Was ist bei der Auswahl eines Breitbandanbieters nach dem Kommunalen Vergaberecht zu berücksichtigen? Vortrag anlässlich des Workshops „Die neue Breitbandförderung für Schleswig-Holstein“ am 11.07.2008 in der Sparkassenakademie in Kiel Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Zusammenhang Beihilfe/Vergabe Beihilferecht: Transparenz, Öffentlichkeit, Wirtschaftlichkeit Vergaberecht: Transparenz, Pflicht zur Markterkundung, Wirtschaftlichkeit Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Auswahl eines Breitbandanbieters: Dienstleistungskonzession oder Dienstleistungsauftrag? Dienstleistungskonzession: Unternehmer trägt die mit der Dienstleistung verbundenen Risiken Als Gegenleistung erhält der Unternehmer das Recht seine eigene Leistung zu nutzen/ entgeltlich zu verwerten. Dienstleistungsauftrag: Gemeinde übernimmt die gesamten Investitionskosten oder ggf. die Deckungslücken (ganz oder teilweise) Gemeinde trägt daher zumindest teilweise das wirtschaftliche Risiko Ergebnis: Es liegt ein Dienstleistungsauftrag vor! Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Weitere Frage: Liegt eine Beschaffung vor? Deutsches Vergaberecht Ist aus dem Haushaltsrecht entwickelt. Deshalb gehen die öffentlichen Auftraggeber davon aus, dass ein eigener Beschaffungsbedarf Tatbestandsmerkmal eines öffentlichen Auftrages ist. Europäisches Vergaberecht Es ist nicht zu unterscheiden zwischen Aufträgen zur Deckung seines Bedarfes und anderen Aufträgen. Es reicht vielmehr aus, dass der öffentliche Auftraggeber überhaupt Aufträge vergibt. Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Fazit Es liegt ein Dienstleistungsauftrag vor Es ist Vergaberecht anzuwenden, in diesem Fall VOL/A Zwei Varianten denkbar: nationale oder europaweite Ausschreibung Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Nationale Ausschreibung Nationale Ausschreibung (VOL/A, Abschnitt 1, Basisparagraphen): Beschränkte Ausschreibung nach SHVgVO < 50.000,-EURO § 3 Nr. 3 lit. a VOL/A (Beschränkte Ausschreibung) auch bei höheren Auftragssummen möglich, aber hier nur nach öffentlichem Teilnehmerwettbewerb. Pflicht zur Markterkundung bei beschränkter Ausschreibung (durch förmlichen Teilnahmewettbewerb → Transparenz) Gemeinde muss sicher sein, dass der Schwellenwert für eine europaweite Ausschreibung unter keinen Umständen erreicht wird. Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Aspekte der nationalen Ausschreibung Leistungsverzeichnis ergibt sich aus vor allem aus der nach Förderrichtlinie vorgeschriebenen Bedarfsanalyse. In der Ausschreibung sind Mindestbedingungen zu formulieren Deutsches Vergaberecht kennt bei der Bewertung der Angebote nur den Aspekt „Wirtschaftlichkeit“ (Auswahl des günstigsten Bieters) Alle Angebote die die Mindestbedingungen erfüllen, sind zu werten. Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Europaweite Ausschreibung Der Schwellenwert für EU-Vergaben beträgt aktuell 206.000,- EURO. Beihilfehöchstsatz Breitbandförderung: 200.000,- EURO Aber: Streitig könnte sein, was eigentlich der Auftragswert bei der Breitbandförderung ist (Wirtschaftlichkeitslücke; „Wert“ eines eigenen Anschlusses; mögliche Wertschöpfung durch Endkundenverträge; geldwerter Vorteil durch Gewährung von Leitungsrechten) Daher ist bei Unsicherheit, ob der Schwellenwert überschritten wird, europäisches Vergaberecht anzuwenden Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Europäisches Vergaberecht Europaweite Ausschreibung gem. § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A Verhandlungsverfahren mit (vorheriger) öffentlicher Vergabebekanntmachung Da diese Beschaffung technologieneutral erfolgen muss, ist nur ein Leistungsprogramm möglich. Daher ist wegen der damit verbundenen Risiken eine vorherige Festlegung des Gesamtpreises nicht möglich (§ 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A). Gewichtung der Eignungskriterien ist möglich, muss aber diskriminierungsfrei erfolgen Wichtig: Benachrichtigung von Bewerbern, die nicht zum Wettbewerb aufgefordert werden, nach § 13 VgV Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Europäisches Vergaberecht Weitere Vorteile: Verhandlungen mit den Bietern möglich, um vergleichbare Angebote zu erhalten Geheimwettbewerb muss gewahrt bleiben Gewichtung der Zuschlagskriterien möglich, z. B. Zeitpunkt der Bereitstellung; Ausfallsicherheit; Netzverfügbarkeit Rügeverpflichtung der Bieter nach § 107 Abs. 3 GWB (Wer nicht rechtzeitig gerügt hat, kann später nicht mehr vor der Vergabekammer klagen!) EU-Vergaberecht kann auch freiwillig angewendet werden (unschädlich) Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein Europäisches Vergaberecht Vor Zuschlagserteilung Unterrichtung der unterlegenen Bieter nach § 13 VgV, da sonst keine wirksamen Verträge geschlossen werden Da durch die Anwendung des europäischen Vergaberechts die Kriterien „Transparenz, Öffentlichkeit, Wirtschaftlichkeit“ erfüllt sind, können die Gemeinde jederzeit nachweisen, dass ein unangreifbares Verfahren erfolgte und somit kein Vertragsverletzungsverfahren drohen kann, bzw. keine Kürzung/ Rückzahlung der Beihilfe zu erwarten ist. Holger Severin [email protected] Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein
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