o. Univ.-Prof. Dr. Dr. Arthur Weilinger Univ.-Ass. Mag. Martin Miernicki, B.A. INSTITUT FÜR RECHT DER W IRTSCHAFT ORDINARIAT FÜR PRIVAT- UND W IRTSCHAFTSRECHT PFLICHTÜBUNG AUS UNTERNEHMENSRECHT Einheit I SS 2017 – Do 09.03.2017 Themen: Unternehmereigenschaft, unternehmensbezogene Geschäfte I. Eva, Isabel und Mirjam, die seit einigen Jahren gemeinsam in einer Wohngemeinschaft gelebt haben, möchten nach Beendigung ihrer jeweiligen Studien ihre eigenen Wege gehen und die WG auflösen. Da nicht alle Möbel in die neuen Wohnungen der ehemaligen Studentinnen passen und einige Gegenstände des Inventars niemand übernehmen möchte, planen sie einen Abverkauf dieser Gegenstände. Die Erlöse des Verkaufs sollen gleichmäßig zwischen ihnen verteilt werden. Deshalb postet Isabel in der öffentlichen Facebook-Gruppe „Wohnungen und WG’s in Wien“ folgenden Text: „Alles muss raus-WG-Abverkauf von Eva, Isabel und Mirjam. Kommt am 01. und 02. April vorbei und erwerbt Möbel und allerlei Krimskrams zu günstigen Preisen. Nur Selbstabholung- unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung.“ Der Weinhändler Sebastian kommt am 1. April bei der Wohnung vorbei und erspäht im Zuge des Abverkaufs einen „vintage“ Balkonsessel, den Eva, Isabel und Mirjam gemeinsam angeschafft haben und der seiner Meinung nach gut auf den Balkon seines Ferienhauses am Attersee passen würde. Nach einer kurzen Besichtigung will er den Sessel kaufen und einigt sich mit den drei jungen Frauen auf einen Preis von EUR 30,-, wobei diese nochmals auf den Ausschluss jeglicher Gewährleistung für „Mängeln jeder Art“ hinweisen. Als Sebastian den Sessel einen Monat später das erste Mal in seinem Ferienhaus benutzen will, bricht nach kurzer Zeit die linke Armlehne ein, da diese morsch ist; dies wäre bei einer genaueren Untersuchung beim Kauf erkennbar gewesen. a) Hat Sebastian einen Anspruch auf Gewährleistung? Begründen Sie zunächst, ob die allgemeinen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch gegeben sind und überlegen Sie in weiterer Folge, was diesem entgegenstehen könnte! II. Der junge Rechtsanwalt Alexander möchte eine eigene Kanzlei eröffnen. Nachdem er passende Kanzleiräumlichkeiten gemietet hat, macht er sich daran, die Büromöbel zu erwerben. Im Online-Shop der Business Furniture Austria AG entdeckt er am 09.03. einen passenden Schreibtisch um EUR 950,- und bestellt einen Exemplar auf der Homepage der AG. Der Schreibtisch wird am 13.03 in einwandfreien Zustand geliefert. Am 16.03 sieht er in einem anderen Online-Shop ein günstigeres Angebot für einen ganz ähnlichen Schreibtisch um EUR 800,-. Er möchte daher den Schreibtisch, den er von der Business Furniture Austria AG erworben hat, zurückschicken und das günstigere Produkt erwerben. b) Hat Alexander einen Anspruch auf die Rückzahlung des Kaufpreises? INSTITUT FÜR RECHT DER W IRTSCHAFT ORDINARIAT FÜR PRIVAT- UND W IRTSCHAFTSRECHT o. Univ.-Prof. Dr. Dr. Arthur Weilinger Univ.-Ass. Mag. Martin Miernicki, B.A. Variante: Alexander will seine anwaltliche Tätigkeit in Rechtsform einer GmbH ausüben und hat zu diesem Grund mit einem Kollegen eine solche Gesellschaft gegründet, die wirksam entstanden ist. Der Kaufvertrag über den Schreibtisch wird von Alexander als einzigem Geschäftsführer im Namen der GmbH unter denselben Umständen wie zuvor wirksam abgeschlossen. c) Hat die GmbH einen Anspruch auf die Rückzahlung des Kaufpreises? III. Die Einzelunternehmerin Gundula betrieb 30 Jahre lang ein Fachgeschäft für Strickwaren und ließ sich auch freiwillig ins Firmenbuch eintragen (Gundi’s Strickwaren e.U.). Nach Abverkauf aller Restwarenbestände setzt sie sich Ende Jänner 2017 zur Ruhe; eine Löschung aus dem Firmenbuch erfolgt jedoch nicht. Am 10.02.2017 bestellt sie bei ihrem langjährigen Lieferanten Wool&More KG Schafwolle für ihren Eigenbedarf, wobei sie aus Gewohnheit ihr Geschäftspapier und ihren Firmenstempel, auf denen ihre Firma aufscheint, verwendet. Die Wolle wird am 17.02.2017 vereinbarungsgemäß geliefert. Gundula öffnet das Packet jedoch nicht, da sie am nächsten Tag zu einer 3-wöchigen Mittelmeerkreuzfahrt aufbricht. Daher bemerkt sie erst am 20.03.2017, als sie Socken für ihre Enkelkinder stricken möchte, dass die Wolle Mottenschäden aufweist; diese waren bereits bei der Übergabe vorhanden. Als sie bei der Wool&More KG anruft, um sich zu beschweren, entgegnet deren Geschäftsführer, dass zu diesem Zeitpunkt kein Austausch der Ware mehr vorgenommen werden könne. d) Hat Gundula einen Anspruch auf Gewährleistung gegen die Wool&More KG? e) Ändert sich etwas, wenn die Firmenbucheintragung am 01.02.2017 gelöscht wurde und Gundula am 10.12.2017 unter Verwendung von Geschäftspapier und Firmenstempel bei der Wool&More KG bestellt? Basisliteratur: Krejci, Unternehmensrecht5 (2013): 42-71, 311-316, 396-406
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