Lautsprecher YG Acoustics Hailey 1.2 Autor: Uwe Kirbach Fotografie: Rolf Winter Kunststück Was sollte man tun, wenn ein Lautsprecherhersteller innerhalb von nur 10 Jahren zu einem der Marktführer in der High-End-Klasse wird? Was, wenn er Alleinstellungsmerkmale besitzt, die kaum zu glauben sind? Und was, wenn er selbst sagt, jetzt erst sei er qualitativ da, wo er hinwollte? Genau, anhören! PDF image-hifi.com 6/2014 Anfang dieses Jahrhunderts pilgerte ich zur ersten umfassenden Ausstellung des rumänischen Bildhauers Constantin Brâncuși nach Paris. Ich war etwas enttäuscht, mich zwischen einer ziemlich dicht gedrängten Menschenmenge im Centre Pompidou wiederzufinden. Zum einen, weil es immer etwas ganz Persönliches an sich hat, einen Künstler für sich zu entdecken. Insgeheim will man nicht, dass er vielen anderen ebenso „gehört“. Zum anderen, weil es einfach so voll war, dass ich den Eindruck hatte, die Skulpturen gar nicht in Ruhe auf mich wirken lassen zu können. Dann geschah etwas Eigenartiges. Über viele Besucher hinweg fiel mein Blick auf eine seiner stark abstrahierten, geschwungenen, kopfgroßen Plastiken, einen Fisch. Obwohl ich ihn von Bildern schon kannte, übte er nun eine unerklärliche Faszination aus. Die Form kam mir gar nicht mehr vor wie die Abstraktion eines Fisches, vielmehr wie die Essenz des Lebens schlechthin. Geheimnisvoll, was eine sehr einfache Form anzutriggern imstande ist. Ein wenig ging es mir mit der Hailey 1.2 von YG auch so. Keine Angst, ich will hier Yoav Geva, Namensgeber und Chef von YG, nicht die Last aufladen, die Formgebung seines Lautsprechers mit dem Werk von einem der größten Künstler zu vergleichen. Doch auch die Einfachheit ihrer Form strahlt für mich inzwischen mehr aus, je länger ich die Hailey sozusagen um mich habe. Ihre sanft kurvige Kontur wirkt ruhig und fest zugleich, unaufdringlich und doch elegant. Und wie bei Brâncuși trägt die Oberfläche eine Menge zur Wirkung bei. Sie schimmert aus jeder Perspektive leicht, die Lautsprecher erscheinen dadurch nicht wie erratische schwarze Blöcke, sondern sie besitzen bei aller ruhigen Ausstrahlung dank der milden Reflexionen quasi etwas freundlich Lebendiges. Yoav Geva berichtet, es habe jahrelang gedauert, bis die Oberflächenstruktur genau so gelang. Warum es so lange gedauert hat? Weil das Gehäuse aus massivem Aluminium besteht! Deswegen bringt eine Box trotz ihrer wohnraumfreundlichen Maße immerhin 77 Kilogramm auf die Waage. Aber warum Aluminium? Das muss doch richtig teuer sein? Die erste Frage ist noch leicht zu beantworten: Aluminium ist äußerst stabil und lässt sich sehr präzise verarbeiten, YG hat dafür mehrere CNC-Fräsen. Und es besitzt im Gegensatz zu anderen Metallen eine hohe Eigendämpfung. Im Zusammenwirken mit dem 3-D-Konstruktionsprinzip, wie YG das nennt und wovon noch zu sprechen ist, wird ein extrem resonanzarmes Gehäuse möglich, das dennoch nicht unter den Nachteilen von Dämpfungsmaßnahmen leidet. Die Frage nach den Kosten bleibt trotzdem bestehen und für mich dehnte sie sich mit jedem weiteren Detail, das ich erfuhr, auf den ganzen Lautsprecher aus: Mir erscheint daran so viel so teuer, dass man eigentlich einen höheren Preis vermuten würde, fängt man zu rechnen an. Allein an Maschinenarbeitszeit benötigt ein einziges Paar Hailey 61 Stunden, davon 40 Stunden Fräsarbeiten. Noch mehr Zeit beansprucht die Montage, immerhin besteht so ein Paar aus 1640 Teilen. Würde YG nur Haileys bauen, wäre die Firma mit maximal 11 Paar im Monat ausgelastet. Meine Frage nach den Kosten wird durch solche Details eher noch drängender, bis Yoav Geva sie mit entwaffnender Offenheit beantwortet: Tatsächlich habe man die ersten Jahre sehr wenig verdient und alles Geld in neue Maschinen gesteckt, alles ganz ohne teure Finanzierungen. Der Plan war einfach, die Lautsprecher mit maximaler Qualität so günstig anzubieten, dass sie sich über kurz oder lang hervorragend verkaufen und die 6/2014 image-hifi.com PDF Lautsprecher YG Acoustics Hailey 1.2 Vorherige Doppelseite: Mittel- und Tieftöner werden vollständig bei YG Acoustics hergestellt, beim Hochtöner die mit 3-D-Technik geformte Antriebseinheit. Aus dem Vollen gefräst: Die Membranen der Mittel- und Tieftöner entstehen aus massiven Aluminium-Scheiben in Flugzeug-AluQualität. Für die Hochtonweiche fertigt YG die Luftspulen selbst. Sie sollen Signalübersprechen ausschließen und für einen Hochton ohne Schärfen sorgen Unten: In der Bassweiche kommen riesige Mundorf-Kernspulen zum Einsatz PDF image-hifi.com 6/2014 Investitionen über die Auslastung der Maschinen und die Umsatzhöhe zurückkommen. Und genau das sei gelungen, YG verkaufe im Jahr 150 Paar Lautsprecher ihrer drei Modelle Carmel, Hailey und Sonja, und sei damit neben Wilson Audio und Magico zu einem der drei größten reinen High-End-Lautsprecherhersteller avanciert. Aber bringt der enorme Aufwand, an dem wir mit dem recht extremen Gehäusekonzept erst geschnuppert haben, auch klanglich wirklich so viel? Oder kaufen die Leute diese Lautsprecher, weil sie einfach so schön sind und sich von anderen unterscheiden? Hören wir in eine bekannt schwierige Aufnahme rein, eine, die Lautsprecher rasch an ihre Grenzen bringen kann. Delusion of the Fury von Harry Partch (Columbia M2 30576, 2LP), zeichnet sich durch viele perkussive Instrumente, durch unorthodoxe Tonskalen und obertonreiche, von Harry Partch entworfene Saiteninstrumente, durch ein großes dynamisches Spektrum und nicht zuletzt durch den Aufbau dieses komplexen Klangkörpers in einem großen Raum aus, über den hinweg die Musiker und Sänger miteinander kommunizieren. Will man einer Anlage ihre Grenzen aufzeigen, diese Aufnahmen schaffen das binnen Kurzem. Aber nichts davon mit der Hailey. Sie spannt den Raum mithilfe der großen Saiteninstrumente wunderbar auf, bleibt in den wirklich anspruchsvollen Momenten, in denen alle Musiker mit ihren Klöppeln und Trommeln und Rasseln loslegen, völlig stabil, lässt einen selbst dann noch die ungewöhnlichen Klangfarben erleben, wo man sonst eher hofft, verzerrungsfrei durch die eine oder andere Passage zu kommen. Großartig, in all dem ist der tiefe Klang der voluminösen Instrumente mit Substanz und der gebotenen Kontrolle durchzuhören und zugleich behalten die Stimmen ihren natürlichen Klangcharakter. So erhält, beziehungsweise behält, auch der schwierige Part mit dem Titel „On an African Theme“ seine Bedeutung, sogar seine meditative Wirkung, wo sonst die Anlagen an der kraftvollen wie filigranen Komposition im wahrsten Sinne des Wortes zerschellen. Weil die räumliche Darstellung und das dynamische Spektrum gar so gut gelingen, völlig gelöst von den Boxen und ohne je in den problematischen Stellen auch nur ansatzweise zu ihnen hinzuziehen, wie es so leicht passiert, wenn ein Gehäuse nicht wirklich perfekt ist, ein derzeitiges Lieblingsalbum: Benji von Mark Kozeleks Sun Kil Moon (Caldo Verde VFR 2014-1, 2-LP) lebt von der räumlichen Nähe, von der immer wieder dynamisch hochfahrenden Stimme Kozeleks. Man kann es nicht anders sagen, es ist ein wirklicher Traum, wie die Hailey diese Stimme in den Raum stellt, ihre kieselnden tiefen Lagen, die Pegelsprünge, alles komplett ungerührt, als sei das alles gar nichts, und untendrunter die Griffgeräusche der Gitarre durchhörbar sind. Ist das gut! Kaum je hatte ich so sehr den Eindruck, dass ein Lautsprecher der Musik keinerlei eigenen Charakter aufprägt, sondern wirklich hinter den Aufnahmen zurücktritt und sich völlig in ihren Dienst stellt. Was passiert hier eigentlich, das bewirken doch nicht allein die Gehäuse? Der nächste wesentliche Faktor sind die von YG selbst produzierten Tiefund Mitteltöner. Deren Chassis sind – halten Sie sich fest – auch aus dem Vollen gedreht. „BilletCore“ nennt Yoav Geva die Technik, bei der aus massiven, sieben Kilogramm schweren Aluminiumscheiben mit Luftfahrtspezifizierung in einem sehr langsamen Prozess die Membranen entstehen. Im Gegensatz zu gestanzten Membranen sollen sie von einem stressfreien Material profitieren und zu besonderen dynamischen Fähigkeiten und niedrigen Verzerrungswerten führen, sowie zu einer Steifigkeit und Genauigkeit, wie es sie sonst nicht geben soll. Auch der Hochtöner soll durch eine spezielle Technologie außergewöhnlich verzerrungsarm arbeiten: Während die Magneteinheiten normaler Hochtöner im Wesentlichen zweidimensional geformt sind, sprich, die mit Laser geschnittenen oder gestanzten Einheiten in der Tiefe die gleiche Geometrie besitzen, schneidet YG die Motoreinheiten ihrer Hochtöner auf den computergesteuerten 6/2014 image-hifi.com PDF Lautsprecher YG Acoustics Hailey 1.2 Ein schöner Rücken ... Außer den Bi-Wiring-Terminals und den massiven Spikes sind keine Funktionselemente oder Verschraubungen zu sehen PDF image-hifi.com 6/2014 CNC-Maschinen mit einer dreidimensionalen Ausformung. Das bedeutet, dass sich keine Luft- oder Materialresonanzen aufbauen, sondern durch unterschiedlich stark ausgeformte Querschnitte vermieden werden. Prinzipiell dient das sich nach unten erweiternde Tieftongehäuse einem ähnlichen Zweck. Auf diese Art vermeidet YG stehende Wellen im Gehäuse. Weitere Maßnahmen, die Resonanzen punktgenau vermeiden sollen, sollen zugleich dafür sorgen, dass keine Grundtonenergien und damit musikalische Details verloren gehen. Yoav Geva sagt, dass in typischen gedämpften Gehäusen dreißig Prozent des Musiksignals den resultierenden Reibungseffekten zum Opfer fallen. In ventilierten Gehäusen seien das noch rund sieben Prozent, in seinem Gehäuse gebe es praktisch keinen derartigen Verlust des Musiksignals, was in einem unmessbar hohen QWert resultiere. Deswegen könne er auch die Membranen eine Spur stärker fertigen, um sie noch verwindungssteifer zu bekommen. Zusammen mit dem geschlossenen Gehäuse führen seine Lösungen jedoch dazu, dass die Lautsprecher mehr Energie benötigen als solche mit ventilierenden Gehäusen und leichteren Membranen. Deswegen beträgt die Empfindlichkeit messtechnisch 87 Dezibel. Wegen der ungewöhnlichen Detailtreue und Verzerrungsarmut der Hailey täuscht man sich allerdings leicht über deren tatsächlichen Energiebedarf. Ich habe den Lautsprecher anfangs mit diversen Endstufen getestet und den Eindruck gewonnen, dass sie nicht besonders dynamisch spielen. Dabei entstand nicht, wie sonst bei Verwendung zu schwacher Endstufen, schnell das Gefühl einer angestrengten, flachen Wiedergabe. Sie spielten einfach etwas müde und machten dynamisch etwas zu. In Wahrheit sind sie alles andere als durch solche Eigenschaften qualifiziert, sie reagieren nur offenbar dank ihrer ganz besonders sauberen, gar nicht zu Verzerrungen neigenden Wiedergabe zu einer äußerst sanftmütigen Reaktion auf zu schwache Energieversorgung. Eine Accuphase A 70 Endstufe mit zweimal 60 Watt in Class A sollte es schon sein, wenn man die Hailey zu ordentlichen Lautstärken bringen will, ab 30 Quadratmeter dürfen es gerne mehr sein. Mit einem Paar Gryphon Reference One konnte ich einen interessanten Versuch zum Leistungsbedarf der YG-Lautsprecher unternehmen: An 4 Ohm liefert sie in der 100-Prozent-Stellung 200 Watt in Class A. Weil die meisten Lautsprecher so viel Leistung nicht benötigen, gibt es eine 75-Prozent-Position, die meistens sogar eine winzige Spur besser klingt, als die Endstufe unter Volldampf zu setzen. Mit den Haileys ist das im gleichmäßig bedämpften 34-Quadratmeter-Hörraum anders: Ob bei den akustischen Klängen von Delusion of the Fury oder den elektronischen auf der musikalisch wie klanglich großartigen Nocturnes von Driftmachine (Umor Rex UR065, LP), immer wurde der Raum bei 100 Prozent weiter und präziser, die Abbildung erhielt eine magische, geradezu taktile Präsenz, bei der mein audiophiles Herz sozusagen Luftsprünge macht. Das ist einfach ein Wahnsinns-Lautsprecher. Aber, und hier wiederhole ich mich, um bestimmt richtig verstanden zu werden: Die Hailey ist in Gefahr, unterschätzt zu werden, weil sie mit im Grunde zu schwacher Leistungsversorgung nicht die üblichen zerrenden und nervenden Unterversorgungs-Symptome zeigt, sondern auch sehr sauber und manier lich spielt. Das ist zwar ein extrem positives Indiz für die vollendet verzerrungs- und verfärbungsarme Entwicklung. Was aber wirklich in ihr steckt, welche Freiheit, Lockerheit, welche dynamische und räumliche Unbegrenztheit, das erfährt man erst, wenn man sie richtig gut füttert. Dann wird man es erleben, dass man mit der Hailey fasziniert Alben durchhört, die sonst eher langweilig erschienen waren. So ist es mir etwa mit Niagara (United Artists UAS 29232 I, LP) gegangen, einem Perkussion- und Schlagzeugalbum in 6er-Besetzung von Klaus Weiss, mit dem jungen Udo Lindenberg. Wow, wunderbar diese scharfen Conga-Sounds mit dem kurzen Hall aus ihrem Resonanzraum, die Rasseln, die ganzen anderen, auch weicher bespannten Trommeln, dazwischen der Spaß, den ganzen Sound bei erhöhtem Pegel durch den Sequenzer zu schicken. Hohe Abhörpegel lassen sich ja auch mit anderen Lautsprechersystemen erzielen, dabei aber eine so breite klangliche Palette aufzuspannen und bis in die feinsten Vibrationen der Marachas vorzudringen, die Bespannungen der unterschiedlichen Felle so deutlich zu machen, selbst bei Pegeln über gemessenen 93, 94 Dezibel, wo man sonst den Hörraum für gewisse Kompressionseffekte verantwortlich machte – da schrumpft der nicht gerade kleine Lautsprechermarkt schon sehr zusammen. Was ist noch nötig, um der Hailey sensationelle Ergebnisse zu entlocken? Sehr leicht ist ihre Platzierung, wie häufig bei geschlossenen Gehäusen. Ohne Reflexöffnung gibt es keinen zusätzlichen Austrittskanal, der durch Reflexionen die beste Positionierung oft vorgibt und nicht selten zu Kompromissen zwingt. Die Hailey klingt im Hörraum in einem recht weiten Bereich ausgezeichnet, genau platziert habe ich sie mit Gesangs- und Sprechstimmen mit kräftigem Tiefenanteil. Wenn die natürlich und ausgewogen Aus einem Stück Reinkupfer auf einer Gildemeister gedreht: Polklemme mit gefrästen, nicht gestanzten Haltezähnen im Kupferring. Der eloxierte knebelförmige Aluknopf ist vibrationsfest und erlaubt per Hand den richtigen Anpressdruck klingen, passt die Tief- und Grundtonbalance im Raum. Eingewinkelt im gleichschenkeligen Dreieck wurden sie so weit, dass die Innenseiten der Lautsprecher noch gut zu sehen waren. Den Bi-Wiring-Anschlüssen sind zwei gut gemachte, recht massive xxx Mitspieler Laufwerke: TW Acustic Raven Black Night, Brinkmann LaGrange 2-Arm / RöNt 2, Nottingham Deco Tonarme: ViV Rigid Float, Nottingham Anna II, Thales, Brinkmann 12.1 Tonabnehmer: Kondo IO-M, Lyra Etna, Ortofon A90, Cadenza Mono, Soundsmith Strain Gauge, Sussurro, Air Tight PC-1 Supreme, Brinkmann EMT ti, London Reference Phonoübertrager: Kondo KSL-SF-Z Phonostufen: Kondo KSL-M7, Gryphon Orestes CD-Laufwerk: Jadis JD1 Pro MkII D/A-Wandler: Jadis JS1 MkIV Tuner: Marantz 10B Vorverstärker: Kondo KSL-M77 Endverstärker: Jadis JA 80 (2010), Gryphon Reference One Lautsprecher: Mårten Bird 2, Living Voice OBX-RW Kabel: Kondo KSL-LPz, KSL-SPz2, KSL-ACz Signature/Furutech E50(R), Acoustic System Liveline RCA Special, Harmonix Golden Performance, Harmonix X-DC SM Million, Aural Symphonics Magic Gem v2t, Adagio Audio Digital Reference Zubehör: Hensler Cablewave NL-7 + NP-1000, Netzleiste Magnan Signature, Audioplan Powerstar, Antispikes, Acoustic System Resonatoren, Shakti Hallograph, Harmonix RFA-78i, RF-999 MT, TU-220 MT, TU-210 ZX, MY-TU-201, Tuning Spike Base RF-900, Shakti Stones, Regale: Thixar SMD, HRS, TimeTable, Audio Magic Delta, Salamander Design, Black Forest SoundBoards + SoundBridges, Shun Mook Valve Resonators, Mpingo Discs, L’Art du Son CD-Reiniger + Record Cleaning Fluid, Stylast xxxx Kontaktbrücken beigelegt. Bi-Wiring bringt jedoch eine ganze Menge, mehr Details und eine freiere Abbildung. Das, was die Hailey besonders gut kann, Musiksignale zwischen den Lautsprechern mit genauso großer physischer Energie abzubilden wie Signale, die näher aus den Boxen kommend abgemischt sind, ist nur mit BiWiring vollständig zu erreichen. Ich habe zwei ganz unterschiedliche Kabel dafür verwendet, einen doppelten Satz Kondo Audio Note Japan SPz und ein Bi-Wiring-Kabel von Silent Wire, das LS 32 MK2. Obwohl die Hailey im Inneren mit Kupferkabeln der Select Serie von Kimber die Verbindungen herstellt, klappte die Kommunikation auch mit den Kondo-Silberkabeln bes–tens. Ein weiteres Indiz dafür, wie sorgfältig und ausgewogen sie konstruiert ist. Mit den schlankeren Kondos kam sie etwa 20 Zentimeter näher an die Rückwand, von dort zur Lautsprecher-Vorderseite etwa 140 Zentimeter, mit den Silent Wire etwa 20 Zentimeter weiter in den Hörraum. Lautsprecher YG Acoustics Hailey 1.2 Von den Kimber-Kabeln entfernt Yoav Geva übrigens den Mantel. Da der akustische Druck im geschlossenen Gehäuse sehr hoch sein kann, sollten bewegliche Teile möglichst leicht und klein sein, um Anregung durch die Druckwellen zu vermeiden. Das Weglassen des Mantels ist im Alu-Gehäuse kein Problem, da es einen abschirmenden Faradayschen Käfig bildet und so weniger elektromagnetische Störungen eindringen können. Wenn Sie diese Argumentationen für etwas übertrieben halten, werfen Sie einmal einen Blick auf die Weichen. Hier betreibt der in USA beheimatete und in Deutschland und Israel aufgewachsene Entwickler ein wenig technischen Overkill: In der Bassweiche arbeitet eine riesenhafte Null-Ohm-Kernspule mit einem Drahtquerschnitt von 4,9 Quadratmillimetern. Entwickelt wurde sie von Mundorf, der deutsche Hersteller liefert auch die Kondensatoren für beide Frequenzweichen. Derart überdimensionale Kernspulen sind in Lautsprecherweichen sonst nicht zu finden, hier weisen sie auf ein konstruktives Merkmal hin, das Yoav Geva aufgrund seiner ultra-stabilen AluChassis realisieren konnte: Er ist der Überzeugung, dass jeder Treiber seinen Frequenzgang so tief wie möglich haben sollte, weil ein kleiner Treiber verwindungssteifer ist und zudem ein besseres Abstrahlverhalten aufweist. So kann er den Basstreiber vom Mitteltonchassis erst bei außergewöhnlich niedrigen 65 Hertz trennen. Im Signalweg liegen daher nur die beiden Riesenspulen, ein klangkritischer Widerstand ist nicht nötig, die Spulen verarbeiten zudem entstehende Hitze besser. PDF image-hifi.com 6/2014 Wie frei und hochdynamisch die Hailey dank all dieser und noch etlicher Maßnahmen mehr spielt, zeigt Joni Mitchell auf Blue (Reprise MS 2038, LP). Mit einer Energie, die bis auf die Knochen reicht, schraubt sie gleich im Titelsong ihre Stimme in die Höhe. Mitreißend sind dabei nicht nur die Mühelosigkeit und die Unbegrenztheit, die die Hailey ihr erlaubt. Es ist dieses hochenergetische Vibrieren in der Stimme, das von einem Moment zum anderen einen ganzen Raum zu füllen und anzuregen scheint. Live kennt man es aus der Oper, manche Menschen erzeugen diese durchdringende Kraft auch, wenn sie einen Schrei loslassen. Sie wissen, was ich meine? Ganz schwierig, das über eine HiFi-Anlage realistisch wiedergegeben zu bekommen, die YG Hailey kann es, als gebe es nichts Leichteres, ohne spürbare Anstrengung, ohne Begrenzung, ja, nicht einmal eine räumliche Verengung ist festzustellen. Mit diesem Lautsprecher ist Yoav Geva ein wirkliches Meisterstück gelungen. 50 000 Euro sind sehr viel Geld, dennoch, kaum je hatte ich bei teurem High-End so sehr den Eindruck, dass das mit all dem erstaunlichen Material- und Bauaufwand bis zum klanglichen Endergebnis eigentlich günstig ist. Erst recht, wenn man die Hailey neben ihrem Lautsprecherdasein auch als Kunst-Stück begreift. xxxx Lautsprecher YG Acoustics Hailey 1.2 Funktionsprinzip: 3-Wege, geschlossen Wirkungsgrad: 87 dB (1 W/1 m) Nennimpedanz: 4 Ohm, Minimalimpedanz 3 Ohm Frequenzgang: 20–40000 Hz Besonderheiten: Bi-Wiring, Gehäuse, Tief- und Mittelton-Membranen aus Aluminium Ausführungen: Aluminium anodisiert Maße (B/H/): 33/122/54 cm Gewicht: 77 kg Garantie: 5 Jahre Preis: 51400 Euro Kontakt: P.I.A. HiFi Vertriebs GmbH, Rosenweg 6, 64331 Weiterstadt, Telefon 06150/50025, www.pia-hifi.de xxxx
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