Was ist von ätherischen Ölen zu erwarten?

Tier
■ BAUERNBLATT l 1. Juni 2013
Erfolgreich füttern: Gesundheitsstatus verbessern
Was ist von ätherischen Ölen zu erwarten?
den Körper. Auch die Riechnerven
bleiben nicht untätig: Sie senden
den wahrgenommenen Geruch an
das Gehirn, wo er eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden entfaltet. Sie wirken ausgleichend und
regulierend.
Immer wieder suchen wir nach Alternativen, um den Gesundheitsstatus unserer Herde zu verbessern
und die Futteraufnahme sowie die
Leistung zu steigern. Die Verbraucher fordern vermehrt eine artgerechte Fütterung ohne den Einsatz
chemisch-synthetischer Zusatzstoffe. Auch daher stieg in den vergangenen Jahren zunehmend das
Interesse an funktionellen Pflanzenstoffen und ihren Einsatzmöglichkeiten in der Tierernährung.
Zahlreichen pflanzlichen Futterzusatzstoffen wird unter anderem
die Fähigkeit zugesprochen, die
Tiergesundheit zu stabilisieren
und die Nährstoffverwertung zu
verbessern.
Pflanzliche
Futterzusatzstoffe
sind entweder als Kräutermischungen (getrocknete, gemahlene
Pflanzen beziehungsweise Pflanzenteile) oder als Aromazusatzstoffe (Extrakte oder ätherische Öle
von Pflanzen) verfügbar.
Was sind
ätherische Öle?
Ätherische Öle sind ölige, flüchtige, wohlriechende, hochkonzentrierte Substanzen, die aus den unterschiedlichsten
Pflanzenteilen
gewonnen werden. Sie weisen, abhängig von der Herkunftspflanze,
zumeist einen starken, charakteristischen Geruch auf. Sie sind das Produkt pflanzlicher Stoffwechselprozesse und bestehen deshalb aus
zahlreichen verschiedenen Komponenten. Ätherische Öle haben zum
Beispiel die Aufgabe, Insekten zur
Bestäubung anzulocken oder aber
auch Schädlinge fernzuhalten beziehungsweise vor Krankheiten zu
schützen.
Diese komplexen Wirkungen
machte man sich schon vor Jahrhunderten zur Heilung von Menschen zunutze. Früher galten Zubereitungen aus ätherischen Ölen als
„Antibiotikum für Arme“. Daher
wurden die ätherischen Öle schon
seit jeher in der Humanmedizin
und menschlichen Ernährung eingesetzt.
Ätherische Öle
in der Veterinärmedizin
Die Wirkung ätherischer Öle lässt sich
schwer direkt nachweisen; eine Verbesserung der Immunität scheint aber
oft gegeben.
Wirkungen. Anwendung finden
sich in der menschlichen Ernährung
und der Humanmedizin. Zunehmend gewinnen sie auch in der Veterinärmedizin an Bedeutung.
Beim Inhalieren gelangen ätherische Öle über die Schleimhäute in
den Blutkreislauf, von wo aus sie in
die Organe transportiert werden.
Beim Einreiben dient die Haut,
beim Einnehmen der MagenDarm-Trakt als Eintrittspforte in
physiologische Vorgänge und können vorbeugend gegeben werden.
Sie sind oft eine sinnvolle Ergänzung zu Antibiotika oder sonstigen
therapeutischen Maßnahmen. Ihnen wird sogar eine Überlegenheit
gegenüber den chemischen Mitteln nachgesagt, weil sie oft nicht
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Ätherische Öle finden in der Veterinärmedizin als Phytotherapeutikum, Futterzusätze und Stalldesinfektionsmittel Verwendung. Als
Bestandteil von Arzneimitteln entfalten sie ihre antimikrobielle und
spasmolytische Wirkung. So werden ätherische Öle zur Behandlung
von Erkrankungen des MagenDarm-Traktes, bei Husten, zur Beschleunigung der Wundheilung,
bei entzündlichen Veränderungen
der Maul- und Rachenschleimhaut
und als Bestandteil von Euterbalsamen eingesetzt.
Ätherische Öle in Form von Futterzusätzen können als natürliche
Alternative zu den ohnehin verbotenen antibiotischen Leistungsförderern dienen, wobei besonders
Jungtiere von den antimikrobiellen
Eigenschaften profitieren und weniger häufig erkranken.
In der Regel kommen ätherische
Öle als Futtermittelzusatzstoff in
den Betrieben zum Einsatz. Sie stärken die Abwehrkräfte, wirken regulierend und unterstützend auf
nur auf ein Organ wirken, sondern
zum Beispiel auf alle Verdauungsorgane. Sie können über längere
Zeit gegeben werden, auch bei
chronischen Erkrankungen. Sie dienen als Prophylaxe oder als Ergänzungen zu Therapien, sie ersetzen
jedoch bei schwerwiegenden Erkrankungen keine Medikamente
und dürfen als solche auch nicht gesehen werden.
In älterer Literatur finden sich
Hinweise darauf, dass mit ätherischen Ölzusätzen im Futter ähnliche
Leistungsparameter
bei
Schweinen, Hühnern und Kälbern
gefunden wurden wie mit antibiotischen Leistungsförderern, jedoch
Anwendungsgebiete
ohne das Risiko von Nebenwirkunund Wirkungen
gen.
Allerdings beeinflussen die HalDie Anwendungsgebiete ätheri- Bei Jungtieren werden häufig eine Stabilisierung der Darmflora und eine retungsbedingungen mögliche Efscher Öle sind so vielfältig wie ihre duzierte Krankheitsanfälligkeit beschrieben.
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Tier
fekte sehr stark. So wird berichtet,
dass leistungssteigernde Effekte
hauptsächlich bei suboptimalen
Haltungsbedingungen auftraten,
während bei optimalen Haltungsbedingungen keine positiven Effekte mehr festzustellen waren. JeANZEIGE
doch sind diese so viel beschriebenen Ergebnisse einerseits nur
schwer mit Versuchen zu belegen
und andererseits oft in der Praxis
nicht reproduzierbar.
Ätherische Öle
für Kühe
Mittlerweile befinden sich auf
dem Markt zahlreiche Produkte,
die pflanzliche Zusatzstoffe alleine
oder in Kombination mit anderen
alternativen Futterzusätzen enthalten. Oft finden sich in diesen Zusätzen ätherische Öle von Anis, Oregano, Fenchel, Thymian, Zimt, Eukalyptus, Pfefferminze, denen eine
vielfältige Wirkung nachgesagt
wird.
Als Aromastoff (zum Beispiel
Oregano) sollen sie die Schmackhaftigkeit des Futters erhöhen, appetitanregend wirken und die Speichelproduktion fördern. Damit verbunden soll die Futteraufnahme er-
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höht und einer Pansenübersäuerung entgegengewirkt werden.
Auch die Stabilisierung der
Darmflora soll gerade durchfallerkrankten Kälbern zugutekommen.
Die
antibakterielle
Wirkung
kommt auch im Pansen zum Tra-
Inhaltsstoffe mit einer Arzneiwirkung sind die Gerb- und Bitterstoffe sowie die ätherischen Öle. Dazu
gehören vor allem Thymol und Carvacrol. Diese Stoffe töten Bakterien
und Pilze ab. Das aus Oregano hergestellte ätherische Öl setzt sich aus
bis zu 25 verschiedenen entzündungshemmenden Inhaltsstoffen
zusammen, die sehr komplexe Wirkungen mit sich bringen.
Die Heilpflanze Oregano findet
besonders bei Beschwerden des gesamten Verdauungstraktes (Magen, Darm, Leber, Galle) sowie
Atemwegserkrankungen ihre Vergen, indem das Pansenmilieu güns- wendung und wirkt vor allem im
tig beeinflusst wird und Eiweiß ab- Mund und Rachen entzündungsbauende Organismen gezielt ge- hemmend.
hemmt werden. Das reduziert die
Ammoniakbildung und stellt der
Welche Ergebnisse
Kuh mehr Aminosäuren im Darm
gibt es bisher?
zur Verfügung.
Viele Pflanzen, die auch in der
Bei Sichtung neuerer Literatur
menschlichen Ernährung oder der zum Einsatz pflanzlicher SubstanHumanmedizin positive Effekte mit zen in der Tierernährung stößt man
sich bringen, werden für den mög- auf zahlreiche Ergebnisse aus Ferlichen Einsatz in der Tierernährung kel- und Mastschweineversuchen.
herangezogen und getestet.
Allgemein lässt sich feststellen, dass
Im Rinderbereich wird von den im Mittel dieser Versuche die VerHeilpflanzen hauptsächlich Orega- fütterung von Kräutern, Gewürzen
no eingesetzt.
und ätherischen Ölen kaum signifikante Leistungsverbesserungen bewirkte. Dennoch konnten durchaus
Oregano
mit einzelnen Produkten gewisse
als Heilpflanze
Effekte erreicht werden. Schwierig
Oregano ist eine alte Heilpflan- ist dabei, dass kaum Aussagen wie
ze, die schon vor Jahrhunderten in zum Beispiel zum Durchfallgescheder chinesischen Medizin zum Ein- hen dokumentiert sind.
Bisher wurde verschiedenen Ansatz kam. Sie wurde bei Fieber,
Durchfall und Erbrechen einge- sätzen nachgegangen, doch leider
finden sich keine Ergebnisse aus
setzt.
Die würzig riechenden ätherischen Öle können sich positiv auf die Schmackhaftigkeit des Futters und somit auf die
Futteraufnahme auswirken.
Fotos: Mareike Franzen
Exaktfütterungsversuchen
mit
ätherischen Ölen in der Rinderfütterung.
Manche Betriebe haben entsprechende Erfahrungen gesammelt. Diese beziehen sich jedoch
in der Regel nur auf die Veränderungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, in dem die Reaktion der Tiere bei Fütterung mit
beziehungsweise ohne ätherisches Öl verglichen wurde. Problematisch hierbei ist häufig, dass
mitunter auch andere Einflussfaktoren auf das Ergebnis wirken,
welche nicht näher quantifiziert
werden können. Mögliche Effekte
lassen sich deshalb am genauesten
unter exakten Bedingungen in
Fütterungsversuchen geeigneter
Versuchseinrichtungen beschreiben.
FAZIT
Ätherische Öle scheinen ein
großes Potenzial als Futtermittelzusätze zu haben. Sie verfügen über eine antibakterielle
und antivirale Aktivität. Sie
entfachen Wirkungen im Magen-Darm-Trakt, können das
Immunsystem und die Futteraufnahme beeinflussen. Trotz
dieser positiven Wirkungen
gibt es immer noch zahlreiche
offene Fragen. So müssen zuerst die genauen Wirkprinzipien geklärt werden sowie die
exakte
Zusammensetzung
pflanzlicher Zusätze. Sonst
müsste der Einsatz für jedes
Pflanzenprodukt in Abhängigkeit von Dosis, Haltungsbedingungen und Tierart immer wieder aufs Neue erprobt werden.
Die exakten Ergebnisse benötigt man, um den routinemäßigen Einsatz zu erleichtern und
zu ermöglichen.
In der Praxis werden zum Teil
Leistungseffekte beobachtet.
Dabei scheint jedoch die Höhe
des Effektes betriebsindividuell
sehr verschieden zu sein. Häufig sind es nicht auszumachende Einflussfaktoren, die über
Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes eines pflanzlichen Produktes entscheiden.
In jedem Falle sollte man sich
hinreichend über einen pflanzlichen Futterzusatzstoff informieren, bevor er zum Einsatz
kommt.
Mareike Franzen
Praktikantin
Landwirtschaftskammer