iStockphoto.com/millann Verordnung Aktuell Heilmittel Stand: 8. März 2017 Eine Information der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns [email protected] www.kvb.de/verordnungen Heilmittel - Neuerungen zum 1. Januar 2017 Besonderer Verordnungsbedarf Die „Vereinbarung über Praxisbesonderheiten für Heilmittel unter Berücksichtigung des langfristigen Heilmittelbedarfs“ wird zum 1. Januar 2017 abgelöst. Die Praxisbesonderheiten (bisher Anlage 11) werden als Anhang der bundesweiten Rahmenvorgaben für Wirtschaftlichkeitsprüfungen unter der Bezeichnung „Besondere Verordnungsbedarfe“ fortgeführt. Außerdem werden noch weitere Diagnosen in den Katalog der besonderen Verordnungsbedarfe aufgenommen. Die besonderen Verordnungsbedarfe werden in den Rahmenvorgaben abschließend aufgeführt. Unter der Kategorie „Geriatrische Syndrome“ wurde eine Reihe von Diagnosen aufgenommen, die ab dem 70. Lebensjahr einen besonderen Verordnungsbedarf darstellen – u. a. Demenz und Osteoporose mit pathologischer Fraktur. Ebenfalls hinzugekommen ist die Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit frühem Beginn (vor dem 65. Lebensjahr). Darüber hinaus wurden spezifische Diagnosen aus den folgenden Bereichen in die Liste aufgenommen: Entwicklungsstörungen bei Kindern, sekundäres Parkinson-Syndrom, chronische Atemwegserkrankungen mit Ursprung in der Perinatalperiode, Versorgung von Schulterläsionen, Systemkrankheiten des Bindegewebes, Kyphosen, Skoliosen, juvenile Osteochondrosen sowie Spondylosen Lymphödem Stadium III (Elephantiasis)2. Um die Identifikation der besonderen Verordnungsbedarfe im Vorfeld einer Wirtschaftlichkeitsprüfung eindeutig sicherzustellen, wurde zum 1. Januar 2017 ein zweites elektronisch lesbares ICD-10-Feld auf die Verordnungsformulare aufgebracht. Es besteht keine Verpflichtung, dieses zweite ICD-10-Feld zu befüllen. Der zweite ICD-10-Code ist lediglich erforderlich, um bestimmte besondere Verordnungsbedarfe (z. B. postoperative Versorgung, Angabe einer Myelopathie oder Radikulopathie bei Bandscheibenschäden) geltend zu machen. 1 Vereinbarung über Praxisbesonderheiten für Heilmittel nach § 84 Abs. 8 Satz 3 SGB V unter Berücksichtigung des langfristigen Heilmittelbedarfs gemäß § 32 Abs. 1a SGB V 2 Aufgrund der Überarbeitung der ICD-10-Codes gelten Verordnungen für diese Erkrankungen des langfristigen Heilmittelbedarfs zeitweise als besonderer Verordnungsbedarf. LANR : «LANR» Verordnung Aktuell – Heilmittel 8. März 2017 Seite 2 Ein spezielles Genehmigungsverfahren für besondere Verordnungsbedarf ist nicht vorgesehen! Lediglich bei den Krankenkassen, die auf eine generelle Genehmigung aller Verordnungen außerhalb des Regelfalls bestehen, gilt das Genehmigungsverfahren auch für den besonderen Verordnungsbedarf. Eine Übersicht zu diesen Krankenkassen finden Sie unter https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/ambulante_leistungen/heilmittel/genehmigung_ausserhalb_des_regelfalls/genehmigung_ausserhalb_des_regelfalls.jsp Langfristiger Heilmittelbedarf Künftig sind die Diagnosen des langfristigen Heilmittelbedarfs (bisher Anlage 21) als Anlage zur Heilmittel-Richtlinie gelistet. Für die dort genannten Diagnosen ist generell kein Antragsbzw. Genehmigungsverfahren mehr durchzuführen. Damit ist ab 2017 klar geregelt, dass Patienten sich einen langfristigen Heilmittelbedarf nicht mehr von ihrer Krankenkassen genehmigen lassen müssen, wenn ihre Erkrankung in der neuen Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie aufgeführt ist. Die nachfolgenden Erkrankungen wurden neu auf die Diagnoseliste des langfristigen Heilmittelbedarfs gesetzt: Torticollis spasticus, Syringomyelie und Syringobulbie, Systemischer Lupus erythematodes, Thalidomid-Embryopathie, Angeborene Fehlbildungssyndrome mit vorwiegender Beteiligung des Gesichtes, Deletion des kurzen Armes des Chromosoms 5, Fragiles X-Chromosom, Zystische Fibrose (Mukoviszidose) Chronische obstruktive Lungenkrankheiten. Folgende Erkrankungen wurden aus der „alten“ Diagnoseliste der Praxisbesonderheiten in die neue Diagnoseliste des langfristigen Heilmittelbedarfs überführt: Postpoliosyndrom, Felty-Syndrom, Arthritis mutilans, Juvenile Spondylitis ankylosans, Juvenile chronische Arthritis, systemisch beginnende Form, Progressive systemische Sklerose, CR(E)ST-Syndrom, Spondylitis ankylosans. Die vollständige Fassung der neuen Anlage 2 ist der Heilmittel-Richtlinie zu entnehmen. Verordnung Aktuell – Heilmittel 8. März 2017 Seite 3 Einzelfall bei nicht gelisteten Diagnosen (der neuen Anlage 2) Für nicht in der Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie gelistete Diagnosen können Ihre Patienten weiterhin individuelle Anträge bei ihren Krankenkassen stellen. Für die Genehmigung bleibt jedoch entscheidend, dass die Schädigung in Bezug auf die Schwere und Dauerhaftigkeit der funktionellen/strukturellen Einschränkung vergleichbar sein muss mit denen der Diagnoseliste der Anlage 2. Dabei gelten folgende Regelungen: Eine Schwere und Langfristigkeit kann sich auch aus der Summe mehrerer einzelner funktioneller/struktureller Schädigungen und Beeinträchtigungen der individuellen Aktivitäten ergeben, die für sich allein die Kriterien nicht erfüllen, insgesamt betrachtet jedoch einen Therapiebedarf begründen, der hinsichtlich Dauer und Umfang auch bei Diagnosen laut Diagnoseliste zu erwarten ist. Von einer Langfristigkeit ist auszugehen, wenn ein Therapiebedarf mit Heilmitteln von mindestens einem Jahr notwendig ist. Sofern es bei der Genehmigungsentscheidung zusätzlichen medizinischen Sachverstandes bedarf, hat die Krankenkasse den MDK einzubeziehen. Dabei sind der Therapiebedarf, die Therapiefähigkeit, die Therapieziele und die Therapieprognose des Patienten zu berücksichtigen. Eine Genehmigung darf nicht allein deswegen versagt werden, weil sich das Heilmittel oder die Behandlungsfrequenz im Genehmigungszeitraum ändern kann. Die Genehmigung kann unbefristet erfolgen. Eine eventuelle Befristung kann mehrere Jahre umfassen, darf aber ein Jahr nicht unterschreiten. Im Genehmigungsbescheid müssen zumindest die therapierelevante Diagnose und die Diagnosegruppe/gruppen angegeben werden. Eine vergleichbare schwere dauerhafte funktionelle/strukturelle Schädigung kann ausgeschlossen werden bei Erkrankungen und Diagnosegruppen mit prognostisch kurzzeitigem Behandlungsbedarf laut Heilmittel-Katalog. Folgende Unterlagen werden für ein Genehmigungsverfahren patientenindividueller Anträge von der Krankenkasse benötigt: Antrag des Versicherten („Muster einer ärztlichen Bestätigung“ unter https://www.kvb.de/verordnungen/heilmittel/verordnungs-und-heilmittelbedarf/) Kopie einer gültigen Heilmittelverordnung (Original verbleibt beim Patienten) Um Nachfragen zu vermeiden, sollte sich aus der medizinischen Begründung die Schwere und Langfristigkeit der funktionellen/strukturellen Schädigungen, die Beeinträchtigungen der Aktivitäten und der Therapiebedarf eines Versicherten ergeben. Für Patienten mit langfristigem Heilmittelbedarf können die dauerhaft notwendigen Heilmittel als Verordnungen außerhalb des Regelfalls verordnet werden, ohne dass zuvor der Regelfall Verordnung Aktuell – Heilmittel 8. März 2017 Seite 4 durchlaufen werden muss. Gegebenenfalls erforderliche Genehmigungen (nach § 8 Absatz 4 der Heilmittel-Richtlinie) gelten als erteilt. Weitere Änderungen der Heilmittel-Richtlinie Neben den Regelungen zum langfristigen Heilmittelbedarf wurden kleinere inhaltliche Änderungen umgesetzt. So ist zukünftig unter den Indikationsschlüsseln LY2 und LY3 Manuelle Lymphdrainage als 30-Minuten-Einheit (MLD 30) verordnungsfähig. Bis dato konnte nur entweder MLD 45 oder MLD 60 verordnet werden. Dabei mussten jedoch mindestens zwei Extremitäten betroffen sein. Damit künftig auch bei länger dauerndem Behandlungsbedarf die Verordnung von Lymphdrainage bei Betroffenheit von nur einer Extremität möglich ist, wurde das Heilmittel MLD 30 bei den Indikationsschlüsseln LY2 und LY3 ergänzt. Aus Gründen der Klarstellung wurde der Verweis auf den Fristbeginn gestrichen, da er in der Praxis dazu führen könnte, dass die Behandlung bei laufenden Genehmigungsanträgen erst nach Vorlage der Genehmigung durch die Krankenkasse begonnen wird. Jedoch ist in § 8 Abs. 4 Satz 2 reguliert, dass die Krankenkasse, auch bei genehmigungspflichtigen Verordnungen bis zum Zugang einer Entscheidung über die Ablehnung der Genehmigung, die Kosten der Behandlung übernimmt. Folglich ist aufgrund der Kostenzusage durch die Krankenkasse, die Behandlung auch bei genehmigungspflichtigen Verordnungen innerhalb von 14 Tagen aufzunehmen, damit entsteht keine unnötige Unterbrechung der notwendigen Heilmittelbehandlung und die Versorgung der Patientin bzw. des Patienten ist sichergestellt. Die derzeitige Formulierung „einschließlich“ hat in der Praxis dazu geführt, dass eine ggf. erforderliche Kompressionsbandagierung teilweise innerhalb und somit zu Lasten der 30, 45- oder 60-minütigen Behandlungszeit mit Manueller Lymphdrainage erbracht wird. Mit der Änderung „Eine verordnete Kompressionsbandagierung hat im Anschluss an die Therapiezeit der MLD zu erfolgen“ wird klargestellt, dass eine Kompressionsbandagierung im Anschluss an die 30-, 45- oder 60-minütige Lymphdrainage zu erfolgen hat und nicht bereits in der Behandlungszeit an der Patientin oder am Patienten eingeschlossen ist. Über diese inhaltlichen Anpassungen hinaus sind zusätzliche kleinere, insbesondere redaktionelle Anpassungen an der Richtlinie (§§ 19, 28, Heilmittelkatalog) vorgenommen worden. Sie können dem Beschluss und den Tragenden Gründen (https://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/12/#tab/beschluesse) entnommen werden. Ansprechpartner für Verordnungsfragen stehen Ihnen – als Mitglied der KVB - unter 0 89 / 5 70 93 - 4 00 30 zur Verfügung. Oder Sie hinterlassen uns über das Kontaktformular unter www.kvb.de/Beratung einen Rückrufwunsch.
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