Situation und Ausblick am Kartoffelmarkt

Hintergrundinfo
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Situation und Ausblick am Kartoffelmarkt
(Stand Februar 2017)
Speise- und Verarbeitungskartoffeln im gegenläufigen Trend
Im Februar 2017 entwickelt sich die Lage am Markt für Kartoffeln je nach Sektor recht unterschiedlich. Während bei Speisekartoffeln ein fester Preistrend anhält, müssen sich Kartoffeln für die
Herstellung von Produkten gegen eine Nachfrageflaute wehren. Beim Anbau 2017 ist es genau
umgekehrt: die Erzeuger setzen auf noch mehr Verarbeitungskartoffeln und dürften in einigen
Regionen Speisekartoffeln vernachlässigen.
Für den Frischmarkt sind Speisekartoffeln in guter Qualität Anfang 2017 eher knapp. Das war schon
im vergangenen Herbst so und wird sich im weiteren Verlauf eher noch verstärken. Trotz rückläufiger
Nachfrage der Verbraucher ließen sich so letztmalig Ende Januar Lageraufschläge realisieren.
Möglicherweise ist das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Wenn später Kartoffeln aus
gekühlten Kisten der Abpacker für die späte Marktversorgung im laufenden Wirtschaftsjahr zum
Einsatz kommen, ist mit einem weiteren Preisanstieg zu rechnen. Die Ernte 2016 fiel ähnlich aus wie
die im Jahr davor. Allerdings drücken schwache Qualitäten stark auf die Ausbeute, weswegen sich die
Läger flotter leerten. Dazu trug auch der Export in Richtung Süd- und Südosteuropa bei, der in den
kommenden Wochen noch längst nicht versiegen dürfte. Schließlich hat die hohe Nachfrage der
Verarbeitungsindustrie nach Doppelnutzungsorten dem Speisekartoffelmarkt Mengen entzogen.
Wie 2016 werden Frühkartoffeln aus dem Mittelmeerraum ab April in nennenswertem Umfang von
den Abpackbetrieben zur Versorgung des Lebensmitteleinzelhandels eingesetzt werden müssen.
Sowohl in Israel als auch in Ägypten haben sich die Lieferanten auf etwas größere Mengen
eingestellt. Ob die aber kommen, ist fraglich. Die Anbaufläche wurde zwar etwas ausgeweitet,
schnell könnten allerdings höchstens durchschnittliche Erträge die Menge auf Vorjahresniveau
begrenzen. Zumindest der frühe Anbau war von relativ kühlen Temperaturen im Dezember 2016 und
im Januar 2017 etwas beeinträchtigt worden. Im Großen und Ganzen dürfte sich der Frühkartoffelimport auf Vertragslieferungen beschränken. Der Anteil noch nicht verplanter Mengen wird von Jahr
zu Jahr geringer, auch bei den Frühkartoffeln aus Ägypten. Diese vertragsfreien Mengen finden
zudem momentan reges Interesse in Südeuropa und auch Russland hat den Import wieder
zugelassen. Sie werden also eher nicht hierher kommen.
Flächenausdehnung eher unwahrscheinlich
Spätestens wenn Spanien Anfang Mai auf den Plan tritt, werden hiesige Speisekartoffeln weitgehend
geräumt sein. Die bis dahin erzielten hohen Preise verschleiern die Erlössituation. Das vorjährige
Erntegut war häufig von Qualitätsbeeinträchtigungen wie Wachstumsrissen, grünen Knollen, oder
Beschädigungen geprägt. Das zog hohe Absortierungen nach sich. Deshalb war die Vermarktung
geeigneter Partien an die Verarbeitung trotz der hohen Preise auf dem Papier oftmals lukrativer.
Sicherlich reichten die Umsätze meistens noch, um aus dem Speisekartoffelanbau 2016 noch einen
Gewinn zu ziehen. Insbesondere in Niedersachsen spüren die Speisekartoffelanbauer und Versender
aber, dass sich die Umstände am Markt gegen sie wenden. Der LEH forciert Regionalität und der
Verbrauch nimmt ab. Das Ertragsniveau ist gut durch Beregnung abgesichert. Nur weil in den beiden
vergangenen Jahren Wetterkapriolen Versorgungslücken in anderen Gebieten verursacht haben, war
der Absatz der Ernte am Ende einigermaßen glatt möglich. Das kann auch einmal völlig anders
kommen, was vielen Erzeugern bewusst sein dürfte, sodass in diesem Jahr die Fläche eher etwas
schrumpfen wird. In den traditionellen Zufuhrgebieten hingegen forcieren die Vermarkter den
regionalen Anbau. Das Areal wird hier und da noch etwas zulegen, wobei Flächenverfügbarkeit,
Pachten oder Pflanzgut begrenzende Faktoren sind.
Zumindest bei der Frühkartoffelvermarktung sollte es im Speisebereich im Juni noch unter günstigen
Umständen losgehen. Das früh geräumte Lagerkartoffelangebot dürfte dafür sorgen, dass Importe
vor der hiesigen Saison zeitig geräumt sein werden und die Erzeugergemeinschaften in Deutschland
unter wenig Wettbewerbsdruck zeitlich abgestimmt aufeinander durch die Vermarktung gehen.
Europäischer Markt für Verarbeitungsrohstoff Kartoffel wächst
Der europäische Markt für Kartoffeln als Verarbeitungsrohstoff wächst. Der Bedarf ist in dieser
Saison nur so gerade eben zu denken. Je nach Reifezeitpunkt der Ernte 2017 sind im Sommer sogar
Versorgungsengpässe denkbar. Die aktuelle Marktlage ist allerdings davon geprägt, dass die Industrie
fast nichts mehr am Kassamarkt zugekauft. Sie hat sich im Herbst umfangreich mit Doppelnutzungssorten vollgesogen und Rohstoffschonung betrieben. Aus dem Beneluxraum ist schon zu hören, dass
die Vorräte inzwischen etwas größer sind als zum Vergleichszeitpunkt des Vorjahres. Das
verunsichert die Märkte. Hierzulande berichten die meisten nicht unbedingt von größeren Vorräten,
außerdem sind die Bestände zum größten Teil bereits verkauft. Das, was noch frei ist, wird als
Sicherheitsreserve zurückgehalten. Viele Kartoffelpartien sind im vergangenen Herbst schlecht für
die Langzeitlagerung konditioniert worden. Absortierungen sind ohnehin größer, sodass der Bedarf
an Ersatzware durchaus realistisch werden könnte und damit so gut wie nichts mehr frei verkauft
werden kann. Falls also im Westen der EU noch einmal vorübergehender Preisdruck aufkommt, wird
das hiesigen Erzeugern nicht mehr schaden. Sie werden aber auch nicht mehr von gegebenenfalls zu
späteren Zeitpunkten weiter steigenden Preisen profitieren.
Rasantes Wachstum der Produktmärkte von Fritten- und Chips-Kartoffeln
Die Hausse am Markt für Fritten- und Chips-Kartoffeln fußt nicht nur auf einem Ungleichgewicht von
Angebot und Nachfrage, sondern auch auf einem rasanten Wachstum der Produktmärkte. Bei
Pommes frites ist das vor allem der globale Absatz. Dafür wird kräftig in neue Produktionsanlagen
investiert, sodass bis zum Ende des Jahres ein Mehr an Verarbeitungskapazitäten von bis zu 1 Mio. t
vorhanden sein wird. Die Kartoffelverarbeiter wollen dafür mehr Rohstoff unter Vertrag nehmen. Sie
bieten insbesondere für die frühe Belieferung Verträge mit kräftigen Preisaufschlägen. Das können in
den ersten 14 Liefertagen bis zu 3,00 EUR/dt sein. Aber auch Lagerkartoffeln werden mit einem
Aufschlag von rund 1,00 EUR/dt bedacht. Zum Teil ist der Aufschlag wegen der höheren Pflanzgutkosten dringend erforderlich, etwas können die Erzeuger aber auch auf der Gewinnseite verbuchen.
Vertragsanbau und Preisabsicherung am Warenterminmarkt fängt Risiko auf
Wie bei Speisekartoffeln steht auch bei Verarbeitungskartoffeln einer Produktionsausdehnung die
Pflanzgutverfügbarkeit im Weg. Am Ende ist dies wohl auch gut so. Zwei Jahre hintereinander hat die
Marktentwicklung aus Sicht der Erzeuger von Ertragsausfällen in maßgeblichen Regionen profitiert.
Kommen 2017 durchschnittliche Erträge zusammen, ist der Bedarf schnell ganz leicht zu decken.
Überdurchschnittliche Erträge, die mit dem technischen Fortschritt und dem Wechsel zu immer
ertragsstärkeren Sorten alle paar Jahre erreicht werden, sind auch denkbar. Dann allerdings wird es
ohne Vertragsanbau schwer werden, das Erntegut am Markt zu platzieren, geschweige denn,
gewinnbringende Preise dafür zu erzielen. Bei steigendem Kartoffelanbau wächst 2017 das Risiko,
dass die Landwirte am Ende draufzahlen. Davor schützt der Vertragsanbau oder aber die
Preisabsicherung am Warenterminmarkt. Und falls im Sommer doch wieder Wetterchaos herrscht,
kann man sich vom Terminmarktengagement immer noch trennen. Die entstandenen Kosten sollten
dann als Gebühr für die Risikoabsicherung betrachtet werden.