Einführung in die Schulpädagogik Unterrichten Erziehen Diagnose inkl. Leistung messen Beraten Innovieren, Schule entwickeln Profession und professionelles Wissen Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München Profession und professionelles Wissen • 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? • 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Profession und professionelles Wissen Folie 2 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? • Lehrer müssen lernen, unter unsicheren Bedingungen zu handeln! (vgl. Shulman) – Antinomien (vgl. Helsper) – Widersprüchliche Erwartungen – Weiche und harte Realitätskonstruktionen (vgl. Stierlin 1997) – Unterricht als Unsicherheitssituation • Empirisch ermittelte Anforderungen • Realitätsprinzip folgen, ohne zu resignieren • Eigene Handlungsspielräume gestalten – „Freiheit für“ nutzen • Individuelle Vision des Lehrerberufs, den eigenen Stil finden • Arbeitsbündnis ist nötig, aber vielleicht unmöglich (vgl. Oevermann) Profession und professionelles Wissen Folie 3 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Bewältigung von Antinomien Auswahl aus den 11 Antinomien von Helsper • • • • • Praxisantimonie Ungewissheitsantinomie Symmetrie- und Machtantinomie Näheantinomie Sachantinomie Profession und professionelles Wissen Folie 4 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Widersprüchliche Erwartungen Schüler Schule Klasse Kollegium Schulleitung Eltern Bildungssystem Gesellschaft (vgl. W. Hagemann 2003) Profession und professionelles Wissen Folie 5 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Weiche und harte Realitätskonstruktionen • Weiche Realitätskonstruktionen • Harte Realitätskonstruktionen vgl. H. Stierlin 1997 Profession und professionelles Wissen Folie 6 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Weiche und harte Realitätskonstruktionen Weiche Realitätskonstruktionen • weiche, psychosozial relevante Beziehungsrealität • Erkennen, Verstehen, Bewerten, Mitteilen… • Beeinflussen der eigenen wie fremden Antriebe, Annahmen, Absichten und Erwartungen. → zeigt sich hochgradig abhängig von einem Konsens, ist dauernd durch Dissens gefährdet. vgl. H. Stierlin 1997 Profession und professionelles Wissen Folie 7 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Weiche und harte Realitätskonstruktionen Harte Realitätskonstruktionen • objektive Realität • Sehen, Hören, Messen… → Konsens stellt sich in der Regel problemlos ein. vgl. H. Stierlin 1997 Profession und professionelles Wissen Folie 8 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Unterricht als Unsicherheitssituation Pädagogisches Wissen Zwischenfälle Schülerkopf als Blackbox 1. Initiieren von Lernaktivitäten Fachwissen 2. Response Lerner 3. Evaluation Curriculare Vorgaben Fachdidaktische s Wissen Tagesform Profession und professionelles Wissen Folie 9 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Lehrerhandeln als Anforderungssituation 1. ist im Kern die Vorbereitung, Inszenierung und Evaluation von Lernangeboten (z.B. Helmke, Baumert); 2. findet in Interaktionsbeziehungen zwischen nicht-trivialen Maschinen statt (Luhmann); 3. ist deshalb geprägt durch Multidimensionalität, Simultaneität, Unvorhersagbarkeit, Öffentlichkeit, Historizität (Doyle); 4. ist immer ein Handeln, bei dem mehr nicht gewusst als gewusst wird (Kiel); 5. stützt sich in der Praxis nur sehr begrenzt auf in der Wissenschaft entwickelte Wissensbestände (z.B. Czerwenka) Lehrerhandeln ist trotz Referenz auf systematische Wissensbestände nicht technisch funktional konzeptualisierbar Profession und professionelles Wissen Folie 10 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Wie agiere ich in einer technisch funktional nicht konzeptualisierbaren Situation erfolgreich? Lehrer/innen müssen folgende Ressourcen aktivieren können: sich realistische Ziele setzen, Misserfolge konstruktiv verarbeiten, sich in ein unterstützendes soziales Netz einbinden können, die Perspektive der Genussfähigkeit und Dankbarkeit pflegen, effektive Methoden der Stressbewältigung, des Zeitmanagements verwenden, über Distanzierungsfähigkeit und positive Rollendistanz verfügen, Selbstakzeptanz und Ichstärke besitzen und über eine internale Kontrollüberzeugung verfügen. (vgl. Sieland, Schaarschmidt, Hillert, Jehle u.a.) Profession und professionelles Wissen Folie 11 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Erwartungen an die Lehrerrolle • Kindorientierung 1 (Die Fähigkeit, Freude an der Interaktion mit Kindern und Jugendlichen zu haben), • Stressresistenz (Die Fähigkeit, mit schwierigen, anstrengenden oder belastenden Situationen so umzugehen, dass man gesteckte Ziele erreicht und gesund bleibt), • Kindorientierung 2 (Die Fähigkeit, Lernangebote kindgerecht aufzubereiten und zu inszenieren) und • Führung 4 (Die Fähigkeit, jeden Menschen anzuerkennen und zu achten, seine Bedürfnisse und Emotionen wahrzunehmen sowie das Interesse an der Person zeigen zu können). Profession und professionelles Wissen Folie 12 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 1. Leitfrage: Wie soll eine Lehrkraft sein? Erwartungen an die Präsentation der Lehrkraft • Mündlicher Ausdruck (Die Fähigkeit, gesprochene Worte und Sätze so zu verwenden, dass andere sie verstehen), • Präsent sein (Die Fähigkeit, möglichst viele Aspekte der Umgebung, Personen und Verhaltensweisen gleichzeitig zu registrieren und Signale einer solchen Aufmerksamkeit zu senden), • Zuverlässigkeit (Die Fähigkeit, glaubwürdig und verantwortungsbewusst zu agieren. Dies schließt Verlässlichkeit und Gewissenhaftigkeit im Erledigen von Pflichten und Aufgaben ein), • Flexibilität (Die Fähigkeit, sein eigenes Verhalten an sich plötzlich verändernde,nicht geplante Bedingungen anzupassen. Dies schließt die Fähigkeit mit ein, die neue Situation in möglichst kurzer Zeit wahrzunehmen und bewerten zu können), • Vermitteln von Wissen (Die Fähigkeit, Sachverhalte und Zusammenhänge zu einem bestimmten Thema möglichst adressatenbezogen an andere weiterzugeben), • Authentizität (Die Fähigkeit, so zu erscheinen, als ob rationale, emotionale, verbale und nonverbale, sichtbare und nicht sichtbare Signale und Informationen möglichst weit übereinstimmen) und • Sicheres Auftreten (Die Fähigkeit, in sozialen Situationen Selbstsicherheit zu zeigen und zu kommunizieren) Profession und professionelles Wissen Folie 13 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? • Wilbers Quadrantensystem • Reigeluth/Bunderson/Merrill zum Instruktionsdesign • Wenigers Unterscheidung von Theorietypen • Shulmans Charakterisierung Pädagogischen Wissens Profession und professionelles Wissen Folie 14 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wilbers Quadrantensystem Ken Wilber Profession und professionelles Wissen Folie 15 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wilbers Quadrantensystem Profession und professionelles Wissen Folie 16 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wilbers Quadrantensystem individuell innen: außen: Mager Möller … Bittner Piaget … intentional kollektiv kulturell Spranger Nohl … Profession und professionelles Wissen verhaltensmäßig sozial Systemtheorie von Cube … Folie 17 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wilbers Quadrantensystem innen: außen: individuell subjektiv Mager Möller … Wahrhaftigkeit Ich kollektiv kulturell Spranger Nohl … Profession und professionelles Wissen verhaltensmäßig sozial Systemtheorie von Cube … Folie 18 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wilbers Quadrantensystem innen: außen: objektiv individuell subjektiv Wahrhaftigkeit Wahrheit Ich kollektiv kulturell Spranger Nohl … Profession und professionelles Wissen Es sozial Systemtheorie von Cube … Folie 19 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wilbers Quadrantensystem innen: außen: objektiv individuell subjektiv Wahrhaftigkeit Wahrheit Ich Es Wir sozial kollektiv intersubjektiv Richtigkeit Profession und professionelles Wissen Systemtheorie von Cube … Folie 20 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wilbers Quadrantensystem innen: außen: objektiv individuell subjektiv Wahrhaftigkeit Wahrheit Ich Es Wir Es kollektiv intersubjektiv Richtigkeit Profession und professionelles Wissen interobjektiv Funktionelles Passen Folie 21 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Reigeluth/Bunderson/Merrill zum Instruktionsdesign Scientist Analytic Approach Intuition Results Technologist Principles Principle Intuition Results Technican * Products = designs, instruments, or validations Procedures Procedures Products Profession und professionelles Wissen Folie 22 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wenigers Unterscheidung von Theorietypen • Theorien ersten Grades • Theorien zweiten Grades • Theorien dritten Grades Profession und professionelles Wissen Folie 23 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wenigers Unterscheidung von Theorietypen • Theorien ersten Grades – Unbewusste, nicht artikulierte Voreinstellungen des Praktikers Profession und professionelles Wissen Folie 24 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wenigers Unterscheidung von Theorietypen • Theorien zweiten Grades – Erfahrungen des Praktikers, die durch Generalisierungen zu einer Kunstlehre werden. Profession und professionelles Wissen Folie 25 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Wenigers Unterscheidung von Theorietypen • Theorien dritten Grades – Der Praxis nachgeordnete wissenschaftliche Reflexionen über die Praxis. Profession und professionelles Wissen Folie 26 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München 2. Leitfrage: Was kann oder soll eine Lehrkraft wissen? Shulmans Charakterisierung Pädagogischen Wissens • Fachwissen • Fachdidaktisches Wissen • Generelles pädagogisches Wissen Profession und professionelles Wissen Folie 27 Prof. Dr. Ewald Kiel – LMU München
© Copyright 2024 ExpyDoc