genuss | Who is he? Kulinarische Statussymbole „Food-Porn“ – der Begriff, der eher unappetitlich klingt, sagt schon, dass es um Exhibitionismus, Voyeurismus und um den Blick auf den Teller des anderen geht. Das Essen ist also eine Art kulinarisches Statussymbol geworden – und unsere (virtuelle) Gesellschaft ergötzt sich an Pizza, Pasta und Co: „ Man kommuniziert, dass man dazugehört, dass man selbst funktioniert. Oft sind es ja Fotos von besonders gesunden, vegetarischen oder veganen Speisen, da zeigt man Bewusstsein und präsentiert, dass man nachhaltig denkt. Es steckt aber auch eine Anklage dahinter. Es ist ein Vorwurf an all jene, die das nicht so machen, es hat also auch etwas Moralisierendes“, so Roman Braun. Durch die schnellen Interaktionen in den sozialen Medien wird man von seinem Umfeld regelrecht hypnotisiert und will mehr Anerkennung und Zugehörigkeit. Deswegen strebt man nach mehr Sensation, nach besserem, gesünderen, schönerem, teurerem oder schickerem Essen. Dazu Roman Braun: „Das ist eine Folge des Rudelinstinktes, der schon seit jeher in uns verankert ist. Mit dem Posten von Essenfotos drückt man eigentlich aus: ‚Danke, dass ihr mich nicht zurückgelassen habt. ‘“ Roman Braun ist Master-Coach der ICF, Mentalcoach von Weltmeistern und Weltcupsiegern, NLP-MasterTrainer und Bestseller-Autor. Sein Basisseminar, das NLP Kompakt zählt zu den bestbesuchten NLP Einführungsseminaren in Europa. Sein Background: Studium der Psychologie, Philosophie und Pädagogik, sowie Lebens- und Berufserfahrung als Unternehmer. Seine Weiterbildungen absolvierte er u.a. bei: Paul Watzlawick, Bert Hellinger, Steve de Shazer, Viktor Frankl, Richard Bandler, John Grinder, Wyatt Woodsmall u.v.m. Aus dem Spitzensport hat Roman Braun u.a. mit Schi-Star Rainer Schönfelder, Box-Weltmeister Sven Ottke, dem österr. Rudernationalteam u.v.m. gearbeitet. Food Porn: Man ist, was man … postet? G esund, fettig, heiß oder kalt – es wird gepostet, was die Speisekarte so hergibt. Roman Braun, Mentalcoach und Master Trainer des NLP, erklärt, warum man sein Essen virtuell mit allen teilen möchte, wie aus einer Frittatensuppe „FoodPorn“ wird und warum sich ein Blick über den Tellerrand lohnt. 1 | Niederösterreicherin Mittags, in einem Restaurant. Der Kellner serviert Spaghetti mit Tomatensauce, mit frischen Basilikumblättchen und winzigen Parmesanstückchen drauf. Lecker! Doch bevor die Glückliche, die das italienische Gericht bestellt hat, die Gabel zückt, greift sie zum Smartphone, rückt den Teller ins rechte Licht, schießt ein Foto und teilt es mit dem obligatorischen Hashtag #foodporn auf Insta- gram und Facebook. Aber warum? Um sich auszudrücken? Um andere zu beglücken? „Ein Posting mit mindestens 15 Likes löst kurzfristig so viele Glücksgefühle aus, wie ein guter Kuss“, stellt NLP-Trainer und Mentalcoach Roman Braun fest. Aber das ist noch nicht alles. Den Teller zeigt man her, weil man sich selbst ausdrücken, inszenieren und positionieren möchte. Foto: Shutterstock Fette Burger, zuckersüße Cupcakes oder bunte Salate: In sozialen Netzwerken wird das Essen nicht nur auf dem Tisch, sondern gleich auf die eigene Pinnwand serviert. Vier verschiedene Typen Die „Nicht-Zurückgelassenen“ sind also darauf bedacht, dass ihr Mahl im Netz bewundert wird. Der Mentalcoach kann vier verschiedene „Foodographen-Typen“ erkennen: Generell ist man in den sozialen Medien entweder brav, schlimm, arg oder kreativ. Der brave Typ isst gesund, postet Fotos von Salaten, Karotten und Kartoffeln, is(s)t oft vegan oder vegetarisch und verurteilt all jene, die es nicht tun. Der schlimme Typ serviert Ungesundes. Er haut sich Burger, Pizza, Schokoeis und Chips rein, am besten alles gleichzeitig. Er trotzt dem Gesundheitstrend, Kalorienzählen ist Humbug für ihn. So dokumentiert und teilt er seine kulinarische Rebellion mit anderen Usern. Die „argen“ Poster, das sind zum Beispiel Wettesser oder so genannte Mok-Banger: Menschen, die Unmengen an Essen innerhalb kürzester Zeit ver- zehren, sich dabei fotografieren oder filmen und die Anerkennung ihrer Liker ernten – oder besser gesagt darum haschen. „Das Motiv dahinter ist eine besondere Form des Selbstausdrucks. Je spezialisierter man ist, desto wertvoller ist man für die Gruppe. ‚Speziell‘ geht in der heutigen Zeit oft mit ‚extrem‘ einher“, deswegen sei auch der Hype um das MokBang erklärbar meint Roman Braun. Ganz nach dem Motto: „Ich bin ein Freak, behaltet mich“, versuchen diese Leute Aufmerksamkeit zu bekommen und fixer Bestandteil des Online-Rudels zu sein. Der vierte Typ ist ein kreativer, einer der gerne seine künstlerische Ader zeigt und seine gekochten „Werke“ präsentiert. Der Künstlertyp zeigt ausschließlich Selbstgebackenes und Selbstgekochtes. Mach mich fertig!!! Ob der Teller im Restaurant oder zuhause abgeknipst wird, macht nämlich einen großen Unterschied: „Menschen lieben es, etwas fertiggemacht zu haben – Aufgaben, die nicht erledigt wurden, rauben nämlich Unmengen an Energie. Bringt man was zu Ende, ist man tief befriedigt. Dieses Phänomen erklärt auch die Foodo-graphen: Sie kochen eine Mahlzeit fertig und sind dann befriedigt, stolz auf sich selbst und posten ein Foto“, erklärt Braun. Jene, die ihren virtuellen Freunden zeigen wollen, in welchem Restaurant sie sitzen, streben nach einem gewissen Status, sie wollen ihren Selbstwert pushen. „Heute präsentiert man sich über das Essen – ein Foto vom Steak in einem edlen Restaurant, ist so wie ein Foto vom neuen Porsche in der Garage.“ Aufreger oder Anreger? Man kann vom Food-Porn-Trend halten was man will. Unbestritten ist aber, dass diese Fotos frischen Wind und neue Ideen in die eigene Küche bringen. Man wird angeregt, neue Gerichte auszuprobieren, zu experimentieren, neue Geschmacksrichtungen zu testen – und falls es gelungen ist – dann vielleicht sogar zu fotografieren und zu posten. In diesem Sinne: Klick und Mahlzeit! Weitere gesellschaftliche Phänomene erklärt Roman Braun hier: www.trinergy.at Sie wollen sich inspirieren lassen? Die spannendsten Niederösterreichischen Foodblogger: Babsi backt (alles über Cakepops und Cupcakes) babsibackt.wordpress.com Candid Moments (Bärlauch Spätzle, Gorgonzola und vieles mehr) www.candid-moments.at From Veggie to Vegan (vegane Küche einmal anders) petzig.blogspot.co.at Krimserei (Backofenliebe und Fleisch) krimserei.blogspot.co.at Orangenmond (außergewöhnliche Kreationen – pikant und süß) www.orangenmond.at Wundersüß (Backträume) www.wundersuess.at Niederösterreicherin | 2
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