kostenlos - Alpmann Schmidt

ALPMANN SCHMIDT
Juristische Lehrgänge
Verlagsgesellschaft
mbH & Co. KG
Alter Fischmarkt 8
48143 Münster
Beim Klausurenkurs mit Korrektur haben Sie die Möglichkeit, die eigenen Ausarbeitungen per E-Mail in eingescannter Form als PDF-Datei zur Korrektur einzusenden.
Einen großen Teil dieser Einsendungen korrigieren wir digital, direkt in der PDF und senden
Ihnen die korrigierte Fassung per E-Mail zurück. Damit auch Ihre Ausarbeitung digital korrigiert werden kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
• der Betreff Ihrer Mail muss wie folgt aufgebaut sein:
Ihr Nachname – Ihre Kundennummer – Klausurnummer
Beispiel: Mustermann – 123456 – D45
• der Name der PDF-Datei Ihrer Ausarbeitung muss ebenfalls den gleichen Aufbau haben
Ihr Nachname – Ihre Kundennummer – Klausurnummer
Beispiel: Mustermann – 123456 – D45.pdf
• pro E-Mail bitte nur eine Ausarbeitung einsenden
• Ihre Ausarbeitung senden Sie bitte an die E-Mailadresse [email protected]
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir nicht garantieren können, dass alle Ausarbeitungen digital korrigiert werden, auch wenn sie die oben genannten Kriterien erfüllen. Wir
behalten uns vor, Ihre Einreichung auszudrucken, sie auf herkömmlichem Weg korrigieren
zu lassen und Ihnen per Post zurückzusenden.
Natürlich haben Sie auch weiterhin die Möglichkeit, Ihre Ausarbeitung per Post einzusenden. Diese wird dann auf herkömmlichen Weg korrigiert und an Sie zurückgeschickt.
Falltext
C 559 S-H
06.03.2017
Oberstaatsanwalt Ewald Emsig (E) bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau Mathilda eine im Erdgeschoss
eines von vier Parteien bewohnten Hauses in Kiel liegende Mietwohnung. Emsig leitet in der Staatsanwaltschaft Kiel die Abteilung Organisierte Kriminalität und war in den vergangenen Jahren mit mehreren
Großverfahren gegen unterschiedliche Motorradclubs befasst, die sich im Bereich Drogenhandel und
illegaler Prostitution verdingten (sog. Outlaw Motorcycle Gangs). In diesen Verfahren erwirkte er langjährige Haftstrafen gegen mehrere hochrangige Clubmitglieder, was ihn zur „Zielscheibe“ der auf Vergeltung sinnenden übrigen Clubmitglieder werden ließ.
Aufgrund eines anonymen Hinweises entdeckte Emsig auf einer Social-Media-Plattform einen Aufruf zu
Gewalttaten gegen ihn. Ein User veröffentlichte dabei die Privatadresse des Emsig und schlug vor, dem
Emsig vor dem Haus aufzulauern und ihn dann bei dessen abendlicher Heimkehr im Hausflur mit Eisenstangen und ähnlichem Schlagwerkzeug zu traktieren. Mit gezielten Schlägen gegen den Kopf solle dessen Tod herbeigeführt werden, damit die Staatsanwaltschaft in Kiel gewarnt sei, in Zukunft von Ermittlungen gegen den Motorradclub Abstand zu nehmen. Der Aufruf fand begeisterten Widerhall bei mehreren weiteren Usern. Die daraufhin durch die Staatsanwaltschaft Kiel eingeleiteten Ermittlungsverfahren
wurden jedoch ergebnislos eingestellt, da die User nicht ermittelt werden konnten. Diese hatten ihre
digitalen Spuren mit entsprechender Software derart verwischt, dass die einzelnen Posts nicht zurückverfolgt werden konnten.
Gleichwohl stufte die Polizei in Kiel die Gefährdung des Emsig als real ein und entwickelte deshalb ein
Schutzkonzept, um den Angriff auf ihn vereiteln zu können. Auf Anordnung des zuständigen Polizeipräsidenten wurde im Vorgarten des Gebäudes ein Polizeiposten eingerichtet, der besetzt ist, sobald und
solange Emsig zu Hause ist. Die dort eingesetzten Beamten führen Identitätsfeststellungen bei allen
Personen durch, die das Haus betreten wollen. Sofern diese Behältnisse wie Taschen oder Rucksäcke bei
sich führen, werden diese von den eingesetzten Kräften durchsucht. Handelt es sich um Bewohner des
Hauses, wird im Regelfall auf eine zusätzliche Durchsuchung der Personen verzichtet, außer es liegen
Anhaltspunkte für eine von der Person oder von ihr unmittelbar am Körper geführten Gegenständen
ausgehende Gefahr vor. Vor Durchführung der jeweiligen Maßnahme wird den Betroffenen die Gelegenheit gegeben, sich mündlich zu äußern. Eine zeitliche Befristung dieser Maßnahmen erfolgt nicht, da
nicht absehbar ist, für welchen Zeitraum die Situation für Emsig bedrohlich bleibt.
Beate Biedermann ist Eigentümerin der über Emsig gelegenen Wohnung und fühlt sich von den polizeilichen Maßnahmen belästigt. Sie könne zwar verstehen, dass der Emsig geschützt werden müsse; dies
könne aber nicht zu dauerhaften Auswirkungen auf sie führen. Sie erhebt deshalb Klage vor dem zuständigen Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, mit der sie die sofortige Einstellung und zukünftige
Unterlassung der gegen sie angeordneten Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen mitgeführter
Sachen begehrt. Sie ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen rechtswidrig sind. Zur Begründung führt sie
an, dass die mit der Durchführung des Schutzkonzeptes verbundenen Eingriffe in ihre Grundrechte auch
unter Abwägung mit den schutzwürdigen Belangen des Emsig, wenn überhaupt, nur für eine begrenzte
Zeit zumutbar und verhältnismäßig seien. Diese Zeit sei inzwischen nach mehrmonatiger Durchführung
des Schutzkonzeptes erschöpft, sodass die Maßnahmen zukünftig unterbleiben müssten. Im Übrigen
habe die Durchführung des Schutzkonzeptes eine Gefahr für ihre Gesundheit oder sogar ihr Leben zur
Folge, da die Anschlagswilligen nun zur Verwendung gemeingefährlicher Tötungsmittel gezwungen
seien. Außerdem sei das Schutzkonzept jedenfalls zur vollständigen Abwehr der dem Emsig drohenden
Gefahr ungeeignet, da dieser in einer Erdgeschosswohnung nicht vollumfänglich geschützt werden
könne. Die Polizei habe bei der Erarbeitung des Schutzkonzeptes die Möglichkeit außer Acht gelassen,
Oberstaatsanwalt Emsig und seine Ehefrau in ein anderes Gebäude umzusiedeln. Hierdurch sei ein wirksamer Schutz unter Ausschluss der Beeinträchtigungen der weiteren Hausbewohner möglich.
Der Polizeipräsident in Kiel entgegnet, dass sämtliche Maßnahmen aufgrund der weiterhin bestehenden
Gefährdungslage unerlässlich seien, um das Leben des Emsig zu schützen. Immer wieder tauchen – was
zutrifft – neue Anschlagsplanungen in den sozialen Medien auf. Die einzelnen Maßnahmen seien auch
rechtmäßig. Die Beeinträchtigungen, die von den Maßnahmen auf die übrigen Bewohner, also auch die
Biedermann, ausgingen, würden auf ein Minimum reduziert. Auf andere Weise ließe sich das Leben des
Emsig nicht schützen. Eine Umsiedlung des Emsig in eine andere Wohnung würde nicht zur Abwehr der
Gefahr, sondern lediglich ihrer räumlichen Verlagerung beitragen. Dementsprechend handele es sich
Fortsetzung des Falltextes C 559 S-H
dabei zwar um ein für die sonstigen Bewohner milderes, aber nicht gleich geeignetes Mittel. Eine besondere Bedrohung der B lasse sich nicht feststellen, da nach zutreffenden polizeilichen Erkenntnissen immer unmittelbare Anschläge gegen die Person des E angekündigt worden seien; Anhaltspunkte für einen
Sprengstoffanschlag oder den Einsatz vergleichbarer gemeingefährlicher Mittel hätten sich in den Ermittlungen nicht ergeben. Zudem habe Emsig zusammen mit seiner Frau entschieden, die Wohnung
trotz der Bedrohungslage nicht aufgeben zu wollen. Durch den fortlaufenden Polizeischutz seien sie
ohnehin schon sozial isoliert. Diese Isolierung würde in ein unerträgliches Maß fortgesetzt, müssten beide jetzt auch noch ihren Wohnort wechseln. Diese Entscheidung sei von der Polizei zu respektieren. Außerdem hätten die eingesetzten Beamten in den vergangenen Wochen – was zutrifft – die Maßnahmen
für die übrigen Bewohner reduziert: Die Kontrollen der Bewohner würden durch gesondert ausgegebene
Lichtbildausweise vereinfacht und Taschen der Bewohner nur noch in Ausnahmefällen durchsucht. Diese
Maßnahmen würden aber auch in Zukunft in diesem Umfang fortgesetzt.
Wie wird das Verwaltungsgericht über die Klage der Biedermann entscheiden?
Bearbeitungsvermerk: Die Klage ist unter allen rechtlich in Betracht kommenden Gesichtspunkten
– ggf. hilfsgutachterlich – zu begutachten.