pressemitteilung - Universität Hohenheim

UNIVERSITÄT HOHENHEIM
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02.03.2017
PRESSEMITTEILUNG
Hungrige Bäume:
Forscher gehen Nährstoffverlusten im Wald auf den Grund
Das lebenswichtige Element Phosphor geht zurück: Universität Hohenheim untersucht
Bedeutung der Mikroorganismen im Waldboden / Ein Werkstattbericht
PRESSEFOTOS unter www.uni-hohenheim.de
Er ist einer der wichtigsten Nährstoffe, und er wird auch im Wald immer knapper:
Waldbäume verarmen seit den 1990er Jahren an Phosphor. Die Gründe sind noch
weitgehend unbekannt. Bodenbiologen der Universität Hohenheim wollen gemeinsam mit
rund zwei Dutzend anderen Forscherteams aus ganz Deutschland Licht ins Dunkel bringen
und zunächst einmal grundlegende offene Fragen zum Phosphor-Kreislauf klären. Die
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Teilprojekt an der Universität
Hohenheim mit insgesamt über 550.000 Euro in sechs Jahren. Damit zählt es zu den
Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.
Seit rund einem Vierteljahrhundert bahnt sich ein neues Problem im Wald an. „Der Gehalt an
Phosphor in den Blättern der Bäume sinkt“, berichtet Dr. Sven Marhan vom Fachgebiet
Bodenbiologie an der Universität Hohenheim.
„Phosphor ist für Pflanzen ein essentieller Nährstoff: Ohne Phosphor können sie keine
Fotosynthese betreiben“, erläutert Fachgebietsleiterin Prof. Dr. Ellen Kandeler die Hintergründe.
„Wenn er knapp wird, kann das – neben Stickstoffmangel – die Biomasse-Produktion begrenzen.
Doch trotz der hohen Bedeutung des Phosphors als Nährstoff sind die Mechanismen der
Freisetzung im Boden bis heute nicht komplett erforscht.“
In Waldökosystemen sorgen vor allem Mikroorganismen dafür, dass Phosphor für die Pflanzen
verfügbar wird. „Wenn Holz, totes Laub oder anderes Material abgebaut werden, setzen
Bakterien und Pilze den Nährstoff aus diesen organischen Quellen frei“, erklärt Dr. Marhan. „Wir
erforschen in unserem laufenden Projekt den Beitrag dieser mikrobiellen Gemeinschaften zum
Phosphor-Kreislauf in Waldböden.“
Bodenpilze mobilisieren Phosphor im Boden
Untersuchungsobjekte sind fünf Waldflächen: im Bayerischen Wald und der Rhön, im
Schwarzwald, Thüringen und Niedersachsen. „Alles sind Buchenwälder, aber auf
unterschiedlichen Böden“, erläutert Dr. Marhan. „Die Böden weisen recht unterschiedliche
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Phosphor-Gehalte auf: von viel Phosphor im Silikatgestein bis hin zu phosphorarmen
Sandböden.“
Die Forscher wollen herausfinden, ob Phosphor vor allem mineralisch aus dem Gestein
gewonnen oder aus der organischen Auflage recycelt wird, wie sich die Standorte unterscheiden
und welche Rolle Mikroorganismen bei der Mobilisierung des Phosphors spielen. „Vor allem
Bodenpilze sind hieran beteiligt“, erklärt Dr. Marhan. „Die Frage ist nur wie groß die Rolle der
Ektomykorrhiza und der saprotroph lebenden Pilze ist“, so Dr. Marhan.
Die Rede ist von zwei unterschiedlichen Lebensweisen der Pilze: Ektomykorrhiza sind
Bodenpilze, die ein eng anliegendes Netz um die Wurzelspitzen der Bäume bilden. Eine
Symbiose zum gegenseitigem Nutzen: Die Pflanze liefert Zucker aus ihrer Fotosynthese, der Pilz
dafür Nährstoffe wie z.B. Phosphor. Saprotrophe Pilze dagegen ernähren sich vorwiegend von
totem organischem Material ohne enge Bindung zu lebenden Pflanzen. Auf diese Weise führen
sie Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff, die in toter organischer Substanz gebunden sind,
wieder dem Boden und den Pflanzen zu.
PVC-Röhren im Waldboden geben Aufschluss
Um die Bedeutung der beiden Gruppen zu ermitteln, kommen etwa 10 cm lange PVC-Röhren
zum Einsatz, die die Forscher mit Waldboden gefüllt in den Boden setzen. Die Röhren sind
entweder seitlich komplett geschlossen, so dass die Ektomykorrhiza aus dem Rohr
ausgeschlossen bleibt, oder sie sind offen und mit einem Netz mit 50 µm Maschenweite aus
witterungsbeständigem Polypropylen, durch das die Ektomykorrhiza hindurchwachsen kann.
An jedem der fünf Standorte haben sie fünf Bäume ausgewählt, in deren Wurzelraum sie je fünf
Sets aus einem offenen und einem geschlossenen Rohr einsetzten. „Die Sets lassen wir
unterschiedlich lang im Boden, um zu sehen, wie sich die Mikroorganismen in den Bodenproben
entwickeln“, erklärt Dr. Marhan. Bislang haben sie – inklusive je einer Kontrolle aus normalem
Waldboden – an drei Zeitpunkten insgesamt 225 Proben genommen und analysiert, eine weitere
Probennahme mit 75 Proben steht noch aus.
Im Labor bestimmen sie den Anteil der jeweiligen Pilz-Gruppen in den Bodenproben und messen,
wie aktiv die Pilze insgesamt sind. Dazu bestimmen sie die Aktivität eines bestimmten Enzymes der sogenannten Phosphomonoesterase – mit dem die Pilze den organisch gebundenen
Phosphor in eine pflanzenverfügbare Form umwandeln.
Anteile der Bodenpilz-Gruppen verschieben sich
Nach 14 Monaten ist in den geschlossenen Röhren der Anteil der Ektomykorrhiza
erwartungsgemäß von 44 Prozent auf sechs Prozent gesunken. Die saprotrophen Pilze haben
sich ausgebreitet und machen nun statt 26 Prozent rund 44 Prozent der Bodenpilze aus.
„Wir können keinen wesentlichen Unterschied zwischen den offenen und geschlossenen Röhren
bei der Aktivität der Phosphomonoesterase erkennen. Das könnte heißen, beide Pilzgruppen sind
in der Lage, Phosphor in gleichem Maße zu mobilisieren“, fasst Dr. Marhan erste Ergebnisse
zusammen.
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Weitere Grundlagenforschung in den nächsten drei Jahren
In der nächsten Förderphase des Projektes wollen die Forscher weitere Einflüsse testen: „An drei
Standorten wollen wir Flächen mit Stickstoff, Phosphor und beiden Nährstoffen in Kombination
düngen und untersuchen, wie sich die mikrobielle Struktur und Aktivität daraufhin verändert“,
erzählt Dr. Marhan.
Auf den beiden extremen Standorten sollen die Bäume geringelt, also ringförmig die Rinde
entfernt werden. „Das verschlechtert die Versorgung der Ektomykorrhiza-Pilze. Die Frage ist, ob
das den saprotrophen Pilzen einen Vorteil verschafft und möglicherweise die
Phosphor-Mobilisierung verringert.“ Außerdem wollen sie, zusammen mit Kollegen aus Göttingen,
das genetische Potenzial der einzelnen Pilze ermitteln, bestimmte Enzyme zu bilden.
Daten-Synthese als Basis für Gegenmaßnahmen
Am Ende reichen die Forscher ihre Ergebnisse weiter an Kollegen: Modellierungs- und
Synthesegruppen wollen alle Daten aus den Versuchen der diversen Forschergruppen und aus
der Waldinventur zusammentragen.
„Unser gemeinsames Ziel ist es, aufgrund aller Forschungsergebnisse zu verstehen, wie die
Phosphor-Versorgung der Wälder funktioniert und inwieweit ein Austrag von Phosphor aus dem
Ökosystem stattfindet“, fasst Dr. Marhan zusammen. „Wir möchten nach Möglichkeit
herausfinden, in welchem Ausmaß zukünftig ein Mangel in der Phosphorversorgung der Bäume
zu erwarten ist.“ Und diese Erkenntnisse, so das Fernziel, könnten die Basis für gegebenenfalls
Gegenmaßnahmen darstellen.
Hintergrund: Forschungsprojekt Ökosystemernährung
Das Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) SPP 1685 –
Ecosystem Nutrition bestand in der ersten Förderperiode aus insgesamt 27 Teilprojekten, die im
Oktober 2013 die Arbeit aufnahmen. Koordiniert wird das Gesamtprogramm von der Universität
Freiburg. Die Universität Hohenheim erhielt 256.750 Euro DFG-Fördermittel in der ersten Phase.
Ab März 2017 startet die ebenfalls auf drei Jahre ausgelegte zweite Förderperiode mit 25
Teilprojekten. Die DFG fördert die Universität Hohenheim darin mit 297.150 Euro. Im Rahmen
ihrer Doktorarbeit untersucht Nadine Kubsch im Hohenheimer Teilprojekt: „Mikrobielle Interaktion
und Phosphormobilisation in Waldböden: Effekte von Kohlenstoff-, Stickstoff- und
Phosphorverfügbarkeit“.
Homepage: www.ecosystem-nutrition.uni-freiburg.de
Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
31,2 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2015
für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“
herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000
Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.
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Text: Elsner
Kontakt für Medien:
Dr. Sven Marhan, Universität Hohenheim, Fachgebiet Bodenbiologie
T 0711 459 22326, E [email protected]
Prof. Dr. Ellen Kandeler, Universität Hohenheim, Fachgebiet Bodenbiologie
T 0711 459 24220, E [email protected]
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