Pressegespräch und Lehrbetriebs-Besuch mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Siemens-Generaldirektor Wolfgang Hesoun So wird die Lehre fit für die Digitalisierung Moderne Lehrberufe für die Fachkräfte der Zukunft Wirtschaftsminister Mitterlehner stellt bei Siemens Österreich ein neues Lehrberufspaket vor - Duale Ausbildung wird modernisiert und fit für den digitalen Wandel - Neue Angebote für Lehrlinge im Paket Wien (BMWFW). Aufgrund der Digitalisierung und den steigenden Anforderungen der Betriebe schlägt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ein umfangreiches Lehrberufspaket vor. „Die Lehre muss fit für den digitalen Wandel werden. Zusätzlich wollen wir die Fachkräfteausbildung für Lehrlinge und Betriebe noch attraktiver machen“, sagt Mitterlehner am Mittwoch im Rahmen eines Betriebsbesuchs bei Siemens Österreich in Wien, wo derzeit 120 Lehrlinge ausgebildet werden. Bis 2020 will Mitterlehner insgesamt 54 Lehrberufe modernisieren und neu ausrichten. Zudem profitieren Lehrlinge ab dem 1. Juli von kostenlosen Vorbereitungskursen vor der Abschlussprüfung und Gratis-Sprachkursen im Ausland. „Die organisatorische und technologische Komplexität im Arbeitsalltag nimmt unaufhaltsam zu. Um auf Dauer ein attraktiver Arbeits- und Wirtschaftsstandort zu bleiben, müssen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen regelmäßig an den Zeitgeist angepasst werden“, sagt Siemens-Österreich-Generaldirektor Wolfgang Hesoun. „Wir haben die Ausbildung bei Siemens fit für die zweifellos immer stärker digitalisierte Industrie gemacht, unsere Lehrlinge haben beruflich die besten Perspektiven. Allerdings wird die enorme Bedeutung der Lehre für den Arbeits- und Wirtschaftsstandort in der Öffentlichkeit vielfach unterschätzt. Dabei sind gut ausgebildete Arbeitskräfte das wichtigste Asset, das wir haben – gerade in Zeiten der Digitalisierung. Denn: Auch eine digitale Fabrik will von kompetenten Facharbeitern errichtet und gewartet werden.“ Die duale Ausbildung wertet den Wirtschaftsstandort auf, steht aber vor großen Herausforderungen: Gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen ändern sich immer schneller, die Globalisierung ist gelebte Realität. Der Trend in Richtung Industrie 4.0 bringt neue Aufgaben. Parallel dazu führt der demographische Wandel zu einer sinkenden Zahl an Jugendlichen. Außerdem steigt der Wettbewerb der Betriebe mit den weiterführenden Schulen um die besten Jugendlichen. Die stetige Modernisierung ist daher ein zentraler Punkt, um Jugendliche für einen Lehrberuf zu motivieren. „Allein seit 2010 haben wir 56 Lehrberufe für 52.000 Lehrlinge angepasst oder grundlegend neu konzipiert. Das entspricht mehr als einem Viertel der knapp 200 Lehrberufe bzw. knapp der Hälfte der Lehrlinge“, betont Mitterlehner. 1 Schon das Lehrberufspaket 2017 bringt acht neue bzw. modernisierte Berufsbilder. Davon geht die Hälfte direkt auf die Digitalisierung ein: Neuer Schwerpunkt „Digitaler Verkauf“ im Lehrberuf Einzelhandel Fertigteilhausbau: digital gesteuerte Produktionsanlagen für Bauelemente Reifenund Vulkanisationstechnik: Verstärkter Diagnosecomputern und Reifendruckkontrollsystemen Einsatz von Sonnenschutztechnik: Wegen Steuerungs- & Automatisierungssystemen Zudem werden heuer die Lehrberufe Buchbinder, Pflasterer, Wärme-, Kälte-, Schallund Brandschutztechnik (bisher Isoliermonteur) erneuert. Ausblick bis 2020: Ausgewählte Lehrberufe mit Digital-Schwerpunkt. Glasverfahrenstechnik: Ein komplett neuer Lehrberuf für die produzierende Glasindustrie, insbesondere auf Automatisierung und Robotereinsatz ausgerichtet. Informationstechnologie (derzeit zwei Lehrberufe mit 1.563 Lehrlingen): Das aktuelle elf Jahre alte Berufsbild muss erneuert werden. Gerade hier sollen die Lehrlingszahlen steigen, Berufsorientierung und Lernunterstützung werden ausgebaut. Chemieverfahrenstechnik (312 Lehrlinge) Ziel: Themen, die für Industrie relevant sind, bereits in fachliche Grundausbildung integrieren, zum Beispiel die Vernetzung von Maschinen und mehr IT-Kompetenzen. Physiklaborant/in (40 Lehrlinge) Dieser Lehrberuf wird grundlegend modernisiert und unterstützt speziell Wissenschaft und Forschung (z.B. im Werkstoffbereich, Nanotechnologie). Fahrradmechatronik: Große Nachfrage nach neuem Lehrberuf: soll Entwicklungen in der Branche wie E-Bike, Pneumatik, Hydraulik, Komfortelektronik u.a. abbilden. Sportgerätetechnik: Komplett neuer Lehrberuf mit starkem Automatisierung und Vernetzung (Haftungsfragen große Rolle). Bezug zu Installations- und Gebäudetechnik (3.895 Lehrlinge). In den letzten Jahren hat es größere Änderungen im Bereich der Automatisierung von Anlagen (speziell für die Reduzierung des Energieverbrauchs) gegeben, die zu berücksichtigen sind. Karosseriebautechnik (1.253 Lehrlinge) Einzug der Hochvolt-Technologie erfordert Überarbeitung der Ausbildungsordnung. Beispiel: Verunfallte E-Fahrzeuge sind anders zu behandeln als normale Fahrzeuge. E-Commerce-Kaufmann/-frau wird als neuer Lehrberuf für Handelsunternehmen konzipiert, die selbst Online-shops betreiben. Schwerpunkte: Shop-management, Marketing, Kundenverhalten, Verbesserungen des Shops, Logistik-Know-how. 2 Aktuelle Maßnahmen für heimische Lehrlinge Ab 1. Juli werden die vollen Kosten für alle Vorbereitungskurse auf die Lehrabschlussprüfung übernommen. Bisher war die Rückerstattung mit 250 Euro gedeckelt, aber vor allem in technischen Berufen wie der Elektrotechnik sind die Kurse aufwendiger und fallen daher Kosten von bis zu 800 Euro an. Zusätzlich erleichtern wir die Antragstellung, indem die Nutzung des Angebots von 12 auf 36 Monate nach Lehrzeitende verlängert wird. Auch die Antragsfrist erhöht sich von 3 auf 6 Monate nach dem absolviertem Kurs. Derzeit nützen diese Aktion pro Jahr 8.500 Lehrlinge, künftig sollen es bis zu 3.000 mehr sein - also insgesamt 11.500 pro Jahr. Sprachkurse von Lehrlingen im Ausland werden kostenlos. Damit wollen wir die Zahl der beruflichen Auslandsaufenthalte von derzeit 750 pro Jahr weiter erhöhen. Gefördert werden bis zu zwei Wochen Sprachaufenthalt. Umfasst sind die Kosten der Sprachschule, die Reise- und Aufenthaltskosten sowie zur Abdeckung der Lebenskosten eine Prämie von 210 Euro für zwei Wochen (= Taschengeld von 15 Euro pro Tag). Die Betriebe erhalten die aliquote Lehrlingsentschädigung ersetzt. Aktuelle Zahlen zur Lehre insgesamt und bei Siemens Österreich Zahl der Ausbildungsbetriebe 28.204 Zahl der Lehrlinge 106.950 Lehranfänger gesamt (1. Jahr) 32.693 Lehranfänger nur in Betrieben 28.524 Offene Lehrstellen beim AMS (sofort verfügbar) 3.391 Förderungen (betriebliche Lehrstellenförderung und AMS-Mittel) ~361 Mio. Euro investiert Siemens Österreich bildet derzeit 400 Jugendliche aus, insgesamt stehen 20 verschiedene Lehrberufe zur Wahl. Besonders beliebt ist die Ausbildung zum Mechatroniker: 61 Lehrlinge möchten diesen Beruf ergreifen. Bei Siemens können die Lehrlinge aller Ausbildungsrichtungen während der Lehrzeit die Matura absolvieren. Vor allem bei den 17 technischen Lehrberufen steht das Thema Digitalisierung im Zentrum, daher wird auf den Kompetenzaufbau rund um Cloud Computing, Machineto-Machine-Communication, additive Manufacturing, Netzwerktechnik oder Robotik großen Wert gelegt. Die Jugendlichen können in den Lehrwerkstätten mit 3DDruckern, intelligenten Industrierobotern und mit Modellen von Produktionsstraßen arbeiten. So erhalten sie starken Praxisbezug zu Sensorik, Aktorik, Vernetzung und Datenübertragung und vertiefen ihr Wissen in diesen Bereichen. 3
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