Rück- statt Fortschritt: Automatisches Vertretungsrecht für

Pressemitteilung
Berlin, 7. März 2017
Öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses
Rück- statt Fortschritt: Automatisches Vertretungsrecht
für Eheleute gefährdet Patientenautonomie
Am Mittwoch berät der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestages in
einer öffentlichen Anhörung über einen neuen Gesetzesentwurf, mit dem der Bundesrat das
Vertretungsrecht für Ehegatten und Lebenspartner im Fall einer schweren Erkrankung oder
eines Unfalls reformieren will. Die DGPPN bewertet das Gesetzesvorhaben in einer heute
veröffentlichten Stellungnahme kritisch: Aus medizinischer Sicht ist eine Neuregelung weder
notwendig noch sinnvoll und sollte aktuell nicht weiterverfolgt werden.
Eheleute und eingetragene Lebenspartner sollen künftig automatisch für den Partner Entscheidungen über medizinische Behandlungen treffen können, wenn dieser aufgrund einer psychischen
Erkrankung oder einer körperlichen oder geistigen Behinderung dazu nicht mehr in der Lage ist.
Das sieht ein Gesetzesentwurf des Bundesrats vor, zu dem das Bundeskabinett im Februar einen
Änderungsantrag beschlossen hat. In einer öffentlichen Anhörung berät morgen der Ausschuss für
Recht und Verbraucherschutz über beide Vorlagen.
Die DGPPN sieht die Entwürfe kritisch und empfiehlt in einer heute veröffentlichten Stellungnahme
dringend, die Neuregelung nicht umzusetzen. „Die geplante Ermächtigung der Eheleute beschränkt
das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auf unnötige Weise. Wer im Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit eine Vertretung durch seinen Partner wünscht, kann und sollte eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung verfassen. Auch wenn sich der überwiegende Teil der Bevölkerung eine Vertretung durch den Partner wünscht, darf daraus nicht geschlossen werden, dass
dies auch für die Menschen zutrifft, die keine schriftliche Vorausverfügung getroffen haben. Vielleicht ist in diesen Fällen genau das Gegenteil der Fall“, stellt DGPPN-Präsident Professor Arno Deister fest.
Aus Sicht der Fachgesellschaft setzt der Gesetzesentwurf deshalb ein falsches Signal. „Er würde in
der Bevölkerung die falsche Überzeugung stärken, dass Vorausverfügungen gar nicht mehr notwendig seien. Damit würde in Deutschland die Patientenautonomie nicht weiter gefördert, sondern
gefährdet.“, so Professor Thomas Pollmächer, der bei der DGPPN der Task-Force „Patientenautonomie“ vorsteht. „Gerade bei psychischen Erkrankungen gibt es immer wieder erhebliche Konflikte
zwischen Partnern. In solchen Situationen ist oft ein unabhängiger Betreuer die wesentlich bessere
Lösung. Die geplante pauschale Ermächtigung – und insbesondere auch das pauschale Recht zum
Einblick in die Krankenakte – drängt Partner aber zu Entscheidungen, die das partnerschaftliche
Verhältnis zu einem späteren Zeitpunkt enorm belasten können.“
In ihrer Stellungnahme führt die DGPPN eine Vielzahl weiterer Gründe auf, die gegen eine Umsetzung der Gesetzesvorlage sprechen.
Zur Stellungnahme: www.dgppn.de > Presse > Stellungnahmen