Allianz im deutschen Transportwesen

Protokoll-Nr. 18/97
18. Wahlperiode
Ausschuss für Verkehr und digitale
Infrastruktur
Wortprotokoll
der 97. Sitzung
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Berlin, den 6. März 2017, 14:00 Uhr
10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Straße 1
Paul-Löbe-Haus
Raum E 600
Vorsitz: Reinhold Sendker, MdB
Tagesordnung - Öffentliche Anhörung
Tagesordnungspunkt 1
Seite 3
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Federführend:
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes,
des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von
selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung
eines Kraftfahrt-Bundesamtes
Mitberatend:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Finanzausschuss
Gutachtlich:
Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung
Berichterstatter/in:
Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE.]
BT-Drucksache 18/10882
Anlage – Zusammenfassung der Stellung- Seite 18
nahmen der Sachverständigen
18. Wahlperiode
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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Mitglieder des Ausschusses
CDU/CSU
SPD
DIE LINKE.
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
18. Wahlperiode
Ordentliche Mitglieder
Behrens (Börde), Manfred
Bellmann, Veronika
Bilger, Steffen
Donth, Michael
Fischer (Hamburg), Dirk
Funk, Alexander
Holmeier, Karl
Jarzombek, Thomas
Kammer, Hans-Werner
Lach, Günter
Lange, Ulrich
Lietz, Matthias
Ludwig, Daniela
Oßner, Florian
Schnieder, Patrick
Sendker, Reinhold
Storjohann, Gero
Viesehon, Thomas
Wichtel, Peter
Wittke, Oliver
Burkert, Martin
Dörmann, Martin
Hagl-Kehl, Rita
Hartmann, Sebastian
Herzog, Gustav
Klare, Arno
Kömpel, Birgit
Lühmann, Kirsten
Malecha-Nissen, Dr. Birgit
Rimkus, Andreas
Sawade, Annette
Schiefner, Udo
Zierke, Stefan
Behrens, Herbert
Groth, Annette
Leidig, Sabine
Lutze, Thomas
Gastel, Matthias
Kühn (Dresden), Stephan
Tressel, Markus
Wilms, Dr. Valerie
Protokoll der 97. Sitzung
vom 6. März 2017
Stellvertretende Mitglieder
Beermann, Maik
Berghegger, Dr. Andre
Dörflinger, Thomas
Freudenstein, Dr. Astrid
Jörrißen, Sylvia
Jung, Xaver
Koeppen, Jens
Mayer (Altötting), Stephan
Möring, Karsten
Ostermann, Dr. Tim
Pahlmann, Ingrid
Rainer, Alois
Rehberg, Eckhardt
Schmidt (Ühlingen), Gabriele
Sorge, Tino
Stracke, Stephan
Vaatz, Arnold
Vogel (Kleinsaara), Volkmar
Wegner, Kai
Wendt, Marian
Bartol, Sören
Brase, Willi
De Ridder, Dr. Daniela
Groß, Michael
Hagedorn, Bettina
Hitschler, Thomas
Kahrs, Johannes
Klingbeil, Lars
Nissen, Ulli
Post (Minden), Achim
Raatz, Dr. Simone
Rossmann, Dr. Ernst Dieter
Rützel, Bernd
Claus, Roland
Kunert, Katrin
Lenkert, Ralph
Wawzyniak, Halina
Ebner, Harald
Krischer, Oliver
Kühn (Tübingen), Christian
Rößner, Tabea
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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Tagesordnungspunkt 1
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes,
des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von
selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes
BT-Drucksache 18/10882
Vorsitzender: Liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren, ich darf Sie zu Beginn
der Sitzungswoche zu unserer Anhörung hier
heute sehr herzlich willkommen heißen. Es ist die
97. Sitzung unseres Ausschusses mit der Beratung
des Entwurfes eines Gesetzes zur Änderung des
Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit
von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes. Zu unserer
Anhörung entsprechend der Drucksache 18/10882
darf ich alle Gäste hier im Saal herzlich willkommen heißen, und ganz besonders den anwesenden
Sachverständigen herzlich danken, dass sie heute
zu uns gekommen sind. Ich begrüße Herrn Prof.
Dr. Dirk Engelhardt vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL),
Herrn Thomas Fiala vom Polizeipräsidium Köln,
Herrn Udo Skoppeck von Actie in de Transport
Germany und Herrn Ralf Werner von der Gewerkschaft ver.di. sowie Herrn Dominique John vom
Deutschen Gewerkschaftsbund. Ich darf darauf
hinweisen, dass drei schriftliche Stellungnahmen
eingegangen sind und diese wie immer über das
Internet abrufbar sind. Bei jeder Anhörung, liebe
Kolleginnen und Kollegen, gilt das gleiche Verfahren, auf das ich eingangs hinweisen möchte. Wir
haben uns darauf verständigt, dass es keine Eingangsstatements gibt. In jeder Fragerunde können
die Ausschussmitglieder bis zu zwei Fragen an
zwei Sachverständige stellen. Wir bitten darum,
der Hinweise wird uns auch visuell durch die
Zeitanzeige an der Deckenampel gegeben, die Redezeit von bis zu drei Minuten einzuhalten. Wir
streben insgesamt einen Zeitrahmen von maximal
eineinhalb Stunden an. Von der öffentlichen Anhörung werden wir, wie üblich bei öffentlichen
Anhörungen, ein Wortprotokoll erstellen, das allen Interessenten im Internet zugänglich ist. Wenn
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es keine weiteren Hinweise gibt, kommen wir zur
ersten Runde. Das Wort geht an die CDU/CSUBundestagsfraktion, den Kollegen Oliver Wittke.
Abg. Oliver Wittke (CDU/CSU): Vielen Dank, Herr
Vorsitzender. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
sehr verehrte Gäste, zuerst einmal herzlichen
Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben,
uns Rede und Antwort zu stehen. Wir wissen das
bei dieser wichtigen Frage zu schätzen. Ich will in
der ersten Runde eine Frage an Herrn Fiala und an
Herrn Skoppeck stellen. Ich möchte mich mit dem
– wie ich glaube, rechtswidrigen – Verbringen der
regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit in den
Lkws beschäftigen. Sie sind beide Praktiker und
darum würde mich die Schilderung der Situation
auf unseren Autobahnen und darum herum interessieren. Mich würde interessieren, wie Sie die
Situation einschätzen, die sich dort auf den Autobahnen bei den sehr langen Zeiten, die dort verbracht werden, darstellt. Bitte gehen Sie bei Ihrer
Antwort insbesondere auf die Frage des Ausmaßes
der räumlichen Schwerpunkte, gerade auch im
Grenzbereich, ein, im Verhältnis zu den Nachbarländern, die restriktiver gegen diesen Missstand
vorgehen, wie beispielsweise Frankreich und Belgien.
Vorsitzender: Vielen Dank, Kollege Oliver Wittke.
Herr Fiala, wenn Sie bitte beginnen mit der Antwort, danach Herr Skoppeck. Bitte
Thomas Fiala (Polizeipräsidium Köln): Es ist tatsächlich so, meine Streifen im Gebiet enden an
den Grenzen zu den Niederlanden und Belgien.
Die Situation ist gerade an den Wochenenden auf
den Rastplätzen in Grenznähe, aber auch in weiterer Entfernung, katastrophal und menschenunwürdig. Wir haben es durchweg mit Rastplätzen
zu tun, wo normalerweise 90 Fahrzeuge stehen
sollten. Mittlerweile stehen dort regelmäßig über
200 Fahrzeuge, deren Fahrer sich noch nicht einmal in der Lage sehen, SANIFAIR-Toiletten zu benutzen oder Duschen. Das geschieht hauptsächlich wegen der Gesetzeslage in Frankreich, Belgien sowie den Niederlanden, die mittlerweile
ähnlich handeln. Wir sehen, dass die Fahrer, die
dort stehen, monatelang unterwegs sind und nicht
nur wochenlang. Sechs oder neun Monate sind
keine Seltenheit mehr. Die Fahrer kommen nicht
mehr nach Hause, sie haben keine sozialen Kontakte mehr, keine Bindung zur Familie und ähnlichem. Gerade zur Weihnachtszeit bis Silvester
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waren die Rastplätze überfüllt durch Fahrer aus
MOE-Staaten, und die Lage war blankes Elend.
Vorsitzender: Herzlichen Dank. Dann Herr Skoppeck, bitte.
Udo Skoppeck (Actie in de Transport Germany):
Ich kann mich Herrn Fiala in der Beziehung anschließen, dass diese Zustände menschenunwürdig sind. Ich bin seit vier Jahren Aktivist und habe
in dieser Zeit sehr viele Rastplätze in Deutschland
aufgesucht, insbesondere zu Weihnachten. Persönlichen Kontakt habe ich mittlerweile zu rund
1.000 Kraftfahrern aus ganz Europa aufbauen können und habe festgestellt, dass diese Menschen
keineswegs freiwillig in ihren Fahrerhäusern ihre
Ruhezeit verbringen. Ganz besonders dramatisch
ist die Situation bei den kleinen Wagen, im Sprinterbereich. Da gibt es noch nicht einmal Schlafkabinen oder Betten für die Fahrer. Die schlafen
quer über die Vordersitze und das auch bei minus
15 Grad. Die Situation ist in Österreich nicht weniger schlimm als an der Grenze zu Holland und
Belgien oder Frankreich. Man findet regelmäßig
an den Wochenenden völlig überfüllte Parkplätze.
Dort stehen Müllberge von Plastiktüten und es
hängt die Wäsche zum Trocknen; da werden
Schuhe weggeschmissen, weil die Leute einfach
nicht in der Lage sind, sich neue Schuhe zu kaufen. Das sind wirklich unwürdige Zustände. Ein
Instrument, das zu ändern, wäre der Grund, warum wir heute hier sind: die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit vernünftig und menschenwürdig zu regulieren. Genau das Instrument, über
das wir heute hier diskutieren, ist meiner Meinung nach eines der Schlüsselelemente.
Vorsitzender: Ihnen auch herzlichen Dank für
diese Zustandsbeschreibungen. Wir kommen
dann zur Fraktion DIE LINKE. Herr Kollege Lutze,
Sie haben das Wort, bitte.
Abg. Thomas Lutze (DIE LINKE.): Vielen Dank.
Nach dem letzten Statement fällt es einem nicht
ganz leicht, weiter im Thema zu diskutieren. Ich
glaube, die Zustandsbeschreibung, darüber sind
wir uns hier im Hause auch einig, erfordert, dass
es eine Änderung in der Gesetzeslage gibt. Meine
Frage geht an den Kollegen Werner von Ver.di
und den Kollegen John vom DGB.
Wir haben eine Positionierung des Bundesrates,
und eine Positionierung der Bundesregierung, die
via Änderungsantrag einiges korrigieren will.
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Meine erste Frage betrifft den Begriff „geeignete
Schlafmöglichkeiten“. Was versteht man darunter
im rechtlichen Sinne? Das wird bei der Bundesregierung oder dem, was die Koalition macht, ein
Stück weit ausgeklammert. Warum geschieht das?
Was hat das möglicherweise für einen Hintergrund und welche Fallstricke drohen uns im Gesetzgebungsverfahren, wenn man nicht eindeutig
klärt, was geeignete Schlafmöglichkeiten sind. Der
zweite Punkt betrifft wieder einen Unterschied
zwischen den beiden Institutionen. Der Bundesrat
beschreibt ganz klar die Verantwortung bei den
Spediteuren bzw. den Speditionen. In der Vorlage, die wir aus der Koalition haben, werden sowohl die Unternehmen als auch die Fahrerinnen
und – meistens sind sie ja männlich – Fahrer mit
in die Verantwortung gezogen. Da machen wir als
Links-Fraktion schon ein kleines Fragezeichen,
was die Verhältnismäßigkeit angeht, wenn ein
Fahrer nachweisen muss, dass er nicht irgendwie
aufgeklärt, informiert oder wie auch immer
wurde. Wir wissen alle, wie das in der Praxis
läuft, dass nämlich dort ein Druck entsteht. Wir
reden letztendlich über einen Bereich, der auch in
die Schublade „Geiz ist geil“ fällt. Alles muss so
billig wie möglich von A nach B transportiert werden, was für meine Begriffe eine der Hauptursachen ist, warum wir überhaupt solche Sachen diskutieren müssen. Wir haben ein bisschen die Befürchtung, dass gerade diejenigen, die hinter dem
Lenkrad sitzen, nachher diejenigen sind, die stärker mit Sanktionen zu kämpfen haben als vielleicht der Unternehmer. Es würde mich interessieren, wie Ihre Einschätzung ist, wenn man das, wie
von der Koalition artikuliert, in Richtung des Personals ausweitet.
Vorsitzender: Das war „just in time“. Vielen herzlichen Dank. Die Fragen gingen an Herrn Werner
und Herrn John. Herr Werner, Sie haben das Wort.
Ralph Werner (ver.di): Die Begriffsbestimmung
„geeignete Schlafmöglichkeit“, die in diesem Entwurf aufgetaucht ist, halten wir für sehr problematisch, weil klar ist, dass niemand genau definieren
kann, was eine „geeignete Schlafmöglichkeit“ ist.
Wo fängt sie an, wie ist sie zu gestalten? Eine „geeignete Schlafmöglichkeit“ könnte im schlechtesten Fall ein Zelt neben dem Auto sein, im besten
Fall ein 4-Sterne-Hotel. Wo fängt die „geeignete
Schlafmöglichkeit“ an und wo hört sie auf? Wenn
man so etwas ins Gesetz schreibt, wäre das nach
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unserer Ansicht eine Steilvorlage für Rechtsstreitigkeiten und es würde ewig dauern, bis Gerichte
geklärt hätten, wie man eine „geeignete Schlafmöglichkeit“ definiert. Wir finden, der Vorschlag
des Bundesrates geht deutlicher vor. Er beschreibt
eine Übernachtungsmöglichkeit, indem er sagt: es
muss eine feste Unterkunft sein, und es müssen
Sanitärmöglichkeiten und Verpflegungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Das ist griffiger; das
kann die Möglichkeiten der Kontrolle verbessern.
Wir glauben auch, dass die Zuordnung der Sanktionierung beim Unternehmer am richtigen Platz
ist, weil der Unternehmer in der heutigen Zeit genau gestaltet, wo der Fahrer sich wann befindet –
Logistik „just in time“. Jeder Unternehmer schafft
es, dafür Sorge zu tragen, dass seine Ware rechtzeitig bei VW oder bei Bayer oder sonst wo ist.
Dieselben Unternehmer sollten es mit ihrer modernen Disposition auch schaffen, dafür zu sorgen, dass die Kraftfahrer rechtzeitig wieder zu
Hause sind bzw. an einem Ort, wo sie menschenwürdig übernachten können. Deswegen sehen wir
die Verantwortung beim Unternehmer. Ein Fahrer,
der sanktioniert wird, wäre verleitet, sich der
Sanktionierung zu entziehen, indem er vortäuscht, ordnungsgemäße Ruhezeiten zu machen.
Das würde die Kontrollierbarkeit wieder verschlechtern. Wir sagen, der Vorschlag des Bundesrates ist sehr gut, sehr ausgereift, und deswegen
unterstützen wir ihn sehr stark. Danke.
Vorsitzender: Vielen Dank, Herr Werner. Herr
John, bitte.
Dominique John (Deutscher Gewerkschaftsbund –
Faire Mobilität): Ich möchte kurz etwas zu meinem Hintergrund sagen. Ich arbeite für das Projekt
„Faire Mobilität“ des DGB. Wir haben bundesweit
sieben Beratungsstellen für osteuropäische Arbeitnehmer geschaffen, wo die Leute in ihren Herkunftssprachen bei arbeitsrechtlichen oder sozialrechtlichen Fragen beraten werden können. An
uns haben sich in den letzten Monaten bzw. mittlerweile Jahren immer häufiger Fahrer aus osteuropäischen Ländern gewandt. Wir haben in den
letzten zwei Jahren mit Flyer-Aktionen angefangen. Wir haben Informations-Flyer in acht unterschiedlichen Sprachen aufgelegt. Wir gehen zu
größeren Rastplätzen, wo wir wissen, dass osteuropäische Fahrer sich dort aufhalten, und versuchen, sie dort über ihre Rechte zu informieren. Ich
kann die Zustandsbeschreibung, die wir gerade
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gehört haben, nur unterstreichen. Wir haben inzwischen eine Situation erreicht, die absolut nicht
mehr tragbar ist. Es braucht wirklich dringend
eine Veränderung. Die Leute halten sich teilweise
monatelang in den Fahrzeugen unter absolut widrigen Umständen auf. Es ist sicherlich so, – da
möchte ich mich dem Kollegen von ver.di weitgehend anschließen –, dass wir eine klare Definition
brauchen, was wir kontrollieren wollen. Wir wissen aus den Mindestlohnkontrollen, wie schwierig das teilweise ist. Von daher ist, glaube ich,
wäre die Begrifflichkeit „geeignete Schlafmöglichkeit“ einfach zu offen. Das kriegt man nicht zu fassen. Daher, um es mit aller Deutlichkeit zu sagen,
präferieren wir den Vorschlag des Bundesrates,
der eine klare Regelung gibt und wo auch ein klares Verbot ausgesprochen wird. Natürlich sind die
Fahrer das schwächste Glied in der Kette. Deshalb
muss man unbedingt darauf achten, dass sich die
Bußgelder vor allem an die Unternehmen richten
und es schlussendlich nicht die Fahrer sind, die
die Zeche bezahlen müssen. Das würde nach hinten losgehen.
Vorsitzender: Vielen Dank, Herr John. Das Wort
geht an die SPD-Fraktion, Kollegen Udo Schiefner.
Abg. Udo Schiefner (SPD): Vielen Dank. Auch ich
konnte mich schon davon überzeugen, wie es auf
den Autobahn-Parkplätzen zugeht. Das Thema
Sprinter muss man sicher nochmal gesondert behandeln. Bei den Arbeitsbedingungen der Berufskraftfahrer gibt es noch viele Baustellen, über die
man reden kann. Die Regelung, die wir jetzt beantragen, ist nur ein Mosaikstein. Eigentlich wäre es
notwendig, eine europäische Regelung auf den
Weg zu bringen. Jetzt wird eine Regelung durch
nationales Recht angegangen, damit man in
Deutschland überhaupt einen Punkt hat, an dem
man ansetzen kann. Ich möchte meine Fragen an
Herrn Fiala und Herrn Skoppeck stellen, die geschildert haben, wie es auf den Parkplätzen zugeht. Es wird in der Diskussion häufig der Eindruck erweckt, es wäre der Traum der Berufskraftfahrer, das Wochenende in ihren Fahrzeugen zu
verbringen, weil sie da schicker, moderner etc.
untergebracht sind. Manchmal wird der Eindruck
erweckt, wir machen die heile Welt vieler Berufskraftfahrer kaputt, wenn wir einen Riegel davor
schieben, dass sie über Wochen auf dem Parkplatz
übernachten. Können Sie den Eindruck aus Ihren
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Erfahrungen auf den Raststätten bestätigen? Die
Frage geht an die Vertretung der Polizei wie auch
an einen Vertreter der Berufskraftfahrer. Zweitens:
wir hören immer wieder im Vorfeld dieser Diskussion über unsere Änderung, wir würden gesetzliche Regelungen auf den Weg bringen, die man gar
nicht kontrollieren könne. Hier möchte ich gern
die Erfahrungen aus Sicht der Polizei hören, Herr
Fiala, und vielleicht auch die Einschätzung von
Herrn Skoppeck, ob man das nicht kontrollieren
könnte. Würden Sie mir zustimmen, dass dann so
manches Gesetz nicht hätte verabschiedet werden
dürfen, weil es keine lückenlosen Kontrollen geben kann? Ich kann auch nicht an jeder Ampel
überprüfen, ob jemand bei Rot darüber weg fährt.
Wie sieht es mit den Möglichkeiten der Kontrollen aus?
Vorsitzender: Vielen Dank, Kollege Schiefner. Die
Herren sind um ihre Einschätzung gebeten worden. Herr Fiala, wenn Sie anfangen und Herr
Skoppeck, wenn Sie dann fortsetzen, bitte.
Thomas Fiala (Polizeipräsidium Köln): Die Gegebenheiten in den Niederlanden, Belgien und in
Frankreich zeigen uns, dass diese Sache kontrollierbar ist. Das stellt kein Problem dar. Man sieht
z.B. freitags die Fahrzeuge stehen. Sie sehen die
Fahrzeuge am Samstag und nochmal am Sonntag.
Sie können dann feststellen, ob es sich hier um
eine verkürzte regelmäßige Ruhezeit handelt oder
um eine 45-stündige Ruhezeit. Wer am Sonntag
noch immer dort steht und mittlerweile seit 48
Stunden dort seine Pause verbringt, das kann man
schon jetzt feststellen. Hinzu kommt, dass wir ab
spätestens 2019 den intelligenten Tachographen
in den Fahrzeugen besitzen werden. Wir haben
dann ein GPS-Signal, bei Beginn, alle 3 Stunden
während der Fahrt und zum Schluss der Fahrt.
Und wir können dann ausschärfen, dass das Fahrzeug über den Faktor Zeit x auf dem Rastplatz gestanden hat und z.B. nachweisbar 45 Stunden oder länger dort gestanden hat. Die Problematik der
Kontrolle stellt sich nicht, wenn wir das Problem
angehen. Die Problematik liegt momentan allein
darin, dass unser „Schwert nicht schneidet“, um
solches zu verhindern.
Udo Skoppeck (Actie in de Transport Germany):
Die Fragestellung war, ob wir einen „Traum zerstört bekommen“ als Berufskraftfahrer. Zum
Thema Traum: ich fühle mich zwar nicht unmittelbar persönlich betroffen, aber durchaus vom
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König der Landstraße zum Bettelmann degradiert.
Ich sitze heute hier im Bundestag und fühle mich
ein bisschen als Bettler für meine Menschenrechte, die man mir eigentlich per Grundgesetz,
zu lesen auch draußen an der Glastafel, garantiert.
Dieses Bettelmanndasein ist die Realität auf den
Raststätten. Ich sehe, wie die Kollegen mit ihren
persönlichen Nöten dahin siechen. Ich habe in
Gesprächen festgestellt, dass die nicht sehen, wie
ihre Kinder zur Welt kommen und wie die groß
werden. Sie stehen in einer sozialen Abhängigkeit
und haben ein Gehalt, von dem sie sich eigentlich
kein Leben auf der Autobahn leisten können. Unsere Autobahnen sind bekanntlich durch die gesetzlichen Pachten nicht gerade billig in der Gastronomie. Man trifft auf menschliches Leid. Das ist
mein Hauptaugenmerk, denn der Mensch ist derjenige, der am Ende auch die Verkehrssicherheit
für Sie alle garantiert. Ein Mensch, der mit Kummer und Not im Rücken seine Arbeit am Steuer
verrichtet, ist durchaus ein Sicherheitsrisiko. Das
ist meine persönliche Einschätzung. Der Traum
wird weitestgehend zerstört, weil wir ihn eigentlich nicht mehr leben können, sondern in diesem
engen Korsett stecken. Jetzt wollen wir dieses Korsett mit der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit
zumindest wieder menschlich machen. Die soziale Abhängigkeit, in der ich mich befinde, kann
ich durchbrechen, indem ich meinem Chef gegenüber – der mich versucht auszunutzen – ein Gesetz an die Hand bekomme, worauf ich mich berufen kann. Ich kann sagen: ich muss nach Hause.
Du musst mich richtig disponieren. Das ist meine
Richtung und meine Richtung heißt heute nicht
mehr Oslo oder Lissabon, sondern Budapest oder
Bukarest. Ich würde sagen, da haben eine sehr
gute Chance, dass wir einen der ältesten Berufe
überhaupt – glaube ich – wieder ehrbar und auch
für den Nachwuchs wieder interessant machen
können und erreichen, dass unsere Länderversorgung letztendlich wieder funktioniert, auf
menschlicher Basis, nicht nur auf ökonomischer
Basis. Ich weiß, dass die Ökonomie auch funktionieren muss, aber bitte nicht auf unserem Rücken.
Das ist die Antwort auf den „Traumberuf“.
Zur Kontrollierbarkeit: Ich halte die Kontrollierbarkeit für sehr einfach. Es gibt viele Beispiele in
Europa, wo der Kontrollbeamte die Macht seines
Amtes ausübt und auch den Menschen anschaut,
der auf dem Vordersitz auf seinem Lkw liegt, ohne
geeignete Schlafmöglichkeit. Das steht schon im
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Gesetz drin: „über eine geeignete Schlafmöglichkeit verfügt“. Die heutige Definition der geeigneten Schlafmöglichkeit ist nicht genauer als die
jetzt Angestrebte. Die „geeignete Schlafmöglichkeit“ ist die, wo der Mensch sich ausstrecken
kann. Man braucht meiner Meinung nach keine
bessere Definition, sondern man muss die Fahrzeuge herschaffen, die das anbieten, was heute
schon Standard ist. Eine Couch oder ein Zelt oder
eine Luftmatratze oder der Vordersitz von einem
Sprinter kann keine geeignete Schlafmöglichkeit
sein. Das ist eine ganz normale Angelegenheit. Ich
fahre seit 34 Jahren Lkw. Ich habe mit einem 7,5
Tonner meinen Fernverkehr begonnen und dort
2 Wolldecken auf die Vordersitze gelegt. Das war
nicht „geeignet“. Schon vor 30 Jahren war das als
Schlafmöglichkeit nicht geeignet. Da bin ich morgens gerädert aufgestanden und konnte die ersten
2 Stunden nicht konzentriert Lkw fahren. Das ist
mein Appell und gleichzeitig meine Meinung zum
Thema Traumberuf und zum Thema Kontrollierbarkeit. Ich schaue in das Fahrzeug und wenn der
Fahrer seine Decken dort liegen hat, ist die Schlafmöglichkeit nicht geeignet. Der war auch garantiert nicht im Hotel, wo er eine geeignete Schlafmöglichkeit hatte. Das bedeutet, dieser Mann hat
gegen geltendes Recht verstoßen. Das ist meine
Meinung zu der Kontrollierbarkeit. Ich brauche
dem Mann nur in die Augen zu sehen, wie einem
Drogenabhängigen, dem sehe ich an, dass der gerade unter Strom steht und einem nicht ausgeschlafenen Fahrer sehe ich an, dass er nicht ausgeruht ist.
Vorsitzender: Herzlichen Dank, für Ihre Antworten. Wir sind dann bei der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, der Kollege Stephan Kühn hat
das Wort.
Abg. Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. Im Februar dieses Jahres hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes– da
ging es um eine Klage eines belgischen Transportunternehmens–, deutlich gemacht, dass nach seiner Wahrnehmung die Rechtslage so ist, dass das
Verbringen der regelmäßigen Ruhezeit im Fahrzeug untersagt ist. Das sei seine Rechtsinterpretation des europäischen Gesetzrahmens. Nun muss
das Gericht entscheiden. In der Vergangenheit war
es meist so, dass der Europäische Gerichtshof den
Beschlussanträgen der Generalanwälte gefolgt ist.
Das bedeutet: Unter Umständen schreiben wir im
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Gesetz nur das vor, was sowieso schon geregelt
ist. Natürlich haben Sie, meine Herren, die Zustände zutreffend als unhaltbar beschrieben. Jetzt
geht es nicht nur darum, auszuschließen, dass die
wöchentliche Ruhezeit im Lkw verbracht wird,
sondern zu schauen, was stattdessen passiert und
dafür einen klaren Rahmen zu finden. Deshalb
möchte ich bei, Herr Skoppeck, nachfragen: Wir
haben hier einen Vorschlag des Bundesrates, der
sehr deutlich definiert, wie das stattzufinden hat.
Nämlich das, was Sie zu Recht als Durchsetzung
der Menschenrechte beschrieben haben, die Ruhezeit am jeweiligen Wohnort des Fahrers zu verbringen oder am Ort des Unternehmenssitzes oder
in einer festen Unterkunft mit geeigneten Sanitäranlagen und ausreichender Versorgungsmöglichkeit. Ist das eine Regelung, die Ihrem Wunsch
nach Durchsetzung der „Fahrermenschenrechte“ –
so nenne ich sie mal – deutlicher und klarer entgegenkommt?
Herr Fiala, an Sie die folgende Frage: Es soll ein
Gesetz beschlossen werden, das in der Praxis Veränderungen bewirken soll. Wäre für die Durchsetzung des so geänderten Rechts die Formulierung
des Bundesrates für Sie, als diejenigen, die überprüfen müssen, was geeignet oder ungeeignet ist
eine rechtssichere, handhabbare Lösung bei der
Durchsetzung des Rechts?
Vorsitzender: Besten Dank, Herr Kollege. Zunächst bitte Herr Skoppeck.
Udo Skoppeck (Actie in de Transport Germany).
Die ursprüngliche Regelung aus dem Bundesrat
würde unserer Vorstellung sehr viel näher kommen. Die Definition ist in der EU-Verordnung
längst vorgegeben. Die Diskussion um diese Änderungsnotwendigkeit ist nur zustande gekommen,
weil unsere Bundesregierung bislang abgewartet
hat, dass die EU aktiv wird. Jetzt haben wir den
EU-Verkehrskommissar Herrn Kallas schon hinter
uns gebracht und Frau Bulc ist möglicherweise
auch nicht mehr ewig im Amt. Aber noch immer
ist keine Änderung in Sicht. Also wird eine nationale Regelung angestrebt.
Beim Mindestlohngesetz wurde ein Verfahren in
der EU angestrengt, weil das Mindestlohngesetz
nicht korrekt formuliert war und nicht korrekt
umgesetzt werden konnte. Wir haben zwar einen
Mindestlohn, aber faktisch ist er noch nicht gegeben, zumindest nicht für andere Arbeitnehmer in
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Deutschland. Das gleiche gilt bei der regemäßigen
Ruhezeit. Ich kann dem Fahrer nicht vorschreiben, dass er nach Hause fahren muss. Ich muss
ihm nur die Möglichkeit per Gesetz anbieten, auf
das Recht zu pochen, nach Hause zu kommen.
Wenn ich ihm vorschreibe, er muss nach Hause,
ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das Gesetz nicht korrekt formuliert ist, sondern von der
EU kassiert wird. Dann stehen wir immer noch da,
wo wir vorher standen.
Ich erkenne in dem jetzigen Gesetzentwurf die
Möglichkeit, den Zug erst einmal ins Rollen zu
bringen, damit wir zu unseren Menschenrechten
kommen. Dieser Vorschlag ist wahrscheinlich ein
Kompromissvorschlag. Europaweit kann aber das
Recht nur greifen, wenn Brüssel endlich ein
Machtwort gesprochen hat. Wir können alle unter
Druck setzen und alle auffordern: Leute achtet auf
eure Arbeitnehmer, achtet auf die Menschenrechte eurer Arbeitnehmer. Wir tun etwas dafür;
jetzt sind die anderen Länder dran. Wir haben
noch 27 andere Mitgliedstaaten in Europa. Die
müssen auch alle reagieren.
Ich beantworte Ihre Frage mit: Ja, der Bundesratsentwurf wäre schöner und wünschenswerter, aber
er wird kassiert werden, und dann stehen wir wieder am Anfang und haben nichts gewonnen. Ich
bin hochgradig einverstanden, dass wir überhaupt
aktiv werden in Deutschland und endlich für uns
Berufskraftfahrer das Bestmögliche herausholen.
Vorsitzender: Herr Fiala bitte.
Thomas Fiala (Polizeipräsidium Köln): Es hört
sich vielleicht überhastet an, den Gesetzentwurf
durchzuziehen. Ein EuGH-Urteil ist aber noch
keine Gesetzeslage. Damit ich auf der Straße arbeiten kann, benötige ich eine Gesetzeslage. Natürlich ist eine Verschärfung – in welcher Weise
auch immer – vielleicht noch wünschenswerter.
Jedoch brauchen wir auf der Straße ein Schwert,
das schneidet. Insofern ist das Fahrpersonalgesetz
geeignet, weil ich eine Neufassung der Regelung
des Artikels 8 Absatz 8 der Verordnung (EG)
Nr. 561/2006 auf absehbare Zeit nicht erwarte.
Wir hätten es in der Hand, aus diesem Verstoß einen Unternehmerverstoß zu machen. Der Unternehmer setzt den ursächlichen Zusammenhang
bei der Planung seines Fahrpersonals. Ich sehe
auch die Kontrollierbarkeit vor Ort als gegeben an.
Ich halte es für möglich, den Unternehmer – nicht
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den Fahrer – mit einem Bußgeld zu belegen. Nach
den EU-Vorschriften können wir das Fahrzeug,
immer wenn es um Lenk- und Ruhezeiten geht, an
Ort und Stelle festzuhalten, bis der Unternehmer
die schuldigen Bußgelder hinterlegt hat. Wir brauchen dringend eine solche Regelung, um die Missstände und vor allen Dingen die Not der Menschen auf den Rastplätzen zu lindern.
Vorsitzender: Herzlichen Dank für die klaren Antworten am Ende der ersten Fragerunde. Wir kämen dann zur zweiten Fragerunde und beginnen
wieder mit der Fraktion der CDU/CSU. Das Wort
hat Herr Kollege Oliver Wittke.
Abg. Oliver Wittke (CDU/CSU): Da der Gesetzentwurf von verschiedener Seite gelobt worden ist,
will ich darauf hinweisen, dass die angestrebte
Wirkung erst dann eintreten wird, wenn der noch
nicht gestellte Antrag der Koalitionsfraktionen
eine noch weitere Verbesserung dieses Gesetzentwurfes bewirken wird. Das ist mir an dieser Stelle
wichtig, weil hier so getan wird, als sei das alles
schon im Gesetzentwurf enthalten.
Ich möchte eine Frage an Herrn Prof. Dr. Engelhardt stellen. Sie schreiben in Ihrer Stellungnahme, dass eine von der entsprechenden EU-Verordnung gedeckte Vorgabe zum Verbringen der regelmäßigen Wochenruhezeiten an bestimmten Orten, z.B. dem Wohnort oder Betriebssitz, bei gebietsfremden Lkw-Fahrern nicht kontrollierbar
sei. Ich bitte Sie, das genauer zu erläutern und
insbesondere auch darzustellen, wie eine solche
Regelung in der Praxis aussehen würde.
Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)):
Die EG-Verordnung Nr. 561/2006 schreibt nach
meinem Kenntnisstand keinen bestimmten Ort
vor. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine nationale Gesetzgebung auf unsere inländischen Fahrer
angewandt würde. Für das moderne Nomadentum, was wir aus osteuropäischen Speditionsund Logistikunternehmen auf den Autobahnen
kennen, würde das aber nicht greifen, weil die
EG-Verordnung wahrscheinlich nicht durchsetzbar und das Ganze nachher nicht kontrollierbar
ist.
Der BGL hat dazu eine klare Stellungnahme abgegeben. Eine von unserer Branche befürwortete
Möglichkeit, das Ganze besser kontrollierbar zu
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machen, könnte darin bestehen, längere europäische Rundläufe zu genehmigen – da gäbe es auf
europäischer Ebene Einigkeit mit den anderen
Spitzenverbänden. Zum Beispiel könnte man zwei
verkürzte Wochenruhezeiten und anschließend
eine verbindliche verlängerte Wochenendruhezeit
am Heimatort als Ausgleich zu der verkürzten Ruhezeit vorsehen. Ich war 20 Jahre in einem Unternehmen tätig, das gewerblichen Güterkraftverkehr
mit 700 Lkw-Einheiten durchführte. Natürlich
wollten die Fahrer nach Hause zu ihren Familien
gehen. Je länger Fahrer bei ihren Familien sind,
desto glücklicher sind sie. Das wäre vielleicht ein
Ansatz für eine europaweit tragfähige Lösung, um
den Wünschen des Fahrpersonals Rechnung zu
tragen und das Ganze zugleich zu kontrollieren.
Dazu müsste das Länderkennzeichen im digitalen
Fahrtenschreiber besetzt werden, sodass es durch
die Kontrollbehörden jederzeit kontrolliert werden kann.
Vorsitzender: Besten Dank. Die Fraktion DIE
LINKE., Herr Kollege Thomas Lutze, bitte.
Abg. Thomas Lutze (DIE LINKE.): Ich möchte anmerken, dass eine Vielzahl der osteuropäischen
Speditionen Eigentümer haben, die hierzulande
angesiedelt sind. Man muss also vorsichtig sein,
den „Schwarzen Peter“ in diese Richtung zu
schieben.
Meine Frage geht an Herrn Werner von ver.di: In
wenigen Wochen erwarten wir ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und wenn man sich
Kommentare von Juristen anschaut, kann man davon ausgehen, dass es auf europäischer Ebene
nicht ewig dauern wird, sondern mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Wie sehen Sie es, wenn
man parallel zu diesem Urteil ein Gesetzgebungsverfahren anfängt? Neben dem zu erwartenden
Gerichtsurteil haben wir auch eine Reihe von
Nachbarländern, die Regelungen getroffen haben.
Und alle Expertinnen und Experten sagen, in den
Nachbarländern funktioniert das offensichtlich
besser, auf jeden Fall anders. Ich habe das Gefühl,
wir erfinden das Rad gerade wieder neu. Mich
würde konkret interessieren, was Sie vom Europäischen Gerichtshof erwarten? Wohin könnte die
Entwicklung gehen? Und was hätte es für Konsequenzen für diese Diskussion, die wir im Moment
führen?
Ralph Werner (ver.di): Ich bin kein Jurist und
dementsprechend fällt es mir schwer, ein Urteil
rechtlich einzuordnen. Nach dem, was in dieser
Stellungnahme geschrieben wird, gehe ich davon
aus, dass sich das Urteil stark auf das Verbringen
der Ruhezeit beziehen wird. Es wird vermutlich
in die angedeutete Richtung gehen, dass es verboten ist, so dass die Auslegung der Verordnung
dann klar wäre. Allerdings wurde die verlängerte
Wochenruhezeit einmal entwickelt, um auch das
soziale Umfelds des Kraftfahrers zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass es eine regelmäßige
Heimkehr gibt. Das wird das Urteil nicht leisten
können. Das Urteil wird im Grunde genommen
dafür sorgen, dass es Möglichkeiten geben muss,
die Wochenruhezeit nicht im Lkw zu verbringen.
Was dann allerdings in Europa passiert, wage ich
gar nicht mir vorzustellen. Das fängt an von Containerdörfern über irgendwelche Motels, die sich
darauf spezialisieren, möglichst preiswert möglichst viele Fahrer unterzubringen. Dies wird
wahrscheinlich in der Nähe von großen Rasthöfen
geschehen.
Wir kommen um die soziale Frage im Hinblick auf
die Fahrer nicht herum. Ich glaube, der Gesetzgeber sollte auch einmal Mut haben. Wir haben gesehen, dass der Gesetzgeber Mut beweist, sich bei
einer Sache wie der Maut gegen Europa zu stellen.
Warum soll das nicht bei der Sache der Fahrer
möglich sein, damit diese ein soziales Umfeld haben, in dem sie vernünftig arbeiten und leben
können? Wenn man ein Gesetz angeht, sollte man
den Mut haben, auch über den Tellerrand hinaus
Aspekte zu betrachten. Ich bin der Meinung, es ist
richtig, nicht nur die Frage des Verbringens der
Ruhezeiten zu regeln, sondern auch die Frage:
Was soll der Grundsatz sein? Der Grundsatz muss
die Heimkehr nach Hause sein.
Vorsitzender: Vielen Dank für Ihre Einschätzung.
An der Reihe ist nun die SPD-Fraktion mit Herrn
Kollegen Udo Schiefner.
Abg. Udo Schiefner (SPD): Es wird oft gesagt, dass
die Kontrollbehörden chronisch personell unterbesetzt und schlecht miteinander vernetzt seien.
Deswegen sei unter Umständen die Umsetzung einer solchen Regelung schwer kontrollierbar.
Herr Fiala, wie sehen Sie das? Woran fehlt es? Ist
es in der Tat so, dass eine schlechte Vernetzung
Vorsitzender: Zunächst Herr Werner, bitte.
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Protokoll der 97. Sitzung
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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
stattfindet? Was könnten wir tun, um diese Kontrollen effektiver zu gestalten?
Die zweite Frage geht an Herrn Skoppeck. Ich
denke, wir machen einen Schritt in die richtige
Richtung. Es gibt aber noch viele Probleme mit
Blick auf Lohn- und Sozialdumping. Welche anderen Schritte scheinen Ihnen in den nächsten
Jahren dringend geboten?
Thomas Fiala (Polizeipräsidium Köln): Natürlich
muss man sagen, dass die Kontrollbehörden gerade in Nordrhein-Westfalen angesichts der aktuellen Ereignisse Personal nötig haben. Jedoch pflegen wir schon seit längerem bei der Autobahnpolizei Köln die integrativen Kontrollen. Integrative
Kontrolle heißt, dass wir Behörden wie die BAG
und den Zoll mit ins Boot nehmen, ebenso das
Amt für Arbeitsschutz. Gerade diese Konstellation, die wir in Ordnungspartnerschaften u. ä.
pflegen, lässt mich hoffen, dass wir mit einer entsprechenden Gesetzeslage auch arbeiten können.
Es hapert schlicht daran, dass wir das Problem
nicht bekämpfen können. Wir haben kein Schwert
in der Hand, um diese Problematik anzugehen.
Udo Skoppeck (Actie in de Transport Germany):
Nach 34 Jahren Lkw fahren in ganz Europa kann
ich sagen: Früher gab es erheblich häufigere Kontrollen. Das lag sicherlich daran, dass man früher
Wert darauf gelegt hat, dass die Gesetze eingehalten wurden und dass es vermutlich auch mehr
Personal gab und in den Behörden nicht kaputtgespart wurden. Früher war die Polizei nicht mein
Freund und Helfer, sondern mein Feind, den ich
als Kraftfahrer versucht habe, auszutricksen.
Heute sitze ich einträchtig mit der Polizei an einem Tisch und hoffe, dass der Kollege noch weitere Kollegen bekommt, damit er mich kontrollieren kann. Ich bin in den letzten 4 Jahren genau
einmal kontrolliert worden. Das ist zwar eine sehr
gute Bilanz für mich und für meine Arbeitszeit,
aber nicht unbedingt für die Behörde.
Was kann man noch tun? Wie kann man dem Sozialdumping weiter Einhalt gebieten? Ich habe
eine Idee entwickelt. Ich erlebe das bei der Industrie und ich habe gelesen, dass die Bundesregierung die „Industrie 4.0“ propagiert. Dazu habe ich
mir Gedanken gemacht. Wie kann man die „Industrie bzw. Digitalisierung 4.0“ im Transportsektor, bei der Straßenkontrolle, effektiv nutzen?
Ganz einfach: Ich habe viele Firmen, bei denen
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ich mich mit einer Identifikationsnummer (IDNummer) einloggen muss. Dann bekomme ich ein
digitales Schriftstück ausgehändigt. Darauf sind
alle frachtrelevanten Daten hinterlegt: Transporteur, Empfänger, Versender, meine Fahrzeugdaten, von wo nach wo die Ladung geht, welche
Grenzübergänge im Einzelfall vorhanden sind, etc.
Was fehlt, sind die personenbezogenen Daten: ob
ich als Fahrer legitimiert bin, diesen Transport
durchzuführen, ob ich einen ADR-Schein habe, ob
ich angemeldet oder ein Schwarzarbeiter bin.
Diese bislang nicht hinterlegten Daten ließen sich
in ein solches System ganz leicht einpflegen, z.B.
mit einer zweiten ID-Nummer. Dann wäre auch
dem Frachtdiebstahl relativ schnell Einhalt geboten. Kein Spediteur könnte sich mehr illegal an irgendeiner Pförtnerloge für eine Ladung anmelden,
weil er diese Legitimationsnummer nicht hätte.
Das wäre im digitalen Zeitalter ein Klacks. Wir
hätten dann sämtliche Behörden, die miteinander
vernetzt sind, dabei – ob das das Kraftfahrtbundesamt ist, die Sozialversicherungsträger, die
Frachtbörsen oder das Bundeszentralregister für
Unternehmen. Herr Prof. Dr. Engelhardt weiß bestimmt besser Bescheid, welche Vernetzungsmöglichkeiten es da gibt. Das sehe ich als Kerninstrument in unserem Zeitalter, wo es den digitalen Tachographen demnächst in verbesserter Version
gibt, wo wir ADR-Scheine (Anmerkung: Erlaubnis
zum Befördern von Gefahrgut auf der Straße) in
digitaler Form vorliegen haben, Fahrerkarten,
Führerscheine, Modulschulungen. Alles das liegt
in digitaler Form bereits vor. Es muss letztendlich
nur vernetzt werden und schon sind wir die gläserne Branche schlechthin.
Selbst Steuerhinterziehung u.ä. wäre damit ganz
leicht aufzudecken oder z.B. die aktuelle „AddBlue –Geschichte“. Jeder Firma wäre klar: Die haben 500 Fahrzeuge und verbrauchen 50.000 Liter
„AddBlue“ im Jahr, weil es dafür Rechnungen
gibt. Ich spreche von einem digitalen Frachtbrief,
was nicht nur die digitalisierte Form eines Stücks
Papiers ist, sondern die digitalisierte Form der gesamten Schlupflöcher darstellt. Diese Schlupflöscher lassen sich digital schließen. Das ist eine
Idee, die ich entwickelt und auch schon einmal
vorgestellt habe. Damit ließen sich meiner Meinung nach über 70 Prozent aller Schlupflöcher
schließen und alle Unklarheiten in bisherigen Gesetzesformulierungen ließen sich damit ebenfalls
vermeiden.
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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ich weiß, dass es in der Abfallwirtschaft, in der
Entsorgungswirtschaft bereits so praktiziert wird.
Mittlerweise fahren sämtliche Container rund um
den Globus mit genau einem solchen digitalen
System. Natürlich sind keine Personaldaten dabei,
weil es bei einem Container kein Personal gibt.
Die andere Idee, um das Sozialdumping einzudämmen, lautet nicht nur die großen Lastwagen in
diesem System und in der Kontrolle mit mehr Personal zu integrieren, sondern auch die kleinen
Transporter. Die müssten alle eine EU-Lizenz haben. Es wären sämtliche gewerblichen Güterkraftverkehre unter eine EU-Lizenz zu stellen, mit einer ordentlichen Gewerbeanmeldung und mit
Lenk- und Ruhezeiten. In das Fahrpersonalgesetz
und die Fahrpersonalverordnung müsste jeder gewerbliche Güterkraftverkehr eingebunden werden.
Damit wäre dem größten Teil des Sozialdumpings
Einhalt geboten.
Vorsitzender: Vielen herzlichen Dank, für diese
umfangreiche Antwort. Sie haben eingangs auch
auf das heute deutlich bessere Verhältnis von Autobahnpolizei und Fahrern hingewiesen. Daran
wirken, das sollte man auch einmal in dieser
Runde sagen, auch die mittlerweile sehr zahlreichen Stammtische der Fernfahrer an den deutschen Autobahnen mit sehr positiv. Es gibt mittlerweile über 30, die eine sehr interessante Arbeit
leisten. Wir machen weiter mit Stephan Kühn,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Abg. Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich finde die Frage, die mein Kollege Udo Schiefner gestellt hat, völlig richtig. Wir sollten die Anhörung dazu nutzen, auch über die zu diskutierende Gesetzesänderung beim Fahrpersonalgesetz
hinaus, die Frage zu stellen, welche weiteren
Maßnahmen aus Sicht der Experten notwendig
wären, um dem Sozialdumping Einhalt zu gebieten. Deshalb möchte ich diese Frage an Dominique John vom DGB stellen.
Ich möchte die zweite Frage an die Bundesregierung stellen, die jetzt vertreten ist mit Herrn Parlamentarischer Staatssekretär Barthle. Wir haben
von Herrn Fiala schon das Thema Zusammenarbeit mit insbesondere BAG und Zollbehörde gehört. Mich würde interessieren: Sollte die Gesetzesänderung auf Grundlage des Änderungsantrages der beiden Koalitionsfraktionen kommen, wie
sähe es mit den Kapazitäten bzw. zusätzlichen Kapazitäten beim BAG aus? Mit welchen Stellen und
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Personalaufwuchs haben wir zu rechnen? Wie
wird die Bundesregierung agieren, damit dieses
Gesetz nicht nur auf dem Papier steht, sondern in
der Praxis angewendet wird?
Dominique John (Deutscher Gewerkschaftsbund –
Faire Mobilität): Ich möchte einen Punkt betonen:
Ich denke, wir haben im Moment die Möglichkeit,
eine adäquate Regelung zu finden, dass wir es
zum Regelfall machen, dass die Fahrer ihre Ruhezeit zu Hause verbringen können. Das sollte wirklich ein Kernpunkt sein.
Ich möchte dem Kollegen Skoppeck ein bisschen
widersprechen. Ich glaube, dass der Vorschlag des
Bundesrates mit dem dreistufigen Modell wirklich
eine klarere Regelung möglich macht als das, was
im Moment hier im Raum steht. Wir erleben immer wieder, dass dort ausgewichen wird, dass
Missbrauchsmöglichkeiten an etlichen Stellen gesucht werden. Mit diesem Begriff „geeignete
Schlafmöglichkeiten“ kann ich mir jetzt schon
vorstellen, was wir für Diskussionen mit Unternehmern führen werden. Das ist nicht rechtssicher. Das kriegen wir nicht hin. Bei den Regelungen, die der Bundesrat vorgeschlagen hat, könnten
wir deutlich weiter kommen. Wir brauchen mit
Sicherheit eine stärkere Vernetzung der Kontrollbehörden. Wenn die Polizei das im Kölner Raum
gut hinbekommt, freut mich das. Ich habe aus anderen Bundesländern schon anderes gehört. Es
gibt verschiedene Behörden, die aktiv sind auf
den Autobahnen. Das ist zum Teil sehr schwierig
zu koordinieren. Das müsste mit Sicherheit besser
koordiniert werden. Es müsste den Kollegen die
kontrollieren sollen, ermöglicht werden, besser
zusammenzuarbeiten. Wir brauchen mit Sicherheit auch eine verbesserte Vernetzung, eine internationale Vernetzung zwischen den Kontrollbehörden. Wir brauchen eine klare Regelung, dass
Kraftfahrer, die aus dem Ausland nach Deutschland einfahren, entsandte Beschäftigte sind und
dass bestimmte Mindeststandards eingehalten
werden müssen. Das muss natürlich auch kontrolliert werden. Der Mindestlohn spielt eine wichtige
Rolle. Ich denke, dass wir insgesamt darüber
nachdenken müssen, mehr Informationsmöglichkeiten für Kraftfahrer aus dem Ausland zu schaffen. Es gibt Beratungsstellen, an welche sich unter
anderem Lkw-Fahrer hinwenden können, wenn
sie Probleme haben. Ich glaube, dass man darüber
wirklich gut nachdenken sollte, wie man so was
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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
verstärkt. Also eine Idee wäre beispielsweise, dass
an bestimmten Raststätten – mit Schwerpunkt für
Fahrer aus Osteuropa – Infopoints eingerichtet
werden. Man könnte auch über so etwas wie eine
zentrale Hotline nachdenken, wo vielleicht auch
in unterschiedlichen Sprachen Informationen
weitergegeben werden.
Wir erleben im Moment, wenn wir mit osteuropäischen Fahrern sprechen, dass immer mehr ausgewichen wird auf kleine Fahrzeuge unterhalb von
3,5 Tonnen, die wir nicht erfassen. Ich glaube,
dass das wirklich sehr wichtig ist. Ich habe Fahrer
erlebt, die sind zu Hause in ihren Fahrzeugen; die
kommen da nicht mehr heraus und fahren quer
durch Europa mit diesen Sprintern. Ich warte darauf, dass die ersten Unfälle passieren, bzw. sicherlich sind schon Unfälle passiert und wir haben das einfach anders eingeordnet. Das ist etwas,
was massiv zunimmt und wir müssten darüber
nachdenken, wie wir das gesetzlich regeln können. Aber da hast du (Anm.: gemeint ist Herr
Skoppeck) ja gerade ein paar Vorschläge gemacht.
Vorsitzender: Danke, Herr John. Die zweite Frage
vom Kollegen Kühn ging an die Bundesregierung.
Herr Staatssekretär, wenn Sie darauf eingehen
wollen, haben Sie das Wort.
PSts Norbert Barthle (BMVI): Die Bundesregierung wird zunächst prüfen, ob durch die Neuregelung was die Kontrollen anbelangt, überhaupt ein
Mehraufwand entsteht, ob dafür zusätzliches Personal notwendig sein sollte. Im Gesetzestext steht,
dass kein Erfüllungsaufwand für die Bundesregierung durch die Schaffung einer zusätzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 5 Absatz 1a des Personenbeförderungsgesetzes begründet ist, weil die
zuständigen Kontrollbehörden bereits mit der
Überwachung betraut sind. Wir werden prüfen, ob
zusätzliches Personal einzustellen wäre. Und
wenn nicht, dann wird der Personalbestand das
entsprechend leisten können.
Vorsitzender: Es bleibt noch genügend Zeit für
eine dritte Runde. Wir beginnen dann wieder mit
der CDU/CSU-Fraktion, Gero Storjohann, bitte.
Abg. Gero Storjohann (CDU/CSU): Wenn ich etwas beschließe, möchte ich wissen, was es für
Auswirkungen hat. Herr Prof. Dr. Engelhardt, wie
sind die Erfahrungen in Österreich und in Frankreich? Gibt es dort nur Ausweichverkehre, dass
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also keiner dort seine Ruhezeit nimmt? Oder findet das tatsächlich statt? Ich habe eine Spedition
bei mir im Wahlkreis, die macht Spezialtransporte. Unter 1 Million Euro ist da nichts drin.
Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass der Fahrer sein
Fahrzeug verlassen soll, um dann zwei Tage später wiederzukommen, ist das suboptimal für die
Ladung. Ich weiß auch, dass wir nicht genügend
sichere Abstellplätze haben. Wenn ich das jetzt
kurzfristig umsetze, hat das sicherlich Auswirkungen. Ein Fahrer, der auf dem Parkplatz oder Rastplatz seinen Lkw abstellt, muss auch irgendwie zu
der Schlafmöglichkeit kommen. Er muss auch irgendwie in sein Heimatdorf zurückkommen. Das
dauert vielleiht 5 oder 6 Stunden. Die Spedition,
die ich im Blick habe, fährt immer von Oslo nach
Istanbul. Wenn er durch Deutschland fährt, kann
er auch durch Polen fahren. Dann hat er das Problem nicht. Was bedeutet das, wenn wir das beschließen?
Vorsitzender: Herr Prof. Dr. Engelhardt, Sie haben
das Wort.
Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)):
Das ist genau die Problematik, die auch von Seiten Herrn Werners schon angesprochen worden
ist. Wenn das jetzt so beschlossen würde, gäbe es
einerseits das Problem, dass gewisse Ladungen
nicht ausreichend bewacht werden könnten. Auf
der anderen Seite gäbe es Ausweichmöglichkeiten
wie Containerdörfer; die Aussagen meiner Vorredner möchte ich aber nicht wiederholen. Wir als
Verband sähen, wenn das in dieser Form so kommen würde, erhebliche Probleme für die Praxis
und plädieren daher für eine europäische Lösung,
sehr wohl wissend, dass der Zeitraum bis so eine
Lösung kommen sollte, recht lange wäre. In Österreich und anderen Ländern finden derzeit nach
Auskunft unserer entsprechenden Abteilungsleiter keine Kontrollen statt. Mir ist kein Bußgeldbescheid bekannt. Würde das aktiv umgesetzt werden, gäbe es dort massive Probleme. Wir haben
bewusst auch mit den anderen Landesverbänden
– Österreich, Frankreich, Belgien – gesprochen.
Wir konnten nichts in Erfahrung bringen.
Aus praktischer Sicht wäre es sinnvoll, Möglichkeiten für echte europäische Rundläufe zu schaffen, sprich: zwei bis drei verkürzte Wochenruhezeiten, dann eine verlängerte Wochenruhezeit mit
einem entsprechendem Ausgleich, also nicht eine
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Verkürzung, sondern eine Verlängerung. Ich
glaube, damit wäre dem Fahrpersonal am meisten
gedient. Auf diese Weise bekämen wir am ehesten
eine praktikable und europäische Lösung realisiert.
Vorsitzender: Die Fraktion DIE LINKE., Herr Kollege Herbert Behrens bitte.
Abg. Herbert Behrens (DIE LINKE.): Vielen Dank.
Ich hätte eine Frage an die beiden Gewerkschaftsvertreter. Wir lesen ja auch in der Stellungnahme
des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik
und Entsorgung, dass der neue § 3a als nicht ausreichend betrachtet wird, weil er eine Kann-Bestimmung enthält und deshalb nicht die nötige
Rechtssicherheit biete. Meine Frage ist: Teilen Sie,
Herr Werner, diese Einschätzung des BGL? Oder
reicht der Vorschlag aus, weil der Fahrer sich ja
nicht selbst kontrollieren kann auch tatsächlich
das tut, was das Unternehmen ihm vorgibt?
Die zweite Frage; ich weiß nicht, ob der DGB oder
ver.di dafür eine bessere Aussagemöglichkeit hat:
Wir reden zurzeit über die abhängig beschäftigten
Fahrer. Nun beobachten wir aber auch die Tendenz, dass deutsche Logistikfirmen bzw. Spediteure dazu übergehen, ausländische Dependancen
zu gründen und ihr Geschäft über Werkverträge
abfahren zu lassen. Inwieweit könnten wir da
durch eine notwendige Verschärfung der Regelungen die Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern? Welchen Druck würde das in Bezug auf weitere Ausgründungen ausüben? Gibt es dazu Einschätzungen seitens der Arbeitnehmervertretungen?
Vorsitzender: Vielen Dank, Herr Kollege Behrens.
Die erste Frage ging an Sie, Herr Werner. Ich bitte
zu klären, wer die zweite Frage beantworten
möchte.
Ralph Werner (ver.di): Zur Position des BGL: Wir
können sie nicht teilen, weil diese Kann-Bestimmung zwingend notwendig ist, damit das Gesetz
überhaupt gelten kann. Es ist ja schon mehrfach
gesagt worden, dass man dem Fahrer nicht vorschreiben kann, wo er seine Freizeit verbringen
muss. Allerdings ist sie im Kontext zu sehen mit
der grundsätzlichen Systematik, zum Heimatort
zurückzukehren. Wenn das Fahrzeug an den Heimatort oder an den Standort der Niederlassung
zurückgekehrt ist, dann kann sich der Fahrer
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gerne ins Flugzeug setzen und nach Spanien zurückfahren. Denn das Interesse der Fahrer ist –
und das haben wir von allen gehört – nicht monatelang irgendwo unterwegs zu sein.
Ich glaube, das ist ein vorgeschobenes Argument.
Die Fahrer sind zufrieden, wenn sie zurückkehren
können. Der Gesetzentwurf sagt: Es sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass er das kann.
Wenn die Voraussetzungen geschaffen sind und
der Fahrer diese Möglichkeit nicht wahrnimmt, ist
es eine ganz andere Geschichte, als wenn die Voraussetzungen nachweislich nicht geschaffen sind.
Das machen die Disponenten, das machen die
Spediteure. Sie bestimmen, wo der Fahrer ist und
schaffen die entsprechenden Voraussetzungen. Insofern halte ich diese Kann-Bestimmung nicht für
sonderlich schädlich.
Was die Frage der Verdrängung betrifft: Ich
glaube, es ist ganz wichtig, dass wir hierzu die Regelungen für selbstständige Kraftfahrer auf EUEbene erhalten, nach denen diese unter die gleichen Arbeitszeitregelungen für Kraftfahrer fallen,
um genau das zu verhindern. Solange die Regelung für die selbstständigen Kraftfahrer die gleichen sind wie für Angestellte, sehe ich nicht, dass
es zwingend zu solch einer Verschiebung kommt.
Würde dort etwas geändert, wäre die Gefahr natürlich sehr groß, dass immer mehr Arbeitsplätze
in den scheinselbstständigen Bereich verschoben
werden.
Vorsitzender: Herr John, bitte.
Dominique John (Deutscher Gewerkschaftsbund –
Faire Mobilität): Ich würde kurz zur zweiten Frage
Stellung beziehen. Wenn das wasserdicht gemacht
würde, dann könnte es zu so einer Verschiebung
kommen. Überall, wo neue Regeln eingeführt werden, die Missbrauch erschweren, erleben wir Ausweichbewegungen. Solche Ausweichbewegungen
wird es wahrscheinlich auch an dieser Stelle geben. Das kann meines Erachtens aber kein Grund
sein, keine Regeln einzuführen. Sonst könnten wir
alle Regulierung einstellen und dem Markt freien
Lauf lassen und dass das nicht funktioniert, wissen wir auch.
Das Stichwort „Scheinselbstständigkeit“ fiel gerade bei Herrn Werner. Dieses Thema müssen wir
noch einmal angehen. Was ist eigentlich ein
selbstständiger Fahrer und was ist ein schein-
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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
selbstständiger Fahrer? Da gibt es bestimmte Vorgaben, die einzuhalten sind und es wird ja auch
an anderer Stelle zunehmend darüber diskutiert,
ob man die Gesetzeslage verändern sollte.
Vorsitzender: Ich gebe das Wort weiter an Udo
Schiefner von der SPD-Bundestagsfraktion.
Abg. Udo Schiefner (SPD): Vielen Dank. Ich
möchte einmal das Beispiel vom Herrn Storjohann
aufgreifen, denn solche Situationen haben wir öfters auf Autobahnen. Ich habe mir das auch selbst
schon angucken dürfen. Da stehen dann Lkws mit
osteuropäischen Fahrern, die seit Wochen unterwegs sind. Diese verbringen ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im Lkw und passen auf wertvolle Ware auf. Das fängt bei deutschen Automobilen an und geht bis hin zu teuren Werkstücken.
Meine Frage richtet sich an Herrn Skoppeck aufgrund seiner Erfahrungen und Gespräche mit solchen Fahrern und an Herrn Fiala als Polizeibeamten: Wenn die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit
zur Regeneration eines Fahrers dient, ist es dann
überhaupt richtig und legitim, wenn der Fahrer
dabei auf die teure Ware seines Unternehmers aufpassen muss? Kann er aus Ihrer Sicht dann überhaupt noch die Regeneration ordnungsgemäß
durchführen oder ist das nicht schon indirekt ein
Verstoß? Wenn ich Freizeit habe und nicht mehr
schlafen kann, weil ich immer auf einen Diamanten aufpassen muss, dann habe ich mich auch bis
Montag nicht erholt. Dazu würde mich Ihre Einschätzung interessieren.
Dann zu den Ausführungen von Herrn Prof.
Dr. Engelhardt: Herr Prof. Dr. Engelhardt, Sie haben ja einen Vorschlag zu den Umläufen gemacht.
Auch das muss auf europäischer Ebene geregelt
werden. Das wissen wir. Im Moment haben wir
etwa den Missstand, dass Lkw-Fahrer aus Belgien
und Frankreich, weil sie es da nicht mehr dürfen,
am Wochenende über die deutsche Grenze fahren,
hier nächtigen und wieder zurückfahren. Jetzt
greife ich einmal Ihren Vorschlag der europäischen Lösung auf. Man könnte das, wie Sie es
eben vorgeschlagen haben, mit der verkürzten regelmäßigen Ruhezeit regeln.
Verstehe ich Ihren Beitrag richtig, dass Sie – wo
ich Sie unterstütze – auf eine europäische Lösung
setzen, dass Sie aber warten wollen bis sich 27
oder 28 Staaten in Europa darüber geeinigt haben?
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Und dass Sie bis dahin in Bezug auf die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit in Deutschland lieber
nichts machen wollen, weil es letztlich den Unternehmen schadet, die sie vertreten? Wollen Sie,
wenn es auf der europäischen Ebene noch Jahre
dauern sollte, lieber ewig die Taube auf dem Dach
haben, als nur den Spatzen in der Hand?
Vorsitzender: Wenn alle einverstanden sind, machen wir es in der Reihenfolge der Fragen: Herr
Fiala, Herr Skoppeck und die letzte Frage dann
Herr Prof. Dr. Engelhardt. Herr Fiala, bitte.
Thomas Fiala (Polizeipräsidium Köln): Ich war
gerade wirklich irritiert zu hören, dass das Fahrpersonal bei einem europäischen Rundlauf von
Nordeuropa bis nach Südost- oder Mittelosteuropa die Ruhezeit nutzen soll oder muss, um
Wachdienstaufgaben zu übernehmen. Wachdienstarbeiten am Lkw stellen schlicht Arbeitszeit
dar, das heißt, das betroffene Unternehmen kann
überhaupt keine Ruhezeit nachweisen. Der Fahrer
hat seine Lenkzeit und wenn er nicht gerade
schläft, bewacht er das Auto. Dadurch hat er Arbeitszeit. Eine Firma, die so arbeitet, verstößt eindeutig gegen geltendes Recht, denn der Fahrer hat
keine Ruhezeit. Er hat am Wochenende außerdem
Arbeitszeit ohne Ende. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen bestehende Vorschriften. Es kann nicht
sein, dass ein Mensch in seiner Ruhezeit arbeiten
und die Ware bewachen muss. Darüber hinaus
kann Ware vom Lkw gestohlen werden, wenn der
Lkw-Fahrer vorne in seiner Fahrerkabine schläft.
Ich bin erschüttert zu hören, dass das Fahrpersonal scheinbar zu Bewachungszwecken missbraucht wird und überhaupt keine Ruhezeit mehr
vorhanden ist. Wie soll sich ein Mensch entspannen und am Montag und die übrige Woche noch
ordnungsgemäß weiterfahren, wenn er höchstens
ein paar Stunden geschlafen und ansonsten die
Ware bewacht hat? Da liegt jetzt schon ein Verstoß
vor und das können wir nicht tolerieren.
Vorsitzender: Herr Skoppeck, bitte.
Udo Skoppeck (Actie in de Transport Germany):
Dem kann ich hundertprozentig zustimmen. Ich
habe vielleicht auch das Glück gehabt, immer für
Unternehmen gearbeitet zu haben, die verantwortungsvoll damit umgehen. Ich habe ebenfalls
Werttransporte durchgeführt. Wenn man circa
13,60 Meter Laderaum mit iPhones befüllt, dann
man sich schnell an einer Hand den Warenwert
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ausrechnen. Das Gleiche gilt für Zigarettentransporte oder Kaffeetransporte, auch für Schmucktransporte. Das sind durchaus Werte auf dem
Lkw. Die werden dann entweder so disponiert,
dass ich den Transport innerhalb einer Woche
ganz ohne Ruhezeit zu bewerkstelligen habe, oder
aber sie werden mit zwei Mann bewerkstelligt, so
dass ich an einem Wochenende, an dem meine Erholungszeit und meine Ruhezeit anstehen, nicht
auch noch auf die Ladung Acht geben muss. Das
Gleiche gilt natürlich für Autotransporte. Wenn
ich Navigationssysteme transportiere für die Autoindustrie, z.B. Mercedes Benz in Sindelfingen,
dann werde ich nicht irgendwo vor Sindelfingen
meine Ruhezeit verbringen. Ich werde von dem
Unternehmer so disponiert, dass keine Gefahr besteht, dass mir die Ware abhandenkommt. Es wäre
ja auch durchaus möglich, dass ich eine Runde
um meinen Lkw mache, um zu prüfen, ob noch
alle meine iPhones da sind und mir den Fuß breche. Dann ist das Fahrerhaus offen und der Lkw
steht jedem Dieb zur freien Verfügung. Das kann
und darf niemals Sinn der Sache sein. Wochenruhezeit – der Name sagt es ja schon – ist Ruhezeit
und keine Bereitschaftszeit für Wachdienste, für
die ich auch in keiner Weise ausgebildet bin. Ich
kann nicht Wache schieben mit einem Baseballschläger, den ich nach dem Waffengesetz gar nicht
bei mir führen darf. Ich habe es ganz zu Anfang
meiner ersten Ausführung gesagt: Ich denke
durchaus auch ökonomisch, nicht nur menschlich, aber das hat mit Ökonomie nichts mehr zu
tun. Das ist pure Ausnutzung aus Profitgier.
Vorsitzender: Danke. Zur dritten Frage Herr Prof.
Dr. Engelhardt, bitte.
Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)):
Ich versuche eine pragmatische Antwort: Natürlich wollen wir nicht warten und es besteht dringend Handlungsbedarf. Das hatte ich bereits gesagt. Meines Wissens schreiben die EU-Sozialvorschriften dem Fahrer aber nicht vor, die Wochenruhezeit an seinem Heimatort zu verbringen. Ich
bezweifle, dass Deutschland gebietsfremden Unternehmen so etwas vorschreiben könnte. Zur
Frage von Herrn Abg. Storjohann: Ich möchte
nicht, dass wir die wenigen deutschen Unternehmen, die wirklich europäische Transporte durchführen, durch so eine Regelung benachteiligen.
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Das ist das Ansinnen unserer Mitgliedsunternehmen. Unstrittig ist, dass wir eine Lösung brauchen. Die Themen „Dienstleistungsfreiheit“ und
„Niederlassungsfreiheit“ müssen in diesem Zusammenhang näher beachtet werden. Wir wenden
uns gegen das moderne Nomadentum, wo Sozialdumping betrieben wird, egal, ob es auf einem
„ausgeflaggten“ oder einem deutschen Fuhrpark
ist, wie Herr Abg. Lutze vorhin gesagt hat. So
wollte ich dies auch verstanden wissen. Diesem
Problem muss Einhalt geboten werden, auch zum
Schutz der noch vorhandenen deutschen mittelständischen Transportbranche.
Vorsitzender: Wir schließen die dritte Fragerunde
mit Abg. Kühn von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ab.
Abg. Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr John, Sie hatten den Aspekt der Vernetzung
der Kontrollbehörden angesprochen, welche Sie
für dringend notwendig erachten. Ich möchte
nachfassen, was dazu aus Ihrer Sicht auf Bundesebene zu tun wäre.
An die Bundesregierung: Herr Barthle, ich habe
meine Frage vielleicht unpräzise gestellt oder vielleicht sind Sie auch ein bisschen ausgewichen.
Herr Skoppeck hatte u.a. auf die durchaus überschaubare Kontrolldichte abgezielt. Die Frage ist
generell, wie die Kontrolldichte bei den Straßenkontrollen des BAG erhöht werden kann. Dies gilt
unabhängig von der Frage, ob die Gesetzesänderung zusätzlichen Behördenaufwand nach sich
ziehen würde. Insofern stelle ich noch einmal die
Frage, ob Sie die derzeitige Kontrolldichte seitens
der Bundesregierung für ausreichend erachten oder, wenn nicht, welche Maßnahmen zur Erhöhung der Kontrolldichte, z.B. mehr Personal, die
Bundesregierung in absehbarer Zeit plant?
Dominique John (Deutscher Gewerkschaftsbund –
Faire Mobilität): Ich möchte die Frage gern an
Herrn Werner abgeben.
Ralph Werner (ver.di): Es gibt natürlich eine
ganze Menge auch nationaler Möglichkeiten der
besseren Vernetzung, angefangen von gemeinsamen Aktionsbündnissen der verschiedenen Kontrollbehörden bis hin zu den Fragen, ob man bestimmte Kontrollaufgaben zusammenlegen bzw.
verschieben kann und ob die Aufteilung der Kontrollaufgaben überarbeitet werden muss. Das wäre
mit den Fachbereichen zu besprechen. Es ist aber
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auch ganz wichtig, dass Deutschland und Europa
dafür Sorge tragen, die europäischen Kontrollen
zu verbessern, also z.B. dieses Verkehrsregister
von unzuverlässigen Verkehrsunternehmen voranzutreiben. Es ist wichtig, die internationalen Kontrollen stärker zu koordinieren und sicherzustellen, dass die Kontrollbehörden jederzeit Onlinezugriff auf diese Register haben. Da ist noch sehr
vieles offen. Deutschland könnte ohne weiteres
überlegen, die Einführung des Smart-Tachografen
national zu fördern, damit dieser schneller an
Bord ist. Die Frist bis 2035 ist aus unserer Sicht
viel zu lang. Man kann die Unternehmer mit Förderprogrammen dort motivieren. Man kann sich
für den digitalen Fachbrief einsetzen, den Herr
Skoppeck beschrieben hat. Ich glaube, die Möglichkeiten sind reichhaltig, um etwas voranzubringen. Man muss damit anfangen.
Vorsitzender: Fragen an die Bundesregierung.
PSts Norbert Barthle (BMVI).
PSts Norbert Barthle (BMVI): Herr Abg. Kühn,
Ihre erste Frage war, ob mehr Personal notwendig
sei. Ihre zweite Frage bezog sich auf die konkrete
Kontrollpraxis.
Im Gesetzestext steht an mehreren Stellen, dass
für den Bund kein erhöhter Erfüllungsaufwand
entsteht. Etwas anderes gilt natürlich für die Kontrollpraxis. Ich gehe davon aus, dass die zuständigen Behörden BAG und Zoll permanent ihre Kontrollpraxis evaluieren und nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen. Wenn in dieser Anhörung
zutage tritt, dass sich die Zusammenarbeit, die
Kommunikation verbessern müssten, kann ich mir
durchaus vorstellen, dass als Ergebnis dieser Anhörung entsprechende Gespräch geführt werden.
Vorsitzender: Vielen Dank liebe Kolleginnen und
Kollegen. Das waren drei Fragerunden. Gibt es
noch dringende Nachfragen?
Abg. Herbert Behrens (DIE LINKE.): Wenn sich
die Bundesregierung neue Dinge vornehmen
würde, weil sich aufgrund dieser Anhörung neue
Erkenntnisse ergeben, würde mich das sehr
freuen. Vielleicht gehört eine weitere Geschichte
auch dazu, die ich in der ausführlichen Stellungnahme der Actie in de Transport Germany gelesen
hatte. Hr. Skoppeck, Sie weisen in Ihrer Stellungnahme darauf hin, dass bei den Ruhezeiten nur
von „Ruhe“ aber nicht unbedingt von „Schlafen“
18. Wahlperiode
Protokoll der 97. Sitzung
vom 6. März 2017
gesprochen werde. Wenn die Bundesregierung erfahren möchte, was unter Umständen noch regelungsbedürftig ist, dann würde ich Sie gern fragen: Was muss eigentlich an Klarheit geschaffen
werden, damit wir vielleicht nicht nur von
„Ruhe“ reden, sondern von „Ausschlafen“ und
die Fahrer sich auf den Beruf vorbereiten können,
den sie am nächsten Tag wieder ausführen?
Udo Skoppeck (Actie in de Transport Germany):
Da sprechen Sie ein sehr weites Feld an; ich weiß
gar nicht, womit ich anfangen soll. In der deutschen Sprache gibt es für jede Bedeutung ein eigenes Wort. Jeder der schon jemals in der Sauna oder im Urlaub gewesen ist, weiß, er zieht sich zur
Ruhe mal auf seine vier Buchstaben zurück, z.B.
mit einem guten Buch. Ruhe bedeutet nicht unbedingt Schlaf. Es ist immer von Ruhezeit die Rede,
niemals von Schlafenszeit.
Für uns Berufskraftfahrer stellen sich die Worte in
den Gesetzestexten so dar als wenn man uns, seit
es diese Gesetzgebung gibt, mit Sonderparagrafen
überschüttet, weil wir einen besonderen Status in
der Gesellschaft besetzen. Ein Lokführer hat einen
Lokführerstand und das ist sein Arbeitsraum. Ein
Pilot hat eine Pilotenkanzel und das ist sein Arbeitsraum. Ein Busfahrer hat einen Arbeitsplatz,
er hat keine Ruheliege. Nur wir Lkw-Fahrer haben
eine Ruheliege hinter unseren Arbeitsplatz bekommen, damit wir uns auch am Tag von der
Schwere der Arbeit, so hieß es damals bei der Einführung der Regelung, ausruhen können, weil wir
Fahrensleute sind und gar nicht die Möglichkeit
haben, uns in einen Bürotrakt zu einer Mittagspause zurückzuziehen. Deswegen hat man uns
diese Ruheliege gegönnt.
Man muss diesen Hintergrund kennen. Wir haben
seit Anbeginn immer eine Sonderstellung bekommen, weil wir Fahrensleute nicht an einem festen
Platz arbeiten. Das betrifft aktuell die Situation
der Entsenderichtlinie. Fahrensleute dürfen per
Gesetz nicht schlafen. Wir haben keinen Schlafplatz, wir haben keinen wirklichen Arbeitsplatz.
Wir sind als Berufskraftfahrer sogar von der Arbeitsstättenverordnung ausgenommen worden,
weil unser Arbeitsplatz gar nicht die erforderlichen Maße hat. Wir haben weder das erforderliche
Klima noch den erforderlichen Lärmschutz. Das
bedeutet, wir befinden uns in jeder Hinsicht in einer Sonderposition. Im Gesetz drückt sich das immer durch die Nummerierung als „§-a“ oder
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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
durch einen Anhang aus. Wir fallen eigentlich
niemals in den normalen gesetzlichen Rahmen.
Das ist im Straßenverkehrsrecht so und das ist
auch im Arbeitsvertragsrecht so.
Niemand würde auf die Idee kommen, von einem
Piloten zu erwarten, dass er den Kofferraum entlädt. Das macht Personal für den Piloten. Der Pilot
nimmt seinen Koffer, geht ins Hotel und schläft,
damit er für den Rückflug gewappnet ist. Das wäre
das Äquivalent zum Berufskraftfahrer. Der fährt
jedoch zum Ziel, für seine Lieferung muss er aber
beim Entladen selber den Stapler und den Kran
schwingen. Da wartet kein Personal, um ihm diese
Arbeit abzunehmen. Wir reden hier über die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit. Wir reden nicht
darüber, dass ich wirklich ein Recht dazu bekomme, mich auszuruhen, mich auszuschlafen,
gesund zu machen. Der Schlaf hat ja nun mal
auch eine biologische Funktion und das verwehrt
man uns schon durch den Gesetzeswortlaut, weil
dieser nicht dem entspricht, was unsere deutsche
Sprache hergeben würde. Wo soll ich damit anfangen, die Frage wirklich zufriedenstellend zu
beantworten? Allein dieses Wort Ruhe: Man impliziert, dass wir etwas bekämen, was man uns
aber faktisch nicht zur Verfügung stellt. Wer jemals eine Panne hatte und auf einem Rastplatz an
der Autobahn auf Hilfe warten musste, weiß, welche Geräuschkulisse dort herrscht. Der Autolärm
stört schon nach vier bis zehn Minuten und wir
müssen uns dort unsere neun Stunden Ruhe gönnen, soweit man da jetzt von gönnen sprechen
kann. Man härtet natürlich ab, der Mensch ist anpassungsfähig. Aber ob das alles der Verkehrssicherheit dienlich ist, ob das dem Versorgungsauftrag der Branche entspricht? Das sind alles
menschliche Aspekte. Die kann man nicht ökonomisch fassen, die kann man nicht in Geldwert
ausdrücken. Es ist einfach der menschliche Faktor
und das Risiko, jeden Tag von einem Lkw irgendwo überfahren zu werden. Das drückt dieser
Ruheraum aus: Ich hatte keine Ruhe, also bin ich
ein Verkehrssicherheitsrisiko. Ich hatte nicht genug Geld in der Tasche, also konnte ich nicht essen gehen, nicht duschen gehen und fühle mich
nicht wohl. Wenn ich mich nicht wohl fühle, bin
ich ein Sicherheitsrisiko, weil ich mich nicht auf
meine Aufgabe konzentriere.
Beim Lkw meint man, dass der Fahrer für Dinge
wie das Bewachen der Ladung am Wochenende,
in seiner Ruhezeit zuständig sei. Bei einem Piloten, bei einem Lokführer oder Schiffskapitän
würde man niemals auf diese Idee kommen. Ich
weiß nicht, warum die Bevölkerung und die gesamte Politik – ich spreche jetzt die ganze Runde
an – glauben, dass wir Kraftfahrer das stoisch mitmachen, nur weil es sich so eingebürgert hat. Deswegen sitzen wir heute hier, um diesen Tatbestand zu überdenken. Ruhezeit müsste eigentlich
Schlafenszeit sein. Das ist, wohlbemerkt, die Sicht
eines Kraftfahrers.
Vorsitzender: Vielen Dank für Ihre Antworten.
(Beifall der Ausschussmitglieder)
Ich nehme den Beifall des Ausschusses auf: Meine
sehr verehrten Herren Sachverständige, Sie haben
zum Thema der Anhörung Handlungsbedarf angemahnt und erfahren, dass der Gesetzgeber sich
dazu auf den Weg gemacht hat. Wir werden hier
im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur weiter daran arbeiten. Für heute danken wir
Ihnen für Ihre sehr umfangreichen Antworten, für
Ihre Einschätzungen und auch für interessante
Vorschläge. Herzlichen Dank. Ich schließe die Sitzung.
Schluss der Sitzung: 15.30 Uhr
Reinhold Sendker, MdB
Vorsitzender
18. Wahlperiode
Protokoll der 97. Sitzung
vom 6. März 2017
Seite 17 von 17
Deutscher Bundestag
Ausschuss für Verkehr
und digitale Infrastruktur
Ausschussdrucksache
18(15)476-A-C
Stellungnahme zur ÖA - 97. Sitzung
am 06.03.2017
Ausschuss für Verkehr
und digitale Infrastruktur
Zusammenfassung der Stellungnahmen
Öffentliche Anhörung am Montag, 6. März 2017
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des
Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über
die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes (Drucksache 18/10882)
A-Drs. 18(15)476-A
ver.di
Seite 1
A-Drs. 18(15)476-B
Bundesverband Güterkraftverkehr
Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)
Seite 3
A-Drs. 18(15)476-C
Actie in de Transport Germany
Seite 8
Stand: 7. März 2017
Deutscher Bundestag
Ausschuss für Verkehr
und digitale Infrastruktur
Ausschussdrucksache
18(15)476-A
Stellungnahme zur
Öffentl. Anhörung am 06.03.2017
Stellvertretende Vorsitzende
Bundesfachbereichsleiterin
Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft
ver.di • Paula-Thiede-Ufer 10 • 10179 Berlin
Bundesvorstand
Deutscher Bundestag
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Sekretariat
Ausschussvorsitzenden Herrn MdB Martin Burkert
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Paula-Thiede-Ufer 10
10179 Berlin
Andrea Kocsis
Fachbereich Postdienste,
Speditionen und Logistik
Telefon: 030/6956-99
Durchwahl: 2500
Telefax: 3760
vorab per E-Mail an [email protected]
[email protected]
www.verdi.de
Datum
28. Februar 2017
Ihre Zeichen
Unsere Zeichen
20
Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
(ver.di)
Sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,
nachstehend übermitteln wir Ihnen die Stellungnahme der Vereinten
Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Reglung der
Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des
Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes, Drucksache 18/10882.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) nimmt wie folgt Stellung:
Zu Artikel 2 Einfügungen nach Nummer 6, nach 3 8a Absatz 1 Satz 1 und § 8a
Absatz 2 Satz 1 FPersG
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Entscheidung der
Bundesregierung, nicht länger auf eine Europäische Lösung bei der Klarstellung des
Artikels 8, Absätze 6 und 8 der Verordnung (EG) 561/2006 zu warten.
Die dafür im Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD aus der 94. Sitzung
des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur vorgeschlagene Lösung bleibt
jedoch weit hinter dem Änderungsvorschlag des Bundesrates aus der 951. Sitzung
am 25. November 2016 zurück. Mit der Formulierung „geeignete
Schlafmöglichkeit“ ist keine rechtssichere Formulierung gefunden worden. Der
Begriff „geeignet“ ist derart weit gefasst, dass er einer gerichtlichen Einordnung
bedarf. Erst danach könnte sowohl für den Unternehmer als auch für die
Kontrollorgane erkennbar sein, was der Wille des Gesetzgebers ist.
Aus Sicht von ver.di sollte der Bundestag auf den Vorschlag des Bundesrates
zurückgreifen. Der dreistufige Änderungsvorschlag des Bundesrates ist in seinen
Formulierungen bestimmt und greift alle relevanten Aspekte auf.
1
Die Ansprüche an den Unternehmer sind ebenso klar definiert, wie die an das
Fahrpersonal. Es ist eine Rückkehr zum Wohnort des Fahrers oder zum Ort des
Unternehmenssitzes vorgesehen.
ver.di unterstützt vollumfänglich den Vorschlag gemäß der Stellungnahme des
Bundesrates aus der Sitzung 951. am 25. November 2016.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Andrea Kocsis
2
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.
Breitenbachstraße 1, 60487 Frankfurt am Main • Telefon: (069) 7919-0 • Telefax: (069) 7919-227
[email protected] • www.bgl-ev.de
Deutscher Bundestag
Ausschuss für Verkehr
und digitale Infrastruktur
Ausschussdrucksache
18(15)476-B
Stellungnahme
Stellungnahme zur
Öffentl. Anhörung am 06.03.2017
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.
zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines KraftfahrtBundesamtes (BT DrS 18/10882)
Frankfurt am Main, den 24.02.2017
3
I. Geplante Änderungen im Fahrpersonalrecht
1. Verbot des Verbringens der regelmäßigen Ruhezeit im Fahrzeug
Gemeinsam mit dem Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf hält
der BGL ein grundsätzliches Verbot des Verbringens der regelmäßigen Wochenruhezeit im Fahrzeug für einen (nicht hinreichenden) Ansatz zur Bekämpfung des
weitverbreitenden Nomandentums auf Park- und Rastplätzen im Bundesgebiet und
damit zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des (insbesondere osteuropäischen) Fahrpersonals. Nach Auffassung des BGL dürfte das Verbot vom Schutzzweck der geltenden europäischen Verordnungsnorm (Stichwort: Umkehrschluss in
Artikel 8 Absatz 8 VO (EG) Nr. 561/2006) auch gedeckt sein. Außerdem dürfte zur
gemeinsamen Auslegung der Norm in Kürze eine richtungsweisende Entscheidung
des EuGHs zu erwarten sein.
2. Rückkehrverpflichtung
Praxisfremd erscheint jedoch eine vom Bundesrat eingebrachte Bedingung, wonach
der Unternehmer die Arbeit so zu organisieren hat, dass das Fahrpersonal die regelmäßige Wochenruhezeit an seinen Wohnort oder Betriebsort und dort in einer
festen Unterkunft mit geeigneten Sanitäreinrichtungen und ausreichenden Versorgungsmöglichkeiten verbringen kann. Ist dies z.B. auf Grund umlaufbedingter Gegebenheiten nicht möglich, so stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber bspw. Bahnoder Flugtickets zur Verfügung stellen muss, damit sein gerade im Süden Spaniens
eingesetzter Fahrer eine Wochenruhezeit am Heimatort verbringen kann. Im Übrigen dürfte klar sein, dass die pure Möglichkeit des Verbringens der Wochenruhezeit
unzureichend ist, etwas gegen das moderne Nomadentum der Fahrer zu unternehmen. Schließlich könnten gebietsfremde Fahrer jeweils erklären, dass sie die
angebotene Möglichkeit nicht nutzen wollen. Somit wäre die „Kann-Bestimmung“
aus Kontrollsicht leicht zu umgehen.
Schließlich ist hervorzuheben, dass die EU-Sozialvorschriften keine Vorgaben zum
Verbringen regelmäßiger Wochenruhezeiten an bestimmten Orten wie festen Unterkünften, Wohnort oder Betriebssitz enthalten. Deshalb wird eine rein nationale
Verpflichtung bei gebietsfremden Wettbewerbern in Deutschland nicht greifen. Hier
droht somit eine gravierende, „hausgemachte“ Wettbewerbsverzerrung zu Lasten
des deutschen Transportgewerbes. Es ist daher mit an Sicherheit grenzender
Seite 2 von 5
4
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die in § 3a Absatz 3 – neu – vorgeschlagene Ausnahme zur Regel wird. Damit entstünde neue Bürokratie ohne
Mehrwert bei Unternehmen und Kontrollbehörden, sollte die vom Bundesrat vorgeschlagene Ausnahme Gesetzeskraft erlangen.
Da die Wochenruhezeit dem Fahrpersonal zur freien Verfügung steht (Artikel 4
Buchstabe h) VO (EG) Nr. 561/2006), muss es ihm freigestellt bleiben, wo und wie
es seine Freizeit verbringt. Es geht eben nicht ausschließlich darum, wo der Fahrer
schläft. Das heißt aber auch, dass ein Fahrer seine Fahrerkabine auch während einer regelmäßigen Wochenruhezeit aufsuchen können muss, um bspw. persönliche
Sachen zu holen, zu lesen oder Satellitenfernsehen aus der Heimat zu sehen. Alles
andere käme einem Betretungsverbot gleich, das kaum vom Schutzzweck der
Norm gedeckt sein dürfte. Ganz abgesehen davon, dass sich ein Fahrer möglicherweise im eigenen, komfortabel ausgestatteten Fahrerhaus sehr viel wohler fühlt,
was der Erholung erheblich zuträglicher wäre, als ein (mindestens) 45-stündiger,
erzwungener Aufenthalt in einem Motel oder einer Lokalität, die nur ein „stationäres“
Bett bietet.
3. Fazit
Nach Meinung des BGL lässt sich lediglich die Nichtanerkennung einer in der Kabine verbrachten regelmäßigen Wochenruhezeit rechtssicher begründen. Dabei
darf aber nicht jeder Aufenthalt in der Kabine verboten sein bzw. dazu führen, dass
die Anerkennung der verbrachten Ruhezeit entfällt. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung der Bestimmung ist auch angesichts nationaler Regelungen
eine EU-einheitliche/europäische Regelung unabdingbar. Um bisher mögliche Umläufe im internationalen Güterkraftverkehr auch künftig sicherstellen zu können, wäre ferner die Gestattung mehrerer aufeinanderfolgender, verkürzter Wochenruhezeiten in Verbindung mit einer längeren Wochenruhezeit / einem- längeren Ausgleichaufenthalt
vorzuziehen.
Dahingehende
Überlegungen
innerhalb
der
EU-
Kommission sind dem BGL bekannt und werden vom BGL unterstützt. Zur wirksamen und nachhaltigen Eindämmung des Sozialdumpings sind hingegen andere, europaweit einheitliche Maßnahmen erforderlich, die an einer schärferen Abgrenzung
der Dienstleistungsfreiheit von der Niederlassungspflicht ansetzen und die Formulierung klarer und kontrollierbarer Bedingungen für die Anwendung des jeweiligen
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5
nationalen Sozial- und Arbeitsrechts auf gebietsfremdes Fahrpersonal beinhalten
sollten.
II. Sonstige Gesetzesänderungen
1. Änderungen im GüKG
Der BGL begrüßt ausdrücklich, dass, anders als im ursprünglichen Arbeitsentwurf
vorgesehen, eine ersatzlose Streichung des § 7a GüKG im Gesetzentwurf nicht
mehr enthalten ist. Die gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung, die Güter- und Verspätungsschäden abdeckt, bleibt aus Sicht des BGL unter
wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten zwingend notwendig. Der BGL hat zu keiner Zeit den zum Zeitpunkt der Erstellung des Arbeitsentwurfes durch das BMVI
geäußerten Standpunkt geteilt, dass es besser sei, eine überarbeitungsbedürftige
Vorschrift ganz abzuschaffen anstatt sie einer Überarbeitung zu unterziehen. Notwendigen Überarbeitungen dieser Vorschrift steht der BGL aufgeschlossen gegenüber, sollten diese bei künftigen Gesetzesänderungen anstehen.
Zu den möglichen Überarbeitungen gehört z.B. die gesetzliche Regelung des Mindestbehalts. Das Fehlen einer Regelung über den Mindestbehalt erscheint auch
aus Sicht des BGL ein Manko im Rahmen einer gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung.
Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der vorgesehenen Aufhebung von §
3 Abs. 2 S. 2 GüKG und der damit verbundenen Anpassung der Gültigkeitsdauer
der nationalen Erlaubnis an das europäische Recht im Falle der Wiedererteilung.
Die Relevanz dieser Änderung für die Praxis ist ohnehin gering, da die weitaus
meisten Unternehmen über eine EU-Lizenz verfügen. Durch den vorgesehenen Bestandsschutz wird gesichert, dass keine Einschnitte in die Rechtsposition von Inhabern unbefristeter Erlaubnisse erfolgen kann.
Der neu einzufügende § 16 Abs. 2a GüKG sieht die Aufnahme der „schwerwiegenden“ (bisher nur der „schwersten“) Verstöße nach der europäischen Verordnung
über die Verstoßkategorisierung (EU) 2016/403 in das nationale elektronische Register vor. Diese Gesetzesänderung entspricht der Vorgabe aus Erwägungsgrund
Nr. 8 der Verstoßkategorisierung und stößt auf keinerlei Einwände. Wir schlagen
vor, zur Klarstellung nicht nur in der Begründung, sondern auch im Gesetzestext
Seite 4 von 5
6
selbst zu erwähnen, dass die Eintragungen in das Gewerbezentralregister gänzlich
unabhängig von der neu vorgesehenen Eintragung erfolgen und die Vorschriften
betreffend die Einrichtung des Gewerbezentralregisters von der neuen Regelung
unberührt bleiben. Es können auch Verstöße, die mit einem Bußgeld unter 200 Euro geahndet werden, in Zukunft im nationalen elektronischen Register gespeichert
werden.
2. Neufassung von § 6 Abs. 1 Nr. 20 StVG
In der aktuellen Fassung des Gesetzentwurfs ist gegenüber dem Referentenentwurf
vom Juli 2016 der Kreis der zur Durchführung der technischen Unterwegskontrolle
von Nutzfahrzeugen befugten Prüfer um von amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen betraute Prüfingenieure sowie um die für die Durchführung von Sicherheitsprüfungen anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten erweitert worden. Diese
Ergänzung der Vorschrift wird vom BGL ausdrücklich begrüßt.
Seite 5 von 5
7
Allianz im deutschen Transportwesen
(Straßentransport) A.i.d.T. e.V.
Deutscher Bundestag
E-Mail: Udo Skoppeck <[email protected] >
Ausschuss für Verkehr
und digitale Infrastruktur
DECKBLATT
Ausschussdrucksache
18(15)476-C
Stellungnahme zur
Öffentl. Anhörung am 06.03.2017
Experten- Anhörung
Udo Skoppeck, Vorsitzender der A.i.d.T.e.V., beinhaltet in dieser schriftlichen Stellungsnahme
seine Experten-Anhörung als Gutachten für den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
des Deutschen Bundestages am Montag, dem 6. März 2017, von 14.00 Uhr bis ca. 15.30 Uhr
Öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des
Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen
Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines
Kraftfahrt-Bundesamtes
Drucksache 18/10882
Die schriftlichen Inhalte der Mappe bestehen durch fünf (5) Seiten Gutachten und sieben (7)
Seiten BKF Tarifvertrag und Allgemeinverbindlichkeit, wegen dem Verbot des BKF durch das
FPersG, im LKW- Fahrerhaus, um die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden in
einem Ruheraum als geeignete Schlafstätte verbringen zu müssen. Die Änderungen im GüKG
und im FPersG iZm. der 5 Jahre Abspeicherung und 10 Jahre befristen EU-Lizenz werden von der
AidT mitgetragen. Wünscht der Verkehrsausschuss, das bestimmte Inhalts-Quellen noch
übersenden werden sollten, so bittet der AidT Vorsitzende freundlichst um einen schriftlichen
Hinweis, denn die Inhalte sind alle belegbar.
gez. Udo Skoppeck
Berlin 2017.03.06.
Anlagen:
1) Fünf Seiten Gutachten
2) Sieben Seiten BKF Tarifvertrag und Allgemeinverbindlichkeit
3) Versicherung an Eides statt
1
8
Allianz im deutschen Transportwesen
e.V.
(Straßentransport)
BKF und regelmäßige wöchentliche Ruhezeit
06.03.2017
Regelmäßige wöchentliche Ruhezeit (rWRZ) = Öffentlichkeitrecht
Die gesetzliche Absicht dem BKF nicht mehr im LKW-Fahrerhaus seine rWRZ verbringen zu
lassen, hatte ich, Udo Skoppeck, als Petent am 14.01.204 als Petition in Berlin schriftlich
eingereicht. Das LKW-Fahrerhaus ist kein Ruheraum, da keine 5,25 m' Fläche vorhanden ist.
Somit wird offenbar, dass die VO (EG) 561/2006 Art. 8 (8) — wie vorgesehen —, die Möglichkeit
ausschließt, die rWRZ im LKW-Fahrerhaus komplett verbringen zu dürfen. Fast immer stimmt der
LKW- Standort auch nicht mit der Adresse vom Transport-Unternehmer oder vom familiären
Lebensmittelpunkt des BKF überein. Es besteht derzeit für ca. 70 % der BKF (ca. 377.000), kein
tariflicher Rechts-Anspruch an ihren familiären Lebensmittelpunkt, das nun durch Privat- und
Tarif-Recht bewirkt werden muss.
Ein Satz aus der Rede von Stephan Kühn am 26.01.2017 im Bundestag zum Entwurf des FPersG
iVm. der rWRZ:
„Der vom Kabinett vorgelegte Gesetzentwurf zum Fahrpersonalgesetz geht die
katastrophalen Arbeitsbedingungen nur unzureichend an".
Der Gesetzgeber darf normal nur das Öffentlichkeitsrecht (z.B. im FPersG) beschließen, wobei es
sich jetzt nur um das FPersG; FPersV; StVG; OWiG; GÜKG und Lenk- und Ruhezeit handelt. Die
Verordnung (EG) Nr. 561/2006 Art. 8 (6) bedeutet demnächst:
Ordnungswidrig handelt der Transport-Unternehmer nach § 8a Abs. 6 Unterabsatz 2
....der laut FPersG § 8a Abs. 1 Nr. 2, Nr.2a nicht dafür sorgt, dass die vorgeschriebene
Mindestdauer der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit eingehalten wird und nicht dafür sorgt,
das Fahrer diese außerhalb vom Fahrzeug und in geeigneter Schlafmöglichkeit verbringt
„in geeigneter Schlafmöglichkeir während der rWRZ
ist hier entscheidend I
Welcher Kontroll-Beamten will dem BKF verbieten, das er während der rWRZ aus dem
Fahrerhaus ein Buch holt oder sich einige Zeit darin aufhält. Nur die Schlafmöglichkeit selber
muss außerhalb vom Fahrerhaus stattfinden, da dort kein Ruheraum besteht. Was den RechtsAnspruch an den familiären Lebensmittelpunkt betrifft, ist ein Privatrecht (Arbeitsvertragsrecht
und Tarifrecht), wobei der Staat „normal" nicht eingreifen darf bzw. kein Initiativrecht hat.
Wenn Leib- und Leben, die Gesundheit oder der Schutz des BKF, nicht mehr anders zu
gewährleisten ist, muss natürlich der Staat eine Vorsoge treffen und eingreifen. Dafür wären
eigentlich jetzt sofort die Sozial- und tarifpolitische Koalition-Partner (BGL / Verdi) aufgrund Art.
9 (3) GG für ca. 70 % der BKF, die ohne Tarifbindung sind, zuständig. Hier besteht ein Privatrecht
als Arbeitsvertragsrecht, da es sich um das Recht des BKF an seiner „Familie" handelt, das über
ein Tarif mit der AVE zu gewährleisten ist. Die tarifgebundenen Arbeitgeber haben weniger als 50
% der unter den Geltungsbereich fallenden BKF und somit besteht ein nationales öffentliches
Interesse an der AVE. Nach § 5 (1), 2 TVG muss die AVE jetzt im öffentlichen Interesse der BKF,
eine Verpflichtung sein. Nach dem BVerfG ist das „öffentliche Interesse" der inhaltliche
Wertungsmaßstab für subsidäre Regelungskompetenz des Staates bei der AVE, die geboten ist,
um mit ein BMT-F das Recht des BKF an den familiären Lebensmittelpunkt zu gewährleisten,
wenn die Tarif-Partner jetzt nicht das Initiativ-Recht ergreifen.
vgl. EuGH C-29/10 vom 15.03.2011— Koelzsch Urteil-Tenor (Rom-i und Brüssel-la)
vgl. EuGH Rs C-102/17 vom 02.02.2017 — Gutachten vom Generalanwalt zu Art. 8 (6) VO (EG) 561/2006
vgl. EuGH C-325/15 vom 18.02.2016 —Arbeitgeber muss beim BKF die Übernachtungskosten tragen
vgl. BAG 10 ABR 48/15 vom 21.9.2016—Allgemeinverbindlich und TVG
vgl. BVerfGE 55, 7 // BVerfG 1 BvR 24/74 vom 15.07. 1980 —Allgemeinverbindlich II
vgl. BVerfGE 44, 322 // BVerfG 2 Bvt. 11/74 vom 24.05.1977 — Allgemeinverbindlich
Weitere Fragen bitte an Udo Skoppeck <[email protected] >
1
9
Allianz im deutschen Transportwesen
(Straßentransport) A.i.d.T. e.V.
BKF und regelmäßige wöchentliche Ruhezeit
rer w.wsw.
Frzu.arrenCe•
06.03.2017
WE- Ruhezeiten am Lebensmittelpunkt des BKF
Der Satz: „ist dem Betroffenen auf dessen Antrag hin am Aufenthaltsort des Fahrzeugs oder am
Heimatort des Fahrers zu gewähren" fehlt seit dem Jahr 2007.
Bis 11.04.2007 war durch den BMT-F in Deutschland über die AV AZO Nr. 53, auch 2x das Recht
am WE an „zu Hause" beinhaltet. Für ca. 70 % der BKF besteht kein Recht während der rWRZ an
seine „Familie", das mit dem BMT-F iVm. AVE iZm. § 5 TVG als Privat-Recht umgesetzt werden
muss.
Das jedem BKF zustehende Recht auf gleiche Teilhabe an demokratischer Selbstbestimmung
(gesellschaftliches und familiäres Teilhaberecht), kann auch dadurch verletzt werden, dass die
Organisation der Staatsgewalt die Voraussetzungen so verändert, dass der Anspruch des BKF auf
Art. 6 (1), (2) GG iVm. Art. 12 GG, praxisfern iSd. Art. 20 (2) GG beschlossen wird und der BKF
nicht mehr mit seinem eigenen Rechtswillen aufgrund des Grundrechts und EU-Rechts tätig sein
kann. Der Anspruch auf freie und gleiche gesellschaftliche Teilhabe, um mit der Familie (Frau und
Kinder) während der rWRZ die „freie Zeit", wenigstens 2 x im Monat verbringen zu können, ist
vom Staat und den Tarif-Partnern gegenüber dem BKF, in der „Würde als Menschen" gern. Art. 1
(1) GG verankert.
Die „Würde" des BKF gehört zu den durch Art. 20 (1), (2) GG iVm. Art. 79 (3) GG als
unveränderbar festgelegten Grundsätzen des deutschen Verfassungsrechts. Gesetzliche
Vorschriften waren und sind die 45 Std. der rWRZ, sodass es im Monats-Durchschnitt immer ca.
9 Tage Freizeit (exakt 8,66) am familiären Lebensmittelpunkt sein müssten und eben nicht als
BKF unfreiwillig im Motel, Hotel, Pension, Wohn-Container oder Massen-Unterkünfte der
Speditionen, häufig auch ohne Bezahlung zu verbringen. Es muss dem BKF freigestellt bleiben,
wo und wie er seine Freizeit verbringt. Wenn es demnächst ohne Recht an den
Lebensmittelpunkt bleibt, könnten allein zu 90 % der deutschen BKF aus diesem Grund nicht
mehr bereit sein, sich auf das Wohlwollen des Arbeitgebers oder auf den Zufall ankommen zu
lassen, dass sie ihre Familie evtl. nur „einmal im Monat" nur 45 Stunden besuchen dürfen. Wie
Familien untauglich muss ein BKF überhaupt sein, unter diesen Bedingungen viele Wochen
unterwegs sein zu wollen, obwohl sie eine Familie haben. Deswegen werden viele BKF den Job
aufgeben oder als Neueinsteiger überhaupt nicht erst damit anfangen. Nur sehr wenige BKF sind
demnächst bereit, den aufopferungsvollen und entbehrungsreichen Beruf unter diesen jetzigen
Umständen zu bewerkstelligen. Der deutsche Staat oder die EU, achtet leider nicht auf die
menschlichen Belange und Rechte der BKF iZm. dem GG, GrCh und EMRK. Wenn die „Würde"
des BKF vom Staat nicht umgehend anspruchsberechtigt gewährleistet wird, besteht ein Verstoß
gegen Art. 6 (1), (2) GG; Art. 7, Art. 31, Art. 33 GrCh und Art. 8 EMRK.
vgl. BVerfGE 123, 267 // BVerfG 2 BvE 2/08 vom 30.06.2009 — Leitsatz 3, Rn. 257, 259
vgl. BVerfGE 24, 119 // BVerfG 1 BvL 20/63 vom 29.07.1968 — Leitsatz 2, 3, Rn 43
vgl. BVerfG 1 BvR 1620/04 vom 21.11.2007 - Leitsätze
vgl. BVerfG 1 Be 1248/09 vom 10.09.2009 — Rn. 15
vgl. EuGH C-383/95 vom 09.01.1997 — Lebensmittelpunkt Butten, Rn. 22, 23.
vgl. EuGH C - 37/00 vom 27.02.2002 — Lebensmittelpunkt Weber, Rn. 42.
vgl. EuGH C- 125/92 vom 13.07.1993 — Lebensmittelpunkt Mulox, Rn. 21— 23.
vgl. EuGH C-437/00 vom 10.04.2003 — Lebensmittelpunkt Pugliese, Rn. 17, 18.
vgl. EuGH C-29/10 vom 15.03.2011 — Lebensmittelpunkt Koelzsch, Rn. 42 48.
vgl. BFH VI R 10/07 vom 30.10.2008 — Lebensmittelpunkt ständiger familiärer Wohnort
vgl. BAG 2 AZR 211/04 vom 24.02.2005 — Leitsatz zum Ersatzruhetag
Weitere Fragen bitte an Udo Skoppeck <[email protected] >
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BKF und regelmäßige wöchentliche Ruhezeit
06.03.2017
BKF Ruheraum
Der BKF muss — Gesetz-Entwurf zum FPersG —, demnächst bei der rWRZ von 45 Std. iVm. Art. 8
(6) VO (EG) 561/2006, seine Freizeit außerhalb vom LKW-Fahrerhaus, im Motel, Hotel, Pension
oder dergleichen, verbringen. Mit der konkreten Erlaubnis, die reduzierte wöchentliche Ruhezeit
von 24 Std. außerhalb vom LKW Standort, im entsprechend ausgestatteten Fahrerhaus zu
verbringen; obwohl das LKW-Fahrerhaus kein Ruheraum ist und auch nicht mind. 5,25 m 2
Grundfläche at.Damitwrdofenbar,ds dieVO(EG)561/206imArt.8()dieMöglichkeit
ausschließen muss, die rWRZ im LKW-Fahrerhaus zu verbringen.
Am 3. Oktober 2007 teilte damals Vizepräsident Jacques Barrot wörtlich, i.A. der EUKommission, dem EU-Parlament aufgrund einer Anfrage von Mathieu Grosch nachfolgenden Satz
wörtlich mit:
„Legt der Fahrer die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht am Standort ein,
dürfen diese Zeiten nicht im Fahrzeug verbracht werden. Für die Durchsetzung dieser Vorschrift
sind die Mitgliedstaaten zuständig.Anhand der Aufzeichnungsgeräte im Fahrzeug und
des
Fahrtenbuchs lässt sich hinreichend nachweisen, ob die wöchentlichen Ruhezeiten
eingehalten wurden. Allerdings schreibt das Gemeinschaftsrecht nicht vor, Nachweise
dafür vorzulegen, wo der Fahrer seine wöchentlichen Ruhezeiten verbringt" (E-4333/2007)
Das Fahrerhaus kann aufgrund seiner geringen Fahrerhaus-Größe nicht als Ruheraum,
zugelassen werden. Nur die regelmäßige Ruhezeit von 11 oder 9 Stunden kann innerhalb von 24
Std. derzeit noch verbracht werden. Natürlich muss sich der BKF außerhalb vom Fahrerhaus
während der rWRZ befinden, vor allem wegen der zu geringen Größe und der fehlenden Schall-;
Wärme-Isolierung. Während der Woche „Ruht" er ja nur, denn von „schlafen" steht nirgendwo
in einer EU-Verordnung oder in einem Gesetz für den BKF etwas geschrieben. Als ArbeitsLebens- und Überlebens-Raum, kann die derzeitige Größe vom LKW-Fahrerhaus nicht erlaubt
sein, da es dafür keine straßenverkehrsrechtliche Zulassung gibt. Die VO (EG) 561/2006 wurde
nur für „Ruhezeiten" und nicht für ein Ruheraum oder für Schlafzeiten nach Art. 8 (1) beinhaltet.
Für den BKF ist im LKW- Fahrerhaus, beweisbar nicht ein angenehmer, geräumiger und sicherer
menschenwürdiger Arbeits-, Lebens- und Überlebens-Raum vorhanden und daher müsste u.a.
der Schlafbereich laut § 7 ArbStättV, wie es auch im GMBI 2014 Seite 288 beinhaltet wurde, als
Raum nun 6 m 2 betragen. Der EuGHMR beurteilte im Jahr 2013 einen Ruheraum mit 5,25 m 2 im
„offenen Vollzug" noch für angemessenen. Der EuGHMR wies insb. darauf hin, dass das CPT im
Bericht von 2010 (CPT/Inf (2012) 13, § 78) festhielt, dass eine Zweierzelle von 10,5 m 2 nur
akzeptabel sei, wenn die Gefangenen die Möglichkeit haben, einen angemessenen Teil der
Tageszeit, explizit mindestens 8 Stunden, „außerhalb" dem Gefängnis-Zeile zu verbringen. Das
BVerfG urteilte inhaltlich schon im Jahr 2011, dass ein nutzbarer Gefängnis-Ruheraum „ohne"
Sanitäreinrichtungen mind. 5,25 m 2 Fläche haben muss. Die ASR A 3.5 erlaubt erlaubt im
Ruheraum bei der Ruhezeit nur bis 26 °C Raumtemperatur und die DGUV Regel 114-006-4.1.6
nur 60 dB (A) während Ruhezeiten.
vgl. BVerfG 1 BvR 409/09 vom 22.02.2011— Rn. 31., Haftraum ohne Sanitäreinrichtung = 5,25 m 2 für 1
Person
vgl. BVerfG 2 BvR 261/01 vom 13.03.2002 — Rn. 2 = Haftraum 8 m 2 für 2 Personen nur vorübergehend
vgl. BVerfG 2 BvR 2201/05 vom 13.11.2007 — Rn. 16 ff
vgl. EuGHMR 40119/09 vom 25.04.2013 — Rn. 49 = Haftraum 5,25 m 2 für 1 Person + mind. 8 Stunden
außerhalb
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BKF und regelmäßige wöchentliche Ruhezeit
06.03.2017
Wegezeiten vom und zum LKW
Die BKF müssen demnächst, teilweise sehr weite Anfahrten mit Pkw usw. oder die vorher
zusammen gesammelten BKF mit dem Kleinbus, durch viele zusätzliche Lenk- und Arbeitszeiten
zurücklegen, um vom LKW Stellplatz irgendwo in der EU nach Hause zu kommen.
Vcrn. Arbeitgeber gibt es vielfach keine Mitte:, als BKF während der rWRZ vom LKW Parkplatz
irgendwo in Deutschland, „nach Hause" zu kommen. Ein BKF, der sich zum bestimmten Ort, des
abgestellten LKW begibt, bei dem es sich nicht um die Betriebsstätte des Arbeitgebers handelt
und an dem er gemäß Weisung seines Arbeitgebers, der ein von ihm zu lenkenden — mit einem
Kontrollgerät ausgestatteten — LKW zu übernehmen hat, erfüllt damit nur eine Verpflichtung
gegenüber seinem Arbeitgeber und kann somit nicht frei über seine Arbeits- und Fahrzeit, als
Frei-Zeit verfügen. Somit sollten diese Zeiten, um zu einem Ort zu gelangen oder von einem Ort
zurückzukehren, bei dem es sich weder um den Wohnsitz des Fahrers noch um die Betriebsstätte
des Arbeitgebers handelt und an dem der Fahrer ein in den Geltungsbereich der Verordnung
fallenden LKW zu übernehmen oder abzustellen hat, als „Lenk- und / oder Arbeit" erfasst und
bezahlt werden. Das ist unabhängig davon, ob der Arbeitgeber bestimmte Weisungen erteilt hat,
bzw. wann und wie dieser Weg zurückzulegen ist, oder ob diese Entscheidung vom Fahrer
getroffen wurde.
Die meisten BKF aus den MOE- oder Dritt-Staaten, sind Monate in Deutschland bzw. innerhalb
der EU, fern der Familie, unterwegs. Diese BKF müssen unfreiwillig hier unterwegs sein, um
heimlich die Kabotage-Transporte innerhalb von Deutschland zu tätigen (nur 3 x innerhalb 7
Tage). Vielfach sammeln sich BKF am Samstag und fahren gemeinsam mit Kleinbus, bis zu 10
Stunden Fahrzeit, irgendwo zum familiären Lebensmittelpunkt nach Hause. Diese getätigten
Lenkzeiten des BKF mit dem Kleinbus und Arbeitszeiten — auch wenn BKF nicht selbst fahren —,
werden allerdings auch nicht nachträglich in den digitalen Tachograf iZm. der VO (EG) 561/2006
eingetragen.
Der BKF, darf und kann eindeutig nur nach dem Europa-Recht, EU-Recht und nach der st. Rspr.
des EuGH handeln und behandelt werden, denn er nimmt grundsätzlich immer am familiären
Lebensmittelpunkt seine Arbeit bzw. seine Lenkzeit auf und beendet diese auch dort. Ab März
2015 und im Ganzen seit März 2016 begann die Umsetzung der VO (EU) 165/201 zum digitalen
Tachografen DTCO 2.0a. Gemäß Art. 8 findet die Aufzeichnung der Standort-Daten des LKW
künftig automatisch statt, allerdings muss zu Beginn und am Ende der täglichen Arbeitszeit der
Weg zum LKW Standort nachträglich manuell per Hand im digitalen Tachograf (DTCO 2.0a)
eingegeben werden, da es sich bei der An- und Abfahrt zum LKW, auch um Lenk- und Arbeitszeit
handelt. Gemäß Artikel 26 der VO (EU) 165/2014, findet die Ausstellung von Fahrer-Karten auf
seinen Antrag bei der zuständigen Behörde laut Art. 12 der Führerschein-Richtlinie 2006/126/EG
vom 20.12.2006 des jeweiligen EU-Mitgliedstaats statt, wo er seinen gewöhnlichen familiären
Wohnsitz als seinen Lebensmittelpunkt hat. Wenn der BKF nach den 45 Stunden der rWRZ
zurück zum LKW fährt, um den „Dienst am LKW-Steuer" zu beginnen, „müssen" vorher die
Arbeits- und Lenkzeiten für beide Wege, im digitalen Tachograph Art. 9 (3) VO (EG) 561/2006,
nachgetragen werden.
vgl. EuGH C-124/09 vom 29.04.2010 — Leitsätze zu Hauptbetriebsstätte
vgl. EuGH C - 297/99 vom 18.01.2001 — Weg zum LKW = Arbeit- und Lenkzeit
vgl. EuGH C-266/14 vom 10.09.2015 — Lenk- und Arbeitszeit für BKF ab Wohnort
vgl. BAG 5 AZR 428/96 vom 03.09.1997 — Leitsatz - Weg zum LKW = Arbeit- und Lenkzeit
vgl. BAG 5 AZR 200/10 vom 20.04.2011 — intransparente Vergütung der Reisezeit
vgl. LAG Köln 5 Sa 252/12 vom 03. 08.2012 — Darlegungs- und Beweislast der Ruhepause
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BKF und regelmäßige wöchentliche Ruhezeit
06.032017
BAG und Polizei Kontrollen
Es muss bei Unterwegs-Kontrollen ein Beweis oder Nachweis der geeigneter Schlafmöglichkeit
während er rWRZ vom BKF erbracht werden. Die Bußgelder sind als Strafe mit 4050 € beinhaltet,
als wenn es überhaupt keine 45 Stunden der rWRZ stattgefunden hatte. Bei den ausländischen
BKF muss dafür eine volle Kaution der 4050 € bestehen, sodass, wenn nicht sofort bezahlt wird,
eine Weiterfahrt untersagt werden muss. Außerdem muss danach noch einmal, die komplette
rWRZ nachweislich außerhalb vom Fahrerhaus beweisbar nachgeholt werden.
Viele Fahrverbote, an den Sonntagen, sowie die vielen regionale Feiertage, bewirkten iZm. der
Lenk- und Ruhezeiten iVm. der rWRZ, dass die BKF vielfach nicht mehr rechtzeitig zum
Wochenende nach Hause fahren können. Laut der VO (EG) 561/2006 Art. 8 (8), müssen die BKF
nur ihre rWRZ außerhalb vom LKW-Fahrerhaus verbringen, wobei diese VO auch interpretiert
werden konnte. Genau das stellt die Kontrolleure vor ein Problem. Hans-Gerhard Pernutz vom
BAG sagte (in unverständlicher Weise) in der Fernsehsendung Panorama am 03.03.2014
wörtlich:
„Wir können nicht erkennen, ob der Fahrer eine tägliche oder eine verkürzte Ruhezeit
einlegt, ohne dass wir diesen Fahrer während dieser Ruhezeit stören". "Das würde natürlich der
Verkehrssicherheit widersprechen. Uns ist sehr daran gelegen, dass die Fahrer ihre Ruhezeit
ungestört einhalten können".
Es müssten jetzt die Tarif-Partner beschließen, das der BKF das Recht hat, seine rWRZ auch zu
Hause beim familiären Lebensmittelpunkt verbringen zu dürfen. Das könnte evtl. bis zum Ende
der dritten Woche als Überlegung innerhalb der EU einheitlich praktiziert werden. Es sei denn,
der BKF will unterwegs irgendwo ganz privat, seine rWRZ außerhalb vom Fahrerhaus verbringen,
so muss er sich inkl. „Erklärung an Eides statt", dann die bis zu 52 Stunden erlaubte Mehrarbeit
innerhalb eines Monats, auf der Gehaltsabrechnung sehr genau in Stunden berechnet
beinhalten lassen. Somit muss der BKF dann mind. 5 Gehaltsabrechnungen unterwegs, für
Polizei, Zoll, BAG oder Amt für Arbeitsschutz, bzw. Gewerbeaufsicht, mitführen, damit die
Richtigkeit der rWRZ außerhalb vom LKW-Fahrerhaus, durch die Belege / Beweise der geeigneter
Schlafmöglichkeit innerhalb von 45 bzw. 66 Stunden, berechnet bzw. überprüft werden kann.
vgl. LAG Köln 5 Sa 252/12 vom 03. 08 2012 — Leitsatz zur Darlegung- und Beweislast der Ruhepause
vgl. LAG-Köln 11 SA 148/12 vom 19.06.201.2 —Aufzeichnungspflicht und Herausgabeanspruch, Rn. 21 ff.
vgl. LAG Köln 7 Sa 261/12 vom 12.03.2013 — Überlange Ruhepausen, Rn. 55 — 75
vgl. VG-Augsburg AU 5 K 11.783 vom 18.04.2013 — Arbeits- und Ruhezeit Aufzeichnungspflicht, Rn. 3 -8
Achtung:
Das Verbringen bei der rWRZ ohne geeigneter Schlafmöglichkeit im Fahrerhaus, ist so zu
werten, wie als wenn der BKF zu viel Tageslenkzeit getätigt oder zu wenig Ruhezeit gehabt hatte.
Damit wird ganz bewusst vom Transport-Unternehmer oder / und vom BKF, eine gewollte
Verkehrsgefährdung der außenstehenden Verkehrsteilnehmer im Öffentlichen Straßenverkehr
iVm. dem StVG und StGB als Straftatbestand getätigt. Hierbei handelt es sich beweisbar um
Straßenverkehrsgefährdung, die auch strafrechtlich verfolgt bzw. geahndet werden muss. Eine
Wiederholung einer Benutzung im Fahrerhaus als geeignete Schlafmöglichkeit während der
rWRZ, müsste auch evtl. innerhalb von 24 Monaten bei dritten Anzeige, zum Entzug der CE
Fahrerlaubnis führen.
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BKF Tarifvertrag und Allgemeinverbindlichkeit
3/2017
Die EU-Kommissarin Violeta Bulc räumte ab dem 19.04.2016 zum „dritten Mal" ein, dass der BKF
aus der Entsenderichtlinie herausgenommen werden muss. Eine Überarbeitung der EntsendeRichtlinie 96/71/EG sei nicht die Lösung dieses Problems, so Frau Bulc, denn es soll deshalb für
den Güterverkehr eigene Regelungen geben. Die EU-Kommission, der EuGH Generalanwalt,
Belgien, Frankreich und Deutschland haben bekundetet, das aufgrund Art. 8 (6) und (8) VO (EG)
561/2006 so auszulegen ist, dass der BKF seine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit (rWRZ) nicht
im Fahrzeug verbringen darf.
vgl. EuGH Rs C 102/17 vom 02.02.2017 — Gutachten vom Generalanwalt zu Art. 8 (6) VO (EG) 561/2006
vgl. EuGH C 325/15 vom 18.02.2016 —Arbeitgeber muss beim BKF die Übernachtungskosten tragen
-
-
Tatsachen für BKF:
1.
2.
3.
4.
das AEntG gilt nicht
das MiLoG gilt nicht mehr
nur 30 % haben Tarif-Bindung
kein Recht an zu Hause bei rWRZ
Eine „Entsendung" des BKF ist (- bis auf 3 Monate AÜ -) für die BKF in der EU nicht möglich. Das
deutsche Arbeitsvertragsrecht kann nach dem NachwG, nur noch über die Rom-1 (Europa-Recht),
bzw. über die VO (EG) 593/2008 (EU-Recht) bestehen. National kann für den BKF über einem
Tarifvertrag mit einem neuen BMT-F (Bundesmanteltarifvertrag für BKF) sein EU-Recht
beinhaltet werden. Deutsche BKF haben im gewerblichen Güterkraftverkehr ca. 70 % keine
tarifliche Rechte. Deshalb muss es ein neuer BMT-F mit Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE)
iVm. § 5 TVG geben, wobei auch ein BKF Mindest-Gehalt und das Recht an zu Hause mit
beinhaltet ist. Auch grenzüberschreitend muss es endlich eine EU-Tarifvertragsverordnung
geben.
Tatsache ist:
Nur der BKF erbringt als unselbstständig abhängig fahrendes einzigartiges Personal in der EU,
eine echte Dienstleistungsfreiheit als „Einziger Beschäftigter", als aktive und gleichzeitig passive
freie Dienstleistung „im öffentlichen Verkehr" ab seinem familiären „Wohnort", wo er auch
gleichzeitig im Öffentlichkeitsrecht und Privatrecht, seine „Dienst-Reise" beginnt und beendet.
Nur der BKF ist der „Einzige Beschäftigte" der vier (4) Verkehrsarten, zur Straße, Wasser Luft und
Schiene, der kein festen vorgesehenen unabkömmlichen Weg auf den Boden der EU hat, um Ihn
bei seiner Dienst-Reise zur „Aufnahme und Beendigung der Dienstleistung" zum „Dienst am
Steuer" zu benutzen, diese in einem Staat durchzuführen.
Nur der BKF ist juristisch, fachlich und sachlich, auch nur als „Einziger Beschäftigter", der drei von
den vier Freiheiten in der EU, mit Waren, Personen, Dienstleistungen miteinander verbinden
kann und auch tatsächlich in der gesamten EU gleichzeitig durchführt, ohne dabei entsendet zu
sein.
Der nationale Protektionismus im Tarifvertrag-System, wird mit dem MiLoG in Deutschland
derzeit bevorzugt, wobei auch die Arbeitgeberverbände so denken, sowie alle 231
Gewerkschaften in der EU, ebenso die IRU und ETF. Die ökonomischen Sachverhalte im
gewerblichen Güterkraftverkehr, werden mit dem MiLoG, EU-rechtswidrig im TransportWettbewerb, nur aus deutschen Eigennutz grenzüberschreitend zur gegenseitiger Behinderung
der Dumping-Gehälter aus Osteuropa benutzt, um zu unterbinden, dass Transport-Unternehmer
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aus MOE-Staaten dauerhaft behindert werden, indem sie sie weniger attraktiv sind.
Genauso geschieht es aktuell in Frankreich und in Österreich.
Frage:
Was ist eine Entsendung?
Antwort:
„Die Entsendung von Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie
96/71 ist eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, bei der der entsandte Arbeitnehmer
im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleibt, ohne dass ein
Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen würde. Ihr wesentliches
Merkmal besteht darin, dass der Wechsel des Arbeitnehmers in den
Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden
Unternehmens ist und dass der Arbeitnehmer seine Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des
verwendenden Unternehmens wahrnimmt".
vgl. EuGH C 307/09 vom 10.02 2011
-
—
Urteil Nr. 2 zur Dienstleistungsfreiheit und Entsendung
Der BKF ist Dienst-Reisender mit Transportauftrag und nicht Entsendeter im Arbeitsauftraq!
Der Transportunternehmer bzw. sein BKF, haben grundsätzlich kein Vertragsverhältnis mit dem
Empfänger der transportierten Ware. Damit ist das MiLoG für BKF rechtswidrig, nicht gültig und
somit unwirksam. BKF müssen grundsätzlich ein Mindest-Gehalt bekommen, das sich allerdings
nicht auf dem deutschen AEntG aufbaut. Die BKF, können praktisch, theoretisch und juristisch,
innerhalb und auch in der EU nicht „entsendet" werden.
Die vollständige Unterwerfung unter das Tarifgefüge des Gastlandes zur Dienstleistungsfreiheit in
der EU, würde die möglichen Wettbewerbsvorteile neutralisieren und sich damit abschreckend
auf den Dienstleistungsverkehr auswirken. Ein gesetzliches BKF Mindest-Gehalt das als MiLoG
auf dem AEntG aufgebaut wurde und das gegenüber ausländischen Mit- bzw. Wettbewerbern
gegen einen angeblich unlauteren Wettbewerb benutzt werden sollte, kann und darf zur
Dienstleistung nur national nur unter folgenden Voraussetzungen für BKF erfolgen, wenn über
die AVE iVm. § 5 TVG am Ort der Arbeit, auch bei der tatsächlichen Aufnahme und Beendigung
ab dem familiären Lebensmittelpunkt beinhaltet sowie praktiziert wird. Allerdings auch nur
wenn:
Beschränkende Maßnahmen dürfen nicht diskriminierend oder behindernd im Hinblick auf die
Staatsangehörigkeit und auch nicht ungleich am Ort der Niederlassung oder dem vorher
genehmigten Dienstleistungsvertrag iZm. dem AÜG sein.
Zwingende Gründe zum MiLoG dürften nur bei nachweislich wirtschaftlichen Verwerfungen
unter 30 % oder beim gesellschaftlichen Notstand, iSv. Allgemeininteresse entsprechen.
Gehalt Beschränkungen bei Dienstleistungsfreiheit, müssen auch immer am Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit zu den Maßnahmen entsprechen.
Arbeitnehmerfreizügigkeit ist nur mit dem sozialen Schutz des Arbeitnehmers umzusetzen, da
deshalb immer zu prüfen ist, welchen Arbeitgeber die Dienstleistung zuzurechnen ist.
Derzeit besteht ein eindeutiger ruinöser Dumping-Transport-Wettbewerb auf der Straße, der nur
aufgrund extrem niedrigen BKF-Gehälter aus MOE-Staaten und aus Dritt-Staaten ausgefochten
wird, da sie bis 80 % gegenüber den westeuropäischen BKF- Gehältern niedriger sind.
Hier begeht Deutschland mit Einbindung des BKF im AEntG und MiLoG, die Behinderung in der
EU zu der Dienstleistungsfreiheit im gewerblichen Güterkraftverkehr, gegenüber Wettbewerbern
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aus den MOE- Staaten.
Nur noch bis zu 30 % der AG sind in Deutschland Tarif gebunden und ein neuer BMT-F inkl. BKF
Mindest-Gehalt in Deutschland mit AVE iVm. § 5 TVG kann dem BKF helfen. Das ist nun mal eine
unbedingte Notwendigkeit, an der auch nicht die Transport-Unternehmer (BGL usw) verweigern
können. Es gibt auch einige Unternehmer die im Verband nur eine OT-Mitgliedschaft haben, was
natürlich satzungsrechtlich total rechtswidrig ist. Somit sind mind. 70 % der deutschen BKF ohne
Tarif-Bindung. Dazu müsste es allerdings zum nationalen Schutz im deutschen TransportGewerbe auf der Straße, ein nationalen BKF Mindest-Gehalt-Tarif geben.
In 12 Branchen gibt es allgemeinverbindliche Mindestlöhne, die teils widerrechtlich aufgrund des
AEntG, u.a. für die nationale Leiharbeit/Zeitarbeit bestehen. Von den, am 01.01.2001, ca. 55.000
gültigen Tarifverträgen, waren knapp 1 %, nämlich 542 allgemeinverbindlich (im Vorjahr 551).
Von den Ursprungstarifverträgen waren am 01.01.2001 es 282 gegenüber 316 für
allgemeinverbindlich erklärten im Vorjahr (2000). Die übrigen 260 allgemeinverbindlichen
Tarifverträge sind vor allem Änderungstarifverträge und Protokollnotizen. Voraussetzung der AVE
neben dem „50 % - Quorum" ist das "öffentliche Interesse".
Der Staat hat bei der AVE zwar kein eigenständiges Initiativrecht und Entscheidungsrecht und
kann auf den Inhalt der Tarifvertrags-Normen (für wem, was und wie lange) keinen Einfluss
nehmen. Deutsche Tarifverträge können vom Bundesarbeitsminister im Einvernehmen mit dem
paritätisch besetzten Tarifausschuss der Bundesvereinigungen der Sozial-Partner (BDI/ BDA +
DGB) auf Antrag einer Tarifpartei durch den Eintrag in Das deutsche Tarifregister aufgrund § 5 (7)
TVG iVm. § 11 DVO-TVG für allgemeinverbindlich erklärt werden. Sie erlangen dadurch Gültigkeit
auch für alle nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Beschäftigten des tariflichen
Geltungsbereichs. Voraussetzung ist, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50
% der unter den Geltungsbereich fallenden Beschäftigten haben und ein nationales öffentliches
Interesse an der AVE besteht. Nach § 5 (1), 2 TVG muss die AVE im öffentlichen Interesse
geboten erscheinen. Nach dem BVerfG ist das „öffentliche Interesse" der inhaltliche
Wertungsmaßstab für die subsidäre Regelungskompetenz des Staates bei der AVE, die geboten
ist, um die Tarifnorm auf Außenseiter zu erstrecken:
„Die Normsetzungsprärogative der Koalitionen gelte nicht schrankenlos. Es sei Sache des
subsidiär für die Ordnung des Arbeitslebens weiterhin zuständigen Gesetzgebers, die
Betätigungsgarantie der Koalitionen in einer den besonderen Erfordernissen des jeweiligen
Sachbereichs entsprechenden Weise näher zu regeln".
vgl. BAG 10 ABR 48/15 vom 21.91016 — Allgemeinverbindlich und TVG
vgl. BVerfGE 55, 7 // BVerfG 1 BA 24/74 vom 15.07. 1980 —Allgemeinverbindlich II
Daneben dient die Tarif-Norm dem Ziel, den Außenseitern angemessene Arbeitsbedingungen zu
sichern. Insoweit beruhe die AVE auf der subsidiären Regelungszuständigkeit des Staates, die
immer dann eintreten muss, wenn die zuständigen Koalitionen die ihnen übertragene Aufgabe,
das Arbeitsleben durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen, im Einzelfall nicht allein erfüllen können
und die soziale Schutzbedürftigkeit der BKF im öffentliches Interesse, hier ein Eingreifen des
Staates erforderlich macht. Das BVerfG nennt in seiner Grundsatzentscheidung von 1977 an
erster Stelle die Gefährdungen des Arbeitsfriedens durch Aushöhlung des Tarifvertrages. Um die
von Art. 9 (3) GG intendierte autonome Ordnung des Arbeitslebens durch die Koalitionen
abzustützen, soll den Normen des Tarifvertrages zu größerer Durchsetzungskraft verholfen
werden. Gleichrangig geht es um das Interesse, den BKF angemessene Arbeitsbedingungen zu
sichern und damit Dumping im BKF- Gehalt zu beseitigen. Die AVE eines BMT-F liegt im
öffentlichen Interesse, da ein allgemeines Bedürfnis der BKF und des Staates besteht, das
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gleichartige, dauerhafte angemessene soziale Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden
und Arbeitsfrieden gesichert ist. Die Druckmittel der Gewerkschaft ver.di iVm. einem
bundesweiten BKF Mindest-Gehalt zu bewirken, um den jetzigen nicht tragbaren tariflosen
Zustand, bei einem beweisbar ruinösen Wettbewerb entgegenzuwirken, ist gleich Null. Daher
muss der Staat tätig werden, denn ansonsten werden weiterhin unbillige, sittliche Verwerfungen
und wirtschaftlich ungerechtfertigte Vorteile durch Dumping erlangt. Außerdem muss verhindert
werden, das es ein tariflosen Dauerzustand für ca. 450.000 BKF gibt.
Der Staat darf seine eigene Macht zur Norm-Setzung nicht weiter zurücknehmen, denn es wäre
im öffentlichen Interesse, das wenn die Tarifautonomie nicht richtig funktioniert, der Staat zur
Vorsorge umfassend ein Gebrauch macht. Öffentliches Interesse und die Zwecke der AVE, gehen
deshalb ineinander über, sie sind im Grund zwei Seiten der selben Medaille. Dies entspricht bis
auf den fehlenden nachrichtlichen Hinweis im Bundesgesetzblatt, auch dem für
Rechtsverordnungen in Art. 82 (1) 2 GG und § 1 des Gesetzes über die Verkündung von
Rechtsverordnungen (BGBI 1950 S. 23) vorgesehenen Publikationsverfahren, sowie den
Eintragungen in den Tarifregister.
Der Rechtsetzungsakt der AVE ist den Betroffenen Koalitions-Partnern (Tarif-Partner) natürlich
hinlänglich bekannt. Der Wortlaut der für BKF zuständige Tarifverträge kann durch
Einsichtnahme in das beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung geführte Tarifregister (§
6 TVG) jederzeit festgestellt werden. Die rechtsstaatlich gebotene Wirkung der VeröffentlichungDokumentation, wird durch das Tarif-Register gewährleistet. Insoweit ist der BKF darauf selbst
angewiesen, sich Auskünfte aus dem Tarifregister einzuholen oder von der Tarifvertragspartei
ver.di eine Abschrift des Tarifvertrags zu verlangen. Der ungehinderte Zugang zu diesem
öffentlichen Tarif-Register ist wesentliche Voraussetzung für Vereinbarkeit der eingeschränkten
Publizität allgemeinverbindlicher Tarifverträge (AVE) iVm. § 5 TVG als rechtsstaatliche
Anforderungen. Hierdurch wird gewährleistet, daß den BKF, der Inhalt der getroffenen Regelung
jedenfalls ohne erhebliche Schwierigkeiten zugänglich ist. Das BVerfG hat jedoch sowohl die
Bestimmung über die Bekanntmachung der AVE, als auch das durch sie sichergestellte Maß an
Publizität der allgemeinverbindlichen Tarifnormen, zwar ebenfalls als nicht befriedigend
bezeichnet, zugleich aber festgestellt, daß sie der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unter
dem Aspekt des Rechtsstaatsprinzips noch standhalten. Da nur noch 30 % der Tarifpartner als
Transport-Unternehmer in einem Verband noch Mitglied sind, können die Bezirk-Tarifverträge
nichts bewirken, in dem Dumping verhindert wird.
vgl. BVerfGE 44, 322 // BVerfG 2 BvL 11/74 vom 24.05.1977 — Leitsätze zur
Allgemeinverbindlichkeitserklärung
vgl. BVerfG 1 BvR 561/89 vom 10.09.1991 - zu § 5 TVG
vgl. BVerfG 1 BvR 948/00 vom 18.07.2000 - Verordnungsermächtigung § 1(3 )a AEntG.
vgl. BAG 10 ABR 48/15 vom 21.09.2016 - Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung
vgl. BAG 10 ABR 33/15 vom 21.09.2016 - Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung
vgl. BAG 4 AZR 536/89 vom 28.031990 - Allgemeinverbindlichkeit
vgl. BAG 10 AZR 150/95 vom 15.11.1995 — Tarifvertrag, Allgemeinverbindlichkeitserklärung
Unter dem Vorwand eines fairen Wettbewerbs und zur Wahrung der Rechte der (angeblich)
entsandten BKF, wird durch das nationale AEntG, so schwerwiegend eingeschränkt, dass die
Grundfreiheiten des EU Vertrags Art. 56; Art. 62; Art. 53 AEUV als Dienstleistungsfreiheit (inkl.
Richtlinien), mit den Art. 45; Art. 46 AEVU zur Freizügigkeit, dem tatsächlichen Sinn zuwider sind.
Das kann nur eine national tarifliche AVE aufgrund des § 5 TVG national abgemildert werden, da
das MiLoG für den BKF nicht rechtsgültig ist und somit unwirksam.
Die Entsende-Richtlinie 96/71/EG des EU- Parlaments und des Rates, um die Entsendung von
Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, verabschiedet am 24.09.1996,
war damals nicht vollumfänglich durch die Ermächtigung zur Rechtssetzung des Art. 57 (2) EG
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(Straßentransport) A.i.d.T. e.V.
a.F. (jetzt Art. 68 AEUV) und Art. 66 EG a.F. (jetzt Art. 74 AEUV) gedeckt! Es ist nach
heutigen Art. 168 AEUV nicht nur ein Überschreiten der Kompetenz, sondern ein
schwerwiegender Fehlgebrauch dieser Ermächtigung festzustellen, ein nationales
Tarifvertragsrecht zum Gegenteil zu benutzen.
Die Tarife der „angeblich" Entsendeten BKF oder der nur vorüber entliehenen beschäftigten BKF
aus anderen EU-Staaten, bleiben grundsätzlich immer den zuständigen nationalen SozialPartnern überlassen, solange es beweisbar kein ruinösen Wettbewerb unter zwingenden Gründe
vom öffentlichen Allgemeininteresse oder des sozialen Notstandes gibt.
Ein sozialer Notstand kann erst dann zum Tragen kommen, wenn das Gehalt eines Beschäftigten
BKF iVm. Arbeitnehmerfreizügigkeit (derzeit nur national möglich), unter 1/3 des ortsüblichen
oder des als allgemeinverbindlich erklärten BKF- Gehalt, sich in Deutschland generell befindet.
Die Forderung nach sozialem Schutz vor Sozial- und Gehalt-Dumping und der Durchsetzung des
Grundsatzes „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort", kann für die aus einem anderen
EU-Staat entsendeten BKF grundsätzlich nicht ohne eine vorher genehmigungspflichtige AÜ in
der EU in Frage kommen — auch Leih-BKF bzw. BKF-Leasing über zwei Wochen innerhalb der EU
nicht. Hierzu fehlt es innerhalb der EU an einer EU-Tarifvertragsverordnung, die
grenzüberschreitend die Tarifverträge erst möglich macht. Hierbei muss auch die überwiegend
regelmäßige „Aufnahme und Beendigung" der „Dienst-Reise" des BKF, grundsätzlich am
„Lebensmittelpunkt", sich an dem Urteil EuGH C-29/10 orientieren oder es besteht eine
kurzfristige genehmigte AÜ.
Es muss „gewährleistet" werden, das der Art. 8 VO (EG) 593/2008 (Rom-I) als Recht und mit dem
Art. 5 der VO (EU) 1215/2012 (Brüssel-la) bei dem dortigen Gericht, das dann gem. der
Nachweis-Richtlinie 91/533/EWG (NachwG = Arbeitsvertrag), inhaltlich sich nur am
„Lebensmittelpunkt" des BKF richtet. Der Art. 6 (1)a VO (EG) 593/2008 muss in den Vordergrund
gestellt werden, wenn er seine Tätigkeit in mehreren Vertragsstaaten ausübt. Das ist dann
grundsätzlich der Staat, in dem iSd. Erfüllung des Arbeitsvertrags gewöhnlich die Arbeit
„aufgenommen und beendet" wird, auch derjenige Staat ist, wo sich auch immer der gemeldete
bzw. der tatsächliche familiäre Wohnort als Lebensmittelpunkt des BKF befindet, von dem aus
unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte, er seine berufliche Fernfahrer-Tätigkeit
ausübt und somit die Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber im Wesentlichen erfüllt
werden.
In der westlichen EU, müsste den BKF das westeuropäische soziokulturelle Existenzminimum mit
12 € BKF-Mindest-Gehalt gewährleistet werden, um überhaupt „würdige Arbeitsbedingungen"
gern. Art. 31 GrCh umsetzen zu können. Deshalb müsste jetzt so schnell wie möglich für den BKF,
auch das „Recht einer würdigen Arbeit" von allen EU-Mitgliedstaaten in die politische Tat
umgesetzt werden, da sie sich im EU Vertrag Art. 6 (1) EU in Ausübung ihrer Schutz- und
Förderungspflichten dazu verpflichtet haben, um damit verbindliche Regeln zur GrCh zu
gewährleisten.
Genau hier besteht jetzt das Problem, dass den BKF, die Tag-täglich - als normale Situation -, eine
zusätzliche unfreiwillige Arbeit ohne Bezahlung für ca. 1 Woche im Monat abverlangt wird, die
zum größten Teil im deutschen ArbZG und in zuständigen Bezirks-Tarifverträgen, in paradoxer
Weise es nur den BKF überlässt, ihre (angeblich) eigenen Entscheidungen selber so auch treffen
zu wollen. Die BKF sind, nein sie müssen „Individualisten" sein, denn sonst hält er sein Beruf als
Berufung nicht lange aus. Hier ist jetzt die EU-Politik gefordert, um tatsächlich zu helfen, dass ein
EU-weiter Mantel-Tarif inkl. Gehalt-Tarif für alle BKF Wirklichkeit wird, der ohne die Opt-out
Klausel von den zuständigen EU-Sozialpartner vorher ausgehandelt wird.
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Allianz im deutschen Transportwesen
(Straßentransport) A.i.d.T. e.V.
Damit könnte es dann auch gewährleistet werden, dass es noch weiterhin in Westen der EU
die BKF gibt, die so einen entbehrungsreichen Beruf, fern der Familie, ausüben wollen.
Dazu muss es zu Anfang erst mal in Deutschland einen BMT-F geben, der den Anspruchs des BKF
gerecht wird. Die westlichen Gewerkschaften in der EU sind in der Überzahl und müssen bzw.
sind nun dringend gegenüber den MOE-Gewerkschaften dazu durchringen, auch gemeinsam für
die BKF zu handeln.
Der BMT-F wird für alle, die als BKF nicht entsendet werden können ,ein „Muss" werden, sodass
auch von der Bundesregierung eine Mitwirkungs-Pflicht wird, da nur noch 30 % der TransportUnternehmer tarifgebunden sind und bei vielen gibt es eine rechtswidrige OT Mitgliedschaft.
Hier ist das wettbewerbliche Gleichgewicht bzw. die wirtschaftliche Wettbewerbsverzerrung
ohne ein BMT-F inkl. BKF- Mindest-Gehalt beweisbar. Der BMT-F ist der Anfang und Wir von der
AidT können / werden dann helfen, das die BKF in die Verdi organisieren werden.
Die BKF aus den MOE-Staaten bewerkstelligen einen ruinösen Wettbewerb, der ohne ein BKF
EU-Kollektiv-Vertrag in den nächsten 10 Jahren nicht behoben werden kann, da die dortigen BKFMindestgehalt im Durchschnitt der 13 MOE-Staaten weit unter 1/3 der tarifvertraglichen
westeuropäischen BKF-Gehälter sich befinden.
Der ER, der Rat, sowie die EU-Kommission und das EU-Parlament müssen die
Koalitionsrechtlichen Voraussetzungen in der EU, nach Anhörung Art. 154 AEUV
zuständiger nationaler Sozial-Partner usw., in eine extra BKF-Verordnung mit einen BKFMindestgehalt von ca. 12 € beschließen, das dem westeuropäischen BKF-Tarifen entspricht.
a) Wenn die Nr. 3 nun, auf Anfrage der ETF und Verdi, von der EU verneint wird, gibt eine
Möglichkeit der Verdi beim BVerfG eine GG Verletzung mit Verpflichtung einer
Vorabentscheidung Art. 267 AVEU auf den Weg zu bringen. Die Zeit-Dauer bis zur Entscheidung
je nach Protest und Öffentlichkeit-Wirkung der BKF.
b) Mit Druck in der Öffentlichkeit könnte aufgrund von mind. 100 LKW aus der
westlichen EU, in Straßburg oder Brüssel eine sehr wirkungsvolle BKF- LKW-Demo unter
Federführung der ETF / AidT/ Verdi usw. mit den LKW veranstaltet werden. Zuständige EUParlamentarier werden Uns sicherlich helfen. Uns deutschen BKF läuft die Zeit davon und danach
ist es zu spät, sodass dann die BKF aus den MOE-Staaten und Dritt-Staaten unsere Arbeitsplätze
übernehmen.
Nur darum geht es jetzt!
Der Faktenscheck für BKF besteht dadurch was kann und was ist:
1 Woche im Monat ist echt frei
30 % der Std. nun ein Gehalt
30% Arbeitgeber ohne Tarif
80 % MOE-Staaten billiger
30 % MiLoG unter SGB II
Taxe § 612 (2) BGB = 12 €
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Voraussetzungen der beinhalteten „Eingriffsnormen", aufgrund der AVE iVm. § 5 TVG
MiLoG, ist Rom-I Art. 9:
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Allianz im deutschen Transportwesen
(Straßentransport) A.i.d.T. e.V.
(1) Eine Eingriffsnorm ist eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat
als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner
politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des
nach Maßgabe dieser Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte
anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen.
Alle 28 EU-Mitgliedstaaten sind vertraglich verpflichtet, die freie Dienstleistung zu fördern. Daher
darf Dienstleistungsfreiheit nicht mit Vorliegen von Diskriminierung oder Ungleichbehandlung im Inländer-Verhältnis -, beschränkt werden, solange nicht wirtschaftliche Verwerfungen oder
ein gesellschaftlicher Notstand beweisbar vorhanden ist. Beschränkungen in diesem Sinne, sind
alle nationalen Maßnahmen, die eine Ausübung der garantierten Grundfreiheiten der EU
behindern oder weniger attraktiv machen. Hier liegt im gewerblichen Güterkraftverkehr
beweisbar ein unlauterer Dumping-Wettbewerb beim BKF- Gehalt aus den MOE-Staaten vor, der
unter zwingenden Gründen vom öffentlichen Allgemeininteresse beseitigt werden muss.
Der heutige Tag einer Tour, darf für den BKF, nicht die gute alte Zeit von übermorgen werden!
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