Flexibilisierungsoptionen für Energiespar-Contracting (ESC) Horizon 2020 Grant Agreement Nr. 696040 Deliverable D2.6 This project has received funding from the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No 696040. Flexibilisierungsoptionen für EnergiesparContracting (ESC) Das guarantEE-Projekt forciert den Einsatz von leistungsvergütenden Energiedienstleistungsmodellen (wie ESC) entlang von Kundengruppen, die bislang selten auf derartige Dienstleistungen zurückgreifen, wie beispielsweise private Gebäudeeigentümer oder Eigentümer von vermieteten Liegenschaften. Ziel ist es, Aspekte oder Verfahren in bestehenden ESC- / Energiedienstleistungsaufträgen zu ermitteln, die für bestimmte Kundengruppen schwer zu akzeptieren sind und optionale Vertragsbestandteile zu entwickeln, die diese Bedenken adressieren. Diese "Flexibilisierungsoptionen" werden als zusätzliche Elemente oder Alternativen zur Bewältigung bestimmter vertraglicher Fragen betrachtet. Die jeweiligen Vertragsklauseln in diesem Dokument sind als fakultative Änderungen bestehender Musterverträge zu verstehen. Diese Klauseln sollten beurteilt und in nationalen EPC-Musterverträgen integriert werden (als optionale Elemente). Da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in den europäischen Mitgliedsstaaten unterscheiden, ist eine rechtliche Bewertung der Klauseln (sofern erforderlich) auf nationaler Ebene erforderlich. Aus den Rückmeldungen im Rahmen der guarantEE Stakeholderumfragen sowie aus Gesprächen ergaben sich folgende drei Aspekte: 1. Ordentliche Kündigung des Vertrags 2. Vereinfachtes Mess- & Verifikationsverfahren (M&V) 3. Integration von öffentlichen Fördermitteln durch den Contractor Zwei weitere Punkte, die Synergien mit ESC bieten, werden im Dokument ESC Modell Prozesse (D2.7) beschrieben: Synergien mit verpflichtenden Energieaudits Synergien mit ISO 50001 Energiemanagementsystem 1. Ordentliche Kündigung des Vertrags Derzeit haben die meisten ESC-Verträge eine feste Vertragslaufzeit. Die Laufzeit ist ein wichtiger Parameter für die Berechnung der durch den Contractor erbrachten Energiedienstleistungen. Eine längere Vertragslaufzeit ermöglicht zusätzliche Energieeinsparmaßnahmen (ESM) mit längeren Amortisationszeiten und erhöht so die insgesamt erzielbaren Einsparungen. In einigen Ländern sehen ESC-Musterverträge keine ordentliche Kündigung vor. Nur aus wichtigen Gründen ist eine außerordentliche Kündigung möglich, die in der Regel mit einer schwerwiegenden Pflichtverletzung durch eine Partei verbunden ist. Die Angst, in einem langen Vertrag gebunden zu sein ohne die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung, ist für viele Gebäudeeigentümer ein großes Hindernis ein ESC-Projekt einzugehen. Wenn ein laufender ESC-Vertrag ein Hindernis für den Verkauf eines Gebäudes darstellt, werden die meisten privaten Gebäudeeigentümer davon absehen, sich an einem solchen Projekt zu beteiligen oder nur sehr kurze Vertragslaufzeiten eingehen. Kurze Laufzeiten erlauben jedoch nur einen Teil der möglichen Einsparungen zu realisieren. Daher wird die Anpassung eines ESC-Vertrags mit einem Absatz für eine "ordentliche Kündigung" seine Flexibilität erhöhen und ihn für private Gebäudeeigentümer attraktiver machen. Ein solcher Absatz sollte festlegen Wer hat das Recht, den Vertrag zu kündigen; in der Mehrzahl der Fälle wird ein vorzeitige Kündigung durch den Kunden gewünscht; Frühestmöglicher Kündigungszeitpunkt; Länge der Kündigungsfrist; Entschädigung für den Vertragspartner: Die Berechnung der Entschädigung sollte so einfach wie möglich sein; die Kompensation muss zudem hoch genug sein, um eine vorzeitige Kündigung nicht zu leicht zu fördern. Entschädigungselemente für den Contractor (bei einer Kündigung durch den Kunden): Der Contractor kann alle vorgesehenen Zahlungen bis zum regulären Vertragsschluss abzüglich der eingesparten Kosten für Wartung, Instandhaltung und Energiemanagement in Anspruch nehmen. Der Contractor kann einen Pauschalbetrag von 10%1 für den Gewinnverlust der regulären Contracting-Raten bis zum Ende der geplanten Vertragslaufzeit verlangen. Mustervertragsklausel § xx Ordentliche Kündigung (1) Die ordentliche Kündigung vor Vertragsende (§ XX) ist, abgesehen von der Sonderregelung nach Absatz (2), für beide Seiten ausgeschlossen. Das gilt auch für das Kündigungsrecht des Auftraggebers nach § 649 BGB und im Gegenzug für dasjenige des Auftragnehmers nach § 643 BGB. Insbesondere § 643 I 2 BGB ist ausgeschlossen. (2) Während der Hauptleistungspflicht kann der Auftraggeber den Vertrag jederzeit mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Abrechnungszeitraums kündigen. (3) Kündigt der Auftraggeber den Vertrag nach Absatz (2), hat er an den Auftragnehmer Ausgleichszahlungen zu leisten. Die Ausgleichszahlung ist als Einmalzahlung oder in jährlichen Raten zu leisten und ergibt sich aus dem Vergütungsanspruch des Auftragnehmers abzüglich der eingesparten Kosten für alle während der Hauptleistungspflicht zu erbringenden Leistungen (z.B. Instandhaltung, Energiemanagement usw.). Sobald belastbare Abrechnungsdaten vorliegen, wird der Vergütungsanspruch anhand der erreichten Verbrauchskostenreduzierung bzw. in den Anfangsjahren anhand der Einsparprognose des Auftragnehmers ermittelt. Kündigt der Auftraggeber den Vertrag nach Absatz (2) ist er verpflichtet, dem Auftragnehmer einen finanziellen Ausgleich zu gewähren. Die Ausgleichszahlung ist als Einmalzahlung oder in jährlichen Raten zu leisten und ergibt sich aus dem Vergütungsanspruch des Auftragnehmers abzüglich der eingesparten Kosten für alle während der Hauptleistungspflicht zu erbringenden Leistungen (z.B. Instandhaltung, Energiemanagement usw.). Sobald belastbare Abrechnungsdaten vorliegen, wird der Vergütungsanspruch anhand der erreichten Verbrauchskostenreduzierung bzw. in den Anfangsjahren anhand der Einsparprognose des Auftragnehmers ermittelt. Der Auftragnehmer ist berechtigt, einen Pauschalbetrag für entgangene Gewinne in Höhe von 1 Dies spiegelt keine reale Gewinnspanne wider, sondern ist eine Pauschale, die zusätzliche administrative Anstrengungen für den Contractor im Zusammenhang mit der Kündigung beinhaltet. XX% der regelmäßigen Abschlagszahlung zu verlangen. Die Vergütung wird nach und auf Grundlage des abgeschlossenen Abrechnungszeitraums ermittelt. 2. Vereinfachtes Verfahren zur Messung und Verifizierung (M&V) Bei garantiebasierten Energiedienstleistungen sind geeignete Mess- und Verifizierungsverfahren (M&V) entscheidend, um festzustellen, ob der Contractor seine Leistungsgarantie (über-)erfüllt hat oder nicht. Gleichzeitig sind M&V-Verfahren oft komplex und tragen zu den Transaktionskosten eines ESC-Projekts bei. Ändern sich die Nutzungsverhältnisse in Gebäuden (z.B. Belegung), müssen Anpassungen der Berechnung Teil des M&V-Prozesses sein. Auch eine Klimabereinigung ist erforderlich, insbesondere für den Energieverbrauch von Heiz- und Kühlsystemen. Da M&V-Themen direkt mit der Vergütung des Contractors in Verbindung stehen, können sie leicht zu einem Problem von Streitigkeiten zwischen Contractor und dem Kunden werden. 2 Senkung der Transaktionskosten durch ein vereinfachtes MVVerfahren Eine Senkung der Transaktionskosten ist kein Selbstzweck. Es ist jedoch gerechtfertigt, nach Möglichkeiten zur Senkung der Transaktionskosten zu suchen, solange die Qualitätsanforderungen und die Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und dem Contractor nicht negativ beeinflusst werden. Zudem sind hohe Transaktionskosten der Hauptgrund dafür, dass ein Markt für kleine ESC-Projekte (mit niedrigen Energiekosten-Baseline) in vielen Ländern bislang nicht etabliert werden konnte. In der Regel betragen die Kosten für M&V in ESC-Projekten, die die IPMVP-Methodik verwenden etwa 3-5% der jährlichen Kosteneinsparungen (USDOE, 2007). Je nach angewendeter Option können M&V-Kosten sogar bis zu 10% der Kosteneinsparungen betragen (NAESCO, U.S. EPA, 2001). Dies betrifft jedoch Projekte in der empfohlenen Größenordnung mit Energiekosten-Baseline von 300 T€/a 2 Die Einbeziehung eines unabhängigen Dritten (z. B. eines ESC-Projektentwicklers) zur Berechnung oder Überprüfung der Einsparungen ist normalerweise ein guter Weg, um solche Streitigkeiten zu vermeiden oder zu moderieren. oder mehr. Bei kleineren Projekten fällt dieser Anteil meist höher aus, da die M&V-Kosten bei der Reduzierung der Projektgröße nicht proportional reduziert werden können. International haben sich unterschiedliche M&V-Standards durchgesetzt. Während der IPMVP-Standard in Ländern wie USA, Großbritannien, Indien, China, Irland, Schweiz, Portugal und Spanien gut etabliert ist, werden in einigen etablierten ESC-Märkten eigene M&V-Methoden erfolgreich angewendet. Von daher kann es bei einer Betrachtung vereinfachter M&V-Verfahren nicht darum gehen, das Thema aus der Sicht einzelner Standards zu betrachten, sondern die Ziele und Anforderungen von M&V zu prüfen und Vereinfachungsoptionen zu beurteilen, die diese Ziele und Anforderungen weiterhin erfüllen. M&V-Vereinfachung bedeutet in der Regel, die Messaufgaben für die beteiligten Parteien möglichst gering zu halten, indem weniger Messungen oder vollständig errechnete Einsparnachweisverfahren vereinbart werden. Der Aspekt des Nachweises wird dadurch, dass weniger Ergebnisse tatsächlich gemessen werden, abgeschwächt. Bei der Suche nach Vereinfachungsoptionen ist es von daher wichtig, zwei Leitfragen anzusprechen: Relevanz des spezifischen Energieverbrauchs im Kontext des Gesamtprojekts Sicherstellung mindestens einer Erstmessung vor und nach der Maßnahmenumsetzung mit der Option für zusätzliche Messungen (Checks) auf Anfrage des Auftraggebers. Kombinierter Ansatz (Messungen und Berechnungen) Ein Kombinierter Ansatz wird empfohlen, da er zumindest in den Anfangsphasen des Rückzahlungszeitraums obligatorische Messungen beinhaltet. Die Vertragspartner können M&V über ein vereinfachtes Verfahren für bestimmte Teile des Energieverbrauchs (z. B. Strom) vereinbaren, sofern dieser Energieverbrauch nicht mehr als 30% der gesamten Energiekostenbilanz ausmacht Messungen dieses spezifischen Energieverbrauchs vor und nach der Implementierung (z. B. ein Jahr nach der Installation) nach anerkannten Standards durchführen Vereinbaren, dass diese erzielten und verifizierten Einsparungen des 1. Jahres in jedem folgenden Jahr ohne weitere obligatorische Messungen erreicht werden die Möglichkeit von Einzelprüfungen (Messungen) auch in den Folgejahren auf Wunsch des Auftraggebers vereinbaren. Falls die Einsparungen nicht kleiner als im Jahr 1 sind, sind die Kosten für diese Prüfungen vom Auftraggeber zu tragen; sind sie kleiner als im Jahr 1, so sind sie vom Contractor zu tragen. Mustervertragsklausel § xx Berechnung des Einsparbetrags auf Grundlage des Kombinierten M&V Ansatzes (1) Für Energiesparmaßnahmen, die Systeme betreffen, die weniger als xx% der Energiekosten-Baseline ausmachen und die aufgrund von Überschneidungen mit den Auswirkungen anderer Maßnahmen nicht leicht gemessen und überprüft werden können, kann der Kombinierte Ansatz von Messungen und Berechnungen angewandt werden. (2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, gemeinsam den Kombinierten Ansatz von Messungen und Berechnungen anzuwenden. (3) Die Berechnungsregeln für die Prüfung der Einsparungen nach dem Kombinierten Ansatz sind in Anlage XX festgelegt. 3. Fördermittelakquisition durch den Contractor Abhängig von der nationalen Förderlandschaft können in einem ESCProjekt öffentliche Fördermittel für bestimmte Energiesparmaßnahmen zur Verfügung stehen. Normalerweise ist der Gebäudeeigentümer berechtigt, eine solche Förderung zu beantragen. In einigen Förderprogrammen ist jedoch auch ein Contractor antragsberechtigt. In der Regel ist es für alle Projektpartner von Vorteil, solche Kofinanzierungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Es ist jedoch wichtig, die Verantwortlichkeiten und die Aufwandsvergütung klar zu definieren. Eine mögliche Vertragsklausel (inspiriert durch österreichische/GEAErfahrungen) könnte wie folgt strukturiert werden: Mustervertragsklausel (1) Der Auftragnehmer ist für die Akquise öffentlicher Fördermittel für Tätigkeiten oder Maßnahmen zuständig, die im Rahmen des Projekts durchgeführt werden sollen. Der Auftragnehmer wird im Interesse des Auftraggebers die verfügbaren Finanzierungsquellen beurteilen und dem Kunden die Liste der Finanzierungsoptionen spätestens 14 Tage nach Vertragsunterzeichnung vorlegen. Auftragnehmer und Auftraggeber legen gemeinsam fest, welche öffentlichen Fördermöglichkeiten verfolgt werden sollen. Der Auftragnehmer beantragt diese entweder unter eigenem Namen oder im Namen und zugunsten des Auftraggebers. (2) Der Auftragnehmer informiert den Auftraggeber unverzüglich über den erfolgreichen Erhalt öffentlicher Fördermittel und überträgt dem Kunden die Gelder. 3 (3) Für eine erfolgreiche öffentliche Förderung erhält der Auftragnehmer eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 15% der bewilligten und erworbenen Fördermittel für die ersten 10.000 € und eine Gebühr von 10% für alle erworbenen Mittel über 10.000 € vom Auftraggeber. Der Auftragnehmer kann diese Verwaltungsgebühr für alle von ihm bereitgestellten Fördermittelanträge geltend machen, unabhängig davon, ob der Antrag vom Auftragnehmer oder vom Auftraggeber eingereicht wurde. (4) Der Kunde und der Auftragnehmer verpflichten sich, sich gegenseitig und rechtzeitig bei alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Erwerb öffentlicher Fördermittel für das Projekt zu unterstützen. (5) Der Auftragnehmer stellt dem Kunden die Verwaltungsgebühr in Verbindung mit der nächsten regulären Abrechnung für die Hauptleistungen in Rechnung. 3 Alternativ kann der Auftragnehmer die im Vertrag aufgeführten Investitionskosten um die Höhe erhaltenen Fördermittel (abzüglich der Verwaltungsgebühr) senken und die regelmäßigen Abschlagszahlungen neu berechnen / reduzieren.
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