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16 Region
DONNERSTAG, 9. MÄRZ 2017
Kantonsgericht Versuchte schwere Körperverletzung, Sachbeschädigung, Vergehen gegen das Ausländergesetz
20 Monate Haft nach Bierglasattacke
Ein Mann wurde im Ausgang
von einer Frau zurückgewiesen
– und schlug sie darauf mit
einem Bierglas bewusstlos.
Nun muss er ins Gefängnis.
VON PASCAL SCHMIDLIN
Im Frühling 2015 sass eine junge Frau
zu später Stunde an der Bar eines
Schaffhauser Lokals, als sie von einem
heute 31-jährigen marokkanischen
Asylbewerber angesprochen wurde.
Als er die Frau an der Hüfte anfasste
und an sich ziehen wollte, wies sie ihn
zurück. Darauf attackierte sie der Asylbewerber heftig: Zuerst schlug er ihr
mit der Hand ins Gesicht, anschliessend mit einem Bierglas mehrmals
gegen den Kopf, bis sie blutete und das
Bewusstsein verlor. So steht es in der
Anklage gegen den Beschuldigten, der
sich wegen versuchter schwerer Körperverletzung gestern vor dem Schaffhauser Kantonsgericht verantworten
musste.
Seit Anfang 2012 lebt der Beschuldigte in der Schweiz. «Ich will hier
arbeiten und Geld verdienen, um
meine Familie zu Hause zu unterstützen», erklärte er Kantonsrichter An­
dreas Textor, der gestern den Vorsitz
der Strafkammer hatte, den Grund für
seinen Aufenthalt in der Schweiz. Doch
sein Asylgesuch sei abgewiesen worden. In seine Heimat wolle er aber nicht
zurück, denn er habe kein Geld. «Eine
Rückkehr mit leeren Taschen wäre
eine Schande, und ich würde das Gesicht verlieren», sagte er.
Falscher Name, falsches Alter
Bei der Befragung zur Lebensgeschichte sorgte der Beschuldigte für
Verwirrung: Weder Name noch Geburtsjahr auf der Anklageschrift würden stimmen, sagte er. Er habe falsche
Angaben verwendet, damit er nicht
nach Marokko zurückgeschickt werde,
erklärte der Beschuldigte.
Eine Ausbildung hat der Mann
nicht. Nach etwas mehr als zwei Jahren in der Schule musste er jahrelang
seinem Vater bei der Feldarbeit helfen,
bis er mit 16 schliesslich nach Casa-
blanca zog, wo er in einem Restaurant
arbeitete. Die Erinnerungen an diese
Zeit nahmen den Mann mit, minutenlang weinte er im Gerichtssaal, als er
von seiner Vergangenheit erzählte.
Ein Opfer – und nicht der Täter
Den Vorwurf, dass er die Frau angegriffen habe, bestritt der Beschuldigte. Er habe zuerst der Frau bei
einem verbalen Streit vor dem Lokal
geholfen und sie anschliessend drinnen darauf ansprechen wollen. Da sei
sie auf ihn losgegangen – und er kurz
darauf vom Sicherheitsdienst des Lokals auf den Boden gedrückt worden.
Deshalb sei auch das Glas kaputt gegangen – und nicht weil er es als Waffe
benutzt habe.
Dieser Version standen aber zahlreiche gegenteilige Zeugenaussagen
gegenüber, und auch der amtliche Verteidiger des Beschuldigten, Urs Späti,
sagte: «Es ist nicht zu bestreiten, dass
die Geschädigte verletzt und mein
Mandant verantwortlich war.» Allerdings sei es keine versuchte schwere
Körperverletzung, sondern eine leichte,
argumentierte Späti und plädierte auf
eine zehnmonatige, teilbedingte Freiheitsstrafe. Zu wenig für die Staatsanwaltschaft. «Das war ein brutaler Angriff», sagte Thomas Rapold und forderte zwei Jahre und neun Monate Gefängnis. Auch Rechtsanwalt Konrad
Waldvogel, der die Geschädigte vertrat, forderte eine Verurteilung im
Sinne der Anklage. «Es ist ein Wunder,
dass die Geschädigte nicht das Augenlicht verloren hat», so Waldvogel.
Ausserdem sei sie seit dem Vorfall
traumatisiert und leide an Kopfschmerzen und Albträumen.
Das Gericht schenkte den Ausführungen des Beschuldigten keinen Glauben und verurteilte ihn zu einer 20-monatigen Gefängnisstrafe – wegen einfacher Körperverletzung. Zu wenig
aus der Sicht der Geschädigten: Sie
stürmte aufgewühlt aus dem Saal, als
Textor das Strafmass bekannt gab.
Er begründete den Entscheid des
Gerichts damit, dass keine lebensbedrohliche Situation vorgelegen habe
und der Täter nicht davon habe aus­
gehen müssen, dass das Opfer das
Augenlicht beim Angriff verlieren
­
würde.
Todesursache im
Hotel Zak ungeklärt
SCHAFFHAUSEN Wie der am Dienstag im
Hotel Zak tot aufgefundene Hotelgast
gestorben ist, ist weiterhin unklar.
Patrick Caprez, Mediensprecher der
Schaffhauser Polizei, sagte auf Anfrage,
dass eine Fremdeinwirkung nicht ausgeschlossen werden könne. Das Forensische Institut Zürich sowie das Institut
für Rechtsmedizin der Uni Zürich haben
die Todesursache des 78-jährigen Mannes noch nicht geklärt. (tva)
Neuer Leiter
Gastroenterologie
Der Spitalrat des Kantonsspitals Schaffhausen hat Dr. med. Daniel Peternac
zum neuen Leitenden Arzt der Gastroenterologie der Klinik für Innere Medizin gewählt. Daniel
Peternac wird die
Stelle im Juni 2017
als Nachfolger von
Wolfgang Scharnke
übernehmen, der in
den Ruhestand tritt.
Peternac ist in Schaffhausen aufgewachsen, studierte in Zürich und leitet
seit 2014 die Gastroenterologie Stadtspital Waid in Zürich. (r.)
Sie setzt derzeit die Farbakzente in der Kantonalbank
Starke Farben, grossflächig
aufgetragen, sind das Markenzeichen der Künstlerin Anna
Peterer. Bis zum 19. Mai stellt
sie ihre Werke in der Schaffhauser Kantonalbank aus.
VON TITO VALCHERA
SCHAFFHAUSEN Die farbenfrohen Bilder
der Künstlerin Anna Peterer setzen
seit Dienstagabend in der Vorstadt am
Hauptsitz der Schaffhauser Kantonalbank starke Akzente. Die 27-jährige
Künstlerin lebt und arbeitet mit ihrem
Partner, ebenfalls Künstler, und ihrer
Tochter in Wilchingen. Für die Ausstellung hat sie sich mächtig ins Zeug gelegt. «Alle hier gezeigten 25 Bilder,
ausser dasjenige für die Ausstellung
Ernte ’16, sind innerhalb von zwei Monaten entstanden», sagte sie. In ihrer
Ausstellung, die noch bis 19. Mai dauert, zeigt Peterer sowohl grosse als
auch kleinere Ölgemälde mit starken
Farben, mit Ausnahme einiger Bilder
in Pastellfarben. «Für die kleineren Bilder brauche ich länger», verrät sie. Bei
den grossen Bildern malt sie mehrere
gleichzeitig, denn die Ölfarben müssten zwischendurch trocknen. Die Laudatio von Bildhauer Vincenzo Baviera
Die Künstlerin Anna Peterer steht in der oberen Etage des Kantonalbank-Hauptsitzes neben dem Bild, das die Einladung
zur Ausstellung ziert. Dort war die obere Fläche noch rot, jetzt hat sie diese blau übermalt.
Bild Selwyn Hoffmann
war sehr persönlich. Als ehemalige
Klassenkameradin seines Sohnes kennt
er sie schon seit Längerem. Es sei für
ihn eine Ehre, über die Künstlerin sprechen zu dürfen. Er könne auch etwas
dabei lernen. Sie sei zur Künstlerin berufen und müsse auf jeden Fall den
Weg weitergehen, lautete sein Appell.
Mit ihrer Arbeitsweise – mit einer
Farbe beginnen, diese wirken lassen
und dann erst weitermachen – habe sie
zudem keine Angst vor der weissen
Leinwand. «Es ist beachtlich, welch
ausgereiftes Gesamtwerk uns die noch
junge Künstlerin präsentiert», lobte er
Peterer. Bei der Vernissage der Künstlerin hob Martin Vogel, Vorsitzender
der Geschäftsleitung der Schaffhauser
Kantonalbank, die praktischen Vorteile
der wechselnden Ausstellungen im ersten Obergeschoss hervor: «Dank der
Zusammenarbeit mit dem Kunstverein
Schaffhausen müssen wir selber keine
Bilder kaufen und können zweimal pro
Jahr neue aufhängen.»
Stephan Kuhn, Präsident des Kunstvereins, betonte, dass diese Ausstellungen eine wichtige Chance für die Künstler aus der Region darstellen würden:
«Es gibt viele, die es verdienen, gezeigt
zu werden», sagte er. Nach der «Ernte
’16» im Januar habe er fünf Künstler
kontaktiert. «Nur bei Anna Peterer
stimmte alles, und sie war sofort bereit
mitzumachen.»
Tageweise ein Zuhause zur Entlastung der Angehörigen
Tagesstätten für betreuungs-
bedürftige Betagte folgen
einem Bedürfnis. Abdecken
will es nun auch die Spitex
Sanateam in Buchthalen.
VON MARTIN EDLIN
SCHAFFHAUSEN Pflegefachfrau Caroline
Iff, die vor zwanzig Jahren in Schaffhausen-Buchthalen die private Spitex Sanateam gegründet hat und die Organisation seither als Geschäftsführerin leitet,
kennt das Problem sowohl aus beruflicher als auch persönlicher Erfahrung,
Letzteres bei der Pflege ihrer inzwischen verstorbenen Mutter: Häusliche
Betreuung eines im Alter gebrechlich
gewordenen oder an Demenz erkrankten Angehörigen kann an die Grenzen
der eigenen Kräfte führen. Die Unterstützung durch die Spitex ist das eine.
Das andere stellt die Notwendigkeit
einer Entlastung der Betreuenden in
Form von freien Tagen dar. So trug sich
Caroline Iff schon seit Jahren mit der
Idee einer Seniorentagesstätte: pflegebedürftigen, vor allem dementen alten
Menschen tageweise (vielleicht einmal pro Woche) ein Zuhause zu bieten
und so deren Angehörigen eine Verschnaufpause zu verschaffen. Als kürzlich eine Viereinhalb-Zimmer-Wohnung
im Haus des Sanateam-Stützpunktes
an der Büsingerstrasse in Buchthalen
zur Vermietung ausgeschrieben war,
griff Caroline Iff zu und richtete diese
als Senioren­tagesstätte ein. «Wir sind
nicht die Einzigen mit einem solchen
Angebot», sagt die Sanateam-Leiterin.
Das Besondere an ihrem neuen
«Heimli», wie sie es nennt, sieht sie aber
im betont Familiären: Betagte Patienten, die am liebsten in den vertrauten
eigenen vier Wänden sein möchten, soll
die Akklimatisierung möglichst leicht
gemacht werden. Tatsächlich: Die Wohnung mit einer geräumigen Stube,
einem Esszimmer, einem «Rückzugsraum», einem Pflegezimmer mit Krankenbett, einer Zweier-Tisch-Ecke in
der Diele, einer Küche und einem mit
einem Wannenlift ausgestatteten Badezimmer ist gemütlich, richtig «privat»
eingerichtet.
Hier können sieben bis acht Seniorinnen und Senioren, umsorgt von zwei
ausgebildeten Betreuerinnen, von 8 bis
17 Uhr einen ihnen angemessenen Tag
verbringen. Spaziergänge, auch im
Rollstuhl (der Eingang über das Areal
des Hofackerzentrums und die Wohnung sind rollator- und rollstuhlgängig
gemacht worden), Aufenthalte im Garten, Lesen, Malen, Gedächtnistraining,
Essen vom Znüni über die Mittagsmahlzeit bis zum Zvieri, Mithilfe in der
Küche oder auch nur Ausruhen … die
Gäste sollen in ihrem «zweiten Zuhause» (so Caroline Iff) tun und lassen
können, was sie wollen. Und wenn Pflegeleistungen notwendig sind, stehen
Spitex-Mitarbeiterinnen vom Sanateam-Stützpunkt bereit.
120 Franken pro Tag
«Ich denke, dass die Nachfrage nach
solchen Tagesstätten weiter steigen
wird», sagt Caroline Iff; «nur sind die
Angebote noch nicht so richtig in der
Öffentlichkeit angekommen.» Im Wi-
derspruch dazu herrschte zwar kürzlich bei einem Tag der offenen Tür in
der neuen Seniorentagesstätte grosses
Gedränge. Doch die Institution rechnet
sich erst, wenn sie tatsächlich täglich
fünf Patienten ein «Heimli» bietet. Im
Prinzip steht dieses von Montag bis
Freitag offen, aber «wir sind flexibel,
auch bezüglich Wochenenden oder
wenn einmal eine Übernachtung notwendig würde». Der Preis von 120 Franken pro Tag inklusive Mahlzeiten – allfällige Pflegeleistungen kommen dazu,
werden aber von der KrankenkassenGrundversicherung getragen – ist zwar
«nicht nichts», doch mit Blick sowohl
auf die gebotenen Leistungen wie auch
auf die damit verschaffte Erholungszeit
für pflegende Angehörige angemessen
und bescheiden, ist man beim Sanateam überzeugt.