lager das Fürchten, dem
unsere ganz jungen Leitungen standhalten mussten. Und sie hielten stand, auch
wenn ein kleiner, blonder Junge sie täglich stark prüfte und herausforderte.
Hans-Jürgen hatte augenzwinkernd in der abendlichen Leitungsrunde - für uns
alle überraschend - Verständnis für diesen Jungen gezeigt, bis ein junger
Gruppenleiter ihm tief in die Augen sah und kopfschüttelnd begann: „Ich kann
mir nicht helfen, du musst einmal so klein und blond gewesen sein.“
Aus diesen drei Lagern entsprangen neue Gruppen und einige Ältere wollten
unbedingt Gruppenleiterin und Gruppenleiter bei uns werden.
Als Dankeschön für die enorme Anstrengung der jungen Leitungen boten wir zum
ersten Mal unsere Skifreizeit auf Presteseter in der Skrim an. Diese Skifreizeit in
den Weihnachtsferien mit einer Silvesterparty ohne Knaller und Raketen kam
erst in den letzten Jahren ins Stocken. Du warst zur Jahrtausendwende das letzte
Mal dort, das Milleniumspektakel erlebten wir bei strahlender Sonne im
glitzernden Schnee, in den sich unser Lagerfeuer auf einer Skitour langsam in die
Tiefe brannte.
Wir reden immer noch von deinen Ideen und Impulsen, Hans-Jürgen. Freizeiten
für Gruppenleitungen gehörten auch zu deinen Ideen. Der Skifreizeit folgten in
der 80igern auch Osterfreizeiten. Wir nannten sie das 1. Ei, das 2. Ei, das 3. Ei –
mit Untertiteln wie „Rund um Plön“ und „Rhön ist schön“ - und das 6. oder 7. Ei
hieß „Ost-West-Passage“ und führte uns auf die Spuren von Robert und von
Olave Baden-Powell nach London. Es war das letzte und absolut tollste Ei.
Schade war’s als es keines mehr gab ….
Ein wesentliches Anliegen hattest du von Anfang an in die Schulung gelegt. Du
hast maßgeblich an den Inhalten und Methoden herumgefeilt, sowohl im Verband
mit den eigenen verbandsspezifischen Anpassungen als auch in den kommunalen
Kursen in Wolfsburg. Du warst etliche Jahre der Sprecher des AK Schulung im
VCP Land Niedersachsen und hast zusammen mit den drei Hauptberuflichen ein
neues Schulungssystem entwickelt. Das System wird heute noch im Land
praktiziert und es hat auch die Grundlagen für unsere Schulungen in Wolfsburg
gelegt, die wir als Stadtbezirk noch spezifischer auf unsere Belange abstimmen
können. Als Sprecher des AK Schulung hast du den VCP Niedersachsen auf
Bundesebene vertreten. Auch hier hast du kompetent zur Qualifizierung der
bundesweiten Schulung beigetragen. Und der Bundes-AK war damals hochkarätig
besetzt. Das sage ich so, weil ich oft nichts oder wenig von den Diskussionen
verstand, wenn ich mal im AK anwesend sein durfte.
Über den AK hinaus hast du im VCP Land Niedersachsen eine intensive und
teilweise schwierige Zeit verbracht. Das LLG – Landesleitende Gremium – lenkte
die Geschicke anstelle einer gewählten Landesleitung. Wir waren 17 damals –
[5]
siebzehn – und ich behaupte einfach, dass deine Fähigkeiten dem Gremium
stark halfen, die Schwierigkeiten unter allen Aktiven im Land in vernünftige
Bahnen zu lenken und neue Strukturen einzuleiten, die letztendlich auch wieder
zu einer Landesleitung führten. Dazu gehörte auch ein Prozess der drei
Hauptberuflichen, die mit Hilfe deiner Supervision wieder den Weg zu einer
konstruktiven Zusammenarbeit fanden.
Die großen Veränderungen und die Ideen, die du umsetzen wolltest, waren stets
mit Prozessen begleitet. Die Prozesse waren notwendig. Nachdenken und
Umdenken waren notwendig. Oft wendete sich das Blatt für uns zum Positiven,
manchmal auch nicht. Mit dir konnten wir uns immer darauf verlassen, dass du
uns immer zur Seite standest, egal wie es ausging. Du hast von uns viel
verlangt, aber auch viel gegeben.
Du bist ein geduldiger Begleiter, der damals manchmal nächtelang am
Lagerfeuer in der Jurte unseren Erfahrungen zuhörte, erklärte, Ratschläge gab.
Hans-Jürgen, wir alle, die das so intensiv erlebten, danken dir heute noch dafür.
Ich jedenfalls tue es. Und ich kann nur hoffen, dass unsere jungen Leitungen
heute eine ebenso verständnisvolle, aber auch korrigierende und beratende
Begleitung haben.
Seit 1978 haben wir alle Sommerlager mit besonderem Nachdruck in mehreren
Wochenendseminaren vorbereitet. Herausragend war Soria Moria im Jahr 1990.
Dieses spannungsgeladene Phantasie-Lager konnte nie wieder übertroffen
werden. Deine Kenntnisse rund um Larvik und weiter in Norwegen halfen vielen
Gruppenleitungen bei der Vorbereitung ihrer Gruppenfahrten vor dem
Bezirkslager. Aus den zwei Wochen Gruppenfahrten sind irgendwann
Gruppenfahrten mit einer Woche geworden. Aus vier Gesamtwochen für die
Pfadis wurden drei Wochen … Besonders vor der Bundesleitungszeit warst du
stark im inhaltlichen Bereich des Sommerlagers beteiligt genauso wie in der
Organisation. Später konntest du diese Fähigkeiten in die JamboreeVorbereitungen einbringen.
Als ein wichtiges Beispiel deiner Herausforderung an uns und deine Begleitung
sei genannt die Gruppenarbeit mit behinderten Mädchen und Jungen. Die Idee
und das Vorbild kamen aus Norwegen, unserem Partner und Freund Erling
Refsholt vom 1. Larvik Trupp. Wir hätten es uns nicht getraut, aber du hast es
uns zugetraut. Am Anfang hast du die späteren PTA-Gruppenleitungen im ersten
AK PTA auf Bundesebene eingeführt, den AK mitbegleitet. Du hast die Kontakte
zur damaligen Heilpädagogischen Tagesbildungsstätte, der heutigen Peter-PanSchule, geknüpft, dort Vertrauen gewonnen und so zur ersten PTA-Gruppe
verholfen. Als die behinderten Pfadfinderinnen und Pfadfinder erwachsen wurden,
kam wieder eine Idee aus Norwegen, dieses Mal von der Bewegung „Dissimilis“.
Auch das hast du eingeführt, begleitet, Seminare dazu ermöglicht. Du hast eine
VCPerin und Musikerin dazu motivieren können, eine instrumentale Musikgruppe
nach der Dissimilis-Methode zu leiten. Im World Scout Jamboree in den
Niederlanden traten sie 1995 vor großem Publikum auf. Und wer nicht so
musikalisch war, übte sich im Schwarzlichttheater. Nach dem Weggang von
Sabine Krawehl und ihrem Nachfolger Herrn Wolff organisierte sich die Gruppe
selbst, die Theatergruppe löste sich auf und alle trommeln immer noch. Und bis
heute sind unsere „Mixed People“ zusammen, erleben neben ihrer
Trommelwerkstatt auch noch gemeinsame Fahrten, wie auch an diesem
Wochenende – deshalb sind sie nicht hier – und doch gegenwärtig in dem Film
[6]
hinter mir. Rückwirkend betrachtet glaube ich, dass dieses Projekt zu unserer
größten Herausforderung gehörte und unsere wichtigste Schaffenskraft bezeugte.
Unvergessen auch der gemeinsame Besuch mit 1. Larvik beim Jugendempfang
des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker in Bonn, wo wir das Projekt
vorstellten unter dem Titel „Jugend überwindet Grenzen“ – für uns gleich
doppelsinnig. Erling wäre gern hier gewesen. Er ist inzwischen 90 Jahre und fand
keine Reisebegleitung.
Ich kann nicht leugnen, dass die 70iger und 80iger Jahre mich prägten und ich in
meinen Anfangsjahren eine Menge lernte. Ich erfuhr theoretisch und praktisch,
was es heißt, Verantwortung zu übernehmen und vor allem zu tragen, ich erfuhr
auch ohne Zusatzausbildung, was Inhalte sind und für welche Inhalte und Ziele
ich mich einsetzen wollte. Nur meine Kenntnisse über Andachten und den Spaß
daran, sie anzubieten, habe ich nicht von dir. Das habe ich im VCP Niedersachsen
gelernt. Ja, ich wollte die Welt verbessern, nicht nur in Oster-Menschenketten für
den Frieden im Kalten Krieg, gegen Stationierungen von Raketen wie Pershing II
und Cruise Missile. Diese Themen gehörten auch zu dieser Zeit. Ich lernte auch,
meine Position zu vertreten, auch wenn mir Unverständnis und Kritik, teils auch
unverhohlen, entgegenschlugen. Unverhohlen auch, weil Pfadfinderinnen immer
noch nicht „die echten Pfadfinder“ waren und sich vielen Vorurteilen gegenüber
sahen, denn das Wort „Emanzipation“ war damals noch weit davon entfernt,
auch so gelebt zu werden. Koedukation damals äußerte sich noch ganz einfach
am Verhalten, wer im Lager, in der Freizeit den Küchendienst freiwilliger
verrichtete und wie den Jungen beigebracht werden konnte, dass auch sie diesen
Dienst übernehmen müssen, obwohl Mädchen anwesend sind. Und Mädchen
mussten lernen, dass Holz hacken nicht nur für Jungen ist. Heute können
Mädchen und Jungen Holz hacken und sogar kochen, packen dort an wie es ihren
Neigungen und Fähigkeiten besser entspricht. Sie nehmen Herausforderungen
an, die sind aber nicht mehr so stark und speziell am Geschlecht gebunden.
Die 90iger waren u.a. stark geprägt durch die Wiedervereinigung in Fragen und
möglichen Handlungsfeldern, die sich für einen bundesweiten Jugendverband
daraus ergaben. Diese Zeit hast du als Mitarbeiter im VCP Land Niedersachsen
aktiv begleitet. Niedersachsen beschloss, für das Nachbarland Sachsen-Anhalt
Ansprechspartner zu sein. Der Wolfsburger Bezirk war hier verlässlicher Partner
für die Landesebene. Er sorgte für einen Beginn in Rogätz (bei Magdeburg),
nahm Mädchen und Jungen in die Sommerlager nach Norwegen mit und
integrierte 7 Pfadfinderinnen und Pfadfinder im Trupp für das World Scout
Jamboree 1995 in den Niederlanden. Leider wurde das nichts mit Rogätz, aber
ein Paar aus der damaligen Leitung pflegt heute noch zu uns besonderen
freundschaftlichen Kontakt.
Von 1999 bis 2012 waren wir Beide mehr auf Bundesebene als im Bezirk tätig.
Du hast deine jugendpolitischen und pädagogischen Erfahrungen in den Verband
eingebracht. Als langjähriger Vorsitzender des Ringes deutscher
Pfadfinderverbände waren deine Erfahrungen und dein politisches Handeln von
großem Wert für die Ringverbände. Ich erinnere da nur an die Veranstaltung
2007 zum 100jährigen Jubiläum der Pfadfinderbewegung. Persönlich will ich
herausstellen, dass mir deine Begleitung in meiner Bundestätigkeit als
Internationale Beauftragte sehr wichtig war und du ein starker Partner warst.
Dein internationales Debüt hattest du als Truppleitungsmitglied des Wolfsburger
Trupps für das Weltpfadfindertreffen, dem World Scout Jamboree, in Korea 1991.
[7]
Als Kontingentsleitungsmitglied warst du in den Jamborees in Chile 1998-1999,
in Thailand 2003, in Großbritannien 2007 und in Schweden 2011. Die vielen
Europa- und Weltkonferenzen kann ich gar nicht so genau aufzählen, die letzte
Europakonferenz war in Brüssel 2010 und die letzte Weltkonferenz war in
Brasilien 2011. In allen Konferenzen warst du als Bundesvorsitzender mit deinen
politischen Fähigkeiten ein starker Partner. Ich glaube, das haben unsere
Ringpartner auch bemerkt. Du warst sogar der erste männliche Delegierte des
Ringes in der WAGGGS-Weltkonferenz der Mädchen auf den Philippinen, frage
mich nicht, wann das war, müsste ich nachschlagen. Und in der WAGGGSKonferenz in Jordanien hatten wir Beide fast eine Beschützerrolle für die beiden
Vertreterinnen aus Israel. Mit Irit verbindet uns heute noch eine tiefe
Freundschaft. Neben Israel haben wir am Ende unserer Bundesleitungszeit die
Partnerschaft mit Zimbabwe eingeleitet. Als Wolfsburger Bezirk werden wir mit
beiden Ländern auf den jeweiligen Orts- bzw. Bezirksebenen die Partnerschaften
vertiefen.
Trotz deines Wirkens in der Bundesleitung hast du für den Bezirk maßgebliche
Dinge auf den Weg gebracht und begleitet. Dazu gehören:
 Voraussetzungen für hauptberufliche Tätigkeiten geschaffen und als
Personalverantwortlicher die Hauptberuflichen leiten
 Mitglied und momentan Vorsitzender des „Freunde und Förderer des VCP
Wolfsburg e.V.“; der e.V. ist der Personalanstellungsträger und er sorgt für
die Finanzierungen von Fahrzeug und Anhängern
 Jährliche Unterstützung für die Aus- und Weiterbildung der
Gruppenleitungen
 Jährliche Unterstützung für die Sommeraktivitäten des Bezirkes
 Für die Wolfsburger Jugendverbände ist er nach wie vor Mitglied der
Pauschalkommission für Zuweisungen
Und deinen „Hobbies Jugendzeltplätze“ gehst du als Sprecher sowohl auf dem
JZP Almke als auch auf dem BZG Großzerlang nach.
Das Pfadfinden ist eine weltweite Erziehungsbewegung. Und das heißt, dass sich
Erwachsene in einem Jugendverband einbringen können, ja sogar müssen. HansJürgen hat sich daran gehalten und seine Aufgaben gesucht entsprechend seiner
erweiterten Qualifikationen und Erfahrungen. Er hat sich der Verantwortung
gestellt, maßgeblich an den Entwicklungen von jungen Menschen beteiligt zu sein
und sie zu begleiten, getreu der Aufgabe der beiden Weltverbände, sie zu
motivieren und zu befähigen als Weltbürgerinnen und –bürger ihren Weg gehen
zu können und sich den Herausforderungen zu stellen.
Hans-Jürgen, ich habe hier versucht, dein Wirken aus Sicht des VCP Bezirk Paul
Schneider zu schildern, Querverbindungen ließen sich nicht vermeiden.
Und nach nun schon über 40jähriger Zusammenarbeit mit dir kann ich nur mit
Überzeugung die Verleihung des Verdienstordens an dich begrüßen. Wenn nicht
du, wer dann? Ich danke dir persönlich und mit mir sicher noch ganz viele andere
Wegbegleiterinnen und –begleiter, für alles, was du für uns getan hast. Im
Namen des VCP Bezirk Paul Schneider danken wir für alles, was du für uns
immer noch tust.
Wir dachten auch, dass der Ginkgo biloba als Symbol genau das trifft, was dein
Engagement bedeutet, beschreibt. Er ist als Baum des Jahrtausends als Mahnmal
[8]
für Umweltschutz und Frieden ernannt. Zusätzlich hast du den
Jahrtausendwechsel in deiner pfadfinderischen Laufbahn ganz intensiv erlebt,
gelebt, begleitet. Das Bäumchen kann in diesem Kübelbehälter 4 – 5 Jahre auf
deiner Terrasse stehen. Danach kann er in einen größeren Behälter oder
irgendwo eingepflanzt werden. Wo, das entscheidest du. Wir alle gratulieren dir
von Herzen für diese mehr als verdiente Auszeichnung der Bundesrepublik
Deutschland.
[9]