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Gut geplant wachsen
Keyfacts über Kapitalkosten
- Familienbetriebe planen kurzfristiger als Nicht-Familienunternehmen
- Sie erwarten im Vergleich mehr Wachstum
- Ihre Wertentwicklung messen sie deutlich seltener
08. März 2017
Deutsche Familienunternehmen gelten als krisenrobust, dank langfristiger Planung und
risikoärmerer Strategie. Aber ist das wirklich so? Die Ergebnisse der Sonderauswertung
Familienunternehmen der Kapitalkostenstudie von KPMG lassen andere Schlüsse zu.
In der aktuellen Studie hat KPMG 196 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum nach
ihrer Unternehmensplanung, ihren Wachstumserwartungen, ihren Kapitalkosten und ihren
wertorientierten Steuerungssystem befragt. Erstmalig wurden auch die insgesamt 44
teilnehmenden Familienunternehmen gesondert ausgewertet. Überprüft wurde, ob und
inwieweit sich familiengeführte Unternehmen von nicht-familiengeführten Unternehmen in
diesen Punkten unterscheiden.
Familienbetriebe planen tendenziell kürzer als Nicht-Familienunternehmen
Auffällig ist, dass der Planungshorizont von familiengeführten Betrieben wesentlich kürzer ist
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als bei Nicht-Familienunternehmen. Rund 14 Prozent der befragten Familienunternehmen
planen lediglich ein Budgetjahr, 41 Prozent drei Jahre im Voraus. 36 Prozent planen fünf Jahre
im Vorfeld. Bei den Nicht-Familienunternehmen sieht es anders aus: nur sieben Prozent setzen
auf ein Ein-Jahres-Budget, 36 Prozent planen ihr Budget für drei Jahre im Voraus und 49
Prozent verfolgen einen Fünf-Jahres-Plan.
„Wer nur ein Budgetjahr plant, denkt definitiv zu kurzfristig. Familienbetriebe sollten in
Abhängigkeit von der Branche mindestens einen Planungshorizont von drei bis fünf Jahren
abstecken: Gerade Unternehmen aus Branchen, die durch Volatilität und Disruption
gekennzeichnet sind, sollten die Unsicherheiten über ihre zukünftige Entwicklung in
langfristigen Planungen unter Berücksichtigung von Szenario-Analysen abbilden“, sagt Stefan
Schöniger, Partner im Bereich Deal Advisory bei KPMG.
Optimistischer Ausblick
Die Teilnehmer der Studie wurden auch nach ihren Wachstumserwartungen in den
kommenden Jahren gefragt. Familienunternehmen erwarten im Durchschnitt ein höheres
Wachstum als Nicht-Familienunternehmen – sowohl im Hinblick auf den Umsatz
(Familienunternehmen: 5,4 Prozent versus Nicht-Familienunternehmen: 4,6 Prozent) als auch
in Bezug auf das Ergebnis als EBIT (Familienunternehmen: 10,5 Prozent versus NichtFamilienunternehmen: 8,2 Prozent).
Eine Erklärung könnte sein, dass die Planungssysteme bei mittelständischen
Familienunternehmen seltener an die Unternehmensführung und deren Vergütung gekoppelt
sind. „Wird jemand nach Planvorgabe oder -erreichung vergütet, agiert er automatisch
vorsichtiger, als jemand, der keine unmittelbare Auswirkung auf die finanzielle Vergütung
befürchten muss“, so Dr. Vera-Carina Elter, Bereichsvorstand Familienunternehmen. Eine
andere Erklärung könnte sein, dass Familienunternehmen mit ihrem Generationenverständnis
tendenziell weniger Dividenden zahlen und mit den thesaurierten Mitteln Wachstum
generierende Investitionen tätigen.
30 Prozent
der Familienbetriebe berücksichtigen bei Investitions- oder
Transaktionsentscheidungen nicht deren Auswirkungen auf
ihren Unternehmenswert.
Unterschiedliche Renditeforderungen
Die in den Kapitalkosten abgebildeten Renditeforderungen der Kapitalgeber sind zwischen
Familien- und Nicht-Familienunternehmen (7,9 Prozent zu 8,2 Prozent) weitgehend
vergleichbar. Dies ist insbesondere auf die Logik der erfragten Kapitalkosten zurückzuführen:
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Die Kapitalkosten werden sowohl von Familien- als auch von Nicht-Familienunternehmen
üblicherweise aus einer Gruppe börsennotierter Vergleichsunternehmen ermittelt, so dass bei
den Kapitalkosten nicht die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse, sondern das
Geschäftsmodell und die Sektoren relevant sind.
Dies zeigt sich auch in den signifikanten Unterschieden zwischen den einzelnen Sektoren. So
haben die teilnehmenden Unternehmen aus den Bereichen Technology (7,9 Prozent),
Automotive und Industrial Manufacturing (jeweils 7,6 Prozent) die höchsten Kapitalkosten
angegeben, während Unternehmen aus den Bereichen Energy & Natural Resources (6,3
Prozent), Health Care und Transport & Leisure (jeweils 6,9 Prozent) die niedrigsten Größen
nannten.
Inhabergeführte Unternehmen messen ihre Wertentwicklung deutlich seltener
Wie im Vorjahr zeigt das Ergebnis der Kapitalkostenstudie die wachsende Bedeutung
wertorientierter Unternehmensentscheidungen, einschließlich einer Analyse der
Wertentwicklung für die befragten Unternehmen. Für immerhin 85 Prozent der NichtFamilienunternehmen sind Wertorientierung und -entwicklung wichtige Aspekte der
Unternehmenssteuerung. Bei den befragten Familienbetrieben ist der Anteil mit 71 Prozent
deutlich geringer. Anders ausgedrückt: Knapp ein Drittel der Familienbetriebe berücksichtigen
bei Investitions- oder Transaktionsentscheidungen nicht deren Auswirkungen auf ihren
Unternehmenswert.
Von den Familienbetrieben, die sich mit Wertorientierung und Wertentwicklung befassen,
fokussieren sich 78 Prozent lediglich auf die Veränderung von Performancegrößen wie
Umsatzerlöse oder Unternehmensergebnisse. Hier gibt es einen weiteren erheblichen
Unterschied zu den Nicht-Familienunternehmen: Dort analysiert und hinterfragt die Hälfte aller
Teilnehmer nicht nur die Entwicklung der Performancegrößen, sondern untersucht zusätzlich
die Auswirkungen von Veränderungen des Markt- und Wettbewerbsumfelds auf das
unternehmerische Risikoprofil.
„Bei den Familienunternehmen ist im Vergleich der Anteil derjenigen, der sich performanceund risikoorientiert mit der Wertentwicklung befasst, deutlich zu klein“, sagt Stefan Schöniger.
„Unsere Empfehlung ist es, beide Seiten der Wertentwicklung im Auge zu behalten. Auch
Familienunternehmen brauchen für belastbare und nachvollziehbare Investitions- oder
Transaktionsentscheidungen Transparenz über die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf ihren
Unternehmenswert.“
Zusammengefasst
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»Gerade Unternehmen aus Branchen, die durch Volatilität und Disruption gekennzeichnet sind,
sollten die Unsicherheiten über ihre zukünftige Entwicklung unter Berücksichtigung von
Szenario-Analysen abbilden.«
In der aktuellen Kapitalkostenstudie hat KPMG 196 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum
nach ihrer Unternehmensplanung, ihren Wachstumserwartungen, ihren Kapitalkosten und ihren
wertorientierten Steuerungssystem befragt. Erstmalig wurden auch die insgesamt 44 teilnehmenden
Familienunternehmen gesondert ausgewertet. Auffällig ist, dass der Planungshorizont von
familiengeführten Betrieben wesentlich kürzer ist als bei Nicht-Familienunternehmen. Auch der Anteil an
Betrieben, der sich performance- und risikoorientiert mit der Wertentwicklung befasst, ist deutlich zu klein.
Stefan Schöniger
Partner, Deal Advisory
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