Presseinformation Entwicklungshoffnung und

Presseinformation
Entwicklungshoffnung und Armutsrisiko
Deklaration fordert grundlegende Tourismuswende
Berlin, 7. März 2017. Anlässlich der weltgrößten Tourismusmesse ITB
(8.-12. März) fordert Brot für die Welt in einer gemeinsamen
Deklaration mit Partnerorganisationen aus aller Welt eine
grundlegende Trendwende. Dazu gehören eine verbindliche
Orientierung des Tourismus an allen Zielen der Agenda 2030 für
nachhaltige Entwicklung und an internationalen
Menschenrechtsstandards sowie eine stärkere Beteiligung der
Menschen vor Ort. „Wir brauchen einen Perspektivwechsel im
Tourismus. Der Tourismus orientiert sich momentan vor allem an den
Interessen der Reisewirtschaft. Neben dem Wohlbefinden der
Urlauber müssen die Bedürfnisse der Menschen in den Zielgebieten
stärker beachtet werden. Für unsere Partnerorganisationen ist der
Tourismus oft Entwicklungshoffnung und Armutsrisiko zugleich“,
sagt Antje Monshausen, Tourismus-Expertin von Brot für die Welt.
Die Vereinten Nationen haben 2017 zum „Internationalen Jahr des Nachhaltigen
Tourismus für Entwicklung“ ausgerufen. Tourismuswirtschaft und
Entwicklungspolitik scheinen sich einig zu sein, dass mehr Tourismus
automatisch zu nachhaltiger Entwicklung beiträgt. Dabei berufen sie sich
auf eine Branchenstudie, nach der deutsche Reisende pro Jahr mehr als 13
Milliarden Euro in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgeben. Dieselbe
Studie weist aber auch nach, dass es keinen signifikanten statistischen
Zusammenhang zwischen steigendem Tourismus und sinkender Armutsquote
gibt, während sich die Einkommensungleichheit bei zunehmendem Tourismus
langfristig sogar verstärkt. „Deswegen muss es darum gehen, Initiativen für
nachhaltige Entwicklung zu fördern und nicht Tourismus per se. Der Fokus auf
Wachstum kann für die Menschen vor Ort sogar gefährlich werden, denn nicht
regulierter Tourismus neigt zum Verelendungswachstum. Die sozialen und
ökologischen Kosten können höher sein als die wirtschaftlichen Impulse“, so
Monshausen. Wenn Fischer oder Bäuerinnen für den Bau eines Hotels von ihrem
Land vertrieben werden und ihre Lebensgrundlage verlieren, nütze es ihnen nicht,
wenn das Hotel später nachhaltig betrieben werde.
Brot für die Welt fordert deshalb, kritische Stimmen der Lokalbevölkerung und
der Zivilgesellschaft bei Entscheidungen zu berücksichtigen. „Nicht nur auf der
weltgrößten Tourismusmesse bleiben Tourismuswirtschaft und Politik aber
weitgehend unter sich. Auch in den Reiseländern und Urlaubsorten werden die
Menschen vor vollendete Tatsachen gestellt und haben wenig Mitsprache“, so
Monshausen.
Die 28 Initiatoren der Deklaration „Transforming Tourism“, darunter etwa die
Hälfte aus Entwicklungs- und Schwellenländern wie Kolumbien, der
Dominikanischen Republik, Gambia, Indien, den Philippinen, Sri Lanka oder
Kambodscha, berufen sich auf die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für
nachhaltige Entwicklung. „Tourismus braucht verbindliche soziale und
ökologische Leitplanken, damit er dauerhaft den Menschen in den Zielländern
nutzt und ihre Entwicklungsperspektiven stärkt“, fasst Antje Monshausen die
Pressesprecherin
Renate Vacker
Tel
Fax
030 65211 1833
030 65211 3833
[email protected]
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für Diakonie und Entwicklung e.V.
Caroline-Michaelis-Straße 1
10115 Berlin
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BIC GENODED1KDB
Forderungen gegenüber Entwicklungspolitik und Tourismuswirtschaft
zusammen.
Hinweise für Redaktionen:
Antje Monshausen, Leiterin der Fachstelle Tourism Watch bei Brot für die Welt,
steht für Interviews zur Verfügung. Sie ist während der ITB erreichbar unter
0170-7606219, sowie per E-Mail [email protected]
Pressekontakt:
Renate Vacker, Pressesprecherin, 030 65211 1833,
[email protected]
Weitere Informationen
Mehr als 30 Vertreter von Zivilgesellschaft und Wissenschaft aus aller Welt haben
bei einem Treffen vom 3.-6. März 2017 die Berlin-Deklaration
„Transforming Tourism“ („Tourismuswende“) erarbeitet. Darin identifizieren
sie konkrete Stellschrauben für einen Wandel im Tourismus.
Zu den zentralen Punkten gehören:
 Frühzeitige und effektive Beteiligung der Menschen in den Zielländern
bei Tourismusplanungen und während der touristischen Entwicklung.
Die Beteiligung armer und verletzlicher Teile der Bevölkerung, sowie die
Stärkung und der Schutz von Menschenrechtverteidigern erfordert
besondere Aufmerksamkeit.
 Soziale Sicherheit, existenzsichernde Löhne und Aufstiegschancen für
lokale Arbeitskräfte, sowie Förderung eigener, lokaler
Tourismusinitiativen.
 Nachhaltige Produktions- und Konsummuster, durch die die Umwelt und
das Klima geschützt und die Menschenrechte geachtet werden. Das gilt
sowohl in den Zielländern, als auch in den Sendemärkten des Tourismus,
wie zum Beispiel in Deutschland.
 Eine Abkehr vom Wachstumsfetisch: Nicht mehr Tourismus führt zur
nachhaltigen Entwicklung, sondern eine grundlegende Abkehr vom
vorherrschenden, ausbeuterischen Tourismusmodell.
Die Deklaration wird auf der ITB vorgestellt und soll in lokale und internationale
Politikprozesse einfließen. Die Berlin-Deklaration ist auf der Internetseite
www.transforming-tourism.org zu finden. Eine deutschsprachige Übersetzung
folgt in Kürze.
Website
Das neue englisch-sprachige Online-Portal www.transforming-tourism.org wird
gemeinsam von Brot für die Welt und anderen zivilgesellschaftlichen
Organisationen betrieben und kontinuierlich ausgebaut.
Brot für die Welt – Tourism Watch auf der ITB
Brot für die Welt ist mit seiner Fachstelle Tourism Watch auf der ITB mit einem
Stand sowie Veranstaltungen vertreten (Halle 4.1, Stand 221).
Mittwoch, 8. März 2017, 16:00-17:00 Uhr, Halle 4.1., große Bühne:
Podiumsdiskussion “Leave no one behind – Participation and decision
making in tourism“ Vorstellung der Deklaration „Transforming Tourism“. Es
diskutieren:
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Adama Bah (Institute on Travel and Tourism, The Gambia),
Ulrike Braun (DER Touristik),
Herman Kumara (National Fisheries Solidarity Movement, Sri Lanka),
Antje Monshausen (Brot für die Welt – Tourism Watch),

Petra Thomas (forum anders reisen / Roundtable Human Rights in
Tourism)