Szenarien zur Zins- und Konjunkturentwicklung Auswirkungen auf den Immobilieninvestmentmarkt in Deutschland März 2017 Die aktuelle Situation März 2017 Das derzeit unverändert niedrige Zinsniveau bleibt eine große Herausforderung für alle institutionellen und privaten Investoren in Deutschland. Die Kurse am Aktienmarkt befinden sich auf einem sehr hohen Niveau, dazu notieren die Umlaufrenditen für vermeintlich risikolose Anlageformen wie deutsche Staatsanleihen laufzeitenabhängig immer noch nahe der Nulllinie. Daher schlägt sich in Deutschland der hohe Anlagebedarf von Kapitalsammelstellen wie Fonds oder Versicherungen in der Anlageklasse Immobilie als direkte oder indirekte Anlageform deutlich nieder. Für Top-Immobilien in Spitzenlagen liegen die Nettoanfangsrenditen für Büro- und Einzelhandelsimmobilien zwischen 3% und 4%, für moderne Logistikimmobilien bei ca. 5%. Niedrige Zinsen limitieren für Immobilieninvestoren nicht nur die Anlage in andere attraktive Assetklassen, sondern erhöhen bei entsprechendem Fremdkapitaleinsatz durch günstige Finanzierungskonditionen auch die Eigenkapitalrendite. Das aus diesen Gründen hohe Interesse an Immobilieninvestments zeigt sich in den Transaktionszahlen. Auf dem Gewerbeimmobilienmarkt (ohne gewerbliche Wohnungswirtschaft) hatte das Transaktionsvolumen bis 2015 sechsmal nacheinander zugelegt und erreichte im vorletzten Jahr mit 55,1 Mrd. Euro einen Rekordwert. Das vergangene Jahr lag mit 52,9 Mrd. Euro nur knapp dahinter und dabei noch immer 20 Mrd. Euro über dem Zehnjahresschnitt. Wie geht es weiter? Die Unsicherheit über politische Entwicklungen weltweit, das niedrige Zinsniveau und eine nach wie vor sehr stabile konjunkturelle Lage in Deutschland sind treibende Faktoren, die derzeit den Rahmen für die Prognosen der nächsten Jahre bilden. Die Veränderung der Faktoren wird die Märkte maßgeblich beeinflussen. JLL skizziert drei potentielle Zukunfts-Szenarien für die Entwicklung in den kommenden zwei Jahren, bei denen wir zu ausgesuchten Einzelentwicklungen die Umfrage-Antworten von 50 Immobilienexperten ausgewertet haben. © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 2 Der weltweite Handel wird in zwei Jahren im Vergleich zu heute Befragung von 50 Immobilienexperten Februar / März 2017 deutlich freizügiger sein z.B. aufgrund forcierter Freihandelsabkommen 0% etwas freizügiger sein 9% unverändert sein 35% leicht beeinträchtigt sein 54% massiv beeinträchtigt sein z.B. aufgrund 2% protektionistischer Maßnahmen einzelner Staaten 0% © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 10% 20% 30% 40% 50% 60% 3 Die konjunkturelle Situation in Deutschland wird in zwei Jahren umschrieben mit Befragung von 50 Immobilienexperten Februar / März 2017 60% 50% 40% 30% 40% 20% 10% 26% 30% 4% 0% Aufschwungphase (Expansion) © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. Hochkonjunktur (Boom) Abschwungphase (Rezession) Konjunkturtief (Depression) 4 Das Zinsniveau wird in zwei Jahren im Vergleich zu heute Befragung von 50 Immobilienexperten Februar / März 2017 Das Zinsniveau in den USA wird in zwei Jahren im Vergleich zu heute Das Zinsniveau in der Eurozone wird in zwei Jahren im Vergleich zu heute 4% 2% 0% 13% 0% 0% 4% 21% 83% 73% stark angestiegen sein © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. leicht angestiegen sein unverändert sein leicht gesunken sein stark gesunken sein 5 Szenario 1: „Cooling down“ Eintrittswahrscheinlichkeit 20% Die amerikanische Notenbank erhöht die Zinsen spürbar (21% der Befragten meinen, dass das Zinsniveau in den USA in zwei Jahren im Vergleich zu heute stark angestiegen sein wird), der US-Dollar bleibt stark gegenüber dem Euro aufgrund des attraktiveren Zinsniveaus der USA. Die amerikanische Wirtschaft profitiert von der „America First“-Politik des US-Präsidenten und verzeichnet ein Wachstum. In Europa endet das Ankaufsprogramm der EZB planmäßig am 31.12.2017 und aufgrund des nachlassenden Drucks auf die Anleihepreise steigt die Zinskurve über alle Laufzeiten (13% erwarten einen starken Anstieg des Zinsniveaus in der Eurozone). Die Brexit-Verhandlungen laufen planmäßig in Bezug auf eine Umsetzung des Austritts im Jahr 2019. In Frankreich und Niederlande sind Referenden über den Verbleib der Länder in der EU angesetzt, aber noch nicht durchgeführt. Die neue deutsche Bundesregierung ist nach zähen Koalitionsverhandlungen im Frühjahr 2018 vereidigt worden und beginnt mit dem Tagesgeschäft. Die deutsche Wirtschaft verzeichnet ein deutlich niedrigeres Wachstum, hauptsächlich ausgelöst durch zurückgehende Exporte in die USA und Großbritannien (40% meinen, dass sich Deutschland in zwei Jahren in einer Rezession befinden wird). Die Arbeitslosigkeit ist leicht gestiegen. Das Wirtschaftswachstum wird bei weniger als 1,0% erwartet. Die Inflation liegt bei 2,0%. Auf den Immobilienmärkten in Deutschland werden in zwei Jahren die Renditen wieder angestiegen, die Mieten leicht gesunken sein und das Transaktionsvolumen auf dem Investmentmarkt deutlich unter dem Rekordniveau der Jahre 2015 und 2016 liegen. © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 6 Szenario 2: „On and on“ Eintrittswahrscheinlichkeit 60% Die amerikanische Notenbank erhöht die Zinsen geringfügig (73% rechnen mit einer leichten Anhebung des Zinsniveaus in den USA), der USD-Dollar bleibt gegenüber dem Euro stabil. Die amerikanische Wirtschaft entwickelt sich unverändert gut. Der Boom der deutschen Exportwirtschaft wird jedoch leicht gedämpft durch handelspolitische Verwerfungen (54% erwarten, dass der weltweite Handel z.B. aufgrund protektionistischer Maßnahmen einzelner Staaten leicht beeinträchtigt sein wird). In Europa verlängert die EZB das Ankaufsprogramm bis 31.12.2018 allerdings mit weiter verringertem Ankaufsvolumen von nur noch 20 – 40 Mrd. pro Monat. Die Zinskurve verbleibt in den kurzen Laufzeiten nahe der Null-Linie, die längeren Laufzeiten steigen auf ein Niveau von 1,25% für die 10-jährige Mid-Market-Swap-Rate (83% rechnen mit einem leichten Anstieg des Zinsniveaus in der Eurozone). Die Brexit-Verhandlungen verlaufen unspektakulär. Das sich abzeichnende Handelsabkommen der EU mit Großbritannien wird als fair für beide Seiten eingestuft. In Frankreich und den Niederlanden haben sich die etablierten Parteien in den Wahlen durchgesetzt und regieren im Stil der Vorgänger. Die neue deutsche Bundesregierung setzt die Politik der Vorgängerregierung fort. Die deutsche Wirtschaft bleibt dynamisch. Der Exportüberschuss verweilt auf hohem Niveau. Die Arbeitslosigkeit ist nahezu gleich geblieben. Das Wirtschaftswachstum wird bei über 1,0% erwartet. Die Inflation liegt unter 1,50%. Auf den Immobilienmärkten in Deutschland werden in zwei Jahren die Renditen auf derzeitigem Niveau verharrt sein, die Mieten moderat gewachsen sein und die unverändert hohe Nachfrage nach Immobilien für ein weiterhin reges Transaktionsgeschehen auf dem Investmentmarkt gesorgt haben. © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 7 Szenario 3: „The heat is on“ Eintrittswahrscheinlichkeit 20% Die amerikanische Notenbank stoppt die Zinserhöhungspolitik, da das Wachstumsprogramm der Trump-Regierung finanziert werden muss. Der US-Dollar wertet gegenüber dem Euro ab. Die amerikanische Wirtschaft profitiert von der „America First“-Politik des US-Präsidenten und verzeichnet ein Wachstum. Das Handelsbilanzdefizit reduziert sich etwas, so dass die Diskussion über Importzölle vom Tisch ist. In Europa weitet die EZB das Ankaufsprogramm wieder aus, da insbesondere die südeuropäischen Staaten und Banken unverändert nicht stabilisiert sind. Das Zinsniveau bleibt aufgrund der nachfragegetriebenen Anleihepreise auf niedrigem Niveau (13% rechnen bis 2019 für die Eurozone mit einem zu heute unveränderten Zinsniveau). Die Zinseinstände bis einschließlich 5-jähriger Swapgeschäfte liegt unter 0%. Das sich abzeichnende Handelsabkommen der EU mit Großbritannien wird als vorteilhaft für beide Seiten eingestuft (9% der Befragten glauben, dass der weltweite Handel 2019 etwas freizügiger als heute sein wird). In Frankreich und den Niederlanden haben sich die etablierten Parteien in den Wahlen durchgesetzt und regieren im Stil der Vorgänger. Die neue deutsche Bundesregierung setzt europapolitische Schwerpunkte. Die deutsche Wirtschaft profitiert unverändert von dem attraktiven Zins- und Währungsniveau und verzeichnet einen neuen Rekord-Exportüberschuss. Die Arbeitslosigkeit ist nochmals gefallen und nähert sich der theoretischen Vollbeschäftigung. Das Wirtschaftswachstum liegt bei über 2%. Löhne und Preise steigen merklich (56% glauben, dass sich Deutschland in zwei Jahren in einer Aufschwungphase oder gar im Boom befinden wird). Auf den Immobilienmärkten in Deutschland werden in zwei Jahren die Renditen mangels Anlagealternativen auf neue Tiefstände gefallen sein. Die Mietpreise werden in Top- und auch in Zweitlagen der großen Städte angestiegen sein und das Transaktionsvolumen auf dem Investmentmarkt wird ein neues Rekordniveau erreicht haben. © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 8 Fazit März 2017 Auf Basis der Meinung von 50 Branchenexperten sowie unseren eigenen Analysen bewerten wir den Immobilienmarkt als solide. Er wird sich mit höherer Wahrscheinlichkeit im 2-Jahres-Horizont seitwärts auf dem heutigen Niveau bewegen. Ein weiterer Rekordlauf wie auch der Eintritt in eine schwächere Phase werden parallel diskutiert, sind jedoch mit Blick auf die hohe Stabilität der Märkte derzeit untergewichtet. Mit jedem fiktiven Ereignis in den Szenarien, das durch Wahlergebnisse oder Vertragsabschlüsse zur Realität wird, können sich die Eintrittswahrscheinlichkeiten verändern. © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 9 Szenario 2: „On and on“ (60%) Transaktionsvolumen (gewerbliche Immobilien) in Deutschland Mrd. Euro Prognose in Mrd. Euro 60.0 Transaktionsvolumen in Mrd. Euro Durchschnitt (2006-2015): 32,8 Mrd. Euro 40.0 49.5 55.1 54.7 20.0 52.9 47.5 47.5 2017* 2018* 39.8 30.7 19.6 19.3 23.6 25.3 2011 2012 10.3 0.0 2006 2007 2008 2009 2010 2013 2014 2015 2016 * Prognose © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 10 Szenario 2: „On and on“ (60%) Spitzenrenditen in den Big 7 (Mittelwert) % Einzelhandel Geschäftshäuser 8.00 Büro Logistik-Industrie 7.00 6.00 5.00 4.00 3.00 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* 2018* * Prognose © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. 11 Matthias Barthauer Markus Kreuter National Director Research Hamburg +49 (0)40 350011 268 [email protected] Team Leader Debt Advisory Germany Frankfurt +49 (0)69 2003 1211 [email protected] © 2017 Jones Lang LaSalle IP, Inc. All rights reserved. The information contained in this document is proprietary to JLL and shall be used solely for the purposes of evaluating this proposal. 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